HatJahresbericht 2017 tradition im Fussball noch Zukunft? Der Schweizer Fussball im Zeichen der Veränderung

DER PRÄSIDENT SPRICHT Liebe Leserinnen und Leser

Zuerst einmal freut es mich, dass ich hier zum und nicht auf Plastik gespielt wird. Es ist also ersten Mal in meiner Funktion als Präsident von schwierig, es allen recht zu machen. Fanarbeit Schweiz einige Zeilen an Sie richten kann. Gewählt letzten September bin ich im- Eine Tradition, welche in meinen Augen un- mer noch in der Phase des Einarbeitens. Trotz bedingt hochgehalten und weitergeführt werden meiner früheren Tätigkeit im Vorstand des soll, ist der Respekt vor einander. Trotz aller FC Luzern und vor allem auch im Vorstand der Rivalitäten unter Clubs und Fangruppierungen Fanarbeit Luzern, ist weiterhin Vieles neu für sollte der Respekt vor allen Involvierten nie Mike Hauser, mich – aber sehr spannend. verloren gehen. Damit meine ich die Polizei, Präsident Fanarbeit fremdes Eigentum, aber auch mein Gegenüber Schweiz So beispielsweise auch das Thema der Tra- bei der Eingangskontrolle. Schaffen wir das, dition. Hat Tradition noch Zukunft? Eine Frage, dann bin ich überzeugt, dass auch die Tradition die nicht nur im Fussball bewegt, sondern der Fankultur aufrecht erhalten werden kann auch in ganz anderen Teilen des Lebens. und auch ihre verdiente Beachtung fi ndet. Ich Schaut man sich die unaufhaltsame Beliebtheit bin aber überzeugt, dass es ohne den eigent- des Schwingsports an, kommt man unweiger- lich normalen Respekt nicht funktionieren lich zum Schluss, dass Tradition noch Zu- wird: weil dann die Öffentlichkeit unweigerlich kunft hat. Aber auch hier werden die Arenen die Tradition einschränken bzw. beenden immer grösser und gigantischer. Also geht es will. In diesem Sinne freue ich mich, auch in Zu- schlussendlich auch hier um das liebe Geld. kunft allen Involvierten traditionsgemäss mit Geld und Tradition – ein ungleiches Paar? Tra- Respekt zu begegnen und hoffe, damit einen ditionen, so ist man versucht zu denken, Beitrag zur Erhaltung von Traditionen leisten führen vielfach zu Schwerfälligkeit und somit zu können. auch unweigerlich zu Mindereinnahmen. Nehmen wir das Beispiel des Cupfi nals im Fuss- Mike Hauser ball. Traditionsgemäss fi ndet dieser in den vielen europäischen Ländern in der Hauptstadt statt. In der Schweiz ist das in diesem Jahr auch wieder der Fall, was aber wiederum der Tradition widerspricht, dass Fussball auf Rasen

3 Inhalts- verzeichnis

Seitenzahl 5 Früher war alles besser!

6 Edelweisshemd und Kiss Cams

9 Stadien und ihre Namen 10 Von Pärken und Arenen 12 Fussballstadien in der Schweiz 14 Mit kommerziellen Stadionnamen schreckt man viele Leute ab

15 Investoren und Mäzene im Schweizer Fussball 16 Der mühselige Weg zurück 17 Neues Geld, neues Glück? 20 Ein Sport-Logo für Business-Zwecke zu ändern, das geht gar nicht!»

23 Die Schweizer Liga und ihre Anforderungen 24 Die Krux mit den Aufl agen 25 In der Challenge League sind die Auswüchse der Kommerzialisierung noch überschaubar 27 Der gesamte Mix macht den Schweizer Fussball attraktiv

30 Fussball: ein Sport zwischen Tradition und Moderne

33 Die Bedeutung des Cupfi nals 34 Dr Cupfi nal ghört ins Wankdorf 35 Die Finalspielorte in Europa 36 Wir fühlen uns wieder willkommen 38 Der Fussballverband hat richtig entschieden

39 Fazit und Haltung von Fanarbeit Schweiz

40 Jahresrückblick

42 Impressum

4 � Früher war alles besser�!

Christian Wandeler

Wir kennen diesen Ausspruch. Die Einhaltung vor den Kopf. Wie kann man sich nur gegen der Verkehrsregeln, steigende Kaffeepreise, ein neues Stadion engagieren, wenn das Partylärm in der Nachbarschaft, aber auch der Alte die Anforderungen längst nicht mehr er- moderne Fussball werden zur Zielscheibe füllt? Man kann. Man kann für das Traditio- von Unzufriedenheiten in der neuen Zeit. Das nelle einstehen und sich damit gegen die Alte erscheint uns oft in einem sehr positiven Mechanismen des kommerziellen Fussballs Licht – wogegen neuen Erscheinungen und aufl ehnen. Zu beantworten gilt es dann noch Situationen eher der Makel des Schlechten an- die Fragen, welche Tradition alt genug ist, hängt. Wir schwelgen gerne in Erinnerungen um sie zu verteidigen, oder welche moderne und hüten liebgewonnene Aktivitäten, Gegen- Errungenschaften man im Nachhinein doch stände und Sitten. als ziemlich sinnvoll einstuft.

Selten haben Traditionen und Rituale eine solch Mit unserem Jahresbericht wollen wir die hohe Bedeutung wie im Sport. Über Jahrzehnte Diskussion rund um Traditionen im Sport und gepfl egte Bräuche, Erscheinungsbilder und im Fussball aufnehmen und beleuchten. Orte vermitteln vielen Sportfans ein Gefühl von Wir werden anhand von verschiedenen Bei- Zugehörigkeit, Geborgenheit und Sicherheit. spielen Haltungen zu diesem Thema heraus- arbeiten und Erkenntnisse von Seiten der Aber auch die Sportwelt ist nicht gefeit davor, Fanarbeit festhalten. in unserer schnelllebigen Zeit genau diese Geborgenheitsinseln zu verlieren. Im Gegen- Viel Spass beim Lesen! teil: Die Welt des Sports und insbesondere der Fussball und sein Umfeld verändern sich laufend – und das in einem horrenden Tempo. Die fortschreitende Kommerzialisierung diktiert Anspielzeiten, Aufl agen für Stadien oder sogar den Liga-Modus.

In der Wahrnehmung vieler Fans bleiben dabei der Fussball und seine Traditionen auf der Strecke. Diese Fans setzen sich immer wieder für den Erhalt von Traditionen ein. Mit ihrem Aufbegehren, das zugegebenermassen nicht immer ganz regelkonform ist, stossen sie wiederum Vereine, Liga und andere Beteiligte 5 Edelweiss- hemd und Kiss Cams

Christian Wandeler

Traditionen und ihre Pfl ege und Ausübung Teile des Publikums an grossen Schwingfesten sind in Mode. Traditionelle Veranstaltungen ist mittlerweile das Party- und Rahmenpro- wie Schwing- und Jodlerfeste erfreuen sich gramm und die klischierte Swissness wich- einer noch nie dagewesenen Beliebtheit und tiger als der Kampf um Kränze und Munis im Anlässe wie die Basler Fasnacht werden als Sägemehl. Dass das in den letzten Jahren kulturelle Highlights eingestuft. Auch in der mehrheitsfähig gewordene Edelweiss-Design politischen Agenda werden Bezüge zu eine Erfi ndung aus den 1960/70er-Jahren ist, (schweizerischen) Traditionen wichtiger und bestätigt diese Einschätzung zusätzlich. sprechen viele Bürgerinnen und Bürger an. Vordergründig könnte man meinen, dass wir Die Swissness funktioniert, gefällt – und in einem riesigen Ballenberg Museum vor allem rentiert sie. Die Kommerzialisierung wohnen oder uns zumindest diese heile Gott- der (vermeintlich) traditionellen Anlässe zieht fried Keller-Stimmung zurückwünschen. die grossen GeldgeberInnen an und mit Back to the roots – zurück zu den Wurzeln. ihnen eine Marketingmaschinerie, die sowohl an Openairs wie auch an Sport- und Kultur- Nimmt man diese Rückkehr zu unseren Wurzeln anlässen ihre Produkte platzieren. Befürwort- genauer unter die Lupe, bekommt die Fassade erInnen dieser Entwicklung sehen in dieser aber erste Risse. Entweder beziehen sich neuen Lust auf (zeitgemässes) Brauchtum die diese Traditionen nur auf vermeintlich alte Rettung von Traditionen. Mit der kommerzi- Bräuche oder sie werden mehrheitstauglich ellen Ausrichtung und Vermarktung werden ausgerichtet und vermarktet, was insbesondere verschiedene Anlässe neubelebt und einer bei den eingangs erwähnten Volksfesten zu grossen Zuschauermasse zugänglich gemacht. beobachten ist. Somit geht auch der Bezug zu den ursprünglichen Ideen und Traditionen Sportanlässe und hierzulande vor allem Fuss- verloren. ballanlässe bieten sich natürlich hervorragend an, um kommerziell ausgerichtet zu werden. In Mit kommerziellen Jodlerfesten wie 2008 in Luzern stösst man die ursprünglichen Jodle- rinnen und Jodler vor den Kopf und für 6 der Wahrnehmung von vielen Menschen ver- schwindet immer mehr aus dem Spielplan der strömt der Besuch eines Fussballspiels noch Swiss Football League und wird durch immer den Geschmack von Bratwurst und Bier, familienfreundliche Anspielzeiten am Sonntag- von einem Gefühl, das man in der Kindheit nachmittag ersetzt. Die Anforderungen an mit seinem Vater oder Götti beim ersten Sta- das Produkt Fussball fordert die Verantwortli- dionbesuch erlebte. Mit diesen positiv kon- chen immer mehr heraus. Wachsende Ansprü- notierten Bildern verkaufen die Verantwortlichen che von aussen, fi nanzieller Druck und ge- der Vereine und der Stadien ihr Produkt. sellschaftliche Themen treiben die Vereine und Ja, Fussball ist mittlerweile ein Produkt – ein die StadionbetreiberInnen weiter in die Kom- Produkt, das an den Mann und zunehmend merzspirale. Die neuen Entwicklungen rund auch an die Frau gebracht werden muss. Aus um die Fussballspiele als Tradition zu verkaufen, den klassischen Fussballvereinen der Bel fällt mittlerweile auch den gewieftesten Etage sind mittelgrosse Unternehmen entstan- MarketingexpertInnen schwer. Man beruft sich den. Die zehn Clubs der Super League stellen vermehrt auf das Erlebnis und den Event über 3000 Arbeitsplätze zur Verfügung und zeigt auf, dass ein Fussballspiel vielmehr und erwirtschaften eine Bruttowertschöpfung biete als 90 Minuten Fussball und dass das An- von über 453 Millionen Schweizer Franken. gebot rund um das Spiel genauso verlockend sei. Die Vereine mutieren zu regional wichtigen Wirtschaftsgrössen. Dass diese Betriebe nicht Mit dieser Entwicklung weg von altherge- mehr mit ursprünglichen Vermarktungsstrategi- brachten Traditionen hin zu einem wirtschaftlich en aufrechtzuerhalten sind, liegt auf der orientierten Unternehmen, stossen die Fuss- Hand. Die Vereine und die Liga sind entspre- ballverantwortlichen einen nicht unerheblichen chend interessiert, ihr Produkt einem möglichst Teil ihrer KundInnen vor den Kopf. Diese be- heterogenen und zahlungskräftigen Publikum zeichnen sich in den meisten Schweizer Kurven zugänglich zu machen. Diese heterogene als aktive Fanszenen und setzen sich schon Durchmischung in den Stadien, die wir heute er- lange für den Erhalt von Traditionen und gegen leben, kann durchaus mit dieser kommerziellen eine Kommerzialisierung im Fussball ein. Entwicklung in Verbindung gebracht werden. Und sie wollen eigentlich gar keine Kundinnen und Kunden sein. Bereits 1999 verfassten die Die Vermarktung des Spiels hat in den letzten AS Roma Ultras ein Manifest, das sich gegen Jahren kontinuierlich zugenommen. Pausen- den modernen Fussball und gegen die Kom- spiele und akustische Eckballwerbung sind mitt- merzialisierung des Fussballs aussprach. Mit lerweile genauso Alltag wie VIP-Logen und dem Siegeszug der Ultrakultur fand auch das fl ächendeckende Bandenwerbungen. Man Manifest Einzug in die Schweizer Stadien. könnte etwas ketzerisch anmerken, dass eine Die Haltungen und Aktivitäten der neuentstan- neue Tradition von Marketingumsetzungen an denen Gruppierungen und Szenen bezogen Fussballspielen entsteht. sich auf die italienischen Vorbilder und das römische Manifest. Die Vereine waren auf ein- Die Entwicklung geht aber weiter und macht mal mit einer kritischen Masse konfrontiert, nicht Halt beim Spieltag. Um die zahlungs- die sich zwar fanatisch mit dem Team, dem kräftigen Firmen und SponsorInnen anzulocken, Verein und der Stadt identifi ziert, jedoch auch muss ein attraktives Umfeld geschaffen genau so grossen Wert auf ihre Fankultur werden. So haben neue, multifunktionale legt und sich vehement für diese einsetzt. Noch Arenen, in denen es primär Sitzplätze gibt und heute sind Teile dieses Manifests in vielen die dem gestiegenen Anspruch vieler Zu- Szenen meinungsbildend und prägen ihre ei- schauenden entsprechende sanitäre Anlagen genen Haltungen. In der Schweiz setzten sich und Verpfl egungsmöglichkeiten aufweisen, viele Fankurven immer wieder für den Erhalt grösstenteils die traditionellen Stadien ersetzt. von Traditionen ein – und vermehrt auch für Für eine wetterunabhängige Planungssicherheit den Erhalt ihrer Fankultur, die sie immer wieder setzt man auf Rasenheizungen oder Kunst- durch Eingriffe von aussen gefährdet sehen. rasen. Die Anspielzeiten sind ebenfalls unter Das Ausleben einer ultraorientierten Fankultur neuen Aspekten zu planen, müssen doch wird in diesem Zusammenhang oft mit dem Überschneidungen mit stadionintegrierten Ein- kaufszentren verhindert werden oder TV- kompatible Termine geschaffen werden. Der Samstag als traditioneller Fussballtag ver- 7 traditionellen Fussballerlebnis gleichgestellt turierten Abläufe rund um die Fussballspiele oder verbunden. So wird auch heute noch der (wenn auch nur kurzzeitig) aus dem Takt Einsatz von pyrotechnischem Material durch bringen kann. die frühere (legale) Handhabung legitimiert, oder das Beharren auf Stehplätzen mit dem Argu- Die Akteure und Akteurinnen rund um Fuss- ment untermauert, dass Fussball schon immer ballspiele und andere Sportanlässe werden in im Stehen genossen wurde. Zukunft nicht drum herum kommen, gemein- same Lösungen zu fi nden. Die Anliegen der Die modernen Entwicklungen rund um Fuss- aktiven Fans müssen ernstgenommen werden ballspiele schneiden das Erlebnis der aktiven und gleichzeitig sollte eine gemeinsame Fanszenen immer mehr ein. Der ehemalige Diskussion über Haltungen und Werte aktiv ge- Freiraum Stadion ist zu einem gut überwachten führt werden. Die Vereine müssen sich fragen, Sozialraum mutiert, in dem Regeln und Re- für was sie einstehen, welche Werte sie ver- pressionen ein wildes und kreatives Ausleben treten wollen und wie sie mit den Herausforde- von Fankultur immer schwieriger machen. rungen einer kommerzialisierten (Fussball-) Fans müssen sich mit Beschallungsanlagen an- Welt umzugehen gedenken. In vielen Städten legen, die die Fangesänge mühelos übertönen. bestehen bereits Dialogplattformen, auf denen Die insbesondere nach Toren oder kurz nach sich Vertretungen der Behörden, der Vereine Abpfi ff eines siegreichen Spiels durchs Stadion und Fans auf Augenhöhe begegnen und sich hallenden Party-Techno-Hymnen lassen jeden aktiv austauschen. Über die Auswirkungen spontanen und emotionalen Jubel im Keim des modernen Fussballs wird dabei aber ersticken. Choreographien, Spruchbänder, nur selten diskutiert. Solche Gefässe sollten Fahnen und Doppelhalter müssen angemeldet aber auch dazu genutzt werden, um die Hal- oder zumindest kontrolliert werden – immer tungen und Ausrichtungen in der Kommerzia- mit der Gefahr, dass das Material letztlich nicht lisierung der Sports zu refl ektieren und einen zugelassen wird. Die Kontrolle des Fanma- gemeinsamen Weg zu fi nden. Fussball und terials mag durchaus Sinn ergeben und eine Fankultur gehören niemandem. Kein Akteur be- gewisse Regulation der visuellen Kreativität sitzt die alleinige Defi nitionshoheit über den beinhalten. Von vielen Fans wird aber dieser Umgang mit Traditionen, die Auslebung einer Eingriff als Zensur und Schikane wahrge- Fankultur oder die Haltungen dahinter. nommen. Die Sehnsucht nach einfachem und ehrlichem Fussball, in dem die Fans ihre ge- liebte Fankultur ausleben können, prallt immer massiver an der kommerziellen Entwicklung ab. Die aktiven Fans nehmen sich in diesem In- teressenskonfl ikt zunehmend als VerliererIn- nen wahr, die man im besten Fall noch für die nützliche Stimmungsmache akzeptiert. Ihre Interessen haben aber wenig bis keinen Einfl uss auf Vereins- und Ligaentscheidungen. Man wünscht sich angepasste und unkritische Fans, die eine schöne Kulisse schaffen und sich in den vorgegebenen Normen bewegen. Ent- sprechen sie diesem Bild nicht, müssen sie mit Massnahmen oder sogar der Drohung rechnen, dass man sie austauscht (Aussage vom ehe- maligen FC Luzern Präsident Walter Stierli, 2011). Als Reaktion auf diese Forderungen verfallen die Fankurven oft in Trotz und Widerstand. Ihre Macht besteht darin, dass sie entgegen allen Regeln und Sicherheitsaufl agen als nicht planbares Element fungieren, das die struk-

