Jirˇí Hönes Es gibt nur Lichteinfall. Durch die star- Muschelkalk-Verwit- ke Hangneigung unserer terungsböden. Auf den eine Sonne, Weinberge erreicht das nährstoffreichen Böden aber die Sonnenlicht die Rebean- gedeihen die anspruchs- Lage und lagen fast im 90° Winkel. vollsten Rebsorten, wie Dies sorgt für eine optimale beispielsweise Trollinger, Die Flurnamen der Gemarkung die Leiden- Lichtausbeute und Wärme- Lemberger und Riesling schaft zum aufnahme. besonders gut. Wein be- Felsen und Trockenstein- Selektive Handlese. Die wirken den mauern. Die natürlichen Trauben unserer terras- Gesammelt und gedeutet von Schülerinnen Muschelkalkfelsen und die sierten Steillagen werden Unterschied. Mauern verstärken die Son- äußerst schonend und und Schülern der Grundschule Hessigheim neneinstrahlung und spei- mit aller größter Sorgfalt chern zusätzlich Wärme, die selektiv von Hand gelesen. sie an die Reben abgeben. Leidenschaft unserer und Enz. Beide Winzer. Diese Leidenschaft Flüsse speichern nicht nur ist nicht nur Grundvoraus- Wärme, sondern erhöhen setzung für die Pflege der durch Reflektion die Son- mühevoll zu bewirtschaf- neneinstrahlung unserer tenden Weinberge, sondern Rebanlagen und beein- auch Garant für bestes flussen so das Mikroklima Lesegut. nachhaltig. Felsengartenkellerei eG Am Felsengarten 1 Hessigheim Telefon 07143/8160-0 www.felsengartenkellerei.de

1 Jirˇí Hönes

Die Flurnamen der Gemarkung Hessigheim Gesammelt und gedeutet von Schülerinnen und Schülern der Grundschule Hessigheim

Unter Mitarbeit von Alex, Angela, Annelie, Antonia, Elena, Jeremias, Josua, Lukas B., Lukas H, Maik, Marco, Michelle, Nico, René, Sven N., Sven S. und Yannick Inhalt

Vorwort _ Seite 04

Flurnamen – eine Einführung _ Seite 06

Die Hessigheimer Flurnamen-AG _ Seite 12

Alphabetische Liste der Hessigheimer Flurnamen _Seite 16

Gemarkungsplan Hessigheim _Seite 43

Literatur und Quellen _ Seite 44

3 Vorwort

Dieses Buch entstand im Rahmen eines Schulprojekts an der Grund- schule Hessigheim im Zeitraum von April bis Juli 2008 unter dem Titel Die Hessigheimer Flurnamen-AG. 17 Schülerinnen und Schüler der dritten und vierten Klasse, die sich freiwillig für diese AG ange- meldet hatten, erforschten an je einem Nachmittag in der Woche die Flurnamen der Gemarkung aus unterschiedlichen Quellen und arbeiteten sie für diese Veröffentlichung auf. Das Projekt entstand in Zusammenhang mit meiner Magisterarbeit an der Pädagogischen Hochschule , die sich dem Thema Mediale Aufbereitung von Kulturgeschichte in der Grundschule widmet. Dabei soll gezeigt werden, dass auch schon Grundschulkinder in der Lage sind, einen öffentlichkeitswirksamen Beitrag zur Erforschung des regionalen Kulturguts zu leisten. Es gilt hier besonderen Dank auszusprechen an all die Hessigheimer Bürgerinnen und Bürger, die mir und vor allem den Kindern bei ihren Nachforschungen zu den Flurnamen behilflich waren und so das Zustandekommen dieses Büchleins erst ermöglicht haben. Weiterhin danke ich der Grund- und Hauptschule Hessigheim, insbesondere Herrn Rektor Loibl, dass ich dieses Projekt hier durchführen durfte und dabei stets unterstützt und beraten wurde. Hilfe in vielen Sachfragen kam von Herrn Dr. Prinz von der Württem- bergischen Landesstelle für Volkskunde in , der uns dan- kenswerterweise bei einigen Unklarheiten bezüglich der Flurnamen beratend zur Seite stand und die Bestände des Württembergischen Flurnamenarchivs zugänglich machte. An der Pädagogischen Hoch- schule Ludwigsburg danke ich besonders: meinen Betreuern Frau Prof. Dr. Marci-Boehncke und Herrn Prof. Dr. Küster, die mich bei der Bearbeitung dieses wissenschaftlichen Themas schon längere Zeit unterstützend begleiten, sowie Herrn Jeldrik Pannier, der freund­ licherweise die grafische Gestaltung des Buches übernahm.

4 Das Buch beginnt zunächst mit einer allgemeinen Einführung zum Thema Flurnamen und einer Beschreibung des Projektablaufs an der Hessigheimer Grundschule. Danach folgen in alphabetischer Reihenfolge die Erklärungen zu den einzelnen Flurnamen, die von den Kindern selbst verfasst wurden. Eine Karte am Ende des Buches (Seite 43) gibt Auskunft über die genaue Lage der einzelnen Fluren. An dieser Stelle sei auch ein großes Lob an die Schülerinnen und Schüler ausgesprochen, die hier hervorragende Arbeit geleistet haben.

Stuttgart-Untertürkheim im Juli 2008

Jirí Hönes

5 Flurnamen – eine Einführung

Die Flurnamen sind eine Untergruppe der so genannten Örtlichkeits- namen und stellen deren kleinste Einheit dar. Im ursprünglichen Sinn bezeichnet das Wort Flur die landwirtschaftlich genutzten Flächen in Abgrenzung zu Siedlungen, Wald und Ödland. Dieser Be- deutung entspricht auch das hierzulande geläufigere WortGewann - Namen, also die Namen der einzelnen Ackergewanne. Im heutigen Sprachgebrauch wurde die Bezeichnung Flurname jedoch ausgewei- tet auf alle kleinteiligen geographischen Bezeichnungen außerhalb geschlossener Ortschaften, also auch denen der Wälder und Ödlän- der. Oftmals werden gar innerörtliche Stellenbezeichnungen zu den Flurnamen gezählt. Die Bezeichnung Flurname ist großen Teilen der Bevölkerung kaum bekannt, und doch kommen auch Menschen, die nicht in der Land- oder Forstwirtschaft tätig sind, häufig mit ihnen in Kontakt, auch wenn dies dem Einzelnen oft nicht bewusst ist: Die Namen von Straßen, Neubausiedlungen, Gewerbegebieten und Haltestellen des Nahverkehrs gehen häufig auf Flurnamen zurück. Einer der bekann- testen Flurnamen in Baden-Württemberg dürfte wohl der Cann­ statter Wasen sein. Die Flurnamen hatten in vergangenen Zeiten die Funktion, jedes Grundstück einer Gemarkung eindeutig zu bezeichnen. In Besitzver- zeichnissen früherer Jahrhunderte wird jeder Acker und jede Wiese durch die Lage in einem bestimmten Gewann und die Angabe der Anstößer (Grundstücksnachbarn) aufgelistet. Das liest sich dann etwa folgendermaßen: 2 ½ Morgen im Pfaffen acker neben Andreas Müller und der Egarten oder ½ Morgen beim Schmid Bohm neben Leonhard Richt. Diese Funktion haben die Flurnamen durch die Lan- desvermessungen im 19. Jahrhundert eingebüßt, da seither jede Par- zelle einer Gemarkung mit einer Nummer versehen ist und eindeutig bestimmt werden kann. Doch auch im Alltagsgebrauch waren und sind Flurnamen jedoch weiterhin unverzichtbar zur Verständigung über die genaue Lage innerhalb einer Gemarkung.

