Schleswig-Holsteinischer Landtag Plenarprotokoll 18/24 (neu) 18. Wahlperiode 13-04-24

Plenarprotokoll (neu)

24. Sitzung

Mittwoch, 24. April 2013

Fragestunde Petra Nicolaisen [CDU]...... 1841, Frage 1...... 1838, Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft.. 1841, Volker Dornquast [CDU]...... 1838, Peter Sönnichsen [CDU]...... 1842, Dr. Waltraud Wende, Ministerin Daniel Günther [CDU]...... 1842, für Bildung und Wissenschaft.. 1838, Heike Franzen [CDU]...... 1843, Fragestunde Anita Klahn [FDP]...... 1843, Frage 2...... 1838, [FDP]...... 1844, Christopher Vogt [FDP]...... 1845, [CDU]...... 1838, Tobias Koch [CDU]...... 1846, Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft.. 1839, Fragestunde Tobias Koch [CDU]...... 1839, Frage 4...... 1847, Wolfgang Kubicki [FDP]...... 1839, Tobias Koch [CDU]...... 1848, Heike Franzen [CDU]...... 1840, Dr. Waltraud Wende, Ministerin Anita Klahn [FDP]...... 1840, für Bildung und Wissenschaft.. 1848, Fragestunde Anita Klahn [FDP]...... 1849, Frage 3...... 1841, Heike Franzen [CDU]...... 1850, 1834 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

Fragestunde d) Keine Zwischenlagerung von Frage 5...... 1851, hochradioaktiven Abfällen aus Wiederaufbereitungsanlagen Katja Rathje-Hoffmann [CDU]..... 1851, ohne erneute und umfassende Dr. Waltraud Wende, Ministerin Prüfungen und Bürgerbeteili- für Bildung und Wissenschaft.. 1851, gung...... 1860, Anita Klahn [FDP]...... 1852, Petra Nicolaisen [CDU]...... 1852, Antrag der Fraktion der CDU Astrid Damerow [CDU]...... 1853, Drucksache 18/733 Daniel Günther [CDU]...... 1853, Tobias Koch [CDU]...... 1854, e) Energiewende- und Klimaschutz Heike Franzen [CDU]...... 1855, in Schleswig-Holstein...... 1860, Fragestunde Antrag der Fraktionen von SPD, Frage 6...... 1856, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Heike Franzen [CDU]...... 1856, Drucksache 18/750 Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft.. 1856, f) Erfolgreicher Atomausstieg: Endlagersuche beginnen - Ener- Fragestunde giewende konsequent umsetzen.. 1860, Frage 7...... 1857, Antrag der Fraktionen von SPD, Daniel Günther [CDU]...... 1857, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Dr. Waltraud Wende, Ministerin der Abgeordneten des SSW für Bildung und Wissenschaft.. 1857, Drucksache 18/751 (neu) - 2. Fas- Heike Franzen [CDU]...... 1859, sung Martin Habersaat [SPD]...... 1860, g) Verfahren zur Zwischenlage- Gemeinsame Beratung rung...... 1860, Antrag der Fraktionen von CDU, a) Regierungserklärung „Schles- SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wig-Holsteins Beitrag zum NEN und der Abgeordneten des Atomausstieg - in Verantwor- SSW tung vor den Menschen und Drucksache 18/778 dem Land“...... 1860, Torsten Albig, Ministerpräsident... 1861, 1902, b) Keine Zwischenlagerung hoch- Johannes Callsen [CDU]...... 1866, radioaktiver Abfälle aus Wie- Wolfgang Kubicki [FDP]...... 1868, 1900, deraufbereitungsanlagen an 1903, Kernkraftwerksstandorten in Angelika Beer [PIRATEN]...... 1872, 1904, Schleswig-Holstein...... 1860, Dr. Ralf Stegner [SPD]...... 1877, 1898, Antrag der Fraktion der FDP 1903, 1904, Drucksache 18/707 (neu) Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]...... 1886, c) Transparenz und Volksentscheid Lars Harms [SSW]...... 1888, über Zwischenlagerung radio- Oliver Kumbartzky [FDP]...... 1890, aktiver Stoffe aus Wiederaufbe- Bernd Voß [BÜNDNIS 90/DIE reitungsanlagen an Kernkraft- GRÜNEN]...... 1892, werksstandorten in Schleswig- Jens-Christian Magnussen [CDU]. 1894, Holstein unter Beteiligung der Detlef Matthiessen [BÜNDNIS Öffentlichkeit sichern...... 1860, 90/DIE GRÜNEN]...... 1896, Heiner Rickers [CDU]...... 1898, Antrag der Fraktion der PIRA- Johannes Callsen [CDU], Persön- TEN liche Erklärung...... 1902, Drucksache 18/728 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1835

Dr. Ralf Stegner [SPD], zur Ge- Antrag der Fraktionen von SPD, schäftsordnung...... 1903, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Wolfgang Kubicki [FDP], zur Ge- der Abgeordneten des SSW schäftsordnung...... 1904, Drucksache 18/381 Johannes Callsen [CDU], zur Ge- schäftsordnung...... 1904, Bericht und Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses Chancen für mehr Mobilität und Drucksache 18/718 Vergleichbarkeit im Bildungswesen ...... 1905, Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN], Berichterstat- Antrag der Fraktion der CDU terin...... 1922, Drucksache 18/719 Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft.. 1922, Heike Franzen [CDU]...... 1905, 1912, Martin Habersaat [SPD]...... 1924, Martin Habersaat [SPD]...... 1906, Christopher Vogt [FDP]...... 1924, Ines Strehlau [BÜNDNIS 90/DIE Daniel Günther [CDU]...... 1925, GRÜNEN]...... 1907, Rasmus Andresen [BÜNDNIS Anita Klahn [FDP]...... 1908, 90/DIE GRÜNEN]...... 1926, Sven Krumbeck [PIRATEN]...... 1909, Uli König [PIRATEN]...... 1928, Jette Waldinger-Thiering [SSW]... 1911, Jette Waldinger-Thiering [SSW]... 1928, Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft.. 1912, Beschluss: 1. Antrag Drucksache 18/738 mit der Berichterstattung Beschluss: Überweisung an den Bil- der Landesregierung erledigt dungsausschuss...... 1913, 2. Annahme des Antrags Drucksache 18/381 in der Fassung Zukunft der Lehrerbesoldung...... 1913, der Drucksache 18/718...... 1929, Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/736 Gemeinsame Beratung Dr. Waltraud Wende, Ministerin a) Zweite Lesung des Entwurfs ei- für Bildung und Wissenschaft.. 1914, nes Gesetzes über den Vollzug Heike Franzen [CDU]...... 1915, der Sicherungsverwahrung und Kai Vogel [SPD]...... 1916, zur Änderung weiterer Gesetze.. 1929, Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]...... 1917, Gesetzentwurf der Landesregie- Anita Klahn [FDP]...... 1918, rung Uli König [PIRATEN]...... 1920, Drucksache 18/448 Jette Waldinger-Thiering [SSW]... 1921, b) Zweite Lesung des Entwurfs ei- Beschluss: Antrag Drucksache 18/ nes Gesetzes über die Zustim- 736 und der Tagesordnungspunkt mung zu dem Staatsvertrag zwi- insgesamt mit der Berichterstat- schen dem Land Schleswig-Hol- tung der Landesregierung erledigt. 1922, stein und der Freien und Hanse- stadt Hamburg über die Zusam- Gemeinsame Beratung menarbeit im Bereich der Siche- rungsverwahrung und der The- rapieunterbringung...... 1929, a) Bericht der Landesregierung zum Hochschulpakt II...... 1922, Gesetzentwurf der Landesregie- rung Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/512 Drucksache 18/738 b) Für eine dritte Programmphase des Hochschulpaktes 2020...... 1922, 1836 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

Bericht und Beschlussempfehlung e) Erfolgreicher Atomausstieg: des Innen- und Rechtsausschusses Endlagersuche beginnen - Ener- Drucksache 18/722 giewende konsequent umsetzen.. 1931, Simone Lange [SPD], Berichter- Antrag der Fraktionen von SPD, statterin...... 1929, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Beschluss: 1. Verabschiedung des Drucksache 18/751 (neu) - 2. Fas- Gesetzentwurfs Drucksache 18/ sung 448 in der Fassung der Drucksa- che 18/722 f) Verfahren zur Zwischenlagerung 1931, 2. Verabschiedung des Gesetzentwurfs Drucksache 18/ Antrag der Fraktionen von CDU, 512...... 1930, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der Abgeordneten des SSW Gemeinsame Beratung Drucksache 18/778 a) Keine Zwischenlagerung hoch- Dr. Ralf Stegner [SPD]...... 1931, 1938, radioaktiver Abfälle aus Wie- Johannes Callsen [CDU]...... 1932, deraufbereitungsanlagen an Eka von Kalben [BÜNDNIS Kernkraftwerksstandorten in 90/DIE GRÜNEN]...... 1932, Schleswig-Holstein...... 1930, Wolfgang Kubicki [FDP]...... 1933, Angelika Beer [PIRATEN]...... 1934, 1935, Antrag der Fraktion der FDP Lars Harms [SSW]...... 1934, Drucksache 18/707 (neu) Wolfgang Dudda [PIRATEN]...... 1935, b) Transparenz und Volksent- Dr. Robert Habeck, Minister für scheid über Zwischenlagerung Energiewende, Landwirtschaft, radioaktiver Stoffe aus Wieder- Umwelt und ländliche Räume.. 1936, aufbereitungsanlagen an Kern- Jens-Christian Magnussen [CDU]. 1937, kraftwerksstandorten in Schles- Johannes Callsen [CDU], zur Ge- wig-Holstein unter Beteiligung schäftsordnung...... 1940, der Öffentlichkeit sichern...... 1930, Beschluss: 1. Überweisung des An- Antrag der Fraktion der PIRA- trags Drucksache 18/733 an den TEN Umwelt- und Agrarausschuss und Drucksache 18/728 den Wirtschaftsausschuss 2. Ablehnung der Anträge c) Keine Zwischenlagerung von Drucksachen 18/707 (neu) und hochradioaktiven Abfällen aus 18/728 Wiederaufbereitungsanlagen 3. Annahme der Anträge ohne erneute und umfassende Drucksachen 18/750 und 18/751 Prüfungen und Bürgerbeteili- (neu) - 2. Fassung gung...... 1930, 4. Annahme des Antrags Drucksache 18/778 in geänderter Antrag der Fraktion der CDU Fassung...... 1940, Drucksache 18/733 d) Energiewende- und Klimaschutz in Schleswig-Holstein...... 1930, Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/750 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1837

Beginn: 10:01 Uhr

**** Präsident Klaus Schlie: Regierungsbank: Meine Damen und Herren. Ich eröffne die 10. Ta- gung des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und be- Torsten Albig, Ministerpräsident schlussfähig. Erkrankt sind die Abgeordneten Bar- bara Ostmeier, Karsten Jasper und Jürgen Weber. - Dr. Robert Habeck, Minister für Energiewen- Wir wünschen den Abgeordneten eine gute Gene- de, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume sung. und Erster Stellvertreter des Ministerpräsidenten (Beifall) Anke Spoorendonk, Ministerin für Justiz, Kul- Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eine tur und Europa und Zweite Stellvertreterin des Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Rede- Ministerpräsidenten zeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verstän- digt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Rei- Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung henfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln: und Wissenschaft Zu den Tagesordnungspunkten 4, 6, 8, 10, 12, 14, 21, 22, 24, 33, 46, 51, 54, 55, 57 sowie 64 ist eine Andreas Breitner, Innenminister Aussprache nicht geplant. Von der Tagesordnung abgesetzt werden sollen die Tagesordnungspunkte Monika Heinold, Finanzministerin 15, 10, 44, 59, 62 sowie 65 bis 67. Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Reinhard Meyer, Minister für Wirtschaft, Ar- Tagesordnungspunkte 2, 20, 27, 31, 47 und 48, Re- beit, Verkehr und Technologie gierungserklärung und Anträge zum Atomausstieg, zur Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle und zur Kristin Alheit, Ministerin für Soziales, Gesund- Energiewende, sowie die Tagesordnungspunkte 36 heit, Familie und Gleichstellung und 53, Bericht und Antrag zum Hochschulpakt, 7 und 29, Gesetzentwurf und Antrag zu Bestandsda- **** ten im Internet, 18, 25 und 56, Anträge und Bericht zur Erhöhung des Garantievolumens und zur aktu- ellen Lage der HSH Nordbank sowie zum Wertpa- pierankauf des HSH-Finanzfonds, 17 und 41, An- träge zur Einhaltung der Schuldenbremse und zum Altschuldentilgungsfonds für Land und Kommu- nen, die Tagesordnungspunkte 3 und 43, Tariftreue- und Vergabegesetz und Antrag zur Bekämpfung von Lohndumping, 11 und 32, Anträge zur Aus- schreibung der Strecke Hamburg-Westerland-Sylt und zum Ausbau der AKN zur S 21, die Tagesord- nungspunkte 37, 38 und 52, Resolution zum Nord- Ostsee-Kanal und Antrag zur Hinterlandanbindung der festen Fehmarnbelt-Querung, die Tagesord- nungspunkte 28, 35 und 45, Anträge zum kommu- nalen Wahlrecht für Nichtdeutsche und zum Wahl- recht für Unionsbürger zur Landtagswahl, die Ta- gesordnungspunkte 42, 58 und 60, Anträge zum Krippenausbau und Bericht zur frühkindlichen Bil- dung und Betreuung. Anträge zu einer Aktuellen Stunde liegen nicht vor. Wann die weiteren Tagesordnungspunkte voraus- sichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ih- 1838 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Präsident Klaus Schlie) nen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge nen und Verabredungen der Schulen mit Oberstu- der Beratung der 10. Tagung. Wir werden heute un- fen in einer Region geschehen, wie sie durch das ter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause Bildungsministerium im Rahmen der Runden Ti- und morgen unter Einschluss einer einstündigen sche, die im Januar und im Februar 2013 stattgefun- Mittagspause längstens bis 18 Uhr tagen. Am Frei- den haben, bereits angeregt worden sind. Wir freu- tag wird die Sitzung um 9 Uhr beginnen. Eine Mit- en uns sehr, dass diese Anregungen positive Reso- tagspause wird nicht stattfinden, da die Tagung ge- nanz gefunden haben und dass die Schulen bei die- gen 13 Uhr enden wird. - Ich höre keinen Wider- sen Runden und bei diesen Gesprächen im Januar spruch, wir werden so verfahren. und Februar bereits erste Ideen für Kooperationen im Oberstufenbereich entwickelt haben. Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir auf der Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN des Immanuel-Kant-Gymnasiums aus Neumünster. und SSW) - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig- Holsteinischen Landtag! Präsident Klaus Schlie: (Beifall) Zu einer ersten Zusatzfrage hat Herr Abgeordneter Ich rufe Tagesordnungspunkt 68 auf: Dornquast das Wort.

Volker Dornquast [CDU]: Fragestunde Frage 1 Ich möchte nachfragen: Der Landesrechnungshof hat festgestellt, dass nur wenige neue Oberstufen Ich eröffne die Fragestunde und erteile zunächst mehr als zwei parallele Züge haben werden. Wie Herrn Abgeordneten Volker Dornquast zur ersten beurteilen Sie diese Aussage? Frage im Rahmen der Fragestunde das Wort. Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Volker Dornquast [CDU]: Wissenschaft: Herr Präsident! Frau Ministerin, ich frage die Re- Ja, das wird so sein. Nach unserer Prüfung werden gierung, ob sie die Auffassung des Landeselternbei- die neu genehmigten Oberstufen zunächst zwei Zü- rats der Gymnasien in Schleswig-Holstein teilt, ge haben. Genau das korrespondiert mit meiner dass die Errichtung weiterer gymnasialer Oberstu- Antwort von eben. Wir regen deshalb an, dass die fen ein vielfältiges Profilangebot von bestehenden neuen Oberstufen miteinander Kooperationen ein- Gymnasien und Gemeinschaftsschulen mit Ober- gehen und Profile absprechen. stufen gefährdet. (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Präsident Klaus Schlie: und SSW) Frau Ministerin, Sie haben das Wort zur Beantwor- Volker Dornquast [CDU]: tung. Danke. Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft: Präsident Klaus Schlie: Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben Ihre Wir kommen zur zweiten Frage, zur Frage der Frau Frage abgelesen. Daher werde auch ich meine Ant- Abgeordneten Astrid Damerow: wort ablesen. Ziel der Landesregierung und der re- gierungstragenden Fraktionen ist die Einrichtung Fragestunde neuer Oberstufen an Gemeinschaftsschulen, damit Frage 2 mehr Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Hol- stein das Abitur machen. Astrid Damerow [CDU]: Die Landesregierung sieht sich dabei vor der Her- Danke sehr. - Frau Ministerin, ich frage Sie: Teilt ausforderung, Wege dahin gehend zu entwickeln, die Landesregierung die Auffassung des Landesel- dass die Vielfalt der angebotenen Profile nicht ver- ternbeirats der Gymnasien in Schleswig-Holstein, ringert, sondern möglichst sogar noch gestärkt dass die Errichtung weiterer gymnasialer Oberstu- wird. Das kann beispielsweise durch Kooperatio- Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1839

(Astrid Damerow) fen dazu führt, dass bei der Besetzung von freien Tobias Koch [CDU]: Planstellen die Gymnasien zugunsten der neu ge- Ich lese auch nicht vor und möchte deshalb um schaffenen Oberstufen benachteiligt werden? freie Beantwortung bitten. Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und (Heiterkeit) Wissenschaft: Frau Ministerin, Sie haben gerade ausgeführt, dass Sehr geehrte Frau Abgeordnete, auch dieses Mal le- Sie 750 Planstellen weniger abbauen als demogra- se ich meine Antwort ab. Die Antwort lautet: Nein, fisch möglich. Wie spiegelt sich diese Zahl in den das sehe ich nicht so. Haushaltseckwerten für 2014 bei Ihrer Personalpla- nung für das kommende Jahr wider? (Christopher Vogt [FDP]: Was wäre gewe- sen, wenn die Frage nicht vorgelesen worden Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und wäre?) Wissenschaft: Präsident Klaus Schlie: Diese 750 Planstellen finden sich natürlich noch nicht im nächsten Jahr, weil wir die ja über die ge- Frau Abgeordnete Damerow hat das Wort zu einer samte Spanne von fünf Jahren im System lassen. ersten Zusatzfrage. Wir können Sie aber insofern beruhigen, wenn es um die Frage geht, wie viele Stellen wir in der Astrid Damerow [CDU]: Haushaltsplanung für das neue Schuljahr brauchen. Ich frage Sie: Welche Auswirkungen wird die Er- Weil dann erst zwei Oberstufen starten werden, richtung weiterer Oberstufen Ihrer Meinung nach brauchen wir genau sieben zusätzliche Planstellen. dann auf das von Ihnen ausgewiesene strukturelle Defizit bei der Planstellenversorgung haben? Präsident Klaus Schlie: Das Wort zu einer zweiten Zusatzfrage hat der Herr Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Abgeordnete Tobias Koch. Wissenschaft: Sie wird in diesem Sinne keine Auswirkung haben. Tobias Koch [CDU]: Sie wissen, wir werden den demografischen Rück- Ist es zutreffend, Frau Ministerin, dass Sie im kom- gang in den nächsten Jahren dazu nutzen, nicht die menden Jahr mehr Planstellen abbauen, als dies die volle Zahl der möglich gewesenen Stellen abzubau- Vorgängerregierung vorgesehen hatte? en. Vielmehr werden wir 750 Stellen mehr im Sys- tem lassen, als es die Vorgängerregierung getan Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und hätte. Wissenschaft: (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Nein, das ist nicht zutreffend. und SSW) (Tobias Koch [CDU]: Oh! - Beifall SPD, Von daher haben wir Potenzial für diese Oberstu- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW) fen. Präsident Klaus Schlie: Präsident Klaus Schlie: Das Wort in diesem Komplex hat für eine erste Zu- Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. satzfrage der Herr Abgeordnete Wolfgang Kubicki. (Tobias Koch [CDU]: Doch!) - Entschuldigung! Dann hat das Wort zu einer ers- Wolfgang Kubicki [FDP]: ten Zusatzfrage der Herr Abgeordnete Tobias Koch. Frau Ministerin, Frau Professor Dr. Waltraud Wen- (Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich möchte auch de, kann es sein, dass der Mehrbedarf für die künf- eine Zusatzfrage stellen! Ich lese auch nicht tigen gymnasialen Oberstufen im nächsten Jahr da- vor!) durch gedeckt werden soll, dass dort etwa 50 Plan- stellen aus dem Bereich der Gymnasien nicht mehr verwandt werden? 1840 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Anita Klahn [FDP]: Wissenschaft: Frau Ministerin, können Sie bitte noch einmal dar- Nein, diese Annahme entbehrt jedweder Grundlage. stellen, wie viele Lehrerstellen Sie für die Errich- tung der neuen Oberstufen planen? Mit wie viel (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Personen gehen Sie da hinein? und SSW) Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Präsident Klaus Schlie: Wissenschaft: Das Wort zu einer ersten Zusatzfrage hat die Frau Gern. Wir werden, wenn die Oberstufen voll ausge- Abgeordnete Franzen. baut sein werden, pro Schule 10,5 Planstellen benö- tigen. Heike Franzen [CDU]: Frau Ministerin, können Sie mir sagen, wie viele Präsident Klaus Schlie: Planstellen Sie im Rahmen dieses Haushalts abbau- Das Wort zu einer zweiten Zusatzfrage erteile ich en werden? ebenfalls der Frau Abgeordneten Klahn. Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Anita Klahn [FDP]: Wissenschaft: Ich habe mir bei der Akteneinsicht notiert, dass die Dieses Haushalts? Landesregierung in ihrer Antwort auf meine Kleine Anfrage sagt, dass nur 3,5 Lehrerstellen benötigt Heike Franzen [CDU]: würden. Jetzt sagen Sie 10,5. Wie passt das mit den In diesem Jahr. Berechungen zusammen, die Sie uns im Laufe der Zeit hier vorgestellt haben? Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft: Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft: Wir werden 200 - - Die genaue Zahl müsste ich jetzt Absolut. Ich darf Ihnen insoweit vielleicht Auf- schluss geben. (Zuruf CDU: Ablesen! - Lachen CDU) ablesen. Da ich diese Zahl jetzt nicht in meinen Un- Anita Klahn [FDP]: terlagen habe, kann ich sie Ihnen nachreichen. Gern. Heike Franzen [CDU]: Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Ich kann Ihnen das beantworten. Es sind 213. Wissenschaft: (Dr. Ralf Stegner [SPD]: Die Frau Ministerin Die Oberstufen werden erst langsam aufgebaut. Es soll aber antworten!) beginnt mit den Klassen 11, 12 und 13. Zunächst brauchen wir sieben Planstellen für die ersten bei- Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und den Oberstufen, wie ich Ihnen eben schon einmal Wissenschaft: beantwortet habe, die im Sommer beginnen wer- den. Wenn wir dann fertig sind, sollten wir es so Dann habe ich Ihnen 13 unterschlagen. haben, wie es momentan aussieht, dass wir nämlich zwischen neun und 10 zusätzliche Oberstufen be- Präsident Klaus Schlie: willigen werden; dann werden wir round about Wir bleiben dabei, dass die Abgeordneten Fragen 100 Stellen brauchen. Wenn es zehn sind, dann sind stellen und die Frau Ministerin darauf antwortet. es 105 Stellen. (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW) Anita Klahn [FDP]: Das Wort zu ihrer ersten Zusatzfrage hat Frau Ab- Darf ich eine letzte Frage stellen? geordnete Klahn. Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1841

Präsident Klaus Schlie: Präsident Klaus Schlie: Eine dritte Zusatzfrage sei Ihnen gestattet. Das Wort zu einer ersten Zusatzfrage hat die Frau Abgeordnete Nicolaisen. Anita Klahn [FDP]: Petra Nicolaisen [CDU]: Mit welcher Qualifikation werden die Lehrkräfte dort unterrichten? Wie ist das gesichert? Frau Ministerin, wie bewerten Sie dann die Stel- lungnahme der Stadt Neumünster bezüglich der Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Einrichtung von Oberstufen an Gemeinschafts- Wissenschaft: schulen, die ja besagt, dass in den vergangenen Jah- ren immense Investitionen durch den Schulträger Das ist insofern gesichert, als dass sie eine Lehrer- getätigt wurden, um die Versorgung der auswärti- ausbildung gemacht haben und in der Regel als gen Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten, Gymnasiallehrer an den gymnasialen Oberstufen dass diese Bemühungen durch weitere Bemühun- unterrichten. gen konterkariert würden, obwohl der derzeitige (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bedarf an Plätzen in den unterschiedlichen Schular- und SSW) ten eigentlich gedeckt wird?

Anita Klahn [FDP]: Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft: Okay, danke. Wir sehen dies anders, weil wir seitens der Regie- Präsident Klaus Schlie: rung und der die Regierung tragenden Fraktionen das dezidierte politische Ziel haben, dass wir die Weitere Fragen zu diesem Komplex liegen nicht Zahl der Abiturienten signifikant erhöhen wollen. vor. (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW) Fragestunde Frage 3 Präsident Klaus Schlie: Dann rufe ich auf die Frage Nummer 3 in der Fra- Das Wort zu einer zweiten Zusatzfrage hat die Ab- gestunde und erteile das Wort der Frau Abgeordne- geordnete Frau Nicolaisen. ten Petra Nicolaisen. Petra Nicolaisen [CDU]: Petra Nicolaisen [CDU]: Frau Ministerin, wie bewerten Sie die Äußerungen Frau Ministerin, warum hat das Bildungsministeri- des Städteverbands, dass die finanzielle Lage aller um zu Beginn des Genehmigungsverfahrens nicht öffentlichen Haushalte es nicht zulasse, dass sich überprüft, ob die gestellten Anträge zur Errichtung Investitionen in die Bildungsinfrastruktur durch weiterer gymnasialer Oberstufen mit den jeweiligen selbst zu verantwortende Rechtsänderungen abseh- Schulentwicklungsplanungen der Kreise in Ein- bar als Fehlinvestitionen herausstellen können? klang stehen? Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft: Wissenschaft: Wir sehen nicht, dass dies Fehlentwicklungen sind. Obwohl Ihre Frage abgelesen war, antworte ich Deshalb antworte ich erneut, dass wir daran interes- jetzt einmal frei. siert sind, unsere Abiturientenquote zu steigern. (Heiterkeit SPD - Zuruf CDU: Oh!) Vielleicht darf ich Sie auch noch auf Folgendes Wir haben dies überprüft. Es ist selbstverständlich, hinweisen: Eben wurde unterstellt, es gäbe die Be- dass wir die Schulentwicklungspläne hinzugezogen darfe nicht. Wenn wir uns dies an den Gemein- haben. Voraussetzung dafür war, dass erstens schaftsschulen mit eigener Oberstufe anschauen, Schulentwicklungspläne vorgelegen haben und dass dann haben wir aktuell 2.660 Plätze in den Oberstu- zweitens diese Schulentwicklungspläne aktuell wa- fen. Wir haben aber 3.600 - legen Sie mich nicht ren. fest, was nach den 600 kommt - und 60 oder 70 An- 1842 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Ministerin Dr. Waltraud Wende) fragen. Möglicherweise sind es sogar 3.700. Somit dadurch generieren, dass wir zusätzliche Angebote sind es über 1.000 Plätze zu wenig an den Gemein- machen. schaftsschulen mit eigenen Oberstufen, die aber Darüber hinaus habe ich eben schon einmal betont: nachgefragt werden. Es gibt unterschiedliche Bedarfe für Bildungswege. (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Die einen möchten, dass Gymnasien stark bleiben, und SSW) denn wir haben starke Gymnasien - dort oben sitzen Repräsentanten von starken Gymnasien -, und wir Präsident Klaus Schlie: möchten darüber hinaus aber auch starke Gemein- schaftsschulen mit starken Oberstufen. Für beide Das Wort zu einer dritten Zusatzfrage hat die Abge- Angebote - einschließlich der Regionalen Bildungs- ordnete Frau Nicolaisen. zentren - gibt es in unserem Land enorme Bedarfe. Petra Nicolaisen [CDU]: (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW) Frau Ministerin, wie bewerten Sie den Vorschlag der Plöner Landrätin, dass sich eine verbindliche Präsident Klaus Schlie: Kooperation mit einem Beruflichen Gymnasium als bessere Lösung anbieten würde, um einen Konkur- Das Wort zu einer zweiten Zusatzfrage hat der Ab- renzkampf bei rückläufigen Schülerzahlen zu ver- geordnete Sönnichsen. meiden? Peter Sönnichsen [CDU]: Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Und das Ganze dann bei weiterhin sinkenden Schü- Wissenschaft: lerzahlen? Ich sehe diesen Konkurrenzkampf nicht. Aber ich bin natürlich mit dieser Idee einverstanden, weil es Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und auch unsere Idee ist, dass Regionale Bildungszen- Wissenschaft: tren Kooperationsverträge mit Gemeinschafts- Es ist schön, dass Sie das nachfragen. Dann kann schulen machen sollen, um für die Gemeinschafts- ich das noch einmal erklären. schulen ohne eigene Oberstufe - davon haben wir ja zahlreiche - sicherzustellen, dass jeder Schüler und Wir gehen davon aus, dass aufgrund der demografi- jede Schülerin im Bedarfsfall einen Oberstufenplatz schen Entwicklung die Zahl der Schüler zurückge- findet. hen wird. Wir brauchen aber mehr Abiturienten in diesem Land, erstens weil Schleswig-Holstein im (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bundesweiten Vergleich eine sehr geringe Abituri- und SSW) entenquote hat und zweitens weil mittlerweile das Abitur die Voraussetzung für viele Ausbildungsbe- Präsident Klaus Schlie: rufe ist. Deswegen möchten wir unsere Abiturien- Das Wort zu einer ersten Zusatzfrage hat der Herr tenquote erhöhen. Abgeordnete Sönnichsen. (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW) Peter Sönnichsen [CDU]: Meine Frage schließt sich daran an. Wie bewerten Präsident Klaus Schlie: Sie denn die Aussage der Plöner Landrätin, dass ei- Das Wort zu einer ersten Zusatzfrage hat der Abge- ne Oberstufe an der Gemeinschaftsschule Schön- ordnete Daniel Günther. berg die Schülerzahlen der Gymnasien Heikendorf und Lütjenburg und eben der Beruflichen Schule in Daniel Günther [CDU]: Preetz infrage stellen würde? Frau Ministerin, trotz alledem haben sich weitere Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Kreise ungefragt zu den neuen Oberstufen geäußert, Wissenschaft: unter anderem der Landrat des Kreises Rendsburg- Eckernförde, der ausgeführt hat, dass der Kreis Das sieht die Landesregierung anders, weil wir da- schon jetzt den Bedarf für Oberstufen abdecken von ausgehen, dass wir zusätzliche Bedarfe auch könne. Wie bewerten Sie vor dem Hintergrund die- Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1843

(Daniel Günther) ser Aussage die Genehmigung von drei zusätzli- Dieser Schulleiter macht das vor dem Hintergrund chen Oberstufen allein im Kreis Rendsburg-Eckern- der Tatsache, dass ihm Eltern erklären: Meine förde? Tochter beziehungsweise mein Sohn geht sehr wohl in Süderbrarup auf die gymnasiale Oberstufe. Dort- Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und hin darf sie beziehungsweise er. Ich werde es aber Wissenschaft: nicht ermöglichen, dass sie beziehungsweise er nach Schleswig fährt. Auch in diesem Fall kann ich wieder nur sagen, dass es unterschiedliche Interpretationen der Rah- Das heißt, wir müssen mit unseren Angeboten in menbedingungen gibt. Für uns ist prioritär - an die- die Fläche gehen. Nur dann werden diese Angebote ser Stelle wiederhole ich mich -, die Zahl der Abi- auch nachgefragt. turienten zu steigern, um damit neue Bedarfe zu er- (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zeugen und dann zu befriedigen. und SSW) (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW) Präsident Klaus Schlie: Das Wort zu einer ersten Zusatzfrage hat die Abge- Präsident Klaus Schlie: ordnete Klahn. Das Wort zu einer ersten Zusatzfrage hat die Abge- ordnete Franzen. Anita Klahn [FDP]: Frau Ministerin, Sie haben dargestellt, dass bei den Heike Franzen [CDU]: Entscheidungen über die neuen Oberstufen die Frau Ministerin, Sie haben gerade ausgeführt, dass Schulentwicklungspläne der Kreise nicht berück- Sie einen Bedarf dahin gehend haben, dass rund sichtigt worden seien, da diese nicht von allen so 1.000 Schülerinnen und Schüler offensichtlich kei- kontinuierlich fortgeschrieben würden, wie das nen Platz an der Oberstufe einer Gemeinschafts- vielleicht wünschenswert wäre. schule bekommen. Wie bewerten Sie die Aussage (Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD]) Ihrer eigenen Fachabteilung, dass dem 4.080 Plätze an unseren Beruflichen Gymnasien gegenüberste- Präsident Klaus Schlie: hen? Vielleicht überlassen wir zunächst einmal die Frage Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und der Frau Kollegin Klahn. Wissenschaft: Anita Klahn [FDP]: Die aber nicht frei sind. Vielleicht sind Sie nicht persönlich dafür verant- Heike Franzen [CDU]: wortlich gewesen. Ich sage einmal, dafür war das Ministerium verantwortlich. Vielleicht ist auch Ihr Natürlich sind die frei. Staatssekretär dafür verantwortlich gewesen. Das (Wolfgang Kubicki [FDP]: Jedes Jahr wie- möchte ich an dieser Stelle dahinstehen lassen. Es der!) ist aber im Ausschuss so dargestellt worden. Ich möchte gern wissen, wie Sie dann zu den Erhe- Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und bungen und zu der Genehmigungsfähigkeit von Wissenschaft: Oberstufen zum Beispiel in Handewitt kommen, wo Ich möchte Ihnen das noch einmal erklären. Ich war man nach der Schulentwicklungsplanung eigentlich am Montag beim Regionalen Bildungszentrum in keine weitere Oberstufe hätte genehmigen können. Schleswig. Das Regionale Bildungszentrum in Sie haben eine solche aber genehmigt. Können Sie Schleswig vollzieht derzeit eine interessante Ent- mir das erklären? wicklung. Die Hauptstelle befindet sich in Schles- wig. Der Schulleiter hat sich mittlerweile aber ent- Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und schlossen, verschiedene Nebenstellen in kleinen Wissenschaft: Dörfern einzurichten. Können Sie bitte zunächst einmal die These Ihrer Frage reformulieren? Sie haben mir unterstellt, ich 1844 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Ministerin Dr. Waltraud Wende) hätte gesagt, wir hätten die Schulentwicklungspläne (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht berücksichtigt. und SSW) (Vereinzelter Beifall SPD) Präsident Klaus Schlie: Ich habe hier gerade ausgeführt, dass wir die Schul- entwicklungspläne berücksichtigt haben, sofern Das Wort zu einer weiteren Zusatzfrage hat der Ab- diese vorlagen und aktuell waren. geordnete Daniel Günther.

