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Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database

Digitale Literatur/Digital Literature

Zeitschrift/Journal: Herpetozoa

Jahr/Year: 1994

Band/Volume: 7_1_2

Autor(en)/Author(s): Zimmermann Petra, Kammel Werner

Artikel/Article: Bestandserhebung der Herpetofauna des unteren Murtals, unter besonderer Berücksichtigung von Natrix tessellata tessellata (Laurenti, 1768) (Österreich: Steiermark; Squamata: Serpentes: Colubridae). 35-58 ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, , download unter www.biologiezentrum.at

HERPETOZOA 7 (1/2): 35 - 58 Wien, 30. Juni 1994

Bestandserhebung der Herpetofauna des unteren Murtals, unter besonderer Berücksichtigung von Natrixjessellata tessellata (LAURENTI, 1768) (Österreich: Steiermark; Squamata: Serpentes: Colubridae)

Herpetological inventory of the lower river valley, with special regard to Natrix tessellata tessellata (LAURENTI, 1768) (Austria: ; Squamata: Serpentes: Colubridae)

PETRA ZIMMERMANN & WERNER KAMMEL

ABSTRACT In 1992 and 1993 the authors collected data on the distribution of amphibians an reptiles along the lower Mur river (Styria: Austria) and the mouths of its tributaries. Data originated from actual field work as well as from the herpetological data base of the Natural History Museum of Vienna and from recent faunistic liter- ature. The distribution of the species, the herpetozoonoses of natural subunits of the study area, and referring anthropogenic injuries are described. The biotopes of the Dice Snake, Natrix tessellata tessellata (LAURENTI, 1768) are treated in more detail. Out of 15 amphibian and 8 reptile species occurring in the area Bufo viridis and Pelobates fuscus are close to extinction. An old record of Lacerta viridis could not be confirmed.

KURZFASSUNG In den Jahren 1992 und 1993 fährten die Autoren eine überwiegend qualitative herpetologische Bestands- erhebung in den flußbegleitenden Aulandschaften der unteren Mur (Steiermark: Österreich) und den Mün- dungsbereichen ihrer Zubringer durch. Das Datenmaterial stammt von aktuellen Begehungen sowie aus der Herpetodatenbank des Naturnistorischen Museums in Wien und den neuesten lokalfaunistischen Veröffentli- chungen über das Untersuchungsgebiet. Die Verbreitung der Arten im Untersuchungsraum, die Herpetozöno- sen natürlicher Landschaftsuntereinheiten und ihre anthropogene Beeinträchtigung werden beschrieben. Der Lebensraum der Würfelnatter, Natrix tessellata tessellata (LAURENTI, 1768) wird dabei ausführlicher behan- delt. Von den aus dem Gebiet bekannten 15 Lurch- und 8 Kriechtierarten sind Bufo viridis und Pelobates fuscus vom Aussterben bedroht. Das Vorkommen von Lacerta viridis konnte nicht bestätigt werden.

KEYWORDS Amphibia, Reptilia, Natrix tessellata tessellata; threat, local herpetofauna; Styria, Austria

EINLEITUNG

70 Prozent der steirischen Amphi- Standserhebungen in den letzten drei Jah- bien- und Reptilienarten sind durch Beein- ren (HOLZINGER 1991; PAILL 1992; trächtigung ihrer Lebensräume in ihrem BRUNNER & HOLZINGER 1992, FRIED- Bestand bedroht (FACHBACH 1981). Seit RICH & WINDER 1993), bestehen große REISINGER (1972) den Rückgang der Wissenslücken über den Zustand der Ara- Amphibien und Reptilien im Raum phibien- und Reptilienpopulationen. Zu- und an der Mur beschrieb, sind keine ge- dem sind die Lebensraumansprüche einzel- samtherpetofaunistischen Untersuchungen ner Arten im Untersuchungsgebiet unzu- in diesem Gebiet durchgeführt worden. Es länglich bekannt. Die mangelnde Bearbei- ist aber laufend wasserwirtschaftlicher tung der Untersuchungsgebiete, sowie die Nutzung, Land- und Forstwirtschaft, An- laufenden Veränderungen, vor allem der derungen des Grundwasserspiegels und des aquatischen Lebensbereiche ließen es not- Verschmutzungsgrades der Gewässer un- wendig erscheinen, Untersuchungen zur terworfen. Trotz lokalfaunistischer Be- Bestandssituation der vorkommenden Am- ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

36 P. ZIMMERMANN & W. KAMMEL phibien- und Reptilienarten durchzuführen. lationen weitgehend unbekannt ist, wird Unter diesen ist Natrix tessellata tessellata auf sie näher eingegangen. (LAURENTI, 1768) die am stärksten an Die vorliegende Arbeit entstand am Fließgewässer gebundene Art und dadurch Institut für Zoologie der Karl-Franzens- besonders vom Zustand der Mur und ihrer Universität Graz, Abteilung für Entwick- Uferzonen abhängig. In der "Roten Liste lungsbiologie und Histologie. Bestandser- gefährdeter Kriechtiere der Steiermark" hebungen im Einflußbereich der Mur zwi- (FACHBACH 1981) wird diese Schlange schen Graz und Spielfeld wurden von der als "vom Aussterben bedroht" bezeichnet. Steirischen Wasserkraft- und Elektrizitäts Da der gegenwärtige Zustand ihrer Popu- AG (STEWEAG) finanziell unterstützt.

MATERIAL UND METHODEN

Im Zeitraum von April 1992 bis Sep- angaben. Zusätzlich wurden die Ergebnisse tember 1993 erfolgten zwischen der nörd- lokalfaunistischer Arbeiten (s. Einleitung) lichen Stadtgrenze von Graz und Spielfeld herangezogen. Begehungen an der Mur und den Unterläu- Da die einzelnen Amphibien- und fen ihrer Nebenflüsse im Ausmaß von 51 Reptilienarten jahreszeitlich und witte- Tagen. Berücksichtigung fand dabei auch rungsbedingt voneinander abweichende das angrenzende Hinterland (z. B. Au- Aktivitätsmuster aufweisen, erfolgten Be- waldreste). gehungen unter möglichst unterschiedli- Für vagile Arten erschien die Einbe- chen Witterungsverhältnissen während der ziehung der Hänge, die unmittelbar an die gesamten Aktivitätsperiode. Feuchtgebiete der Mur grenzen, notwen- Stichprobenartig wurden Daten zur dig, doch wurden Funde nur dann berück- Wasserqualität der Aufenthaltsorte von sichtigt, wenn die Verbreitung der jeweili- Natrix tessellata erhoben. Die Tempera- gen Art den Talboden erreichte. turmessungen erfolgten mit den Geräten Außer eigenen Ergebnissen wurden Technotherm 7200 und Testoterm 1103, Verbreitungsangaben von 1970 bis Sep- Messungen zur Wasserqualität mittels tember 1993 aus der Herpetodatenbank des WTW ph 90 (ph-Wert), WTW LF 90 Naturhistorischen Museums in Wien mit (Leitfähigkeit) und WTW OXI 91 (Sauer- aufgenommen; unberücksichtigt blieben stoffgehalt). dabei ungenaue und zweifelhafte Fundort-

DIE VERBREITUNG DER ARTEN IM UNTERSUCHUNGSGEBIET (Abb. 1, 2)

Triturus alpestris alpestris. Es konnte Triturus vulgaris vulgaris. Der Teich- nur ein Nachweis und zwar am Rande des molch war im Bereich Straß, Leitring und Hügellandes bei Gamlitz erbracht werden, Hasendorf selten, etwas häufiger dagegen wo der Bergmolch vereinzelt auch entlang in den Kühauen südlich von Leibnitz, in des Talbodens anzutreffen war. Das Unter- den Auwäldern bzw. deren Resten entlang suchungsgebiet liegt an der Verbreitungs- der Sulm, bei G ralla und zwischen Fernitz grenze der Art. und Mellach. Einzelne Nachweise gelan- Triturus carnifex. Vorkommen des gen an Teichen und Kleingewässern süd- Kammolches konnten im Vogelhegegebiet lich von Lebring sowie bei Leitring und Mellach, in den Gralla-Auen, in den Hasendorf. T. vulgaris besiedelt auch Kühauen südlich von Leibnitz und in ei- kleine Gewässer; entsprechend häufiger als nem kleinen Auwaldrest bei Vogau nach- der Kammolch war er zwischen Fernitz gewiesen werden. Es handelt sich dabei und Spielfeld nachweisbar. stets um Auwaldgebiete, in denen größere Salamandra salamandra salamandra. Altarme bzw. Tümpel vorhanden sind. Vom Feuersalamander liegen Funde aus ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

Bestandserhebung der Herpetofauna des unteren Murtals 37

Graz - Nord, dem Bereich zwischen Gralla Rana dalmatina. Der Springfrosch und Gabersdorf sowie von Gamlitz vor. war in nahezu allen bewaldeten Gebieten Die Art ist im Untersuchungsgebiet aus nachweisbar, jedoch nur in Auwäldern Mangel an geeigneten Lebensräumen im häufig (vor allem bei Gralla und in den direkten Einflußbereich der Mur selten. Kühauen). Bombina variegata. Die Gelbbauch- Rana temporaria. Vorkommen des Unke war nahezu im gesamten Unter- Grasfrosches fanden sich in den Auwaldbe- suchungsgebiet zu finden, in den Auwald- reichen bei Fernitz, Kaisdorf, Gralla, den gebieten von Kaisdorf, dem Vogelschutz- Kühauen und entlang des Sulmunterlaufs gebiet Mellach, den Gralla- und Kühauen sowie am Rande des Hügellandes bei häufiger als an anderen Stellen. Gamlitz. Bufo bufo bufo. Die Erdkröte be- Rana kl. esculenta I R. lessonae. Als wohnt in mäßiger Dichte das gesamte Un- einzige Amphibienarten des untersuchten tersuchungsgebiet. An den zahlreichen ste- Gebietes wurden Teichfrosch und Kleiner henden Gewässern im Bereich Gralla und Teichfrosch in der Mur gefunden. Sie be- in Auwaldresten südlich davon (Lebring siedeln dort die Stillwasserzonen mit Aus- bis Spielfeld) kommt sie häufig vor. nahme der Bereiche, die stark begradigt Bufo viridis. Im Einflußbereich der sind oder kein Hinterland mit Nebenge- Mur zwischen Graz und Spielfeld sind nur wässern aufweisen. Teichfrösche stellen noch zwei Laichplätze der Wechselkröte die häufigste Amphibienart der Region bekannt ("Graz - St. Peter" und "Murauen dar. bei Gralla"). Im Untersuchungsgebiet, das Rana ridibunda. Der Seefrosch wur- am Rande des Verbreitungsgebietes der de in geringen Dichten in den Auwaldge- Wechselkröte liegt, ist sie akut vom Aus- bieten bei Kaisdorf, Gralla und Leibnitz - sterben bedroht. Altenmarkt festgestellt. Das Untersu- Pelobates fuscus fuscus. Im Untersu- chungsgebiet liegt an der natürlichen Ver- chungsgebiet ist die Knoblauchkröte nur breitungsgrenze dieser Art und geeignete noch aus den nördlichen Bereichen der Laichgewässer sind nur vereinzelt vorhan- Gralla-Auen bekannt. Durch den Rück- den. gang von Brachland, verstärkten landwirt- Anguis fragilis fragilis. Die Blind- schaftlichen Maschineneinsatz und Melio- schleiche konnte im Untersuchungsgebiet rationsmaßnahmen, erlitt die Verbreitung an vielen Stellen nachgewiesen werden, der Art in der Steiermark in den letzten 20 vor allem in lichten Hartholzauen war sie Jahren enorme Rückgänge. Die Knoblauch- regelmäßig anzutreffen. kröte ist akut vom Aussterben bedroht (s. Lacerta agilis agilis. Zwischen Wil- a. HAIDACHER & PAILL 1990). don und St. Margarethen, Gralla und Ga- Hyla arborea. Der Laubfrosch ist im bersdorf und in Obergralla war die Zaun- Gebiet von Graz bis Spielfeld weit ver- eidechse stellenweise häufig zu beobach- breitet, aber nur in einigen Auwaldgebie- ten. Bei diesen Fundorten handelt es sich ten (Wagnitz, Gralla, Kühauen) häufig. meist um aufgelockerte, vielfältig gestal- Rana arvalis wolterstorffi. Der tete Hartholzauen oder Laubwälder und de- Moorfrosch wurde in den größeren Au- ren Randzonen, wobei auch die Uferdäm- waldgebieten (Gralla-Auen, Kühauen süd- me der Mur besiedelt werden, sofern sie lich von Leibnitz, Auwaldreste entlang des ausreichende Breite und eine abwechslungs- Sulmunterlaufs) regelmäßig gefunden, in reiche Vegetationsschichtung aufweisen. kleineren Auwaldresten des übrigen Unter- Lacerta viridis viridis. Das Untersu- suchungsgebietes (Wagnitzer Auen, Kals- chungsgebiet liegt am Rand der natürlichen dorfen Auen, Ehrenhausen) muß er als Verbreitung der Smaragdeidechse. Die selten bezeichnet werden. Ein Einzelfund Fundortangabe "bei Thondorf" (Herpeto- aus Feldkirchen (Herpetodatenbank des datenbank des NMW), der einzige Nach- Naturhistorischen Museums Wien) konnte weis im Untersuchungsgebiet, konnte nicht nicht bestätigt werden, ein geeignetes bestätigt werden. Die Lokalität entspricht Laichgewässer scheint dort zu fehlen. kaum den Anforderungen der Art. ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