8 Stadien und ihre namen

9 Stadien und ihre namen Von pärken und arenen

Thomas Weber

Seit 2001 wurden in der Schweiz elf moderne anderen Bezeichnungen wie Park oder Fussballstadien eingeweiht. Den Anfang machte Arena weichen musste. mit dem St. Jakob-Park. Zur Europa- meisterschaft 2008 wurden das Stade de Moderne Stadien sind immer auch mit fi nan- Genève, das Wankdorfstadion in und der ziellen Risiken für die Clubs und Betreiberfi rmen in Zürich neu- oder umfassend um- verbunden. Die Mieten sind hoch, der Unter- gebaut. In der Folge entstanden auch in halt ist teuer und die Auslastung gelingt nicht St. Gallen, Luzern und Thun Fussballstadien, die immer wunschgemäss. So ist das Risiko den neusten Vorgaben entsprechen. Diese eines defi zitären Stadionbetriebs nicht unerheb- Modernisierungswelle hat inzwischen auch die lich. Das Versprechen, wonach ein neues unteren Ligen erreicht. So wurden unter an- Stadion auch neues Geld generiert, kann also derem in Wil, Schaffhausen, Neuchâtel, Winter- nicht immer eingelöst werden. Doch sofern thur und Biel Stadien oder zumindest Teile sie die Clubs nicht in die Verschuldung führt, davon neu gebaut. Auch Vaduz, Wohlen und bringt neue Infrastruktur tatsächlich viele Vor- Rapperswil verfügen über eine modernisierte teile. Allseits werden die besseren Bedingungen Infrastruktur. für die sportlichen Abteilungen gelobt. Aber auch Medienschaffende und VIPs profitieren An den meisten erwähnten Standorten spricht von den neuen Möglichkeiten. Die Fans man von Stadien mit Mantelnutzung. Rund um können sich über eine bessere Erschliessung, die Tribünen stehen noch weitere Angebote freie Sicht auf das Spielfeld sowie moderne für andere Zielgruppen bereit. Einkaufszentren, Verpfl egungsstände und Sanitäranlagen freuen. Kinos, Wohnungen, Schwimmbäder oder Letztlich profi tieren auch Sicherheitsorgane Restaurants wurden in die Grossbauten inte- und Polizei von einer Infrastruktur, die eine griert. So stellte sich in St. Gallen die Frage, konsequente Fantrennung gewährleistet und ob der geplante Besuch nun der AFG- oder gut zu überwachen ist. Dies sind nachvollzieh- der Shopping-Arena gilt. Dies bringt gleich- bare Argumente für neue Stadien. zeitig ein weiteres neuzeitliches Phänomen zum Vorschein: einige Stadien brauchten neue Doch vielen Fans fällt es zunächst schwer, eine Namen, da sie an neuen Standorten errichtet emotionale Bindung zum neuen Ort aufzu- wurden. Aber auch Neubauten an bestehenden bauen. Über Jahre hinweg wurde in den alten Standorten wurden umbenannt. Rund die Spielstätten gemeinsam gefeiert, gelitten und Hälfte der neuen Stadien tragen heute Namen gesungen. Man wurde Zeuge oder Zeugin eines Sponsors. Die anderen behielten ihre von historischen Ereignissen und ärgerte sich Bezeichnung oder erfuhren eine Umbenennung gleichzeitig über die notorisch schlechte unter Beibehaltung des ursprünglichen Be- Infrastruktur und die baulichen Provisorien. zugs. Weiter fällt auf, dass bei den meisten 10 neuen Spielstätten der Begriff Stadion Das verbindet. Heute sind die meisten dieser Torwandschiessen und Gewinnspiele. Für Orte Geschichte und mancher Mythos fand alle möglichen Zielgruppen werden neue Anreize sein Ende. Für ZeitzeugInnen ging damit aber geschaffen, um am Wochenende zum Spiel auch ein Stück (Fan-)Heimat verloren. Dabei zu gehen. Auch während des Matchs ziehen Kiss ist diese sowohl für die Clubs wie für die Fans Cams, Werbefi lme und Stadion-TV die Blicke von zentraler Bedeutung. Das Bild von der in Richtung Videowand. Es entsteht der Ein- uneinnehmbaren Festung «Heimstadion» druck, dass das eigentliche Geschehen auf dem brennt sich in das Bewusstsein ein, wird zum Platz immer weiter in den Hintergrund rückt. Selbstverständnis des Clubs und ermöglicht Die Spieltage werden zu Grossveranstaltungen, stimmungsvolle Hexenkesselatmosphären. Es an denen es unter anderem auch Fussball entwickeln sich Traditionen wie bestimmte zu sehen gibt. Aus Vermarktungssicht mag eine Treffpunkte vor dem Spiel, Fangesänge und solche Kommerzialisierung der Spiele sinnvoll Rituale. Diese Traditionen machen einen gros- sein, hinsichtlich der möglichen Entfrem- sen Teil des Fan-Seins und letztlich auch dung des Publikums vom Fussball gibt es aller- des Clubs aus. Diese Umstände sorgten dafür, dings Bedenken. Vor allem organisierte und dass die alten Stadien zu besonderen, un- ultraorientierte Fankurven üben immer wieder verkennbaren Orten geworden sind. Kritik an dieser Entwicklung und beziehen Position gegen die Auswirkungen des moder- Am neuen Ort fehlen solche Traditionen. Ganz nen Fussballs. im Gegensatz zu den historischen Stadien bringen die modernen Komplexe in der Peri- In den alten Stadien waren diese Auswirkungen pherie der Städte ein zentrales Problem mit nur bedingt spürbar. Erwähnte Rahmen- sich: Es sind Betonbauten ohne Geschichte, die programme und Dauerberieselung waren kaum mittels Dauerberieselung durch LED-Banden, oder nur sehr beschränkt möglich und nötig. Videowände und Werbe-Jingles belebt werden Die Zuschauer pilgerten ins Stadion, um Fuss- sollen. Letztlich wirken sie aber austauschbar. ball zu sehen. Dies war Anlass und Event genug. Dieses Gefühl wird durch die Vermarktung von Bedürfnisse nach zusätzlicher Unterhaltung Stadionnamen zusätzlich verstärkt. Bei vielen wurden an anderen Orten vor oder nach dem Fans, die mit ihrem Club in das neue Stadion Spiel gestillt. So entstanden sehr homogene umgezogen sind, stellt sich das Heimatgefühl am Zuschauermassen, in denen für zwei Stunden neuen Ort bis heute nicht ein. Die meisten alle das gleiche Interesse verfolgten und von ihnen würden den neugewonnenen Komfort die kaum abgelenkt werden konnten. Ein Sta- wohl sofort gegen ihren angestammten Platz dionbesuch wurde als authentisch und echt auf den morschen Holzdielen neben dem un- empfunden. dichten Toilettenwagen eintauschen. Das Erlebnis Stadion hat sich also verändert. Natürlich sind nicht alle Fans gleichermassen In den neuen Stadien sind es meist nur noch von solchen nostalgischen Gefühlen betroffen. die Fans selbst, die für das Spezielle sorgen Gerade jüngere Fan-Generationen entwickeln können. Aktive Fan- und Kurvenkulturen prägen einen ganz anderen Umgang mit den neuen mit ihrer Stimmung die Spiele und machen Stadien. Die alten Spielstätten kennen sie nur den Unterschied. Ohne diese Unterschiede ist aus Erzählungen und von verstaubten Bildern. ein ligaweiter Einheitsbrei aus namenlosen Sie haben ihr erstes Spiel bereits im neuen Betonbauten, Kiss Cams und Krankenkassen- Stadion erlebt und ihre eigene Geschichte mit wettbewerben die graue Zukunft. Doch die dem Club beginnt hier. Ob sie dadurch zu Hoffnung bleibt, dass sich über die Jahre hinweg den neuen Arenen eine ähnlich emotionale Ver- neue Traditionen bilden und der Betonklotz bindung entwickeln können, wie es die Fan- irgendwann doch zur neuen Heimat wird. Dafür Generationen in den alten Stadien vor ihnen er- sind aber grosse Anstrengungen und ein lebt haben, wird sich aber erst noch zeigen. achtsamer Umgang mit den Traditionen, alten Ritualen und letztlich den Interessen der Fuss- Die neue Infrastruktur lässt auch in der Ver- ballfans nötig. marktung der Spiele neue Zeiten anbrechen: Ein Spieltag wird zum Event. Das Fussballspiel an sich reicht nicht mehr aus, um die Massen ins Stadion zu locken. So erleben wir heute abseits des Rasens Kids Days, eSport-Turniere, 11 Stadien und ihre namen Fussballstadien St. Jakob-Park in der schweiz Basel (2001)