Im Kreis Schleswig- gab es eine Beson- Daniel Günther [CDU]: derheit. Wir haben bereits im August 2012 mit un- serem Dialogprozess im Ministerium begonnen. Frau Ministerin, ich beziehe mich auf die Aussage, Der Schulentwicklungsplan für den Kreis Schles- dass etwa 1.000 Schülerinnen und Schüler, die in wig-Flensburg lag nicht vor. Dieser ist erst am 19. die Oberstufe einer Gemeinschaftsschule wechseln oder 20. Dezember 2012 beschlossen worden. wollten, nicht aufgenommen werden konnten. Lie- Gleichwohl haben wir aber Kenntnis gehabt von gen Ihnen Daten darüber vor, wie viele dieser Schü- den Diskussionen in Schleswig-Flensburg. lerinnen und Schüler an keiner anderen Oberstufe angenommen werden konnten? Das wird sicherlich Wenn Sie zum Beispiel wissen möchten, warum auch erhoben worden sein. wir Handewitt bewilligt haben, kann ich Ihnen sa- gen: Wir haben Schülerströme analysiert und sind zu der festen Überzeugung gelangt, dass diese Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Schülerströme gewährleisten werden, dass Hande- Wissenschaft: witt eine erfolgreiche Oberstufe sein wird. Wir wissen nur, dass Schulen Anträge ablehnen (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mussten. Was die Kandidaten dann jeweils gemacht und SSW) haben, haben wir natürlich nicht überprüfen kön- nen. Woher sollen wir auch das Datenmaterial be- kommen? So gläsern sind wir in diesem Land noch Präsident Klaus Schlie: nicht. Das Wort zu einer weiteren Zusatzfrage hat die Ab- (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geordnete Klahn. und SSW)

Anita Klahn [FDP]: Präsident Klaus Schlie: Dann möchte ich Sie bitten, konkret darzustellen, Das Wort zu einer ersten Zusatzfrage hat der Abge- wie Sie die Schülerströme errechnet haben und an- ordnete Kubicki. schließend zu einer Bewertung gekommen sind. Wolfgang Kubicki [FDP]: Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft: Frau Ministerin, liegen Ihnen bereits die Anmelde- zahlen für Handewitt vor? Wenn ja, welche Grö- Ich kann Ihnen gern die Parameter nennen. Die ßenordnung umfassen diese? Wenn nein, wären Sie Zahlen habe ich nicht auswendig gelernt. Diese bereit, dem Parlament die Anmeldezahlen schrift- könnten wir Ihnen aber nachliefern. Wir haben für lich nachzureichen? alle Schulen die gleichen Kriterien zugrunde gelegt. Als Kriterium haben wir zugrunde gelegt, dass in Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und der ersten Jahrgangsphase der Oberstufe 50 Schüler Wissenschaft: generiert sein müssen. Dabei schauen wir zunächst danach, wie groß die Klassenstärke der Jahrgangs- Die Anmeldezahlen können wir Ihnen schriftlich stufe zuvor der Schule ist, die die Einrichtung einer nachreichen. Oberstufe beantragt hat. Das berücksichtigen wir zu 30 %. Darüber hinaus berücksichtigen wir Schüler- Wolfgang Kubicki [FDP]: ströme der anliegenden Schulen. Je nach lokaler Die haben Sie jetzt nicht dabei? Differenzierung haben wir diese mit 5 %, 10 % oder sogar 20 % berücksichtigt. Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1845

Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Heike Franzen [CDU]: Wissenschaft: Frau Ministerin, wie bewerten Sie die Aussage Ih- Die habe ich jetzt nicht parat. Ich habe auch nicht rer Fachabteilung vom 30. Oktober 2012, in der die Anmeldezahlen der anderen 13 Schulen parat, deutlich gemacht wird, dass es ein grundsätzliches sodass ich Ihnen diese jetzt nicht nennen kann. Problem bei der zusätzlichen Bewilligung von Oberstufen gibt, da in der Regel an den gymnasia- Präsident Klaus Schlie: len Oberstufen entsprechende Kapazitäten vorhan- den sind? Das Wort zu einer zweiten Zusatzfrage hat die Ab- geordnete Franzen. Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft: Heike Franzen [CDU]: Bitte gestatten Sie mir, jetzt schon etwas zu sagen, Frau Ministerin, habe ich Sie gerade richtig ver- was ich eigentlich erst bezogen auf die nächste Fra- standen, dass Sie nicht wissen, was mit den Schüle- ge sagen wollte. Ich möchte das jetzt gern vorzie- rinnen und Schülern passiert ist, die sich an der hen. Oberstufe einer Gemeinschaftsschule angemeldet haben, und Sie damit auch keinen Überblick dar- Wir wollen prüfen, wie wir damit umgehen, dass über haben, ob der Bedarf tatsächlich gedeckt wor- wir im neuen Schuljahr zusätzliche Oberstufen be- den ist? willigen wollen. Das war politischer Wille, der schon in unserem Wahlprogramm als politischer (Dr. Ralf Stegner [SPD]: Wir sind kein Über- Wille festgehalten wurde und der auch in unserem wachungsstaat, Frau Kollegin!) Koalitionsvertrag steht. Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Zunächst einmal mussten wir festlegen, welche Kri- Wissenschaft: terien zugrunde gelegt werden sollen, damit eine Schule ein „Go“ bekommen kann. Das ist ein Pro- Ich kann meine Antwort in diesem Sinne wiederho- zess, und dieser Prozess war weder im August noch len. Wir befinden uns nicht in einem gläsernen im September und auch nicht am 30. Oktober abge- Staat, in dem ein Schüler, der sich an einer Schule schlossen, sondern der war erst im Dezember 2012 bewirbt, dahin gehend beobachtet wird, was er abgeschlossen. Dabei haben wir unsere Kriterien macht, wenn er an einer Schule abgelehnt worden immer wieder neu justiert, immer wieder verfeinert. ist. Wenn Sie einen Zwischenschritt, der am 30. Okto- (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ber von einer Fachabteilung kommentiert worden und SSW) ist, nehmen, dann sehen Sie da ganz deutlich, dass wir in einem dynamischen Entwicklungsprozess Als Wissenschaftsministerin weiß ich auch nicht, waren und immer wieder neue Erkenntnisse hatten, was ein Studienplatzbewerber, der sich vergeblich immer neue, verfeinerte Kriterien zugrunde gelegt um einen Studienplatz in Schleswig-Holstein be- haben. worben hat, alternativ tut. (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bitte geben Sie mir die Möglichkeit, noch eine Ant- und SSW) wort auf die Frage von Herrn Kubicki nachzulie- fern. Ich habe in meinem Gedächtnis gekramt. Mo- Präsident Klaus Schlie: mentan sind es knapp 50 Anmeldungen. Das Wort zu einer ersten Zusatzfrage hat der Abge- (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ordnete Christopher Vogt. und SSW) Christopher Vogt [FDP]: Präsident Klaus Schlie: Frau Ministerin, Sie sprachen eben von „unserem Das Wort zu einer dritten Zusatzfrage hat die Abge- Wahlprogramm“. Können Sie mir sagen, welches ordnete Heike Franzen. Wahlprogramm welcher Partei Sie gerade gemeint haben? 1846 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft: Wissenschaft: Der Partei, auf deren Ticket ich Ministerin gewor- Kriterien müssen ausdifferenziert werden. Man den bin. muss eine Sensibilität im Blick auf die Wirklichkeit entwickeln und das, was in der Wirklichkeit sozu- (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sagen als Parameter erkannt wird, dann in einem und SSW) analytischen Prozess verarbeiten, um entsprechende Kriterien aufzubauen. Präsident Klaus Schlie: (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Das Wort zu einer ersten Zusatzfrage hat der Abge- und SSW - Tobias Koch [CDU]: Da müssen ordnete Tobias Koch. Sie selber lachen!) (Zuruf Christopher Vogt [FDP]) Jetzt wenden wir uns wieder dem Frage-und-Ant- Präsident Klaus Schlie: wortspiel zu. Wir wenden uns wieder dem zu, was Das Wort zu einer zweiten Zusatzfrage hat der Ab- die Geschäftsordnung mit der Frage und Antwort geordnete Daniel Günther. vorsieht. Jetzt hat zu einer ersten Zusatzfrage der (Christopher Vogt [FDP]: Die Antwort hat Abgeordnete Tobias Koch das Wort. doch Loriot aufgeschrieben!) Tobias Koch [CDU]: Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, ha- Wissenschaft: be ich Ihre Ausführungen gerade richtig verstanden, Jetzt haben Sie mich ertappt. dass die Kriterien im Laufe des Prozesses immer weiter angepasst wurden, bis das politisch gewollte Ergebnis herausgekommen ist? Präsident Klaus Schlie: (Zuruf Dr. Heiner Garg [FDP]) Jetzt hat das Wort der Abgeordnete Günther.

Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Daniel Günther [CDU]: Wissenschaft: Frau Ministerin, ich kann nachvollziehen, dass Sie Eine tolle Frage, die mir jetzt Gelegenheit gibt, das bei den Tausenden von Schülerinnen und Schülern richtigzustellen. Wir haben die Kriterien nicht an- uns die Frage nicht beantworten konnten, was da- gepasst, sondern verfeinert. nach mit denen passiert ist, die an den Gemein- schaftsschulen abgewiesen worden sind. Aber die (Lachen FDP) Statistiken, die Sie erhoben haben bei den Gemein- Wenn Sie sich in einem Arbeitsprozess bewegen, schaftsschulen, werden Sie doch sicher auch erho- dann werden Sie feststellen, dass Sie immer Kriteri- ben haben für die Beruflichen Schulen und Gymna- en verfeinern je nach Ihrem Kenntnisstand. sien. Wie viele Schülerinnen und Schüler, die sich für deren Oberstufen interessiert haben, sind denn (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im gleichen Zeitraum abgewiesen worden? und SSW) Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Präsident Klaus Schlie: Wissenschaft: Das Wort zu einer zweiten Zusatzfrage hat der Ab- Dies habe ich jetzt nicht vorbereitet. Da kann ich geordnete Koch. Ihnen keine Antwort geben. Das hat auch nichts mit der ursprünglich eingereichten Frage zu tun. Da Tobias Koch [CDU]: darf ich dem Präsidenten vielleicht einen Hinweis Frau Ministerin, wären Sie so freundlich, mir den geben, dass die Fragen, glaube ich, in einem Kon- Unterschied zwischen „anpassen“ und „verfeinern“ text mit der ursprünglichen Frage stehen sollen. zu erklären? Präsident Klaus Schlie: Sie haben völlig recht, Frau Ministerin. Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1847

(Präsident Klaus Schlie)

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dass sich Rendsburg bereits auch aus wirtschaftli- und SSW) chen Gründen wegen der Investition dagegen aus- gesprochen hat, und sich explizit Handewitt, Es steht in Ihrem Ermessen, ob Sie diesen erweiter- Schafflund und auch die Stadt Flensburg bereits ten Fragebedarf erfüllen wollen oder nicht. schriftlich dagegen ausgesprochen haben, weil man eben die Konkurrenzsituation sieht und erhebliche Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Investitionen getätigt hat und das auch an Sie her- Wissenschaft: angetragen wurde. Da möchte ich jetzt gern von Ih- Den kann ich jetzt nicht erfüllen, weil ich darauf nen wissen: Wie stehen Sie zu diesem Vermerk, nicht vorbereitet bin. und wie konnte es dann zu Ihren Entscheidungen kommen? Präsident Klaus Schlie: Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Das Wort zu einer zweiten Zusatzfrage hat die Ab- Wissenschaft: geordnete Klahn. Bei Schulpolitik muss man prinzipiell abwägen ei- Anita Klahn [FDP]: nerseits den Kostenfaktor und andererseits den Fak- tor, dass wir unseren Schülern und Schülerinnen Frau Ministerin, Sie haben eben dargestellt, dass prinzipiell optimale Bildungswege ermöglichen die Kriterien zur Genehmigung der Oberstufen er- wollen. arbeitet und verfeinert werden mussten. Können Sie mir dann bitte erläutern, inwieweit das zu dem Ge- (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit passt? und SSW) Ist das berücksichtigt worden? Da bin ich als Bildungsministerin genauso wie als Wissenschaftsministerin permanent in einer Zwick- Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und mühle, weil ich weiß, wir sollen am besten mög- Wissenschaft: lichst gar keinen Euro ausgeben, ich andererseits Den Zusammenhang, den Sie jetzt herstellen, kann aber ein ganz komplexes, vielschichtiges und förde- ich nicht nachvollziehen. rungsreiches System aufbauen möchte. In diesem Zusammenhang haben wir dann abgewogen und - (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ich bin der festen Überzeugung - die richtigen Ent- und SSW - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Wir auch scheidungen getroffen. nicht!) (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW) Präsident Klaus Schlie: Frau Abgeordnete Klahn, sie haben das Wort zu ei- Präsident Klaus Schlie: ner zweiten Zusatzfrage. Weitere Wortmeldungen zu diesem Komplex liegen nicht vor. Anita Klahn [FDP]: Ich möchte nur noch geschäftsleitend darauf hin- Ich würde dazu gern etwas ergänzen. Denn in den weisen, um es präzise zu formulieren, dass es dar- Akten ist erkennbar gewesen, dass es einen Auftrag auf ankommt, ob die Antworten und die neuen Zu- gab, dass Kriterien entwickelt werden sollten. Es satzfragen jeweils miteinander vereinbar sind. gibt dazu einen Vermerk aus der Fachabteilung Wenn das zweifelhaft sein sollte, dann bezieht sich vom 5. September 2012, dass der Verfahrensvor- das Ermessen der antwortenden Ministerin auf die schlag gemacht wird, die Datenerhebung und Ent- Antwort und nicht auf die gestellte Frage - nur um scheidungsoption unter dem Gebot der Wirtschaft- das noch einmal klarzumachen. Trotzdem glaube lichkeit und Sparsamkeit vorzunehmen. Es gibt dort ich, war die Verfahrensweise an dieser Stelle genau dann auch eine Bewertung - da möchte ich von Ih- richtig. nen wissen, ob Sie diese teilen -, dass Lauenburg und Büchen keinesfalls beide genehmigt werden Wir rufen jetzt einen neuen Komplex auf: dürften, dass Bordesholm und Nortorf so nah bei- einanderlägen, dass eine Genehmigung nur schwer Fragestunde mit dem Gebot der Sparsamkeit in Einklang zu Frage 4 bringen sei, und dass Büdelsdorf das Problem habe, 1848 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Präsident Klaus Schlie)

Zu einer vierten Frage in der Fragestunde erteile ich lung vom 13. Dezember 2012 schreibt die Mitarbei- jetzt das Wort dem Abgeordneten Tobias Koch. terin: So lässt sich (glaube ich) das gewünschte Er- gebnis erzielen. Tobias Koch [CDU]: (Zustimmung Ministerin Dr. Waltraud Wen- Frau Ministerin, wir haben unserer vierten schrift- de) lich eingereichten Frage vielleicht ein wenig vorge- Das sage ich zum Stichwort „Verfeinerung der Kri- griffen. Ich bitte Sie gleichwohl um Beantwortung. terien“. - Meine Frage war: Was war das gewünsch- Am 13. Dezember 2012 war eine Neubewertung te Ergebnis? der Anträge auf Einrichtung von gymnasialen Oberstufen an Gemeinschaftsschulen notwendig. Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Dabei wurden in Ihrem Ministerium erstmals auch Wissenschaft: Schulen mit bereits vorhandenen Oberstufen ein- Das ist eine sehr gute Frage. bezogen, was bei den Ergebnissen der vom Bil- dungsministerium eingesetzten Arbeitsgruppe vom (Vereinzelter Beifall SPD) 19. November 2012 noch nicht der Fall war. Das gewünschte Ergebnis soll sein, dass wir die Warum diente das Ergebnis vom 19. November Frage der Oberstufen nach den Bedarfen und nach 2012 nicht als Grundlage des weiteren Genehmi- den Schülerströmen regeln. gungsprozesses? Wir haben den Fehler gemacht, den ich einräume, Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und dass wir zunächst nicht bedacht haben, dass die Wissenschaft: neuen Oberstufen der Gemeinschaftsschulen auch - wir sind sehr vorsichtig dort hineingegangen - hier Ich freue mich sehr, dass Sie diese Frage jetzt noch und da Schüler von den bisherigen gymnasialen einmal stellen, obwohl wir diese ja eben schon tan- Oberstufen ziehen werden. Das hatten wir zuerst giert haben. Das ist eine sehr gute Frage, weil ich nicht in unserer Kalkulation. jetzt noch einmal deutlich machen kann, dass wir das Ganze in einem Prozess entwickelt und dass Dann haben wir gemerkt: Wir müssen dem reali- wir die Kriterien peu à peu verfeinert haben. Genau stisch ins Auge schauen. Auch diese Schüler müs- zwischen diesen beiden Daten, die Sie jetzt gerade sen berücksichtigt werden. nennen, hat sich im Ministerium ein Erkenntnispro- (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zess durchgesetzt, dass es richtig und sinnvoll ist - und SSW) ich nenne jetzt einmal ein Beispiel -, zum Beispiel bei der Oberstufe in Handewitt davon auszugehen, Präsident Klaus Schlie: dass Schüler und Schülerinnen, die in Handewitt wohnen, bis dato nach Flensburg fahren, also Fahr- Das Wort zu einer zweiten Zusatzfrage hat der Ab- schüler sind, um dort eine Oberstufe zu besuchen, geordnete Koch. möglicherweise in dem Moment, wenn Handewitt eine eigene Oberstufe hat, zum Teil in die Oberstu- Tobias Koch [CDU]: fe in Handewitt gehen werden. Frau Ministerin, mögen Sie mir erläutern, von wem (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW dieses Ergebnis gewünscht war, das anschließend und vereinzelt SPD) herauskommen sollte? (Lachen SPD) Präsident Klaus Schlie: Das Wort zu einer ersten Zusatzfrage hat der Abge- Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und ordnete Koch. Wissenschaft: Dass unser Schulangebot an die Bedarfe im Land Tobias Koch [CDU]: angepasst sein soll, ist mein Wunsch sowie der Frau Ministerin, Ihre Antwort gibt mir Gelegenheit, Wunsch des gesamten Kabinetts sowie auch der noch einmal genauer nachzufragen. Denn bei unse- Wunsch der regierungstragenden Fraktionen. rer Akteneinsicht konnten wir feststellen, dass es (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine E-Mail aus der Fachabteilung Ihres Hauses an und SSW) Herrn Staatssekretär Loßack gibt. In dieser Mittei- Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1849

(Ministerin Dr. Waltraud Wende)

Ich vermute, das ist auch der Wunsch der PIRA- le Personen beteiligt waren. Es gab nicht immer nur TEN. Konsens bei der jeweiligen Perspektive auf die Wirklichkeit und bei den jeweiligen Analyseergeb- (Zurufe SPD: Der Eltern sowie der Schüle- nissen. Offensichtlich war es eine Einzeleinschät- rinnen und Schüler!) zung, die Sie jetzt zitieren. Präsident Klaus Schlie: (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW) Das Wort zu einer dritten Zusatzfrage hat der Ab- geordnete Koch. Präsident Klaus Schlie: Tobias Koch [CDU]: Das Wort zu einer zweiten Zusatzfrage hat die Ab- geordnete Klahn. Frau Ministerin, noch einmal: Wie würden Sie es beurteilen, dass die Kriterien - wie Sie sagten: peu à Anita Klahn [FDP]: peu - so angepasst wurden, dass das gewünschte politische Ergebnis herauskommt? Ich wollte gern die Frage der Ministerin beantwor- ten, wenn ich das darf. Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und (Zurufe SPD: Nein!) Wissenschaft: Sie bat darum, konkrete - - Das ist doch gut so, da haben wir optimal gearbei- tet. Präsident Klaus Schlie: (Heiterkeit und Beifall SPD, BÜNDNIS Frau Abgeordnete Klahn, wir bleiben dabei: Die 90/DIE GRÜNEN und SSW - Lachen FDP) Abgeordneten stellen die Fragen, und die Ministe- rin antwortet. Präsident Klaus Schlie: Weitere Wortmeldungen zu diesem Komplex liegen Anita Klahn [FDP]: vor. Okay, dann werde ich der Ministerin gern per E- (Christopher Vogt [FDP]: Was nicht passt, Mail mitteilen, wer mit wem wann kommuniziert wird passend gemacht!) hat. Das Wort zu einer ersten Zusatzfrage hat die Abge- Weiter würde ich gern von Ihnen wissen - Sie spra- ordnete Klahn. chen davon, dass es politischer Wille sei anzupas- sen -: Inwieweit berücksichtigen Sie die Meinung Anita Klahn [FDP]: und Hinweise der Fachabteilung, dass eine Zahl von 55 bis 60 Schülern sogar gerechtfertigt und zur An den letzten Satz, den Sie gerade formuliert ha- Errichtung der Oberstufe sinnvoll sei, da man doch ben, möchte ich gern anschließen. Wie wird die immer mit einem mindestens 10-prozentigen Satz hausinterne E-Mail, die in den Akten aufzufinden von Schülern rechnen müsse, die vorzeitig wieder war, von Ihnen bewertet? - Ich zitiere: Das Problem gingen? für den Staatssekretär in der politischen Vermitt- lung bleibt, dass fünf Schulen klar nicht genehmi- Wie passt das zu den Zahlen, die Sie jetzt als gungsfähig sind, unter anderem Bordesholm. Grundlage für die Größe einer Oberstufe benennen? Denn die sind deutlich gesunken. Hat das dazu geführt, dass Sie die Kriterien weiter anpassen mussten? Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft: Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft: Ich musste jetzt kurz rechnen. Das dauert länger; früher war ich besser. Erstens weiß ich nicht, von wann diese E-Mail ist; das sollten Sie noch sagen. (Anita Klahn [FDP]: Dafür habe ich Ver- ständnis!) Zweitens möchte ich noch meine Antwort beenden: Das ist eine Einzeleinschätzung. Wir haben in unse- Wir gehen davon aus, dass die Schulen 50 Schüler rem Haus eine Arbeitsgruppe installiert, an der vie- nachweisen müssen. Erst ab 50 Schülern erteilen 1850 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Ministerin Dr. Waltraud Wende) wir eine Bewilligung. 50 Schüler minus 10 % sind (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, 45 Schüler. 45 Schüler reichen immer noch für eine SSW und vereinzelt PIRATEN) zweizügige Oberstufe. Daher sehe ich kein Problem. Da muss man nicht Präsident Klaus Schlie: mit 60 kalkulieren, um noch einen Sicherheitspuffer Das Wort zu einer ersten Zusatzfrage hat die Abge- einzubauen. 60 ist natürlich schöner, da gebe ich ordnete Franzen. Ihnen recht. (Anita Klahn [FDP]: Moment!) (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Anita Klahn [FDP]: Sie haben - Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Es wird meine Frage nicht beantwortet!) schwierig, wenn Sie da jetzt nachsteuern. Ich möch- te Sie bitten, das vielleicht anders zu regeln. Präsident Klaus Schlie: Das Wort zu einer ersten Zusatzfrage hat die Abge- ordnete Franzen. Frau Klahn, Sie dürfen gern eine Zusatzfrage stel- len, wenn ich Ihnen das Wort gebe. Sie haben jetzt (Anita Klahn [FDP]: Schriftlich!) das Wort zu einer dritten Zusatzfrage. Heike Franzen [CDU]: Anita Klahn [FDP]: Frau Ministerin, ich nehme Bezug auf die Frage Gut, aber die Antwort eben war nicht ganz befriedi- von Frau Klahn. Frau Klahn hat gerade deutlich ge- gend. - Ich möchte von Ihnen jetzt ganz konkret sagt, dass eine Abbrecherquote von rund 10 % in wissen: Ich habe eine Kleine Anfrage, Drucksache die Berechnung eingeflossen sei. Wie beurteilen Sie 18/484, gestellt, in der es auch um erhebliche Dis- die Tatsache, dass die Fachabteilung eine Abbre- krepanzen bei den Schülerpotenzialen geht, die Sie cherquote von 18,8 % benannt hat, diese aber in zugrunde legen. Das sind Diskrepanzen im Verhält- den Akten auf 10 % geändert worden ist? nis zu den Akten und zu dem, was dort tatsächlich gerechnet wurde. Wie erklären Sie das? Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft: Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Da kann ich Ihnen wieder sagen, dass es offensicht- Wissenschaft: lich unterschiedliche Meinungen in einem Mei- Können Sie mir bitte ein bisschen detaillierter sa- nungsbildungsprozess gegeben hat. Aber selbst gen, welche Diskrepanzen Sie meinen? wenn wir jetzt 18 % oder 20 % zugrunde legen würden, könnten wir das genau ausrechnen. Bei Anita Klahn [FDP]: 18 % wird es immer noch für eine zweizügige Oberstufe reichen. Dort steht eine Schülerzahl von X, die Sie zugrunde legen. (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW) (Dr. Ralf Stegner [SPD]: Ja was denn?) Diese Zahl nehmen Sie an. Ich könnte jetzt die Präsident Klaus Schlie: Kleine Anfrage heraussuchen und Ihnen gleich Das Wort zu einer zweiten Zusatzfrage hat die Ab- ganz konkret die Orte benennen. Wir haben festge- geordnete Franzen. stellt: Die Potenzialanalyse, die Ihnen für die Be- antwortung der Kleinen Anfrage vom Haus gelie- fert wurde, liegt im Schnitt um fast 10 % niedriger. Heike Franzen [CDU]: Frau Ministerin, aus den Akten ist hervorgegangen, Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und dass es keinen langwierigen Prozess gegeben hat. Wissenschaft: Vielmehr hat es einen Vermerk gegeben, der bis zum 11. Dezember 2012 durchgetragen hat. Am Diese Fragestellung kann ich nicht beantworten, 13. Dezember 2012 gab es eine Neubewertung, in weil sie so undetailliert und so unpräzise gestellt ist, der unter anderem Prozentzahlen aufgeführt worden dass ich mich nicht in der Lage sehe, irgendetwas sind, nach denen 5 % der umliegenden Gymnasial- zu einer Schülerzahl X zu beantworten. schüler, die bereits in den Schulen sind, und auch 5 % der Schülerinnen und Schüler von umliegenden Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1851

(Heike Franzen)

Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe, die bereits in Katja Rathje-Hoffmann [CDU]: den Schulen sind, an die neu zu genehmigenden Danke schön. - Durch welche Personen im Bil- Oberstufen wechseln würden. Für wie realistisch dungsministerium wurden die Antworten der Klei- halten Sie diese Einschätzung? nen Anfragen freigegeben? (Zuruf SPD: Für sehr realistisch!) Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft: Wissenschaft: Freigegeben? - Ich unterschreibe sie natürlich im- Ich halte das für sehr realistisch. Ich wiederhole das mer zum Schluss. gern noch einmal. Wir haben die Kriterien im Laufe (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN des Verfahrens verfeinert und immer stärker inter- und SSW) subjektiv aufgestellt. Dazu gehörte eben auch, dass wir die Ströme, die wir am Anfang nicht berück- sichtigt hatten, sowohl von Gymnasien im Oberstu- Präsident Klaus Schlie: fenbereich als auch von Gemeinschaftsschulen ge- Eine zweite Zusatzfrage, Frau Rathje-Hoffmann. gebenenfalls im Oberstufenbereich berücksichtigt haben, wenn jetzt neue Anträge auf Oberstufen ge- Katja Rathje-Hoffmann [CDU]: stellt wurden. Frau Ministerin, wie erklären Sie sich die Tatsache, Präsident Klaus Schlie: dass bei der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Franzen, Drucksache 18/413 vom 19. Dezember Mir liegen keine Wortmeldungen mehr zu diesem 2012 bei der Frage nach den vorhandenen Kapazi- Fragenkomplex vor. - Ich rufe jetzt die fünfte Frage täten der umliegenden Oberstufen keine Antwort in der Fragestunde auf: erfolgte, obwohl die Fachabteilung des Bildungs- ministeriums bereits am 30. Oktober 2012 für die Fragestunde Vorlage zur Kabinettssitzung am 26. November Frage 5 2012 darauf hinwies, dass an den umliegenden all- gemeinbildenden gymnasialen Oberstufen in der Das Wort erteile ich der Abgeordneten Katja Rath- Regel freie Kapazitäten vorhanden seien? je-Hoffmann. (Wolfgang Kubicki [FDP]: Das war eine gute Frage!) Katja Rathje-Hoffmann [CDU]: Frau Ministerin, ich frage Sie: Sind die Kleinen An- Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und fragen der Abgeordneten Franzen und Klahn in al- Wissenschaft: len Punkten umfänglich und nach bestem Wissen Das war eine sehr komplexe Frage. Ich kann Ihnen beantwortet worden? erst einmal antworten, indem ich sage, was ich jetzt (Lachen SPD) wiederholt ausgeführt habe, dass nämlich die freien Kapazitäten an gymnasialen Oberstufen kein Argu- Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und ment dafür sind, dass wir zusätzliche Oberstufen Wissenschaft: an Gemeinschaftsschulen nicht brauchen, weil of- fensichtlich beide Schularten, die wir beide sehr Selbstverständlich! schätzen, unterschiedliche Schüler ziehen. (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW) und SSW)