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>|i Triturus alpestris •^- Triturus carnifex -^f- Triturus vulgaris ® Salamandra salamandra D Bombina variegata • Bufo bufo * Bufo viridis $ Pelobates fuscus • Hyla arborea • Rana arvalis wolterstorffi O Rana dalmatina T Rana temporaria • Rana esculenta/lessonae A Rana ridibunda

Abb. 1: Verbreitung der Amphibien im Untersuchungsgebiet. Untersuchungsergebnisse 1992 und 1993, ergänzt durch Fundmeldungen von 1970 - 1993 aus der Herpetodatenbank des Naturhistorischen Museums in Wien sowie aus Arbeiten von BRUNNER & HOLZINGER (1992), FRIEDRICH & WINDER (1993), HOL- ZINGER (1991) und PAILL (1992). Fig. 1: Distribution of amphibians in the study area. Results from observations in the years 1992 and 1993, completed by records taken from the herpetological data base of the Natural history Museum in Vienna and from the publications of BRUNNER & HOLZINGER (1992), FRIEDRICH & WINDER (1993), HOL- ZINGER (1991) and PAILL (1992). ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

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• Anguis fragilis • Lacerta agilis D Lacerta viridis O Podarcis muralis 0 Coronella austriaca • Elaphe longissima A Natrix natrix • Natrix tessellata

Abb. 2: Verbreitung der Reptilien im Untersuchungsgebiet. Untersuchungsergebnisse 1992 und 1993, ergänzt durch Fundmeldungen von 1970 - 1993 aus der Herpetodatenbank des Naturhistorischen Museums in Wien sowie aus Arbeiten von BRUNNER & HOLZINGER (1992), FRIEDRICH & WINDER (1993), HOL- ZINGER (1991) und PAILL (1992). Fig. 2: Distribution of reptiles in the study area. Results from observations in the years 1992 and 1993, completed by records taken from the herpetological data base of the Natural history Museum in Vienna and from the publications of BRUNNER & HOLZINGER (1992), FRIEDRICH & WINDER (1993), HOLZIN- GER (1991) and PAILL (1992). ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

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Podarcis muralis muralis. Im Murbe- aufgelockerte Vegetation, Flachwasserzo- reich besiedelt die Mauereidechse Hänge nen und Hinterland mit Amphibienlaich- bei Graz - Andritz, Graz - Schloßberg und plätzen aufweisen (Mellach, - Leb- beim Murberg bis zum Talboden. Bei ring, Gralla, Wagna - Obervogau). N. na- Thondorf konnte sie auch in der Ebene au- trix ist die häufigste Reptilienart des Un- ßerhalb des Auwaldgürtels gefunden wer- tersuchungsgebietes. den. Die Uferböschungen der Mur genü- Natrix tessellata tessellata. Vor- gen ihren Lebensraumansprüchen offenbar kommen der Würfematter wurden an den nicht. größeren Fließgewässern Mur, Sulm und Coronella austriaca austriaca. Die Kainach, sowie an einigen Bächen, seltener Schlingnatter kam zwar nur in geringer jedoch an stehenden Gewässern festge- Stückzahl, aber im gesamten Untersu- stellt. Verbreitungsschwerpunkte waren die chungsgebiet vor. Uferböschungen der Mur zwischen Wildon Elaphe longissima longissima. Die und Spielfeld, sowie die Unterläufe von Äskulapnatter war an den Murböschungen Kainach, Sulm und Gamlitzbach. Zwi- in Graz häufig anzutreffen. Weiterhin bie- schen Graz und Wildon wurde N. tessel- ten in Feldkirchen, Kaisdorf, Fernitz - lata nur punktuell angetroffen (Graz - Mellach, Gralla, Altgralla, Wagna, und Nord, Kaisdorf und Mellach). Als größte Ehrenhausen trockene Waldbereiche sowie Verbreitungslücke im Untersuchungsgebiet Murböschungen mit felsigen Strukturen erscheint die Strecke zwischen Graz - und aufgelockertem Baum- und Strauchbe- Mitte und Kaisdorf. stand geeignete Lebensbedingungen. Von 33 Fundpunkten lagen 21 (64 Natrix natrix natrix. Im Untersu- %) direkt an den Uferböschungen der chungsbereich ist die Ringelnatter in allen Mur. Die Schlange ist deshalb von Ver- gewässerreichen Auwaldgebieten regelmä- änderungen im unmittelbaren Uferbereich ßig anzutreffen, sofern ausreichend ge- der Mur (Kraftwerksbau, Stau, Uferbegra- schützte Sonnplätze an Waldrändern vor- digung, Wasserverschmutzung) besonders handen sind. Stellenweise war sie auch in stark betroffen. Deshalb wurden Daten, den Uferzonen der Staubereiche der Mur- die ihren Lebensraum betreffen, detaillier- kraftwerke zu finden, sofern diese eine ter erhoben.

DER LEBENSRAUM DER WURFELNATTER IM UNTERSUCHUNGSGEBIET

Uferböschung und Hinterland nicht aus und gewinnt das Hinterland dies- (Tab. 1, 3) bezüglich an Bedeutung. Die Exposition der Uferböschung ist Der Großteil der Würfelnattern wur- in 80% der Fälle Süd, Südwest oder West de unmittelbar auf der Uferböschung, d. h. oder aber es stehen den Tieren mehrere, in Entfernungen von weniger als 15 m verschieden exponierte Hänge zur Verfü- vom Gewässer beobachtet, obwohl N. tes- gung. Dagegen wurden Würfelnattern nur sellata als vagiler Art auch die Nutzung ge- selten an nordost-, ost- und südostexpo- eigneten Hinterlandes als Lebensraum mög- nierten Hängen gefunden und im Laufe lich ist (KAMMEL unpubliziert). dieses Projekts nie an Nord- und Nord- Die Gesamthöhe der Uferböschung westhängen, was den Temperaturansprü- betrug in 83% der Fälle mehr als 6 m. chen der thermophilen Art entspricht. 62% der Fundpunkte wiesen geeignetes Ein Einfluß der Steilheit der Uferbö- Hinterland von über 50 m Breite auf. An schung ("Hangneigung" in Tab. 1) auf das allen Fundstellen, an denen die Uferbö- Vorkommen von N. tessellata konnte schung niedriger als 6 m war, stand Hin- ebensowenig festgestellt werden wie eine terland von 50 - 100 m Breite zur Verfü- Beziehung zwischen ihrem Vorkommen gung. Höchstwahrscheinlich reicht in die- und dem Vorhandensein oder Fehlen bzw. sen Fällen der Uferdamm als Lebensraum der Art von Nebengewässern. ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

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Tab. 1: Natrix tessellata, terrestrischer Le- Tab. 2: Natrix tessellata Fundorte, Vegetation bensraum - Uferböschung: Böschungshöhe - Distanz der Uferböschung - Deckungsgrade, Neophyten etc.: vom Gewässerrand (am Untersuchungstag) bis zur Deckungsgrad - Deckungsgrad der Vegetation Dammkrone/Böschungsoberkante; Exposition: div. - (Baum-, Strauch- und Krautschicht) am Fundort nach am Fundort stehen unterschiedlich exponierte Bö- der BRAUN-BLANQUET'schen Schätzungsskala schungen als Lebensraum zur Verfügung. (BRAUN-BLANQUET (1964): 0 (fehlend), I (0%- Table 1: Natrix tessellata, terrestrial habitat - 10%), 2 (10%-25%), 3 (25%-50%), 4 (50%-75%), slope of the river embankments. Inclination, height, 5 (75%- 100%); Neophyten - Dichte nach dem exposition. Deckungsgrad angegeben (s.o.). Table 2: Natrix tessellata localities. Vegetation Hangneigung (°) 0-10 10-30 >30 of the embankment. Degree of covering, neophytes Fundstellen (%) 10 72 17 etc. Böschungshöhe (m) 1-5 6-10 11-15 >15 Deckungsgrad Fundstellen (%) 17 31 38 14 Baumschicht 0 1 2 3 4 5 Blockschüttung Fundstellen (%) 14 3 21 34 21 7 (Breite in m) 0 1-4 >4 Fundstellen (%) 25 38 38 Strauchschicht Fundstellen (%) 7 17 14 31 31 0 Exposition nw n no o SO S SW w div. Fundstellen (%) 0 0 7 13 3 10 30 17 23 Krautschicht Fundstellen (%) 0 0 0 10 34 55 Vegetation der Uferböschung Neophyten 0-1 2-3 4-5 (Tab. 2) Impatiens gianduii/era (%) 66 34 0 76 Prozent der Fundorte wiesen be- Reynoutria japonica (%) 86 14 0 dingt durch ihre Baum- und Strauchschicht Solidago Deckungsgrade von 2 bis 4 (= 10%-75%) giganteä (%) 38 48 14 Biotopfremde auf. Derartig aufgelockerte Baum- und 0 Strauchbestände bieten offensichtlich ein Aufforstung (%) 79 21 für die Schlange günstiges Verhältnis von Bodenbesonnung und Deckung. An 75 % Anthropogene Nutzung des der regulierten Fließstrecken waren Block- Uferbereichs schüttungen zur Uferbefestigung vorhan- den. Fehlten derartige Versteckmöglich- Ein einziger Würfelnatterfundort keiten und Sonnplätze, fanden sich immer wird intensiv genutzt (Fischteich). Ex- zusätzliche Böschungen und geeignetes tensive Nutzungen durch Mahd, Fischerei Hinterland von mindestens 20 m Breite. oder Besucherstrom konnte an 45% der Der Deckungsgrad der Krautschicht Fundpunkte beobachtet werden und stellen lag bei 90% der Fundorte zwischen 4 und deshalb wahrscheinlich keine wesentliche 5 (= 50% - 100%). Dies stellt offenbar Beeinträchtigung der Würfelnatterpopula- ebenfalls ein günstiges Verhältnis von tionen dar. Eine ein- bis zweimalige Mahd Sonneneinstrahlung und Deckungsmög- pro Jahr kann sich durchaus positiv auf die lichkeit für die Schlange dar. Eine andere Bestände auswirken, da das Wachstum der Situation entsteht dort, wo Japanischer oben genannten Neophyten dadurch zu- Staudenknöterich {Reynoutria japonica) rückgedrängt wird. Im allgemeinen stört und Drüsiges Springkraut (Impatiens glan- starker Besucherstrom Amphibien und duliferä) auftreten. Diese eingebürgerten Reptilien, doch stellen die Uferböschungen Pflanzen (Neophyten) bilden in vielen der Mur meist Ruhezonen innerhalb von Uferbereichen derart dichte Bestände, daß Ausflugszielen dar. der Boden stark beschattet wird. Keiner der Würfelnatterfundpunkte weist eine Begleitfauna (Amphibien, Reptilien) Neophytendichte von über 50 % auf. Die (Tab. 4) nordamerikanische Riesengoldrute (ßoli- dago giganteä) läßt dagegen selbst in Das Vorkommen zahlreicher anderer dichten Beständen noch so reichlich Bo- Lurch- und Kriechtierarten an den Würfel- denbesonnung zu, daß kein Einfluß auf natter-Fundorten spiegelt die Vielseitigkeit Würfelnattervorkommen erkennbar war. und Qualität des Lebensraumes der Schlan- ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