6 Aber nicht nur die offizielle Funktion der Flurnamen verschwand im Laufe des 19. Jahrhunderts, auch ihre Anzahl nimmt seither stetig ab. Durch Flurbereinigungen wurden kleinteilige Parzellen zusam- mengelegt, ein Prozess der bis heute anhält. In der modernen Land- wirtschaft mit großen, maschinell bewirtschafteten Flächen ist die Verständigung über einzelne Ackerstreifen mit eigenen Namen nicht mehr notwenig. Der Ausbau der Siedlungen im 20. Jahrhundert griff zudem auf einstmals landwirtschaftlich genutzte Flächen über und damit gingen oft auch die alten Bezeichnungen verloren. Gleichzeitig mit dem beginnenden Rückgang der Flurnamen erwachte das wissenschaftliche Interesse an ihnen. Im Zuge der romantischen Bewegung am Anfang des 19. Jahrhunderts kam die volkstüm­ liche Kultur ins Blickfeld: Achim von Arnim und Clemens Brentano sammelten deutsche Volkslieder, die sie von 1805 bis 1808 in der Sammlung Des Knaben Wunderhorn veröffentlichten, die Brüder Grimm gaben 1812 und 1815 in zwei Bänden die berühmten Kinder- und Hausmärchen heraus. Jacob Grimm war es auch, der auf den sprach- und kulturgeschichtlichen Wert der Flurnamen aufmerksam machte und somit einen Anstoß zur Flurnamenforschung gab. Auch in Württemberg regte sich das Interesse: Die Flurnamen sollten im Zuge der von 1818 bis 1840 durchgeführten Landesvermessung in die topographischen Karten eingetragen werden – wo sie bis heute zu finden sind. Hierbei zeigten sich bald Schwierigkeiten bei der Umsetzung der mündlich gebrauchten Namen in die Schriftform. Da die Vermessungsingenieure oft aus unterschiedlichen Regionen stammten und somit eine andere Mundart sprachen als die Land- wirte, von denen sie die Angaben über die Flurnamen bekamen, wurden die Namen oftmals in einer sinnentstellenden Schreibweise in die Blätter eingetragen. Auf diesen Missstand machte der Tü- binger Sprachwissenschaftler Karl Bohnenberger aufmerksam. Er setzte sich dafür ein, dass die Schreibung der Flurnamen auf den einzelnen Blättern vor der Veröffentlichung einer sprachwissen- schaftlichen Untersuchung unterzogen werden sollte. Einige Jahre

7 später erschien mit dem Oberdeutschen Flurnamenbuch von Micha- el Richard Buck das erste sprachwissenschaftliche Deutungsbuch für Flurnamen aus dem alemannischen, fränkischen, schwäbischen und bairischen Sprachraum. Um die Flurnamen in ihrer ursprüng- lichen Bedeutung in die Schriftsprache zu übersetzen, erstellte B­ohnenberger bis zum Jahr 1908 ein Regelwerk Bestimmungen über die Schreibung der Flurnamen in den württembergischen Karten. Aufgestellt vom K. Statistischen Landesamt, das genaue Anweisung zur Schreibung der Namen gab. Nach zahlreichen Neubearbeitungen und Erweiterungen durch ihn und seine Nachfolger steht das Werk noch heute in der Auflage von 1993 unter dem TitelFlurnamenbuch Baden-Württemberg. Flurnamenschreibung in amtlichen Karten zur Verfügung. Diese Ausgabe wurde bearbeitet von Arno Ruoff und he- rausgegeben vom Landesvermessungsamt Baden-Württemberg. Das Werk beinhaltet zehn grundsätzliche Regeln zur Verschriftung der Flurnamen und eine umfassende Liste von Einzelbeispielen. Diese beruhen auf bisherigen Fehlerquellen und zeigen diese anhand einer Gegenüberstellung von richtiger und etymologisch falscher Schrei- bung auf. Das Buch dient neben der Verwendung für die amtlichen Kartenwerke auch Sprachwissenschaftlern, die Flurnamensamm- lungen einzelner Orte erstellen. Auch hier werden die zahlreichen Namen, die in Karten nicht eingetragen sind, auf die einheitliche Schreibform gebracht. Da Flurnamen oft altes Wortgut enthalten, das im heutigen Sprachge- brauch nicht mehr geläufig ist, ist die Ergründung ihrer Bedeutun- gen ohne solche Wörterbucher und Lexika kaum möglich. Nachdem sich anfangs fast ausschließlich die Sprachwissenschaft für die Flur- namen interessierte, zeigte sich bald die Fülle an Erkenntnissen, die aus diesen Namen auch für andere Wissenschaftsbereiche hervorge- hen können. Vor allem für die Kultur- und Regionalgeschichte sind Flurnamen oft ein wichtiges Zeugnis, um frühere Zustände zu rekon- struieren. So weisen sie oft auf längst verschwundene Bau­werke hin, die ohne die noch heute erhaltenen Namen kaum lokalisiert werden könnten. Beispielsweise konnte der Verlauf des Limes im württem- bergischen Raum vor allem über die daran haftenden F­lurnamen wie

