Modellvorhaben Langfristige Sicherung von Versorgung und Mobilität in ländlichen Räumen

Modellregion / Görlitz Ziele – Vorgehen – Ergebnisse

Das Modellvorhaben

Die Landkreise Bautzen und Görlitz befassen Darüber hinaus erwachsen aus dem wissen- sich bereits seit geraumer Zeit intensiv mit dem schaftlich begleiteten Austausch mit den demografischen und strukturellen Wandel. anderen Modellregionen außerordentlich In diesem Zusammenhang stehen die Themen wichtige Impulse und Erfahrungen für diesen Mobilität und Versorgung, insbesondere in komplexen Prozess. ländlichen Räumen, im Fokus der Betrachtung. Gemeinsam möchten wir die Möglichkeiten Vor dem Hintergrund der demografischen zur Gestaltung einer zukunftsfähigen Region im Entwicklung­ zielt das Modellvorhaben darauf Grenzraum zu Tschechischen Republik und der ab, innovative Konzepte zu erarbeiten, auf Republik Polen nutzen. Viele engagierte Bürge- deren Grundlage in Zukunft sowohl die rinnen und Bürger unterstützen und begleiten Daseins­vorsorge als auch die Mobilität in den die vielfältigen Entwicklungsprozesse aktiv und ländlichen Regionen gewährleistet werden mit großem Engagement. können. Dabei sind standort- und verkehrs- planerische Ansätze zusammenzuführen. Ziel Mit der Teilnahme an diesem Modellvorhaben dieser Doppelstrategie ist es, Angebote der sehen wir für unsere Region Bautzen / Görlitz Daseinsvorsorge mittel- bis langfristig an räum- die Chance, gute Ansätze und bestehende lich geeigneten Standorten zu bündeln, um Kooperationen gemeinsam mit den Einwohnern damit deren wirtschaftliche Tragfähigkeit und und vielfältigen Akteuren zu vertiefen und nach- Erreichbarkeit dauerhaft sicherzustellen. haltig zu etablieren.

Bestandsaufnahme Beteiligungs- • Standorte Daseinsvorsorge • IST-Mobilitätsangebot konzept • Kleinräumige • Haltestellen georeferenziert Bevölkerungsprognose • Nahverkehrsplan Nutzergruppen • Bedarfsanalyse von Versorgung und Mobilität • Kinder und • Bewertung der Angebote und Standorte Jugendliche • Familien Kooperationsraumkonzept Mobilitätskonzept •  Ältere • Festlegung von Kriterien zur • Hierarchischer Netzaufbau Menschen Abgrenzung • Erreichbarkeitsanalysen und • Bündelungsmöglichkeiten von Netzknoten Politik Aufgaben und Standorten • Mobilitätsangebote (überregional, regional, Öffentlichkeit Investive Binnenerschließung) Projekte • Integration von Kooperationsraum- und Mobilitätskonzept • Handlungsoptionen + Maßnahmenkatalog

Auswahl Piloträume und Umsetzung • Festlegung von Piloträumen • Maßnahmenplan in Piloträumen • Beschluss durch politische Gremien

Abb. 1: Arbeitspakete des Modellvorhabens (Quelle: BMVI) Die Modellregion Bautzen / Görlitz

Die Region im Überblick

Abgrenzung der Region Ziele der Modellregion Die Modellregion Bautzen / Görlitz besteht Im Rahmen des Modellprojektes wollen die aus den beiden östlichsten Landkreisen des Landkreise Bündelungseffekte für Einrich- Frei-staates Sachsen, den Landkreisen Bautzen tungen der Daseinsvorsorge und Mobilitäts­ und Görlitz. Sie grenzt im Osten an die Repu- angebote erzielen. U. a. ist aufbauend auf blik Polen und im Süden an die Tschechische den umfangreichen Analysen ein Koopera- Republik. Im Norden schließt sich das Land tionsraumkonzept entstanden. Ziel dieses Brandenburg mit der Nachbarmodellregion Konzeptes ist, dass Versorgungszentren in den Oberspreewald-Lausitz/Spree-Neiße an. Landkreisen weiter gestärkt werden können. Das integrierte Mobilitätskonzept ist neben Geografische/Siedlungsstrukturelle dem Kooperationskonzept die zweite Säule des Besonderheiten, besondere Herausforderungen Projektes. Hier wurden Lösungen erarbeitet, Die Modellregion umfasst eine Fläche von um die Erreich­barkeit von Versorgungszentren 4.507 km² und wird trotz vielfältiger Bemühun- aus der Fläche auch ohne Autoverfügbarkeit gen ­weiterhin mit sinkenden Einwohnerzahlen zu sichern bzw. herzustellen und räumliche konfrontiert sein. Vor allem die niedrige Frauen­ Beziehungen in der Praxis zu stärken. quote und die damit verbundene weiter sinkende Geburtenrate stellen eine große Herausforderung Einordnung in den regionsspezifischen dar. Des Weiteren zeichnet sich die Region durch Planungs- und Entwicklungskontext eine heterogene Siedlungsstruktur aus. Daraus Beide Landkreise befassen sich seit Jahren inten- ergeben sich hinsichtlich der Verteilung von Infra- siv mit dem demografischen und strukturellen struktureinrichtungen und Mobilitäts­angeboten Wandel sowie Möglichkeiten zur Gestaltung sehr unterschiedliche Ansatzpunkte für die einer zukunftsfähigen Region. Sicherung der Daseinsvorsorge. Bereits im Rahmen der Bewerbung zum Durch die Lage im Dreiländereck Polen – BMEL-Modellvorhaben „Land(auf)Schwung“ Tschechien – Deutschland ergeben sich zwar beschäftigte die Region sich mit den Themen Synergien, es stellt die Region aber auch vor Daseinsvorsorge und Mobilität. Die Landkreise besondere Herausforderungen. Darüber hinaus wollen nun die Möglichkeit nutzen, die erfolg- gibt es den besonderen regionalen Handlungs- versprechenden Ansätze und Kooperationen auftrag der Pflege der sorbischen Kultur. weiter zu vertiefen und möglichst nachhaltig zu etablieren. Vor allem im Norden der Modellregion sind durch den historischen und noch aktiven Braun- kohlentagebau zersiedelte Gebiete mit großen räumlichen Mobilitätsbarrieren entstanden.