Präsident Klaus Schlie: Präsident Klaus Schlie: Die Abgeordnete Rathje-Hoffmann hat eine erste Frau Abgeordnete Katja Rathje-Hoffmann hat das Zusatzfrage. Wort für eine dritte Zusatzfrage. 1852 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

Katja Rathje-Hoffmann [CDU]: Koalitionsfraktionen in Vorbereitung ist. Warum sind dann diese Erkenntnisse nicht in die Beantwor- Danke schön. - In der Kleinen Anfrage der Abge- tung der Kleinen Anfrage Drucksache 18/316 ein- ordneten Franzen, Drucksache 18/481, vom 13. Fe- geflossen? bruar 2013 wird die Frage, ob es einen Ministerent- scheid zu den vorläufigen Zusagen des Ministeri- ums gegeben habe, verneint. Wie erklären Sie sich Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und die E-Mail des Leiters Ihres Ministerbüros vom Wissenschaft: 14. Dezember 2012 an Mitarbeiter des Bildungs- Auch diese Frage ist sehr gut, ministeriums, in der er mitteilt, dass „nach Rück- sprache mit der Ministerin“ die uns bekannten neun (Anita Klahn [FDP]: Danke!) Oberstufen ein positives Schreiben erhalten sollen? weil Sie mir auch da wieder die Möglichkeit geben, Fehlwahrnehmungen zu korrigieren. Also noch ein- Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und mal - aber das habe ich vielleicht auch bisher noch Wissenschaft: nicht so kommuniziert -: In unserem Haus hat es, nachdem wir ungefähr im August 2012 mit der Prü- Ich bedanke mich jetzt wirklich ganz explizit für fung, wie wir zusätzliche Oberstufen zulassen kön- diese Frage, weil sie mir erlaubt, ein Missverständ- nen und was die Kriterien sind, angefangen haben, nis deutlich zu machen. Natürlich hat es einen zwei unterschiedliche juristische Positionen gege- Ministerentscheid gegeben, den auch der Leiter ben. Diese beiden juristischen Positionen haben re- meines Ministerbüros kommuniziert hat, und zwar, lativ lange durchgetragen. Eine Juristin meinte, wir dass wir neun von 13 Schulen einen Brief schrei- brauchten die schulgesetzlichen Rahmenbedingun- ben, dass - vorbehaltlich einer Gesetzesänderung - gen nicht zu ändern, wir könnten auch unter den al- sie damit rechnen können, dass sie eine Oberstufe ten Rahmenbedingungen zusätzliche Oberstufen bekommen. zulassen. Die andere Juristin hat genau die gegen- Jetzt kommt der zweite Teil meiner Antwort. Die teilige Position vertreten. Da weder der Staatssekre- Fragestellung vom 13. Februar 2013 war leider et- tär noch die Ministerin Juristen sind, waren wir in was - sagen wir einmal - unpräzise von Frau Klahn einer Zwickmühle und mussten diesen Prozess per- formuliert. Sie unterstellte nämlich, dass die beiden manent beschleunigen. Wir haben uns sogar Exper- Schulen, und zwar Bordesholm und Nortorf, eine tise aus der Staatskanzlei geholt. Im Laufe dieses Sonderbehandlung qua Ministerentscheid erhalten Prozesses, in dessen Verlauf immer wieder abge- hätten. Dies haben wir natürlich verneint, weil bei- wogen wurde, ob wir eine Gesetzesänderung oder de Schulen keine Sonderbehandlung erhalten ha- keine brauchen, war ganz lange Zeit nicht klar, wel- ben. chen Weg wir gehen müssten. (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Vereinzelter Beifall SPD und SSW - Anita und SSW) Klahn [FDP]: Sie haben meine Frage nicht konkret beantwortet!) Präsident Klaus Schlie: Präsident Klaus Schlie: Weitere Fragen zu diesem Komplex hat Frau Klahn. Sie erhält für eine erste Zusatzfrage das Liebe Frau Klahn, ich würde Ihnen, wenn Sie mö- Wort. gen, gern das Wort zu einer zweiten Zusatzfrage er- teilen. - Das wünschen Sie aber nicht. Anita Klahn [FDP]: Dann hat zu einer ersten Zusatzfrage Frau Abgeord- Sie haben gesagt, dass wir umfassend informiert nete Nicolaisen das Wort. worden seien. Dann möchte ich von Ihnen wissen, warum der Bildungsstaatssekretär in der Bildungs- Petra Nicolaisen [CDU]: ausschusssitzung am 10. Januar 2013 auf die Frage, Frau Ministerin, wie erklären Sie sich die Tatsache, wann der Regierung klar geworden ist, dass eine dass zu allen Kleinen Anfragen bezüglich der wei- Gesetzesänderung des Schulgesetzes notwendig ist, teren Verfahren zur Genehmigung der Oberstufen geantwortet hat, dass dies eindeutig erst nach dem keine Vorgänge in den Akten zu finden sind? 21. November 2012 war, wenn bereits am 20. No- vember 2012 das Kabinett darüber informiert wur- de, dass ein entsprechender Gesetzentwurf für die Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1853

Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und fung des Ministeriums zu Gemeinschaftsschulen Wissenschaft: zum Inhalt haben? Jetzt noch einmal die Frage, ich habe sie nicht ver- standen. Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft: Petra Nicolaisen [CDU]: Selbstverständlich! Zu den weiteren Genehmigungsverfahren sind Klei- (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ne Anfragen gestellt worden. In den Akten - es hat und SSW) Akteneinsicht gegeben - sind keine Vorgänge zu finden. Wie erklären Sie sich diese Tatsache? Präsident Klaus Schlie: (Dr. Ralf Stegner [SPD]: Die Antwort finden Das Wort zu einer ersten Zusatzfrage hat Herr Ab- Sie in den Akten!) geordneter Daniel Günther.

Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Daniel Günther [CDU]: Wissenschaft: Frau Ministerin, in den „Lübecker Nachrichten“ Zu welchem weiteren Genehmigungsverfahren? vom 20. April 2012 konnten wir lesen, dass der Welchen Zeitraum meinen Sie, wovon reden Sie Sprecher Ihres Ministeriums ausgeführt hat, dass es gerade? zu der Änderung des Schulgesetzes, die jetzt vorge- legt worden ist, unterschiedlichen Voten von zwei Petra Nicolaisen [CDU]: Fachabteilungen gegeben habe. Wie bewerten Sie diese Aussage? Zu allen Kleinen Anfragen bezüglich der Genehmi- gungsverfahren! Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft: Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft: Die habe ich eben auch getroffen, dass wir über lange Zeit hinweg zwei juristische Positionen hat- Es hat bisher noch gar kein Genehmigungsverfah- ten. ren in dem Sinne gegeben, sondern es hat ein Prüf- verfahren gegeben. (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Serpil Midyatli [SPD]: Das ist (Petra Nicolaisen [CDU]: Es hat aber Kleine nichts Ungewöhnliches! - Zuruf Wolfgang Anfragen dazu gegeben! - Dr. Gitta Trauer- Kubicki [FDP]) nicht [SPD]: Die Antwort haben Sie doch schon gekriegt! - Weitere Zurufe) Präsident Klaus Schlie: Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Das Wort zu einer zweiten Zusatzfrage hat Herr Wissenschaft: Abgeordneter Günther. Da haben wir Antworten gegeben. Daniel Günther [CDU]: Präsident Klaus Schlie: Nein, deswegen ist sicherlich auch die zweite Zu- satzfrage gestattet, warum denn nur die eine Auf- Wir haben den Versuch unternommen, die Frage fassung in den Akten zu finden ist, die angeblich und die Antwort hier darzustellen. Gibt es eine wei- gegensätzliche Auffassung aber überhaupt mit kei- tere Wortmeldung? - Das ist Fall. Zu einer ersten nem Wort in den Akten, die Sie uns zur Verfügung Zusatzfrage hat Frau Abgeordnete Damerow das gestellt haben, aufgeführt ist. Wort. Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Astrid Damerow [CDU]: Wissenschaft: Danke sehr. - Frau Ministerin, lagen den Abgeord- Weil es Arbeitsgruppen gab und nicht jede Arbeits- neten des Landtags zur Akteneinsicht alle bei der gruppe explizit protokolliert hat, was die Zwischen- Landesregierung geführten Akten aus dem Zeit- ergebnisse waren. Es hat aber sogar Ministeringe- raum Mai 2012 bis Januar 2013 vor, die die Prü- 1854 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Ministerin Dr. Waltraud Wende) spräche mit den Juristinnen gegeben, und wir wus- Präsident Klaus Schlie: sten, dass es da zwei unterschiedliche Positionen Das Wort zu seiner Zusatzfrage hat jetzt Herr Ab- gibt. Die haben wir einfach nicht festgehalten, aber geordneter Koch. alle im Haus wussten es. (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW Tobias Koch [CDU]: und Dr. Ralf Stegner [SPD]) Wenn mich alle Kolleginnen und Kollegen jetzt verstehen: Frau Ministerin, die Kollegin Anita Präsident Klaus Schlie: Klahn hat vorhin schon nach einer ihrer Kleinen Das Wort zu einer dritten Zusatzfrage hat Herr Ab- Anfragen und der darauf gegebenen Antwort ge- geordneter Günther. fragt. Das war die Frage mit dem X. Ich formuliere es jetzt einmal ohne X. In der Antwort auf die Klei- Daniel Günther [CDU]: ne Anfrage der Abgeordneten Klahn Drucksache 18/484 vom 15. Februar 2013 weist Ihre Antwort Frau Ministerin, finden Sie es nicht ungewöhnlich, eine höhere Schülerzahl an den geplanten Oberstu- dass eine Landesregierung nur die Akten aus Fach- fen aus, als die Neubewertung des Bildungsministe- abteilungen sammelt, die gegensätzlicher Auffas- rium vom 13. Dezember 2012 erbracht hat. Die sung zum Ministerium sind? Frage wäre: Wer hat diese höhere Zahl zu verant- (Beifall Rainer Wiegard [CDU] - Zuruf) worten?

Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft: Wissenschaft: Ich würde sagen, dass es eine Unterstellung ist. Das Zu verantworten hat sie niemand. Es ist das Ergeb- kann ich jetzt erst einmal so nicht nachvollziehen, nis eines Entwicklungsprozesses, wie ich wieder- dass wir das so tun. holt versucht habe, deutlich zu machen. Es gab nicht eine Person, die gesagt hat: So ist es. Stattdes- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW sen ist es so - das ist Ihnen vielleicht fremd -: Ich und vereinzelt SPD) führe mein Ministerium so, dass wir eine Dialog- kultur, die wir nicht nur hier im Parlament zu in- Präsident Klaus Schlie: stallieren versuchen, Das Wort zu einer ersten Zusatzfrage hat Herr Ab- (Beifall SPD - Lachen FDP) geordneter Tobias Koch. auch im Haus zu leben versuchen. Dann heißt das, Tobias Koch [CDU]: dass da nicht einer ist, der sagt: So wird es ge- macht. Frau Ministerin, die Kollegin Anita Klahn hat sich vorhin schon zu einer ihrer Kleinen Anfragen und (Christopher Vogt [FDP]: Anhörungen mö- der darauf gegebenen Antwort erkundigt, das war gen Sie nicht so gern! - Zuruf Hartmut Ha- die Frage mit dem X. merich [CDU]) (Das Mikrofon am Rednerpult ist sehr nied- Ich bin es dann zum Schluss. Aber bis ich etwas sa- rig eingestellt - Zurufe: Wir verstehen Sie ge, gibt es einen vielschichtigen Kommunikations- nicht!) prozess im Haus. - Ich versuche ja schon mein Bestes, liebe Kollegin- (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nen und Kollegen. und SSW) (Heiterkeit) Präsident Klaus Schlie: Frau Ministerin, Das Wort zu einer zweiten Zusatzfrage hat Herr (Ministerin Dr. Waltraud Wende: Das steht Abgeordneter Tobias Koch. Ihnen sehr gut!) (Wolfgang Kubicki [FDP]: Das erklären Sie - Keine Diskriminierung großer Menschen hier! einmal den Demonstranten draußen, die Dia- logkultur!) (Heiterkeit und Beifall - Zurufe) Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1855

Tobias Koch [CDU]: Bevor zu früh geklatscht wird: Kommunikation hat zwei Seiten. - Jetzt kommen wir zur ersten Zusatz- Dann möchte ich die Frage etwas präzisieren, Frau frage der Abgeordneten Franzen. Ministerin. Warum steht in der Antwort auf die Kleine Anfrage eine höhere Zahl, als es Ihr Dialog- prozess, Ihre Kriterien im Rahmen Ihres Verfahrens Heike Franzen [CDU]: im eigenen Haus ergeben haben? Frau Ministerin, können Sie mir vielleicht einmal kurz erläutern, wie das übliche Verwaltungsverfah- Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und ren in Ihrem Hause ist, wenn Kleine Anfragen ein- Wissenschaft: gehen? Weil die erste Zahl, die etwas niedriger war, sozu- sagen ein Zwischenstand eines Dialogprozesses Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und war. Ich wiederhole mich gern, auch für Sie: Wir Wissenschaft: haben die Kriterien verfeinert, wir haben unsere Zunächst kommt die Kleine Anfrage auf meinen Brille geschärft, und dann kam eine größere Zahl Tisch. Dann sage ich, ich habe sie gelesen, indem heraus. ich sie grün markiere, weil grün die Ministerfarbe (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist. Dann geht sie in die jeweilige Fachabteilung. und SSW) Die beantwortet die Frage. Dann kommt sie wieder zu mir zurück. Ich lese die Antwort, mache wieder mein grünes Zeichen drauf, damit alle wissen, dass Präsident Klaus Schlie: ich die Antwort gelesen habe. Dann wird die Ant- Das Wort zu einer dritten Zusatzfrage hat Herr Ab- wort an die jeweilige Fragestellerin geschickt. geordneter Koch. (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW) Tobias Koch [CDU]: Frau Ministerin, hätte sich dann nicht auch diese Präsident Klaus Schlie: höhere Zahl irgendwo in den Unterlagen finden las- Das Wort zu einer zweiten Zusatzfrage hat die Ab- sen müssen, und nicht erst in der Antwort auf die geordnete Franzen. Kleine Anfrage? Diese Zahl ist doch nicht vom Himmel gefallen! Heike Franzen [CDU]: Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Frau Ministerin, das heißt also, es gibt in Ihrem Wissenschaft: Haus selbstverständlich ein Verfahren und sicher- lich auch einen Schriftverkehr darüber, der mit die- In der Kleinen Anfrage findet sich doch die Zahl. sen Kleinen Anfragen einhergeht. Die Frage war: (Vereinzelter Beifall SPD) Warum findet sich dieser Schriftverkehr in Ihrem Haus zu den Kleinen Anfragen nicht in den Akten? Tobias Koch [CDU]: Noch einmal: Die Frage war, ob sich die höhere Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Zahl nicht auch in den Unterlagen an anderer Stelle Wissenschaft: hätte finden lassen müssen. Sie haben mir eben nicht präzise zugehört. Es gibt keinen Schriftverkehr, sondern ich zeichne die Präsident Klaus Schlie: Kleine Anfrage grün ab. Ich gebe sie dann weiter an die Fachabteilung. Die antwortet, und ich be- Das ist jetzt keine Nachfrage. Herr Koch hat ver- komme die Antwort. Das ist der Schriftverkehr im sucht, seine Ursprungsfrage zu präzisieren. Haus. Die zeichne ich wieder grün ab, unterschrei- (Dr. Ralf Stegner [SPD]: Ist ihm aber nicht be dann mit blau oder schwarz den Brief, der dann gelungen!) gegebenenfalls an Sie geht. Dann ist der Vorgang abgeschlossen. - Kommunikation ist nicht immer einfach. (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Heiterkeit und Beifall) und SSW - Dr. Heiner Garg [FDP]: Und was macht der Staatssekretär?) 1856 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

Präsident Klaus Schlie: Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft: Das Wort für eine dritte Zusatzfrage hat die Abge- ordnete Franzen. Ja, davon gehen wir fest aus, das ist selbstverständ- lich. Heike Franzen [CDU]: (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Ministerin, daraus muss ich dann ja schließen, und SSW) dass es nach dem 13. Dezember 2012 eine weitere Neubewertung der Schülerzahlen der Oberstufen Präsident Klaus Schlie: gegeben hat, denn die Schülerzahlen, die in der Das Wort zu einer ersten Zusatzfrage hat die Abge- Neubewertung enthalten sind, haben eine hohe Dis- ordnete Franzen. krepanz zu dem, was in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Klahn steht. Ich würde gern wissen, wie es zu dieser Diskrepanz kam und Heike Franzen [CDU]: ob die Bewertung der Fachabteilung dort berück- Frau Ministerin, aus den Unterlagen der Aktenein- sichtigt worden ist. sicht geht hervor, dass nach der Bewertung der Fachabteilung und den Bewertungen vom 13. De- Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und zember 2012 lediglich drei Oberstufen langfristig Wissenschaft: in der Lage sein werden, die Mindestgröße von 50 Schülerinnen und Schülern zu erreichen. Entspricht Ganz herzlichen Dank, denn das ermöglicht mir, Ih- das Ihren Vorstellungen der gesetzlichen Rahmen- nen jetzt zu sagen, dass wir immer noch weiter prü- bedingungen? fen und dass wir mittlerweile auch noch die bisher nicht bewilligten Anträge noch einmal geprüft ha- ben und da möglicherweise andere Ergebnisse an- Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und stehen, weil der Prüfprozess in Permanenz ist und Wissenschaft: sich immer weiterentwickeln wird. Die neun Ober- Sorry, da müssen Sie mir zeigen, wo das explizit stufen, über die wir bisher reden, sind ja erst die steht. Das steht aus meiner Erinnerung da so nicht ersten, die wir bewilligen. Wir werden zukünftig drin. welche bewilligen. Wir müssen permanent einen Prüfprozess machen. (Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW) (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW) Präsident Klaus Schlie:

Präsident Klaus Schlie: Das Wort zu einer zweiten Zusatzfrage hat die Ab- geordnete Franzen. Weitere Wortmeldungen zu diesem Komplex liegen nicht vor. Ich rufe jetzt die sechste Frage in der Fra- Heike Franzen [CDU]: gestunde auf: Frau Ministerin, wir haben gerade bei der Frage der Genehmigung von Oberstufen und der Schülerströ- Fragestunde me kurz darüber gesprochen - wie bewerten Sie die Frage 6 Bewertung Ihres Hauses, dass sowohl bei Büchen Ich erteile der Abgeordneten Heike Franzen das und Lauenburg als auch bei Nortorf und Bordes- Wort. holm von Büchen 10 % der Schülerinnen und Schü- ler nach Lauenburg wechseln sollen beziehungs- (Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD]) weise 10 % der Schülerinnen und Schüler von Lau- enburg nach Büchen und 10 % der Nortorfer Schü- Heike Franzen [CDU]: lerinnen und Schüler nach Bordesholm und umge- Frau Ministerin, geht die Landesregierung davon kehrt von Bordesholm 10 % der Schülerinnen und aus, dass die in Aussicht gestellten neuen Oberstu- Schüler nach Nortorf? fen an Gemeinschaftsschulen den schulgesetzlichen (Unruhe) Voraussetzungen entsprechen und umliegende Oberstufen nicht gefährden? Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1857

Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Präsident Klaus Schlie: Wissenschaft: Weitere Wortmeldungen zu diesem Komplex liegen Wenn Sie genau hingeschaut haben, haben Sie fest- nicht vor. Ich rufe Frage sieben in der Fragestunde gestellt, dass das Endresultat, wenn wir gerechnet auf: haben, wie wir auf die 50 Schüler kommen, die har- te Zahl, jeweils ohne die andere Schule berechnet Fragestunde worden ist. In den Zwischenzahlen hatten wir, weil Frage 7 wir nicht wussten, ob wir beide Oberstufen bewilli- gen, auch die Hypothese, sollten wir eine Oberstufe Ich erteile dem Abgeordneten Daniel Günther das der beiden konkurrierenden Schulen nicht bewilli- Wort. gen, was das an zusätzlichen Schülern für die übrig bleibende Schule bedeutet. Das kann man den Zah- Daniel Günther [CDU]: len sehr deutlich entnehmen, denn es waren immer Klammeraussagen mit und ohne die jeweils andere Frau Ministerin, jetzt lese auch ich die Frage vor, Schule. weil wir sie schriftlich eingereicht haben: Teilt die Landesregierung die Aussagen des Staatssekretärs (Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ Loßack, die er am 10. Januar 2013 im Bildungsaus- DIE GRÜNEN und SSW) schuss zum Genehmigungsverfahren neuer Ober- stufen getätigt hat? Präsident Klaus Schlie: (Zurufe: Mikro!) Das Wort zu einer dritten Zusatzfrage hat die Abge- ordnete Franzen. Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft: Heike Franzen [CDU]: Ich habe die Frage hier vorliegen, ich könnte ant- Frau Ministerin, in den Berechnungen für Nortorf worten. und Bordesholm befinden sich auch Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Faldera je- Präsident Klaus Schlie: weils mit 5 % in Richtung Nortorf und mit 5 % in Richtung Bordesholm. Den Unterlagen ist zu ent- Herr Abgeordneter, es wäre ganz gut - damit alle nehmen, dass die Oberstufe Faldera eine der Ober- Kolleginnen und Kollegen die Frage verstehen -, stufen ist, die im Augenblick schon als gefährdet wenn Sie so freundlich sind und sie noch einmal bezeichnet werden könnte, weil sie nicht entspre- vortragen. chende Schülerzahlen hat. Entspricht es der gesetz- lichen Vorgabe, dass die neu einzurichtenden Ober- Daniel Günther [CDU]: stufen andere Oberstufen nicht gefährden dürfen? Bin ich selbstverständlich. - Teilt die Landesregie- rung die Aussagen des Staatssekretärs Loßack, die Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und er am 10. Januar 2013 im Bildungsausschuss zum Wissenschaft: Genehmigungsverfahren neuer Oberstufen getätigt Wir sehen nicht, dass Faldera gefährdet ist, sondern hat? wir sind der festen Überzeugung, dass mit dem Re- gierungswechsel zu einer Regierung, die die Ge- Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und meinschaftsschulen genauso stark machen will wie Wissenschaft: die Gymnasien, wir neue Bedarfe generiert wer- Ja, selbstverständlich. den, die es in der Vergangenheit nicht gegeben hat. Solange man im politischen Diskurs eine Schul- (Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ form schlechtredet oder ihr keine Entwicklungs- DIE GRÜNEN und SSW) möglichkeiten gibt, kann man natürlich auch anneh- men, dass zu wenig Schüler diese Schulform wäh- Präsident Klaus Schlie: len werden. Das - da bin ich ganz sicher - wird in Der Abgeordnete Günther hat das Wort zu einer Zukunft anders sein. ersten Zusatzfrage. (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW) 1858 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

Daniel Günther [CDU]: Daniel Günther [CDU]: Überraschenderweise habe ich dazu eine Nachfra- Wie bewerten Sie die Aussage des Staatssekretärs ge. - Auf die Frage der Abgeordneten Klahn, wann Loßack in der genannten Bildungsausschusssitzung, dem Bildungsministerium klar war, dass eine ge- dass sich das Kabinett in seiner Kabinettssitzung setzliche Änderung notwendig sein würde, um wei- am 26. November 2012 nicht mit der Vorlage be- tere Oberstufen genehmigen zu können, antwortete schäftigt habe, obwohl das Kabinettsprotokoll aus- Staatssekretär Loßack: eindeutig nach dem 21. No- weist, dass die Vorlage zwar nicht beschlossen vember 2012. - Wie wir den Unterlagen entnehmen wurde, aber Verfahrensfragen geklärt wurden und konnten, hat der Staatssekretär aber am 30. Oktober der anhängende Gesetzentwurf zu diesem Protokoll 2012 eine E-Mail aus der Fachabteilung über die - wie in der Kabinettsvorlage beschrieben - von den Notwendigkeit einer Gesetzesänderung erhalten. regierungstragenden Fraktionen danach eingebracht Wir erklären Sie sich die Diskrepanz zwischen die- wurde? sen Aussagen? Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft: Wissenschaft: Ich bin dankbar, dass Sie das noch einmal fragen. Lieber Herr Günther, es steht mir nicht zu, die Fra- Dazu gab es auch schon Presserklärungen. Das gibt gestellung zu kommentieren, deshalb kommentiere mir Gelegenheit, noch einmal darzustellen, wie die- ich sie jetzt auch nicht. Allerdings muss ich sagen, ser Prozess wirklich abgelaufen ist. dass ich bereits mehrfach eben hier die Antwort ge- Also, zur Erinnerung: Als wir die Regierung über- geben habe, dass es zwei juristische Positionen in nommen haben, war sicher, dass wir zusätzliche unserem Haus gab. Die eine davon haben Sie gera- Oberstufen an unseren Gemeinschaftsschulen de zitiert, die andere habe ich eben erwähnt. einrichten wollen. Es gab am 8. September 2012 ei- (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ne Bildungskonferenz, wo dieser Wunsch explizit und SSW) wiederholt worden ist, dass es zusätzliche Oberstu- fen geben soll. Am 30. Oktober 2012 hat Herr Loß- Präsident Klaus Schlie: ack das erste Mal im Kabinett über Schwierigkeiten der Umsetzung mit Blick auf die bestehenden recht- Das Wort zu einer zweiten Zusatzfrage hat Herr lichen Rahmenbedingungen gesprochen. Es war Abgeordneter Günther. aber immer noch nicht klar, müssen wir diese Rah- menbedingungen korrigieren oder nicht, es gab da Daniel Günther [CDU]: also noch einen Dissens. Im Laufe des Novembers Aber finden Sie denn nicht, dass der Staatssekretär haben die regierungstragenden Fraktionen das im Bildungsausschuss, wenn es diese unterschiedli- MBW um Unterstützung für die Vorbereitung eines chen Auffassungen gegeben hat, dann zumindest eigenen Oberstufengesetzes gebeten. Dem sind wir den Bildungsausschuss darüber hätte informieren natürlich nachgekommen. Am 19./20. November müssen, dass mit einer Gesetzesänderung zu rech- 2012 hat Loßack in der Staatssekretärsrunde dar- nen ist? über gesprochen (Zuruf: Herr Loßack! - Heiterkeit) Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und und auch im Kabinett, dass die Fraktionen das Ein- Wissenschaft: bringen eines eigenen Oberstufengesetzes prüften. Voraussetzung dafür wäre gewesen, Sie hätten ihn Damit war auch das Kabinett darüber informiert. danach gefragt. Am 20. November 2012 hat der Ministerpräsident (Anita Klahn [FDP]: Haben wir! - Weitere darum gebeten, die Problematik noch einmal Zurufe) schriftlich aufzuarbeiten. Dem sind wir nachge- kommen. Am 22. und 23. November 2012 ist die Vorlage eines Gesetzentwurfs in Hilfestellung für Präsident Klaus Schlie: die regierungstragenden Fraktionen vom MBW er- Das Wort zu einer dritten Zusatzfrage hat Herr Ab- arbeitet worden. Dieser ist dann auch am Freitag, geordneter Günther. das war der 23. November 2012, in die Staatskanz- lei geschickt worden. Dort ist er verteilt worden, damit am 26. November 2012, das war ein Montag, Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1859

(Ministerin Dr. Waltraud Wende) am Montagmorgen, in der Staatssekretärsrunde dar- Heike Franzen [CDU]: über diskutiert werden konnte. Da ist Herr Loßack Frau Ministerin, Herr Loßack ist im Ausschuss de- immer noch davon ausgegangen, dass es eine Ge- zidiert von Frau Klahn gefragt worden, wann der setzesänderung geben würde. Landesregierung klar gewesen sei, dass es zu einer Am selben Tag, jetzt aber abends, hat es eine Koali- Gesetzesänderung kommen müsse. Ich frage noch tionsausschusssitzung gegeben. Diese führte zu einmal dezidiert nach. War das der Landesregie- dem Ergebnis, dass die regierungstragenden Frak- rung vor der Beantwortung der Kleinen Anfrage der tionen einen anderen Weg gehen wollen. Aus die- Abgeordneten Klahn vom 21. November 2012 klar? sem Grund ist die Vorlage, die wir zunächst für den Sie haben gerade ausgeführt, dass Herr Loßack be- 27. November 2012 für das Kabinett vorgesehen ziehungsweise auch der Herr Ministerpräsident um hatten, nie im Kabinett diskutiert, sondern wieder die Problematik bereits am 20. November 2012 ge- zurückgezogen worden. wusst hätten. Am 19. November 2012 hat es dazu offensichtlich einen Auftrag gegeben. Teilen Sie (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN denn damit die Aussage Ihres Staatssekretärs, dass und SSW) diese Kenntnis darüber erst deutlich nach dem 21. November 2012 klar war? Präsident Klaus Schlie: Eine weitere Wortmeldung liegt von der Frau Ab- Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und geordneten Franzen zu einer ersten Zusatzfrage vor. Wissenschaft: Es war nach dem 21. November 2012 klar. Ich den- Heike Franzen [CDU]: ke, das dürfte aus meinen bisherigen Ausführungen Frau Ministerin, Sie haben gerade gesagt, dass die deutlich geworden sein. - Ja. Kabinettsvorlage zurückgezogen worden sein soll. (Vereinzelter Beifall SPD) Das Kabinettsprotokoll verweist aber darauf, dass es keinen Beschluss gegeben habe, sondern dass Präsident Klaus Schlie: Verfahrensfragen geklärt worden seien. Insofern würde ich schon gern wissen: Ein Ausfluss dieser Das Wort zu einer dritten Zusatzfrage hat Frau Ab- Verfahrensfragen war ja, dass der Gesetzentwurf, geordnete Franzen. der dieser Kabinettsvorlage anhing, eins zu eins von den Fraktionen eingebracht worden ist. Heike Franzen [CDU]: Frau Ministerin, wäre es dann nicht angebracht ge- Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und wesen, den Ausschuss entsprechend über die ge- Wissenschaft: planten Maßnahmen, die offensichtlich anstanden, Die sprachliche Formulierung „sein soll“ impliziert im Rahmen des Dialogs zu informieren? eine Unterstellung, die ich zurückweise. Wir haben (Anita Klahn [FDP]: Sehr gute Frage!) die Gesetzesvorlage im Kabinett nicht diskutiert, sondern haben stattdessen im Kabinett darüber ge- sprochen, wie das weitere Verfahren sein soll, mit Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und dem wir unsere Oberstufen in Zukunft genehmigen Wissenschaft: sollen. Wir wussten nur: Diese Vorlage ist obsolet, Wann hätten wir informieren sollen? weil die regierungstragenden Fraktionen einen an- deren Weg präferieren. (Anita Klahn [FDP]: In einer der Bildungs- ausschusssitzungen! - Weitere Zurufe) (Vereinzelter Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Heike Franzen [CDU]:

Präsident Klaus Schlie: In der Ausschusssitzung vom - - Das Wort zu einer zweiten Zusatzfrage hat Frau Präsident Klaus Schlie: Abgeordnete Franzen. Ich würde sagen, wir bleiben dabei, Frau Ministe- rin, dass die Abgeordneten fragen und Sie antwor- ten. 1860 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft: a) Regierungserklärung „Schleswig-Holsteins Gut. Ich wüsste nicht, in welcher Ausschusssitzung Beitrag zum Atomausstieg - in Verantwor- wir hätten informieren sollen. In der Bildungsaus- tung vor den Menschen und dem Land“ schusssitzung am 6. November 2012 habe ich Ihnen zumindest gesagt, dass wir da Dinge planen, die b) Keine Zwischenlagerung hochradioaktiver noch im Fluss sind, und dass wir einen gesetzlichen Abfälle aus Wiederaufbereitungsanlagen an Weg gehen werden, um neue Oberstufen sicherzu- Kernkraftwerksstandorten in Schleswig-Hol- stellen. stein (Beifall Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Jette Waldinger-Thiering Antrag der Fraktion der FDP [SSW]) Drucksache 18/707 (neu)