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Tab. 3: Hinterland der Fundorte von Natrix Tab. 4: Natrix tessellata - herpetologische Be- tessellata. Breite des Hinterlandes: Für N. tessellata gleitfauna: Lurche (L) und Kriechtiere (K). nutzbarer Lebensraum, z. B. Auwald, Gebüsch usw. 0 m Hinterland entspricht demnach direkt angren- Table 4: Natrix tessellata - associated herpeto- zenden Ortschaften oder intensiv landwirtschaftlich fauna - amphibians (L), reptiles (K). genutzten Flächen. Nebengewässer: Sind stehende und fließende Nebengewässer vorhanden, wurde der Anzahl Fundpunkt unter beiden Kategorien aufgenommen, Arten 0 L 1-2 L3-8 K 1-2 K3-6 deshalb entstehen in Summe mehr als 100 %. Nut- Anteile 41 41 17 24 17 zung: Betrifft die Uferböschung, das Gewässer und/ oder das Hinterland. Table 3: Hinterland of the Natrix tessellata lo- calities . Extension, outfit, use. bengewässer in unmittelbarer Flußnähe. Stillwasserzonen stellen wahrscheinlich vor Breite (m) 0-10 10-50 50-100 >100 allem fur juvenile Würfelnattern ein essen- Fundstellen (%) 3 38 38 24 tielles Inventar ihres Lebensraumes dar, da Neben- keine stehende fließende den Jungtieren in stärkeren Strömungen gewässer Fundstellen (%) 17 31 59 der Beutefang schwerfallen muß. Zudem halten sich Jungfische, die Hauptbeute, im Zusätzliche Stillwasser auf und ermöglichen die höhe- Hänge (m) 0 1-10 10-20 >20 Fundstellen (%) 66 21 10 3 ren Wassertemperaturen in diesen Berei- chen den Schlangen längere Aufenthalte. Nutzung keine extensiv intensiv Fundstellen (%) 52 45 3 Wassertrübe (Tab. 5) ge wieder, doch waren keine darüber hin- 96 Prozent der Gewässer mit Würfel- ausgehenden Zusammenhänge feststellbar. nattervorkommen wiesen nach subjektiver Beurteilung schwache bis mäßige Trübe Wasserströmung (Tab. 5) auf. Da der Beutefang von N. tessellata vorwiegend optisch orientiert erfolgt, könn- Selbst adulte Würfelnattern können, te eine starke Trübe einen limitierenden obwohl sie ausgezeichnete Schwimmer Faktor für ihr Vorkommen darstellen. Eine sind, gegen eine Strömung von 0,75 m/s Ausnahme stellte wohl das Vorkommen an nicht mehr erfolgreich anschwimmen einem ungewöhnlich trüben Fischteich dar, (LANKA 1975). Eigene Beobachtungen der jedoch gleichzeitig eine außergewöhn- flüchtender Würfelnattern zeigten, daß sie lich hohe Fischdichte aufwies; außerdem in bestimmten Gewässerbereichen der Mur war ein zusätzliches Jagdrevier in der na- und der Sulm abgetrieben wurden. Derar- hegelegenen Mur vorhanden. tige Strömungen werden im Rahmen der vorliegenden Untersuchung als solche von Jungfische (Tab. 5) mindestens mittlerer Stärke bezeichnet. Die Fließgeschwindigkeiten von Gewäs- Zur Erfassung von Jungfischbestän- serbereichen anderer Fundorte wurden auf den wurden nur Sichtbeobachtungen heran- Grund dieser Festlegung geschätzt und in gezogen. Jungfische sind die wesentliche die Kategorien langsam (+), mittel (++) Beute der Würfelnatter, insbesondere der und hoch (+ + +) eingeteilt. Langsam juvenilen Tiere. Eine hohe Dichte von N. fließende Bereiche der ufernahen Region tessellata konnte nur an solchen Gewässer- sind als "Stillwasserzonen" bezeichnet. abschnitten festgestellt werden, an denen 35 Prozent der aquati sehen Lebens- große Jungfischbestände beobachtet wur- räume von N. tessellata wiesen in Gewäs- den. sermitte eine Strömung der Kategorie Gewässergrund (Tab. 5) "mittel" (++) auf und waren damit an diesen Stellen für Würfelnattern zu rasch Da Würfelnattern lauernde Jäger fließend. In diesen Fällen befanden sich sind, benötigen sie Versteck- und bei entweder ausgedehnte Stillwasserzonen mäßig starker Strömung Verankerungs- oder langsam fließende bzw. stehende Ne- möglichkeiten am Gewässergrund. Eine ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

Bestandserhebung der Herpetofauna des unteren Murtals 43

Tab. 5: Natrix tessellata - Aquatischer Lebensraum, Fließgeschwindigkeit, Trübung: ( - = nicht vor- handen, + = leicht, + + = mittelstark, + + + = stark); Stillwasserzonen, Jungfische: ( - = nicht vorhanden, + = vereinzelt vorhanden, + + = vorhanden, + + + = reichlich vorhanden); Gewässergrund (F = Faul- schlamm, G = Gestein, S = Sand). Table 5: Natrix tessellata. Aquatic habitat - flow speed, muddy state, presence of juvenile fishes, nature of bottom, pH-value, conductivity, oxygen saturation.

Fließgeschwindigkeit + + + + + + Fundorte (%) 19 46 35 0 Stillwasserzonen + + + + + + Fundorte (%) 0 15 58 27 Trübung + + + + + + Fundorte (%) 0 81 15 4 Jungfische + + + + + + Fundorte (%) 0 65 27 8 Gewässergrund F FG G GS S SF FGS Fundorte (%) 23 31 12 19 0 4 12 ph-Wert 7,6-8,0 8,1-8,5 8,6-9,0 9,1 -9,5 Fundorte (%) 87 9 0 4 Leitfähigkeit (mS/cm) 0,2-0,29 0,3-0,39 0,4-0,49 0,5-0,59 0,6-0,69 Fundorte (%) 9 61 13 13 4 Sauerstoff- sättigung (%) 41-60 61-80 81-100 101-120 121-140 141-160 Fundorte (%) 4 30 43 9 0 13

geeignete Ausstattung war bei allen Fund- dadurch, daß sie einen limitierenden Fak- stellen am Fließwasser (74%) durch Ge- tor für die Nahrungsgrundlage der Schlan- stein gegeben. Bei den langsam fließenden ge - hauptsächlich Fische, seltener Amphi- oder stehenden Gewässern bestanden Ver- bien - darstellt. Der pH-Wert aller unter- steckmöglichkeiten unter anderem unter suchten Würfelnatter-Gewässer lag im Fallaub. neutralen bis leicht basischen Bereich (7,6 bis 8,5), mit Ausnahme eines Fischteiches Physikalisch-chemische Wasserparameter (>9). Die niedrigen Werte entsprechen (Tab. 5) dem zuträglichen Bereich für heimische Fischarten. Auch die Werte von Leitfähig- Die Wasserqualität beeinflußt das keit und Sauerstoffsättigung liegen im To- Vorkommen von N. tessellata vor allem leranzbereich der Fische.

DIE LEBENSRAUME IM UNTERSUCHUNGSGEBIET

In den folgenden Gebietsbeschrei- Grazer Stadtgebiet bungen werden alle Waldgebiete, die un- mittelbar an der Mur liegen, als "Auwäl- Im wesentlichen steht im Stadtinne- der" bezeichnet, auch wenn sie durch zu- ren von Graz für Lurche und Kriechtiere nehmende Austrocknung teilweise den nur die Uferböschung der Mur als Lebens- Charakter von Niederterrassenwäldern be- raum zur Verfügung. Im nördlichen Stadt- sitzen. Unter "Strukturierung" wird die bereich (Weinzödl, Andritz, Gösting bis Vielgestaltigkeit der Vegetation bezüglich Geidorf) sind Wiesenflächen und Klein- Wuchshöhe und Deckungsgrad von Baum-, gärten als Pufferzone zwischen Siedlungs- Strauch- und Krautschicht verstanden. gebiet und Uferböschung vorhanden. Klein- ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

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Sonstige Kleingewässer im Stadtbereich (Talboden): gewässer und die unteren Waldränder der B. bufo, B. viridis, A. fragilis, L. agilis. angrenzenden Kogel im Bereich der Tal- enge Gösting - Kanzel stellen weitere ge- eignete Lebensräume dar. Größere Auwa 1dg ebie t e Die Ufer des Teiches "Siebenbrün- deln" (nördliches Graz) sind durch Steine, Feldkirchen - Kaisdorf Holzstöße und lückige Baum- und Strauch- (rechtes Murufer) schicht als Lebensraum für Reptilien ge- eignet, wobei mehrere Komposthaufen als Der Abschnitt Feldkirchen - Kaisdorf Eiablageplatz und der Schotterkörper des weist ausgedehnte, jedoch meist gering angrenzenden Bahndammes als Überwin- strukturierte und dicht geschlossene Au- terungsquartier dienen können. Aufgrund waldbereiche auf, in denen sich nur we- des reichen Nahrungsangebotes sind hier nige, stehende Gewässer befinden. Die in Würfelnattern und Ringelnattern häufig. den Auen vorhandenen Fließwässer bieten Da die Mur im Grazer Stadtgebiet vereinzelt auftretenden Teichfröschen Le- keine größeren Stillwasserzonen aufweist, bensraum, der Mühlgang ist als Lebens- genügt dieser Lebensraum den Ansprüchen raum für Lurche und Kriechtiere auszu- von Amphibien nicht. Zudem erreicht die schließen. An den ebenfalls dicht verwach- Wasserqualität im südlichen Stadtbereich senen und monoton gestalteten Murbö- nur Güteklasse III-IV. Während für die schungen waren keine herpetologischen Würfelnatter nur im Norden von Graz Nachweise möglich. Sonnplätze und ausreichende Jagdmöglich- Vereinzelte aufgelockerte Auwaldbe- keiten (größere Fischbestände, kleine reiche ermöglichen jedoch das Vorkommen Stillwasserzonen) gegeben sind, kann die der Blindschleiche, seltener von Äskulap- Äskulapnatter am Murufer des gesamten und Ringelnatter. Stadtgebietes nach Mäusen und Ratten ja- Im Abschnitt Wagnitz - Laasiedlung gen. In geringen Populationsdichten leben bessert sich die Situation insofern, als hier hier auch A. fragilis und C. austriaca. auch stehende Augewässer vorhanden sind, Fließgewässer durch Städte können die zusammen mit aufgelockerten Waldbe- zu Ausbreitungslinien der Tierwelt von der reichen mehreren Amphibien- und Reptili- freien Landschaft in geeignete Stadtbiotope enarten Lebensraum bieten. werden (BLAB 1993). Auch wenn die Nachweise: Feldkirchen - Wagnitz: B. Murböschungen in Graz für Lurche und bufo, H. arborea, R. arvalis wolterstorffi, A. fragilis, mehrere Reptilienarten keinen geeigneten E. longissima, N. natrix. Wagnitz - Laasiedlung: B. variegata, B. bufo, H. arborea, R. arvalis wolters- Lebensraum darstellen, besitzen sie z. B. torffi, R. dalmatina, R. kl. esculenta / R. lessonae, für B. bufo und N. natrix Trittstein- L. agilis, N. natrix. Laasiedlung - Kalsdorf: R. dal- matina, R. kl. esculenta IR. lessonae, E. longissima, funktion zur Besiedlung von Kleingewäs- N. natrix. sem im Stadtbereich. In bezug auf N. tessellata kommt den Thondorf - Fernitz (linkes Murufer) Grazer Murböschungen besondere Bedeu- tung zu, da sie als einzige Verbindung Im Abschnitt Thondorf - Fernitz be- zwischen den nördlichen Populationen steht ein geschlossener Auwaldgürtel, der (zwischen Graz und Bruck/Mur) und dem durch Absenkung des Grundwasserspiegels südlich von Graz gelegenen Hauptverbrei- sowie durch intensive Bewirtschaftung tungsgebiet in Frage kommen. stark beeinträchtigt ist. Der Großteil des Nachweise: Talenge Gösting - Kanzel: S. salamandra, B. bufo, H. arborea, A. fragilis, P. Gebietes bietet Lurch- und Kriechtierarten muralis, C. austrìaca, E. longissima, N. natrix, N. kaum geeignete Lebensbedingungen. Klei- tessellata. Teich Siebenbründeln: R. dalmatina, R. ne Autümpel und Reste der Altläufe beste- kl. esculenta / R. lessonae, A. fragilis, C. austriaca, E. longissima, N. natrix, N. tessellata. Murufer hen im Bereich Aumühle - Fernitz, wo sie Weinzödl bis Geidorf: B. bufo, A. fragilis, E. longis- einigen Amphibienarten Ablaichmöglich- sima, N. natrix, N. tessellata. Murufer Kalvanen- berggürtel bis Feldkirchen: R. arvalis wolterstorffi; keiten bieten. Der regulierte Raababach so- L. agilis, P. muralis, C. austriaca, E. longissima. wie der kanalartige, stark kontaminierte ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