Stadion BrügGlifeld Aarau (1924)

Tissot Arena Stade de La Biel (2015) Maladière Neuchâtel (2007) Stade de Suisse Bern (2005)

Stockhorn Arena Stade Olympique Thun (2011) de la Pontaise Lausanne (1954)

Stade de Genève Stade de Tourbillon Genf (2003) Sion (1968)

12 LIPO Park Schaffhausen (2017)

Stadion Schützenwiese St. Gallen (2008) Stadion Winterthur (2015) IGP Arena BrügGlifeld Wil (2013) Aarau (1924) Stadion Stadion Niedermatten Letzigrund Wohlen (2004) Zürich (2007)

Rheinpark Stadion Grünfeld Stadion Rapperswil (2004) Vaduz (1998)

Legende: Stadionname Luzern (2011) Stadionname mit Sponsor

Neubau

Neubau Eröffnung 2019

Teilneubau/Renovation

Einkaufen, Freizeit, Wohnen, etc.

Multifunktionales Stadion/ Sportkomplex

Stadio di Cornaredo Lugano (1951) Stadio Comunale Chiasso (1969) 13 Stadien und ihre namen Mit kommerziellen Stadionnamen schreckt man viele Leute ab�

Interview von Lukas Meier

Was bedeutet(e) das alte Wankdorfstadion für Fans haben die Aktion Zrügg zum Glück – dich als Fan des BSC YB? zrügg zum  ins Leben ge- Noé: Das alte Wankdorf steht symbolisch für rufen. Warum ist euch der Name eines Stadions ein anderes Fussballzeitalter und für ein anderes so wichtig? YB. Diesen Fussball und dieses YB habe ich Als Fan ist der Stadionname identitätsstif- lieben gelernt. tend. Du hast einen grossen Bezug dazu, verbringst viel Zeit deines Lebens im Stadion Was sind die Unterschiede zwischen einem und erlebst so viele Emotionen. Noé, YB-Fan und an jedem Besuch im alten Wankdorfstadion und im Spiel im Sektor D Stade de Suisse? Clubs erklären den Verkauf von Stadionnamens- Der Bezug zum alten Wankdorf und zum rechten mit wirtschaftlichen Gründen. damaligen YB war enger. Als Fan erhielt man Wieso sollen aus eurer Sicht die Fananliegen einen ganz anderen Zugang zu Club und hinsichtlich der Namensgebung in eine Club- Stadion. Strategie miteinbezogen werden? In einer Clubstrategie sollten die Umgebung Wie hast du dich im neuen Stade de Suisse und der regionale Bezug eine wichtige Rolle zurechtgefunden? Ist es mittlerweile zu deiner spielen. Da ist der traditionelle Stadionname ein (Fan-)Heimat geworden? elementarer Punkt. Bewusstsein für die eigene Zurechtgefunden habe ich mich schnell. Verankerung und Geschichte stellt für mich Man kann ja beispielsweise nicht mehr zwischen einen wichtigen Baustein für nachhaltige Arbeit den verschiedenen Sektoren herumschlendern und den gewünschten Erfolg dar. Mit einem während des Spiels. Als Heimat würde ich kommerziellen Stadionnamen schreckt man viele das neue Stadion nicht bezeichnen, vielmehr als Leute und insbesondere die Fans ab. Treffpunkt. Der Bau ist steril, zu wenig ein- zigartig. Es fehlt an Charakter und Geschichte. Ausserhalb des Stadions ist nicht einmal er- sichtlich, dass es sich um ein Fussballstadion handelt.

14 Investoren und Mäzene im schweizer fussball

15 Investoren und mäzene im schweizer Fussball

und es hätte sportlich der Abstieg resultiert. Allerdings kam den Wilern zupass, dass sich Le Mont Lausanne aus freien Stücken per Saison- Der mühselige ende aus der Challenge League zurückzog und es wieder einmal keinen sportlichen Absteiger gab.

Die DNA des Klubs zerstört

Weg zurück Auch wenn die Rettung in extremis glückte, ist doch der Scherbenhaufen bis heute nicht voll- Simon Dudle ständig zusammengekehrt. Denn das selbstherr- liche Wirken der Türken hat in kurzer Zeit jenes Image des Vereins zerstört, welches er sich während zehn Jahren aufgebaut hatte – nach- dem zuvor ukrainische Investoren den Verein bereits einmal an den Abgrund geführt hatten. Bevölkerung und lokale Sponsoren kehrten sich noch während es türkischen Experiments vom Während eineinhalb Jahren hatten türkische FC Wil ab. Sponsoren waren für Günal nicht re- Investoren beim FC Wil gefuhrwerkt. Nur levant gewesen, da seine eigene Geldquelle dank des riesigen Kraftakts einer Taskforce sprudelte. Eine direkte Konsequenz daraus ist, hat der Verein überlebt. Nun zeigt sich: dass der Zuschauerdurchschnitt in der lau- Der Weg zurück zu seinen Wurzeln ist lang fenden Saison merklich gesunken ist, obwohl und steinig. gegen Winterthur, Schaffhausen, Vaduz und Rapperswil-Jona alles in allem ganze acht Heim- Die türkischen Investoren um Milliardär Mehmet Derbys auf dem Programm stehen. Kurz und Simon Dudle, Journalist bei der Nazif Günal haben beim FC Wil binnen ein- bündig: Die DNA des Klubs wurde unter türki- Wiler Zeitung einhalb Jahren einen riesengrossen Scherben- scher Herrschaft zerstört. haufen angerichtet. Mit horrend hohen Spieler- salären wollten sie den familiären Verein der Zurück in Schweizer Hand machte sich der St. Galler Äbtestadt zu den funkelnden Cham- FC Wil auf, das zu sein, was er vor dem geschei- pions-League-Sternen und -Millionen führen terten Investoren-Experiment war: ein Ausbil- sowie ein neues Stadion bauen. Dabei war die dungsklub mit familiärem Einschlag. Doch im Weg IGP-Arena erst im Jahr 2013 eingeweiht worden. stehen Hindernisse. Bis heute haben nicht alle Doch die Pläne stockten und scheiterten bald. Spieler einen tieferen Lohn akzeptiert, was den Sportlich blieb man trotz grosser Namen wie neuen Präsidenten Maurice Weber sagen lässt, André Santos und Selçuk Sahin hinter den Er- man sei noch nicht über den Berg. Um das wartungen zurück. Betreffend Infrastruktur verlorene Vertrauen in der Bevölkerung zurück- mussten die Türken feststellen, dass in der zugewinnen, braucht es grosse Anstrengungen Schweiz nicht mir nichts dir nichts ein Fussball- auf der Marketing-Ebene. Der Klub spricht tempel auf eine grüne Wiese in Eschlikon ge- wiederholt auch Kinder und Jugendliche an, um stellt werden kann. nachhaltig Wurzeln schlagen zu können. Ein weiteres Problem ist: Die Aufl agen punkto Infra- Also machten sich die Investoren Ende Januar struktur sind in der Challenge League hoch, 2017 in einer Nacht und Nebel-Aktion des- die Einnahmen aber nicht. Daran ändert auch illusioniert aus dem Staub und waren fortan selbst nichts Entscheidendes, dass die Klubs seit für den Schweizer Verwaltungsrat nicht mehr dieser Saison von einem besseren TV-Vertrag zu erreichen. Um den Fortbestand des FC Wil profi tieren. Es lässt sich absehen: Die Challenge zu sichern, schickte sich eine Taskforce um League in dieser Form hat keine Zukunft. den ehemaligen Präsidenten Roger Bigger an, Das zeigt die Tatsache, dass fast jede Saison ein das Aktienpaket zurückzubekommen und die Klub pleitegeht oder sich aus wirtschaftlichen Löhne der Mitarbeitenden zu reduzieren oder Gründen freiwillig zurückzieht. Gibt es keine teure Spieler loszuwerden. Obwohl die Ret- Reformen, wird sich dies fortsetzen. Wie auch tungsaktion mehr als einmal an einem seidenen immer: Die Aufräumaktion beim FC Wil dürfte Faden hing, glückte sie. Die Rückrunde mus- noch lange dauern. 16 ste aber mit einem Rumpfteam bestritten werden Investoren und mäzene im schweizer Fussball Neues Geld, neues Glück?

Thomas Weber

Das Mäzenatentum im Schweizer Fussball hat und Fanartikeleinnahmen und die Chancen auf Tradition. Über Generationen führten gutbe- gute Sponsorenverträge steigen. Im Fall einer tuchte Gönner (in den allermeisten Fällen keine Teilnahme an einem europäischen Wettbewerb, Frauen) Fussballclubs, von denen sie nicht insbesondere der Champions League, winken selten selber verehrende Anhänger waren. Mit zudem Prämien in Millionenhöhe. Charisma und zuweilen auch unternehmeri- schem Können wurden sie zu einem Teil des Eine andere Möglichkeit bieten Veranstaltungen Clubs und stopften die Löcher in der Vereins- ausserhalb des Ligabetriebs. Mehrere Clubs kasse. Ihr Engagement war eine Herzensange- organisieren in ihren Spielpausen Konzerte, legenheit, zum Wohle des Clubs. Wir erinnern Public Viewings etc. Die bestehende Infrastruk- uns dabei an die Zeiten von Gilbert Facchinetti tur wird besser ausgelastet und die Gewinne bei Neuchâtel Xamax, Werner H. Spross bei können für das Fussballgeschäft genutzt wer- den Grasshoppers, Gigi Oeri beim FC Basel oder den. Gleichzeitig sind solche zusätzlichen Sven Hotz beim FC Zürich. Mäzene, die ihre Grossveranstaltungen aber auch mit einem Clubs über Jahre hinweg prägten und auch zu grossen fi nanziellen Risiko verbunden. sportlichen Erfolgen führten. Doch die wenigsten Clubs verfügen über die Das Bedürfnis der Clubs nach neuem Geld hat Möglichkeiten zur Durchführung solcher indes nicht abgenommen, denn die Situation Grossanlässe und mehr als zwei regelmässige ist schwierig. Der Profi fussball in der Schweiz Schweizer Teilnehmer in der Gruppenphase ist trotz hohen Vermarktungseinnahmen kaum eines europäischen Wettbewerbs scheinen rentabel. Die Summen für Spielerablösen sportlich wenig realistisch. Weil auch der und -gehälter, Infrastruktur und Sicherheitsmass- sportliche Erfolg in der Regel mit einer Er- nahmen steigen seit Jahrzehnten kontinuierlich. höhung der Ausgaben zusammenhängt, ist es Ticket- und Cateringeinnahmen sowie Spon- also nachvollziehbar, dass Vereine offen sind soringgelder spielen eine wichtige Rolle, doch für Mäzene oder Investorinnen, die zusätzliche sie reichen häufi g nicht, um alle Kosten zu Einnahmen versprechen. decken. Wer im Profi betrieb überleben will, muss also neue Einnahmequellen erschliessen.

