Einsichten Und Perspektiven
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Bayerische Landeszentrale 4 | 11 für politische Bildungsarbeit Einsichten und Perspektiven Bayerische Zeitschrift für Politik und Geschichte Bürgerengagement oder politischer Aktivismus? Wie steht es mit der Integration? Das Bindestrich-Land Nordrhein-Westfalen NS-Gedenkstätten in Frankreich Bayerisch-israelische Absichtserklärung zur Bildungskooperation Neue Publikationen Jahresausblick 2012 Einsichten und Perspektiven Autoren dieses HeftesImpressum Dr. Christian Babka von Gostomski, Afra Gieloff, Martin Kohls, Dr. Harald Lederer und Einsichten Stefan Rühl sind Mitarbeiter der Gruppe 22 „Grundsatzfragen der Migration, Migrationsfor- und Perspektiven schung, Ausländerzentralregister, Statistik“ im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg. Verantwortlich: Eva Feldmann-Wojtachnia ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsgruppe Jugend und Monika Franz, Europa am Centrum für angewandte Politikforschung der Ludwig-Maximilians-Universität Praterinsel 2, München. 80538 München Dr. Manuela Glaab ist Akademische Oberrätin am Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissen- schaft der Ludwig-Maximilians-Universität München und Leiterin der Forschungsgruppe Deutsch- Redaktion: land am Centrum für angewandte Politikforschung. Monika Franz, Stephan Hildensperger und Christoph Huber sind Mitarbeiter der Landeszentrale für politische Dr. Christof Hangkofer, Bildungsarbeit. Christoph Huber, Dr. Guido Hitze ist Historiker mit den Schwerpunkten Landes- und Parteiengeschichte (Nord- Werner Karg rhein-Westfalen, Schlesien, politischer Katholizismus, CDU) und Referatsleiter („Gedenkstätten und Erinnerungskultur“) in der Landeszentrale für politische Bildung des Landes Nordrhein- Westfalen. Gestaltung: Werner Karg leitet das Veranstaltungsreferat in der Landeszentrale für politische griesbeckdesign Bildungsarbeit. www.griesbeckdesign.de Veranstaltungshinweis Druck: creo Druck & Die Weiße Rose im Gedächtnis Münchens Medienservice GmbH, Wandel und Kontinuitäten Gutenbergstraße 1, 96050 Bamberg Montag, 12. Dezember 2011, 19.00 Uhr Literaturhaus München, Salvatorplatz 1, 4. Stock, Saal Titelbild: Globalisierungs- kritische Aktivisten beim Vortrag: Dr. Andreas Heusler, Historiker am Stadtarchiv München G8-Treffen in Heiligendamm Podiumsgäste: Dr. Ludwig Spaenle, Bayerischer Staatsminister für Unterricht und Kultus im Juni 2007 Prof. Dr. Margit Szöllosi-Janze, Lehrstuhl für Neueste Geschichte und Quelle: ullstein bild Zeitgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München Markus Schmorell, Familienangehöriger von Alexander Schmorell Die Landeszentrale konnte die Ur- heberrechte nicht bei allen Bildern Dr. Hans-Jochen Vogel, Altoberbürgermeister dieser Ausgabe ermitteln. Sie ist aber Moderation: Amelie Fried, Publizistin bereit, glaubhaft gemachte Ansprüche nachträglich zu honorieren. Die Erinnerung an die Weiße Rose ist in München seit der ersten Gedenkfeier am 4. November 1945 nicht verloschen, wenngleich im historischen Stadtgedächtnis unterschiedlich präsent. Bereits 1946 widmete die Ludwig-Maximilians-Universität den Opfern des studentischen Widerstands eine Gedenktafel, später folgten weitere Denkmäler in der Stadt sowie die Benennung von Straßen, Plätzen oder Schulen nach einzelnen Personen der Weißen Rose. Die Veranstaltung will mit Einfüh- rungsvortrag und Podiumsdiskussion eine prüfende Bestandsaufnahme vergangener und aktueller Formen dieses Erinnerns wagen. Sie will überdies beispielhaft aufzeigen, dass Erinnerungskultur kein statisches Phänomen ist, sondern einer permanenten Veränderung unterliegt. Jede Generation hat ihre Art und Weise, wie sie Vergangenes vergegenwärtigt, bewertet und Schlüsse für das jewei- lige Hier und Jetzt zieht. Erinnerungskultur ist somit immer auch eine Aussage über die Gegenwart des Gemeinwesens. Veranstalter: Weiße Rose Stiftung e.V. und Stiftung Literaturhaus. Mit freundlicher Unterstützung der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. Eintritt: Euro 9,-/7,- 230 Einsichten und Perspektiven 4 | 11 Einsichten und Perspektiven Inhalt Eva Feldmann-Wojtachnia und Manuela Glaab 232 Bürgerengagement oder politischer Aktivismus? Zum Wandel der politischen Partizipation in Deutsch- land Christian Babka von Gostomski, Afra Gieloff, Martin Kohls, Harald Lederer, Stefan Rühl 246 Wie steht es mit der Integration? Personen mit Migrationshintergrund in Bayern Guido Hitze 260 „Es ist furchtbar, aber es geht!