Bestandserhebung der Herpetofauna des unteren Murtals 45

Zufluß zur Kläranlage Gössendorf sind für deren dichte Bestände jegliche Strukturie- Reptilien oder Amphibien als Lebensraum rung und Bodenbesonnung unterbunden ebenfalls ungeeignet. Durch Ausweitung wird. der Ackerflächen bis unmittelbar zur ersten Nachweise: Kaisdorf - nördl. v. Groß- Baumreihe des Auwaldes gingen ein sulz: B. variegata, B. bufo, R. arvalis wolterstorffi, R. dalmatina, R. kl. esculenta / R. lessonae, R. ridi- Strauchgürtel und aufgelockerte Verjün- bunda, A. fragilis, L. agilis, N. natrix, N. tessellata. gungszonen verloren. Diese Waldrandge- Großsulz: B. bufo, R. kl. esculenta / R. lessonae, L. agilis. Südl. v. Großsulz - : B. variegata, sellschaft ist ein wesentliches Biotopin- B. bufo, R. dalmatina, R. kl. esculenta IR. lessonae. ventar aller Reptilienarten, die Sonnplätze bei ausreichendem Deckungsschutz bereit- Fernitz - Mellach (linkes Murufer) stellt. Die Uferböschung der Mur ist durch Nördlich von Enzersdorf reichen die einheitlich dichte Baumschicht und den landwirtschaftlich intensiv genutzte Flä- starken Bewuchs durch Neophyten stark chen weit in die ehemaligen Augebiete. beschattet. Im Inneren des Auwaldes be- Äcker und Auwald grenzen ohne Puf- wirken Neophytenwuchs und fehlende ferzone direkt aneinander. Mit dem Fehlen Verjüngungszonen Strukturlosigkeit. Le- eines Strauchgürtels ist ein wesentlicher diglich in der Nähe von Thondorf bieten Bestandteil des Lebensraumes von Repti- kleinräumige Lichtungen und ein perennie- lien nicht vorhanden. render Regenwassertümpel wenigen Arten Die Uferböschung der Mur ist über Überlebensmöglichkeit. weite Strecken stark verwachsen, trotzdem Nachweise: Thondorf: B. variegata, R. konnte in einem lückig verbuschten Be- dalmatina, P. muralis (außerhalb des Auwaldes), L. viridis (unbestätigt), N. natrix. Aumühle - Fernitz: B. reich N. tessellata nachgewiesen werden. variegata, R. dalmatina, R. temporaria, R. kl. es- Im Bereich Fernitz - Enzersdorf wur- culenta IR. lessonae, R. ridibunaa. den ehemalige Altarmreste zu Fischteichen umgewandelt, die B. bufo und vereinzelt Kaisdorf - Werndorf (rechtes Murufer) R. kl. esculenta I R. lessonae als Laichge- wässer dienen. In einigen Tümpeln am In den Auwaldbereichen des Ab- Rand intensiv bewirtschafteter Felder schnittes Kaisdorf - Werndorf befindet sich kommt T. vulgaris vor. eine Vielzahl von Altlaufresten, meist Bä- Während der überwiegende Teil des che, die aufgrund ihrer starken Durch- Waldes ausgesprochen trocken ist, sind in strömung und des Fischbesatzes als Laich- tieferen Senken vereinzelt Tümpel und gewässer für Amphibien kaum in Frage wasserführende Altarmreste vorhanden, die kommen. Im gesamten Bereich stehen je- als Laichgewässer z. B. für R. dalmatina doch Ablaichmöglichkeiten in Form von dienen. Der Mühlgang ist in diesem Ab- Tümpeln und anderen Kleingewässern zur schnitt als Lebensraum für Lurche und Verfügung. Kriechtiere ungeeignet. In Bereichen des Reptilien finden vor allem von Kais- Zauchenbaches mit geringer Strömung und dorf bis nördlich von Großsulz in den ausgedehnten Stillwasserzonen kommen R. Randbereichen des Auwaldes Biotope vor, kl. esculenta I R. lessonae und N. natrix die Populationen mäßiger Dichte zulassen. vor. Die Uferböschung der Mur scheint Eine größere Artenvielfalt findet sich nur im Bereich der Brücke Kaisdorf - Fer- im Bereich des "Vogelhegegebietes Mel- nitz ausreichend strukturiert und breit, um lach" mit seinen Schilfwiesen, Quellfluren Reptilien- oder Amphibienvorkommen zu und Altarmresten, die die dichte Vegeta- ermöglichen. Der Erdkrötenbestand süd- tion der Au auflockern. Ein Altarm kom- lich von Großsulz wird offenbar durch muniziert bei Hochwasser mit der Mur. Fischteiche ermöglicht, die als Laichge- Die überwiegend bewaldeten Hänge des wässer angenommen werden. Murberges erweitem den Lebensraum für Im Bereich Großsulz sind ausge- Lurche und Kriechtiere. dehnte Flächen von Neophyten (v. a. Im- Nachweise: Fernitz - Enzelsdorf: T. patiens glandulifera) überwuchert, durch vulgaris, B. variegata, B. bufo, R. dalmatina, R. kl. ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

46 P. ZIMMERMANN & W. KAMMEL esculenta I R. lessonae, N. natrix, N. tessellata. stellenweise längs des Mühlganges L. agi- Bereich "Vogelhegegebiet Mellach": T. camifex, T. vulgaris, B. variegata, B. bufo, H. arborea. R. dal- lis und N. natrix in teilweise hohen Dich- matina, R. VI. esculenta / R. lessonae, A.fragilis, C. ten vor. Im Verzahnungsbereich des Hü- austriaca, E. longissima, N. natrix. gellandes mit dem Auwald lebt S. sala- mandra. Lebring - Neudorf, "Gralla-Auen" Am Übergang des dicht verwachse- (linkes Murufer) nen Auwaldes zum offenen, monoton ge- stalteten Staubereich des Kraftwerkes Ga- Der Auwald nördlich der Bundes- bersdorf findet sich N. tessellata in einem straße 73 (Altgralla - Ragnitz) stellt aus gut strukturierten, aber kleinflächigen Le- herpetologischer Sicht den artenreichsten bensraum. Lebensraum des gesamten Untersuchungs- Nachweise: Nördlich der Bundesstraße gebietes dar. Mit Ausnahme von C. austri- 73: T. camifex, T. vulgaris, B. variegata, B. bufo, B. viridis, P. füscus, H. arborea, R. arvalis wolters- aca konnten hier alle 17 zu erwartenden torffi, R. dalmatina, R. temporaria, R. kl. esculenta I Lurch- und Kriechtierarten nachgewiesen R. lessonae, R. ridibunda, A. fragilis, L. agilis, E. longissima, N. natrix, N. tessellata. Südlich der werden. Ermöglicht wird eine derartige Bundesstraße 73 bis Untergralla - Sajach: B. bufo, R. Artenvielfalt durch folgende Gegebenhei- dalmatina, R. kl. esculenta IR. lessonae, A.fragilis, ten: N. natrix. Untergralla / Sajach - Neudorf: S. sala- mandra, B. variegata, B. bufo, R. dalmatina, R. kl. * Die Größe des Auwaldbereiches. esculenta / R. lessonae, L. agilis, N. natrix, N. * Die Vielzahl von Gewässern un- tessellata. terschiedlicher Größe und Struktur, wo- durch der Fischbesatz einzelner Teiche von Altgralla - Hasendorf untergeordneter Bedeutung ist. (rechtes Murufer) * Teilbereiche des Uferdammes im Staubereich sind locker bewaldet und bie- Im Abschnitt Altgralla - Hasendorf ten genügend Sonneneinstrahlung für Rep- besteht ein geschlossener Auwaldgürtel, tilien. der großteils keine Feuchtbiotope aufweist. * Die Ufervegetation weist unter- Vereinzelte Auentümpel waren in den Jah- schiedliche Bewuchsdichten auf und bein- ren 1992 und 1993 bereits im August aus- haltet größere Schilfbereiche. getrocknet oder auf minimale Flächen ge- schrumpft. Perennierende Altwasserreste * Die Uferböschung 100 bis 300 m gibt es an den Ortsrändern von Untergralla unterhalb des Kraftwerkes bietet durch und Hasendorf. In Untergralla werden Blockschüttung und mäßig dichte Vegeta- diese außerhalb des Auwaldes liegenden tion sowie durch große Dammbreite einen Gewässer zur Fischzucht benutzt, bieten günstigen Lebensraum für N. tessellata. aber wegen ihres Schilfgürtels einigen Am- * Durch einzelne Felsblöcke in der phibienarten Lebensraum. Mur werden Stillwasserzonen geschaffen. Südlich der Bundesstraße 73 nimmt In Hasendorf befinden sich auch die Anzahl der Kleingewässer im Auwald Altarmreste, die innerhalb des Auwaldes drastisch ab. Der langsam fließende Alt- liegen. Letztere erwiesen sich zum Teil als arm entspricht nur den Anforderungen we- stark verunreinigt bzw. durch Müllablage- niger Amphibienarten. Die Uferböschung rungen verschmutzt. der Mur ist im gesamten Bereich (Bundes- In dieser Region sind durch land- straße 73 - Neudorf) dicht bewachsen und wirtschaftliche Nutzung gut strukturierte vielfach von Impatiens glandulifera zuge- Waldränder verlorengegangen. Immerhin wuchert. Hier konnte nur vereinzelt R. kl. ermöglichen Waldbinnensäume und aufge- esculenta / R. lessonae nachgewiesen wer- lockerte Waldbereiche das Vorkommen den. mehrerer Reptilienarten. Ab Untergralla - Sajach ändert sich Das Murufer ist hier dicht bewach- die Situation insofern, als hier wieder sen, der Boden voll beschattet; weder Lur- Tümpel und Altarmreste zu finden sind. che noch Kriechtiere waren nachweisbar. Nachweise: Altgralla - Untergralla: B. Außer am Murufer kommen an den Wald- bufo, H. arborea, R. dalmatina, R. kl. esculenta I R. rändern, den vereinzelten Lichtungen und lessonae, A.fragilis, L. agilis, E. longissima, N. na- ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