Das ÖPNV-Angebot ist derzeit aufgrund der zur Verfügung stehenden Finanzmittel überwiegend auf den Schülerverkehr ausgerichtet. Infolge- dessen gibt es zwischen den Zentren, gerade in den Tagesrandlagen, an Wochenenden sowie in Ferien, nur ein geringes ÖPNV-Angebot. Für beide Landkreise war es daher von immenser Bedeutung, die bestehenden ÖPNV-Angebote sowie die flexiblen und alternativen Angebote zusammenzutragen und gute Beispiele von Kooperationspartnern mit ehrenamtlichem oder privatwirtschaftlichem Engagement aktiv zu integrieren. Abb. 2: Lage der Modellregion (Quelle: BBSR)

2 Projektstruktur und Akteure

Projektstruktur

Projektmanagement Facharbeitsgruppe Die Zusammenarbeit der beiden Landkreise im Der Lenkungsgruppe untergeordnet war die Modellvorhaben erfolgte im Einvernehmen und Facharbeitsgruppe als Arbeitsebene, die auf Basis professioneller Projektmanagement- themenspezifisch unmittelbar betroffene strukturen. Federführender Ansprechpartner Akteure einbezogen und den Gestaltungs­ für das BBSR und das BMVI war der Landkreis prozess begleitet hat. Bautzen. Zur weiteren Unterstützung wurde im Rahmen eines wettbewerblichen Vergabeverfah- Die Facharbeitsgruppe bestand aus Vertretern rens ein Projektkoordinator beauftragt. Dieser der Landkreisverwaltungen sowie der Städte und war sowohl verantwortlich für die vollständige Gemeinden und der betroffenen Institutionen, Koordination, Organisation und Moderation des dem Projektmanagement, den Verkehrsplanern Modellvorhabens in der Modellregion als auch und weiteren Akteuren der Region. für die Öffentlichkeitsarbeit. Des Weiteren erhielt der Projektkoordinator den Auftrag, ein Beteili- Dieser Dialog schaffte Transparenz und stärkte gungskonzept zu erarbeiten und umzusetzen. das Problembewusstsein sowie die Akzeptanz vor Ort. Damit sollte eine erfolgreiche Um- Im Laufe des Projektes wurden zudem folgende setzung des Projektes gewährleistet werden. Arbeitsschritte an weitere Auftragnehmer ver- Je nach Themenspezifik wurden weitere Fach- geben (vgl. Abb. 3): experten zu den Beratungen der Facharbeits- – die Erstellung einer kleinräumigen Bevölke- gruppe hinzugezogen. rungsprognose auf Gemeindeteilebene, – die Erstellung des Kooperationsraum- Arbeitspaket l: Projektmanagement, und Mobilitätskonzeptes und deren Beteiligungskonzept und Beteiligungsprozess Implementierungsprozess, – die Erstellung eines Konzeptes für den Arbeitspaket ll: Aufbau einer Mobilitätszentrale. Kleinräumige Arbeitspaket lll: Strategisches Bevölkerungs- Kooperationsraumkonzept und prognose auf integriertes Mobilitätskonzept Lenkungsgruppe Gemeindeteil- Als oberstes Gremium wurde eine Lenkungs­ ebene gruppe gebildet, wobei die Entscheidungs­ befugnis ausschließlich bei den Landkreisen lag. Arbeitspaket V: Der Landkreis Bautzen wurde durch Frau Bei- Umsetzung der Arbeitspaket lV: Mobilitätszentrale geordnete Birgit Weber und der Landkreis Görlitz Erstellung einer sowie der Konzeption für die Verbesserung der durch Frau Dezernentin Heike Zettwitz vertreten. Mobilitätszentrale Verkehrsträger- verknüpfung Neben weiteren Vertretern beider Landkreis- verwaltungen und dem Projektmanagement Abb. 3: Projektstruktur des Modellvorhabens waren die Geschäftsführer des Zweckverbandes Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien (ZVON) und des Verkehrsverbundes Oberelbe (VVO), ein Vertreter des Regionalen Planungs- verbands Oberlausitz-Niederschlesien, jeweils ein Vertreter der Kreisverbände des Sächsischen Städte- und Gemeindetages und der Referats- leiter für ländliche Entwicklung des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirt- schaft mit beratender Stimme in der Lenkungs- gruppe tätig. Abb. 4: Bürgerbeteiligung (Quelle: IGES Institut GmbH)