Der vermeintlich einfachste Weg zu mehr Ein- nahmen ist sportlicher Erfolg, das eigentliche Kerngeschäft der Clubs. Je attraktiver ihr Produkt ist, umso besser sind die Vermark- tungschancen. Sportlich erfolgreiche Clubs ziehen mehr Publikum an und vergrössern damit ihren Kundenstamm. Ticket-, Catering- 17 Aber es fi nden sich kaum mehr GönnerInnen, Tatsache, dass sich ein Fussballclub in der die bereit sind, ihr Geld bedingungslos in Schweiz nicht wie ein klassisches Unternehmen den Verein zu stecken. Nicht umsonst ist heute führen lässt. Zu gross sind Einfl ussfaktoren die Rede von InvestorInnen, welche die Aktien- wie die Loyalität einer Fanbasis oder der Wert mehrheiten der Clubs erlangen. Dies bringt von Club-Traditionen. Und der sportliche eine neue Erwartungshaltung mit: Die Investition Erfolg ist nicht kalkulierbar, weil er von Men- soll sich lohnen. Die Rede ist sowohl von schen wie Sportchefs, Trainern und Fussballern positiver Publicity als auch von monetären Ge- abhängig ist. So erstaunt es auch nicht, winnen. In jedem Fall ist eine Clubübernahme dass die Liste gescheiterter Übernahmen in attraktiv, wenn daraus ein sportlicher Erfolg der Schweiz lang ist. resultiert. Zum Einen verbessert sich die Aus- senwahrnehmung, die InvestorInnen gelten als Die Hinterlassenschaften dieser Beispiele Baustein des Erfolgs – und gleichzeitig steigen gleichen einem Trümmerhaufen. Zurück bleiben die Chancen auf höhere Einnahmen. Diese unbezahlte Spieler und Funktionäre, kaum ermöglichen wiederum eine Sicherung des überwindbare Schuldenberge, getäuschte Fans sportlichen Erfolgs. Im besten Fall ist es also und ein Club mit verlorener Identität. Dass denkbar, dass der Club nachhaltig erfolgreich es dabei sogenannte Traditionsvereine am spielt und die InvestorInnen fi nanziellen Profi t schwersten trifft, liegt auf der Hand. Trotzdem aus ihrem Engagement ziehen können. bleibt der Eindruck, als stiege die Bereitschaft, Traditionen dem Profi t zu opfern, ständig. Solche Planspiele bergen jedoch grosse Risiken in sich. Im Umfeld des Fussballs tummeln sich Letztlich ist es wohl die Frage nach den ei- viele dubiose Gestalten, die entweder schnelles gentlichen Interessen der InvestorInnen, die Geld wittern oder einfach gerne im Rampen- darüber entscheidet, wie sich ein solches licht stehen. Noch wichtiger ist aber die Engagement entwickelt. In Bern ist den Brüdern

Weniger erfolgreiche Investments

Helios Jermini FC Lugano (1996 bis 2002) Konkurs

Gilbert Kadji FC Sion (1997 bis 2003) Zwangsabstieg

Marc Roger Servette FC (2003 bis 2005) Konkurs

Waldemar Kita FC Lausanne-Sport (1998 bis 2001) Millionenverlust

Igor Belanow FC Wil (2003 bis 2004) Nachlassstundung

Majid Pishyar Servette FC (2008 bis 2012) Millionenverlust

Bulat Tschagajew Neuchâtel Xamax (2011) Konkurs

Gabriele Giulini AC Bellinzona (2013) Konkurs

Mehmet Nazif Günal FC Wil (2015 bis 2017) Punktabzüge

18 Rihs mit dem BSC Young Boys der sportliche Clubs unangetastet, die (sportlichen) Ziele und Aufstieg gelungen. Noch wichtiger ist aber, der Habitus der neuen Führungsriege wollten dass dem Club die Fanbasis erhalten geblieben aber bis zum Ende ihres Wirkens nicht zum ist. Ähnliches lässt sich bei Christian Constantin Ostschweizer Traditionsverein passen. Die Fans und dem FC Sion beobachten. Als Club- distanzierten sich immer mehr von ihrem Club. präsident fi nanziert dieser seit Jahren ein En- semble aus genialen Fussballern. Die Fans Wenn im Fussball Traditionen gebrochen wer- stehen hinter ihrem Club und haben sich mitt- den, kommt es zum Bruch zwischen dem Club lerweile auch mit dem Präsidenten arrangiert, und seinen Fans. Während dieses Risiko im obwohl der langfristige sportliche Erfolg Ausland kalkulierbar ist, weil sich mit dem bislang ausgeblieben ist. Dieser hat sich hin- sportlichen Erfolg eine neue Fangemeinde gegen am Rheinknie längst etabliert. Der gründen wird (z.B. Leipzig), ist der Schweizer FC Basel hat es geschafft, sich nach Gigi Oeri Fussball dafür schlicht zu klein und unattraktiv. aus der Abhängigkeit gegenüber Investoren, Hierzulande profi tieren die Clubs nicht von Gönnerinnen und Mäzenen zu lösen. Mit den einer internationalen Ausstrahlung wie die Finanzspritzen der damaligen Präsidentin, Schwergewichte im europäischen Fussball – wurde ein sportliches Niveau erreicht, das den und das sportliche Niveau ist im Vergleich Club dem Rest der Liga enteilen liess. Dieser dazu doch eher bescheiden. Erfolg ist der Grund, weshalb Basel heute Millionengewinne erzielt. Die Kombination von Der Fussball ist letztlich aber mehr als nur ein Einnahmen aus der Champions League, vielen Geschäft. Die Clubs blicken zum Teil auf eine loyalen Fans und einer für Sponsoren sehr über 100-jährige Geschichte zurück, in der sich attraktiven Plattform macht dies möglich und eigene Vereinskulturen und Traditionen ent- den FC Basel zum Sonderfall im Schweizer wickelt haben. Diese Traditionen und Kulturen Fussball. gilt es zu bewahren, denn sie bilden die Identität eines Clubs. Sie verbinden Fans und Mitentscheidend ist bei diesen Beispielen der Verein und sind Teil jeder Fan-Identität. sorgsame Umgang mit Traditionen und Identitäten der Vereine. Solange diese respek- tiert und von den Verantwortlichen gelebt werden, sind Diskussionen über solche Engage- ments unter Fans selten kontrovers. Zu präsent sind die Erinnerungen an Spendenak- tionen zur Rettung ihrer kurz vor dem Konkurs stehenden Lieblingsclubs in den 90er- und frühen 2000er-Jahre. So sind die meisten Fans zufrieden, wenn ihr Club am Ende der Saison eine ausgeglichene Bilanz aufweist.

Widerstände gegen InvestorInnen treten da auf, wo Traditionen angegriffen werden. In Lausanne brach Anfang 2018 der neue Club- besitzer, der Chemiekonzern Ineos, mit einem Tabu und passte das Logo des FC Lausanne- Sport dem eigenen Corporate Design an. Die Empörung der Fans war gross, Spiele wurden boykottiert und eine Petition gegen das neue Logo lanciert. Diese Proteste zeigten Wirkung, denn mittlerweile haben die Investoren ihre (ursprünglichen) Pläne wieder verworfen. Auch beim FC Wil konnte nach der Übernahme von Mehmet Nazif Günal Ähnliches beobachtet werden. Dort blieben zwar die Farben des 19 Investoren und mäzene im schweizer Fussball � Ein Sport-Logo für Business-Zwecke zu ändern, das geht gar nicht!�

Interview von Lukas Meier

Waldemar Kita hinterliess 2001 einen Millionen- listischen Zielen und einem überlegten Vorge- verlust und Lausanne-Sports ging 2003 hen. Aber die Angst, dass ein einzelner Investor Konkurs. Was passierte in dieser Zeit mit der ein Risiko darstellt, sobald er das Engagement Identität des Clubs und was ist vom alten einstellt, war natürlich auch vorhanden. Verein heute noch übrig? Jerôme Lambert: Die Identität ist geblieben, Was hat sich seit der Clubübernahme beim nur das s von Lausanne-Sports ging ver- FC Lausanne-Sport verändert? loren. Neu war es Lausanne-Sport. Es war das Es herrscht eine viel grössere Professiona- Jérôme Lambert, Fanverantwortlicher beim erste Mal, dass wir aus der Elite des Schweizer lität. Ein Sportdirektor und neue Spieler wurden FC Lausanne-Sport und Fussballs fi elen. Basis wurde danach die U21, verpfl ichtet. Es wurde eine professionelle Mitarbeiter der Schweizer die in der 2. Liga spielte. Präsidenten wechsel- Struktur mit Scouting usw. eingeführt. Auch Fanbotschaft ten, aber die Supporter, die Freiwilligen sind bei der Infrastruktur wurde investiert und u.a. noch die Gleichen. Es ist offi ziell immer noch die Kabinen aufgefrischt. Und natürlich wurde der gleiche Verein wie bei der Gründung 1896. das Logo angepasst, was dann wie ein Ge- witter in die schöne und positive Sommertags- Der FC Lausanne-Sport wurde kürzlich stimmung bei Lausanne reindonnerte. wieder von einem Investor übernommen. Wie reagierten die Fans darauf? Sehr zufrieden, weil die Art und Weise sehr überlegt und positiv rüberkam. Die Firma ist in Rolle zu Hause, im Kanton Waadt. Sie hatten bereits in den Lausanne Hockey Club investiert. Es machte einen seriösen Eindruck mit rea- 20 21 Die Besitzer passten das Club-Wappen an Wagen wir einen Ausblick in die Zukunft: das Corporate Design ihrer Firma an. Bei Ist das Thema Wappenänderung nun defi nitiv den Fans regte sich schnell heftiger Wider- vom Tisch? Wann würden sich die Fans deiner stand gegen dieses Vorhaben. Was waren Meinung nach vom Club abwenden? die zentralen Kritikpunkte der Fans und ihre Für dieses Logo ganz sicher, das wurde Forderungen? auch so kommuniziert. Jedoch wird ein neuer Die Fans waren enttäuscht über die Kom- Vorschlag in der nächsten Saison kommen. munikation, das Logo mit dem orangen Zusatz Die Clubführung hat gezeigt, dass sie auf die wurde per Zufall im Stadion entdeckt. Mein Supporter hört und dass eine konstruktive Zu- Telefon klingelte danach ununterbrochen. Dass sammenarbeit möglich ist. man eine Farbe neben dem traditionellen Blau-Weiss anfügt, ist inakzeptabel. Und ein Mit welchen Gefühlen blickst du auf die zu- Sport-Logo für Business-Zwecke zu ändern, künftigen Entwicklungen des Clubs? das geht gar nicht. Die Supporter lancierten so- Positiv, wir warten seit langem auf einen gleich eine Petition, die in zwei Tagen 3500 seriösen Investor. In 18 Monaten beziehen wir Leute unterzeichneten, suchten den Dialog mit ein neues Stadion, dies mit grossen Ambitionen. dem Club und es kam zu mehreren Treffen, Das Stadion ist die Grundlage für diese Am- die aber nicht sehr fruchtbar waren. Man hatte bitionen, es sollten mehr Leute kommen als die den Eindruck, der Club spiele auf Zeit. Da- 2500, die aktuell kommen. Ich hoffe sehr, nach wurden die Spiele stimmungsmässig boy- dass Lausanne-Sport an die alten, erfolgreichen kottiert. Man war präsent, blieb aber ruhig. Tage anknüpfen kann, sich in der Elite eta- bliert und regelmässig europäisch spielen wird. Wie erklärt ihr euch letztlich den Erfolg eurer Petition? Es war nicht direkt die Petition, die match- entscheidend war. Der Stimmungsboykott und der Support der gegnerischen Fans für unsere Anliegen haben dem Club die Wichtig- keit gezeigt, dass man ein Club-Logo nicht wie ein Firmen-Logo ändern kann und hier eine ganz andere Sensibilität vorherrscht. Da- nach fand eine Sitzung mit allen wichtigen Entscheidungsträgern statt, der CEO kam und mit den Supportern fand man die grundsätz- liche Einigung, zusammen für das Wohl von LS zu arbeiten. Zwei Tage später hat uns die Direktion informiert, das Logo zurückzuziehen und mit einem neuen Vorschlag auf die Supporter zuzukommen; mit den traditionel- len Farben, simpel, ohne Firmenzusätze. Die Supporter sind nicht grundsätzlich gegen ein neues Logo, ein Logo wird immer wieder geändert, aber die Grundsätze sind wichtig.