Bestandserhebung der Herpetofauna des unteren Murtals 47

trix. Hasendorf: T. vulgaris, B. bombine, B. bufo, R. Das am östlichen Waldrand befindli- dalmatina, R. kl. esculenta IR. lessonae, A.fragilis, N. natrix. che Lahnensystem ist stark durch Müll und Kontaminierung belastet. Lediglich in ei- Kleinwagna - Sulmmündung, "Kühauen" nigen Verlandungszonen konnten Amphi- (rechtes Murufer) bien, sowie N. natrix nachgewiesen wer- den. Das Vorkommen der Erdkröte in den Neben den "Gralla - Auen" handelt südlichen Auwaldbereichen wird wahr- es sich bei den "Kühauen" um die an Am- scheinlich wesentlich durch einen Fisch- phibien- und Reptilienarten reichste Re- teich ermöglicht, der ihr als Laichgewässer gion des Untersuchungsgebietes. Hier fin- dient. den sich Altarmreste mit dichten Amphi- Nachweise: B. variegata, B. bufo, R. bienpopulationen, und der Uferdamm der dalmatina, R. kl. esculenta /R. lessonae; N. natrix. Mur ist nicht zu dicht verwachsen, sodaß die nötige Sonneneinstrahlung für Reptili- Kleinere Auwaldreste en gegeben ist. Das parallel zum Dammfuß fließende, mit Sohlschalen gefaßte Gerinne Wildon - Lebring ist allerdings nur als Aufenthaltsort für R. (linkes Murufer) kl. esculenta / R. lessonae geeignet. In einigen Randbereichen des Auwaldes fehlt In der nördlichen Region ging ein ge- der für Reptilien so wichtige Gebüsch- schlossener Auwaldgürtel bis auf einen saum. Die "Kühauen" stehen im Zusam- kleinen Bereich südlich der Brücke Wildon menhang mit dem Unterlauf der Sulm. verloren. Dort befinden sich temporäre Südlich von Leibnitz leben an deren Ufern Gewässer, in die R. dalmatina laicht. N. N. natrix und N. tessellata aber auch natrix konnte in einem lückig strukturier- andere Reptilienarten in außerordentlicher ten Teil der Murböschung nachgewiesen Dichte. werden, die ansonsten monoton gestaltet Die Auswirkungen des während der ist. Untersuchung fertiggestellten Kraftwerkes Südlich von Kläranlage und Holz- an der Sulmmündung sind im vorliegenden stoffabrik beginnt ein bewaldetes Areal, Bericht noch nicht berücksichtigt. das keine Augewässer aufweist. Der Mühl- gang ist als Lebensraum für Amphibien Nachweise: "Kühauen": T. camifex, T. vulgaris, B. variegata, B. bufo, H. arborea, R. ar- und Reptilien ungeeignet, da er keine Still- valis wolterstorffi, R. dalmatina, R. temporaria R. kl. wasserzonen aufweist und sein Ufer stark esculenta I R. lessonae, A. fragilis, L. agilis, E. lon- gissima, N. natrix, N. tessellata. Unterlauf der Sulm bewachsen ist. Dagegen bietet ein Seiten- (incl. Auwaldreste) südlich Leibnitz: T. vulgaris, B. arm des Mühlgangs, der durch Aufstauun- variegata, R. arvalis wolterstorffi, R. dalmatina, R. temporaria, R. kl. esculenta I R. lessonae, R. ridi- gen teichartigen Charakter besitzt, ausrei- bunda, A. fragilis, L. agilis, C. austriaca, E. longis- chende Strukturen für/?, kl. esculenta /R. sima, N. natrix, N. tessellata. lessonae. Im aufgelockerten kleinen Wald- saum zwischen diesem Gewässer und dem Landscha - Obervogau (linkes Murufer) Auwald und auf der hohen Uferböschung kommen L. agilis, N. natrix und N. tes- Im Gegensatz zu den am gegenüber- sellata vor. liegenden Ufer gelegenen "Kühauen" ist In der Mur schaffen ufernahe Inseln dieses Auwaldgebiet großteils ein für Lur- zusätzliche terrestrische Lebensräume, so- che und Kriechtiere ungünstiger Lebens- wie große, fischreiche Stillwasserzonen, in raum. 100 bis 300 m unterhalb des Kraft- denen N. tessellata lebt, während offenbar werkes Obervogau ermöglicht die Struktu- aufgrund fehlender Wasservegetation und rierung der Uferböschung der Mur das hoher Fischdichte Amphibien hier nicht Vorkommen von N. tessellata, B. bufo und vorkommen. Ein naher Fischteich beher- Teichfröschen, an den anderen Stellen ist bergt R. kl. esculenta IR. lessonae und N. das Ufer durch Impatiens glandulifera, natrix. Reynoutria japonica und Solidago gigan- Die Südhälfte der Au erscheint als tea überwuchert. Lebensraum für Amphibien und Reptilien ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

48 P. ZIMMERMANN & W. KAMMEL völlig ungeeignet, da sie extremen Umge- nige isolierte Altarme, der umgebende Au- staltung und Zerstörung unterliegt (Fich- wald weist Vielgestaltigkeit in bezug auf tenmonokultur, Golfplatz). Ufervegetation, Bodenrelief und Boden- Nachweise: fi. variegata, R. dalmatina, feuchtigkeit auf. Auch ist teilweise eine R. kl. esculenta /R. lessonae, L. agilis, N. natrix, N. Besonnung des Wasserkörpers und der tessellata. Ufer gegeben, wodurch diese kleinräumi- gen Bereiche Refugien für Amphibien dar- Leitring (rechtes Murufer) stellen. Dieses Gebiet weist nur einige kleine Im Mühlgang, der in einer betonier- Auwaldreste auf, die Laichgewässer für ten Sohlschale gefaßt ist, sind Vorkommen mehrere Amphibienarten umschließen. Der von Lurchen und Kriechtieren auszuschlie- Lebensraum der Herpetofauna ist hier vor ßen. Der Damm zwischen Mur und Mühl- allem durch großflächige Äcker, Sied- gang ist wenig strukturiert, stellenweise lungsgebiet und eine Autobahntrasse ein- stark mit Neophyten bewachsen und bietet geengt. Viele Altlaufreste drohen zu ver- wohl nur der Zauneidechse Lebensraum. Nachweise: T. carnifex, B. bufo., R. ar- trocknen. valis wolterstorffi, R. dalmatina, R. kl. esculenta /R. Der weitaus größte Teil der Uferbö- lessonae, L. agilis, N. natrix. schung der Mur ist für Reptilien zu dicht bewachsen. Einige kleine Abschnitte mit Straß - Gersdorf (linkes Murufer) aufgelockertem Bewuchs und vielfältiger Strukturierung ermöglichen das Vorkom- In den Resten des Auwaldgürtels zwi- men von Äskulap- und Würfelnatter. schen Straß und Gersdorf finden sich meh- Nachweise: T. vulgaris, B. variegata, B. bufo, R. dalmatina, R. temporaria, R. kl. esculenta I rere Kleingewässer von unterschiedlicher R. lessonae, E. longissima, N. tessellata. Qualität. Das Spektrum reicht von großen Wagenradspuren in militärischem Übungs- Gabersdorf, linkes Ufer gelände über Fischteiche bis zu großen Altarmresten. In den Wagenradspuren wur- Der schmale Auwaldgürtel beinhaltet den R. kl. esculenta I R. lessonae, in den einen Altarmrest. Am rasch fließenden und Fischteichen B. bufo und an einem stärker mit Neophyten verwachsenen Mühlgang strukturierten Altarmrest mehrere Lurch- konnten keine Lurche und Kriechtiere nach- arten nachgewiesen. Der träge fließende gewiesen werden. Funde von L. agilis und Altlauf beim militärischen Übungsgelände N. tessellata waren auf den Uferdamm in weist zwar große Verlandungszonen auf, der Nähe des Kraftwerkes Gabersdorf be- dennoch fehlen von dort Amphibien- schränkt, welcher eine lückig verbuschte nachweise. Möglicherweise ist das auf die Böschung abseits der Mur aufweist und zu- hohe Fischdichte zurückzuführen. sammen mit der Dammkrone Sonnplätze Das Murufer und der Mühlgang bis bietet. auf Höhe des Kraftwerks Spielfeld zeigen Nachweise:/?, dalmatina, R. kl. escu- eine ähnlich monotone Gestaltung wie im lenta IR. lessonae; L. agilis, N. tessellata. Gebiet Ehrenhausen - Vogau. Nachweise: T. vulgaris, B. bufo, R. Ehrenhausen - Vogau dalmatina, R. kl. esculenta /R. lessonae. (linkes Murufer)

Ein Großteil des Auwaldes zeigt star- Uferzonen der Mur ke Austrocknungstendenz. Felder reichen und angrenzende Hänge bis an diesen Wald heran, ohne daß ein gut strukturierter Waldrand bestünde. Im über- In Bereichen, in denen das Hügelland wiegenden Teil des Abschnitts konnte nur bis an die Murufer heranreicht, fehlen die Erdkröte gefunden werden, die sich Auwälder, doch bieten Hänge an ihrer sehr weit vom Laichgewässer entfernen Stelle den Lurchen und Kriechtieren häufig kann. In diesen Auwaldresten existieren ei- geeignete Lebensräume. Quellaustritte und ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at Bestandserhebung der Herpetofauna des unteren Murtals 49

Bäche ermöglichen Vorkommen von Am- wenig strukturiert und aufgrund seines ge- phibien, für Reptilien stellen die Anhöhen ringen Ausmaßes (maximal 4 m Breite) Sonnplätze sowie hochwassersichere Win- starken Störungen durch den Radweg auf terquartiere und Eiablageplätze dar. der Dammkrone ausgesetzt. Nachweise: Keine. Hügelland zwischen Dillach und Kollisch (linkes Murufer) Sulmmündung bis Ehrenhausen (rechtes Murufer) Auf dem Uferdamm zwischen dem dicht bewaldeten Murberg und der Mur Die zur Mur und Sulm abfallenden war B. variegata häufig anzutreffen und Hänge bieten durch dichten Waldbestand laichte in wassergefüllten Radspuren. Grö- in Nord- bzw. Nordostexposition keinen ßere Laichgewässer sind nur im Auwald- günstigen Aufenthaltsort für Reptilien. An bereich nördlich des Murberges vorhan- Amphibien war nur der Feuersalamander den, sodaß an seinen bewaldeten Hängen nachweisbar. nur R. dalmatina und B. bufo gefunden Zwischen Retznei und Ehrenhausen wurden. Der Hang ist sehr dicht bewaldet liegen Ackerflächen, Siedlungen und ein und der Damm weist großteils wenig Zementwerk. Das Murufer ist dicht be- Strukturierung auf (fast nur Krautschicht), wachsen, teilweise mit Fichten bepflanzt, an Reptilien scheinen nur A. fragilis und besitzt aber ein kleinräumiges Vorkommen o N. natrix vorzukommen. Die Mur fließt von N. tessellata. Ein Fischteich auf dem hier langsam und weist schilfreiche Flach- Gelände der Zementfabrik dient B. bufo als wasserzonen auf, doch wurde nie Laich- Laichgewässer. aktivität von Amphibien festgestellt. Nachweise: Sulmmündung - Retznei - S. salamandra. Retznei - Ehrenhausen - B. bufo, N. tes- Südlich davon grenzen Felder un- sellata. mittelbar an den schmalen Ufersaum der Mur, an dem keinerlei Lurche und Kriech- Ehrenhausen - Spielfeld (Rosenberg/ tiere nachgewiesen werden konnten. Schießkogel, rechtes Murufer) An den thermisch begünstigten (west- bis südwestexponierten) Hängen des Ber- In dieser Region sind die Mur- und ges liegen Steinbrüche, deren durch Felsen Mühlgangböschungen monoton gestaltet, und aufgelockerten Bewuchs gut struktu- die hohe Neophytendichte verhindert aus- rierter Ubergangsbereich zum bewaldeten reichende Bodenbesonnung. Amphibien- Berghang mehreren Reptilienarten bis auf laichgewässer konnten im gesamten Areal den Talboden herab eine Lebensstätte bie- nicht gefunden werden. tet. Bei Ehrenhausen beherbergt der aus- Nachweise: Bereich Dillach: B. varie- gedehnte und reich strukturierte Damm gata, B. bufo, R. dalmatina, A. fragilis, N. natrix. Bereich Kofiisch: B. bufo, P. muralis, C. austrìaca, zwischen Mur und dem in den Mühlgang E. longissima, N. natrix. übergehenden Gamlitzbach eine N. tessel- lata - Population. Hier konnten auch in ei- Wildoner Berg (rechtes Murufer) nigen Flachwasserzonen große Mengen an Fischbrut beobachtet werden. Der untere Hangbereich im Norden Oberhalb des Kraftwerks Spielfeld und Süden ist dichtes Siedlungsgebiet, an- wird die Talsohle fast ausschließlich land- sonsten herrschen dichtwüchsige Mähwie- wirtschaftlich genutzt. Lurche und Kriech- sen und Wald vor. Die fehlende Struktu- tiere wurden nicht nachgewiesen. rierung und die ostexponierte Lage lassen Der Fuß des Hanges und der Bahn- diesen Bereich als Reptilienhabitat ungün- damm sind dicht krautig verwachsen, nur stig erscheinen, adäquate Laichgewässer kleinräumig existieren etwas besser struk- fehlen. turierte Bereiche, in denen E. longissima Am Murufer konnten keine Lurche vorkommt. und Kriechtiere gefunden werden. Es ist Nachweise: E. longissima, N. tessellata. ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