3 Vorgehen und Ergebnisse

Erhebung der Infrastruktureinrichtungen und des Mobilitätsangebotes

Datenerhebung liegen. Beim Bus wurde ergänzend zur 80-pro- Die Bestandserfassung erfolgte ortsteilkonkret zentigen Erschließung auch eine 50-prozentige und umfasste neben dem Basisangebot zur Gebietsabdeckung betrachtet. Daseinsvorsorge auch ergänzende Einrich- tungen aus den Bereichen Kultur, Sport und Die Bewertung der Reisezeiten orientierte sich Tourismus mit überregionaler Bedeutung. an den Erreichbarkeitszielgrößen der Richt- Wichtigste Grundlage waren die vorhandenen linie für integrierte Netzgestaltung (RIN 2008) Daten­bestände der Landkreise. Um für alle sowie den Nahverkehrsplänen der beteiligten Einrichtungen einen einheitlichen Erhebungs- Verkehrsverbünde VVO und ZVON. Maßgebend stand zu erhalten und eventuelle Fehler in den im Sinne der Daseinsvorsorge ist die Beförde- Datenbeständen zu korrigieren, wurden die rungszeit zum nächsten Zentrum innerhalb des Gemeinden beteiligt, mit der Bitte um Prüfung jeweiligen Verflechtungsbereiches. Als Zielgröße bzw. Ergänzung. Zur Visualisierung der Bestands- wurde im Rahmen der Analyse eine Beför- erfassung wurden die erfassten Einrichtungen in derungszeit von 30 Minuten (+/- 5 Minuten) Übersichtsplänen symbolhaft dargestellt und zur festgelegt. Die Bewertung der zeitlichen Er- besseren Lesbarkeit mit einer Kategorisierung schließungsqualität erfolgte in den 3 Kategorien: zu den Bereichen: Bildung, Nahversorgung, – ausreichend: Gesundheitsvorsorge versehen, vgl. Abb. 5. Beförderungszeit ÖPNV ≤ 25 Minuten – kritisch: Erreichbarkeitsanalysen Beförderungszeit ÖPNV > 25 bis 35 Minuten Gemäß den Vorgaben des BMVI wurde für alle – ungenügend: Ortsteile des Landkreises die Erreichbarkeit mit Beförderungszeit ÖPNV > 35 Minuten öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖV) getrennt nach Schul- und Ferientagen erfasst. Als dritter Baustein der Erreichbarkeitsanalyse wurde eine Bewertung der Bedienungshäufig- Die ortsteilgenaue Beurteilung der Erschlie- keit der ÖPNV-Linien in den einzelnen Ortsteilen ßungsqualität erfolgte jeweils über möglichst in vier Stufen vorgenommen: zentral gelegene Referenzhaltestellen mit – ≥ 13 Fahrtenpaare pro Tag dem derzeit und mutmaßlich auch künftig – ≥ 7 Fahrtenpaare pro Tag dichtesten Angebot. – 3 – 6 Fahrtenpaare pro Tag – kein Angebot bzw. nur Einzelfahrten Die Beurteilung des Versorgungsgrades (z. B. ausschließlich Schülerbeförderung) orientiert sich bei der räumlichen Erschließungs­ qualität an den Festlegungen der Nahverkehrs- Die wesentlichen Erkenntnisse der Erreichbar- pläne (NVP) der beteiligte Verbünde, dem keitsanalyse stellen sich wie folgt dar: Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) und dem – Die Netzdichte ist für einen ländlichen Raum Zweckverband Verkehrsverbund Oberlausitz-­ vergleichsweise hoch. Es existieren nur Niederschlesien (ZVON). Als Einzugsgebiete wenige (meist sehr kleine) Ortsteile ohne der Haltestellen wurden für Bahnhaltestellen ÖPNV-Anschluss. Räumliche Erschließungs- einheitlich 1000 Metern und für Bushaltestellen lücken – d.h. Siedlungsgebiete mit mehr als 600 Metern festgelegt. Wenn mindestens 200 betroffenen Einwohnern ohne ÖPNV-An- 80 Prozent des Siedlungsgebietes in diesem schluss – sind sehr selten und betreffen i.d.R. Einzugsgebiet liegen, gilt ein Ort bzw. Ortsteil die Randbereiche der Städte (z. B. Weiß­ als räumlich erschlossen (gemäß NVP ZVON). wasser, ). Diese Festlegung wurde für die Grobbeurteilung – Aufgrund der oftmals einseitigen Aus- etwas großzügiger angewandt: Als mit der richtung des ÖPNV auf die Belange des Bahn erschlossen gelten Ortschaften, deren Schülerverkehrs bestehen bei der zeit- Siedlungsschwerpunkte im Bahneinzugsgebiet­ lichen Erschließungsqualität (Betriebszeit,

4 Vorgehen und Ergebnisse

Bedienungshäufigkeit) sehr große Unterschie- sich Taktlücken, unregelmäßige Anschlüsse, de zwischen Schul- und Ferienzeiten. Viele uneinheitliche Abfahrtszeiten, wechselnde Ortsteile sind in der Ferienzeit gar nicht oder Fahrwege und eingeschränkte Betriebszeiten. nur sehr umständlich erreichbar. – Die Vernetzung von Bus- und Bahnangeboten – Defizite bestehen bei der Erreichbarkeit ist mangelhaft. Zahlreiche Verknüpfungs- der zentralen Orte aus ihren Nahbereichen punkte werden dieser Bezeichnung nicht (gemäß Vorentwurf der zweiten Gesamt- gerecht. Die angebotenen Anschlüsse sind fortschreibung des Regionalplans Ober- unregelmäßig­ und wirken oft eher zufällig als lausitz-Niederschlesien). Hier sind oftmals planmäßig. An einigen Bahnhöfen bestehen keine Direktverbindungen vorhanden und gar keine Anschlüsse zum Bus, wie z. B. in Umsteigebeziehungen sind sehr unattraktiv oder -. (zeitaufwändig, unregelmäßig). – Während auf den Bahnstrecken ein regel- mäßiger, ganztägiger Taktverkehr angeboten wird, ist das bei den Regionalbuslinien nur sehr selten der Fall. Selbst bei als „Haupt- linien“ bezeichneten Angeboten finden

Abb. 5: Ausschnitt aus Übersichtsplan zu Einrichtungen der Daseinsvorsorge (Quelle: VKT)