Präsident Klaus Schlie: c) Transparenz und Volksentscheid über Zwi- Das Wort zu einer ersten Zusatzfrage hat Herr Ab- schenlagerung radioaktiver Stoffe aus Wie- geordneter Habersaat. deraufbereitungsanlagen an Kernkraftwerks- standorten in Schleswig-Holstein unter Betei- Martin Habersaat [SPD]: ligung der Öffentlichkeit sichern Frau Ministerin, finden Sie, dass die Regierungsko- Antrag der Fraktion der PIRATEN alition die Öffentlichkeit zu irgendeinem Zeitpunkt Drucksache 18/728 im Zweifel über ihr Vorhaben gelassen hat, neue Oberstufen an Gemeinschaftsschulen in Schles- wig-Holstein zu schaffen? d) Keine Zwischenlagerung von hochradioakti- ven Abfällen aus Wiederaufbereitungsanla- Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und gen ohne erneute und umfassende Prüfungen Wissenschaft: und Bürgerbeteiligung Ich hoffe nicht! Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/733 (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW) e) Energiewende- und Klimaschutz in Schleswig- Präsident Klaus Schlie: Holstein Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS die Fragestunde beendet. 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des (Anhaltender Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ SSW DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt PIRA- Drucksache 18/750 TEN) Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir f) Erfolgreicher Atomausstieg: Endlagersuche auf der Besuchertribüne den Bürgermeister der beginnen - Energiewende konsequent umset- Stadt Brunsbüttel, Herrn Stefan Mohrdieck. Seien zen Sie uns herzlich willkommen! Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS (Beifall) 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des Ich rufe die Tagesordnungspunkte 2, 20, 27, 31, 47 SSW und 48 auf: Drucksache 18/751 (neu) - 2. Fassung

Gemeinsame Beratung g) Verfahren zur Zwischenlagerung Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1861

(Präsident Klaus Schlie)

Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜND- stein - wie ich glaube - mustergültig stehen, aus NIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten dieser gefährlichen, nicht verantwortbaren, von uns des SSW nicht beherrschbaren Technologie in eine zu gehen, Drucksache 18/778 die Zukunft möglich macht und Zukunft nicht ver- nichtet: den Weg in die erneuerbaren Energien. Ich mache Ihnen folgenden Vorschlag zur Reihen- Für diesen Weg stehen wir hier in Schleswig-Hol- folge der Worterteilungen: zuerst die Landesregie- stein. Der Umstieg, den wir machen, der Pakt, der rung zu Teil a), zweitens die FDP zu ihrem Antrag geschlossen worden ist, ist zutiefst richtig. Er ist in b), dann die Fraktion der PIRATEN zu ihrem An- Verantwortung vor den Menschen geschlossen, die trag c), dann die Fraktion der CDU zu dem Antrag heute leben, und vor den Menschen, die uns folgen. d), dann die SPD zu ihrem Antrag e) und dann die Fraktionen jeweils nach ihrer Stärke. Unser Verantwortungsbewusstsein muss auch durchtragen, wenn es um die Fragen geht, die nun (Wolfgang Kubicki [FDP]: Herr Präsident, alle aufgeworfen sind, und die wir nicht mehr weg- der Oppositionsführer antwortet auf die Re- reden können, die nicht nur Fragen unserer Rheto- gierungserklärung!) rik sind. Es muss darum gehen, das schwere Erbe - Unter den Maßgaben, die die Geschäftsordnung der Atomkraft nun gerade von denjenigen lösen zu sowieso vorsieht. Vielen Dank für den Hinweis. lassen, die schon immer gesagt haben: Es war ein Irrweg. Das ist die Ironie von Geschichte, dass vie- Das Wort hat nun Herr Ministerpräsident Torsten le, die immer gewarnt haben, geht nicht diesen Albig. Weg, jetzt in dieser Verantwortung stehen. (Dr. Ralf Stegner [SPD]: Hoffentlich steht Wir müssen - das ist aus meiner tiefen Überzeu- das im Protokoll!) gung die Aufgabe von Politik - den gesamtgesell- schaftlichen Konsens, den wir vor zwei Jahren zu Torsten Albig, Ministerpräsident: schmieden begonnen haben, weiter tragen. Deswe- Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und gen sitzen wir hier. Deswegen machen wir Politik. Herren! 40 Jahre sind wir als Gesellschaft den Weg Wir machen nicht Politik, um das Nein zu etablie- gegangen, von dem zumindest eine Mehrheit ein- ren, sondern wir machen Politik, um diesen gesell- mal glaubte, er sei der Weg in eine ewige, er sei der schaftlichen Konsens zusammenzubringen auf Weg in eine günstige Energie. Wir zahlen jetzt den dem Weg in das Zeitalter neuer und sauberer Ener- Preis dafür, dass dieser Glaube ein großer Irrglaube gien, um eine Antwort auf die Fragen zu geben: war. Er war nicht der Weg in eine ewige Energie; er Was machen wir mit den unerledigten Altlasten? war der Weg in ewigen Müll, von dem wir heute Was machen wir mit all dem strahlendem Atom- noch nicht wissen, was wir mit ihm machen sollen; müll? Wir sind diejenigen, die sich um die sichere er war der Weg in ewige und sehr, sehr hohe Preise, Lagerung zu kümmern haben. die wir und Tausende von Generationen, die nach Es wird wahrscheinlich schon lange keine Men- uns kommen, zu zahlen haben. Wir zahlen den schen mehr auf der Erde geben, wenn der Müll der Preis dafür. Zu diesem Preis gehören auch Debatten letzten 40 Jahre endlich aufhört, nicht mehr gefähr- wie die, die wir hier führen, über die Folgen dieses lich zu sein. Lange wird es niemanden mehr geben, Irrweges der vergangenen 40 Jahre. der auf diesem Planeten lebt, und trotzdem ist es Vor zwei Jahren haben wir in Deutschland einen noch gefährlich. Pakt geschlossen, einen Pakt der Vernunft. Wir ha- (Wolfgang Kubicki [FDP]: Warum gibt es ben ihn über alle Parteigrenzen hinweg endlich ver- dann keine Menschen mehr?) abredet. Auch die, die einmal glaubten, der Weg in die Atomenergie sei der richtige gewesen, hatten Wir müssen heute eine Antwort geben - - Selbst mir gelernt. Auch wenn man den Weg einmal mehrheit- fehlt die Phantasie, Herr Kubicki, dass in mehreren lich für richtig hielt - eins steht fest: Er war falsch. Millionen Jahren noch Menschen auf der Erde le- Über alle Parteigrenzen hinweg haben wir verein- ben. Aber es gibt dann immer noch diesen Müll. bart, endgültig aus der Atomenergie auszusteigen. (Wolfgang Kubicki [FDP]: Haben wir kein (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Leben mehr auf der Erde? Das haben wir seit und SSW) mehreren Millionen Jahren!) Seitdem arbeiten wir gemeinsam daran, den best- - Herr Kubicki, wir werden keine Menschen mehr möglichen Umstieg, wofür wir in Schleswig-Hol- auf diesem Planeten haben, aber wir werden noch 1862 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Ministerpräsident Torsten Albig)

Müll haben, Müll, den wir hier in 40 Jahren produ- (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ziert haben. und SSW) (Wolfgang Kubicki [FDP]: Wir sind die letz- Diese Regierung möchte das sein. Ich kann Sie nur te Generation! Wir sind vom Aussterben be- herzlich auffordern mitzugehen. droht!) Ich weiß, auch angesichts der jungen Menschen, Es ist das Verdienst der Energiewende, dass wir auch der, die heute hier sind, ist es eine Zumutung, überhaupt sagen können: Es geht nicht so weiter. eine solche Diskussion zu führen, eine Zumutung, Die Menge an Atommüll ist endlich absehbar ge- gesagt zu bekommen: Da habt ihr nun den Müll, worden. Sie ist durch den Ausstieg endlich be- und seht die nächsten Millionen Jahre zu, was ihr grenzt. Wir haben uns auf energiepolitische Ver- damit macht, passt schön darauf auf, er wird nie nunft besonnen. Wir hören endlich auf, unseren wieder verschwunden sein! Dieser Zumutung aber Nachfahren immer weiter strahlendes nukleares Er- müssen wir uns stellen. Ich jedenfalls will meinen be zu hinterlassen. Kindern nicht sagen, dass wir als Gesellschaft ge- meinsam auch hier nicht in der Lage waren, dieses Diese Vernunft besagt aber auch: Wir dürfen unsere Kapitel zu schließen, gemeinsam als Gesellschaft Kinder und Enkelkinder nicht im Unklaren darüber eine Antwort darauf zu geben. Und es reicht eben lassen, was mit diesem schmutzigen Erbe passiert. nicht aus, die Antwort zu geben: Hauptsache, es ist Wir werden endlich gemeinsame Vorstellungen er- nicht bei mir. Ich kann in Deutschland nicht 16-mal arbeiten müssen, wie wir uns in Deutschland ein si- eine Antwort organisieren, die heißt: Nein, nicht bei cheres Endlager vorstellen. Wir sind die Generati- mir! 16-mal Nein führt nicht zu einem Ja in on, die endlich befriedende Antworten mit den Deutschland. Wir brauchen gemeinsame Antworten Menschen in diesem Land finden muss: Wo kommt auf die Fragen: Wie sieht das neue Endlager aus? das Zeug hin? Es ist uns in den letzten 40 Jahren Wo ist es? Halten wir es als Gesellschaft aus? Ge- nicht gelungen, das zu tun. Für Gorleben ist das er- nauso brauchen wir Antworten auf die Fragen: Was kennbar noch nicht gelungen. Nun machen wir uns machen wir bis dahin mit dem Müll, den wir ha- in den nächsten Jahren, in den nächsten Jahrzehnten ben? Wo soll er lagern? auf den Weg, gemeinsam eine solche Antwort zu geben. Ich begrüße es sehr, dass der Bundesumweltminis- ter - in diesen Stunden tagt das Bundeskabinett von (Wortmeldung Wolfgang Kubicki [FDP]) CDU/CSU und FDP genau zu dieser Frage - das Endlagersuchgesetz auf den Weg bringt, weil der Präsident Klaus Schlie: Grundansatz genau der richtige ist. Wir müssen ei- Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abge- ne befriedende Lösung und eine Antwort auf die ordneten Kubicki? Frage finden: Wo kommt das Zeug endgültig hin? Ich begrüße es und verstehe es, dass auf diesem Torsten Albig, Ministerpräsident: Weg auch die Frage gestellt wurde: Was passiert in Selbstverständlich. Gorleben bis dahin? Gorleben war bisher Zwi- schenlager. Über 100 Castoren sind dort eingela- Wolfgang Kubicki [FDP]: Herr Ministerprä- gert. Ich kann nachvollziehen, dass diejenigen, die sident, darf ich Ihre bewegenden Worte da- das in Gorleben so lange haben ertragen müssen, hin gehend verstehen, dass diese Regierung sagen: Wenn wir Teil dieses Prozesses sein sollen, auf die sozialistischen Partner in Frankreich wenn wir mit auf eine weiße Karte kommen, auf und Nantes zugeht, um sie davon zu überzeu- die auch alle anderen denkbaren Orte kommen, bit- gen, damit aufzuhören, dass dieser Müll, der ten wir darum, dass wir für die noch ausstehenden die künftigen Generationen zum Aussterben Lieferungen von Castorbehältern nach Deutschland bringen wird, in Frankreich nicht mehr pro- nicht auch noch weiter Zwischenlager sind. duziert wird? Die Menschen dort haben schon viel ertragen. Es (Zuruf Hans-Jörn Arp [CDU]) gehört zu einem fairen Kompromiss, zu sagen: Wir - Herr Kubicki, Sie dürfen meine Worte dahin ge- müssen für die 26 Castoren, die mit mittel- und hend verstehen, dass diese Regierung glaubt, dass hochradioaktivem Atommüll noch kommen wer- es irgendjemanden geben muss, der als Vorbild den, gemeinsam eine andere Lösung finden. Das, vorangeht. was das Bundeskabinett jetzt tut, ist richtig. Der Kompromiss zwischen Bund und Ländern ist rich- Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1863

(Ministerpräsident Torsten Albig) tig. Meine Landesregierung unterstützt die dazu gehen, weil er Solidarität breiter fasst und sagt: notwendigen weiteren Schritte. Dazu gehört, dass Sankt Florian kann nicht das Handlungsprinzip von wir eine Antwort auf die Frage geben: Wo genau Politik sein, sondern Verantwortung muss das werden die 26 Container hingebracht? Zwischen Handlungsprinzip von Politik sein. 2015 und 2017 werden diese aus Großbritannien (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und aus Frankreich zurückkommen. und SSW) (Hans-Jörn Arp [CDU]: Viel Spaß!) Meine Regierung hat für Schleswig-Holstein die Das sind 26 Container mit Müll, den es schon gibt. Bereitschaft erklärt, Teil einer gemeinschaftlichen Im Zusammenhang mit diesen reicht das Pflegen ei- Lösung zu sein. Wir wollen ein ergebnisoffenes ner politischen Rhetorik, die von Opportunismus Endlagersuchgesetz, getrieben wurde, nicht aus. Es reicht nicht zu sagen: (Wolfgang Kubicki [FDP]: Das wollen wir Lieber Gott, lass das an meinem Land, an meinem auch!) Ort, an meinem Quartier vorbeigehen, lass diese Dinge irgendwo anders hingehen. Meine Politik be- bei dem Gorleben ein Teil ist. Daher akzeptieren schränkt sich nicht darauf, wie Sankt Florian zu sa- wir die Einschränkung für das Zwischenlager Gor- gen: Der Nachbar soll ruhig, ich will aber nicht. Ich leben. Wir haben in der Tat etwas gesagt, das unge- glaube, Politik, die verantwortlich ist und die sich wöhnlich ist. Wir verstecken uns nicht hinter dem ihrer Verantwortung stellt, muss Teil von Lösungen nächsten Busch und warten darauf, dass irgendje- sein wollen. Sonst funktioniert sie nicht. mand anders den Kopf heraushält. Wir sind poli- tisch in der Lage, zu sagen: Das, was wir leisten (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN können, wollen wir leisten; gemeinsam mit Baden- und SSW) Württemberg haben wir das getan. Ich erwarte von Verantwortung heißt: Jeder muss im Rahmen seiner anderen das gleiche. Möglichkeiten einen Beitrag leisten. Jeder muss (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN prüfen, jeder muss sich prüfen. Wir hier, aber auch und SSW) andere Parlamente in anderen Regionen, müssen uns fragen: Wie kann ich Teil von Lösungen sein? - Wir haben heute in Deutschland 13 denkbare Zwi- Präsident Klaus Schlie: schenlager an Kernkraftwerken. Wir haben dort Herr Ministerpräsident, gestatten Sie eine Zwi- insgesamt rund 1.600 Stellplätze für Castoren. Wir schenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Breyer? haben heute noch an keinem dieser Standorte eine Genehmigungslage. Die Genehmigungslage liegt Torsten Albig, Ministerpräsident: bisher nur in Gorleben vor. Sie muss geschaffen werden. Es besteht jedoch überhaupt keine Notwen- Sehr gern. digkeit, neue Lager zu schaffen, weil wir in Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Herr Deutschland ausreichende Kapazitäten haben. Wir Ministerpräsident, Sie haben gerade einen brauchen auch nirgendwo Abklingbecken, da sich Punkt angesprochen, der für mich sehr wich- das entsprechende Sicherungskonzept 2006 grund- tig ist, nämlich die Lastenverteilung. Sie ha- legend geändert hat. ben gesagt: Jedes Land, das geeignete Kapa- Wir wissen, dass das Bundesamt für Strahlen- zität hat, muss eine Beteiligung prüfen. Darf schutz die Behörde ist, die die Genehmigungen ich dies dahin gehend verstehen, dass eine und die rechtlichen Voraussetzungen schaffen faire Lastenverteilung, wie sie im Antrag der muss. Sie muss das tun. Wenn dies nicht gelingt, Koalitionsfraktionen vorgesehen ist, nicht dann ist Gorleben der einzige Ort. Das, was die von gegeben ist, wenn Länder wie Nordrhein- Ihnen getragene Bundesregierung gerade heute be- Westfalen oder Hessen, die über entspre- schließt, sagt aber: Gorleben soll es nicht sein. Wir chende Zwischenlager verfügen, aus nicht können das akzeptieren. zwingenden politischen Gründen sagen: „Wir machen nicht mit“? Heißt das, dass Sie einer (Wolfgang Kubicki [FDP]: Das steht im Ge- Regelung nicht zustimmen werden, die be- setz nicht drin!) sagt, dass wir Atommüll anteilig aus Ländern Wir können es akzeptieren, dass Bundesminister übernehmen, die aus politischen Gründen Altmeier, die Bundeskanzlerin und auch die Füh- nicht bereit sind, ihren Teil der Verantwor- rung der FDP sagen: Das ist ein guter Weg, den wir tung zu übernehmen? 1864 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Ministerpräsident Torsten Albig)

- Herr Abgeordneter, ich komme sofort darauf. Das passiert, wird ebenfalls ein Schritt in diese Rich- ist noch Teil der Regierungserklärung. Ich teile tung sein. aber Ihre Auffassung, dass es nicht ausreicht, zu sa- Wer aber glaubt, dass ein Land, in dem drei Atom- gen: Wir tauschen Gorleben durch Brunsbüttel, und kraftwerke stehen, sich total verweigern könnte und das war’s. Das ist kein fairer Lastenausgleich. Es auf Gorleben verweisen kann, argumentiert mora- braucht mehr. Bitte gestatten Sie mir jedoch, dies lisch fragwürdig und macht es sich zu leicht. im Zusammenhang zu erläutern. (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Meine Damen und Herren, Schleswig-Holstein hat und SSW - Wolfgang Kubicki [FDP]: Unver- seine Bedingungen auch durch den Energiewende- schämt!) minister sehr klar formuliert, und zwar von Anbe- ginn. Bereits am 24. März 2013 haben wir eindeuti- Schon vor etwas mehr als zwei Jahren hat Herr Ab- ge Forderungen aufgestellt. Seither steht unsere Po- geordneter Magnussen an dieser Stelle etwas ge- sition unverändert und stringent. Wir fordern ers- sagt, was ich in der Grundposition nicht teile, was tens eine klare Lastenverteilung zwischen den Län- aber in der Ableitung richtig ist. Herr Magnussen dern, an deren Kraftwerkstandorten eine vorüberge- sagte: Wer drei Kernkraftwerke in seinem Land hat, hende Zwischenlagerung infrage kommt. Dazu ge- muss natürlich auch den Transport von Kernbrenn- hört aber auch, und das ist mir sehr wichtig, dass stoffen und Reaktorstäben ermöglichen. wir über die Lasten nachdenken, die wir verursa- Ich teile nicht die Position, die dazu führt, aber ich chen würden, wenn wir anteilsgenau Castor-Trans- teile die Konsequenz: Wenn ich mit einem Weg be- porte durch Deutschland organisieren nach dem gonnen habe, dann muss ich in der Konsequenz die- Motto: Dieses Kraftwerk hat einen Anteil von 0,5, sen Weg auch zu Ende gehen und mich den entstan- wir müssen also eine entsprechende Verteilung auf denen Folgen stellen. Halte ich mich nicht daran, alle 13 Standorte vornehmen. Auch das ist eine dann bin ich widersprüchlich und mache nur oppor- Last, über die nachgedacht werden muss. Ich kann tunistische Politik. Sie wissen, allein rechnerisch verstehen, dass ein Bundesumweltminister und ein entfallen etwa fünf der in Rede stehenden 26 Casto- Bundesamt für Strahlenschutz sagen: Es gibt Orte ren auf die Atomkraftwerke in unserem Land. Es wie Unterweser oder Brunsbüttel, die allein durch stehen aber bereits jetzt auch Castoren mit Atom- ihre Zugänglichkeit diese Last minimieren. Das müll aus Schleswig-Holstein unter den mehr als wird eine Rolle spielen. 100 Castoren in Gorleben. Zweitens. Es muss sicher sein, dass aus den Zwi- (Wolfgang Kubicki [FDP]: Die können wir ja schenlagern keine Endlager werden. Dafür sind zurücknehmen!) sie weder genehmigt noch geeignet. Die Betriebs- genehmigungen für vorhandene Zwischenlager dür- Die Forderung, dass jedes Land nur vor seiner eige- fen nicht verlängert werden. nen Haustür kehren sollte, ist politisch nicht meine. Sie entspricht auch nicht der von uns erwarteten (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Übernahme von Verantwortung. Verglichen mit und SSW) den Hunderten von Castoren, die es in Deutschland Drittens. Wir bestehen auf einer vollständigen Frei- bereits in Zwischenlagern oder an den drei Zentral- stellung aller damit verbundenen Kosten wie lagern gibt, reden wir mit den noch ausstehenden Transportsicherung und Lagerung. Der Bund muss 26 über eine verhältnismäßig kleine Menge, so auch die sicherlich notwendigen Polizeieinsätze schwer uns konkret vor Ort auch jeder einzelne und die Kosten, die damit zusammenhängen, über- Transport fallen wird. nehmen und dafür aufkommen. Ich glaube auch, dass die Qualität der Debatte eine Von der Zusage, diese Prämissen zu erfüllen, haben völlig andere ist als die Qualität der Debatte, die wir unser Angebot abhängig gemacht, Teil einer wir über Endlager und Zwischenlager geführt ha- Lösung sein zu können. Ich freue mich, dass die ben, als wir diese Atomtechnik möglich machen Regierungsfraktionen dies mit ihrem Antrag heute wollten. Damals ging es darum, dass sie der Schlüs- noch einmal untermauern. Das ist der richtige Weg. sel dafür sei, die Tür in das Atomzeitalter zu öff- Wir sind in unseren Prämissen gegenüber dem nen. Heute ist sie der Schlüssel in der Tür, um das Bund klar. Mir scheint, der Bundesumweltminister Atomzeitalter abzuschließen. Wir wollen diesen hat dies verstanden. So, wie ich es wahrnehme, be- Raum zuschließen, und deshalb brauchen wir den müht er sich sehr, die Last auf mehrere Schultern Schlüssel. zu verteilen. Das, was heute im Bundeskabinett Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1865

(Ministerpräsident Torsten Albig)

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an Expertise hat, insbesondere was hohe Standards und SSW) angeht, darauf hinwirken, dass diese hohen Stan- dards auch eingehalten werden. Wir brauchen eine gesellschaftliche Akzeptanz dieser Lösung. Es wird nie - weder in Brunsbüttel Aber ein Datum steht für uns alle fest: 2015 muss noch anderswo - eine Akzeptanz geben, bei der die unsere Gesellschaft eine Antwort geben. Dann Menschen uns sagen: Wir finden es klasse, dass das kommen die 26 Castoren zurück. Noch einmal: Die bei uns passiert. Das wird niemals passieren. Es Antwort, die wir bis dahin gegeben haben, kann kann nur eine Akzeptanz geben, die darauf beruht, nicht sein, dass wir es an den 13 Zwischenlagern dass die Politik die Verantwortung angenommen 13-mal erreicht haben, dass die Menschen dort sa- hat, zu erklären, warum wir gemeinsam solche gen: „Nein, hier nicht.“ Irgendwo hin werden wir schweren gesellschaftlichen Kompromisse ertragen den Müll als Gesellschaft bringen müssen. Ich wer- müssen. Diese Akzeptanz haben wir sicherzustel- be dafür, dass wir ehrlich sind, und ich werbe dafür, len. Wenn es uns nur darum ginge, jeweils vor Ort dass wir die Menschen ernst nehmen in ihren Äng- die individuellen Interessen zufriedenzustellen, sten, aber eben auch in der Fähigkeit, zu erkennen, dann entspräche das nicht der weiteren Verantwor- dass wir es nun mal sind, die die Folgen dieses Irr- tung, die wir haben. weges zu tragen haben, den viele in diesem Saal vielleicht gar nicht für einen Irrweg gehalten haben. Ich weiß, wie schwer das in Brunsbüttel ist; ich Schleswig-Holstein, meine Landesregierung, ist be- weiß, was der Bürgermeister mit uns gemeinsam in reit, einen Beitrag zu diesem Teil des Atomaus- dieser Debatte auszuhalten hat. Aber wir sind dieje- stiegs zu leisten. nigen - und deswegen sind wir gewählt und nur deswegen -, die erklären müssen, warum wir es ge- (Wolfgang Kubicki [FDP]: Na, hoffentlich!) meinsam halten müssen und wie wir es so machen, Ich hoffe sehr, dass wir alle in der Lage sind, politi- dass die Lasten auf mehreren Schultern liegen. sche Rituale zu überwinden nach dem Motto: „Wir Castoren einzulagern und den Müll, den wir haben, sind schon deswegen dagegen, weil ihr dafür seid.“ aufzunehmen, das ist eines der letzten Kapitel der Lassen Sie uns zeigen, dass wir in einer solchen unrühmlichen Atomgeschichte. Und wir haben die- zentralen Frage politischer Gestaltung dieses Ritual ses Kapitel gemeinsam zu schreiben. Das wollen überwinden. und werden wir tun, meine Damen und Herren. Unsere Gesellschaft hat lange auf das von Hans Jo- Dazu gehört, dass wir auch vom Bund erwarten und nas postulierte Prinzip Verantwortung nicht richtig verlangen, dass bei der Sicherheit nicht das klein- reagiert. Gegen den ökologischen Imperativ, den er ste Zugeständnis gemacht wird zulasten Bürgerin- 1979 einmal aufgestellt hat: „Tue nichts, dessen nen und Bürger. Für eine mögliche Zwischenlage- Wirkung so stark ist, dass es die Existenz von ech- rung in Schleswig-Holstein haben Sicherheitskrite- tem Leben auf der Erde gefährdet“, haben wir als rien deshalb die höchste Priorität. Wir verlangen Gesellschaft lange verstoßen. Unsere Last ist es von der Bundesregierung ein ganz klares Bekennt- nun, dieses Prinzip wieder zur Wirkung zu bringen. nis zur Anerkennung dieser höchsten Sicherheits- Wir müssen ertragen, dass dazugehört, auch sagen standards. zu müssen: Wir gehen mit diesem Müll um. Wir flüchten nicht vor unserer Verantwortung. Jede (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und jeder auch vor Ort, in dessen Geschichte die und SSW) Atomkraftwerke zu einer besonderen Bedeutung Sollen Castoren an dezentrale Zwischenlager ge- auch in der persönlichen Sozialisierung geführt ha- hen, dann müssen das Bundesumweltministerium ben, haben meinen ganz großen Respekt, sich in und das Bundesamt mit den Betreibergesellschaften diese Verantwortung zu begeben, weil es gefühlt alle technischen und alle genehmigungsrechtlichen das Gegenteil von dem ist, wofür man gekämpft Fragen klären: Die für die Zwischenlager erforder- hat, einen solchen Müll eben nicht vor Ort zu ha- lichen Anträge sind zu initiieren und zu verhandeln. ben. Wer das trotzdem leisten kann, dessen Verant- Die Kostenfragen der Unternehmen sind zu lösen. wortung kann gar nicht hoch genug eingeschätzt Viele Hausaufgaben warten also noch auf den werden. Bund. Aber wir werden den Bund, wo immer es Ich bitte Sie herzlich, begleiten Sie uns auf diesem geht, begleiten, wenn diese Hausaufgaben erledigt Weg, den die Bundesregierung so gehen will, wie sind. Die Genehmigungsbehörde das ist das Bun- wir ihn für richtig halten. Lassen Sie uns gemein- desamt für Strahlenschutz und nicht wir. Aber wir sam den Menschen erklären, dass die Politik, für werden mit all dem, was auch unsere Atomaufsicht 1866 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Ministerpräsident Torsten Albig) die wir stehen, eine ist, die Mut hat und die sich Die CDU in Schleswig-Holstein - das sage ich sehr nicht im Busch versteckt. deutlich - bekennt sich voll zur Energiewende. Sie unterstützt die gemeinsame Aufgabe von Bund und Herr Breyer, wenn wir das hier tun, dann bin ich si- Ländern, einen gemeinsamen Masterplan für die cher, dass sich auch andere aus dem Büschen bewe- Energiewende zu erarbeiten. Denn diese Energie- gen müssen, weil sie sehen: Politik, die Verantwor- wende - das wissen wir - kann nur gemeinsam von tung übernimmt, ist das, was die Menschen sehen Bund und Ländern gelingen. Sie ist für Schleswig- wollen. Politik, die sich versteckt, ist einfach nur Holstein eine Jahrhundertchance. Genau deshalb feige. hat die alte Landesregierung bereits 2010 ein zu- (Anhaltender Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ kunftsweisendes Energiekonzept beschlossen, das DIE GRÜNEN und SSW) unser Land zu einem Vorreiter in diesem Bereich macht. Und diesen Weg wollen wir weitergehen. Präsident Klaus Schlie: (Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das glauben Sie Die Landesregierung hat die vereinbarte Redezeit doch wohl selber nicht!) um 8 Minuten überschritten. Diese Zeit steht nun auch allen anderen Fraktionen zur Verfügung. Präsident Klaus Schlie: Das Wort hat nun der Oppositionsführer, der Vor- Herr Abgeordneter Callsen, gestatten Sie eine Zwi- sitzende der CDU-Fraktion, Herr Callsen. schenfrage des Herrn Abgeordneten Matthiessen?