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M u ru fer flußabwärts, weist die Kainach steinige, inBereichen intensiver fischreiche Flachwasserzonen auf, in denen Bodennutzung N. tessellata vorkommt. In einem Gewässer im Ort Kainach An einigen Stellen schließen unmit- leben R. kl. esculenta IR. lessonae. telbar an die Uferzonen der Mur und des Der kleine Auwaldrest am Mün- parallel verlaufenden Mühlganges land- dungsspitz zwischen Mur und Kainach ist wirtschaftlich genutzte Flächen oder Sied- durch Neophyten dicht verwachsen, auch lungen an. Hier stehen nur die Uferdämme konnten hier keine Kleingewässer gefun- als Lebensraum für Lurche und Kriechtiere den werden, sodaß der Bereich für Lurche zur Verfügung, sind aber großteils mono- und Kriechtiere wenig geeignet erscheint. ton gestaltet und zeigen "kahle" Bereiche Nachweise: B. bufo, R. kl. esculenta / und unzureichende Deckungsgrade der R. lessonae, L. agilis, N. natrix, N. tessellata. Baum- und Strauchschicht (Hasendorf - Gabersdorf, St. Margarethen - Lebring, Sulm Neudorf - Wildon). Nachweise: R. kl. esculenta IR. lesso- Die Sulm wurde auf 3 km Länge im nae, L. agilis. Gebiet ihrer Mündung untersucht und steht im direkten Zusammenhang mit den an an- Fließende derer Stelle beschriebenen "Kühauen". Nebengewässer Eingehender wird hier der Sulmabschnitt bei Leibnitz - Altenmarkt beschrieben, in Kainach dem aufgrund vorhandener Auwaldreste und der Uferstrukturierung 15 Arten von Die Ufer der Kainach wurden von Amphibien und Reptilien - teilweise in ho- der Einmündung in die Mur bis zum Ort hen Dichten - vorkommen. Kainach, also auf den letzten 2,5 Fließ- Neben Uferböschungen, die wegen kilometern untersucht. Diese Region liegt Blockschüttung und niedrigen Deckungs- größtenteils in dichtem Siedlungsgebiet. graden der Vegetation eine starke Sonnen- Eine Ausnahme stellt der Damm zwi- einstrahlung aufweisen, sind solche vor- schen Kainach und dem Wildoner Badesee handen, die dicht verwachsen sind und dar. Hier weist das Flußufer eine hohe, eine hohe Bodenfeuchtigkeit aufweisen. zweigeteilte Böschung mit unterschiedlich- Dazwischen befinden sich verschiedene sten Deckungsgraden der Strauch- und Übergangsbereiche, sodaß vor allem Rep- Baumschicht auf. Die Krautschicht ist tilien je nach Temperatur- und Feuchtig- dicht, läßt allerdings noch eine für Repti- keitsansprüchen unterschiedliche Aufent- lien ausreichende Bodenbesonnung zu. Die haltszonen wählen können. etwa 2-3 m breite Uferbefestigung durch Sowohl das weitreichende Lückensy- Felsblöcke ermöglicht Stillwasserzonen stem der Blockschüttung, als auch Holz- und schafft günstige Beutefangbedingun- und Laubhaufen in den bewaldeten Berei- gen fur N. tessellata. chen bieten Unterschlupf und Eiablage- Der Wildoner Badesee beherbergt am plätze für Reptilien. der Kainach zugewandten Ufer einige Am- Unterhalb von Leibnitz liegen ent- phibien- und Reptilienvorkommen. Ober- lang der Sulm kleine, gut strukturierte halb der Brücke (Bundesstraße 67) in Auwaldreste mit unterschiedlichen Klein- Wildon verhindern dichte Vegetation und gewässern. Diese Flächen sind sehr arten- monotones Regelprofil die Besiedlung des reich (9 Amphibienarten). Dammes durch Lurche und Kriechtiere. Auf den letzten 1,5 km vor der Mün- Unterhalb des Kraftwerks im Ort dung sind im Zuge des Kraftwerksbaus die Kainach besteht die Uferböschung aus Ufer im Untersuchungszeitraum neu ge- Blockschüttung ohne Baum- und Strauch- staltet worden. Ob diese Böschungen einen schicht. Im Übergangsbereich dieser kah- Lebensraum für Lurche und Kriechtiere len Region zum dicht bewaldeten Ufer darstellen, kann noch nicht gesagt werden. ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

Bestandserhebung der Herpetofauna des unteren Murtals 51

Nachweise: T. vulgaris, B. variegata, digkeiten sind bis auf wenige Ausnahmen B. bufo, H. arborea, R. arvalis wolterstorffi, R. dal- matina, R. temporaria, R. kl. esculenta IR. lesso- hoch, es sind keine Verlandungszonen nae, R. ridibunda, A. fragilis, L. agilis, C. au- vorhanden und die Ufer weisen eine dichte striaca, E. longissima, N. natrix, N. tessellata. Vegetation auf. In einigen Bereichen be- steht das Mühlgangbett aus Betonsohl- Gamlitzbach schalen. Als Lebensraum für Lurche und Kriechtiere sind diese Mühlgänge zum Im Siedlungsgebiet (Ehrenhausen, größten Teil auszuschließen. Gamlitz) befindliche Abschnitte des unter- Eine Ausnahme stellt der Mühlgang suchten Bachlaufes kommen durch die im Bereich der Gralla-Auen dar. Hier wur- starke Einengung des Bachbettes und sei- de auf eine vielseitige Gestaltung des Ufer- ner Ufer als Lebensraum für Lurche und dammes und den Erhalt bzw. die Schaf- Kriechtiere kaum in Frage. fung von angrenzenden Kleingewässern An den Ortsrändern und den zwi- unterschiedlicher Strukturierung Wert ge- schen den Ortschaften liegenden Fließ- legt. strecken herrscht dichter Bewuchs der Auch bei Lebring bietet ein kurzer Uferböschung und damit starke Beschat- aufgelockerter Uferabschnitt Lebensraum tung von Ufer und Gewässer vor. Nur ver- für R. kl. esculenta / R. lessonae und N. einzelt wurden hier Amphibien angetrof- tessellata. fen. Der Stiefingbach mündet in den In Ehrenhausen liegt ein xerothermer Weissenegger Mühlgang, Begehungen wur- Hügel, der mehreren Reptilienarten einen den bis auf die Höhe von Alla durchge- gut strukturierten Lebensraum bietet. Be- führt. Die Ufer des Baches sind dicht, stel- sonders hervorzuheben ist die hohe In- lenweise auch lockerer bewachsen. Lebens- dividuenzahl der hiesigen Würfelnatterpo- raum für Amphibien und Reptilien können pulation. sie nur vereinzelt bieten, da sie nur eine Der Ratscherbach, der bei Gamlitz in geringe Breite erreichen und intensiv land- den Gamlitzbach mündet, durchfließt die wirtschaftlich genutzte Flächen unmittelbar Randbereiche des Hügellandes. Hier sind an die Uferböschung angrenzen. neben euryöken Amphibienarten auch sol- Nachweise: Mühlgang im Bereich che zu finden, die das Hügelland als Le- "Gralla-Auen": R. dalmatina, R. kl. esculenta / R. bensraum bevorzugen. lessonae, L. agilis, N. natrix. Mühlgang bei Lebring: R. kl. esculenta IR. lessonae, N. tessellata. Stiefing: Nachweise: Ehrenhausen: R. dalmati- R. kl. esculenta IR. lessonae. na, C. austriaca, N. natrix, N. tessellata. Gamlitz und Ratscherbach: T. alpestris, S. salamandra, B. bufo, R. temporaria, N. tessellata. Stehende Nebeng ewäs s er Bachläufe in Spielfeld Wildoner Badesee An zwei Bächen, die bei Spielfeld in die Mur münden, konnten Würfelnatter- Am Wildoner Badesee bieten flache, vorkommen entdeckt werden. Die dicht schilfbestandene Uferpartien Amphibien- verwachsenen Ufer dieser Bäche weisen laich Schutz vor den hohen Fischbestän- nur wenige Stellen mit lückiger Vegetation den. Während ein größer Teil des Ufers auf. Allerdings sind diese Areale durch keine Baum- und Strauchschicht aufweist Mähwiesen, Acker und Straßen räumlich und durch Badegäste genutzt wird, sind stark eingeengt. andere Bereiche stärker oder dicht ver- Nachweise: B. bufo, N. tessellata. wachsen. Mit der nahegelegenen Uferbö- schung der Kainach stellt dieser Abschnitt Mühlgänge und Stiefingbach einen Lebensraum für L. agilis und N. na- trix dar. N. tessellata nutzt den Wildoner Mühlgänge, die parallel zur Mur flie- Badesee als Jagdrevier. ßen, sind im gesamten Untersuchungsge- Nachweis e: fi. bufo, R. kl. esculenta I biet vorhanden. Ihre Strömungsgeschwin- R. lessonae, L. agilis, N. natrix, N. tessellata. ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

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Kleingewässer wirtschaftlich genutzten Regionen (z. B. mit intensiv genutztem Umland nördlich Landscha) oder Siedlungsgebieten (z. B. Bachsdorf) liegen. Hier sind fast ausschließlich laichplatzökologisch wenig Amphibienfunde erfolgten auch an spezialisierte Arten zu finden. Altarmresten und anderen Kleingewässern, Nachweise: T. vulgaris, B. bufo, R. kl. die isoliert in monoton gestalteten, land- esculenta IR. lessonae, N. natrix.

ANTHROPOGENE BEEINTRÄCHTIGUNGEN DER HERPETOFAUNA

Flächenverlust und Isolation gierungen und Einebnen des Geländereliefs zerstört worden. Der Verlust von Über- Besonders in Tallandschaften werden schwemmungsmulden in Auenwiesen stellt ursprüngliche Lebensräume durch inten- eine wesentliche Ursache für den Rück- sive Bodennutzung und Siedlungstätigkeit gang der auf derartige Lebensräume spe- verändert. Daraus resultiert eine starke Ge- zialisierten Arten (z. B. Wechselkröte) dar. fährdung vieler auf tiefe Lagen speziali- Verbliebene Kleingewässer sind häufig sierter Arten. Zum Verlust potentieller mangels Gebüschsaum und durch Ein- Habitate kommt deren mehr oder weniger schwemmen von Nitraten und Pestiziden starke Isolation. Solch inselartige Lebens- stark toxisch belastet. Problematisch er- räume sind von einer für die darin vor- scheint auch die massierte Ablagerung von kommenden Arten lebensfeindlichen Um- Müll in Auengebieten (z. B. Thondorf). gebung eingeschlossen. Aufforstungen im Auwaldbereich fin- Der Verlust der Kontaktmöglichkeit den häufig mit Fremdhölzern, bzw. stand- zwischen Populationen führt zu genetischer ortfremden Gehölzen (Fichten, Robinien, Isolierung mit allen damit zusammenhän- Hybridpappeln, u. a.) statt. Vor allem genden Problemen und zur Dominanz aus- Fichtenschonungen stellen in einem Auge- breitungstüchtiger euryöker Arten (BLAB biet einen für alle Amphibien- und Reptili- 1993). enarten lebensfeindlichen Bereich dar. Durch Bestände aus gleichaltrigen Gehöl- Land- und Forstwirtschaft zen bei fehlenden Verjüngungszonen gin- gen in weiten Bereichen des Auengürtels Durch die Ausweitung intensiv land- der Mur Waldbinnensäume am Rand von wirtschaftlich genutzter Flächen auf Auge- Lichtungen und Augewässern verloren. biete sind bereits weite Bereiche des ehe- Binnensäume bedeuten jedoch, gemeinsam maligen Auwaldgürtels der Mur verloren mit einem mehrstufig aufgebauten Wald- gegangen. Besonders negativ wirkt sich rand, essentielle Bestandteile des Lebens- der Verlust von Feldgehölzen, Hecken und raumes vieler Lurche und Kriechtiere. des natürlichen Waldmantels auf Amphi- Viele Amphibienarten sind auf ein bien und Reptilien aus. In vielen Gebieten Leben in besonnten Kleingewässern spe- wird Ackerbau bis zur ersten Baumreihe zialisiert (T. carnifex, B. viridis, H. arbo- des Auwaldes betrieben. rea, P. fuscus, R. ridibundä). Das Fehlen Ein intakter, aus Sträuchern und jun- eines abgestuften Wald mantels am Ufer gen Bäumen bestehender Waldmantel, so- vieler Auengewässer bedeutet für sie den wie eine ihm vorgelagerte Krautvegetation Verlust potentieller Laichgewässer. Auch als Pufferzone ist für alle vorkommenden Tothölzer am Gewässerufer bereichern die Reptilienarten ein essentielles Biotopin- Vielgestaltigkeit der Uferlinien und kön- ventar. Die Führung von Wegen entlang nen die für Lurche und Kriechtiere not- der Wald-Feldgrenze bedeutet einen Ver- wendigen Sonnplätze bieten. Vorrangige lust dieses Lebensraumes. Maßnahmen zum Schutz von Amphiben- Feuchtgebiete an den Rändern des und Reptilienpopulationen sind deshalb der Auengürtels sind vielerorts durch Draina- Erhalt, bzw. die Entwicklung von: ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