8 Teufelsmauer und Teufelsgraben rekonstruiert werden. Römische Straßen, die sich früher von den sonstigen Verkehrswegen durch ihren hohen Ausbaustandard mit Pflasterung abhoben, finden sich in den Flurnamen wieder unter Bezeichnungen wie Steinstraße oder Heerweg. Gerade die Archäologie hat häufig von den Ergeb- nissen der Flurnamenforschung profitieren können. Ebenfalls auf die Flurnamen angewiesen ist die Wüstungsforschung, die sich mit abgegangenen Siedlungen beschäftigt. Die Zahl solcher Wüstungen wird für Baden-Württemberg auf 500 bis 1.000 geschätzt. In vielen Fällen sind Flurnamen, in denen der Name der Siedlung weiterlebt, der einzige Hinweis auf ihre einstige Existenz. In anderen Fällen finden sich Erwähnungen dieser Orte in historischen Quellen und die Flurnamen helfen letztendlich, sie zu lokalisieren. Ein Beispiel für eine solche Wüstung, das mittlerweile regionale Bekanntheit erlangt hat, ist das zwischen und abgegan- gene Dorf Vöhingen. Die Flurnamen Vöhinger Weg, Vöhinger Pfädle und Vöhinger Kirchle halfen bei der Lokalisierung der Siedlung, die auch in historischen Quellen mehrfach auftauchte. In den 1990er Jahren führte das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg dort archäologische Grabungen durch, wobei das Fundament der Kirche, Spuren von Hofgebäuden und Wege innerhalb des Ortes freigelegt werden konnten. Vor allem sind es eher lokale Begebenheiten, die sich über Flurnamen klären lassen: Auf Hessigheimer Gemarkung stand einst eine Kelter, die von den Ottmarsheimer Weingärtnern genutzt wurde. An die Lage dieser Kelter erinnert noch heute der gleich lautende Flurname, ebenso verhält es sich mit dem Mühlberg, der die Erinnerung an die alte Ölmühle wach hält. Andere Namen weisen auf die frühere Gestalt der Landschaft hin: wo Äcker, Wiesen oder Weinberge den Namen Reute tragen, ist dies ein Indiz für ehemaligen Waldbestand. Der Name geht zurück auf das mittelhochdeutsche Wort riuten (= roden, urbar machen) und erinnert somit an die zivilisatorische Leistung früherer Generationen. Das gleiche gilt für den Namen Hart (von mittelhochdeutsch hart = Wald). Beide Namen kommen auch in Hessigheim vor. Es lassen sich weitere solcher Beispiele auf

9 hiesiger Gemarkung finden, so etwa dieLugäcker und die Schlüsse- läcker – bei beiden Gewannen handelt es sich heute um Weinberge und nicht um Ackerland. Es hat sich in der Flurnamenforschung eine Einteilung der Namen in zwei große Bedeutungsfelder eingebürgert, die Naturnamen und die Kulturnamen. Bei ersteren handelt es sich um jene Namen, die sich auf die natürliche Gestalt der Landschaft beziehen, während letztere die Tätigkeit des Menschen in den unterschiedlichsten Bereichen widerspiegeln. Naturnamen weisen etwa auf die Geländeform hin, so beispielsweise die Wanne als bildlicher Vergleich auf eine gewölbte Bodenerhe- bung oder der Grund auf eine Vertiefung. Namen wie Muckenloch oder Eulenberg verweisen auf die Tierwelt, Aspen dagegen auf die Pflanzenwelt, in diesem Fall auf die Espe. Die Bodenbeschaffenheit kann ausschlaggebend für die Benennung einer Flur sein, so etwa der Lettengraben für Lehmboden oder die Sandäcker. Die Kulturnamen dagegen beziehen sich auf die landwirtschaftliche oder auch handwerkliche Nutzung, die Besitz- und Rechtsverhält- nisse, Bauwerke unterschiedlichster Art, besondere Ereignisse und vieles mehr. Der Name Linsach zum Beispiel weist auf den einstigen Anbau von Linsen auf dieser Flur hin, der Hermannwengert scheint früher im Besitz eines gewissen Hermann gewesen zu sein, im Bleichgärtle wurde Tuch gebleicht. Dass diese Einteilung nicht immer eindeutig zu vollziehen ist, erklärt sich schon dadurch, dass die meisten Flurnamen aus mehreren Gliedern zusammengesetzt sind. Namen, die nur aus einem einzel- nen Wort bestehen, sind relativ selten, da dies schon auf kleinstem Raum zu Verwechslungen und Verständnisschwierigkeiten führen würde. Eine Flur namens Berg kann kaum eindeutig identifiziert werden und so kommt es meist zu Zusätzen wie eben Eulenberg oder Mühlberg. Im letzteren Namen verbindet sich schon der Bezug auf die menschliche Tätigkeit (›Mühle‹) mit der natürlichen Be- schaffenheit (›Berg‹). Man spricht hier von Grundwort (›Berg‹) und Bestimmungswort (›Mühle‹). Das Grundwort zeigt meist die Art der bezeichneten Flur, das Bestimmungswort gibt nähere Auskunft

10 über ihre Beschaffenheit. Nicht selten kommen auch Flurnamen mit mehreren Bestimmungswörtern vor. Um nun die Flurnamen einer Gemarkung zu erfassen und zu deu- ten, stützt man sich nicht nur auf schriftliche, sondern besonders auch auf mündliche Überlieferung. Es werden alle im mündlichen Gebrauch noch vorhandenen Namen von so genannten Gewähr- spersonen erfragt. Hierbei sollte es sich um ortsansässige Bürger handeln, die die im Ort übliche Mundart sprechen, um die möglichst ursprüngliche Form der Namen zu erhalten. Als schriftliche Quellen dienen sowohl Landkarten, insbesondere die Urkarten der Landes- vermessung, als auch Besitzverzeichnisse, Lagerbücher und Urkun- den aus Orts- und Landesarchiven. Gerade die historischen Belege sind von großer Bedeutung, weil sie oft die ursprünglichere Form des Namens preisgeben als die neueren schriftlichen Belege und die mündliche Überlieferung. Hier lassen sich nicht selten die sprachli- chen Umformungen und Veränderung anhand von Nachweisen aus unterschiedlichen Jahrhunderten chronologisch verfolgen. Neben dieser Quellenarbeit ist selbstverständlich auch die Beobach- tung des Geländes vor Ort von Belang, da sich dadurch viele Bedeu- tungsfragen klären lassen, die durch rein sprachliche Gegebenheiten nicht eindeutig zu beantworten sind. Gerade hier ist oftmals die Unterstützung aus anderen Wissenschaftsbereichen wie etwa der Geologie von großem Nutzen, um der letztendlich zutreffenden Be- deutung eines Namens auf die Spur zu kommen. Überhaupt ist die Flurnamenforschung zwar an sich ein Teil der Sprachwissenschaft, jedoch eng verbunden mit anderen Disziplinen wie der Kulturge- schichte, Volkskunde und der Geographie. Gerade daher bietet sich die Beschäftigung mit Flurnamen an, um in einem Fächer übergrei- fenden Unterrichtsprojekt in der Schule umgesetzt zu werden.