22 die schweizer liga und ihre anforde- rungen

23 die schweizer liga und ihre anforderungen Die Krux mit den Auflagen

Christian Wandeler

Der Unmut über Aufl agen der Swiss Football Entscheidungshoheit immer noch bei den Ver- League (SFL) hat in den letzten Jahren merklich einen liegt. Die Vereine haben es in der Hand, zugenommen. Vor allem rund um Challenge unliebsame Aufl agen oder Bestimmungen League-Spiele hört und sieht man immer wieder anzupassen oder abzuschaffen. Die General- kritische Stimmen und Statements, die sich an versammlung der SFL und somit die Clubs die SFL richten. Der Ausrichter des Ligabe- als Mitglieder sind das oberste Gremium der triebes zerstöre mit seinen überrissenen Auf- Liga. Aktuellstes Beispiel: Der Vorschlag für lagen die kleinen Clubs, die sich früher oder eine Modusänderung und die Wiedereinführung später die Teilnahme am Profi fussball nicht der Barrage. Beide Vorschläge wurden von mehr leisten können, ist eine dieser vielgehörten den Vereinen der Super League und der Chal- Aussage. Vor allem Sicherheitsaufl agen und lenge League mehrheitlich abgelehnt. Anforderungen an die Infrastruktur bezeichnen die betroffenen Vereine als aufwändig. Genau dieses Beispiel zeigt exemplarisch eine weitere Herausforderung dieses Konstrukts Aber auch die SFL ist in einer schwierigen auf: Die Interessen der etablierten Clubs in der Position. Einerseits muss sie die Aufrechter- Super League sind bei weitem nicht deckungs- haltung des Spielbetriebes garantieren, an- gleich mit denjenigen der eher kleineren derseits muss sie sicherstellen, dass ein Wett- Teams. Das Wohl und Überleben des eigenen bewerb zwischen den Clubs gefördert wird Clubs steht (nachvollziehbar) vor der Umsetzung und auch genügend Vereine um die Plätze in von revolutionären Anpassungen. der Super League und der Challenge League kämpfen können. Sollte die Tendenz weiter in die laufende Richtung gehen, dann wird es in Zukunft schwierig sein, genügend ambitio- nierte Vereine zu fi nden, die die fi nanziellen und strukturellen Bedingungen erfüllen, um im Schweizer Profi fussball mitwirken zu können.

Nicht ausser acht lassen darf man aber auch die Tatsache, dass schlussendlich nicht die SFL oder ihre ExponentInnen über Reformen und neue Aufl agen bestimmen, sondern die

24 die schweizer liga und ihre anforderungen � In der Challenge League sind die �Aus- wüchse der Kom- merzialisierung� noch überschaubar�

Interview von Christian Wandeler

Im Januar 2018 gab der FC Wohlen bekannt, Der Verein gab als Grund für den Rückzug an, dass er sich freiwillig aus der Challenge dass sie keine Lust mehr haben, die Mario- League zurückziehe. Was hat diese Meldung netten der Herren aus Bern zu sein. Die Auf- bei euch ausgelöst? lagen der Liga würden es ihnen verunmög- Teilzeitfans Wohlen: Für uns war es nur kurz lichen, den Profi spielbetrieb weiterhin aufrecht eine Überraschung. Da wir in der Challenge zu erhalten. Ist die Liga schuld, dass der League bis jetzt noch nie eine Saison mit sport- FC Wohlen sich aus der Challenge League lichem Absteiger erleben durften, war die verabschiedet? Teilzeitfans Wohlen, Frage nicht ob, sondern wen es diesmal trifft. Ja und nein. Die Vereine bestimmen ja die Fangruppierung des Als der Rückzug des FC Wohlen bekannt Marschrichtung des Verbandes und haben FC Wohlen wurde, waren einige zuerst kurz traurig, aber die Möglichkeit abzustimmen und Anträge zu dann kam auch die Erleichterung, da mit stellen. Die Sichtweise der «makellosen Vereine» dieser rationalen Entscheidung ein drohender und der «bösen übermächtigen Liga» ist für fi nanzieller Kollaps abgewendet wurde. Der uns eine klassische Projektion, wie Freud sie nächste Gedanke war dann vermutlich schon beschrieben hat. Man wälzt alles Schlechte die Freude über eine (hoffentlich) sportlich auf die Liga ab, um die eigenen Versäumnisse spannendere und weniger reglementierte Liga getrost ignorieren zu können. Uns fehlte in mit all ihren Vorzügen. den vergangenen Jahren schlicht das Bestreben der «kleinen» Vereine, etwas am Status Quo zu ändern. 25 In einem Statement auf Facebook nehmt Ihr Natürlich gäbe es verschiedene Möglichkeiten, auch den Verein in die Pflicht und sprecht neue Einnahmequellen zu erschliessen. Wer verpasste Chancen an. Was hätte der Verein sich jedoch Fussball wünscht, wie er angeblich aus eurer Sicht unternehmen müssen, um die früher war, hat ja die Möglichkeit, sich einen Entwicklung Richtung freiwilligen Abstieg Verein abseits der Profi ligen auszusuchen. frühzeitig abwenden zu können? Der FC Wohlen hätte wieder mehr zu einem Was wünscht ihr euch diesbezüglich von eigentlichen Verein werden müssen. Wir hatten Seiten der Liga, der Vereine und der anderen schon immer das Gefühl, dass der FC Wohlen Involvierten? in der Gemeinde nicht auf ein sehr grosses Wie sich ein Fussballverein in diesem Markt Interesse stösst. Ohne grossen Geldgeber und positionieren will, sollte den Vereinen und mit einem bescheidenen Einzugsgebiet, sehen wenn möglich deren Mitgliedern überlassen wir die lokale Verankerung als extrem wichtig. werden. Im Verband sollten wo möglich die Es fehlte uns eine klare Positionierung, Einbe- Rahmenbedingungen so bestimmt werden, dass ziehung der Basis, ein moderneres Auftreten es für verschiedene Konzepte Platz hat und und die Bereitschaft, Innovationen umzusetzen. die Möglichkeit besteht, auch mit geringen Mit- Natürlich hätten wir auch kein Wundermittel teln und bescheidener Infrastruktur am Profi - und ohne Einblick ins Innenleben des Vereins fussball teilnehmen zu können. lässt sich Vieles auch nur schwer beurteilen. Welche geliebte Tradition wird mit dem Was macht den FC Wohlen aus eurer Sicht zu Abstieg des FC Wohlen nun auch für euch einem Traditionsverein? verschwinden? Für uns ist der FC Wohlen ein stinknormaler Da wir als Gruppe erst seit zweieinhalb Jahren Fussballverein wie jeder andere auch. Wir unterwegs sind, möchten wir nur ungern von erachten den FCW nicht als Traditionsverein, «Tradition» sprechen. Was uns sicher fehlen wird, welcher dadurch einen speziellen Status hat. sind die entspannteren und dennoch stimmungs- Die (Fussball-)Geschichte lebt schliesslich vollen Derbys gegen den FC Aarau. durch Veränderung.

Was geht bei euch Fans mit dem Profi fussball und seinem Spielbetrieb verloren? Wie wird Die Fanszene beim FC Wohlen besteht euer Fanleben in Zukunft aussehen? hauptsächlich aus den beiden Gruppen «GS14» Das Einzige, was künftig wohl fehlen wird, und «Teilzeitfans Wohlen». «GS14» existiert sind andere Fanszenen. Fussball ist für uns seit dem Jahr 2014 und die «Teilzeitfans» seit nicht nur das Sportliche, sondern auch das Ge- der Winterpause der Saison 2015/6. Die schehen neben dem Platz. Und es macht uns Unterstützung des Teams und des Vereins mehr Spass, wenn in einem Stadion oder durch Support an den Spielen und kleinen auf einem Sportplatz noch andere Fans ihr Team Choreos stehen klar im Fokus. Darüber hin- anfeuern. Sonst schauen wir vielem auch aus ist den Teilzeitfans aber wichtig, dass positiv entgegen: Günstigere Eintritte, neue sich alle im und ums Stadion wohl fühlen. Des- Grounds, keine Montags- oder Sicherheits- halb gehört für sie das Engagement gegen spiele etc. Zudem sehen wir auch die Chance, jegliche Art von Diskriminierung genauso zum uns bei einer allfälligen Aufl ösung der AG Fandasein. Sie versuchen sich im Verein mehr im Verein einbringen zu können. Aber einzubringen (Kuchenstand am Vereins-Tur- unser Fandasein wird sich aufgrund einer nier, Berichte fürs Stadionmagazin etc.), aber anderen Ligazugehörigkeit nicht wirklich ändern. machen auch viele eigenständige Projekte (Vortragsveranstaltungen, Fussballfanturnier, Wie nehmt ihr in der Schweiz das Spannungs- Fanzine etc.). feld Tradition vs. Kommerzialisierung wahr? In der Challenge League sind die «Aus- wüchse der Kommerzialisierung» ja noch über- schaubar. Ausserdem war für uns ja von An- fang an klar, dass der FC Wohlen der kapitalis- tischen Logik folgen muss. Profi fussball ist nun mal ein Geschäft, bei welchem zwangs- 26 läufig auch Geld umgesetzt werden muss. die schweizer liga und ihre anforderungen � Der gesamte Mix macht den Schweizer Fussball attraktiv�

Interview von Christian Wandeler

Die Swiss Football League vermeldete in den Schweizer Klubs mit beeindruckendem Erfolg letzten Jahren immer wieder Zuschauerrekorde junge Talente aus, die den Sprung zu euro- und unterzeichnete im letzten Jahr einen päischen Top-Klubs der grössten fünf Ligen neuen lukrativeren TV-Vertrag. Worauf beruht schaffen. Nur Frankreich, Argentinien, Brasilien der Erfolg ihres Unternehmens? und Spanien haben mehr Legionäre in ihren Claudius Schäfer: Wir bewegen uns im Ligen. Der gesamte Mix aus Traditionsklubs in europäischen Vergleich seit einigen Jahren auf modernen Stadien, die auf talentierte Spieler hohem Niveau. Beispielsweise bei den Zu- setzen und auf grosse, aktive Fanbewegungen Claudius Schäfer, schauerzahlen steht die Schweiz hinter Schott- zählen können, machen den Schweizer Fuss- CEO der Swiss Football land auf Rang 2 beim Verhältnis der Zuschau- ball attraktiv. League (SFL) enden zur Bevölkerungszahl, in absoluten Zahlen liegt die Super League europaweit auf Trotz dem grossen Erfolg wollte die SFL Rang 9. Die Basis für diese Erfolgsgeschichte einen neuen Liga-Modus einführen. Was waren über die letzten zehn Jahre sind mit Sicherheit die Beweggründe? Was spricht für einen die modernen Stadien. Zudem bilden die neuen – was gegen den aktuellen Modus? Das Ziel des im letzten Jahres durchge- führten Prozesses war eine eingehende Über- prüfung der aktuellen Situation. Ob es als Resultat der Untersuchungen zu einer Modus- 27 änderung kommen sollte, war zu Beginn der Nicht alle Vereine schwimmen auf der Erfolgs- Untersuchung offen. In unseren Augen war welle. Mit dem FC Wohlen hat zum Beispiel es nach 14 Jahren in der neuen Struktur der ein Challenge League-Club bekanntgegeben, Super League und nach 5 Jahren mit der dass er die Auflagen der SFL nicht mehr Zehnerliga in der Challenge League an der Zeit, erfüllen könne und deshalb freiwillig absteige. die Struktur und den Spielmodus der beiden Ist die SFL mit ihren Aufl agen zu einem Killer Profi -Ligen zu hinterfragen und zu analysieren. der kleinen Clubs mutiert? Dies geschah in einem transparenten und Die Anforderungen in der Challenge League offenen Prozess. Die eingehende Auseinander- sind seit der Reduktion im Jahr 2012 auf setzung mit möglichen Alternativen und die zehn Klubs mehr oder weniger gleich geblieben, wiederholten Diskussionen über mehrere Mona- teilweise wurden sie sogar gelockert. Bei te führten schliesslich bei der grossen Mehrheit den schwerwiegenderen und vor allem teuren der Klubvertreter zur klaren Haltung, dass Anforderungen mit politischen Entscheidungs- für beide Meisterschaften die Zehnerliga mit prozessen gab es zudem lange Übergangs- dem aktuell ausgetragenen Modus die beste fristen. Und dann muss erwähnt werden, dass Lösung darstellt. diese Anforderungen von den Klubs im Hin- blick auf eine Generalversammlung nie formell Die Clubverantwortlichen lehnten schluss- in Frage gestellt wurden, beispielsweise endlich einen neuen Modus ab und sprachen mit einem Antrag zur Streichung oder Herab- sich auch gegen die Wiedereinführung setzung. Aber natürlich wird die Frage der der Barrage aus. Sind die Clubvertreter alle Anforderungen an den nächsten Treffen mit den Traditionsliebhaber – oder weshalb, denken Klubs erneut thematisiert und geprüft, ob An- Sie, wurden diese Entscheide so gefällt? passungen nötig und möglich sind. In den vorbereitenden Diskussionen erach- tete ein Teil der Klubs die Wiedereinführung Seit der Reduktion der Challenge League von von Barragespielen zwischen dem Neunten der 16 auf 10 Teams im Jahr 2012 sind fünf von Super League und dem Zweiten der Challenge sechs Absteigern nicht sportlich, sondern am League als interessante Lösung. Auch die grünen Tisch abgestiegen. Welche Rolle Führung der SFL war am Ende des Prozesses spielt dabei aus ihrer Sicht die SFL und ihre überzeugt, dass die Barragespiele zusätzliche Aufl agen betreffend Sicherheit, Struktur und Spannung in die beiden höchsten Schweizer Finanzen? Fussballmeisterschaften bringen könnten. Die Das ist in der Tat ein schlechtes Indiz. Aller- Hürde für einen positiven Entscheid lag mit dings muss man diese Fälle im Detail an- der erforderlichen Zweidrittelmehrheit aber schauen. Dabei stellt man fest, dass es beispiels- offensichtlich zu hoch und die Klubs sprachen weise zwischen den Fällen Biel, Bellinzona, sich gegen die Einführung der Barragespiele Servette oder Wohlen sehr wohl Unterschiede aus. Da mag der Traditionsgedanke mitgespielt gibt. In den ersten drei Fällen führten inkom- haben, aber wohl auch die mögliche sportliche petente Klubführung oder das Werk von Gefahr für den eigenen Klub. Betrügern zum fi nanziellen Kollaps des Klubs. Das hat nichts mit der Liga und ihren Aufl agen zu tun. Im Gegenteil, durch die fi nanziellen Kontrollen konnte teilweise Schlimmeres ver- hindert werden. In Wohlen ist es ein frei- williger Rückzug, der nichts mit der Unfähigkeit der Klubführung zu tun hat. Hier ist es viel- mehr ein zu kleines Einzugsgebiet mit be- schränkten wirtschaftlichen Möglichkeiten, um Fussball auf diesem Niveau zu betreiben. Mit den Aufl agen der SFL hat aber auch das wenig zu tun.