5 Vorgehen und Ergebnisse

Kleinräumige Bevölkerungs­vorausberechnung

Unter der Maßgabe, eine kleinräumige Bevölke- für die Aufteilung der Ergebnisse der 6. Regio- rungsprognose zu erstellen, wurden potenzielle nalisierten Bevölkerungsvorausberechnung Auftragnehmer recherchiert. Das Statistische verwendet. Dabei wurden ortsspezifische Landesamt des Freistaates Sachsen wurde be- Besonderheiten einbezogen, wie vorhandene auftragt, da es mit der technischen Ausstattung oder auch geplante Alten- bzw. Pflegeheime und dem hochspezialisierten Fachpersonal oder auch Asylbewerberheime. am besten in der Lage ist, derart umfang­- reiche Datensätze und fundierte Ergebnisse Die Ausweisung der Prognoseergebnisse zu erarbeiten. erfolgte für die Alterskategorien unter 6 Jahre, 6 bis unter 10 Jahre, 10 bis unter 15 Jahre, Auf Basis der Daten aus den Einwohnermelde- 15 bis unter 25 Jahre, 25 bis unter 50 Jahre, ämtern der Städte und Gemeinden der Modell- 50 bis unter 65 Jahre, 65 bis unter 80 Jahre region Bautzen / Görlitz sowie unter Nutzung der sowie 80 Jahre und älter. vorhandenen Daten des Statistischen Landes- amtes des Freistaates Sachsen wurde zuerst Unsere Modellregion umfasste zum Prognose- eine Diskussionsgrundlage für eine kleinräumige zeitpunkt insgesamt 779 Ortsteile. Darunter Bevölkerungsprognose der Teilregion „Zentrale waren 380 Ortsteile mit maximal 200 Ein- Oberlausitz“ erarbeitet. Anschließend erfolgte wohnern. Insofern war der Anteil an Ortsteilen, die Prognose bis zum Jahr 2030 auf Ortsteil­ für welche die ermittelten Prognoseergebnisse ebene für die gesamte Modellregion. als statistisch wenig belastbar eingeschätzt wurden, sehr hoch. Unter dieser Maßgabe Ursprünglich war angedacht, die Prognose erfolgte nach Erarbeitung des Kooperations- nach dem „Bottom-Up“-Prinzip durchzuführen. raumkonzeptes eine nochmalige Modifizierung Dieses Verfahren hätte sich durch die sehr der Bevölkerungsprognose für die jeweiligen kleinteilige Struktur (knapp 800 Gemeindeteile) Kooperationsräume. jedoch als zu zeitaufwändig erwiesen. Zudem wäre die Aussagekraft wegen der äußerst Die Ergebnisse der Bevölkerungsprognose geringen statistischen Masse sehr eingeschränkt zeigen, dass in nahezu der gesamten Region gewesen. Aus diesem Grund hat sich die Modell- Bautzen / Görlitz von sinkenden Einwohner- region letztendlich für die vom Auftragnehmer zahlen auszugehen ist, insbesondere im vorgeschlagene differenzierte „Top-Down“- nord-östlichen Teil der Region mit einem starken Modellierung entschieden. Bevölkerungsrückgang von teilweise über 20 %. Während die Modellregion heute eine Bevölke- Der Berechnungsalgorithmus für die Erarbeitung rungsdichte von ca. 125 Einwohnern/km² hat, der kleinräumigen Bevölkerungsprognose erfolgt wird für das Jahr 2030 eine Bevölkerungsdichte nach einer (primär in Abhängigkeit von der von 109 Einwohnern/km² prognostiziert. Einwohnerzahl bzw. dem Lieferumfang) demo- grafisch differenzierten Top-Down-Modellierung für Gemeindeteile. Die Ergebnisse des Zensus 2011 nach Gemeindeteilen und der von den Gemeinden übermittelten Daten aus den Melderegistern wurden als Strukturinformation

6 Vorgehen und Ergebnisse

Beteiligungskonzept und Öffentlichkeitsarbeit

Ein wichtiger Bestandteil bei der Umsetzung Später wurden aufbauend auf diesen Work- des Modellvorhabens war die Einbeziehung von shopergebnissen mehrere vertiefende Fach- Akteuren aus allen Lebensbereichen. So sollten werkstätten zu den Themen: neben Vertretern aus Verwaltung, Politik und – ÖPNV & Verknüpfung von Wirtschaft auch die Einwohner der Modell- Verkehrsangeboten, region als Nutzergruppen von Daseinsvorsorge, – Fahrdienste für bessere Nahversorgung und ÖPNV intensiv in den Teilhabemöglichkeiten, Gestaltungsprozess eingebunden werden. – alternative Ansätze der Dafür wurde auf verschiedene Beteiligungs­ Erreichbarkeitssicherung, formate zurückgegriffen. – Mobilitätsanforderungen Jüngerer am Beispiel von , Eine Form der Bürgerbeteiligung war das Durch- – Verbesserung der Verkehrsträger­- führen von regionalen Workshops. Bei diesen verknüpfung in der Gemeinde und galt es zunächst herauszufinden, welche Bedürf- – Möglichkeiten der innerörtlichen nisse die Einwohner derzeit haben, um ihr All- Erschließung in der Stadt tagsleben zu organisieren. So wurde gemeinsam durchgeführt. zu zahlreichen Fragen diskutiert: Wie werden etwa Erreichbarkeiten von öffentlichen Einrich- Zudem wurden Informationsveranstaltungen tungen wie Behörden, Schulen, Freizeitangebo- zum Projektstatus abgehalten, z. B. beim Kreis- ten empfunden? Welche Versorgungseinrichtun- seniorenrat des Landkreises Görlitz und der gen können möglicherweise gebündelt und an LEADER-Kulisse Östliche Oberlausitz. welchen Standorten konzentriert werden? Wie Zum Beteiligungskonzept gehörte neben der könnte der Nahverkehr der Zukunft aussehen? Durchführung der Workshops, Fachwerkstätten Kann man die unterschiedlichen Mobilitätsan- und Informationsveranstaltungen auch die Pflege gebote optimal verknüpfen? Welche Ideen und einer Internetpräsenz zum Modellvorhaben. Auf Vorschläge haben die Einwohner und lokalen der Internetseite www.mover-bz-gr.de Akteure, um die Lebensqualität im ländlichen wurden aktuelle Informationen zum Modell- Raum zu sichern und zu verbessern? Die vorge- vorhaben, auch in Form von Newslettern, brachten vielfäl­tigen Ideen und Meinungen der veröffentlicht. Zudem wurden Informationen Beteiligten flossen später u. a. in den weiteren zu Veranstaltungen in der Modellregion und Prozess ein. Treffen im Rahmen des Modellvorhabens auch über den Facebook-Auftritt des Landkreises Für die Workshops wurden möglichst ländliche Görlitz bereitgestellt. Veranstaltungsorte gewählt. Insgesamt wurden sechs regionale Workshops in den Gemeinden , Mittelherwigsdorf, Rietschen, Reichenbach/Oberlausitz, und Groß- naundorf durchgeführt, an denen eine Vielzahl in- teressierter Bürgerinnen und Bürger teilnahmen.

7 Vorgehen und Ergebnisse

Kooperationsraumkonzept

Auswahlkriterien Kooperationsraum Für die Räume, für die keine ausreichende Das Kooperationsraumkonzept zielt auf die Erreich­barkeit gewährleistet ist, wurden Orte in freiwillige Zusammenarbeit von Gemeinden zur die Betrachtung einbezogen, die zur Ergänzung Daseinsvorsorge ab und stellt einen ergänzen- der Versorgungsfunktion in Frage kamen. Dafür den Ansatz zum Zentrale-Orte-System dar. wurde geprüft, inwieweit sie den Anforderungen an ein Versorgungszentrum entsprechen und in- Im Gegensatz zum Zentrale-Orte-System wieweit sie Ergänzungsfunktion tatsächlich wahr- wurde eine ortsteilkonkrete Abgrenzung und nehmen können. Anschließend erfolgte auch für Beachtung auch kleinteiliger Verflechtungsbe- diese Orte eine Abgrenzung der Einzugsgebiete. ziehungen zu Grunde gelegt, da auch innerhalb der zum Teil großflächigen Gemeindegebiete Im Ergebnis der Analysen ergab sich eine kleinteilige Versorgungsbeziehungen traditionell Vielzahl von Kooperationsräumen in der Modell- differenziert sein können. region. Diese werden in Abb. 6 dargestellt.