11 Flurnamen in der Schule – Die Hessigheimer Flurnamen-AG

Die Behandlung der Flurnamen in der Schule war traditionell eine Aufgabe der Heimatkunde und deren Nachfolger, dem Sachun- terricht, der heute in Baden-Württemberg in den Fächerverbund Mensch-Natur-Kultur (MeNuK) eingebettet ist. Es handelt sich bei dem Thema zwar primär um ein sprachliches Phänomen, doch ist diese Zuordnung durchaus plausibel, da sich die Flurnamen schließ- lich vor allem vor Ort erkunden lassen und in direktem Zusammen- hang mit anderen Bereichen der Orts- und Kulturgeschichte stehen. Das Thema wird in den Bildungsplänen stets in diesem Arbeitsbe- reich genannt, der zumeist im dritten oder vierten Schuljahr behan- delt wird. Wer das Thema Flurnamen im Unterricht eingehend behandeln will, ist zumeist auf sich allein gestellt. Didaktische Fachliteratur zu Flurna- men ist kaum zu finden – und die wenigen vorhandenen Veröffent­ lichungen sind alt, zumeist vergriffen und beschränken sich vor allem auf die fachwissenschaftliche Klärung der Thematik. Hinweise und Anleitungen für die Durchführung des Unterrichts sind selten. Dieser Umstand liegt natürlich auch in der Sache selbst begründet: Jeder Ort hat seine eigenen Flurnamen und erfordert einen eigens hierauf zugeschnittenen Zugang zur Vermittlung. Um hier neue Wege zu finden, konnte in der zweiten Hälfte des Schul- jahres 2007/08 im Rahmen einer Magisterarbeit an der Pädagogi- schen Hochschule Ludwigsburg die Flurnamen-AG an der Grund- schule Hessigheim durchgeführt werden. In diesem Zeitraum fanden sich jeden Montagnachmittag 17 Schülerinnen und Schüler zusam- men, um die Hessigheimer Flurnamen zu erforschen und aufzuarbei- ten. Die AG stand von Anfang an im Zeichen der Projektidee. Hierbei handelt es sich um einen methodischen Rahmen zur Gestaltung von Unterricht, der insbesondere geprägt ist von Prinzipien wie Hand- lungsorientierung, Teamwork, Zielorientiertheit und Produktorien- tiertheit. Am Anfang eines Projekts geht es darum, gemeinsam ein Ziel zu formulieren und verschiedene Wege durchzuspielen, dieses zu erreichen. Das Ziel der AG war in diesem Fall die Sammlung,

12 Deutung und öffentliche Präsentation der Hessigheimer Flurnamen. Wie die Ergebnisse am Ende der Öffentlichkeit präsentiert werden sollten, stand zunächst noch nicht fest. Neben der Buchpublikation war auch eine reine Internetveröffentlichung oder eine Ausstellung denkbar. Bei der Erarbeitung der Inhalte wurden die Methoden der Flurna- menforschung – Erhebung mündlicher und schriftlicher Quellen, Geländeerkundung – in einer kindgemäßen Weise auf den Grund- schulunterricht übertragen. Die Kinder hatten die Aufgabe, die in Gebrauch befindlichen Flurnamen bei den Einwohnern zu erfragen. Hierfür wurden Fragebögen entwickelt, um nicht nur die Namen zu erfassen, sondern auch sämtliche Hinweise, die später von Interesse sein konnten: die Lage der Flur, die heutige und frühere Nutzung und sonstige Besonderheiten. Allein bei dieser Befragung, die von den Kindern als Hausaufgabe erledigt wurde, konnte schon über die Hälfte der im Folgenden behandelten Flurnamen ermittelt werden. Als schriftliche Quellen dienten Landkarten, Bücher und das Inter- net. So konnte etwa über den Ortsplan festgestellt werden, dass sich auch in Hessigheimer Straßennamen alte Flurnamen verbergen. Der nächste Arbeitsschritt war die Deutung der Flurnamen. Für viele Namen fanden die Kinder schnell eine plausible Erklärung, wie etwa für die Sandäcker oder die Felsengärten, andere gaben dagegen zunächst Rätsel auf: Was wollten uns Namen wie Nollweg, Wagrain oder Wört sagen? Wieder andere Namen schienen zunächst klar zu sein, weil man die Wörter kannte, zeigten aber dann eine völlig an- dere Bedeutung: die Hummeläcker haben nichts mit den Insekten zu tun, die Hart heißt nicht so, weil der Boden dort besonders hart ist. Die wissenschaftliche Fachliteratur der Flurnamenforschung ist für Grundschulkinder naturgemäß nicht verständlich und hätte nur abschreckend und demotivierend gewirkt. Um den Kindern dennoch zu ermöglichen, die Bedeutungsvielfalt der heimischen Flurnamen selbst herauszufinden und in geeigneter Weise zu recherchie- ren, wurde ein Lexikon entwickelt, das solche Wörter, die häufig

13 in b­aden-württembergischen Flurnamen auftreten, kindgerecht erläutert. An diesem Kinderflurnamenlexikon wird auch weiterhin gearbeitet. So konnte jeder Schülerin und jedem Schüler eine gewisse Anzahl der gesammelten Flurnamen zur aktiven Bearbeitung zugeteilt werden. Konnte das Lexikon an einigen Stellen dann doch nicht weiterhel- fen, so wurde gemeinsam mit der Lehrperson in der Fachliteratur recherchiert. Bei der Klärung unterschiedlicher Fragen zu einzelnen Flurnamen tauchten auch immer wieder Hinweise auf noch unbe- kannte Flurnamen auf, die Sammeltätigkeit war praktisch bis kurz vor Vollendung des Projekts nicht abgeschlossen. Um auch die Erkundung vor Ort auch im Unterricht aufzugreifen, wur- de ein Lehrgang über Teile der Hessigheimer Gemarkung durchge- führt. Hierbei konnten die Kinder sich vor Ort ein Bild der verschie- denen Fluren machen und erkennen, woher zum Beispiel die Wanne und das Hörnle ihre Namen haben. Als dann beschlossen war, dass die Präsentation der Ergebnisse in Form eines Büchleins stattfinden würde, musste es im folgenden Arbeitsschritt darum gehen, die gewonnenen Erkenntnisse in Texten zu den einzelnen Flurnamen zu fassen. Die Zahl der gesammelten Namen war bereits auf über 60 angestiegen und somit stieg auch die Zahl der Texte, die jedes Kind zu bearbeiten hatte, immer weiter. Aus Zeitgründen wurden letztlich nur diejenigen Flurnamen in das Buch aufgenommen, die auch im mündlichen Gebrauch am Ort noch bekannt sind. Eine maschinenschriftliche Quelle im Rathaus hatte noch etliche Flurnamen ergeben, von denen die Lage in den meisten Fällen nicht mehr zu bestimmen war. In einigen Fällen war es nötig, die Artikel der Kinder in stilistischer und grammatischer Hinsicht vor der Veröffentlichung leicht zu überarbeiten, wobei jedoch versucht wurde, so nah wie möglich an den Originaltexten zu bleiben. Die Schreibweise der Flurnamen wurde nach den Regeln des Flurnamenbuches Baden-Württemberg umgesetzt, hier und da wurden Informationen ergänzt, die den Kindern nicht zugänglich waren oder die erst nach dem Ende des Projekts bekannt wurden.