Johannes Callsen [CDU]: Johannes Callsen [CDU]: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Nein. - Dass damit natürlich auch die Frage der Ministerpräsident, Sie haben heute nichts gesagt, Verantwortung für ein sicheres Endlager verbun- was die Menschen in diesem Land nicht schon vor den ist, ist für die CDU Schleswig-Holsteins die lo- Wochen in der Zeitung haben lesen können. Wollen gische Konsequenz und selbstverständlich. Deswe- Sie den Menschen in Schleswig-Holstein mit Ihrer gen, Herr Umweltminister, haben wir uns sehr dar- heutigen Botschaft wirklich ernsthaft sagen, dass über gewundert, wie Sie mit Ihrer grundsätzlichen Sie die entscheidenden Fragen bis zum heutigen Einverständniserklärung Ende März 2013, Bruns- Tag noch nicht mit dem Bund geklärt haben? Wol- büttel vorzuschlagen, vorgegangen sind. Sie ma- len Sie ernsthaft sagen, dass Sie mit dem Betreiber chen den zweiten Schritt vor dem ersten. Bevor es in Brunsbüttel bis heute nicht offiziell gesprochen nämlich eine faire Lastenverteilung geben kann, haben? Und wollen Sie ernsthaft sagen, dass Sie muss doch klar sein, ob das im Land überhaupt geht überhaupt nicht wissen, welche technischen Vor- und unter welchen Voraussetzungen. aussetzungen erfüllt sein müssen und ob der Zeit- Wo ist denn das große Wort vom Dialog geblieben, plan dies zulässt? wenn Sie sich weder bei Ihrer Koalition noch beim (Beifall CDU und FDP) Betreiber in Brunsbüttel, bei Vattenfall, rückversi- Und das - neben viel Pathos - nennen Sie eine Re- chern, ob es überhaupt möglich ist, in Brunsbüttel gierungserklärung? Was haben Sie eigentlich in den weitere Castoren einzulagern, ohne dabei die ei- letzten Wochen gemacht? gentliche Hauptaufgabe, den Reaktorblock dort zu- rückzubauen, zu behindern oder gar zu verhindern? (Beifall CDU und FDP) Von einer Einbeziehung der Bürgerinnen und Bür- Es ist ein Armutszeugnis, dass Sie in Ihrer Regie- ger vor Ort in einer solch brisanten Entscheidung rungserklärung eben nicht an einer einzigen Stelle wage ich schon gar nicht zu reden. von eigener Verantwortung gesprochen haben. Sie Sie haben es zu verantworten, dass die Menschen in schieben alle Verantwortung nach Berlin Dithmarschen und Steinburg zur Verhandlungsmas- (Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD]) se Ihrer Koalition im Bund und in den Ländern ge- worden sind. Denn es gehört auch zur Wahrheit, und erklären sich nicht für zuständig. Herr Minis- dass es die rot-grüne Landesregierung in Nieder- terpräsident, das war keine Regierungserklärung, sachsen war, die einen Stopp für die Zwischenlage- das war eine Nichtzuständigkeitserklärung. rung in Gorleben wollte. Aber ich sage Ihnen: Die (Dr. Ralf Stegner [SPD]: Unglaublich!) Menschen in Schleswig-Holstein sind nicht dazu da, die Wahlversprechen von SPD und Grünen in Niedersachsen einzulösen. Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1867

(Johannes Callsen)

(Beifall CDU und FDP - Zuruf Dr. Ralf Steg- ein Endlager. Bis zum heutigen Tag gibt es keiner- ner [SPD]) lei relevante technische Gründe, die dafür sprechen, dass Gorleben nicht irgendwann einmal auch End- Dass das so ist, Herr Dr. Stegner, zeigt das Beispiel, lager werden könnte. Herr Albig, Ihres Ministerpräsidentenkollegen Weil in Niedersachsen, der letzte Woche kurzerhand Der Grund für den Zwischenlagerstopp ist schlicht Niedersachsen zur „castorenfreien Zone“ erklärt und ergreifend ein politischer. Wir dokumentieren und in seiner Regierungserklärung betont hat, dass damit, dass es uns mit der Suche nach einem Endla- das Zwischenlager am KKW Unterweser auf kei- ger auf der sogenannten weißen Karte ernst ist. nen Fall infrage kommt. Grohnde und Lingen seien Ich sage: Ja, wir tragen Verantwortung. Es müssen vorsorglich gleich mit ausgeschlossen, weil das den aber klare Voraussetzungen erfüllt sein. Wir wer- Menschen in Niedersachsen nicht zuzumuten sei. den uns einer ergebnisoffenen Endlagersuche nicht Mit einer solchen Haltung soll der Castoren-Kelch verschließen. zukünftig an Niedersachsen vorbeigehen. So sehr wir auch hoffen, dass und Bun- (Zurufe SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- desrat im Juli tatsächlich mit breiter Mehrheit ein NEN) solches Standortauswahlgesetz beschließen, bleiben Auch die Grünen in Niedersachsen fangen mittler- Fragen offen. Für die CDU sind Standortzwischen- weile an, sich vom Acker zu machen. lager für abgebrannte Brennelemente Teil des Ent- sorgungskonzepts für Kernkraftwerke in Deutsch- (Weitere Zurufe SPD und BÜNDNIS 90/DIE land. GRÜNEN) Im Jahr 2000 haben sich die Energieversorger ge- So hat die grüne Fraktionsvorsitzende - - genüber der rot-grünen Bundesregierung dazu ver- (Unruhe SPD) pflichtet. In der gleichen Vereinbarung hat sich die - Können Sie sich einmal ein bisschen beruhigen? Bundesregierung verpflichtet, rechtzeitig ein Endla- Sie müssen nicht immer laut werden, wenn Ihnen ger zur Verfügung zu stellen. Da zum jetzigen Zeit- die Argumente nicht passen. punkt gegen Gorleben aber einzig und allein politi- sche Gründe sprechen, werden aufgrund des Verur- sacherprinzips Probleme auf den Steuerzahler zu- Präsident Klaus Schlie: kommen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, könnten Deshalb erwarten wir von der Landesregierung, wir bitte Herrn Callsen das Wort lassen? dass es erstens in Brunsbüttel nicht zu einer Zwi- schenlagerung von hochradioaktiven Abfällen aus Johannes Callsen [CDU]: Sellafield oder Le Hague kommt, ohne dass es eine Frau Piel hat in der vergangenen Woche im Land- erneute und umfassende Sicherheitsprüfung gege- tag in Hannover erklärt, das ergebnisoffene Such- ben hat. verfahren könne nur beginnen, wenn Gorleben (Beifall CDU und FDP) nicht mehr Teil einer vergleichenden Suche sei. Darüber wundert man sich schon sehr, wenn man Es ist doch in höchstem Maße unverständlich, dass auf diesen Konsens, den Sie heute hochgehalten ha- es die Grünen waren, die vor zwei Jahren im Land- ben, abhebt. Frau Piel bedankt sich außerdem aus- tag vor Erdbeben, Sturmfluten, Deichbrüchen, drücklich bei ihren schleswig-holsteinischen grünen Schiffshavarien und vielem anderen in Brunsbüttel Freunden. warnten und heute Brunsbüttel als Gorleben-Zwi- schenlager vorschlagen. Meine Damen und Herren, die CDU Schleswig- Holstein unterstützt den von Bundesumweltminister Meine Damen und Herren, wir erwarten zweitens Altmaier gefundenen Einigungsprozess für das von der Landesregierung, dass sie dies alles prüft Standortauswahlgesetz. Wir danken ihm sehr unter Einbeziehung der Bürgerinnen und herzlich für diesen Lösungsweg. Bürger, insbesondere in den Kreisen Dithmarschen und Steinburg. (Lachen SPD) Wir erwarten drittens, dass sie vorab klärt, wie lan- Eines ist aber auch klar: Damit ist Gorleben nicht ge der Atommüll im Zwischenlager bleiben soll. auf Dauer ausgeschlossen; denn auch der Salzstock Stand heute muss dieses Atomzwischenlager 2046 in Gorleben ist weiter ein potenzieller Standort für geräumt sein. Das heißt, im Jahr 2038 werden die 1868 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Johannes Callsen) ersten Castoren wieder raus müssen, also zu einem Betriebsgenehmigung für dieses Zwischenlager Zeitpunkt, zu dem wir mit hoher Wahrscheinlich- vorliegt. keit noch kein betriebsbereites Endlager haben wer- Meine Damen und Herren, das ist für uns eine Si- den. tuation der Verantwortung. Es stellen sich aber Die Landesregierung muss viertens dem Parlament auch viele Fragen, und den Bürgern vor Ort glaubhaft darlegen, (Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD]) warum sie einem Atomanlagenbetreiber Atomab- fälle freiwillig anvertrauen will, dem sie gleichzei- und die Bürgerinnen und Bürger Schleswig-Hol- tig schwere Mängel und Versäumnisse in der Ver- steins haben einen Anspruch auf eine Beantwortung gangenheit vorwirft und dessen Zuverlässigkeit dieser Fragen und insbesondere auf eine hundert- nach wie vor nicht offiziell bestätigt worden ist. prozentige Klärung. Dieser Anspruch richtet sich gegen die Landesregierung, die Brunsbüttel für die- (Beifall CDU und FDP) sen Prozess vorgeschlagen hat. Das ist Ihre Verant- Ich will nur daran erinnern, dass es gerade einmal wortung, die Sie nicht abschieben können. Deshalb 13 Monate her ist, als Herr Harms gegenüber Vat- werden wir der Landesregierung heute keinen Frei- tenfall den Vorwurf erhoben hat, jedem Imbissbu- brief ausstellen. denbetreiber wäre längst die Konzession entzogen Die CDU ist bereit, Verantwortung zu tragen. worden. Heute geht es aber nicht um Frittierfett und Wenn alle Prüfungen abgeschlossen sind und alle Frittieröl. Vielmehr erwarten wir, dass die Zuver- Voraussetzungen erfüllt sind, dann muss der Land- lässigkeitsprüfung zu einem positiven Ergebnis ge- tag das letzte Wort haben. Darauf haben die Men- führt hat. schen in Schleswig-Holstein einen Anspruch. - Fünftens erwarten wir, dass die Sicherheit vor Ort, Herzlichen Dank. die Gesundheit der Menschen und die Sicherheit (Beifall CDU und FDP) der Transportwege ins Zwischenlager zu jedem Zeitpunkt gewährleistet werden kann. Präsident Klaus Schlie: Sechstens dürfen dem Land Schleswig-Holstein keine zusätzlichen Kosten entstehen. Es muss klar Für die FDP-Fraktion hat deren Vorsitzender, Herr sein, dass diese Last nicht allein bei Schleswig-Hol- Abgeordneter Wolfgang Kubicki, das Wort. stein verbleibt. Wolfgang Kubicki [FDP]: Herr Ministerpräsident, dass Ihre Landesregierung mit dem Betreiber Vattenfall noch nicht einmal Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ein offizielles Gespräch geführt hat, ist schon un- Bevor das sozialdemokratische HB-Männchen Ralf glaublich. Ansonsten wüssten Sie auch, dass sich Stegner im Gefühl der moralischen Überlegenheit die Zahl von 80 Stellplätzen in Brunsbüttel zwar wieder an die Decke geht, möchte ich darauf hin- nach viel anhört, dass das aber nicht so viel ist. Im weisen, Herr Ministerpräsident, dass es eine sozial- Übrigen liegt ein Antrag vor, der darauf abzielt, die liberale Regierung unter der Führung von Helmut Zahl der Betriebsplätze auf 34 zu reduzieren. Schmidt, einem immer noch sehr geschätzten Sozi- aldemokraten, war, die 1978 in das Atomgesetz Außerdem sind die Castoren in Sellafield deutlich hineingeschrieben hat: Die Endlagerung ist sicher. - heißer. Das heißt, die Castoren brauchen vor Ort Wäre das nicht erfolgt, hätten die Genehmigungen mehr Fläche. Hinzu kommt tonnenweise belasteter gar nicht erteilt werden können. Damals hat man Atommüll, der beim Rückbau anfällt. Auch diese gedacht, in 30 Jahren sei man so weit, ein entspre- Frage muss geklärt werden. Selbst dann, wenn das chendes Endlager bestücken zu können. Mittler- alles passieren sollte - das wissen Sie genauso gut weile ist das Jahr 2008 vorbei. wie wir -, ist es dennoch so, dass die Genehmigung für das Atommülllager in Brunsbüttel bis zum heu- Frau von Kalben, ich finde es ganz toll, dass Sie tigen Tag nicht rechtskräftig ist. Gegen das Zwi- das Endlagersuchgesetz für das Gelbe vom Ei hal- schenlager in Brunsbüttel ist immer noch eine Kla- ten. Jetzt haben wir die Prognose und Erwartung, ge vor Gericht anhängig, und keiner weiß, wann ein dass wir im Jahr 2040 möglicherweise ein Endlager Ergebnis vorliegt. haben werden, das bestückt werden kann. Ich warne jedoch alle Beteiligten vor der Erwartung, dass die- Sie haben also mit Brunsbüttel ein Zwischenlager se Zeitschiene eingehalten werden kann, und zwar ins Spiel gebracht, ohne dass eine rechtskräftige vor dem Hintergrund all der Prozesse, die wir aus Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1869

(Wolfgang Kubicki) der Vergangenheit kennen. Wir vertagen momentan oder wenn Gorleben als Zwischenlager beibehalten etwas. Wir haben uns auf ein rationelles Kriterium worden wäre, was Sie auch ausgeschlossen haben. geeinigt. Momentan vertagen wir aber die Frage der (Beifall FDP und vereinzelt CDU) Endlagerung. Im Übrigen ist das aber auch nicht das Thema der heutigen Debatte. Vor gerade einmal einem Jahr debattierten wir in diesem Hohen Hause über den Fund von gerosteten Das Thema der heutigen Debatte ist die Frage, ob Atomfässern im Kernkraftwerk Brunsbüttel. Es es Sinn macht, ein Zwischenlager in Brunsbüttel wurden Bilder gezeigt. Aus dieser sehr hitzigen neu einzurichten. Das bestehende Zwischenlager ist Diskussion ist mir vor allem das Auftreten der Grü- gar nicht dafür geeignet, Castoren aus Sellafield nen noch gut erinnerlich. Der damalige Fraktions- aufnehmen zu können, obwohl Gorleben als Zwi- vorsitzende Dr. Robert Habeck war an diesem Tag schenlager genehmigt und technisch ausgestattet erkrankt, und sein Kollege Detlef Matthiessen ver- ist. Da nach Auffassung aller Experten Atommüll trat ihn - wie ich fand - würdig. Kollege Matthies- in den nächsten 30 Jahren sicher in Gorleben zwi- sen sagte am 23. März 2012 ausweislich des Plenar- schengelagert werden kann, stellt sich die Frage, ob protokolls in Richtung des damaligen Ministers es Sinn macht, etwas anderes zu organisieren. Schmalfuß: Herr Ministerpräsident, ich komme gleich auf Ihre „Wir stellen zum wiederholten Male fest, großen pathetischen Worte zu sprechen. Ich glaube, Herr Minister: Der Betreiber Vattenfall kann dass Sie sich damit nicht nur keinen Gefallen getan es nicht oder - das muss man vielleicht ver- haben. Ihre Worte werden Sie einholen, wenn die muten - will es nicht. Die Betreiberin geht Bedingungen, die Sie im Antrag nennen, nicht er- nicht verantwortungsvoll mit Atomkraft um.“ füllt werden. Wird sich Schleswig-Holstein dann seiner Verantwortung entziehen? Wollen Sie dann Und weiter hat der Kollege Matthiessen ausgeführt vor der Menschheit, vor der Geschichte, vor Gott - wiederum Zitat -: und vor der Schöpfung sagen, dass Sie 21 Castoren „Es fehlt Vattenfall an Transparenz und Of- nicht aufnehmen werden, weil Sie nur 6 Castoren fenheit. Immer nur verschleiern, vertuschen, aufnehmen wollten? Soll das dann nach Gorleben kleinreden! Aus den genannten Gründen for- transportiert werden? Soll der Kompromiss kom- dern wir: Vattenfall muss die Betriebsgeneh- plett aufgelöst werden, wenn die anderen ihre Be- migung für die AKW Krümmel und Bruns- dingungen nicht erfüllen? büttel entzogen werden.“ Ihre großen pathetischen Worte werden dazu füh- Es sind dieselben Grünen, die uns jetzt im Brustton ren, dass die anderen, weil sie nicht blöd sind, sa- der Überzeugung erklären wollen, dass sie Verant- gen werden: Es ist wunderbar, dass Sie Ihre Verant- wortung für Deutschland übernähmen. Die schles- wortung vor Gott und der Geschichte erkannt ha- wig-holsteinischen Grünen übernehmen Verantwor- ben. Dann darf Schleswig-Holstein doch alle 21 tung, indem sie eben diesen Betreiber - Vattenfall -, Castoren aufnehmen. - Dazu wird es kommen, mei- den sie vor einem Jahr in beispielloser Weise be- ne sehr verehrten Damen und Herren. schimpft haben, dem sie die Zuverlässigkeit abge- (Beifall FDP) sprochen haben und dem sie Verschleierung und Vertuschung vorgeworfen haben, jetzt damit beauf- Das ist das Gegenteil einer verantwortungsvollen tragen wollen, mehrere Castoren mit hoch radio- Politik. Das ist einfach nur unprofessionelles politi- aktiven Abfällen in den kommenden Jahrzehnten sches Handeln, zu beaufsichtigen. (Beifall FDP) (Rainer Wiegard [CDU]: Ohne jemals mit ih- zumal Sie genau wissen, wie das funktioniert. Ich nen gesprochen zu haben!) glaube, als Robert Habeck seinen Finger gehoben - Vattenfall, Herr Kollege Wiegard, kann allerdings hat, hat er sich über die Konsequenzen gar keine nur eines sein: Entweder das Unternehmen ist als Gedanken gemacht, weil es ausschließlich darum Betreiber unzuverlässig, oder es ist zuverlässig. ging, seinen grünen Parteifreunden in Niedersach- Wenn wir Sie damals ernst genommen haben, als sen einen Gesichtsverlust erster Güte zu ersparen, Sie Vattenfall wegen Unzuverlässigkeit beschimpft der eingetreten wäre, wenn im Rahmen der Endla- haben, warum sollten wir es jetzt wieder tun? Wie gersuche Gorleben entweder als Endlager beibehal- weit reicht Ihre Verantwortung, wenn Sie innerhalb ten worden wäre, was Sie ausgeschlossen haben, verhältnismäßig kurzer Zeit eine 180-Grad-Wende vornehmen? Können sich die Menschen in Schles- 1870 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Wolfgang Kubicki) wig-Holstein darauf verlassen, dass Ihre politische nicht bestandsfest genehmigt - Herr Kollege Call- Verantwortung länger trägt als Ihre Regierungsbe- sen wies darauf hin -, weil noch ein Klageverfah- teiligung? ren aus dem Zeitpunkt der Einrichtung anhängig ist. Die Genehmigung für die Zwischenlagerung in Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den vergange- Brunsbüttel ist lediglich bezogen auf den selbst pro- nen Tagen und Wochen war tatsächlich viel von duzierten Kernbrennstoff. Dessen Castoren unter- Verantwortung die Rede, wenn Vertreter der Regie- scheiden sich von denen aus Sellafield durch die rungskoalition den tölpelhaften Vorstoß des Ener- Wärmelast erheblich, weshalb die Frage der Kapa- giewendeministers öffentlich verteidigt haben. So zitätsberechnung völlig neu und anders gedacht erklärte die grüne Fraktionsvorsitzende von Kalben werden muss als das, was Sie, Herr Ministerpräsi- in ihrer Pressemitteilung vom 11. April 2013 - ich dent, uns hier vorgetragen haben. zitiere -: Die Frage drängt sich also auf: Wenn wir mit Gor- „Wir haben in der Koalition klare Vorgaben leben ein genehmigtes Zwischenlager haben, bezüglich der Sicherheit, der Finanzen und warum lagern wir nicht dort - an einem zentralen der Solidarität aller Länder verabredet. Nicht Ort - die letzten 21 Castoren, bis wir ein Endlager mehr und nicht weniger. Wir sind bereit, gefunden haben? Aus welchem sachlichen Grund einen Teil der Verantwortung zu tragen, und sollen Standorte wie Brunsbüttel oder Unterweser erwarten dies auch von allen anderen.“ jetzt zum Zwischenlager umdeklariert und entspre- Wer Verantwortung übernimmt, sollte jedenfalls chend umgebaut werden, wahrscheinlich mit Steu- gute Argumente haben und nicht pathetisch daher- ergeldern - weil die Betreiber es nicht machen wer- reden, warum er handelt, wie er handelt. Ich habe den - in Höhe von voraussichtlich mehreren vonseiten der Landesregierung bisher keine stich- 100 Millionen €? Hierauf haben wir bislang keine haltigen sachlichen Argumente gehört, warum sachliche Antwort erhalten. Brunsbüttel ein geeigneter Standort für ein Zwi- (Beifall FDP und vereinzelt CDU) schenlager der Castoren aus Sellafield ist. Punkt 2 - das müsste unsere grünen Freunde vor Ort (Beifall FDP und vereinzelt CDU) doch massiv interessieren -: Verzögerungen beim Ich möchte festhalten: Verantwortung zu prokla- KKW-Rückbau Brunsbüttel. Bislang konnte es der mieren, ist etwas anderes, als Verantwortung zu Landesregierung mit dem Rückbau des Kern- übernehmen. Was Sie hier aber machen, ist, dass kraftwerks Brunsbüttel nicht schnell genug ge- Sie lediglich von Verantwortung sprechen. Verant- hen. Die jetzt vorgesehene Einlagerung der Casto- wortung übernehmen Sie definitiv nicht. ren aus Sellafield würde allerdings die Rückbaupla- Denn wenn Sie wirklich Verantwortung überneh- nungen erheblich verzögern. Denn die freie Lager- men würden, dann würden Sie schnell feststellen, fläche des Standortzwischenlagers Brunsbüttel war dass es fünf Gründe gibt, warum Brunsbüttel für die zur Nutzung für den Rückbau des Kernkraftwerks Zwischenlagerung von Sellafield-Castoren nicht vorgesehen. Sie müssen doch erklären, wo es sonst geeignet ist. hingehen soll, Frau von Kalben, und dürfen nicht einfach so tun, als könnte alles so bleiben, wie es Da ist zunächst der juristische Aspekt. Die Bundes- ist. republik kommt nicht darum herum, die Castoren aus Sellafield oder La Hague aufzunehmen. Wir Wenn die Landesregierung Verantwortung über- müssen also für die kommenden Jahre bis Jahrzehn- nehmen will, dann muss sie sich jetzt entscheiden: te für eine verlässliche - auch rechtlich verlässliche Wollen Sie einen schnellen Rückbau, oder wollen - Lagerung dieser Castoren sorgen. Sie ihn nicht? Wenn Sie weiterhin den schnellen Rückbau wollen, dann müssen Sie auch öffentlich Bis heute haben wir in Deutschland allerdings le- sagen, dass das mit der zusätzlichen Einlagerung diglich ein einziges genehmigtes Zwischenlager, von Castoren nicht in Einklang zu bringen ist. das den Anforderungen für ein Zwischenlager auch entspricht und bereits entsprechend ausgestat- Der dritte Punkt: die technischen Aspekte. Das der- tet ist, und das ist Gorleben. Ob es den Grünen in zeit gültige Zulassungskonzept für die Castoren Niedersachsen, in Schleswig-Holstein oder sonst sieht spezielle technische Anlagen vor, die bundes- wo gefällt oder nicht: Es ist der einzige Standort in weit bisher lediglich in Gorleben vorhanden sind. ganz Deutschland, der rechtlich und auch tatsäch- Wenn also einer dieser Castoren repariert werden lich in der Lage ist, die Castoren aufzunehmen. Das soll, Herr Ministerpräsident, weil er aus irgendei- Standortzwischenlager Brunsbüttel ist bis heute Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1871

(Wolfgang Kubicki) nem Grund beschädigt ist, dann geht das gegenwär- zeilichen Mitteln, mit wie viel Personal die zusätz- tig nur in Gorleben. lichen Castoren gesichert werden müssen. Wir müssten eine entsprechende Reparaturein- (Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- richtung auch in Brunsbüttel erstellen. Dazu brau- NEN]: Und das ist bei Gorleben viel einfa- chen Sie nicht nur die atomrechtliche Genehmi- cher?) gung, nicht nur die Genehmigung nach der Strah- - Frau von Kalben, wenn Sie fünf Standorte haben, lenschutzordnung; dazu brauchen Sie auch eine brauchen Sie fünfmal Sicherung. Wenn Sie nur baurechtliche Genehmigung, Herr Ministerpräsi- einen Standort haben, brauchen Sie nur einmal Si- dent. Erklären Sie mir einmal, wie Sie das in den cherung. Das könnte auch Ihnen einleuchten. verbleibenden anderthalb Jahren überhaupt bewerk- stelligen wollen. (Beifall FDP und vereinzelt CDU) (Beifall FDP und vereinzelt CDU) Herr Innenminister, ich denke, Sie gehen mit mir konform, dass die Sicherung von fünf Standorten Die Idee, das alles mit einem Sofortvollzug zu ver- schwieriger wäre als die Sicherung an einem Stand- sehen, wird deshalb scheitern, weil der Sofortvoll- ort. Dazu sagen Sie nichts. Das verstehe ich auch. zug nicht rechtlich nach der Devise begründet wer- Sie sind Regierungskoalition. Aber Vernunft kann den kann: „Wir haben keine Alternative“, denn die sich auch durchsetzen. Alternative Gorleben ist da. Den Sofortvollzug wer- den Sie nicht politisch begründen können mit Ihrer (Zuruf Dr. Heiner Garg [FDP]) hohen moralischen Attitüde der Verantwortung. An einem Standort sind die Sicherungsmaßnah- (Beifall FDP und vereinzelt CDU) men bis zum Jahre 2040 mit Sicherheit besser zu gewährleisten als an fünf, sechs oder sieben ver- Herr Ministerpräsident, will die Landesregierung schiedenen Standorten. Deshalb macht eine dezen- ihre Position jetzt ändern, dann muss entweder das trale Zwischenlagerung an mehreren Standorten al- Zulassungskonzept geändert werden, oder in den lein schon aus diesen Gründen keinen Sinn. Zwischenlagern Brunsbüttel beziehungsweise Un- terweser müssen diese Anlagen eigens errichtet (Beifall FDP) werden. Ich habe noch nichts davon gehört, dass Es klingt eigentlich unvorstellbar: Zum Zeitpunkt die Landesregierung einen dieser Punkte bisher des Vorschlags von Minister Habeck, Brunsbüttel überhaupt in Erwägung gezogen hat. als ein Zwischenlager anzubieten, gab es keine Oder müssen wir damit leben, dass wir in Brunsbüt- Überlegung seinerseits, wie die Castoren auch län- tel unter Umständen beschädigte Castoren stehen gerfristig gesichert werden sollten. haben, die wir nicht wieder instand setzen können, Wenn Sie jetzt davon sprechen, Herr Minister, dass weil uns die technischen Voraussetzungen fehlen? Sie Verantwortung übernehmen, ist das nur noch Ist das die Verantwortung, von der Sie sprechen? der hilflose Versuch, diesem unbedachten Schnell- Was ist mit der, wie Herr Altmaier immer so schön schuss etwas Gutes abzugewinnen und die politi- sagte, Deckelentfernungsanlage, die gebaut wer- schen Scherben, die Sie verursacht haben, wieder den muss mit einem Kostenaufwand von minde- halbwegs aufzufegen. Es ist erschütternd, auf welch stens 50 Millionen €? Glauben Sie ernsthaft, dass leichtfertige Art und Weise von diesem Minister irgendein vernünftiger Betreiber, dass irgendein Politik gemacht wird. Steuerzahler akzeptieren würde, dass Sie an mehr als an einem Standort, weil Sie ja die Castoren an Aber es wird noch schlimmer: Das ist der politische mehreren Standorten unterbringen wollen, jeweils Aspekt, der fünfte. Es wird suggeriert, dass, wenn eine entsprechende Anlage bauen müssen, um die die 21 Castoren nach Gorleben gebracht werden - Deckel von den Castoren aus Sellafield abnehmen 130 stehen schon da in einem Zwischenlager, das und diese Castoren dann einlagern zu können? Das besteht -, die Menschen vor Ort das Gefühl haben ist doch Wahnsinn, was Sie uns hier erklären, und könnten, daraus könnte sich ein Endlager ent- Sie wissen das doch auch. wickeln, weil man möglicherweise kein Zwischen- lager findet. Das heißt, die Zwischenlager könnten (Beifall FDP) zum Endlager werden. Aber erklären Sie mir ein- Vierter Punkt: Sicherheitsaspekte. Als Minister mal, warum die Menschen in Brunsbüttel diese Dr. Habeck seinen Vorschlag an den Markt der Angst nicht haben sollen. Meinungen brachte, hatte er ganz offensichtlich noch nicht darüber nachgedacht, mit welchen poli- 1872 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Wolfgang Kubicki)

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- digung erfährt“ und „Ich will nicht, dass meine grü- NEN]: Haben sie!) nen Freunde in Niedersachsen ein Wahlversprechen brechen müssen“, ist kein hinreichend rationaler Das heißt, wir tauschen die vermeintliche Angst, Grund, um die Zwischenlagerfrage in dieser Art dass die Menschen in Gorleben kein Vertrauen in und Weise zu bewältigen. die Politik setzen dürfen, gegen die Angst der Men- schen in Brunsbüttel, dass die Menschen dort kein (Beifall FDP und vereinzelt CDU) Vertrauen in die Politik setzen dürfen. Das ist Ihre Noch einmal: Ich erwarte hier und heute von dem Politik für Schleswig-Holstein? großen sozialdemokratischen Strategen Ralf Steg- (Beifall FDP und vereinzelt CDU - Zuruf ner eine Antwort auf die folgende Frage: Was pas- Dr. Ralf Stegner [SPD]) siert, wenn die Bedingungen, die Sie in dem Antrag genannt haben, nicht in allen Punkten erfüllt wer- - Herr Kollege Dr. Stegner, ich habe diese Logik, den? Nehmen wir dann Castoren auf? Oder ist es weil ich Sie jetzt fragen werde - Sie kommen ja uns dann völlig egal, und sie kommen dann eben im noch und können reden -, ob Sie als Sozialdemo- Jahr 2015 nach Gorleben? Dann entpuppt sich diese krat, ob die schleswig-holsteinische Landesregie- Geschichte als reine PR-Aktion, um die Nieder- rung sich ihrer Verantwortung entziehen wird, Ca- sachsen zunächst zu beruhigen und anschließend storen aufzunehmen, wenn andere sagen: Wir ma- festzustellen: „Wir schaffen es gar nicht, die Casto- chen das nicht. Dann sagen wir: Dann machen wir ren kommen ohnehin nach Gorleben.“ Das ist keine das auch nicht? Das ist dann Ihre Form von Verant- verantwortliche Politik; das ist hohle Phrase. - wortung? Oder sagen wir dann - wenn die anderen Herzlichen Dank. nicht bereit sind, aus welchen Gründen auch im- mer -: Wir können sie beschimpfen, aber wir neh- (Beifall FDP und CDU) men trotzdem unsere Verantwortung wahr und neh- men dann alle 21 Castoren aus Sellafield, weil es Vizepräsident Bernd Heinemann: darum geht, in der Tat vor der Geschichte zu beste- hen? Verantwortung ist nicht teilbar. Sie können Für die Fraktion der PIRATEN hat nun Frau Abge- die Verantwortung nicht auf andere delegieren und ordnete Angelika Beer das Wort. können nicht sagen: Wir nehmen sie nur, wenn die anderen unsere Bedingungen erfüllen. Angelika Beer [PIRATEN]: Ich frage Sie, Her Ministerpräsident: Stimmen Sie Herr Präsident! Herr Ministerpräsident! Liebe Kol- im Bundesrat zu, wenn bis dahin keine der Bedin- leginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bürger- gungen erfüllt ist, die Sie genannt haben? Nehmen meister Mohrdieck von Brunsbüttel! Herr Kubicki, wir 21 Castoren auf, wenn kein anderes Land sich wenn man Sie so reden hört und sich erinnert, dass bereitfindet, Castoren aufzunehmen? - Das machen heute zeitgleich in Berlin eine wichtige Entschei- wir dann nicht. Das ist Ihre Form von Verantwor- dung über den Kompromiss beim Endlagergesetz tung vor der Geschichte, dass Sie sagen: „Dann ma- fallen soll, habe ich ernsthafte Bedenken, ob die chen wir das nicht“? FDP an diesem Kompromiss in Berlin festhalten wird. Zumindest ist Ihre Position mit der der Bun- (Zurufe Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ despartei nicht vereinbar. DIE GRÜNEN] und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) (Wolfgang Kubicki [FDP]: Ist sie richtig oder falsch? Sie haben gar keine Bündnispar- Das sind die hohlen Phrasen. Meine Verantwortung tei! – Widerspruch PIRATEN) besteht darin, die Castoren nicht in Gorleben zu be- lassen, sondern in ein genehmigtes, intaktes, funk- Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in den tionierendes Zwischenlager bis zur Endlagerfin- letzten Tagen sehr viele Gespräche geführt - trans- dung einzulagern. Dafür war und ist Gorleben ge- parent, denn wir sind PIRATEN. Natürlich ist auch dacht, und wir brauchen aus politischen Gründen bekannt, dass die SPD uns vorgeschlagen hatte, den keine anderen Positionen. Das sage ich Ihnen si- Koalitionsantrag mitzuunterzeichnen. cher. Wenn Sie technische, juristische oder sonstige Auf dieses Ergebnis werde ich gleich noch zu spre- Gründe anführen könnten, würde ich Ihnen folgen. chen kommen. Ich möchte mich aber ausdrücklich (Beifall FDP und vereinzelt CDU) bei Ralf Stegner bedanken, dass er diesen Schritt auf uns zu gemacht hat. Ich wünsche mir - ich Aber zu sagen: „Ich will nicht, dass Herr Weil in weiß, dass das keine Mehrheit findet -, dass die vie- Niedersachsen im Parlament eine Gesichtsbeschä- Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1873