Aufgabe war die Fixierung von Versorgungszen- Pilot-Kooperationsräume tren und die Abgrenzung der zu versorgenden Aus der Überlagerung der Erreichbarkeit, der Ortsteile, welche die Versorgungszentren verifizierten Versorgungszentren sowie der Ver- umgeben. Die Versorgungszentren der Koope­ sorgungskraft und des Entwicklungspotenzials rationsräume sind Ortsteile, die mit dem möglicher Ergänzungs- und Selbstversorgerorte öffentlichen Personennahverkehr gut erreichbar wurden vier mögliche Pilotregionen herausge- sind und in denen nachhaltig Infrastrukturen der arbeitet. Anders als bei der Herausarbeitung der Daseinsvorsorge gebündelt angeboten werden Kooperationsräume wurde bei der Festlegung – sogenannte „Kernorte“. Dabei liegt der Fokus der Pilotregionen auf ganze Gemeinden mit voll- auf Infrastrukturen für die nicht-mobile Bevölke- ständigen Gebietszuschnitt abgestellt. Im Ergeb- rung. Grundlage für die Fixierung der Kernorte nis einer intensiven Diskussion in den Gremien und die Abgrenzung der Kooperationsräume fiel die Entscheidung, zwei Pilotregionen mit waren die vorangegangene Datenerhebung zu Abstrichen zu einer Pilotregion zu verschmelzen. den Einrichtungen der Daseinsvorsorge sowie Somit umfasst die ausgewählte Pilotregion die Erreichbarkeitsanalysen. letztendlich die Städte und Gemeinden: – Lauta, Die Abgrenzung der Kooperationsräume stellt – , einen Näherungsprozess dar. Die vorhandenen – Spreetal, Ober- und Mittelzentren sowie die leistungsfähi- – Lohsa, gen Grundzentren wurden als Versorgungszent- – Boxberg/O.L., ren gesetzt. Für diese galt es die Einzugsbereiche – Rietschen und abzugrenzen, also die Orte herauszuarbeiten, – Kreba-Neudorf. für die sie die Nahversorgungsfunktion wahr- nehmen können. Maßgebend waren die Die Auswahlentscheidung für die Pilotregion tatsächlichen, kleinräumigen Verflechtungen wurde durch viele Faktoren beeinflusst. So han- vor Ort. Dabei spielten Gemeinde-, Kreis- oder delt es sich um eine flächenmäßig sehr große, Landesgrenzen keine Rolle. Kriterien für die jedoch dünn besiedelte Region. Sie schließt Abgrenzung dieser Einzugsgebiete waren: dabei Gebiete beider Landkreise gleichermaßen – die Erreichbarkeitsbedingungen im ÖPNV, ein und befindet sich an einer SPNV-Strecke, – die bestehenden Schüler- und die mit Fahrplanwechsel im Dezember 2018 Pendlerverflechtungen, wiedereröffnet wird. Zudem weist die Region – die bestehenden Versorgungsbeziehungen, die größten Versorgungsdefizite auf, soll aber – nachweisliche Kooperationsbeziehungen touristisch entwickelt werden. Abb. 7 zeigt die sowie gewählte Pilotregion. – die Bevölkerungsentwicklung im Hinblick auf die Tragfähigkeit der Kooperationsräume.

8 Vorgehen und Ergebnisse

Abb. 6: Darstellung der Kooperationsräume in der Modellregion (Quelle: VKT)

Abb. 7: Pilotregion des Modellvorhabens (Quelle: VKT)