28 Wo sehen sie die grössten Baustellen und Die Attraktivität des Produktes Fussball ist Gefahren bei kleineren Clubs betreffend der ein wichtiges Verkaufsargument. Welchen A u fl a g e n ? Stellenwert hat aus ihrer Sicht ein gut gefüllter Die grösste Gefahr besteht darin, dass sich Fanblock, der mit Gesang, Fahnen und kleinere Klubs selber übernehmen, fi nanziell Choreographien für Stimmung im Stadion wie über den Verhältnissen leben, die das Einzugs- aber auch Zuhause vor den Empfangsgeräten gebiet bietet. Aber natürlich werden wir sorgt? innerhalb der Liga zusammen mit den Klubs Einen sehr hohen Stellenwert! Die Stimmung erneut darüber sprechen, ob es Aufl agen im Stadion ist ein wichtiges Element und gibt, die – vor allem für Klubs der Challenge verschafft dem Fussball die einzigartigen Emo- League – reduziert werden können. Ich denke tionen. Ich denke, das ist ein wichtiger Punkt, da besonders an die Infrastruktur. In anderen wie auch neue Fans dazu motiviert werden Bereichen, z.B. der sportlichen Qualifi kation der können, ein Spiel zu besuchen. Es ist einfach Trainer, wollen wir keine Abstriche machen; wichtig, dass die Fankurven auf die verpönten im Gegenteil, da wollen wir europäisch ein Top- Böller in ihren Kurven verzichten – denn der Niveau erreichen, damit besonders die jungen Einsatz dieser unerlaubten Knallkörper hat ge- Spieler die zwingend erforderliche Ausbil- nau den gegenteiligen Effekt und muss aus dung bekommen. Davon können die Klubs bei unseren Stadien verschwinden. einem Transfer auch fi nanziell profi tieren. Genau diese Fans, die Spiel für Spiel für die Die SFL geniesst den Ruf einer Ausbildungs- tolle Stimmung in den Stadien sorgen und liga – viele junge, in der Schweiz ausge- damit auch zum Erfolg ihres Produktes bei- bildete Spieler sind im Ausland gefragt. Be- tragen, missbilligen die Vermarktung und steht die Gefahr, dass die Schweiz an die Kommerzialisierung im Fussball. Wie kriegt Attraktivität verliert, wenn die Clubs nur noch man diese zwei unterschiedlichen Haltungen auf junge Spieler setzen? unter einen Hut? Nein, ganz im Gegenteil. Im Idealfall Das ist ein Dilemma, in welchem nicht nur stammen die jungen Spieler aus dem eigenen die Liga steckt, sondern im Besonderen auch Nachwuchs und stellen damit für den Fan die Fans. Sie wünschen sich sportlichen Erfolg einen lokalen Bezug her. Ich erachte das als und attraktiven Fussball ihrer Mannschaft, eher attraktivitätssteigernd. Und wenn die sprechen sich aber gleichzeitig gegen Elemente Klubs der Challenge League weiterhin so er- der Vermarktung aus. Das geht auf die Dauer folgreich im Bereich der Ausbildung arbeiten nicht auf. Aber wir sind der Meinung, dass und viele junge Talente einsetzen, die den wir in der Schweiz – auch als Liga – sehr viel Sprung in die Super League oder später gar Wert auf Tradition legen und die Kommer- ins Ausland schaffen, ist das sehr positiv zialisierung in einem sehr vernünftigen Mass für die Liga und macht es auch für die Fans s t a t t fi n d e t . interessant. Zum Abschluss: Auf welche liebgewonnene Tradition rund um Fussballspiele möchten sie auf keinen Fall verzichten? Auf den Besuch eines Fussballspiels mit Freunden mit allen Emotionen und Diskussionen über Aufstellung, Leistungen der Teams und das Resultat nach 90 Minuten und dazu eine Stadionwurst – darauf will ich auf keinen Fall verzichten!

29 Fussball: ein Sport zwischen Tradition und Moderne

Gregor Husi

Ein bedeutsames Jahr: 1848 entstand die mo- Englische Studenten, die Privatschulen in der derne Schweiz mit der ersten Bundesverfas- Region am Genfersee besuchten, brachten die sung. Ebenfalls 1848 verfassten Studenten der neue Sportart schon kurz nach ihrem Entstehen Universität Cambridge in England die ersten um das Jahr 1855 herum nach Kontinental- Fussballregeln. Fünfzehn bis zwanzig Spieler in europa. Ebenso waren es englische Studenten, einer Mannschaft spielten damals das neue die 1879 den ersten noch bestehenden Schwei- Spiel. Im selben Land entstanden neun Jahre zer Fussballverein gründeten, den FC St. Gal- später in Sheffi eld der erste Fussballverein len. 1899 sollte dann ein Schweizer den Gregor Husi, Soziologe an der Hoch- und weitere sechs Jahre nachher der erste FC Barcelona gründen. Wenig vorher, 1895, ent- schule Luzern Landesverband. In den 1860er und 1870er Jah- stand der Schweizerische Fussballverband, ren bemühte man sich, den Fussball gegen- zwei Jahre später wurde die erste Meisterschaft über dem noch viel populäreren Rugby deutlich ausgetragen. Es nahmen auch Universitäts- abzugrenzen. Dazu dienten Bestimmungen teams mit britischen Spielern teil. Die erste zu Abseits, Eckball, Freistoss, Handspiel sowie kontinentaleuropäische Profi liga wurde jedoch Ballgrösse und die Anzahl der Spieler wurde 1924 in Österreich eingeführt. Die FIFA auf elf festgelegt. 1872 kam es zum ersten entstand 1904 in Paris (und zog 1932 nach Länderspiel, nämlich zwischen England und Zürich um), die UEFA erst 1954 in Basel. Schottland. Es endete torlos. Im selben Jahr wurde in England auch der erste Cup aus- getragen. Schiedsrichter wurden zwei Jahre später eingeführt. 1889 startete die erste Profi liga. Preston North End, 1881 gegründet und heute in der zweiten englischen Liga spielend, gewann die erste Durchführung der Meisterschaft.

30 Der Fussballsport besitzt also eine lange Fanartikel – TV-Einnahmen und Sponsoring- Tradition. Tradition entsteht aus Geschichte, beiträge versorgen Spitzenvereine mit fi nanzi- Fussballgeschichte schafft Fussballtradition. ellen Möglichkeiten, von denen die Erfi nder Und nach wie vor werden Änderungen der tra- des Fussballs Mitte des 19. Jahrhunderts nicht dierten Spielregeln vom International Football einmal zu träumen gewagt hätten. Aus man- Association Board (IFAB) beschlossen, das chen Vereinen sind Aktiengesellschaften ge- sich, historisch begründet, aus je einer Vertre- worden. Transfersummen und Spielergehälter tung der Verbände von England, Schottland, explodieren. In ein und derselben Fussballliga Nordirland und Wales sowie vier FIFA-Mitglie- sind die fi nanziellen Ressourcen allerdings dern zusammensetzt. Die starke Vertretung sehr ungleich verteilt. Diese Ressourcen sind der britischen Verbände in diesem Gremium ist der entscheidende Erfolgsfaktor – wenngleich Ausdruck von Tradition. Fussball hat sich in sich ein Meistertitel nicht einfach kaufen lässt. anderthalb Jahrhunderten zu einem Spitzen- Man denke aktuell an Man City, Barça, Real, sport und Breitensport sowie auch zu einem PSG, Bayern usw. Fussballstadien werden Frauensport entwickelt, der sich grösster – an immer mehr Orten kleine Konsumparadiese, wenn auch heutzutage keineswegs kritikloser – deren Angebote den Rahmen des Fussballs Beliebtheit erfreut. Hunderte von Millionen weit übersteigen. Menschen betreiben den Sport. Zweitens die Medialisierung: Da der Sport seit Fussball ist seit seinen Anfängen im Wesent- alters her vor allem im Freien ausgeübt wird, lichen gleich geblieben – und doch ganz anders war ihm eine gewisse Öffentlichkeit von Beginn geworden. Wie alle Bereiche des Lebens weg garantiert. Das allgemeine Interesse wurde der Fussball modernisiert. Modernisie- wuchs mit der regelmässigen öffentlichen Be- rungen da und dort bedrohen Traditionen. richterstattung in den Medien, die von der Altes soll Neuem weichen, lautet der allgemeine Relevanz dieses sportlichen Geschehens über- Anspruch der ModernisiererInnen. Paradoxer- zeugt, und die Mediengesellschaft selber weise ist schon die zielgerichtete Organisation wächst. Es entstand im Verbund damit eine und verbandsmässige Verwaltung des Fuss- Event-Gesellschaft. Fussballspiele werden balls, seine Bürokratisierung, eine Modernisie- als Events von öffentlichem Interesse inszeniert. rung, die zu dessen Überlieferung verhelfen Die Regelmässigkeit regionaler, nationaler soll. Vier weitere solche sozialen Triebkräfte vor und internationaler Wettkämpfe erhält Aufmerk- allem verändern den Fussball laufend: Erstens samkeit, eine zentrale Ressource in der heutigen die Kommerzialisierung, der folgenreichste medialisierten Ökonomie. Modernisierungstrend. Längst sorgen nicht mehr die Publikumseinnahmen allein für die fi nan- Drittens die Verwissenschaftlichung: Fussball ziellen Grundlagen der Vereine. Fussball ist ist schon seit langem nicht mehr einfach der zur Ware geworden und der Handel damit zum spontane Wettkampf der Begabtesten. Be- Big Business. Merchandising – kein Fan ohne sonders mit Hilfe von Medizin, Psychologie und Sportwissenschaft wird Sorge zu den Spiel- enden getragen, während Recht und Ökonomie für die Gestaltung des Spielumfelds bedeutsam sind. Die Soziologie liefert zudem Einsichten zur gesellschaftlichen Bedeutung und Ein- bettung des Fussballsports. Eine gewisse Intel- lektualisierung auf dem Feld lässt sich be- merken, wenn Fussball zum Rasenschach ver- kommt. Bereits junge Spieler und Spielerinnen werden taktisch sorgfältig ausgebildet.