Bestandserhebung der Herpetofauna des unteren Murtals 53

* mehrstufig aufgebauten Auwald- phibienarten als Fortpflanzungsstätten ver- rändern, loren. Sofern eine ausreichende Uferstruk- * Waldbinnensäumen an Lichtungen turierung verblieben ist, kann sich hier B. und Auengewässern, bufo fortpflanzen, da deren Larven von * standortgerechten Gehölzbeständen Fischen nicht gern gefressen werden. mit abwechslungsreicher Altersstruktur, Während die meisten in Auwaldnähe * Hecken und Feldgehölzen auf land- angelegten Fischteiche im augenblicklichen wirtschaftlich genutzten Flächen, Zustand Lurchen und ihrer Brut keine aus- * Pufferzonen und Gebüschsäumen reichenden Überlebensbedingungen bieten, an Gewässern zur Verminderung des Ein- könnten sie durch Ausstattung mit einer trags von Xenobiotika, vielgestaltigen Uferlinie sowie einer aus- * strukturierten Bodenreliefs, die reichend großen, deckungsreichen Ufer- Überschwemmungsmulden in Auenwiesen zone das Überleben von B. bufo, R. kl. zulassen, esculenta I R. lessonae, N. natrix und N. * Tothölzem an Gewässerufern. tessellata ermöglichen. Die Mur stellt als Fließgewässer für Neophyten die meisten Amphibienarten kein geeigne- tes Laichgewässer dar. Seichte Stillwasser- Im Laufe der Untersuchungen zeigten und Schilfzonen können allerdings eine sich negative Einflüsse auf das Vorkom- Ausweitung des Lebensraumes für R. kl. men von Lurchen und Kriechtieren durch esculenta / R. lessonae, R. ridibunda so- die Ausbreitung der folgenden drei inner- wie N. natrix und N. tessellata bedeuten. halb der letzten 100 Jahre vom Menschen Solche Bereiche wirken dem Predations- eingebürgerten oder eingeschleppten Pflan- druck durch Fische entgegen. zen (Neophyten), die eine weite Verbrei- Als vorrangige Maßnahme zum tung in den Auwäldern des Untersuchungs- Schutz von Amphibien sollte die fische- gebietes aufweisen, wo sie vielerorts groß- reiwirtschaftliche Nutzung von Auenge- flächig dichte Bestände bilden. wässern eingeschränkt werden. Impatiens glandulifera (Indisches Springkraut): aus dem Himalaya als Gar- Gewässerverschmutzung ten- und Bienentrachtpflanze seit ca. 50 Jahren eingebürgert, bevorzugt feucht- Xenobiotische Gewässerbelastungen nasse, nährstoffreiche Böden; entstehen durch unzureichende Entsorgung Reynoutria japonica (Japanischer von Industrie- und Kommunalabwässern, Staudenknöterich): aus Ostasien als Zier- sowie durch den Eintrag von Chemikalien pflanze eingebürgert; bevorzugt nasse, aus landwirtschaftlich genutzten Gebieten. zeitweilig überflutete Böden; Den Endzustand der natürlichen Eutro- Solidago gigantea (Späte Goldrute): phierung stellt Güteklasse II dar. Im ge- aus dem nördlichen und westlichen Nord- samten Untersuchungsgebiet ist die Gewäs- amerika als Zierpflanze eingebürgert; be- sergüte der Mur aber wesentlich schlechter vorzugt grund- oder sickerfeuchte Böden (Güteklasse II-III bis III-IV). In derart be- an sommerwarmen Standorten. lasteten Gewässern bewirken Fäulnispro- Vor allem Impatiens glandulifera und zesse und in der Folge erhöhte Sauerstoff- Reynoutria japonica bilden derart dichte zehrung eine Beeinträchtigung der Fisch- Bestände, daß jegliche Sonneneinstrahlung brut. Da diese jedoch die Hauptnahrungs- am Boden verloren geht. Solche Bereiche quelle für N. tessellata darstellt, ist der werden weitgehend von Kriechtieren und Würfelnatterbestand durch die Gewässer- Lurchen gemieden. verschmutzung zumindest indirekt negativ beeinflußt. Zusätzlich wird die Nahrungs- Fischereiwirtschaftliche Nutzung suche dieser Natter durch starke Trübung des Gewässers erschwert. Zahlreiche Altarmreste gingen durch Augewässer werden vor allem durch intensiven Fischbesatz für die meisten Am- Ausschwemmungen nahe gelegener, inten- ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

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siv genutzter landwirtschaftlicher Flächen Reptilienarten ist auch ein schützender Ge- belastet. Mangels einer turbulenten Was- büschsaum, der mancherorts der Flurbe- serströmung sind die Folgen von Sauer- reinigung zum Opfer fiel (z. B. Raaba- stoffzehrung und Faulschlammbildung bei bach), unverzichtbar. vergleichbarer Verschmutzung in stehen- Wasserbauliche Maßnahmen können den Gewässern gravierender als in fließen- nur dann die Artenvielfalt erhalten, wenn den (BLABJ993). Hochwasserschutzeinrichtungen in größe- Bei Überschwemmungsflächen und rem Abstand vom Gewässerufer angelegt Altwässern, die Verbindung zum Fließge- werden, wodurch Raum für Stillwasserbe- wässer haben, kann es durch die einge- reiche und Überschwemmungsflächen, po- schwemmte Schmutzfracht zu einer zusätz- tentielle Laichplätze für Amphibien, erhal- lichen Nährstoffanreicherung kommen. ten bleibt. Lückig verbuschte Uferbereiche Vielfach sind Lahnensysteme durch Müll- und -böschungen bieten Lebensraum für ablagerungen kontaminiert. Dies trifft vor verschiedene, auch nicht unmittelbar an allem für den Auwaldrand bei Obervogau Gewässer gebundene Reptilienarten. zu. Sind Kleingewässer durch die ge- Wasserkraftwerke nannten Faktoren zu stark belastet, genü- gen sie den Lebensraumansprüchen von Eine Ausnahme von den meist dicht Amphibien nicht mehr. bewachsenen Ufern der Mur stellen die Be- reiche ober- und unterhalb von Kraftwer- Absenkung des ken dar. Die Strukturierung dieser Ufer Grundwasserspiegels kann das Vorkommen von Lurchen und Kriechtieren einschränken oder begünsti- In den meisten Auwaldgebieten sind gen. zumindest an einigen Stellen die Auswir- Staubereich: Oberhalb der kungen der Grundwasserabsenkung deut- Kraftwerke wird durch das Aufstauen der lich zu erkennen. So ist im Auwaldgürtel Mur eine Veränderung der Beschaffenheit zwischen Thondorf und Fernitz ein völli- von Gewässer und Uferböschung hervor- ger Verlust der ehemaligen Augewässer zu gerufen. verzeichnen. Auch im mittleren Bereich Da die Fließgeschwindigkeit im Stau- der Gralla-Auen führen einige grundwas- bereich stark verringert ist, entstehen in sergespeiste Rinnensysteme kein Wasser Ufernähe manchmal schlammige Flach- mehr. Ursachen für die Absenkung des wasserzonen. Als Laichgewässer für Am- Grundwasserspiegels sind hauptsächlich phibien kommen diese jedoch nicht in Flußregulierungen und damit einherge- Frage, da sie eine hohe Fischdichte auf- hende Verkürzungen der Fließstrecken. weisen, eine schwache Strömung vorhan- den ist und Wasservegetation großteils Gewässerregulierung fehlt. Wo in Ufernähe kleine Schilfzonen vorkommen, konnten vereinzelt R. kl. Da die Regulierung der Bachläufe zur esculenta IR. lessonae gefunden werden. Sicherung gegen Hochwässer häufig auch Der für Lurche und Kriechtiere nutz- der Gewinnung von Bau- und Kulturland bare terrestrische Lebensraum ist gegen- dient, wird der "Lebensraum Bach" derar- über dem Zustand vor der Stauung durch tig eingeengt, daß dieser als Refugialraum den gehobenen Wasserspiegel stark ver- für die meisten Lurche und Kriechtiere kleinert, die Uferböschungen erreichen nur nicht mehr in Frage kommt. Zudem be- noch 2-5 m Breite; häufig wird die deuten die verwendeten monotonen Regel- Dammkrone als Wander- oder Radweg ge- profile eine Verkürzung und Vereinheitli- nutzt. chung der Uferlinie; den Verlust biolo- Beide Seiten des flußbegleitenden gisch produktiver Überschwemmungszo- Dammes wiesen in den meisten Fällen eine nen und Abtrennung, bzw. Vernichtung für Lurche und Kriechtiere ungünstige von Altläufen. Für die vorkommenden Strukturierung auf. In einigen Fällen war ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at Bestandserhebung der Herpetofauna des unteren Murtals 55

die Vegetation fast ausschließlich auf die profile zusätzliche Dämme längs der Ufer- Krautschicht beschränkt und bot nur wenig böschung auf. Dieser Bereich ist hinrei- Schutz vor starker Sonneneinstrahlung und chend groß, daß Hochwasser und die Nut- Predatoren (z. B. Gabersdorf, Lebring). In zung der Dammkrone durch Besucher anderen Bereichen haben sich auf Grund keine schweren Beeinträchtigungen für die der Vegetationsannut Neophyten über Lurche und Kriechtiere darstellen. Ein weite Teile der Böschung massiv ausbrei- weiteres wichtiges Kriterium ist die Struk- ten können (z. B. Obervogau). turierung durch Blockschüttung, die hier Stärkere Deckungsgrade durch Bäu- zumeist nicht verfugt ist, was einen auf- me und Sträucher wurden teilweise durch gelockerten Bewuchs (von Kraut-, Strauch- Anpflanzungen erreicht, allerdings fehlt und Baumschicht) bewirkt und ein weitrei- auch dort die vielfältige Strukturierung (z. chendes Lückensystem bietet, das eine B. Weinzödl). ideale Versteckmöglichkeit für Amphibien Die durch die relativ niedrigen Däm- und Reptilien darstellt. Ist kein geeignetes me zur Verfügung gestellten Überwinter- Hinterland vorhanden, liegen auch die Ei- ungsquartiere und Eiablageplätze für Rep- ablageplätze und Winterquartiere in diesem tilien sind unsicher, da der gebotene hoch- Lückensystem. Die in das Wasser ragen- wassersichere Bereich zu klein ist. den Felsen und Steine lassen kleinräumige Eine Ausnahme stellt der Staubereich Stillwasserzonen entstehen. Diese können des Kraftwerks G ralla am linken Murufer von R. kl. esculenta IR. lessonae als Auf- dar. Die Vegetation bewirkt hier eine rei- enthaltsort und von N. tessellata als Jagd- chere Strukturierung der Uferböschung, gebiet genutzt werden. während Holzstöße und Laubhaufen Ver- Derartig gestaltete Bereiche sind aus- steckmöglichkeiten und Eiablageplätze bie- nahmslos unterhalb aller Kraftwerke des ten. Hier wurde N. natrix in hoher Dichte Untersuchungsgebietes zu finden und wei- und vereinzelt E. longissima sowie R. kl. sen alle (außer Gabersdorf) Vorkommen esculenta / R. lessonae gefunden. von N. tessellata auf. Offensichtlich stel- Aufgrund der Beschaffenheit der len sie für diese Art einen geeigneten Le- Staubereiche sind hier nur minder speziali- bensraum dar. Da die Mur hier als Am- sierte Lurch- und Kriechtierarten und diese phibienlaichgewässer nicht geeignet ist, nur vereinzelt anzutreffen. Während in sind Lurche nur dort zu finden, wo das manchen Staubereichen die Lurche und Hinterland die benötigten Kleingewässer Kriechtiere völlig fehlen, sind sie in sol- bietet. chen, die am Rand von Auwäldern liegen, etwas häufiger. Hier bietet das Hinterland Freizeit- und Erholungsaktivitäten die benötigten Laichgewässer, Eiablage- plätze und Winterquartiere. Prinzipiell schließen Besucherstrom Bereiche unterhalb der und Amphibien- und Reptilienvorkommen Kraftwerke: Die Böschungen der einander nicht aus, sofern ausgedehnte stö- ersten ca. 100 m unterhalb der Staustufen rungsfreie Zonen in diesen Gebieten er- stellen als durchgehend betonierte Zonen halten bleiben. Besonderer Schutz gebührt keinen geeigneten Lebensraum für Lurche hier Gewässersäumen und Uferböschun- und Kriechtiere dar. Hieran schließt sich gen, die eine Breite von zumindest 10-20 regelmäßig ein Bereich von 200-500 m m aufweisen. Am Wildoner Badesee bei- Länge, der als "Überleitung" zum strom- spielsweise dient ein Teil der Uferzone als abwärts folgenden, dicht bewachsenen Refugium für Tiere und Pflanzen. Es kom- Murufer zu betrachten und aufgrund seiner men hier mehrere Amphibien- und Reptili- Beschaffenheit für einige Amphibien- und enarten vor, und eine Ausweitung dieser Reptilienarten als Lebensraum geeignet ist. Bereiche auf das Hinterland wäre dringend Ein wesentlicher Faktor für diese erforderlich. Eignung ist die Breite der Böschung, die Die streckenweise auf der Damm- im Untersuchungsgebiet immer mindestens krone der Murböschungen geführten Rad- 10-15 m beträgt. Oft weisen die Regel- wege stellen vor allem bei fehlendem na- 56©Österreichische Gesellschaft fürP. HerpetologieZIMMERMAN e.V.,N &Wien, W. Austria,KAMME downloadL unter www.biologiezentrum.at turnahen Hinterland und geringer Bö- - Vogau), bzw. durchschneiden Auwald- schungsbreite einen wesentlichen Störfak- reste, in denen Gewässer erhalten geblie- tor fur die vorkommenden Lurche und ben sind (z. B. Vogau). In diesen Berei- Kriechtiere dar. Mancherorts sind gerade chen bedeutet der Straßentod für die zu hier die einzigen potentiellen Sonnplätze den Laichgewässern und Überwinterungs- für Reptilien zu finden. gebieten wandernden Amphibien einen we- sentlichen Beitrag zum Rückgang der Po- Straßenverkehr pulationsdichten. Durch ausreichend dimensionierte Im Untersuchungsgebiet verlaufen Krötenschutzzäune, -tunnel und -durch- stark frequentierte Straßen vielerorts längs lasse könnte jedoch an den meisten Stra- des Außenrandes des verbliebenen Au- ßenabschnitten sehr rasch Abhilfe geschaf- waldgürtels (z. B. Landscha - Ehrenhausen fen werden.