9 Vorgehen und Ergebnisse

Mobilitätskonzept

Mobilitätskonzept für die Pilotregion unterschiedlichen Angebotsstandards und Das Mobilitätskonzept für die Pilotregion Tarifstrukturen. Die auf den ersten Blick zwar gliedert sich in die zwei Teilbereiche ÖPNV hohe Netzdichte mit zahlreichen Linien ver- und Radverkehr. spricht jedoch deutlich mehr als das tatsächliche Fahrplanangebot erfüllen kann. Charakteristisch Zuerst wurde die Ausgangslage des ÖPNV in ist die vordergründige oder zum Teil sogar der Pilotregion erörtert. Zentrales Element und ausschließliche Orientierung auf den Schülerver- Rückgrat des ÖPNV-Netzes der Pilotregion ist kehr, was im Sinne der langfristigen Sicherung zukünftig die Bahnstrecke Hoyerswerda – Görlitz. von Versorgung und Mobilität in der Pilotregion Sie verbindet zwei der drei Städte des oberzent- nicht zielführend ist. ralen Städteverbundes Hoyerswerda – Görlitz – Bautzen und übernimmt wichtige Erschlie- Die wesentlichen Anforderungen an einen ßungsaufgaben im nördlichen Teil der Landkrei- erfolgreichen ÖPNV werden gegenwärtig nicht se Bautzen und Görlitz, denn in Hoyerswerda vollumfänglich erfüllt. Dazu gehören: bestehen dann Anschlüsse in Richtung Leipzig – wettbewerbsfähige Reisezeiten (durch und zum überregionalen Verkehr. Direktverbindungen, attraktive Anschlüsse, Auf Grund der Streckenertüchtigung, dem behinderungsfreie Fahrten und optimierte zweigleisigen Ausbau und der Elektrifizierung Zugänge und Übergänge), im Abschnitt Knappenrode – Horka, als Teil­ – durchgehende Servicequalität und Zuverläs- projekt einer internationalen Güterverkehr- sigkeit (durch bedarfsgerechte Betriebszeiten, strasse, ist der Bahnbetrieb seit ca. 8 Jahren einen dichten Fahrplan, Anschlusssicherheit unterbrochen. Der Personenzugverkehr wird und Pünktlichkeit) und ebenfalls von der Infrastrukturmaßnahme pro- – einfacher Zugang und Nutzung (durch ver- fitieren infolge schnellerer Streckengeschwin- ständliche Netzhierarchie und Netzgestal- digkeiten und somit kürzeren Fahrzeiten, tung, einprägsame Fahrpläne [einheitliche einer verbesserten Fahrplanstabilität und der Bedienungsstandards] und insgesamt eine Modernisierung der Haltepunkte. Die Wieder- Minimierung der Informationsnotwendigkeit) inbetriebnahme des Personennahverkehrs wird im Dezember 2018 erfolgen. Nach der Erörterung der Ausgangslage wurden mit dem Ziel einer klaren, verständlichen Netz- Das Fahrgastpotenzial im unmittelbaren Ein- struktur und als Voraussetzung für die Definition zugsgebiet der Haltepunkte ist sehr gering von Angebotsstandards die folgenden Netz­ (Ausnahme Stadt Niesky). Um die Bahnlinie ebenen festgelegt: auch langfristig erfolgreich betreiben zu können, – Erste Ebene: Bahnlinien und die PlusBus-­ sind optimale Verknüpfungen mit dem Busnetz Angebote bilden das Hauptnetz und damit im Sinne eines attraktiven ÖPNV-Gesamtange- das Grundgerüst des ÖPNV. botes sowie komfortable Anbindungen für den – Zweite Ebene: Neben- bzw. Grundnetz aus Fuß- und Radverkehr (inkl. Abstellanlagen) und Buslinien, die für die Erschließung verkehrs- P&R-Stellplätzen unerlässlich. relevanter Ziele (Versorgungszentren gem. Kooperationsraumkonzept, Schulstandorte, Das bestehende Busangebot in der Pilotregion Bahnstationen etc.) bedeutsam sind und ist gekennzeichnet durch eine hohe Anzahl einen regelmäßigen Linienbetrieb recht- regionaler und lokaler Buslinien mit sehr fertigen. Aufgrund des geringeren Fahrgast- unterschiedlicher Angebotsstruktur und sich potenzials genügt jedoch eine gegenüber überlagernden Einzugsgebieten. Außerdem ver- dem Hauptnetz reduzierte Angebotsdichte läuft durch die Pilotregion, wie auch durch die (Grundangebot). gesamte Modellregion, die Grenze der beiden Verkehrsverbünde Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) und Zweckverband Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien (ZVON) mit jeweils

10 Vorgehen und Ergebnisse

– Dritte Ebene: Ein Ergänzungsnetz, das Für die 2. Ebene (Nebennetz; Grundangebot) ÖPNV-Angebote in besonders nachfrage- wurden folgende Standards festgelegt, welche schwachen Korridoren und Räumen sowie zu erreichen sind: Sonderverkehre (z.B. Schülerverkehr), die – täglich durchgehender Betrieb mit mind. 7 nicht effizient in den Linienbetrieb eingebun- Kurspaaren (2-Stunden-Takt als Orientierung), den werden können, umfasst. Diese werden – bei Bedarf Verdichtungen in der Haupt- über flexible Bedienformen und/oder zweck- verkehrszeit sowie nachfrageorientierte gebundene Fahrten abgedeckt. Angebots­ausdünnung in den Randzeiten – Der Schülerverkehr wird soweit möglich und am Wochenende, über das „reguläre“ Haupt- und Nebennetz – Einzugsgebiete der Buslinien: 600 Metern abgewickelt. Schülerverkehre, die nicht über Haltestellenradius (entspricht ca. 10 Minuten das Haupt- und Nebennetz bedient werden Zugangszeit), können, sind auch weiterhin mit speziell auf – Erschließung im Linienbetrieb ab 200 Einwoh- die Schulwegbeziehungen ausgerichteten, nur ner in einem zusammenhängenden Siedlungs- zu Schulzeiten verkehrenden Angeboten im gebiet (oder vergleichbares Potenzial), unter Rahmen des Ergänzungsnetzes abzudecken.1 Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit.

An die Festlegung der Netzebenen anknüpfend Um die entsprechenden Standards zu erreichen, wurden für jede Ebene Standards und ein ent- wurden für alle Teilräume bzw. Korridore sprechender Maßnahmenkatalog erarbeitet. Ziele festgelegt, welche durch entsprechende Auf der 1. Netzebene ist die wichtigste Maß- Anpassung und Weiterentwicklung des ÖPNV-­ nahme zur Qualitätssteigerung des ÖPNV in der Angebots umgesetzt werden sollen. Für die Pilotregion und darüber hinaus im gesamten Region Lauta sind das z. B. die Schaffung einer nördlichen Teil der Modellregion Bautzen / Görlitz Ortsteilverbindung in Nord-Süd-Richtung inner- die Angebotsverdichtung auf der Bahnstrecke halb der Stadt Lauta (Laubusch – Lauta – Torno/ Hoyerswerda – Görlitz zu einem Stundentakt. Leippe) sowie die bessere Einbindung des Der aktuelle Fahrplanentwurf mit einem 2h-Takt Bahnhofs in das Busnetz (regelmäßige Bahn-­ kann aufgrund der großen zeitlichen Lücken nur Anschlüsse v. a. in Richtung Hoyerswerda). einen geringen Teil der Mobilitätsbedürfnisse abdecken, bietet keine durchgängig hohe In den potenzialschwachen Korridoren der Servicequalität (geschlossene Reiseketten), ist 3. Ebene (Ergänzungsnetz) soll grundsätzlich nicht leicht zu merken und widerspricht einem auf die flexible Bedienung umgestellt werden wesensgerechten Einsatz der Verkehrsmittel in (Rufbusse). Auf Mischangebote aus Linien- und den unterschiedlichen Netzebenen (Ziel: SPNV Rufbusbetrieb wird verzichtet. als „Rückgrat“). Alternative Mobilitätsangebote wie Bürger­ Eine weitere Maßnahme der 1. Ebene ist die busse, Sozialdienste als Mobilitätsanbieter oder Einführung von sogenannten Plusbus-Linien2 Mitfahrbänke wurden ebenfalls betrachtet, auf bestimmten Korridoren (z. B. Hoyerswerda – sind aber nicht Teil des ÖPNV und spielen eine Lauta – Senftenberg). Insbesondere durch die untergeordnete Rolle. Ein positives Beispiel hierzu kommt jedoch aus der Gemeinde Vernetzung mit dem Schienenverkehr wird nicht nur die Marktposition beim Bus, sondern der ÖPNV insgesamt gestärkt.