(Angelika Beer) len offenen Fragen letztlich dazu führen, dass keine wir haben das sehr ausführlich in der Diskussion Entscheidung mit der Brechstange herbeigeführt mit Herrn Stegner besprochen -, liegt mit darin be- wird, sondern dass wir Gelegenheit haben, alle An- gründet, dass sich unser Verständnis von Vertrauen, träge in den entsprechenden Ausschüssen zu bera- Verantwortung und vor allen Dingen Bürgerbetei- ten, um zu prüfen, ob es gemeinsame Positionen ligung im Antrag der koalitionstragenden Fraktio- gibt. nen nicht widerspiegelt. (Beifall PIRATEN) Ich will das kurz begründen. Sie sagen - das ist richtig; das steht auch im Koalitionsantrag -, dass Wir PIRATEN haben diese Frage sehr ausführlich Sie die Bürgerbeteiligung möchten. Aber wie das diskutiert, denn das Bundesprogramm der Piraten- geschehen soll, sagen Sie nicht. Die Gespräche mit partei Deutschland fordert forsch und radikal einen den Menschen vor Ort sind natürlich wichtig, aber Atomausstieg in Deutschland innerhalb von drei Bürgerbeteiligung besteht für uns nicht nur aus Ge- Jahren. Für uns hat sich sofort die Frage gestellt, sprächen. wie wir verantwortlich mit der Zwischenlagerung und mit einem Kompromiss zur Endlagerung um- (Beifall PIRATEN) gehen. Da wir dazu noch keine Beschlüsse hatten - Bürgerbeteiligung heißt für uns vielmehr, dass die kein Mensch hat zu Zeiten der letzten Landtags- Bürger mitentscheiden. wahl geahnt, dass wir diese Frage heute unter einer Regierung, die von SPD, Grünen und SSW getra- (Beifall PIRATEN) gen wird, zu diskutieren haben -, haben wir unsere Mit Blick darauf, wie dieser Antrag formuliert ist Basis gefragt, wie wir es in entscheidenden Punkten und wie die Regierungserklärung vorgetragen immer machen. wurde, können wir uns des Verdachts nicht erweh- (Wolfgang Kubicki [FDP]: Schön!) ren, dass Bürgerbeteiligung in diesem Fall heißt, dass die Sorgen zur Kenntnis genommen werden Die Antwort ist gestern Nachmittag um 14 Uhr bei und die Bürger nachher noch über die Farbe der Ca- uns eingegangen. Es gab eine breite Beteiligung. storen entscheiden dürfen, Die Mehrheit der PIRATEN in Schleswig-Holstein hat sich eindeutig positioniert. Sie ist mehrheitlich (Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Rot-grün am bes- dafür, dass auch Schleswig-Holstein Castoren nach ten!) dem Verursacherprinzip aufnimmt. Wer Müll aber mehr leider nicht. produziert, kann nicht einfach sagen: Egal, nach uns kommt die Sintflut. (Beifall PIRATEN) Die breite Mehrheit der PIRATEN hat den FDP- Ich möchte auch auf die aktuelle Diskussion von Antrag damit weitgehend zurückgewiesen. Wir gestern in der Förde-Runde eingehen. Dabei hat für müssen vielmehr einen verantwortlichen Weg fin- die Grünen der Kollege Tietze Stellung bezogen den. und ausgeführt, dass er eigentlich ein sehr starker Befürworter der Bürgerbeteiligung sei, jedoch in (Beifall PIRATEN) dieser Frage eigentlich eher nicht; denn die Men- Die PIRATEN haben aber auch gesagt: Wir wollen, schen vor Ort würden die Zettel mit einem klaren dass die Bürger mitentscheiden. Wir wollen nach „Nein“ ausfüllen, weil sie den Atommüll nicht bei Möglichkeit einen Volksentscheid, und, wenn das sich wollten. nicht geht, eine konstitutive Befragung. (Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE (Beifall PIRATEN) GRÜNEN]) Das ist für uns ein ganz entscheidender Punkt. Aus Heißt das, dass Bürgerbeteiligung nur im Sinne der der radikalen Position des Ausstiegs leiten wir PI- Fraktionen und der Koalition ist, wenn vorher klar RATEN die Forderung ab, dass das Atomkraft- ist, dass das Ergebnis auch politisch opportun ist? werk in Brokdorf umgehend stillgelegt werden (Beifall PIRATEN, vereinzelt CDU und muss. FDP) (Beifall PIRATEN) Da können wir nicht mitgehen und sagen: Diesem Die Entscheidung, an unserem eigenen Antrag fest- Weg stimmen wir zu. zuhalten - es gibt in der Sache sehr viele Parallelen; Vielleicht war es ein Missverständnis, aber Sie, ich kann das jetzt nicht im Detail ausführen, aber Herr Albig, haben vorhin begründet, warum heute 1874 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Angelika Beer) eine Entscheidung mit dem Ziel fallen soll, dass die rung gebaut worden. Trotzdem haben Regierung Landesregierung jetzt Verantwortung dafür über- und Betreiber alle Warnungen ignoriert. nimmt, Akzeptanz zu schaffen. Das ist die Entmün- Ich spreche für viele, die ungefähr so alt wie ich digung des Bürgers. sind und die aus meiner Generation kommen Die (Beifall PIRATEN und Oliver Kumbartzky Proteste kamen nicht nur aus dem Bauch heraus, [FDP]) und sie waren nicht nur moralisch begründet, son- dern wir haben damals wirklich Fachliteratur ge- Das ist zum Beispiel auch die Entmündigung des wälzt, uns schlaugemacht und die Frage gestellt: Kreises Dithmarschen, der eine sehr differenzierte Wenn es so gefährlich ist, was ist mit Wiederauf- Resolution verabschiedet hat, indem er gesagt hat: bereitung? Was ist mit der Zwischenlagerung? Das Wir sind eigentlich dagegen, aber wir haben den haben wir damals schon diskutiert. - Was ist mit der Atommüll selbst produziert, sodass der Anteil auch Endlagerung? Was ist mit diesem verdammten verantwortlich bei uns zwischengelagert werden Atommüll, der Millionen von Jahren strahlt? sollte. Deswegen sind wir auf die Straße gegangen und tun (Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- das noch heute. Das war für mich die Politisierung. NEN]: Auch der Teil aus Gorleben?) Politik hat mich vorher gar nicht interessiert. Ich Ich möchte Ihnen gern erläutern, warum wir so viel habe gefragt: Warum macht die Politik - die Bun- Wert darauf legen, dass die Menschen an dieser desregierung - das, obwohl jeder wissen kann, dass Generationenfrage beteiligt werden, warum sie es mordsgefährlich und unverantwortlich ist? Das gehört werden und warum sie mitentscheiden sol- war der Einstieg für mich. Deswegen ist damals len. Am 15. Februar 1955 hat das Bundeswirt- auch die grüne Partei, der ich bekanntlich damals schaftsministerium ausgeführt, dass die Frage der auch angehörte, entstanden. Endlagerung vor dem Bau des ersten AKW geklärt Deswegen ist unser Appell trotzdem - auch wenn es werden müsse. heute so nicht beschlossen wird -: Lassen Sie uns (Zuruf Ministerpräsident Torsten Albig) über die Möglichkeit der Durchführung eines - Das ist über 40 Jahre her, Sie haben es selbst ge- Volksentscheides reden! sagt. Aber wir müssen auch deutlich machen - da (Beifall PIRATEN) sind wir ein Stück bei der Koalition -, dass wir die Sie verweisen darauf: Es ist rechtlich noch nicht Betreiber, also die Profiteure, aufgrund der Risi- möglich. Wir sagen: Lassen Sie uns Wege suchen, ken in der Zukunft nicht aus der Verantwortung dort hinzukommen. lassen können. Das ist doch völlig klar. (Beifall PIRATEN) (Beifall PIRATEN) Lassen Sie uns auch für Schleswig-Holstein Wege Ich sage ganz klar in Richtung der Verbraucher, die suchen, wie zum Beispiel Baden-Württemberg es in diese Debatte noch mit uns führen werden, auch der Frage Stuttgart 21 gemacht hat, unsere Men- wenn die Landesregierung diese Entscheidung für schen hier mitentscheiden zu lassen. Warum soll es sich treffen will: Überlegt Euch gut, woher Ihr den in anderen Bundesländern gehen und bei uns nicht? Strom nehmt. Warum wollt Ihr, dass die, die Brok- dorf weiterhin betreiben wollen, täglich noch mehr (Beifall PIRATEN) Geld verdienen? Wechselt zu denen, die erneuer- Ich sage zu dem Kollegen Tietze und dem Miss- bare Energien anbieten, damit wir alle helfen, die trauen, dass unsere Menschen verantwortlich ent- Energiewende in Deutschland und Schleswig-Hol- scheiden: Wir trauen den Menschen zu, dass sie stein umzusetzen. klüger entscheiden als die Politik. Das ist tatsäch- (Beifall PIRATEN und Eka von Kalben lich ein wesentlicher Unterschied zwischen uns. [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) (Beifall PIRATEN) Fakt ist auch - deswegen ist die Beteiligung so Denn eins muss man zweifelsohne festhalten: Die wichtig -: Seit Beginn der Debatte um den Einstieg Frage ist, ob das politische Kalkül - es ist egal, ob und seit der friedlichen Nutzung der Atomenergie ich Herrn Callsen oder Herrn Kubicki angucke - - ich lasse die friedenspolitischen Aspekte einmal heraus - war immer eine Mehrheit der deutschen (Zuruf: Unverschämt!) Bevölkerung gegen den Bau von Atomkraftwerken. Trotzdem sind sie gegen den Willen der Bevölke- Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1875

(Angelika Beer) wirklich das Ziel hat, gemeinsam eine Lösung in frage eingereicht haben, dass vielleicht nicht Herr der Frage dieser schweren Zukunftsbelastung zu Stegner, der nicht der Atom- oder Energiewendeex- finden. Mich hat das heute hier nicht überzeugt. perte in dem Bereich ist, Warum sollten Menschen - wie zum Beispiel auch (Zuruf CDU: Der ist für alles Experte!) die Mehrheit der PIRATEN in Schleswig-Holstein - nicht verantwortlich zu dem Schluss kommen: Ja, sondern dass vielleicht der Energiewendeminister wir stehen zu unserer Verantwortung, aber dann gesagt hätte: Hallo, da gibt es berechtigte Fragen, muss auch klar sein, wie sie aufgeteilt wird? ich gehe zu der Fraktion und versuche, die Fragen zu beantworten. (Beifall PIRATEN) Wenn es wirklich moralisch so schwierig war, Wir reden über die gefährlichste Substanz, die es gestern auf dem grünen Sonderparteitag eine solche überhaupt auf unserer Welt gibt. Wir halten es in Debatte zu beschließen, warum ist dann das Entge- diesem Punkt für vollkommen unangemessen, dass genkommen in der Sache nicht dagewesen? Es sind eine Landesregierung kurzerhand entscheidet, dass unsere Fragen, es sind die Fragen der Bürger, und es jetzt entschieden werden muss. die Landesregierung hat bis heute keine Antworten (Beifall PIRATEN) gegeben. Wir werden diese Fragen so weiter stel- len. Wir haben Fragen, die noch nicht beantwortet sind. Herr Habeck, das können Sie vielleicht machen. (Beifall PIRATEN, FDP und vereinzelt Warum erklären Sie ohne Not in Berlin, dass Sie CDU) dem zustimmen? Wäre es nicht klüger gewesen, Ich möchte auch noch etwas zur Ehrlichkeit sagen. dem Bundesumweltminister zu signalisieren, dass Um es kurz zu machen: Ehrlichkeit bedeutet zu sa- sich Schleswig-Holstein einer ergebnisoffenen gen, dass wir heute noch nicht garantieren können, Zwischenlagersuche nicht verschließt, solange wie, wo, ob und wann zwischengelagert wird, dass auch die anderen Länder mitmachen? wir noch nicht sagen können, wie, wo, wann und ob (Beifall PIRATEN) endgelagert wird. Das ist einfach so. 40 ist eine po- litische Zahl, ein Kompromiss. 2015, das ist Fakt. Dann wäre der Name Brunsbüttel gar nicht gefal- Aber wir können nicht einmal sagen, ob wir es len, das hätte Druck auf die anderen ausgeübt, und wirklich bis dahin schaffen - egal ob hier bei uns wir hätten gesehen, wie die politische Debatte läuft. oder bei anderen -, eine solche Zwischenlagerung (Zuruf PIRATEN: Warum?) so vorzunehmen, dass die Sorge der Bevölkerung, Ich will das Wort Verantwortung gern noch ein- egal in welchem Bundesland, auch wirklich berück- mal detailliert betrachten. Vielleicht hätten wir die sichtigt wird. Regierungserklärung überzeugender gefunden, (Beifall PIRATEN und vereinzelt FDP) wenn der Titel anders gewesen wäre: „Schleswig- Auch Herr Altmaier kann doch nicht sagen, ob das Holsteins Beitrag zum Atomausstieg - in Verant- heute letztlich in Berlin ein Kuhhandel ist, und er wortung mit den Menschen und dem Land“ - und kann uns heute noch nicht sagen - dazu hätte ich nicht „vor“. gern von Ihnen etwas gehört -, worum es geht, (Beifall PIRATEN) wenn er sich heute mit den Betreibern der Kern- Verantwortung zu übernehmen in einer Frage, die kraftwerke trifft, mit Vattenfall und Co. Was ist so wichtig ist, hätte aus unserer Sicht bedeutet, dass denn das Ziel der Diskussion? Vattenfall und die sich der Umweltminister nach dem Treffen in Ber- anderen endlich in Verantwortung zu nehmen und lin differenziert positioniert hätte, dass er die erste zu erwirken, dass eine Garantie für die Kosten der Sitzung des Umweltausschusses nach der Osterpau- Zwischen- und Endlagerung übernommen wird? Zu se von sich aus zum Anlass genommen hätte, im garantieren, dass Brokdorf früher abgeschaltet Ausschuss vorzutragen. Das hat er erst auf Antrag wird und herauszuholen, dass wir noch einmal über meiner Fraktion getan, und zwar durchaus unzurei- die Endlaufzeiten insgesamt reden? Ist das das The- chend. Vorher gab es die Pressegespräche, und ma? Oder müssen wir befürchten, dass etwas ande- dann gab es die Tischvorlage für den Ausschuss, res dabei herauskommt, zum Beispiel eine Verlän- den Antwortbrief von Herrn Altmaier. Verant- gerung - das ist die Sorge auch bei uns in Schles- wortung zu übernehmen in einer so schwierigen Si- wig-Holstein - der Restlaufzeiten, zum Beispiel für tuation, hätte für uns auch bedeutet, nachdem wir Brokdorf, wenn man sich auf Brunsbüttel als Zwi- einen umfangreichen Fragenkatalog als Kleine An- schenlager einlässt. 1876 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Angelika Beer)

Verantwortung heißt für uns auch, dass wir uns die- - Wer spricht denn da mit welcher Stimme? ser Diskussion stellen. Deswegen werden wir heute Entschuldigung, Herr Kubicki. dem Koalitionsantrag nicht zustimmen. (Beifall PIRATEN und FDP) Vizepräsident Bernd Heinemann: Ich möchte einmal aus der „Süddeutschen Zeitung“ Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. zitieren: Wolfgang Kubicki [FDP]: Frau Kollegin „Einstweilen finden sich die Unternehmen in Beer, nur damit es nicht im Raum stehen einer bequemen Position wieder. Sie müssen bleibt: Würden Sie mir freundlicherweise er- einfach nichts tun. klären, bei wem ich oder Teile meiner Frakti- (Wolfgang Kubicki [FDP]: Nichts tun, so ist on in den letzten Jahren auf dem Schoß ge- es!) sessen haben, angesichts der Tatsache, dass wir uns selbst dann noch für die Beibehal- - Ja, Herr Kubicki, Sie und die CDU haben jahre- tung des Atomkompromisses ausgespro- lang bei diesem Unternehmen auf dem Schoß ge- chen haben, als bundesweit anderes beschlos- sessen. sen wurde? Und würden Sie mir freundli- (Beifall PIRATEN - Hans-Jörn Arp [CDU]: cherweise erklären, warum Sie oder sonst je- Das muss er mal erzählen!) mand hier im Saal glaubt, dass ein Betreiber einen Antrag stellen soll, den er nicht stellen Warum nutzen Sie so eine Debatte nicht, um end- muss, um dadurch mehr Kosten zulasten sei- lich einmal Forderungen zu stellen? nes Unternehmens zu verantworten? Dann sehen wir natürlich auch etwas, was ich merkwürdig finde und das nun wieder gar nicht zu Angelika Beer [PIRATEN]: der emotionalen Debatte gestern passt, die ich ver- Herr Kubicki, die Kostenfrage ist Bestandteil der stehe. Bei einigen verstehe ich sie wirklich, weil ich Kleinen Anfrage meiner Fraktion, weil sämtliche die Grünen noch so gut kenne und auch die Glaub- Fakten nicht genannt sind. Dazu kann ich Ihnen würdigkeit und die Angst, die Glaubwürdigkeit zu jetzt nichts sagen. Ansonsten gehe ich eigentlich verlieren. Das sage ich vollkommen ohne Häme. schon davon aus, dass auch im Landtag Spitzenpo- litiker, die für den Bundestag kandidieren, die Posi- Vizepräsident Bernd Heinemann: tion der Bundespartei übernehmen. Frau Abgeordnete Beer, gestatten Sie eine Zwi- (Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP]) schenfrage? Wenn ich mir das Hickhack zwischen Herrn Rösler Angelika Beer [PIRATEN]: auf der einen Seite und Herrn Altmaier auf der an- deren Seite ansehe, dann denke ich, dass der Vor- Ich möchte diesen Satz gern zu Ende bringen. wurf, dass die Bundes-FDP sehr lange auf die Ver- längerung der Restlaufzeiten der Atomkraftwer- Vizepräsident Bernd Heinemann: ke geschielt hat, zu Recht gemacht werden kann. Wenn Sie sich persönlich davon verletzt fühlen, tut Bitte schön. mir das leid, aber das wäre dann mit Ihrer Bundes- partei zu regeln. Angelika Beer [PIRATEN]: (Beifall PIRATEN) Ich frage mich, warum Herr Trittin, der zukünftig in der rot-grünen Bundesregierung irgendein Minis- Jetzt habe ich Sie so kritisiert! teramt bekleiden will, auf einmal sagt - ich zitiere (Wolfgang Kubicki [FDP]: Nein, gar nicht! - dpa in dem Vertrauen, dass es stimmt -: Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Das war ein „Der grüne Spitzenkandidat Jürgen Trittin bisschen gaga eben! sieht das Gesetz zur Suche nach einem Ich habe gesagt, die PIRATEN haben den Antrag Atommüllendlager nicht gefährdet durch die sehr klar abgelehnt. Wir haben alle Anträge ver- offene Frage der Castor-Zwischenlagerung. schickt und gefragt: Was haltet ihr davon? Es gab ‚Ich gehe davon aus, dass das Gesetz durch- eine große Mehrheit dagegen. kommen wird so wie geplant, am 5. Juli.’“ Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1877

(Angelika Beer)

Aber eines muss ich an dieser Stelle auch sagen: Es den PIRATEN. Die Reden der Kollegen Callsen ist ein Antrag, der ehrlich ist. Sie drücken sich vor und Kubicki haben hiervon allerdings wenig spüren der Verantwortung. Sie sagen: Gorleben ist es, egal lassen. was in Gorleben passiert. Das ist eine Position, mit (Wolfgang Kubicki [FDP]: Es ist toll, dass der man umgehen kann. Wir werden sie ablehnen, Sie der Einzige sind, der Verantwortung weil das unserer Parteiüberzeugung nicht ent- übernimmt!) spricht. Die SPD in Schleswig-Holstein hat bereits 1976 (Beifall PIRATEN) die Forderung nach einem Atomausstieg beschlos- Wir möchten auch darauf hinweisen, dass Positio- sen, weil diese gefährliche Technologie nicht ver- nen, die von der Landesregierung gefallen sind, antwortbar ist. Einer der Gründe für unsere Position nämlich vom Ministerpräsidenten auf der einen und war übrigens immer die ungeklärte Frage des Um- vom Umweltminister auf der anderen Seite - im gangs mit dem über Jahrtausende strahlenden Antrag ist das so nicht formuliert -, ein Junktim zu Atommüll. Die SPD Schleswig-Holstein gehörte stellen zwischen der Beschleunigung und Förde- damit zu den ersten, die den Ausstieg aus der Risi- rung der Energiewende in Schleswig-Holstein und kotechnologie Atomkraft gefordert haben. Später der Frage der Zwischenlagerung von Atommüll in folgten der SSW, die Grünen und deutlich später Schleswig-Holstein, für uns zwei vollkommen un- auch die Landes-FDP. terschiedliche Paar Schuhe sind. Da darf es auch Wir wollen noch heute, dass die Atomkraftwerke so nicht den Eindruck eines Deals geben. schnell wie möglich abgeschaltet werden, damit (Beifall PIRATEN) kein weiterer Atommüll produziert wird. Deshalb ist es nach wie vor wichtig, auch die Chance einer Das sind zwei getrennte Fragen. Sie haben aber ei- nochmaligen Laufzeitverkürzung und damit eine nes gemeinsam: Auch die Energiewende, die wir vorzeitige Abschaltung der noch laufenden Atom- unterstützen, so gut wir können, geht nur mit den kraftwerke wie Brokdorf zu ergreifen. Bürgern und nicht gegen die Bürger. Deswegen wollen wir in beiden Bereichen klare Mitsprache- (Vereinzelter Beifall SPD und PIRATEN) rechte für unsere Bevölkerung. - Es war die rot-grüne Bundesregierung Schrö- (Beifall PIRATEN) der/Fischer, die im Jahr 2000 die Weichen für den Atomausstieg in Deutschland gestellt hat, mit ei- Wir denken, dass unser Antrag auf Transparenz und nem historischen Kompromiss zwischen der Politik Volksentscheid - sei es mit einer modifizierten Ei- und den Energieunternehmen. Diesen konsensualen nigung zu einem solchen Weg - in dieser Debatte Weg hat die Regierung Merkel im Jahr 2010 mit weiter eine Rolle spielen wird. Ich beantrage für dem Beschluss über die Verlängerung der Restlauf- meine Fraktion Überweisung an die Ausschüsse. zeiten ohne jede Not wieder verlassen. Ansonsten sind wir bereit, gegeneinander abzustim- men. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall Lars Winter [SPD]) (Beifall PIRATEN) Es musste leider erst zu den katastrophalen Ereig- nissen von Fukushima kommen, um einen partei- Vizepräsident Bernd Heinemann: übergreifenden Konsens in Deutschland zu ermög- lichen und den Irrweg Atomenergie - diesmal hof- Für die SPD-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende fentlich endgültig - zu verlassen. Dr. Ralf Stegner das Wort. Mit ihrem Zickzackkurs hat die schwarz-gelbe Dr. Ralf Stegner [SPD]: Bundesregierung den Ausstieg aus der Atompoli- tik immer wieder verzögert. Auch die schwarz-gel- Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! be Landesregierung in Schleswig-Holstein hat sich „Politik ist die Kunst, das Notwendige möglich zu über die Verlängerung der Restlaufzeiten gefreut. machen.“ Dieser Satz von Herbert Wehner be- schreibt, worum es heute geht: Es geht um Notwen- (Wolfgang Kubicki [FDP]: Wir nicht!) digkeiten und um die politische Verantwortung, das Ich zitiere den Minister der von Ihnen gebildeten Notwendige möglich zu machen. Diese Verantwor- Regierung, Herr Kollege. Minister Jost de Jager be- tung betrifft nicht nur die Abgeordneten der Regie- grüßte diese am 10. September 2010 im Landtag. rungsfraktionen, nein, die haben auch Sie, meine Ich zitiere mit Genehmigung aus dem Plenarproto- Damen und Herren von der CDU, von der FDP und koll: 1878 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Dr. Ralf Stegner)

,,Sie“ Herr Kubicki, Sie haben die Kritik ja wiederholt. Die sollten Sie bitte an Herrn Rösler oder Herrn - die Verlängerung der Laufzeiten - Brüderle - oder wer auch immer bei Ihnen im Au- „schafft aus meiner Sicht Planungssicherheit genblick das Sagen hat - oder Herrn Westerwelle - für alle Beteiligten.“ oder wer das bei Ihnen gerade ist - richten. Ich ver- (Lars Winter [SPD]: Hört, hört!) folge das nicht immer, das wechselt so schnell. Planungssicherheit also. Wenn es die bei dem Zick- (Zuruf Christopher Vogt [FDP]) zackkurs denn jemals gegeben hat, dann wurde sie Sie sollten sich an die, die bei Ihnen Verantwortung jedenfalls nicht genutzt. Oder warum haben wir haben, wenden, denn die haben diesem Kompro- keine Lösungsvorschläge gehört, was die Frage der miss zugestimmt. Ob das Ding nun Protokollnotiz Endlagerung des angefallenen Atommülls angeht? heißt oder nicht, ist doch völlig schnurz, wir neh- (Vereinzelter Beifall SPD) men Ihre Vorsitzenden ernst, Herr Kollege Kubicki. Insofern verstehe ich Ihre Kritik nicht, die Sie an Eine Antwort auf diese Frage wurde doch mit der dieser Stelle äußern. Laufzeitverlängerung noch dringender. Sie wurde aber nicht gegeben, ja sie wurde nicht einmal ernst- (Beifall SPD und Lars Harms [SSW]) haft diskutiert. Die Antwort kann jetzt - sehr spät, aber vielleicht nicht zu spät - mit einem neuen An- Vizepräsident Bernd Heinemann: lauf zu einem Endlagersuchgesetz endlich erfol- Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfra- gen. ge des Herrn Abgeordneten Kubicki? Wir begrüßen die partei- und länderübergreifende Einigung auf ein ergebnisoffenes Endlagersuchver- Dr. Ralf Stegner [SPD]: fahren. Auf der Basis strenger wissenschaftlicher Mit größtem Vergnügen. Kriterien, transparent und demokratisch legitimiert kann nun nach dem sichersten Endlager gesucht werden. Es liegt in unser aller Verantwortung, ge- Vizepräsident Bernd Heinemann: genüber nachfolgenden Generationen sorgsam und Bitte schön! möglichst zügig zugleich ein sicheres Endlager zu Wolfgang Kubicki [FDP]: Herr Kollege finden und in Betrieb zu nehmen. Dr. Stegner, Ihnen ist sicherlich bewusst, (Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ dass die Frage der Zwischenlagerung im DIE GRÜNEN und SSW) Endlagersuchgesetz weder geregelt noch ge- Bis dahin muss der produzierte Atommüll aber setzgeberisch umgesetzt werden wird und zwischengelagert werden. Ein weiterer Verzicht dass die Protokollnotiz rechtlich überhaupt auf Gorleben gehört - das sage ich besonders den keine Relevanz für das weitere Verfahren Fraktionsmitgliedern der FDP - zu den partei- und hat. Das ist Ihnen offensichtlich bewusst. länderübergreifenden Vereinbarungen, die als Grundlage des weiteren Verfahrens dienen. Dr. Ralf Stegner [SPD]: (Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist nur eine Herr Kollege Kubicki, ich hatte gedacht, dass es Protokollnotiz!) politische Relevanz hat, was Ihre Vorsitzenden sa- gen. Vielleicht ist das ja nicht so. Ich nehme gern Herr Kollege Callsen, ich hätte mir gewünscht, Sie zur Kenntnis, es sei völlig irrelevant, was Herr Rös- hätten sich an die Adresse von Frau Merkel ge- ler, Herr Westerwelle und Herr Brüderle sagen. wandt. Mir war es neu, dass Frau Merkel rot-grüne Wahlversprechen umsetzt. Das ist eine ganz neue (Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ Erkenntnis. Wenn Sie das hier kritisieren, kritisie- DIE GRÜNEN und SSW) ren Sie Frau Merkel und Herrn Altmaier und bitte nicht diese Landesregierung oder die in Nieder- Vizepräsident Bernd Heinemann: sachsen, nur weil Sie dort abgewählt worden sind. Erlauben Sie eine Zusatzfrage des Herrn Abgeord- Das muss man einmal klar festhalten. neten Kubicki, Herr Abgeordneter? (Beifall SPD) Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1879

Dr. Ralf Stegner [SPD]: (Dr. Heiner Garg [FDP]: Das ist selbstver- ständlich!) Es dient ja ständig der Erkenntnis dieses Hauses, al- so weiter! In so einer weitreichenden und mit hohen Risiken behafteten Frage können und werden wir keine Zu- Wolfgang Kubicki [FDP]: Herr Kollege geständnisse machen. Dr. Stegner, würden Sie mir freundlicherwei- se die Frage beantworten: Werden bis zum (Dr. Heiner Garg [FDP]: Toll!) Jahr 2015 außerhalb von Gorleben keine wei- Wenn Castoren aus Sellafield beziehungsweise La teren Zwischenlager - aus welchen Gründen Hague - das ist ja Atommüll aus deutschen Atom- auch immer - errichtet, keine Castoren von kraftwerken - in Deutschland, auch in Schleswig- Sellafield nach Deutschland zurückgeführt, Holstein zwischengelagert werden sollen, wollen oder werden die dann in Gorleben eingela- wir das an fünf Bedingungen knüpfen: gert? Erstens. Es muss eine faire Lastenteilung zwi- - Sehr geehrter Herr Kollege, wenn Sie das uner- schen den Ländern geben. Unter einer gemeinsa- messliche Maß an Geduld aufbringen können, mei- men Lösung verstehen wir nicht, dass Schleswig- ne Rede anzuhören, werden Sie auf diese Frage ei- Holstein und Baden-Württemberg alle Castoren ne Antwort bekommen. Ich nutze Ihre Frage aber übernehmen. Es müssen am Ende schon mehr Län- noch zu dem zweiten Hinweis: Ich dachte, die Bun- der sein. Hier steht auch Bundesumweltminister desregierung sei noch im Amt. Dass sie politisch Altmaier in der Pflicht, dies sicherzustellen. Ich ha- eingeschlafen ist, kann man merken, aber dass Sie be mit großer Freude wahrgenommen, dass er im sagen, nur das, was rechtlich in Verträgen niederge- NDR beziehungsweise bei dpa genau dies eben legt sei, habe in irgendeiner Weise Bewandtnis, er- zum Ausdruck gebracht hat und sagt, es müsse staunt mich doch ein bisschen bei jemandem, der mehr Länder geben, und er gehe davon aus, dass für die FDP für den Deutschen Bundestag kandi- das auch geschehe. Da ist er offenbar schon ein diert. Das mögen Sie halten, wie Sie wollen. bisschen weiter als Sie, die das nicht zur Kenntnis Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir ver- genommen haben. treten hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, natürlich nicht die Position Niedersachsens, aber ei- PIRATEN und SSW - Wolfgang Kubicki nes ist doch klar: Unser Nachbar hat mit Gorleben [FDP]: Und wenn nicht?) lange Zeit Lasten für uns alle mittragen müssen. Das zu ignorieren, ist weder fair noch anständig. - Ein bisschen Geduld! In Ihrem Alter kann man Das kann man doch hier zum Ausdruck bringen, doch ein bisschen geduldiger werden, Herr Kollege auch wenn es keine Zustimmung an Stammtischen Kubicki! bringt, wenn man hier Wahlkampf macht. Es ist (Wolfgang Kubicki [FDP]: Ja, bin ich auch!) doch schlichtweg Fakt, und das kann man hier mei- ner Meinung nach auch sagen. Normalerweise nimmt die ja zu mit dem Alter. Sie sind ja Alterspräsident. Ein bisschen Geduld, ich (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, komme dazu. PIRATEN und SSW) (Zuruf Dr. Heiner Garg [FDP]) Wenn wir die Endlagerfrage endlich beantworten wollen, müssen wir zum einen auf Grundlage wis- - Da haben Sie recht, Herr Kollege Garg, ich wollte senschaftsbasierter Kriterien ergebnisoffen suchen ihn nicht diskriminieren. und gleichzeitig Alternativen für Gorleben fin- (Christopher Vogt [FDP]: Der Großteil Ihrer den. Deutlich muss aber auch sein - das ist uns So- Partei ist deutlich älter!) zialdemokratinnen und Sozialdemokraten zu Be- ginn der öffentlichen Debatte ein bisschen zu kurz - Er ist der Älteste, ich wollte es nicht sagen. Ent- gekommen -: Wir übernehmen diese Verantwor- schuldigung. Streichen Sie das bitte wieder aus dem tung nicht leichtgläubig, wir stellen keine Blanko- Protokoll, sonst liest das womöglich jemand. schecks aus, sondern klare Bedingungen. Die Si- (Christopher Vogt [FDP]: Keine Zensur, cherheit muss oberste Priorität haben; hier gibt es Herr Stegner!) nichts zu dealen, das sind harte Punkte, ohne die es schlicht nicht gehen kann. Zweitens. Sicherheitskriterien haben die aller- höchste Priorität. 1880 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Dr. Ralf Stegner)