14 Im letzten Arbeitsgang wurden dann zu den einzelnen Texten von den Kindern die Überschriften gestaltet, um dem Buch eine besondere ästhetische Note zu geben und für die Kinder einen gewissen Wide- rerkennungswert zu schaffen. Dass dieses Buch nicht ganz den wissenschaftlichen Anforderungen an eine Flurnamensammlung gerecht werden kann, liegt schon im Entstehungszusammenhang begründet. Hätte man sich dies zum Ziel gesetzt, wäre der Anteil der durch die Kinder erarbeiteten Inhalte gering geblieben – ebenso wie die individuelle Beteiligung der Kinder an der heimischen Geschichte. Ziel war es jedoch, gerade die Kinder selbst zu Wort und Tat kommen zu lassen und zu zeigen, dass auch schon Grundschulkinder in der Lage sind, einen Beitrag zur Aufarbeitung der Regionalgeschichte und damit einen Beitrag zur Regionalkultur zu leisten. Dies ist hier in beeindruckender Weise g­elungen und so können die Teilnehmer der Flurnamen-AG nicht ohne Stolz ihren Mitbürgern die Bedeutung der Hessigheimer Flur- namen nahe bringen.

15 Hessigheimer Flurnamen-AG Hessigheimer Flurnamen-AG Die Flur befindet sich heute im Ort und ist überbaut, eine Straße trägt den Namen Angelgasse. Angel ist ein altes, ausgestorbenes Wort für Grasland oder Weidefläche. Demnach befanden sich hier früher einmal Wiesen.

Die Flur Aspen liegt rechts der Ottmarsheimer Straße, zwischen dem Beet, der Kanzel und dem Eulenberg. Die Aspe ist eine Baumart aus der Gattung der Pappeln. Wo das Wort in Flurnamen zu finden ist, gab oder gibt es auch noch heute diese Bäume.

Die Au liegt westlich vom Neckar über den Auwiesen. In der Au wird heute Wein angebaut. Früher waren dort Wiesen. Auen sind feuchte Wiesen in Flussnähe. Das Gras wurde gemäht und getrocknet und im Winter an die Tiere verfüttert.

18 A Die Auwiesen liegen im Süden der Gemarkung und darüber liegt die Au. Es gibt viele Wiesen mit einigen Obstbäumen. Einige Wiesen werden jetzt als Äcker genutzt. Früher gab es dort nur Wiesen. In der Nacht zum 24.05.1978 trat der Neckar über die Ufer. Der Neckar erreichte den höchsten Pegelstand seit 1824: Katastrophenalarm wurde ausgelöst, die Auwiesen waren überflutet. Im Jahr 1989 war nochmals eine Überflutung, allerdings kam das Wasser nicht so hoch wie 1978. Eine Au ist eine feuchte und ebene Flusslandschaft, die für eine Nieder­ lassung bei früheren Siedlern beliebt war. Die Au wurde als Wiese genutzt, da der Boden für die ackerbauliche Nutzung zu feucht war.

Das Beet liegt am nordöstlichen Rand der Hessigheimer Gemarkung. Die Geländeform ist flach. Es gibt sowohl Ackerbau (Getreide, Hafer, Kartoffeln) als auch Obstbau (Kirschen und Äpfel). Beet bedeutet, dass es sich um kleine aufgeteilte Grundstücke oder schmale Streifen handelte.

Das Bild liegt zwischen der Ottmarsheimer und der Gartenstraße in der Nähe der Schule. Der Name Bild weist darauf hin, dass dort früher wohl ein Bildstock stand. Das ist ein Kästchen mit einer christlichen Darstellung, das auf einer Säule angebracht ist. Solche Bildstöcke wurden im Zuge der Reformation beseitigt, die Flurnamen erinnern aber noch heute daran. Heute ist das Gelände bebaut und eine Straße ist nach der Flur benannt: Im Bild. A·B 19 Über das Bleichgärtle weiß man nicht sehr viel. Wie der Name schon sagt, wurden dort Tücher gebleicht. Die Flur liegt in Hessigheim am Ortsrand beim Neckar, in der Nähe des Sportplatzes. Heute ist sie bebaut, früher waren dort Wiesen. Früher wurden die Tücher noch im Dorf hergestellt. Beim Bleichen der Tücher wurde bewirkt, dass die Tücher heller wurden, also schöner waren.

Der Name bedeutet wahrscheinlich, dass sich dort eine oder mehrere Quellen befanden. Das Wort Brunnen hatte früher die Bedeutung ‚Quelle’. Die Brun- nenwiesen liegen in der Nähe der Kläranlage. Hier befinden sich Felder, Wie- sen und Nutzgärten. Eigentlich sah es hier früher auch so aus. Das besondere an den Brunnenwiesen ist, dass es dort sehr, sehr fruchtbar ist.

Die Ebene liegt oberhalb der Steige in Richtung Ottmarsheim. Drum rum liegen die Fluren Kanzel, Eulenberg und Aspen. Flurnamen mit dem Wort eben bezeichnen, wie das Wort schon ahnen lässt, ebene, flache Landschaften. Dort gibt es Weinberge, Felder und Wiesen. Es ist dort oben sehr kalt und man hat eine gute Aussicht über Hessigheim und das Neckartal. Die Flur wird schon im Jahr 1622 unter dem Namen „Ebny“ erwähnt.

20 B Der Eulenberg liegt oberhalb des Lochs auf der linken Seite der Straße nach Ottmarsheim. Dort liegen viele Weinberge, früher gab es noch mehr Bäume. Wahr- scheinlich lebten in den Bäumen früher viele Eulen. Dort befindet sich auch ein Wasserhochbehälter.

Früher gab es in Hessigheim eine Fähre über den Neckar. Sie wurde hauptsächlich von den Bauern benutzt, die auf der anderen Flussseite Äcker hatten. Das Gebiet um die Anlegestelle nannte man Fahr.

Einige Weinberge und Äcker oberhalb der Felsengärten werden Felsen oder Felsenäcker genannt.

E·F 21 Die Felsengärten liegen westlich von Hessigheim. Es ist ein Garten voller Felsen, man hat in den Felsengärten Kletter- möglichkeiten. Es ist ein Naturschutzgebiet, trotzdem darf man als Besucher hinein. Man muss dort aufpassen, weil immer wieder Felsen runterfallen. Die Felsen bestehen aus Muschelkalk. Es gab dort schon einige Felsstürze, so einen großen im Jahr 1924, bis ins Tal hinunter und noch zwei weitere in den Jahren 1973 und 1983. Pfarrer Mayer verirrte sich dort mitten in der Nacht und verunglückte. Er stürzte über die Felsen hinunter. An dieser Stelle wurde ein Denkmal aufgestellt.