1 Diese Schülerfahrten sind nicht Gegenstand des hier beschriebenen Mobilitätskonzeptes der Pilotregion. Aufgrund der häufigen Veränderungen bei den Schüler-verkehrsströmen sind ständige Anpassungen des „Schulbusbetriebes“ erforderlich. Diese können in ei-nem Netzkonzept, das als langfristige Grundorientierung dienen soll, nicht abgebildet werden. Wichtige Schul-standorte werden jedoch als Ziele des Linienverkehrs berücksichtigt. 2 Ein einheitlicher Grundtakt (60 Minuten), ganztägig regelmäßige und attraktive Anschlüsse Bus ↔ Bahn sowie zwischen den PlusBus-Linien untereinander, ein Grundangebot am Wochenende, Einzugsgebiete der Buslinien: 600 Meter Haltestellenradius (entspricht ca. 10 Minuten Zugangszeit).

11 Vorgehen und Ergebnisse

Kreba-Neudorf, welche ein durch die Gemeinde, die Ostdeutsche Sparkassenstiftung sowie einen örtlichen Sportverein finanziertes Bürgerauto betreibt (siehe Abb. 9). Neben dem gemeinde- internen Gebrauch als Dienstfahrzeug kann der Kleinbus in der übrigen Zeit von örtlichen Vereinen genutzt werden.

Neben dem ÖPNV hat auch der Radverkehr große Bedeutung für die Mobilität im ländlichen Raum. Ein attraktives Radverkehrsnetz für den Alltagsverkehr ist die Voraussetzung dafür, das Potenzial des Fahrrades als Verkehrsmittel im ländlichen Raum nutzen zu können. Unter Abb. 8: Baustelle des neuen Haltepunktes in Lohsa Berücksichtigung des zunehmenden Anteils von E-Bikes und der damit steigenden Aktionsradien kann das Fahrrad eine wichtige Mobilitätsgrund- lage für Menschen ohne Autoverfügbarkeit wer- den. Der Radverkehr ist auf Alltagswegen in der Region bereits heute sehr präsent. Lücken bzw. Defizite bestehen sowohl bei den Verbindungen, wo eine durchgehend attraktive Infrastruktur noch nicht überall gewährleistet ist, als auch bei der Qualität der Verknüpfungen mit dem ÖPNV. Als Ergebnis der Analyse der Radverkehrssitu- ation in der Pilotregion wurden verschiedene Bedarfe für den Neubau straßenbegleitender Radwege an stark befahrenen Straßen sowie für Abb. 9: Bürgerauto der Gemeinde Kreba-Neudorf alternative Führungen von Außerortsstrecken auch über parallele touristische Routen sowie Innerortsstrecken, bei denen markierte Rad- streifen in Frage kommen, identifiziert.

Um eine attraktive Verknüpfung der verschiede- nen Verkehrsmittel sicherzustellen, wurden zu- dem die Bike & Ride Anlagen in der Pilotregion überprüft und nach ihrem aktuellen Ausbau- standard kategorisiert. Im Zusammenhang mit einer Bedarfs- und Potentialanalyse wurde im Anschluss auch hier ein entsprechender Maß- nahmenkatalog zur Verbesserung erarbeitet, der sowohl den Neubau als auch die Moderni- sierung vorhandener Anlagen beinhaltet.

12 Vorgehen und Ergebnisse

Abb. 10: ÖPNV-Bedienhäufigkeit, Ferienzeit (Quelle: VKT)

Abb. 11: Erreichbarkeit der Zentren mit und ohne Direktverbindungen im ÖPNV (Quelle: VKT)

13 Vorgehen und Ergebnisse

Umsetzungsmaßnahmen in Piloträumen

Information und Disposition – – der Einsatz flexibler Bedienformen in nach- Mobilitätszentrale frageschwachen Korridoren bzw. Bereichen Um die bestehenden und die zukünftig zu entwi- (= Ergänzungsnetz), wie z. B. Lohsa – Uhyst ckelnden Mobilitätsangebote zu vernetzen, be- und südliche Ortsteile von Lohsa, südliche darf es nicht nur physischer Infrastrukturen, wie Ortsteile von Boxberg, z. B. Umsteigestationen, sondern insbesondere – die Schaffung eines „Stadtbusses“ in Lauta als einer Verbesserung der verkehrsträgerüber- attraktive, bedürfnisgerechte Verbindung der greifenden Informations- und Buchungsmöglich- Ortsteile untereinander. Gleichzeitig wurde keiten sowohl für derzeitige Nutzergruppen als diese Maßnahme als Folgeprojekt im Land- auch zur Gewinnung zusätzlicher Nutzer. kreis Bautzen beim BMVI eingereicht.