Wir werden definitiv keine Zugeständnisse machen, - Ich will Ihnen einmal eines sagen: Ausgerechnet wenn es um die Sicherheit und die Gesundheitsrisi- diejenigen, die den Atomkonsens aufgelöst haben ken der Bürgerinnen und Bürger geht. und die Restlaufzeiten verlängert haben, reden hier über Misstrauen gegenüber der Politik. Ausgerech- (Wolfgang Kubicki [FDP]: Das wäre ja noch net die! Das ist Scheinheiligkeit in höchster Potenz, schöner!) meine sehr geehrten Damen und Herren. Eine erneute strengste und transparente Sicherheits- (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, prüfung ist deshalb ebenso Voraussetzung wie die SSW und vereinzelt PIRATEN) Eins-zu-eins-Anwendung der Standards und Anfor- derungen der schleswig-holsteinischen Atomauf- Sie setzen immer auf die Amnesie der Bürgerinnen sicht, auch wenn sie nicht zuständig ist. und Bürger, (Hans-Jörn Arp [CDU]: Das ist doch selbst- (Zuruf CDU: Ja, genau, Sie ja nicht!) verständlich, das ist doch nichts Besonderes!) darauf können Sie aber nicht setzen, auch wenn die - Herr Kollege Arp, diese Selbstverständlichkeiten manchmal im Alter in der Tat zunimmt. Aber in haben Sie doch lange genug in den Debatten, die diesem Fall werden die Bürgerinnen und Bürger wir über Krümmel und Brunsbüttel geführt haben, das wissen. ignoriert. Ich möchte Herrn Austermann hier lieber Drittens. Die Kosten haben selbstverständlich die nicht zitieren, denn wenn ich das täte, müssten Sie Verursacher, also die AKW-Betreiber, zu über- rot werden, meine sehr verehrten Damen und Her- nehmen. ren. (Wolfgang Kubicki [FDP]: Die melden sich (Vereinzelter Beifall SPD und BÜNDNIS jetzt alle freiwillig!) 90/DIE GRÜNEN - Zurufe CDU) Sie haben jahrzehntelang von den Regelungen und Der hat nämlich bei Rissen gesagt: Lasst uns doch Subventionen milliardenschwer profitiert. Sie sind im Betrieb testen, ob die betriebsbedingt oder her- deshalb dazu nicht nur in der moralischen Pflicht, stellungsbedingt sind. Das war geradezu Atomfana- sondern es muss auch durchgesetzt werden, dass sie tismus auf Ihrer Seite, meine sehr verehrten Damen das gefälligst auch übernehmen. und Herren. Das sollten Sie nicht kritisieren. (Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ Ich sage: Wir brauchen eine Eins-zu-eins-Anwen- DIE GRÜNEN und SSW - Wolfgang Ku- dung dieser Standards. Das gilt selbstverständlich bicki [FDP]: Wie denn? - Weitere Zurufe auch für die Zuverlässigkeit der Betreiber, die wir CDU und FDP) in der Vergangenheit leider immer wieder anzwei- feln mussten. Auch wenn ich das nicht so undiplo- Sie müssen auch die Folgekosten übernehmen. matisch ausdrücken möchte wie der Kollege Dass die Betreiber uns womöglich verklagen wer- Harms, muss ich doch sagen: Recht hat er natürlich den, liegt doch daran, dass Frau Merkel den Atom- schon. Deshalb sage ich ganz klar: Eine unabding- konsens aufgekündigt und den Atomdeal gemacht bare Voraussetzung ist es, dass die Atomkraft- hat. Das ist doch das Problem, das wir haben - und werksbetreiber überhaupt einen Antrag auf Er- nicht das Gegenteil. Das wissen Sie ganz genau. richtung eines Zwischenlagers stellen. Hierum hat (Vereinzelter Beifall SPD - Zuruf Wolfgang sich der Bund zu kümmern, meine sehr verehrten Kubicki [FDP]) Damen und Herren. Ihre Anwürfe an die Landesre- gierung waren in der Hinsicht völlig daneben. Wir schlagen dafür vor, die von den AKW-Betrei- Hierum hat sich nämlich der Bund zu kümmern. bern gebildeten Rückstellungen für Stilllegung und Gleichzeitig hat er sicherzustellen, dass der Geneh- Entsorgung von Atommüll unter Wahrung ange- migungszeitraum von 40 Jahren für Zwischenlager messener Übergangsfristen in einen öffentlich- nicht erweitert werden darf. Zwischenlager bleibt rechtlichen Fonds zu verlagern, um sie vor dem In- Zwischenlager, da darf und wird es kein schlei- solvenzrisiko zu schützen. chendes Präjudiz geben. Gesucht wird ein Endla- Viertens. Auch die Kosten für Polizeieinsätze dür- ger. Hierfür gilt für alle das Prinzip der weißen fen nicht am Land hängen bleiben. Da hat der In- Landkarte. nenminister völlig recht. Da es sich bei der Entsor- (Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist so ab- gung und Endlagerung des hochradioaktiven Mülls surd!) um eine nationale Aufgabe handelt, ist der Bund auch hier in der Pflicht. Wir alle wissen, wie es um Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1881

(Dr. Ralf Stegner) die Haushaltslage unseres Landes steht und wie für Verhandlungen. Die muss der Landtag geben sehr unsere Polizistinnen und Polizisten am Limit und sonst niemand. sind. Eine zusätzliche Belastung durch Castor- Transporte ist weder zu leisten noch entspricht das Vizepräsident Bernd Heinemann: einer fairen Lastenverteilung zwischen den Ländern und dem Bund. Herr Fraktionsvorsitzender, gestatten Sie eine wei- tere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten und Fünftens. Gerade bei solch einer Frage und all den Fraktionsvorsitzenden Kubicki? Ängsten, die damit einhergehen, müssen wir die Menschen mitnehmen und uns intensiv um den Dr. Ralf Stegner [SPD]: Dialog kümmern. Ein transparentes Verfahren mit weitestgehender Bürgerbeteiligung ist daher In der Hoffnung, dass nicht nur das Haus klüger notwendig. Wir fordern ein, dass das deutlich mehr wird, sondern auch er selbst: Sehr gern. sein muss, als es im Atomgesetz rechtlich vorge- Wolfgang Kubicki [FDP]: Herr Kollege schrieben wird, meine sehr verehrten Damen und Dr. Stegner, ich frage Sie ja, weil ich weiß, Herren. Da muss mehr kommen, denn ich kann dass Ihre weitreichenden historischen Ant- sonst nicht erwarten, das Lasten übernommen wer- worten mich immer voranbringen. Würden den. Sie mir und freundlicherweise auch dem An diese Bedingungen - Herr Kollege Kubicki, Haus beantworten, bis zu welchem Zeitpunkt jetzt achten Sie genau auf das, was ich sage, damit die jeweiligen Bedingungen erfüllt sein müs- Sie Ihre Antwort auch bekommen - ist unsere Zu- sen - angesichts der Tatsache, dass 2015 die stimmung geknüpft, ist geknüpft, dass der Landtag ersten Castoren eingelagert werden sollen? zustimmt, Mitverantwortung zu übernehmen. So Muss das bis zum 6. Juli erfüllt sein? Oder einfach und so schlicht ist das, und das steht so muss das bis zur Zustimmung des Landes auch in unserem Antrag. Schleswig-Holstein im Bundesrat erfüllt sein? Bis wann müssen jeweils die Bedin- (Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ gungen erfüllt sein, damit wir uns darauf ver- DIE GRÜNEN und SSW) lassen können, dass nicht ohne dass die Be- Ich verstehe Sie gar nicht. Erst kritisieren Sie, dass dingungen erfüllt sind in Brunsbüttel Sachen wir die Bedingungen stellen. Natürlich müssen die eingelagert werden? erfüllt werden. Sie machen sich diese Mühe aber - Herr Kollege Kubicki, ich hatte eigentlich ge- gar nicht erst mit dem, was Sie hier vorlegen. Und dacht, Sie hätten in den zweieinhalb Regierungsjah- dann sagt Herr Kubicki, das sei eine PR-Aktion. Ich ren gelernt, wie man so etwas macht. Aber das ist will Ihnen ehrlich sagen: Wenn Sie die Zustim- offenkundig nicht so. Sie sollten ein bisschen weni- mung des Landtags, die wir an Bedingungen knüp- ger in Talkshows sein und sich ein bisschen häufi- fen, zu einer PR-Aktion erklären, sagt das etwas ger mit den inhaltlichen Arbeiten in Ihrer Fraktion über Ihr zynisches Politikverständnis und nicht über beschäftigen, dann wüssten Sie nämlich, dass wir unseres aus. Der Landtag ist nämlich das höchste gesagt haben, alle Bedingungen müssen erfüllt sein, Organ in Schleswig-Holstein, das über solche Din- sonst gibt es unsere Zustimmung nicht. Das ist ganz ge zu entscheiden hat. Sehr verehrter Herr Kollege, einfach. Sie sind länger im Parlament als ich, Sie sollten das eigentlich wissen. (Wolfgang Kubicki [FDP]: Wann? Bis zur Zustimmung im Bundesrat? Bis dann müssen Ich füge hinzu: Wir knüpfen das auch deshalb an sie erfüllt sein, sonst stimmt Schleswig-Hol- die Bedingung - das sage ich ausdrücklich auch im stein nicht zu?) Respekt vor dem Kollegen Voß, der es sich deutlich schwerer macht als Sie mit dem, was Sie hier vor- Vizepräsident Bernd Heinemann: tragen -, dass wir das, was wir hier einfordern auch eingelöst sehen wollen und eingelöst sehen müssen. Herr Abgeordneter Kubicki, ohne Worterteilung Das weiß auch der Bundesumweltminister. Deshalb können Sie nicht permanent weiter Fragen stellen. reden wir heute auch darüber, denn wir wollen, Das geht nicht. - Ich frage zunächst einmal Herrn dass das im Parlament entschieden wird. Frau Kol- Abgeordneten Dr. Stegner, ob er eine weitere Frage legin Beer, deshalb müssen wir übrigens auch heute zulässt. darüber entscheiden, denn wir brauchen Mandate 1882 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

Dr. Ralf Stegner [SPD]: de besteht aber aus zwei Teilen, dem Ausstieg aus der Atomkraft und den fossilen Energieträgern auf Aber gern. der einen Seite und dem Ausbau der erneuerbaren Energien und der Förderung auf der anderen Seite. Vizepräsident Bernd Heinemann: Das Land Schleswig-Holstein war immer bereit, ei- Wir werden jetzt Ihr Mikrofon freischalten, dann ne Vorreiterrolle bei der Energiewende einzuneh- können Sie fragen. men. Das gilt nicht nur für den Ausstieg aus der Atomenergie und den damit verbundenen Lasten, Wolfgang Kubicki [FDP]: Die Frage lautet: das gilt auch für den Ausbau der erneuerbaren Habe ich das richtig verstanden, dass bis zur Energien. Deshalb sage ich auch - das gehört sehr Zustimmung des Landes Schleswig-Holstein wohl auch in diese Debatte -: Die erfolgreiche öko- im Bundesrat sämtliche Bedingungen erfüllt logische Energiewende muss konsequent fortge- sein müssen, sonst gibt es keine Zustimmung setzt werden. Wir brauchen dafür verlässliche Rah- des Landes Schleswig-Holsteins im Bundes- menbedingungen anstelle von politischen Wider- rat zum Endlagersuchgesetz? So habe ich das ständen wie einer Windenergiebremse bei der EEG- jetzt gerade verstanden. Reform. Deshalb sage ich, das ist nicht im Interesse unseres Landes, und Herr Altmaier muss sich auch Dr. Ralf Stegner [SPD]: um diesen Teil kümmern, nicht nur um den ande- Das ist schön, dass Sie das so verstanden haben. Ich ren. Denn das ist wichtig für unser Land und für die habe gesagt, die Zustimmung dieses Landtages, Bundesrepublik Deutschland. Mitverantwortung bei der Zwischenlagerung von (Vereinzelter Beifall SPD) solchen Castoren zu übernehmen, ist geknüpft an die Erfüllung der Bedingungen, die wir heute be- Vizepräsident Bernd Heinemann: schließen. Das begehren wir vom Landtag, nicht mehr und nicht weniger. Wenn Sie das auch mei- Herr Abgeordneter Dr. Stegner, gestatten Sie eine nen, könnten Sie eigentlich zustimmen. Die Bedin- weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten gungen, die wir hier dargestellt haben, sind ver- Dr. Heiner Garg? nünftig. Alles Weitere, zu welchem Datum und zu welcher Uhrzeit das geschieht, sehr verehrter Herr Dr. Ralf Stegner [SPD]: Kollege Kubicki, kann ich Ihnen heute natürlich Sie waren vorhin in der Fragestunde schon so pri- nicht beantworten. Ich habe Ihnen in der Substanz ma, also gern. geantwortet, dass dieser Landtag seine Zustimmung an Bedingungen knüpft, und ich gehe selbstver- (Wolfgang Kubicki [FDP]: Er hat doch gar ständlich davon aus, dass die Landesregierung, die nichts gefragt!) übrigens von der Koalition getragen wird, - Nicht er, aber seine Kollegen. Frau Klahn war (Christopher Vogt [FDP]: Ist das so?) richtig klasse, das hat mir richtig gut gefallen. Ma- chen wir mal weiter. diesen Beschluss des Landtags - über den sie übri- gens froh ist, weil sie mit ihm ein Mandat für Ver- (Christopher Vogt [FDP]: Herr Dr. Stegner, handlungen bekommt -, natürlich genauso ernst sind wir hier beim Karneval oder was?) nehmen wird wie Sie hoffentlich auch. - Nein, ich finde das positiv. Ich habe mich darüber Ich ermahne Sie, nein, ich bitte Sie oder ich appel- gefreut. Ich darf doch an dieser Stelle meiner Freu- liere an Sie, dass Sie dem zustimmen, denn die Be- de Ausdruck geben. - Bitte schön. dingungen sind vernünftig und im Interesse unseres Dr. Heiner Garg [FDP]: Also, Herr Stegner, Landes. ich freue mich auch immer, wenn ich mit Ih- (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nen reden darf. und SSW) (Zurufe FDP) Ich möchte noch auf einen weiteren wichtigen Zu- - Und jetzt bin ich dran. sammenhang hinweisen. Frau Kollegin Beer, das hat übrigens mit Ihnen nichts zu tun. Der Ausstieg - Nicht noch aufstampfen! aus der Atomenergie wurde bislang verzögert, der - Ach, wissen Sie, ich bekomme das auch oh- Ausbau der erneuerbaren Energien nicht konse- ne Aufstampfen hin. Herr Kollege Stegner, quent vorangebracht. Die erfolgreiche Energiewen- Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1883

(Dr. Ralf Stegner)

mich würde interessieren, da Sie an unsere Bisher besagen der FDP-Antrag und die öffentli- Moral und an unsere Verantwortung appel- chen Äußerungen von Herrn Kubicki: Gorleben ist liert haben und Ihnen sicherlich an einer brei- prima, alles ist geregelt, Alternativen sind - so sagt ten Mehrheit für das, was Sie beschließen der Technik- und Atomrechtsexperte Kubicki - gar wollen, gelegen ist: Habe ich Sie vorhin bei nicht möglich und auch nicht sinnvoll. Ich nehme der Beantwortung der Frage des Kollegen den Satz, der hier steht, den ich gleich formuliere, Kubicki richtig verstanden, dass diese Lan- mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück, wenn Sie desregierung im Bundesrat erst dann zustim- am Ende zustimmen. Ich wollte nämlich sagen: men wird, wenn all die von Ihnen formulier- Warum ernennen Sie nicht gleich Sankt Florian ten Bedingungen erfüllt sind, und dass Sie si- zum Ehrenvorsitzenden Ihrer Partei? Das ist eigent- cherstellen, dass vorher diese Landesregie- lich der Ausdruck Ihres Antrags. rung im Bundesrat einem entsprechenden (Christopher Vogt [FDP]: Das ist nicht ein- Gesetzentwurf keine Zustimmung geben mal ein guter Witz! Kein Argument und kein wird? Habe ich Sie so richtig verstanden? guter Witz!) (Wolfgang Kubicki [FDP]: Wenn Sie das ga- Ohne Gorleben zu verändern, wird es keine Lösun- rantieren, stimmen wir zu!) gen geben. - Das finde ich wunderbar. Ich habe trotzdem noch Ich kann übrigens Äußerungen wie die des Kolle- ein paar schöne Punkte, die ich Ihnen schildern gen Kumbartzky, der sich auf rein regionale Inter- möchte. Ich finde es gut, wenn der Kollege Kubicki essen stützt, nachvollziehen. Ich sage aber: Der dann zustimmen kann, denn die Geringschätzung Schleswig-Holsteinische Landtag steht für das ge- für unseren Antrag hat Herr Garg in seiner Frage samte Land ein, und wir müssen Verantwortung für nur mühsam verbergen können. das gesamte Land übernehmen. Wir müssen das in Ich will deutlich sagen: Wir als Schleswig-Holstei- den Regionen erklären. Wir haben eine Gesamtent- nischer Landtag - ich kann im Moment nur für die scheidung zu treffen. Fraktionen reden, die hier die Mehrheit bilden, aber Nun komme ich zur CDU. Man hört und staunt. Sie ich würde mich sehr freuen, wenn andere mit dabei entdecken ganz plötzlich 17 neue Sicherheitsbeden- wären - knüpfen unsere Zustimmung zu der Zwi- ken, die wir von Ihnen noch nie vorher gehört ha- schenlagerung von Castoren, die aus England oder ben, schon gar nicht zu Ihren Regierungszeiten. Das Frankreich zurückkommen, daran, dass diese Be- kann man gar nicht ernst nehmen. Ihr Antrag ist dingungen, die ich genannt habe, die übrigens auch doch ein schwarzer Pappkamerad. In Wirklichkeit der Ministerpräsident genannt hat und die Teile un- vertreten Sie einfach die populistische Position: seres Antrags sind, erfüllt werden. Daran knüpfen Atommüll bei uns - Nein, danke; Atommüll bei an- wir unsere Zustimmung. Ohne dass diese Bedin- deren - Ja, bitte. Das ist Ihre Vorstellung. gungen erfüllt sind, gibt es keine Zustimmung von diesem Haus. Das ist das, was ich klipp und klar Das, was Herr Magnussen vorträgt, finde ich wirk- gesagt habe. Das ist unser Verständnis davon, ernst- lich peinlich. Sie sind bekanntermaßen insofern ein haft Politik zu betreiben. Ich nehme zur Kenntnis, Fossil - ich finde, der Begriff passt in diesem Zu- dass wir dann eine breitere Mehrheit bekommen. sammenhang -, weil Sie für neue Atomkraftwerke Sehen Sie, manchmal lohnt sich das mit den Zwi- eintreten. Sie übertreffen Ihren ehemaligen Minister schenfragen richtig. Da bewegen sich ganze Frak- Austermann noch in der Atombegeisterung. tionen in ihrem Stimmverhalten. Das finde ich Bei der FDP ist es immerhin noch so, dass der Lan- wunderbar. desverband eine eigenständige Position hat. Aber Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe die CDU ist doch die Atompartei Deutschlands. jetzt richtig Mühe mit meinem Manuskript. Ich hof- Darum kommen wir nicht herum. Statt den Müll fe, ich kann das noch alles so vortragen, wenn sich wegzuräumen, überlassen Sie das lieber anderen. die FDP jetzt so bewegt. Vielleicht tut es auch die Ihre Parteifreunde in Bayern und Hessen verhalten CDU. Alles, was ich bisher vorgetragen habe, sich genauso. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Die könnten eigentlich alle in diesem Hause mittragen - Haltung von Herrn Seehofer finde ich geradezu wollte ich sagen. Bisher schien es nicht so. Leider skandalös. Zu Wasser, zu Lande und in der Luft für hat die Opposition bisher da weitergemacht, wo sie Atomenergie zu kämpfen, aber den Müll sollen die als Regierung aufgehört hat. rot-grünen Regierungen beseitigen, die schon im- mer gegen Atomenergie waren. Was ist das eigent- lich für eine Haltung? 1884 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Dr. Ralf Stegner)

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, politischen Willensbildung, mit denen sich PIRATEN und SSW) auch der Landtag befassen kann, unter ande- rem die Anträge, über die wir heute debattie- Ich wünschte mir, Sie würden bei den Herren See- ren, und zwar initiiert von Bürgerinnen und hofer und Bouffier für unsere Position werben, an- Bürgern? Es wäre also sehr wohl möglich, statt in der Hoffnung auf Wahlkampfprofite die Po- wenn sich der Landtag - wie es in unserem sition Ihrer süddeutschen Parteifreunde zu überneh- Antrag steht - dafür ausspricht, dass ein men. Das wäre Verantwortung, Herr Kollege Call- Volksentscheid auch zustande kommt. sen. Ich weiß nicht, ob Sie sie kennen, aber viel- leicht können Sie mit denen einmal darüber reden, - Sehr verehrter Herr Kollege Dr. Breyer, ich habe ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt, seine Positi- gar nicht gewusst, dass auch Sie sich des dialekti- on zu ändern. schen Mittels bedienen, das wir heute in der Frage- stunde schon ein paar mal erlebt haben, nämlich Frau Beer, die PIRATEN wollen einen Volksent- Antworten, die man gegeben hat, ins Gegenteil zu scheid, den es in der Verfassung derzeit nicht gibt. verkehren. Ich habe hier zum Ausdruck gebracht, Sie wissen: Auch wir sind für Volksentscheide im dass in der Bundesverfassung, im Grundgesetz, ei- Grundgesetz. Aber das hilft uns in dieser Frage ne solche bundesweite Aktion nicht vorgesehen ist. heute nichts. Immerhin hat sich die Piratenfraktion Die Frage, über die wir hier reden, wird aber in der in dieser Frage - zumindest war dies mein Eindruck Bundespolitik entschieden. Rechtlich ist das so ge- - erfreulicherweise mit unserem Antrag beschäftigt. regelt. Deswegen nützt uns das nichts. Wir sind für Wir haben einige Übereinstimmungen. Die Ge- Volksentscheide im Grundgesetz. Ich habe das aus- samtmenge Ihrer Abstimmungszahlen war sehr be- drücklich gesagt. Das steht im Wahlprogramm der eindruckend - wenn ich das richtig nachgelesen ha- SPD. Andere Parteien wollen das übrigens auch, be. Aber unabhängig davon, wie viele Personen ab- die GRÜNEN beispielsweise. Aber das nützt uns in gestimmt haben - wenn ich es nicht falsch gelesen dieser Frage, die im Bund entschieden wird, im Au- habe, liegt die Mehrheit der Positionen, abgesehen genblick nichts. Das war meine Antwort. Anson- vom Thema Volksentscheid, durchaus eher auf der sten sind Ihre theoretischen Betrachtungen, was Linie dessen, was wir an Bedingungen formuliert man im Land tun könnte, eine ganz andere Angele- haben. Deswegen hoffe ich immer noch, Frau Kol- genheit. Aber um die geht es hier heute nicht. Es legin Beer, dass zumindest einige in Ihrer Fraktion geht vielmehr um die Frage: Kann man darüber ab- heute mehr Verantwortung zeigen als etwa die Kol- stimmen lassen? Das kann man nicht. Es ist eine legen aus der CDU-Fraktion und eben nicht gegen Bundesentscheidung. Das nützt uns also nichts. unseren Antrag stimmen, sondern mitmachen. Deswegen werbe ich noch einmal bei Ihrer Frakti- on, dass Sie - wenn Sie das, was Sie eigentlich wol- Vizepräsident Bernd Heinemann: len, im Augenblick nicht machen können - jeden- Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Zwi- falls Ihrer Verantwortung gerecht werden und sich schenfrage des Herrn Kollegen Dr. Breyer? zu den Anträgen in der Sache verhalten, wobei Sie den meisten der Argumente und Bedingungen zu- Dr. Ralf Stegner [SPD]: stimmen, wie ich aus der Diskussion mit Ihnen - ich habe sie bei Ihnen führen dürfen - weiß. Aber gern. Wenn Sie die Uhr anhalten, mache ich das gern. Vizepräsident Bernd Heinemann: Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Danke, Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zusatzfrage Herr Dr. Stegner. - Es ist meine erste Zwi- des Herrn Abgeordneten Dr. Breyer? schenfrage, die ich trotzdem sehr gerne stel- le. Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sie haben gesagt, in unserer Landesverfas- sung sei ein Volksentscheid nicht vorgese- Sehr gerne. hen. Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Herr (Zuruf von der SPD: Das hat er nicht gesagt!) Dr. Stegner, Sie haben eben betont, es sei ei- ne Bundesfrage, die hier zur Entscheidung Würden Sie mir zustimmen, dass in unserer anstehe, haben aber vorher in Ihrer Rede Landesverfassung ein Volksentscheid vorge- zehn, 20 Minuten lang betont, wie wichtig es sehen ist, nämlich über alle Gegenstände der sei, dass der Landtag entscheide und die Be- Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1885

(Dr. Ralf Stegner)

dingungen formuliere, unter denen Verhand- (Beifall Dr. Kai Dolgner [SPD]) lungen aufgenommen werden. Stimmen Sie wie wir sie hier zu lösen haben. mir zu, dass auch die Bürgerinnen und Bür- ger in einem Volksentscheid darüber ent- Worum es nämlich heute geht, ist verantwortungs- scheiden könnten, ob und unter welchen Be- volles Handeln. Das macht an dieser Stelle zugege- dingungen die Landesregierung solche Ver- benermaßen keinen Spaß. Aber wenn wir die End- handlungen aufnehmen soll? Man könnte lagerfrage endlich beantworten wollen, dann reden zum Beispiel Ihren Antrag zum Gegenstand wir heute über die Voraussetzungen dafür, und da- eines Volksentscheides machen. mit auch über die Voraussetzungen für den erfolg- reichen Atomausstieg. Vielleicht ist das der Punkt, - Nein, da stimme ich Ihnen nicht zu. Wir befinden den Sie bei uns ernst nehmen sollten. Wir wollten uns in einem Prozess, in dem ein Endlagersuchge- den Atomausstieg immer. Wir schaffen jetzt die setz gemacht wird und in dem wir Einfluss nehmen Voraussetzungen dafür, dass das mit dem Atom- wollen. Ich bin zwar kein Jurist wie Sie und der ausstieg auch klappt und wir nicht wieder neue De- Kollege Kubicki, habe aber auf die Frage des Kol- batten über Restlaufzeiten bekommen, die wir wirk- legen Kubicki vorhin schon geantwortet: Es geht lich nicht wollen. nicht nur um die juristischen Kautelen, sondern dar- um, dass wir politisch Einfluss nehmen. Welch Deshalb appelliere ich an die Opposition - ich neh- stärkeres Signal könnte es geben, als wenn dieser me die Bewegung im Saal so wahr, dass sich jeden- Landtag, das höchste gewählte Organ der Volks- falls ein Teil der Opposition in unsere Richtung be- vertretung, bevor die Verhandlungen abgeschlossen wegen könnte -, dass wir heute nicht auf billigen werden, zum Ausdruck bringt, was er will und an Populismus setzen, sondern alles tun, dass die Lan- welche Bedingungen er das knüpft? Das finde ich desregierung auf der Basis eines starken Votums ein sehr starkes Signal in der repräsentativen De- dieses Landtages als starke Stimme aus dem Nor- mokratie. Dafür werbe ich sehr. den in Berlin auftreten kann, dass unser Umwelt- minister Robert Habeck ein Mandat für weitere Vizepräsident Bernd Heinemann: Verhandlungen hat, das er braucht, wenn wir Erfolg haben wollen. Herr Abgeordneter Dr. Stegner, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Schleswig-Holstein steht zu seiner Verantwortung, Dr. Kai Dolgner? will aber entscheidend mitreden. Herr Callsen, ich sage es noch einmal. Vielleicht hilft dies der Union: Dr. Ralf Stegner [SPD]: Ohne Zustimmung zu dem, was wir heute als Be- dingungen aufstellen, gibt es keine Mitverantwor- Mit noch größerem Vergnügen. tung für die Zwischenlagerung von radioaktivem Dr. Kai Dolgner [SPD]: Herr Dr. Stegner, Müll in Schleswig-Holstein. Ich sage dies klipp und stimmen Sie mir zu, dass ein Verfahren wie klar. Das ist die Position, die ich hier zum dritten ein Volksentscheid in Schleswig-Holstein Mal wiederhole und die Sie hoffentlich so weit ver- mit vorgeschalteten Verfahren, das ungefähr standen haben, dass Sie aus Ihrem Kriterienkatalog eineinhalb Jahre dauert, nicht geeignet ist, vielleicht die Schlussfolgerung ziehen können, un- jetzt eine Verhandlungsposition festzulegen? serem Antrag zuzustimmen. - Dem stimme ich ausdrücklich zu. Wie könnte ich Ich danke unserem Ministerpräsidenten Torsten Al- einer so klugen Einschätzung auch nicht zustim- big für seine Regierungserklärung. Es ist eine Re- men? Sie spricht ja für sich. gierungserklärung, die deutlich gemacht hat, dass es um die Verantwortung für die Zukunft unseres Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir ha- Landes geht. Wir dürfen uns nicht wegducken, wir ben von der Vorgängerkoalition immer wieder ge- dürfen die Augen vor der Realität nicht verschlie- hört, wie mutig sie gewesen sei. Sie haben Mut da- ßen, und wir müssen analysieren und diskutieren, mals so definiert: Ich kürze bei den Schwächsten aber auch auf einem Feld handeln, wo es uns nicht und lege mich mit den Mächtigen nicht an. Das war leicht fällt. Ich füge hinzu: Wir haben unseren An- die Definition von politischem Mut der Vorgänger- trag, den die Regierungsfraktionen heute vorlegen, regierung. Das hatte mit Mut nichts zu tun. Mut ist im Rahmen von Diskussionen, die wir innerhalb aber sehr wohl, Verantwortung zu übernehmen, der Koalition, mit der Piratenfraktion und mit ande- Verantwortung bei sehr schwierigen Themen zu ren geführt haben, weiterentwickelt, weil wir für übernehmen, diesen Landtag den bestmöglichen Antrag formu- 1886 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Dr. Ralf Stegner) lieren wollten, der diese Bedingungen klipp und Holstein sind niemandes nützlicher Idiot, aber wir klar formuliert und jede Sorge zum Ausdruck taktieren auch nicht herum. Wir sagen, was mit uns bringt. geht und was mit uns nicht geht. (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und SSW) Wir nehmen was von diesem Dreckszeug, aber wir Einmal mehr zeigt sich, dass Schleswig-Holsteins nehmen nicht alles. So einfach ist das. Bürgerinnen und Bürger eine gute und verantwor- Ich erspare uns hier einen Rückblick darauf, welche tungsvolle Regierung gewählt haben. Diese Linie Partei wann in der Energiepolitik welche Rolle ge- wird von den Regierungsfraktionen, von SPD, spielt hat. Alle Parteien auch hier im Landtag emp- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW, unter- finden sich jetzt als Vorkämpfer der stützt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Energiewende. Die Argumente von Grundlastsi- wir wollen, und wir werden das Notwendige mög- cherung, Versorgungsengpässen und Strompreisen lich machen. - Vielen herzlichen Dank. sind vergessen. Als hätten sie nie etwas anderes ge- (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollt, geben sich CDU und FDP nun geschmeidig und SSW) und setzen voll auf die erneuerbaren Energien. Solche Lippenbekenntnisse sind freilich immer so Vizepräsident Bernd Heinemann: lange wohlfeil, so lange keine unbequemen Ent- Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat scheidungen zu treffen sind. Vor einer solchen ste- die Fraktionsvorsitzende, Frau Abgeordneten Eka hen wir heute. Wir stehen heute vor einer verdammt von Kalben, das Wort. unbequemen Entscheidung. Es geht um die Frage, wie wir mit den strahlenden Altlasten umgehen, die Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: uns die Vorgängerregierungen aus Bund und Land hinterlassen haben. Wir Grüne haben die Probleme Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der nicht mitverursacht, wir sind aber jetzt bereit, Teil Kampf um die Atomkraft hat die Geschichte unse- der Lösung zu sein. Wir ducken uns nicht weg, wie res Landes tief geprägt. Die Bilder aus Brokdorf dies andere tun. mit Knüppeln, Reizgas, Wasserwerfern und Nato- Draht gehören zu unserem kollektiven Gedächtnis. (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW Mit den drei Atomkraftwerken Brokdorf, Brunsbüt- und vereinzelt SPD) tel und Krümmel war und ist Schleswig-Holstein Liebe Kollegen und Kolleginnen, da die Debatte besonders stark mit den Risiken der Atomkraft be- mittlerweile weit fortgeschritten ist, sodass sich lastet. Unsere Kinder wuchsen mit Begriffen wie mein Skript geändert hat, will ich einen Bogen Störfall und Schrottreaktor auf; einfach deshalb, schlagen, indem ich nicht näher auf die aus meiner weil sie in Schleswig-Holstein aufwuchsen. Sicht „Gartenzauninstinkte“ weckende Politik des Es lässt sich also mit Fug und Recht fragen: Warum FDP-Antrags eingehe. Diesen Teil meiner Rede müssen ausgerechnet wir in Schleswig-Holstein uns möchte ich jetzt zur Seite legen und warten, was die beteiligen, wenn es um die Zwischenlagerung von Verhandlungen ergeben. Wenn das Versprechen, nuklearem Müll geht? Warum ausgerechnet wir? - das hier gemacht wurde, sich bewahrheitet, dann Meine Damen und Herren, die Antwort lautet: gera- scheint sich eine Zustimmung der FDP zu unserem de deshalb, weil kaum ein anderes Land aus seiner Antrag abzuzeichnen. Das würde uns freuen, denn Geschichte heraus ein so hohes Interesse daran hat, es geht hier nicht um eine parteipolitische Sache. Es dass der Atomausstieg gelingt. Es hat dieses Inter- geht hier um eine Sache, die das ganze Land be- esse als ein Kernland der Anti-Atomkraft-Bewe- trifft. Es geht nicht nur um Schleswig-Holstein, gung und als ein Land, das den Risiken der Atom- sondern es geht um die ganze Bundesrepublik. kraft über Jahrzehnte stärker ausgesetzt war als vie- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW le andere Länder. und vereinzelt SPD) Deshalb sage ich: Wenn Minister Habeck sich für Meine Damen und Herren, es kam heute schon hin- die Landesregierung bereiterklärt hat, Teil einer Lö- reichend zur Sprache: Niedersachsen hat dem sung bei der Zwischenlagerung von Castoren zu Kompromiss zur Endlagersuche nur für den Fall zu- sein und gemeinsam mit anderen einen fairen Bei- gestimmt, dass keine weiteren Transporte nach trag zu leisten, dann hat er im besten Sinne als Gorleben rollen. Das hat nichts mit rot-grünen Er- Schleswig-Holsteiner gehandelt. Wir in Schleswig- folgen oder mit Klientelpolitik für das Wendland Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1887