31 Viertens die Sicherung. Risiken innerhalb und Die Fussballtradition nährt sich von ihrer Ge- ausserhalb der Stadien fördern ausdrückliche schichte und bezieht sich auf viele Erschei- Überwachung, aber auch gestalterische nungen. Paradox mutet an, dass diese Tradition Massnahmen wie die Abschaffung von Steh- sich gerade erhält, indem sie sich stetig sanft plätzen. Nicht nur geht es um Alkohol und erneuert. Würde Fussball einfach erstarren, körperliche Gewalt, sondern auch um verbale, erschiene er bald einmal als unzeitgemäss. Folgt manchmal rassistische Gewalt. er jedoch nur noch wirtschaftlichen Zwängen, droht er seine Ausstrahlung zu verlieren. Modernisierungen, ob nun in Form von Büro- Spannung, Unvorhersehbarkeit, Abwechslung, kratisierung, Kommerzialisierung, Media- die Chancen der Kleinen gegenüber den lisierung, Verwissenschaftlichung oder Siche- Grossen, all dies geht unter der Schirmherr- rung, können verunsichern. Besonders die schaft ökonomischer Rationalität immer mehr Ökonomisierung ist ein alles durchdringender verloren. Wer möchte an Fussballveranstal- gesellschaftlicher Prozess. «Ist das noch mein tungen nur noch einem Geschäft beiwohnen? Spiel?», fragen sich manche Fussballinteres- Aus der Sicht von Fans soll ein Team nicht sierte. Sie vermissen zuweilen die ursprüngliche einfach ein Erfolgsensemble, sondern «ihre Authentizität, einschliesslich des ganzen Mannschaft» sein. Wirtschaftlichkeit ist für sie «Drumherums». Traditionalismus, die kollektive Mittel und nicht Zweck. Besteht womöglich Pfl ege des Gewohnten, anerbietet sich als gar ein Grundwiderspruch zwischen fussballe- psychisches Gegenmittel. Bei Modernisierungen rischer Authentizität und ökonomischer geht es oft weniger um richtig oder falsch als Rationalität? Der bekannte Fussballer (bzw. die einfach um neu oder alt. Der Traditionalismus bekannte Fussballerin) mag vieles sein: Athlet, setzt demgegenüber auf das Überlieferte Strategin, Grossverdiener, Steuerzahlerin, als das Bewährte und darum Richtige. Nichts Mangelware, VIP, Leader, Star, Fernsehheld, erscheint besser, bloss weil es neu ist. In einer Fotomodel, Werbeträger, Vorbild, Identifi kations- Welt, in der sich der Wandel beschleunigt, fi gur, Erinnerung, Hoffnungsquelle, Kultobjekt – bieten Traditionen ein Gefühl der Ordnung und doch vor allem anderen ist er (noch): Spielerin der Kontinuität. Traditionen haben etwas Ver- oder Spieler. bindliches und Verbindendes an sich. Wer sich in der Gegenwart zu verlieren droht, sucht sich gleichsam in der Vergangenheit zu fi nden.

Der Fussball ist also ein Spiel nicht nur zwi- schen zwei Teams, sondern auch zwischen Tra- dition und Moderne. Er lässt sich auf unter- schiedliche Art «lesen», d. h. interpretieren. Das Publikum ist vielfältig. Nicht alle erwarten vom Fussballgeschehen dasselbe und geben ihm die gleiche Bedeutung. Es gibt verschie- dene Fangruppen mit unterschiedlichen An- sprüchen, diverse Milieus begegnen sich im Stadion. Entsprechend variiert die Identifi ka- tion mit einem Verein oder dem Fussballsport schlechthin. Ebenso unterschiedlich ist das Bedürfnis nach Kontinuität oder Wandel, Tra- dition oder Moderne. Es ist stets eine Frage der Macht, wer oder was sich durchsetzt.

32 Die bedeutung des cupfinals

33 Die bedeutung des Cupfinals

Selbst der FA-Cup erlebte von 2001 bis 2006 ein Gastspiel in Cardiff. In der über 140-jährigen Geschichte des englischen Fussball-Cups � Dr Cupfinalwar dies aber eine der wenigen Ausnahmen vom sonst gesetzten Finalort London. Das einzige Endspiel eines grossen nationalen Wettbe- werbs, das seit jeher in der gleichen Stadt aus- getragen worden ist, ist der Final der Coupe ghört ins de France in Paris.

In der Schweiz war Bern von 1937 bis 2000 steter Austragungsorts des Cupfi nals. Nach dem Abriss des alten Wankdorfstadions fanden die Wankdorf� Spiele im neuen St. Jakob-Park in Basel statt. 2006 bis 2014 wechselten sich Basel und das neue Stade de Suisse in Bern ab. Nachdem Thomas Weber dort von Natur- auf Kunstrasen gewechselt worden ist, wurden erste Proteste gegen einen Final auf künstlichem Geläuf laut. In Verbin- dung mit den politischen Entscheiden gegen neuerlicheFinalspiele, kam es zum zitierten Bruch zwischen dem Fussballverband als Or- ganisator und der Stadt Bern als Austragungs- Das Endspiel um den nationalen Fussballcup ort. In den vergangenen Jahren wurde der gehört in die Hauptstadt. Dies ist eine weit- Cupfi nal zum Spielball von wirtschaftlichen, verbreitete Vorstellung unter den Fans. Ein Cup- traditionellen, sportlichen und politischen fi nal in Basel oder Genf scheint kein echter Interessen. Final zu sein. Alle wollen nach Bern, selbst die Basler Fans forderten 2015 aus Traditions- Lange zeichnete sich keine Möglichkeit ab, die gründen Dr Cupfi nal ghört ins Wankdorf. Da- Tradition eines Finals im Wankdorf wieder mals fand das Endspiel in Basel, 2016 in aufl eben lassen zu können. Doch Anfang Jahres Zürich und letztes Jahr in Genf statt. Denn nach kam Bewegung in die Sache und es fand offen- dem Final 2014 entschied die Berner Politik, bar ein Umdenken in der Bundesstadt statt: zukünftig nicht mehr als Austragungsort zur 2018 wird es wieder einen Final in Bern geben. Verfügung zu stehen. Die Reaktion seitens des Und der neue Stadtpräsident beabsichtigt Fussballverbandes war entsprechend deutlich: zugleich, dass der Cupfi nal künftig wieder Wir wollen (…) Cupfi nals nur noch dort jedes Jahr in Bern stattfi nden wird. Ob dieses spielen, wo wir uns willkommen fühlen. In Bern Versprechen auch einlösbar ist und wie lange fühlen wir uns nicht gerade willkommen. die Rückkehr des Cupfi nals ins Berner Wank- dorf anhalten wird, werden die nächsten Jahre Die oft in Fan-Protesten zitierte europaweite zeigen. Tradition eines Finals in der jeweiligen Haupt- stadt, gibt es indes nicht. Uns sind wohl vor allem die Fangesänge aus Deutschland prä- sent, wo die Fahrt zum Finale nach Berlin rezitiert wird. Doch selbst bei unserem nörd- lichen Nachbarland war das nicht immer so. Erst seit 1985 ist Berlin fester Austragungsort des Endspiels. Vorher wurde meist ein Spiel- ort gewählt, der gleich weite Anreisewege der Fanlager der beiden Finalisten ermöglichte. In Spanien wird die Durchführung des Finals jedes Jahr neu vergeben. Die Coppa Italia erlebte viele verschiedene Modi und wird erst 34 seit 2008 jedes Jahr in Rom entschieden. Die bedeutung des Cupfinals Die Final- spielorte in Finnland Bis 2014 in Helsinki, Norwegen seit 2015 wechselnde Spielorte Europa Seit 1948 in Oslo Schweden Bis 1992 in Solna und Stockholm, seit 1993 wechselnde Spielorte Dänemark Seit 1955 in Kopenhagen

Niederlande Bis 1988 England wechselnde Spielorte, seit 1989 in Rotterdam Seit 1872 in London (wenige Ausnahmen) Deutschland Bis 1984 Polen Belgien wechselnde Spielorte, Bis 2012 seit 1985 in Berlin Seit 1954 in Brüssel wechselnde Spielorte, (wenige Ausnahmen) seit 2013 in Warschau

FRANKREICH Seit 1918 in Paris Schweiz 1926 bis 1936 Österreich wechselnde Spielorte, Seit 1919 wechselnde Spielorte 1937 bis 2000 in Bern, 2001 bis 2015 in Bern und Basel, 2016 in Zürich, 2017 in Genf, 2018 in Bern

PORTUGAL Seit 1939 in Lissabon (wenige Ausnahmen) SPANIEN Seit 1902 ITALIEN wechselnde Spielorte Bis 2007 wechselnde Spielorte, seit 2008 in Rom 35 Die bedeutung des Cupfinals Wir fühlen uns wieder willkommen�

Interview von Thomas Weber

Bis 2000 war Bern fester Finalspielort des Was spricht für abwechselnde Finalspielorte? Schweizer Cups. 2001 wurde zum ersten Mal Hat sich diese Praxis aus Ihrer Sicht bewährt mit der Tradition gebrochen und der Cupfi nal und wieso? nach Basel vergeben. Was waren die Gründe Ja und nein. Es ist immer schade, eine für die darauf folgende Praxis, das Endspiel schöne Tradition nicht weiterführen zu können. abwechselnd in verschiedenen Städten Aber manchmal tut es auch gut, etwas Neues auszutragen? zu probieren. Dafür sprechen der Föderalismus Alex Miescher: Ich möchte zwei Aspekte und – besonders in den letzten Jahren – der Alex Miescher, Generalsekretär präzisieren: Der Schweizer Cupfi nal wurde vor Wunsch der potenziellen Austragungsorte, dass des Schweizerischen dem Zweiten Weltkrieg auch in Genf, Lausanne, nicht immer die gleiche Stadt den leider nötig Fussballverbands Lugano und Zürich ausgetragen, also nicht gewordenen Grosseinsatz der Sicherheitskräfte ausschliesslich in Bern. Und: Die danach bis stemmen soll. 2001 anhaltende Tradition musste gebrochen werden, weil im August 2001 das Wankdorf- Fanproteste forderten wiederholt, das Berner Stadion abgerissen wurde. Kaum aber stand Wankdorf wieder zum festen Finalspielort das neue Stade de Suisse, kehrte der Cupfi nal zu machen. Wie geht der Fussballverband mit nach Bern zurück - mit dem Sieg von Sion ge- diesen Forderungen um? Welchen Einfl uss gen die Young Boys in der Saison 2005/2006, hatten sie auf die Ansetzung der letzten Cup- dem ersten Final-Erfolg eines unterklassigen fi n a l s ? Vereins. Die Rückkehr nach Bern war jedoch Diese Signale nahmen wir selbstverständ- keine Rückkehr für immer. Basel, Genf und lich zu Kenntnis und auch sehr ernst. Sie fl iessen Zürich mit ihren neuen EURO-Stadien waren in unsere Gesamtbeurteilung ein, wenn wir hernach ebenfalls Finalspielorte. auf SFV-Stufe den Finalort diskutieren und be- stimmen. In diese Gesamtbeurteilung gehört zum Beispiel auch unsere Haltung, dass es wenig sinnvoll wäre, den Cupfi nal dort austragen zu wollen, wo ihn die politische Führung nicht will. 36 Welchen Stellenwert hat der Standort Bern Der Fussballverband steht im Spannungsfeld als Austragungsort des Cupfi nals für den SFV? zwischen Tradition und Kommerzialisierung. Ich kann sagen, dass es im höchsten Man hört immer wieder, dass der Cup für Führungsgremium des SFV, dem Zentralvor- viele Beteiligte ein Minusgeschäft sei und die stand, eine klare Präferenz für Bern gibt. ZuschauerInnenzahlen kontinuierlich ab- Und im ZV hat es ja auch Mitglieder aus Basel, nehmen würden. Ist der Cup in der aktuellen Genf, Luzern oder Zürich… Form noch zeitgemäss? Was sollte aus Ihrer Sicht unbedingt erhalten bleiben und welche 2018 wird es nun wieder ein Finale in Bern ge- Veränderungen könnten unvermeidbar werden? ben, obwohl die lokale Politik nach 2014 Der Final des Schweizer Fussballcups nicht mehr als Austragungsort zur Verfügung blickt auf eine bald 100-jährige Geschichte zu- stehen wollte. Wie ist es gelungen, das rück. Als einziger bedeutender Sportanlass Endspiel trotzdem nach Bern zu bringen? der Schweiz wurde er auch während des Zwei- Der Stadtpräsident hat klar gesagt, dass er ten Weltkriegs durchgespielt. Da sollten wir den Cupfi nal in Bern will. Dieses Commitment nicht wegen ein paar aktuellen kommerziellen ist im Vergleich zu 2014 eine neue Aus- Erschwernissen gleich den Mut verlieren. gangslage. Wir fühlen uns wieder willkommen. Aber klar ist: Der SFV alleine und schon gar nicht dessen Generalsekretär schaffen es von Wie muss sich ein Fan die Verhandlungen heute auf morgen, die negativen Nebenge- über die Ansetzung des Finalspiels vorstellen? räusche rund um den Cup zum Verstummen zu Wie geht der SFV vor, welche Interessen und bringen. Der letztjährige Cupfi nal in Genf Faktoren sind dabei zentral und mit welchen sei darum hier lobend erwähnt: Fanarbeit, Ver- Herausforderungen wird man konfrontiert? band, Behörden und Polizei arbeiteten Hand in Tradition, Sport, Sicherheit, Ökonomie, Hand, was zu einem zwar wie so oft hoch- Logistik. Mittlerweile ist die Organisation eines emotionalen, aber insgesamt friedlichen Fuss- so bedeutenden Traditionsanlasses von ballfest führte. Niemand, der ernsthaft für Vernetzung geprägt. Ein einziger Player kann die den Fussball und den Sport in der Schweiz ein- Sache zum Kippen bringen: Ein Shoppingcenter, steht, wird fordern wollen, dass beim Cupfi nal eine Fahrplanänderung, aber auch – das das gleiche Ambiente herrschen soll wie muss in diesem Forum gesagt sein – der Fan. bei einem Kindergeburtstag. Aber niemand will Und zwar in beide Richtungen: Wenn man am Tag danach auf den Titelseiten der Zeit- spürt, dass sich kollektive Wünsche manifes- ungen Vermummte, Gummischrot und Wasser- tieren. Oder wenn der begründete Verdacht werfer sehen – und schon gar nicht von besteht, dass Randale drohen… Verletzten und Sachbeschädigungen lesen. Wir können beides erreichen: Echte Fussball- Stimmung und keine Gewalt. Dazu brauchen wir aber robuste Leitplanken mit genügend Platz für grosse Solidarität und weitreichende Toleranz.