Im Rahmen des Modelvorhabens beabsichtigen Teilbereich Radverkehr die Landkreise Bautzen und Görlitz daher den Die Netzergänzungsmaßnahmen im Teilbereich Aufbau bzw. die Weiterentwicklung einer Mobi- Radverkehr gliedern sich in zwei Prioritäts- litätszentrale. Die Mobilitätszentrale soll die drei stufen. Unter die Netzergänzung der Priorität 1 zentralen Merkmale Information, Buchung und fallen Maßnahmen für Lückenschlüsse auf Disposition vereinen und im Sinne einer inter- Hauptverbindungen im Alltagsverkehr, ins- modalen Buchungs- und Informationsplattform besondere zur Erhöhung der Verkehrssicherheit für die Modellregion weiterentwickelt werden. an stark befahrenen Straßen (straßenbegleiten- der Radwege). Dafür wird ein grundlegendes Konzept erarbei- tet, um auf dieser Grundlage die Beschaffung, Unter die Netzergänzungen der Priorität 2 fallen Auslieferung, technische Umsetzung sowie Inbe- Maßnahmen an Radverkehrsanlagen für Lücken- triebnahme durchführen zu können. Gleichzeitig schlüsse auf wichtigen Verbindungen im Alltags­ sollen mit dem Konzept Empfehlungen für eine verkehr (Erschließung Versorgungszentren, einheitliche Gestaltung flexibler Betriebsformen wichtige Schulwege, Anbindung ÖPNV). des ÖSPV zum Abbau von Zugangshemmnissen für Nutzer entwickelt werden. Optimierung der Verkehrsmittelverknüpfung Zur besseren Verkehrsmittelverknüpfung sollen Teilbereich ÖPNV verschiedene Verknüpfungsstellen für Bahn/Bus Umsetzungsmaßnahmen des Mobilitätskonzep- und Bus/Bus ausgebaut bzw. errichtet werden tes in der Pilotregion im Teilbereich ÖPNV sind: (z. B. in Lauta, Lohsa, Uhyst und Mücka). – der Angebotsausbau der Bahnstrecke RB 64 auf 60 Minuten-Takt, Zudem stehen für den (teilweisen) Ausbau der – die Einführung von „PlusBus“-Linien auf den Bike & Ride-Infrastruktur, insbesondere für Hauptachsen (z.B. Hoyerswerda – Spremberg, kleinere Anlagen des Grundbedarfs im Rahmen Hoyerswerda – Bautzen), des Modellvorhabens finanzielle Mittel zur -Um – die Neuausrichtung im Nebennetz (einheit- setzung investiver Kleinprojekte zur Verfügung. liche Standards, regelmäßige Bedienung auch auf Linien außerhalb des PlusBus-Netzes), z.B. in den Korridoren Bernsdorf – Lauta, Hoyers- werda – Geierswalde, Rietschen – Niesky, – die Ergänzung neuer Haltestellen, z. B. an Bahnstationen (Lauta, Lohsa, Uhyst, Klitten, Mücka) und in Laubusch (Apotheke),

14 Weiteres Vorgehen in der Modellregion

Weiteres Vorgehen

Im Landkreis Görlitz werden im Rahmen einer Anforderungen aus dem BMVI-Modellvorhaben, Sondersitzung der Kreistagsausschüsse am insbesondere auch zu flexiblen Angeboten, 15.08.2018 die erarbeiteten Kooperationsraum- fließen ab 2022 in die Vergabe öffentlicher und Mobilitätskonzepte und deren Ergebnisse Personenbeförderungsleistungen ein. einschließlich der investiven Projekte vorgestellt. Die Befassung des Kreistages zur Gesamtthematik Ebenfalls im Ergebnis des BMVI-Modellvor- des Modellvorhabens wird zur Sitzung am habens erfolgt durch den Landkreis Bautzen 19.09.2018 erfolgen. gegenwärtig die Vorbereitung einer umfassen- den ÖPNV-Linienuntersuchung, um auf dieser Es wird angestrebt, dass sich der Kreistag im Grundlage ein strategisches Buslinienkonzept Landkreis Bautzen nach Abschluss des Projektes entwickeln zu können, welches langfristig trag- ebenfalls in Form einer Informationsvorlage fähig ist und den Anforderungen der Verkehrs- mit dem Vorhaben befasst.In den Informations- trägerverknüpfung umfassend gerecht wird. vorlagen wird auf die notwendige inhaltliche Untersetzung der Konzepte durch die jeweiligen Ergänzend zum integrierten Mobilitätskonzept Fachplanungen verwiesen (z. B. Nahverkehrs- wird derzeit für den Landkreis Bautzen ein plan, Haushaltsplanung etc.). Elektromobilitätskonzept erarbeitet. Darüber hinaus erfolgt vor dem Hintergrund bevor- Mit der Fortschreibung des Nahverkehrs- stehender Großinvestitionen und auf der planes des ZVON wurde festgeschrieben, die Grundlage von Kooperationsraumkonzept und Ergebnisse aus dem BMVI-Modellvorhaben integriertem Mobilitätskonzept für das westliche perspektivisch zu beachten und zu untersetzen. Landkreisgebiet gegenwärtig die Erstellung eines Analog wird dies für den noch im Fortschrei- Siedlungsentwicklungskonzeptes (Daseinsvor- bungsverfahren befindlichen Nahverkehrsplan sorgeeinrichtungen; Verkehrsentwicklung). des VVO angestrebt. Im Zuge der gegenwärtigen Gesamtfortschreibung zum Regionalplan Ober- lausitz - Niederschlesien wird in Ergänzung des Zentrale-Orte-Systems die Initiative entwickelt, eine Zielformulierung zur Umsetzung ländlicher Versorgungsorte des Kooperationsraumkonzep- tes im Raumordnungsplan zu verankern.

15 Informationen und Impressum

Ansprechpartner/innen in der Modellregion

Landkreis Bautzen Landkreis Görlitz Andreas Heinrich Sandy Marschke Bahnhofstraße 9 Bahnhofstraße 24 02625 Bautzen 02826 Görlitz [email protected] [email protected]

Homepage zum Modellvorhaben: http://www.mover-bz-gr.de/

Impressum

Herausgeber Redaktion Bundesministerium für Verkehr Modellregion Bautzen / Görlitz und digitale Infrastruktur (BMVI) Invalidenstraße 44, 10115 Berlin Forschungsassistenz Hochschule Kontakt: Dr. Bernd Rittmeier Neubrandenburg / InnoZ GmbH E-Mail: [email protected] Satz und Grafik Wissenschaftliche Begleitung InnoZ GmbH, Berlin Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raum­ forschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen Druck und Raumordnung (BBR) Bundesamt für Bauwesen und Deichmanns Aue 31 – 37, 53179 Bonn Raumordnung (BBR), Bonn Referat I 5 Digitale Stadt, Risikovorsorge und Verkehr Stand Kontakt: Dr. Bernd Buthe September 2018 E-Mail: [email protected] Nachdruck und Vervielfältigung Forschungsassistenz Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck nur mit Hochschule Neubrandenburg genauer Quellenangabe gestattet. Die von Brodaer Str. 2, 17033 Neubrandenburg der Redaktion vertretene Auffassung ist nicht Kontakt: Johann Kaether unbedingt mit der des Herausgebers oder der E-Mail: [email protected] wissenschaftlichen Begleitung identisch. Das Forschungsvorhaben wurde aus Mitteln des Innovationszentrum für Mobilität und BMVI finanziert. gesellschaftlichen Wandel (InnoZ) GmbH EUREF-Campus 16, 10829 Berlin Kontakt: Dr. Melanie Herget E-Mail: [email protected]

16