Der Fetzer liegt auf der Höhe oberhalb des Eulenbergs. Daneben liegen die Lange Furche und die Aspen. Dort befinden sich einige Aussiedlerhöfe. Wahrscheinlich ist Fetzer der Name eines ehemaligen Besitzers.

Der Fröschberg liegt in der Nähe der Sportplätze und neben dem Neckar. Wahrscheinlich heißt er so, weil dort früher viele Frösche anzutreffen waren.

22 F Die Gassenäcker lagen in der Nähe der Hauptstraße nördlich vom Ortszentrum. Früher waren hier Gärten und Äcker, mittlerweile wurde alles mit Ein- und Zweifamilienhäusern überbaut.

Die Gemeindeäcker liegen jenseits des Neckars, unterhalb der Flur Hälden. Dieses Land war wohl früher Allgemein- besitz der Dorfbewohner.

Der Grund liegt östlich der Schlüsseläcker im Nordwesten der Gemarkung. Das Wort Grund weist auf eine kleine Ver- tiefung im Gelände hin. Dort sind heute wie früher Äcker.

G 23 In der Nähe des Katzenöhrles gibt es eine weitere Flur mit dem Namen Grund. Hier sind vor allem Wiesen.

Die Flur Hälden liegt jenseits des Neckars, oberhalb der Gemeindeäcker. Der Name weist auf die geneigte, abschüssige Geländeform hin.

Der Haldenrain ist der bewaldete Abhang auf der anderen Neckarseite, gegenüber vom Hinterdorf. Der Name weist, wie auch die Hälden, auf den steilen Abhang hin.

24 G·H Der Name Hambach ist etwas rätselhaft. So wird der Hügel genannt, der südlich an das Dorf anschließt und um den der Neckar die berühmte Schleife bildet. Von einem Bach ist hier auf der ohne- hin wasserarmen Gemarkung nichts zu sehen. Auch das Bestim- mungswort Ham- ist nicht schlüssig zu erklären. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass es hier einst einen Bachlauf gegeben hat, der etwa im Bereich der heutigen Besigheimer Straße verlief und bei der Fahrradbrücke in den Neckar mündete.

Die Hart liegt im Nordwesten der Gemarkung Hessigheim. Sie liegt neben dem Wurmberg und dem Wagrain, unter ihr liegen die Schlüsseläcker. Hart ist ein altes Wort für Weidewald und zeigt somit an, dass dort früher Wald war, der wohl zur Schweinemast diente. Heute befinden sich dort Weinberge, Baumwiesen und Gärten. Die Kinderkirche und die Jugendkirche machen dort jedes Jahr ein Sommerfest.

Der Hermannwengert liegt am Abhang des Hambachhügels zwischen dem Muckenloch und der Au. Dort sind nur Weinberge. Wahrschein- lich gehörte dieser Weinberg einmal einem Bauern namens Hermann.

H 25 Das Hinterdorf liegt hinter dem Rathaus in Richtung Muckenloch. Dort stehen Wohnhäuser. Der Name kommt wohl daher, dass es von der Ortsmitte aus hinten liegt.

Der Hinterwengert ist der Weinberg beim Hinterdorf. Der Name ist wohl an dieses angelehnt.

Das Hirschgärtle liegt jenseits des Neckars, unterhalb des Haldenrains. Der Name weist auf das frühere vorkommen von Hirschen in diesem Gebiet hin.

26 H Das Hörnle ist ein auffälliger Berg oberhalb der Felsengartenkellerei und vor den Felsengärten. Der Name ist wohl ein bildlicher Ver- gleich mit dem Horn eines Ochsen und kommt oft für gekrümmte Bergspitzen vor. Dort sind vor allem Weinberge. Früher gab es zu diesen Weinbergen keinen direkten Weg.

Ein besonders hoch gelegener Teil der Ebene wird als Hohe Ebene bezeichnet.

Hummel ist ein altes Wort für den Zuchtstier oder Farren. Dem Halter des Farrens stand als Ausgleich für diese zu- sätzliche Arbeit der Ertrag dieser Äcker zur Verfügung. Die Hummeläcker sind identisch mit den Wiesenäckern.

H 27 Der Hungerbühl liegt Richtung Norden, zwischen dem Grund und dem Wagrain. Die Äcker hatten wohl schlechte Erde und dort wuchs so wenig Getreide, dass die Leute hungern mussten. Daher kam der Name. Eine andere Deutungsmöglichkeit ist, dass sich dort ein Hun- gerbrunnen befindet, also eine Quelle, die nur in manchen Jahren Wasser führt. Der Name der benachbarten Flur Wagrain macht dies durchaus wahrscheinlich. Ein Bühl ist ein kleiner Hügel.

Das Wort Kanzel bezeichnet oft vorspringende Berg- oder Felsstü- cke. Das ist wohl ein bildlicher Vergleich mit der Redekanzel in der Kirche. Sie liegt an der Grenze von und Hes- sigheim in den Weinbergen. Von dort hat man eine sehr gute Aussicht auf die Neckarschleife. Man sagt auch Käsbergkanzel dazu, nach dem Käsberg auf Mundesheimer Gemarkung.

Das Katzenöhrle liegt zwischen dem Hambachhügel und dem Neckar. Dort befinden sich Wiesen, Felder und Gebüsch. Der Name ist rätselhaft. Schon im Jahr 1522 wird es unter dem Namen „Katzenörlin“ erwähnt. Vielleicht ist der Name aus irgendeinem Spaß entstanden oder er be- zieht sich auf die Form der Flur. In der Karte wird die Flur „Katzenerlen“ genannt, in Hessigheim und in allen alten Quellen jedoch Katzenöhrle.

28 H·K Die Kelter liegt nördlich von Hessigheim in der Nähe des Lettengra- bens an der Grenze zur Ottmarsheimer Gemarkung. Dort befinden sich Äcker. Der Name erinnert an eine ehemalige Kelter, die hier früher stand. Man nannte sie die Ottmarsheimer Kelter, denn dort konnten die Ottmarsheimer, die Weinberge auf der Hessigheimer Gemarkung hatten, ihre Trauben pressen.

Das Kienzle liegt oberhalb der Hambachstraße. Der Name geht wohl auf einen ehemaligen Be- sitzer zurück. Dort befinden sich Weinberge.

Der Kieswengert liegt oberhalb des Kat- zenöhrles auf dem Hambachhügel. Dort sind nur Weinberge. Wahrscheinlich bezieht sich der Name auf den Boden mit Kieselsteinen hier am Neckar.

K 29 Das Kraut liegt hinter dem Hambach in der Neckar­ schleife. Dort befinden sich Wiesen und Länder. Der Name weist auf Krautgärten hin.