“ Das Bindestrich-Land Nordrhein-Westfalen: Bemerkungen zu Geschichte, politischer Kultur und Identität Christoph Huber 276 Mauern und Namen NS-Gedenkstätten in Frankreich Stephan Hildensperger 284 zeit.raum@bayern Der Heimat ein Gesicht geben Werner Karg 288 Bayerisch-israelische Absichtserklärung zur Bildungskooperation 292 Neue Publikationen der Landeszentrale 294 Jahresausblick 2012 Einsichten und Perspektiven 4 | 11 231 Bürgerengagement oder politischer Aktivismus? Zum Wandel der politischen Partizipation in Deutschland Bürgerengagement oder politischer Aktivismus? Zum Wandel der politischen Partizipation in Deutschland Von Eva Feldmann-Wojtachnia und Manuela Glaab Proteste beim Abriss des Nordflügels des Stuttgarter Hauptbahnhofs im August 2010 Quelle: Alle Fotos im Artikel von ullstein 232 Einsichten und Perspektiven 4 | 11 Bürgerengagement oder politischer Aktivismus? Zum Wandel der politischen Partizipation in Deutschland Demnächst könnte „Stuttgart 21“ im Duden als Fachbegriff nachzuschlagen sein: als selbstregulierte, direkte politische Artikulationsform unterschiedlichster Bevölke- rungsgruppen. Geeint werden die Teilnehmer an den Protestaktionen durch das Ziel, ihre Unzufriedenheit mit der Intransparenz und mangelnden Glaubwürdigkeit der Entscheidungsprozesse zum Verkehrs- und Städtebauprojekt auszudrücken und diese möglichst zu korrigieren. Handelt es sich bei einer solchen Mobilisierung auf der Straße um eine neue Qualität des politischen Aktivismus, welche die Frage nach einer Erneuerung der repräsentativen Demokratie durch direkte Partizipationsformen auf den Plan ruft? Oder verstärkt diese Form des konfrontativen Protests die Kluft zwischen Bürgern und Politik, zwingt letztere aber zu handeln? Politischer Aktivismus ist mitnichten ein neues Phänomen sierte Beteiligungsformen, die zwischen Aktionen im Netz und kennt die vielfältigsten Ausdrucksformen. Seit der und an realen Orten switchen. Auch sind die Grenzen zwi- Begriff in den zwanziger Jahren geprägt wurde, haben sich schen Generationen oder sozialen Gruppen ganz offenkun- zahlreiche Varianten von Aktionsformen, beispielweise De- dig durchlässiger geworden. monstrationen, Boykottaktionen, Mahnwachen oder Un- Aber es gibt auch Initiativen seitens der Politik, die terschriftensammlungen, entwickelt. Gegenwärtig scheint eine Verbesserung des gesellschaftlichen Zusammenhalts der politische Aktivismus jedoch eine neue Qualität zu und die aktive Mitwirkung an der Politik zum Ziel haben. gewinnen. Es lässt sich beobachten, wie die Politik in Zeiten So rief Bundespräsident Christian Wulff mit der Schaffung der globalen Finanzkrise auf eine Vermittlungskrise zusteu- des BürgerForum 2011 (www.bund.buergerforum2011.de) ert, die angesichts der niederschwelligen Vernetzungsmög- die Bürgerinnen und Bürger dazu auf, in Eigenregie in loka- lichkeiten von alarmierten Bürgerinnen und Bürgern eine len BürgerForen zu diskutieren, wie der gesellschaftliche Tiefendimension mit unüberschaubaren, schwer steuerba- Zusammenhalt in Deutschland verbessert werden kann. ren Konsequenzen erlangt. Neu an der aktuellen Protest- Ziel dieser online-basierten Konsultationsofferte ist es, bewegung sind jedoch nicht die Aktionsformen an sich, Menschen mit ihren eigenen Themen am politischen Wil- sondern ihre Intensität und das Tempo, die durch die Inter- lensbildungsprozess zu beteiligen und für politisches Enga- netvernetzung erreicht werden. Deutlich sichtbarer und gement zu motivieren. Noch ist es jedoch zu früh einzu- direkter sind auch die politischen Konsequenzen, die sogar schätzen, was aus einer solchen Konsultation längerfristig so weit reichen können, dass sie wie im „Fall Guttenberg“ resultiert. Wenngleich im Ergebnis ein bundesweites Bür- einen Spitzenpolitiker zum Rückzug zwingen oder eine gerprogramm mit konkreten Vorschlägen für Politik und Kehrtwende in der Energiepolitik mit herbeiführen. Die Gesellschaft entwickelt wurde, so stellt sich die Frage, ob sogenannten „Wutbürger“ (Wort des Jahres 2010) und und welche politischen Konsequenzen letztlich gezogen „Occupy“-Aktivisten bevorzugen flexible, nicht formali- werden. Einsichten und Perspektiven 4 | 11 233 Bürgerengagement oder politischer Aktivismus? Zum Wandel der politischen Partizipation in Deutschland „Flashmob“-Aktion zum 60-jährigen Jubiläum des Grundgesetzes im Mai 2009 in Berlin Politische Partizipation und Demokratie maximiert werden soll. Enthalten sich relevante Teile der Bevölkerung, so wird dies als Zeichen mangelnder System- Für das Funktionieren der Demokratie ist politische unterstützung und einer möglichen Gefährdung der Sys- Partizipation, verstanden als Handlungen, „die Bürger temstabilität gewertet. Neue, unkonventionelle Formen des freiwillig mit dem Ziel unternehmen, Entscheidungen politischen Aktivismus wie „Flashmob“ oder „YES MAN“ auf den verschiedensten Ebenen des politischen Systems könnten hier als kreativer Inputgeber für politische Ent- zu beeinflussen“,1 unverzichtbar. Dies äußert sich in scheidungsprozesse betrachtet werden.3 In der Perspektive unterschiedlichsten Formen aktiver Bürgerbeteiligung. output-orientierter Demokratietheorien kommt es