HERPETOLOGISCHE GESAMTBEURTEILUNG

Im Einflußbereich der Mur zwischen beutetiere (Amphibien, bzw. Jungfische) Graz und Spielfeld-konnten alle im Unter- einen limitierenden Faktor dar. Da N. tes- suchungsgebiet zu erwartenden 14 Amphi- sellata Fließgewässer als Lebensraum be- bien- und acht Reptilienarten nachgewiesen vorzugt, ergibt sich für diese Art eine werden. Vier Arten - T. alpestris, S. sala- starke Abhängigkeit vom Zustand der Mur mandra, L. viridis und P. muralis - stellen und ihrer Uferzonen. Verbreitungsschwer- zwar keine typischen Auwaldbewohner punkte liegen an den Uferböschungen der dar, treten jedoch in Kontaktzonen von Mur zwischen Wildon und Spielfeld sowie Auengebieten mit dem angrenzenden Hü- an den Unterläufen und Mündungsberei- gelland auf. chen von Kainach, Sulm und Gamlitzbach. Zwei Amphibienarten, B. viridis und Im Raum Graz - Wildon kann die Art als P. fuscus, erwiesen sich im Gebiet als akut vom Aussterben bedroht angesehen wer- vom Aussterben bedroht. Als stark gefähr- den. Weite Teile des Murtales gingen als det sind T. carnifex, H. arborea und R. ri- Lebensraum für N. tessellata verloren, was dibunda anzusehen. Die Populationen von vor allem auf Bereiche mit dichtwüchsi- R. arvalis wolterstorffi erreichen nur in gem, kaum strukturierten Auwaldgürtel größeren Auwaldgebieten mit wechsel- sowie auf die Staubereiche oberhalb der feuchten Böden und intakten Kleingewäs- Murkraftwerke zutrifft. Als wesentlichste sern große Dichten wie beispielsweise in Faktoren sind bei letzteren die monotone den nördlichen "Gralla-Auen" und den Gestaltung der Uferdämme in bezug auf "Kühauen". Vegetation und Uferlinienführung sowie Das Vorkommen von Reptilien er- eine zu geringe Dimensionierung des ver- wies sich als stark abhängig vom Zustand bliebenen Lebensraumes anzusehen. Auch der Auwaldränder und Waldbinnensäume. die schlechte Wasserqualität einzelner Essentielle Bedeutung kommt einer klein- Fließstrecken (v. a. in Graz und südlich räumigen Strukturierung der Lebensräume davon) trägt zum Rückgang dieser Art bei. zu. Bereiche mit lückiger Baum- und Die bedeutendsten Rückzugsgebiete von N. Strauchschicht ermöglichen ausreichend tessellata an der Mur befinden sich etwa Sonneneinstrahlung auf den Boden, wäh- 100 - 500 m flußabwärts der jeweiligen rend sie gleichzeitig den Deckungsansprü- Murkraftwerke. chen der Reptilien genügen. Der durch Als besonders artenreich und schutz- Waldränder entstehende Grenzlinieneffekt würdig erwiesen sich die "Gralla-Auen" bewirkt eine erhöhte Artenvielfalt an Tie- und die "Kühauen". Hier sind größere Au- ren und Pflanzen. waldgebiete mit unterschiedlich struktu- Für N. natrix und N. tessellata stel- rierten Kleingewässern erhalten geblieben. len niedrige Populationsdichte ihrer Haupt- Allerdings zeigen sich auch hier negative ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at Bestandserhebung der Herpetofauna des unteren Murtals 57

Auswirkungen anthropogener Eingriffe. Für die meisten dieser Faktoren las- Als sehr wertvoll sind auch kleinere sen sich kurz- und mittelfristige Lösungs- Feuchtgebiete, wie das " Vogelhegegebiet ansätze zur Verbesserung finden. Als vor- Mellach" und Auwaldreste bei Vogau an- rangig wäre hierfür die Umsetzung folgen- zusehen. In Diesen finden selbst gefährdete der Maßnahmen zu erachten: Arten wie T. carnifex einen Refugialraum. * Stabilisierung bzw. Anhebung des Das aus herpetologischer Sicht am Grundwasserspiegels, stärksten beeinträchtigte Auwaldgebiet be- * Einhaltung größerer Abstände zu findet sich im Abschnitt Thondorf - Fer- Fließgewässern bei Hochwasserschutzein- nitz, das großteils keine Lebensgrundlagen richtungen, für Lurche und Kriechtiere mehr bietet. * Vermeidung, bzw. Umgestaltung Eine gesonderte Situation ergibt sich von monotonen Regelprofilen, im Stadtgebiet von Graz. Hier stellen die * Erhaltung und Entwicklung tem- Murböschungen die wesentlichste Aus- porärer Überschwemmungszonen, breitungslinie für Lurche und Kriechtiere * vielseitige Strukturierung der Ufer- innerhalb des Stadtgebietes dar. Diese linien an Dämmen, Uferbereiche werden von 4 Reptilienarten * Vermeidung monoton aufgebauter als Lebensraum genutzt, zusätzlich besit- Vegetationsschichten an Uferböschungen zen sie Trittsteinfunktion zur Besiedelung und -dämmen, anderer potentieller Lebensräume im Stadt- * Pufferzonen zwischen landwirt- gebiet. Für N. tessellata bedeuten sie die schaftlich intensiv genutzten Flächen und einzig mögliche Verbindung der nördli- Feuchtgebieten, bzw. Gewässern, chen Populationen (zwischen Brück a. d. * Vermeidung der Einleitung nicht Mur und Graz) und dem Hauptverbrei- oder unzureichend geklärter Abwässer in tungsgebiet im Süden von Graz. Fließgewässer, Eine Gefährdung der im Untersu- * Erhalt und Entwicklung abwechs- chungsgebiet vorkommenden Lurche und lungsreich gestalteter Waldränder und Kriechtiere ergibt sich durch eine Vielzahl Waldbinnensäume, von Faktoren: Flächenverlust durch Zer- * Vermeidung von Aufforstung mit siedelung und Bodennutzung, Gewässerre- standortfremden Gehölzen im Aubereich, gulierung und -Verschmutzung, Kraftwerk- * Errichtung von "Krötenschutzan- bau, Absenken des Grundwasserspiegels, lagen" an stark frequentierten Straßen, land- und forstwirtschaftliche Maßnahmen, * Erhalt störungsfreier Zonen in fischereiliche Nutzung von Auengewäs- durch Freizeit- und Erholungsaktivitäten sern, Straßenverkehr sowie Freizeit- und intensiv genutzten Gebieten (besonders an Erholungsaktivitäten. Gewässerufern).

DANKSAGUNGEN Wir danken der Steirischen Wasserkraft- und wissenschaftliche Betreuung dieser Arbeit. Für wert- Elektrizitäts AG (STEWEAG) fiir die finanzielle Un- volle Hinweise danken wir den Kollegen vom Insti- terstützung dieses Projekts. Weiters gilt unser Dank tut fiir Zoologie, insbesonders Mag. Dr. Christoph Herrn a. o. Prof. Dr. G. FACHBACH (Abteilung FRIEDRICH, Mag. Werner HOLZINGER, Mag. für Entwicklungsbiologie und Histologie, Institut für Dr. Christian KROPF, Stefanie PACYNA, Richard Zoologie, Karl-Franzens-Universität Graz) fiir die TRAMPUSCH.

LITERATUR BLAB, J. (1993): Grundlagen des Biotop- (Odonata, Amphibia, Reptilia, Aves).- Mitt. Abt. schutzes fiir Tiere: Ein Leitfaden zum praktischen Zool. Landesmus. Joanneum, Graz; 46: 1-16. Schutz der Lebensräume unserer Tiere; Bonn - Bad FACHBACH, G. (1981): Rote Liste der in Godesberg (Kilda); 6. Aufl.; 479 pp. der Steiermark gefährdeten Kriechtiere (Reptilia); In: BRAUN-BLANQUET, J. (1964): Pflanzenso- GEPP, J. (Hrsg.): Rote Listen gefährdeter Tiere der ziologie; Grundzüge der Vegetationskunde; Wien, Steiermark; Graz (Verlag des österreichischen Natur- New York (Springer); 865 pp. schutzbundes); pp. 49-50. BRUNNER, H & HOLZINGER, W. E. FRIEDRICH, C. & WINDER, O. (1993): (1992): Aus der Fauna des "Vogelhegegebietes Mel- Lebensraum Grazer Murböschungen: Zoologisch- lach": Libellen, Lurche, Kriechtiere und Vögel botanische Untersuchungen einschließlich Planungs- ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

58 P. ZIMMERMANN & W. KAMM EL vorschlage.- Schriftenreihe zur Wasserwirtschaft, Amphibia, Reptilia); Projektbericht; Graz; 19 pp. Technische Universität Graz; 122 pp. LANKA, V. (1975): Variabilität und Biologie HAIDACHER, S. & PAILL, W. (1990): Die der Würfelnatter (Natrix tessellata).- Acte Univ. Ca- Knoblauchkröte, Pelobates f. Juscus (LAUREANTI, rolinae - Biologica, Praha; 1975-1976: 167-207. 1768) (Anura: Pelobatidae), in der Steiermark (Oster- PAILL, W. (1992): Die Herpetofauna der reich). Eine Verbreitungs- und Lebensraumstudie.- Sulmauen (Amphibia, Reptilia).- Mitt. Abt. Zool. Herpetozoa, Wien; 3 (1/2): 3-11. Landesmus. Joanneum, Graz; 46: 53-62. HOLZINGER, W. E. (1991): Faunistische REISINGER, E. (1972): Veränderungen in und floristische Bestandsaufnahmen in den Mur-, der Tierwelt im Grazer Raum innerhalb der letzten Sulm- und Laßnitzauen mit besonderer Berücksich- 60 Jahre.- Mitt. Abt. Zool. Landesmus. Joanneum, tigung gefährdeter Arten (Spermatophyta, Odonata, Graz; 1 (1): 5-27.

EINGANGSDATUM: 25. März 1994

AUTOREN: Petra ZIMMERMANN & Mag. Werner KAMMEL, Abteilung für Entwicklungsbiologie und Histologie, Institut für Zoologie, Karl-Franzens-Universität Graz, Universitätsplatz 2, A-8010 Graz, Öster- reich.