Der Krotenschlund liegt in der Nähe der Auswiesen am Neckar. Dort be- finden sich vor allem Wiesen. Wahrscheinlich heißt die Flur so, weil es dort in der feuchten Gegend viele Kröten gibt. Das Wort Schlund meint wohl die tiefe Lage.

Das Wort Lache bezeichnet einen kleinen Tümpel oder eine Pfütze. Meistens sind Regenansammlungen gemeint, die durch Regen oder nach der Schneeschmelze entstehen. Sie trocknen nur lang- sam wieder aus. Leider weiß man nichts Weiteres darüber. Die Lachen liegen in der Nähe des Mühlbergs am Neckar.

30 K·L Die Lange Furche liegt oberhalb des Eulenbergs, zwischen den Fluren Rosen und Fetzer. Dort befinden sich Äcker und ein Bauernhof. Als Furchen werden oft Vertiefungen bezeichnet, die zur Markierung der Grenze zwischen zwei Äckern mit dem Pflug gezogen wurden. Eine solche Furche war hier wohl besonders lang und auffällig genug, um der Flur den Namen zu geben.

Einige Äcker im Nordosten der Gemarkung in der Nähe der Aspen und des Beets tragen den Namen Lauffener Weg. Sie liegen am alten Weg nach Lauffen am Neckar.

Letten ist eine andere Bezeichnung für Lehm und meint hier wohl den lehmigen Boden des Gewanns. Der Lettengraben liegt jenseits der Hauptstraße nach Ottmarsheim, etwa bei der vorderen Reute. Hier befinden sich Felder.

L 31 Die Flur Linsach liegt im Nordwesten der Gemarkung in der Nähe der Schlüsseläcker. Dort sind heute Weinberge. Wahrscheinlich wurden dort früher Linsen angebaut.

Das Wort Loch bezeichnet eine Vertiefung im Gelände. Das Loch liegt im Mittelpunkt der Gemarkung Hessigheim. Dort sind überall nur Weinber- ge. Früher waren dort Obstbäume, Wiesen und Weinberge.

Die Lugäcker liegen oberhalb des Hörnles in der Nähe der Wanne. Dort be- finden sich heute Weinberge und keine Äcker mehr. Wahrscheinlich geht der Name auf das Wort lugen zurück, was so viel bedeutet wie schauen, denn dort hat man eine gute Aussicht.

32 L Morgen ist ein altes Maß für Flächen. Ein Morgen ist so eine Fläche, die ein Mensch an einem Morgen umgraben kann. Die Flur liegt über dem Loch in den Weinbergen. Darüber liegt der Eulenberg.

Das Muckenloch liegt im Süden von Hessigheim, in der Nähe der Kläran- lage und östlich vom Neckar. Muckenloch bedeutet, dass es dort viele Mücken gibt und dass es wie eine Mulde aussieht. Dort stehen viele neue Häuser, es ist ein Neubaugebiet. Früher waren dort Weinberge mit schmalen Wegen. Beim Bau des Neubaugebiets im Jahre 2006 wurde hier ein aleman- nisch-fränkisches Gräberfeld entdeckt. Es gab auch einen Streit, weil einige Bürger gegen die Bebauung des Muckenlochs waren.

Der Mühlberg liegt am Ortsrand von Hessigheim, links der Straße nach Mundelsheim. Dort sind sehr gute Weinlagen. Der Name kommt von der alten Ölmühle, die früher unter- halb des Berges am Neckar stand.

M 33 Der Nollweg liegt im Osten von Hessigheim. Das Wort Noll bedeutet Berg oder Hügel. Es ist also ein Weg, der den Hügel hinauf führt. Der Nollweg ist der alte Weg nach Kleiningersheim.

Das Wort Pfütze kommt oft in Flurnamen vor. Meist sind damit kleine Tümpel oder schlammige Pfützen gemeint, die entweder immer oder nur manchmal nach Regenfällen mit Wasser gefüllt sind. Sie liegen hinter der Felsengartenkellerei am westlichen Ortsrand von Hessigheim, un- terhalb des Hörnles. Heute sind dort Weinberge, von Pfützen ist nichts mehr zu sehen.

Die Reute liegt ganz im Norden der Hessigheimer Gemarkung. Dort be- finden sich Weinberge, Äcker und der Fasanenhof. Der Name zeigt, dass dort früher Wald stand, der gereutet, also gerodet wurde. Man unter- scheidet eine vordere und eine hintere Reute.

34 N·P Die Rosen oder auch Rosenäcker liegen im Norden der Gemarkung zwischen den Felsen und der Langen Furche. Dort befinden sich Äcker und der Häckselplatz. Wahrscheinlich geht der Name auf ehemalige Hanf- oder Flachsbearbeitung in dieser Gegend zurück. In so genannten Hanfrößen wurde Flachs und Hanf im Wasser aufbewahrt und durch Sonne, Regen und Tau brüchig gemacht, dass man ihn weiterverarbeiten konnte. In diesem Fall müsste man die Flur besser „Roßen“ schreiben.

Die Sandäcker liegen im Osten von Hessigheim am jen- seitigen Neckarufer. Der Name weist auf sandigen Bo- den hin. Heute wird hier hauptsächlich Wein angebaut.

Die Flur Schaftrieb liegt auf dem Hambachhügel. Es gibt dort viele Weinberge. Der Trieb ist die Gegend, in der früher die Tiere zur Wei- de getrieben wurden. Man hielt Tiere wie Kühe oder auch Schafe damals im Winter im Stall, wo sie mit Heu gefüttert wurden. Wenn es im Frühjahr warm wurde, brachte man sie hinaus auf die Weide, wo sie genug frisches Gras fanden.

R·S 35 Die Schlüsseläcker liegen über dem Felsen und darüber liegt die Hart. Vielleicht bezieht sich der Name auf die Form des Gewanns. Heute sind dort Weinberge.

Die Schweinfurt liegt unterhalb des Hambachs am Neckar. Der Name zeigt an, dass dort früher Schweine durch den Neckar getrieben wurden. Auch auf der anderen Flussseite, auf Besigheimer Gemarkung, gibt es eine Flur namens Schweinfurt. Wahrscheinlich wurden die Schweine zur Mast auf die andere Seite getrieben.

Die Seeäcker liegen nordöstlich vom Dorf auf der Ebene, dort befinden sich Äcker. Das Wort See kann sich in Flurnamen auf alle möglichen Arten von stehendem Gewässer beziehen, es muss sich also nicht um einen See im heutigen Sinne handelt. Es ist auch denkbar, dass sich hier früher oft Regenwasser in großen Pfützen gesammelt hat.

36 S Die Seiten liegen am südlichen Ortsrand von Hessigheim, dort gibt es auch eine Seitenstraße. Mit dem Wort Seiten werden oft ge- neigte Fluren bezeichnet.