Wo fi ndet das Finalspiel 2019 statt? Das entschiedet der Zentralvorstand nach der Ausgabe 2018.

37 Die bedeutung des Cupfinals � Der Fussball- verband hat richtig entschieden�

Interview von Thomas Weber

Sie lancierten einen Aufruf an die Berner Rasens in Bezug auf den Cupfi nal für mich Politik, den Cupfi nal wieder nach Bern zu holen. eine rein reglementarische. Der Fussballverband Warum ist Ihnen der Finalspielort des Schwei- hat richtig entschieden. zer Cups so wichtig? Corrado Pardini: Der Cupfi nal gehört tradi- Nun erhielt der Fussballverband bereits für tionell nach Bern wie der Zibelemärit. Für unsere 2018 grünes Licht für einen Final in Bern. Stadt und für unseren Kanton ist die Aus- Welchen Einfl uss hatte Ihr Aufruf auf diesen tragung des traditionsreichen Anlasses ein eher überraschenden Entscheid? Corrado Pardini, Nationalrat und Initiant wichtiges Element des Standortmarketings – Mein Aufruf, der von allen Berner National- des Aufrufs Der Cupfi nal und das nicht nur bei den Fussballfans und StänderätInnen mitunterzeichnet wurde, gehört nach Bern! an die sondern weit über die Grenzen des Sportes hat den verantwortlichen Entscheidungs- Berner Stadtregierung hinaus. Der Cupfi nal ist eine einzigartige Ge- trägerInnen eindrücklich demonstriert, dass legenheit um Sport, Wirtschaft, Politik und die Berner Bundeshausdelegation, über alle Gesellschaft an einem Ort zu vereinen und zu Parteien hinweg, hinter dem Anliegen Der vernetzen. Welcher Ort wäre da nicht prädes- Cup-Final gehört nach Bern! steht. Es war ein tinierter als unsere Bundeshauptstadt und das starkes Zeichen zum richtigen Zeitpunkt. Wankdorf? Wo fi ndet der Cupfi nal 2019 statt? Wiederholte Fanproteste forderten Bern als Jetzt will ich den Cupfi nal 2018 mit allen festen Ort des Finals und beriefen sich dabei YB-Fans im Wankdorf geniessen und hoffent- auf diese Tradition. Das vermeintliche lich gibt es ein tolles Fussballfest inklusive Manko wird dabei scheinbar in Kauf genommen: Freinacht! Das wäre die beste Werbung, damit Im Stade de Suisse wird auf Kunstrasen die Tradition des Cup-Finals auch in den gespielt. Welche Aspekte sind beim Spielort nächsten Jahren in Bern weiterleben kann. wichtiger als die Infrastruktur? Im Wankdorf wird auf Kunstrasen gespielt, Naturrasen wäre sicher besser, aber das Reglement lässt das zu. Dementsprechend ist die Frage rund um die Beschaffenheit des 38 Fazit und Haltung von Fanarbeit Schweiz

Zusammenfassend hält Fanarbeit Schweiz bedarf des gegenseitigen Respekts und des folgende Punkte zum Thema «Haben Traditionen Austauschs auf Augenhöhe. noch Zukunft?» fest: Die Liga und Vereine müssen die bestehenden Fussball lebt von Leidenschaft, Emotionen und zukünftigen Aufl agen im Sinne einer und den unterschiedlichsten Traditionen. Für breiten Teilhabe der Clubs überprüfen. Es muss den Profi betrieb ist es aber unerlässlich, im Interesse aller Beteiligten sein, dass die dass auch der wirtschaftliche Faktor genügend Profi ligen im Schweizer Fussball auch länger- berücksichtigt und gewichtet wird. fristig durch einen spannenden Wettbewerb geprägt sind, an dem möglichst viele Clubs Die Erfahrung in der Schweiz hat gezeigt, partizipieren können. dass ein schneller sportlicher und wirtschaft- licher Erfolg nicht auf Kosten von Traditionen Fanarbeit Schweiz wird sich auch in Zukunft gehen darf. Die Vereine sind in unserer für eine bunte und kreative Fankultur ein- kleinräumigen Schweiz auf die Identifi kation setzen, die sowohl Platz für liebgewonnene der Fans mit ihnen angewiesen. Retorten- Traditionen wie auch für zukunftsgerichtete modelle, wie sie aus grösseren europäischen Innovationen lässt. Ligen bekannt sind, können deshalb keine Referenz für den Schweizer Fussball sein.

Die Clubs und StadionbetreiberInnen sind dazu angehalten, den Dialog mit Fans (insbe- sondere den aktiven Fanszenen) zu suchen. Der zukünftige Umgang mit dem Spannungs- feld «Traditionen vs. Kommerzialisierung» 39 Jahres- rückblick

Neuer Standort präsident des Vereins. Er kennt die Themen der Fanarbeit und mit seiner Erfahrung und Ver- Nach 10 Jahren in Moosseedorf wechselten netzung als Vereinsfunktionär kann er einen wir im Sommer 2017 unseren Sitz nach Bern an wichtigen Beitrag zu einer weiteren Stärkung den Pavillonweg 3. Die Räumlichkeiten sind der Fanarbeit Schweiz leisten. sehr zentral und entsprechen so auch dem Bedarf vieler VernetzungspartnerInnen. Wir be- Im Zuge der Neubesetzung des Präsidiums danken uns an dieser Stelle beim Team wurde auch die Vorstandsstruktur durchleuchtet. passepartout in Moosseedorf für die tolle Der Verein Fanarbeit Schweiz konnte in Zusammenarbeit in den letzten Jahren. diesem Zusammenhang neue Vorstandsmitglie- der gewinnen, die sich in Zukunft für eine Vorstand aktive und zielgerichtete Vereinsarbeit einsetzen. Neu begrüssen wir Christoph Vecko (Fachper- Wechsel gab es auch im Vorstand. Fanarbeit son Jugendarbeit, okaj Zürich), Andi Geu Schweiz-Pionier Markus Gander gab an der GV (FARE), Jonas Niederhäuser (Fanarbeit Bern), im September 2017 das Präsidentenamt an Fabian Achermann (Fanarbeit Luzern) und seinen Nachfolger Mike Hauser weiter. Markus Manuel Dudli (Fanarbeit St. Gallen) in unserem Gander amtete über 10 Jahre als Präsident Vorstand. Ergänzt werden sie durch die be- von Fanarbeit Schweiz und hat unsere Organi- reits aktiven Vorstandsmitglieder Alex Miescher sation in dieser Zeit massgebend mitgeprägt. (SFV), Dominique Huber (SFL), Ornella Pessotto Mit riesigem Einsatz vertrat er die Anliegen (Fanarbeit Basel) und Mattias Cadonau von Fanarbeit Schweiz und trieb die Professio- (Fanprojekt GCZ). nalisierung des Vereins weiter. Markus, wir danken dir recht herzlich für dein Engagement, Wir bedanken uns auch bei Alexandra Herren dein Herzblut und deine tolle Arbeit! Alles (Fanarbeit Bern), Philipp Grünenfelder (FARE) Gute und hoffentlich bis bald irgendwo in einem und Thomas Weber (Fanarbeit St. Gallen) für Schweizer Stadion. ihre Arbeit im Vorstand.

Als Nachfolge für Markus Gander konnte der Team Fanarbeit Schweiz ehemalige FC Luzern-Präsident Mike Hauser ge- wonnen werden. Hauser war am Aufbau der Senad Gafuri verliess im Frühjahr 2017 die Ge- Fanarbeit Luzern beteiligt und begleitete diese schäftsstelle nach 4 Jahren Engagement als während seiner FCL-Tätigkeit aktiv als Vize- Projektleiter. Als Nachfolger ergänzt Thomas Weber unser Team. Er arbeitet seit 2012 als Stellenleiter der Fanarbeit St. Gallen und bringt 40 in dieser Funktion viel Erfahrung und Wissen Lukas Meier, Thomas Weber und Christian Wandeler, Team Fanarbeit Schweiz

in unser Team. Neben den laufenden Angeboten 2000 Grad Fest und dem Einbezug in neue Projekte wird Thomas vor allem die Betreuung der digitalen Schon fast Tradition hat das jährliche Fest der Öffentlichkeitsarbeit übernehmen. Fanarbeit Schweiz für alle Fans, Fanarbeitenden, VertreterInnen von Partnerorganisationen Aufbau Romandie und Tessin und anderen Interessierten. Bei Musik, Bier und Wurst bot das Fest auch im letzten Der Aufbau von Dialoggefässen in der Romandie Jahr einen ungezwungenen Rahmen, um sich und im Tessin konnte im letzten Jahr noch über Fussball, Traditionen und Kultur aus- einmal entscheidend vorangetrieben werden. zutauschen. Vielen Dank an dieser Stelle an Es wurden Kooperationen mit Regionalstellen das Team des FC Breitenrain, das uns einmal von infoklick.ch geschaffen, die im Auftrag von mehr hervorragend bewirtete. Fanarbeit Schweiz den Aufbau von Aus- tauschgefässen rund um Fussball- und Eisho- Themen ckeyvereine vorantreiben. Durch die lokale Verankerung soll die Vernetzung mit Vereinen, Verschiedene weitere Themen haben Fan- Fans und Kommunen einfacher und nieder- arbeit Schweiz 2017 begleitet. So konnte sich schwelliger gelingen. unser Verein bei der Überarbeitung der Sta- dionverbotsrichtlinien einbringen. Die Fertig- Netzwerk stellung dieser Richtlinien wird uns sicher auch 2018 beschäftigen. Die Moderation und Organisation des Netz- werkes der lokalen Fanarbeitsstellen nahm wie- Fanarbeit Schweiz hat auch bestehende Hal- derum eine wichtige Rolle in der Arbeit von tungspapiere überprüft und wird diese laufend Fanarbeit Schweiz ein. An fünf Austauschtreffen überarbeiten. Unsere Haltungen und Positionen konnten Erfahrungen ausgetauscht und sind auf unserer Website abrufbar. aktuelle Themen besprochen werden. Im No- vember 2017 fand ein Weiterbildungstag Als wichtiges Thema hat sich auch die zukünf- für die Fanarbeitenden zu den Themen juristi- tige Ausrichtung der Fanreisen in der Schweiz sches Wissen und Umgang mit Medien statt. etabliert. Fanarbeit Schweiz beteiligt sich in einer nationalen Arbeitsgruppe, in der sie die Sichtweisen und Anliegen der lokalen Fan- arbeitsstellen vertritt.

41 Impressum

Wir danken unseren Geldgebern für Redaktion die Unterstützung Christian Wandeler, Thomas Weber, Bundesamt für Sozialversicherungen Lukas Meier und Andi Geu Schweizerischer Fussballverband Swiss Football League Gestaltung und Illustrationen Fabian Rietmann und Fabian Walser Vorstand Trägerverein Fanarbeit Schweiz FF GmbH, 9000 St. Gallen Mike Hauser, Präsident [email protected] Alex Miescher, Schweizerischer Fussballverband fabianfabian.ch Dominique Huber, Swiss Football League Andi Geu, FARE Netzwerk Schweiz Druck und Aufl age Christoph Vecko, Fachperson Jugendarbeit; Bubenberg Druck- und Verlags-AG okaj zürich 3007 Bern Ornella Pessotto, Fanarbeit Basel 500 Exemplare Mattias Cadonau, Fanprojekt GCZ Fabian Achermann, Fanarbeit Luzern Weitere Exemplare können kostenlos Manuel Dudli, Fanarbeit St. Gallen unter [email protected] bestellt werden. Jonas Niederhauser, Fanarbeit Bern Unsere Jahresberichte sind auch online abrufbar unter fanarbeit.ch/jahresberichte. Geschäftsstelle Fanarbeit Schweiz Christian Wandeler, Geschäftsleiter Lukas Meier, Projektleiter Thomas Weber, Projektleiter

Kontakt Fanarbeit Schweiz Pavillonweg 3, 3012 Bern +41 (0)79 785 33 31 [email protected] fanarbeit.ch

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