Direkt neben der Flur Seiten wird ein Weinberg Seitenwengert genannt.

Silberhälde bedeutet, dass dort ein Abhang ist (Hälde). Silber weißt darauf hin, dass dort entweder silbriger Boden vorkommt, oder dort Silbermünzen gefunden wurden. Die Silberhälde liegt über dem Hörnle, in der Nähe der Felsen- gartenkellerei. Früher wurden dort die toten Tiere Hessig- heims vergraben.

S 37 Steige nennt man die steile Straße hinauf nach Ottmarsheim und die rechts und links davon liegenden Weinberge.

Heutige Weinberge in der Nähe der Felsengartenkellerei tragen den Namen Steinbeiß. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Anspielung auf den steinigen Boden. Der Weg, der gegenüber der Felsengartenkel- lerei in Richtung Hambach und Schweinfurt abzweigt, trägt den Namen Steinbeißweg.

Die Straßenäcker liegen entlang der Straße von Ottmarsheim nach Besigheim. Daneben liegen die Fluren Grund, Lange Furche und Wagrain. Dort befinden sich Äcker.

38 S Entlang des Feldwegs zum Fetzer hinauf war früher ein Einschnitt, den man den Tiefen Graben nannte. Heute ist nichts mehr davon zu sehen.

Einige Weinberge auf der anderen Seite des Neckars in der Nähe der Sandäcker nennt man Über dem Neckar. Auch eine Straße heißt dort so.

Das Unterholz lag in der Nähe des heutigen Fasanenhofs, an der Straße von Besigheim nach Ottmarsheim. Dort war früher Wald und Streuobstwiesen. 1971 bis 1973 wurde es zu Weinbergen umgelegt, woran dort noch ein Gedenk- stein erinnert. Dort soll sich ein Bunker aus dem zweiten Weltkrieg befinden.

T·U 39 Der Wagrain liegt im Norden der Gemarkung an der Straße von Besigheim nach Ottmarsheim, zwischen der Hart und den Stra- ßenäckern. Dort befinden sich Äcker. Das Wort Wag weist auf ein stehendes Gewässer hin. Vielleicht gab es hier einmal eine größere Pfütze oder Ähnliches, möglicherweise in Zusammen- hang mit dem Hungerbrunnen am Hungerbühl.

Die Wanne liegt nordwestlich von Hessigheim in der Nähe der Lugäcker. Es sieht aus wie eine um- gestülpte Wanne, daher wohl der Name. Heute wie auch früher sind dort Weinberge. In einem württembergischen Lagerbuch von 1622 wird bereits ein Wannenweg erwähnt, heute trägt eine Straße im Neubaugebiet diesen Namen.

Das Wasserloch liegt unterhalb der Weinberge am Loch. Es ist ein Loch, wo viele Bäume und Büsche wachsen. Die Kinder ge- hen in ihrer Freizeit dort hin und spielen und toben. Dort gibt es einen riesigen Abhang, wo die Kinder immer runterrutschen. 40 W Die Weidewört war eine Insel, die im Neckar lag. Sie lag im Osten von Hessigheim, an der Grenze zu Mundelsheim. Auf der Weide- wört waren verschiedene Grundstücke, die verschiedenen Leuten gehörten. Die meisten Grundstücke waren Wiesen. Seit der Neck- arbegradigung gibt es die Insel nicht mehr. Das Grundwort Wört weist auf Land am Wasser hin, das Bestimmungswort Weide auf die einstige Nutzung.

Die Wiesenäcker liegen zwischen der Kläranlage und der Fahrrad- brücke. Vor dem Kanalbau 1948 waren sie Überschwemmungsge- biet des Neckars. Jetzt sind dort Felder und Wiesen. Seit einigen Jahren gibt es dort ein Biotop. Die Wiesenäcker werden auch Hummeläcker genannt.

In der Nähe des heutigen Sportplatzes direkt am Neckar lag früher die Flur Wört. Das Wort bezeichnet allgemein Land am Wasser oder Ufer. W 41 Der Wurmberg liegt nordwestlich von Hessigheim in Richtung Besig- heim, ein Teil davon befindet sich auch auf Besigheimer Gemarkung. Es sind terrassierte Weinberge am Steilhang. Auch früher befanden sich dort schon Weinberge. Er heißt wohl so, weil es viele Würmer oder Schlagen in dem Berg hat, denn das Wort Wurm hatte früher auch die Bedeutung Schlange oder Drache.

Der Name Zeuerle soll bedeuten, dass der Boden dort sauer ist. Es käme also von „Säuerle“. Es kann aber auch sein, dass es der Name eines ehemaligen Besitzers ist, wenn dieser Zeuerle hieß. Das wäre dann eine Verballhor- nung des Namens Cyriakus. Jetzt sind hier Gebäude, früher waren dort Felder mit vielen Steinen. Die Flur liegt im Ort, es ist eine Straße in der Nähe der Felsengartenkellerei nach ihr benannt. Im Jahr 1622 wurde das Zeuerle übrigens unter dem Namen „Uff dem Zyrlin“ erwähnt.

42 W·Z Hintere Reute

Unterholz

Lettengraben Kelter Vordere Reute

Lauffener Weg Hart Wagrain Straßenäcker Beet Fetzer Linsach Hungerbühl Aspen Grund (1) Kanzel Schlüsseläcker Lange Furche Ebene Seeäcker Wurmberg Rosen Hohe Ebene Eulenberg Felsen Ebene Morgental

Wurmberg Loch Steige Felsen- Tiefer gärten Graben Weidewört Wanne Lugäcker Wasserloch Sandäcker Silberhälde Hörnle Wört Pfützäcker Mühlberg Lachen Zeuerle Gassenäcker Über Bleichgärtle dem Neckar Bild Fröschberg Schweinfurt Gemeindeäcker Steinbeiß Fahr Hälden Seitenwengert Nollweg Hambach Angel Seiten Kies- Schaftrieb wengert Katzenöhrle Kienzle Hinterdorf Hirschgärtle Grund (2) Wiesenäcker Hinterwengert Hummeläcker Au Hermann- Muckenloch Auwiesen wegert Krotenschlund Haldenrain Kraut Brunnenwiesen

Grundlage: Topographische Karte 1:25 000 – © Landesamt für Geoinformation und Land­ entwicklung Baden-Württemberg vom 20.05.2010, Az: 2851.2-A/824. www.lgl-bw.de Literatur und Quellen

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1. Auflage Oktober 2008 Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt Gestaltung und Satz: synpannier, www.synp.net Titelbild: Flurkarte 1 : 2 500 | © Landesvermessungsamt Baden-Württemberg Copyright by Jirˇí Hönes ISBN 978-3-837-06811-5

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