(Eka von Kalben) oder der Tatsache, dass ich dort geboren wurde, zu Gestern auf unserem Parteitag und auch bei mei- tun. Das ist einfach politisch Fakt. Deshalb stehen nem Besuch an der Westküste vor zwei Wochen wir als Gemeinschaft von Bund und Ländern vor habe ich sehr deutlich die Ängste der Menschen vor der Aufgabe, eine gemeinsame Lösung zu finden, Ort gespürt. Dort herrscht die Angst davor, in der die aufzeigt, wie es anders gehen kann, wie wir die Region wieder verschaukelt zu werden und wieder Castoren anders unterbringen können. Spielball der Interessen der Atomkraftbetreiber zu werden, die nach den Riesengeschäften mit der Jeder, der glaubt, dass wir riskieren sollten, dass der Atomenergie nun auch noch bei der Müllfrage die Bund uns eine Lösung diktiert, spielt mit dem Risi- Gewinner werden könnten. Ich verstehe diese Sor- ko, dass Schleswig-Holstein mehr belastet wird als gen. Vattenfall gilt nicht gerade als ein grünes Lieb- durch eine Verhandlungslösung. Wir können es uns lingsunternehmen, wenn ich das so sagen darf. nicht leisten, bei der Endlagersuche weiter auf der Stelle zu treten. Der Müll ist nun einmal da. Wenn (Zuruf) wir von gerechter Lastenverteilung reden, dann - Nein, Vattenfall hat auch keine Grüne Giraffe be- sollten wir das auch auf zukünftige Generationen kommen. - Wir wären jedoch völlig unpolitisch, beziehen. Es ist eben nicht gerecht, wenn wir unse- wenn wir nicht Bedingungen und Regeln formulie- ren Enkeln die offene Frage der Mülllagerung hin- ren würden, wenn unser Misstrauen und unsere terlassen. Sorgen so groß sind, dass wir unseren eigenen (Beifall Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ Maßstäben misstrauen. Unser Bedingungskatalog DIE GRÜNEN]) ist real, und ich muss als Politikerin darauf vertrau- en, dass unsere Entscheidungen auch so umgesetzt Es ist nicht gerecht, wenn es uns heute nicht ge- werden. Sonst könnten wir auch gleich Golf spielen lingt, wenigstens die Suche zu starten. Ich würde gehen. mich vor meinen Enkeln wirklich schämen, wenn uns dies heute nicht gelänge. (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW) (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Meine Damen und Herren, es geht heute um das, Schleswig-Holstein ist bereit, Teil der Lösung zu was nötig ist, um in der Endlagerfrage endlich sein, aber eben nur ein Teil. Ich spreche für die voranzukommen. Unser Land hat erlebt, was es be- ganze Koalition, wenn ich sage: Alles andere ist mit deutet, wenn eine Politik nur an das Hier und Jetzt unserer Verantwortung und mit der Schutzaufgabe, denkt. Genau diese Politik hat uns drei Atomreakto- die wir gegenüber den Menschen in unserem Land ren in Schleswig-Holstein beschert, deren Risiken haben, nicht vereinbar. unbeherrschbar waren beziehungsweise sind. Und Ich sage an dieser Stelle auch: Die Erklärung von genau diese Politik hat den Müll verursacht, den Ministerpräsident Weil in Niedersachsen, dass das wir nun irgendwo lassen müssen. Wir stehen vor Zwischenlager Unterweser nicht zur Verfügung der Aufgabe, die Erblasten einer Politik zu beseiti- stünde, ist nicht hilfreich; bei allem Verständnis für gen, die nur an das Hier und Jetzt gedacht hat. Das die besondere Belastung, die Niedersachsen zwei- schaffen wir nicht, wenn wir nun wieder eine Poli- fellos hat. tik betreiben, die auch nur an das Hier und Jetzt (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) denkt. Das liegt nicht im langfristigen Interesse Schleswig-Holsteins. Meine Damen und Herren, Die Koalition aus SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW knüpft ihre Meine Fraktion vertraut darauf, dass diese Landes- Zustimmung zur Zwischenlagerung von Atommüll regierung bei all ihren Entscheidungen nur einen in Schleswig-Holstein an strenge Bedingungen. Maßstab kennt: Was ist das Beste für die Menschen Die Bedingungen lassen sich so zusammenfassen: in Schleswig-Holstein, heute, morgen und übermor- gerechte Lastenverteilung, allerhöchste Sicherheits- gen? vorkehrungen, Kostenübernahme durch den Bund - (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD besser durch die Atomkonzerne - und volle Trans- und SSW) parenz. Castoren sind kein Spielzeug, und ihre La- gerung ist kein Gegenstand für politische Kuhhan- Vizepräsident Bernd Heinemann: del. Nur wenn unsere im Antrag formulierten Be- dingungen erfüllt werden, könnten überhaupt Für die Abgeordneten des SSW hat das Wort der Transporte nach Schleswig-Holstein rollen. Herr Abgeordnete Lars Harms. 1888 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

Lars Harms [SSW]: nen seinerzeit aber gelungen, einen Erkundungs- stopp zu verhängen. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem parteiübergreifenden Beschluss, Wie kein anderes Thema spaltet Gorleben seit Jahr- aus der risikobehafteten Atomenergie auszustei- zehnten die politische Landschaft. Eine Einigkeit gen, wurde seinerzeit ein langer und weitgreifender herbeizuführen schien nahezu unmöglich. Mit dem Prozess in Gang gesetzt. Über die Parteigrenzen jetzt gefundenen Konsens scheint aber nun doch ei- hinweg wurde der politische Ausstiegsbeschluss ne Lösung in greifbarer Nähe zu sein. Über die po- mehrheitlich gefasst, sodass er sich nun nicht mehr litischen Lager hinweg gibt es nun einen grundsätz- so leicht umstoßen lässt. lichen Konsens darüber, wie man in dieser Sache verfahren will. Die Energiewende stellt uns vor große Herausfor- derungen. Es ist der Schritt, die Energieversorgung Das Projekt „atomares Endlager“ ist eine natio- auf starke Beine zu stellen und die Voraussetzun- nale Aufgabe, der sich niemand entziehen kann. gen für eine dezentrale Energieversorgung zu Hier müssen alle ihren Beitrag leisten, damit schaffen. Dies ist ein gesellschaftlicher Kraftakt, Deutschland ergebnisoffen nach einem Endlager der nur in gemeinsamer Verantwortung gelingen suchen kann. Es darf bei der Suche keine Freifahrt- kann. scheine für bestimmte Bundesländer geben. An die- ser Verantwortung und Bereitschaft hat es in der Daneben gilt es aber auch, sich den Fragen zu stel- Vergangenheit aber bisher gemangelt, und nun wur- len, was mit den alten Meilern geschehen und wo de dieser gordische Knoten durchgeschlagen. Dies der Atommüll hin soll. Auch hier stehen wir vor hat durchaus, was die Diskussion über diese Frage großen Herausforderungen. Auch diese gesamtge- angeht, eine historische Dimension. sellschaftliche Aufgabe kann nur von uns allen ge- meinsam gelöst werden. Es ist gelungen, einen parteiübergreifenden Kon- sens zur Endlagersuche hinzubekommen. Die Eini- Das Entsorgungsproblem ist derzeit immer noch gung - getragen von der Bundesregierung, den Län- nicht gelöst. Es gibt in Deutschland kein Endlager dern und den Bundestagsfraktionen von CDU/CSU, für hochradioaktiven Müll. Dies wissen wir bereits SPD, Grünen und FDP - sieht vor, ergebnisoffen seit Langem. Die vorläufige Lösung des Problems nach einem Endlager zu suchen. Mit der Einigung heißt Zwischenlager. Diese befinden sich in auf ein Standortauswahlgesetz ist es gelungen, Deutschland an den meisten Atomkraftwerken und einen Jahrzehnte lang geführten Streit zu schlich- am Standort Gorleben. ten. Dafür gebührt allen Beteiligten unser Dank. Der Salzstock Gorleben wurde seinerzeit als End- (Beifall SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lagerstandort bestimmt, ohne dass es dafür fachlich und Dr. Ralf Stegner [SPD]) fundierte Untersuchungen gegeben hat. Es war ein reiner politischer Beschluss, und dies war ein Feh- Der Gesetzentwurf sieht unter anderem die Einrich- ler. Nun wird Gorleben seit Jahren als Zwischenla- tung einer Bund-Länder-Enquete-Kommission ger genutzt, und es sorgt bundesweit immer wieder vor, bestehend aus 24 Mitgliedern. Aufgabe der für Aufsehen, wenn neue Castoren nach Gorleben Kommission ist die Erörterung und Klärung von rollen. Eine Lösung für Gorleben ist daher dringend Grundsatzfragen für die dauerhafte Lagerung von notwendig. Und diese Lösung scheint sich nun auch hochradioaktiven Abfallstoffen. Hierfür sollen dann zu ergeben. Zugegeben, politisch ist es ein heißes bis 2015 Vorschläge zu Sicherheitsanforderungen Eisen, an dem sich keiner bisher wirklich die Finger sowie Ausschluss- und Auswahlkriterien erarbeitet verbrennen wollte. Doch wir müssen uns der Ver- werden. antwortung stellen. Wir brauchen Alternativen Weiter ist die Durchführung einer neuen Stand- zum Standort Gorleben. ortsuche nach dem Prinzip der „weißen“ Landkarte Wenn man einmal genau in die Geschichte zurück- und keine Vorfestlegung durch Ausschluss einzel- guckt, hat man dies auch schon früher versucht. ner Standorte vorgesehen. Gorleben bleibt somit Union und FDP hatten diesen Punkt auf Bundes- auf der Landkarte. Der Transport weiterer Castoren ebene in ihrem Koalitionsvertrag von 1990, doch nach Gorleben soll eingestellt werden. umgesetzt wurde dieser Teil des Vertrages nicht. Die in Deutschland angefallenen Abfälle sollen in SPD und Grüne scheiterten später bei dem Versuch, Deutschland entsorgt werden. Auch das ist ein ein Standortauswahlgesetz auf den Weg zu bringen, Grundsatz. an dem Widerstand der Union. Zumindest ist es ih- Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1889

(Lars Harms)

Es geht natürlich auch darum, dass Transparenz leisten. Eine Gesundheitsgefahr für die Bevölke- und Partizipation von Bürgerinnen und Bürgern rung darf von einem möglichen Standort nicht aus- bei allen Verfahrensschritten eingehalten werden. gehen. Politisch wichtig ist nicht zuletzt, dass wesentliche Drittens. Die Zwischenlager dürfen definitiv nicht Entscheidungen durch den Bundestag und durch zu Endlagern werden. Es darf keine künftige Ent- den Bundesrat getroffen werden. scheidung über die Frage der Endlagerung mit der Für den SSW möchte ich sagen, dass dies ein guter Zwischenlagerung vorweggenommen werden. Der Kompromiss ist. Auch wir nehmen unsere Verant- Genehmigungszeitraum von 40 Jahren ab der ersten wortung ernst und werden den Prozess weiter kon- Genehmigung des Zwischenlagers darf nicht ver- struktiv begleiten. Dies haben wir bei der Energie- längert und, meine Damen und Herren, auch der wende getan und werden es auch jetzt tun, wenn es Umfang der einzulagernden Castoren darf nicht er- um die Lösung für ein Endlagersuchgesetz geht. weitert werden. Damit die Endlagerfrage in Zukunft aber gelöst Viertens. Die Kosten der Endlagersuche dürfen werden kann, gilt es jedoch auch, Fragen im Vor- nicht den Bürgerinnen und Bürgern oder dem Staat feld zu klären. Hierbei gilt es insbesondere zu klä- aufgelastet werden. Die AKW-Betreiber haben die ren, was kurz- und mittelfristig mit den Castoren Kosten für die Endlagersuche zu tragen. Die von aus der Wiederaufbereitung geschehen soll. den Betreibern gebildeten Rückstellungen sind für Stilllegung und Entsorgung des Atommülls zu ver- Die Rolle Schleswig-Holsteins in dieser Angele- wenden. Um die Rückstellungen nicht zu gefähr- genheit wurde deutlich, als es darum ging, wie die den, sind diese in einen öffentlich-rechtlichen Castoren aus den Wiederaufbereitungsanlagen Sel- Fonds zu übertragen. lafield und La Hague zwischengelagert werden sollen, wenn Gorleben als Zwischenlager entfällt. Fünftens. Die Kosten für Polizeieinsätze werden Und dass Gorleben als Zwischenlager entfällt, ist nicht vom Land Schleswig-Holstein getragen. Der vor dem Hintergrund, dass in keiner Weise nachge- Bund muss die Folgekosten der Zwischenlagerung wiesen wurde, dass Gorleben als Standort geeignet übernehmen. ist, nicht nur nachvollziehbar, sondern notwendig. Sechstens. Es ist zu gewährleisten, dass die Bevöl- Wer nun aber fordert, dass Gorleben trotz aller Be- kerung frühzeitig und umfassend über die jeweili- denken weiterhin als Zwischenlager genutzt werden gen Sachstände informiert und an den Verfahren soll, der gefährdet nicht nur den Konsens, sondern beteiligt wird, meine Damen und Herren. Das geht handelt nach meiner Auffassung auch verantwor- im Übrigen über die Regelungen hinaus, die derzeit tungslos, weil es derzeit eben keinen Nachweis für im Atomgesetz vorgesehen sind. Also auch an die- die Eignung von Gorleben gibt. ser Stelle wollen wir mehr, als es die Gesetzeslage derzeitig hergibt. Es ist manchmal die Gunst der Stunde, die genutzt werden muss, um große und wichtige Entscheidun- Anhand dieses Forderungskatalogs ist klar er- gen zu treffen. Manchmal ist das Zeitfenster, wie in sichtlich, dass Schleswig-Holstein bereit ist, Ver- unserem Falle hier, auch sehr eng. Schleswig-Hol- antwortung zu übernehmen, aber nicht zu jedem stein hat dies erkannt und gehandelt. Wir erklären Preis. Natürlich stellen wir Forderungen, wenn es uns bereit, Verantwortung für diese nationale Auf- um die Frage geht: Wohin mit den Castoren? Das gabe zu übernehmen. Doch auch für uns gilt, dass ist auch legitim. Wir verweigern uns dieser Frage wir dieses nicht allein tun werden. nicht. So ist die Zustimmung Schleswig-Holsteins, Casto- Wir wollen bei der nationalen Aufgabe der Endla- ren aus Sellafield in Brunsbüttel zwischenzulagern, gersuche unseren Teil übernehmen und dazu beitra- an klare Bedingungen geknüpft. Wir stimmen ei- gen, dass dieses Problem gelöst werden kann. Hier- ner Zwischenlagerung nur dann zu, wenn bestimm- bei werden wir uns nicht aus der Verantwortung te Kriterien erfüllt sind: stehlen. Wir wollen aber auch mitreden. Deshalb ist es nach unserer Auffassung notwendig, dass be- Erstens. Nicht alle 26 Castoren aus Sellafield und stimmte Kriterien an die Standortsuche für Zwi- La Hague sollen in Schleswig-Holstein zwischen- schenlager gebunden werden. gelagert werden. Hier müssen sich mehrere Länder an einer Lösung beteiligen. So ist es nur verständlich, wenn man sagt: Die zu- künftige Zwischenlagerauswahl muss sich auch am Zweitens. Die Sicherheit für eine Zwischenlage- Verursacherprinzip orientieren. - Gleichzeitig darf rung ist nach den neuesten Standards zu gewähr- 1890 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Lars Harms) der Sicherheitsaspekt nicht außer Acht gelassen Auch auf Bundesebene gibt es keine Regelung für werden. Deshalb muss die technische Eignung von Bürgerentscheide. Standorten eine Rolle spielen. Außerdem muss dar- Meine Damen und Herren, jetzt besteht aber die auf geachtet werden, dass die Transporte der Casto- Möglichkeit, politisch Einfluss zu nehmen, und das ren sicher ablaufen können. wollen wir auf jeden Fall tun. Deshalb bitte ich All diese Kriterien zusammen müssen bei der Zwi- nochmals um Zustimmung zu unserem Antrag. schenlagersuche eine Rolle spielen, und es gibt kei- (Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE ne Vorfestlegungen. Es gibt allerdings die Bereit- GRÜNEN) schaft unseres Landes, Teil einer Lösung zu sein, und dazu stehen wir. Vizepräsident Bernd Heinemann: Wir erwarten aber auch, dass andere Länder sich ebenfalls ihrer Verantwortung stellen. Denn der Für die FDP-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Atommüll, der heute in Sellafield und Le Hague Oliver Kumbartzky das Wort. liegt, stammt nicht allein aus Schleswig-Holstein. Ich denke, wenn Schleswig-Holstein hier Verant- Oliver Kumbartzky [FDP]: wortung übernimmt und die im Antrag formulierten Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Forderungen beschließt, dann ist dies auch ein gu- Ich möchte zunächst etwas zum Kollegen Stegner tes Signal an die anderen Bundesländer und an den sagen, weil er mich direkt angesprochen hat. Ich Bund, meine Damen und Herren. finde es eine Frechheit, dass Sie mir vorwerfen, Re- (Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gionalpolitik zu machen. Ich bin umwelt- und ener- NEN) giepolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Die FDP hat gerade eine mögliche Zustimmung (Beifall FDP - Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD]) avisiert. Ich begrüße sehr, dass unsere Diskussion - Genau das haben Sie getan, Herr Stegner. Sie ha- möglicherweise zu einer Haltungsänderung geführt ben gesagt, Sie respektierten die kritische Meinung hat. Ich will insofern noch ein weiteres Argument von Herrn Voß. Bei Abgeordneten der Opposition anführen, das kein inhaltliches Argument ist. Die- sind Sie aber wirklich respektlos. Das muss ich Ih- ses Argument bewegt aber möglicherweise die nen einmal ganz ehrlich sagen, Herr Stegner. Das CDU, meine Damen und Herren. finde ich unmöglich. Unser Bundesumweltminister Altmaier hat heute (Beifall FDP) ein NDR-Interview gegeben. Darin hat er un- missverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er Vizepräsident Bernd Heinemann: sich wünscht, dass das Parlament den Plänen der Landesregierung, die wir in unserem Antrag schrift- Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordne- lich formuliert haben, in möglichst breiter Mehrheit ten Dr. Stegner? zustimmt. Meine Damen und Herren, dieser Wunsch von Minister Altmaier kann erfüllt werden, Oliver Kumbartzky [FDP]: wenn auch die CDU und andere Parteien unserem Antrag zustimmen. Ja. (Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sehr geehrter Herr NEN) Kollege Kumbartzky, wenn Sie das im Proto- koll nachlesen, werden Sie feststellen, dass Noch ein Letztes, das mir wichtig ist. Auch wir ha- ich den Satz aus meinem Manuskript vorge- ben natürlich ein Interesse daran, dass die Bevölke- tragen habe. Ich habe gesagt, dass ich aus- rung so breit wie möglich an diesem Prozess betei- drücklich die Haltung des Kollegen Kum- ligt wird. Das haben wir auch in unsere Be- bartzky respektiere, der eher aus einer regio- schlussvorlage hineingeschrieben. Damit gehen wir nalpolitischen Sichtweise heraus argumen- über das bestehende Atomgesetz hinaus. Aufgrund tiert habe. Ich habe gesagt, dass ich das aus- der langen Fristen und des kleinen Zeitfensters ist drücklich akzeptiere. Das war mein Satz, den es aber völlig illusorisch, eine Bürgerbefragung, ich hier vorgelesen habe. Das wiederhole ich einen Bürgerentscheid oder Ähnliches zu initiieren. gern noch einmal, weil es so ist. Die Lage ist nun einmal so, wie sie ist, zumal die Entscheidungen auf Bundesebene getroffen werden. Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1891

(Oliver Kumbartzky)

(Vereinzelter Beifall SPD - Christopher Vogt Die Kommunikation ließ also wirklich zu wün- [FDP]: Das haben wir aber anders verstan- schen übrig. Ich freue mich, dass die Koalitions- den!) fraktionen in ihren Antrag hineingeschrieben ha- ben: - Herr Stegner, die Frage ist aber natürlich, wie man es sagt. Ich habe Ihnen auch keinen Vorwurf daraus „Die Bevölkerung ist frühzeitig und umfas- gemacht, dass Sie sich so massiv für die Oberstufe send über die jeweiligen Sachstände zu infor- in Bordesholm eingesetzt haben. Insofern fand ich mieren und an den Verfahren zu beteiligen.“ das wirklich ein bisschen unglücklich, Herr Steg- Ich finde es gut, dass Sie damit Ihrem Minister die ner. Ich werde es im Protokoll aber gern nachlesen. klare Weisung geben, dass alles transparenter ge- Im Übrigen bin ich ein Befürworter der Energie- staltet werden muss. Es gibt nämlich bis heute viele wende und finde es gut, dass Schleswig-Holstein offene Punkte. ein Stromexporteur ist. Ich finde es aber nicht gut, Bis heute ist ungeklärt, ob der Betreiber überhaupt dass Schleswig-Holstein jetzt zum Atommüllim- einen Antrag stellen wird. Bis heute ist ungeklärt, portland werden soll. ob das Zwischenlager genehmigt werden wird. Bis An dieser Stelle möchte ich noch einige Worte zu heute ist ungeklärt, wie viele Castoren überhaupt Ihnen sagen, Herr Ministerpräsident. Sie haben in Platz finden werden. Bis heute ist ungeklärt, wer Ihrer Rede ein Wort sehr häufig benutzt, exakt 20 die Kosten für die Einlagerung, die Polizeieinsätze mal, aber nicht das Wort „stark“, sondern das Wort und den wirklich teuren Umbau des Zwischenlagers „Verantwortung“. Wenn Sie das Wort „Verant- tragen soll. wortung“ schon so sehr vor sich hertragen, muss Es gibt ein genehmigtes Zwischenlager. Herr Kolle- ich Sie wirklich einmal fragen, Herr Albig: Finden ge Kubicki und andere haben das bereits ausge- Sie es verantwortungsvoll, dass die Bewohner führt. Ich frage mich, was eigentlich passiert, wenn Schleswig-Holsteins von dem wirklich unnötigen all die Bedingungen, die Sie formuliert haben, nicht Vorstoß ihres Umweltministers aus der Presse er- eingehalten werden. Wohin kommen die Castoren fahren? Finden Sie das verantwortungsvoll? dann? Die Castoren kommen dann wohl nach Gor- (Beifall FDP) leben, weil es dort ein genehmigtes Zwischenlager gibt. Finden Sie es verantwortungsvoll, dass der Bürger- meister der Stadt Brunsbüttel und die Politik nur Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: über die Medien informiert werden? Ist das verant- (Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wortungsvoll? Wie soll sich die Region überhaupt NEN]: Altlasten!) eine Meinung bilden, ohne über genaue Hinter- grundinformationen zu verfügen? Es sind rein politische Gründe, weshalb wir dieses Thema heute diskutieren. Sie haben bis heute nicht mit dem Betreiber des Zwischenlagers gesprochen. Auch wenn der Um- (Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD]) weltminister sicherlich ein gestörtes Verhältnis zu - Ja, Herr Stegner. dem Betreiber hat, so hätten Sie das durchaus tun können, Herr Albig. (Zuruf Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) (Beifall FDP - Zuruf Ministerpräsident Tor- sten Albig) Vizepräsident Bernd Heinemann: - Das ist doch kein dummes Zeug, Herr Albig. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Sie müs- Bei dieser Thematik sind noch so viele Fragen of- sen nicht auf die Zurufe reagieren. Halten Sie ein- fen. Ich finde, das hätte man auch im Umweltaus- fach Ihre Rede. schuss besprechen müssen. Frau Beer musste extra beantragen, dass Sie kommen, Herr Minister. Die Oliver Kumbartzky [FDP]: Sitzung am 10. April 2013 war eine reguläre Sit- zung. Insofern hätten Sie von sich aus diesen Ta- Vielen Dank für diesen Rat, Herr Präsident. Ich gesordnungspunkt anmelden müssen. Das ist meine werde ihn befolgen. Meinung dazu. Ganz ehrlich: Zu dieser Debatte ist es doch nur des- (Beifall FDP, CDU und PIRATEN) halb gekommen, weil es einen Kompromiss darüber gibt, dass es ein Endlagersuchgesetz geben muss. 1892 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Oliver Kumbartzky)

Natürlich muss es ein Endlagersuchgesetz geben. sprochen worden? Warum wollen Sie jetzt im Eil- Niedersachsen hat seine Zustimmung allerdings verfahren diesen Antrag durchdrücken? daran geknüpft, dass Gorleben als Zwischenlager (Beifall FDP und CDU) ausscheidet. Hierfür gibt es aber weder ein sachli- ches noch ein rechtliches Argument. Das ist eine Das hätte ich von Ihnen wirklich nicht erwartet. rein politische Entscheidung. (Beifall FDP und CDU) (Beifall FDP und CDU) Ich halte diese politische Entscheidung für nicht Vizepräsident Bernd Heinemann: richtig. Außerdem ist schon einmal die Resolution Herr Abgeordneter, ich mache es kurz mit einem angesprochen worden, die der Kreistag beschlossen geschäftsleitenden Kommentar und belasse es da- hat. Heute Abend tagt die Brunsbütteler Ratsver- bei: „Unter aller Sau“ bei der Kommentierung des sammlung, die auch eine Resolution verabschieden Verhaltens eines Regierungsmitglieds ist nicht par- wird. Ich habe diese gerade aus Versehen an mei- lamentarisch. nem Platz liegengelassen, weil ich nicht damit ge- rechnet habe, dass ich jetzt schon an der Reihe bin. Wir kommen zur nächsten Wortmeldung. Da die Diese Resolution sagt aber ganz klar, dass jede Re- Fraktionen die möglichen Redezeiten nicht in An- gion den Atommüll übernimmt, den sie selbst ver- spruch nehmen wollen, bleiben jetzt mehrere Drei- ursacht hat. Das wird in der Debatte immer verges- minutenbeiträge. - Den ersten Dreiminutenbeitrag sen. Das möchte ich noch einmal klarstellen. hat Herr Abgeordneter Bernd Voß angemeldet. Es wird immer gesagt, Brunsbüttel und Brokdorf (Zuruf Bernd Voß [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- müssten auch Lasten übernehmen. Das tun sie NEN]) doch. Es gibt doch seit dem Jahr 2005 Zwischenla- - Sie wollen die volle Redezeit in Anspruch neh- ger, in die dieser Müll eingelagert werden soll. Das men? Sie hatten vorhin einen Dreiminutenbeitrag können Sie nicht einfach verschweigen. angemeldet. Sie möchten jetzt die volle Redezeit Dann gibt es in der Diskussion immer mal wieder haben. Dann kann ich Ihnen schon einmal ankündi- Stimmen, die sagen: Ja, Brunsbüttel. Herr Habeck gen: Sie haben 13 Minuten. - Bitte schön, Sie haben hat im NDR-Fernsehen gesagt: Brunsbüttel ist als das Wort. Standort doch eh versaut, weil da ein Kernkraft- (Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Jetzt kommt der werk ist. - Solche Aussagen, Herr Habeck, als Teil castorpolitische Sprecher der Grünen!) einer Regierung zu treffen, finde ich wirklich unter aller Sau. Bernd Voß [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: (Beifall FDP und vereinzelt CDU) Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen Jetzt habe ich die Resolution bekommen. Vielen und Kollegen! Ich denke, es muss nicht immer wie- Dank. Dort steht ganz klar der Satz drin: derholt werden, und es ist in weiten Bereichen der Bevölkerung ein Selbstverständnis, dass es eine na- „Nach der Planfeststellung kann nur der aus tionale Verpflichtung gibt, eine nationale Aufgabe dem Kernkraftwerk Brunsbüttel stammende ist, den Atommüll, die Reste der Atompolitik, zu radioaktive Müll im Zwischenlager am Kern- entsorgen, soweit man überhaupt diesen Begriff kraftwerk Brunsbüttel eingelagert werden. nennen darf. Die Einlagerung von Atommüll aus anderen kerntechnischen Anlagen ist nicht zulässig. Ich sage zugleich auch: Bei der Region, die hier im- Die Planfeststellung ist bindend und darf mer wieder genannt wird, haben wir es mit einer nicht in einem neuen Verfahren erweitert Region zu tun, die ziemlich belastet ist durch alles, werden.“ was in Schleswig-Holstein problematisch ist: Atomkraftwerke, die Chemieindustrie mit proble- Das ist ganz klar die Meinung der Brunsbütteler matischen Produktionen, sehr viel problematischer Ratsversammlung, um das auch einmal wiederzu- Schiffsverkehr hinsichtlich der Abgase direkt vor geben. der Tür, Sondermüllverbrennung - um nur ein paar Gerade bei einem so hochsensiblen Thema - die Punkte zu nennen. Daher eben diese intensive De- Grünen wissen ja, wie sensibel das Thema ist; das batte. haben Sie gestern auch gesehen - frage ich mich Ich muss zugleich an dieser Stelle feststellen, dass wirklich: Warum ist dann nicht mit der Region ge- ich es sehr problematisch finde, wie in vielen Bei- Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1893

(Bernd Voß) trägen heute immer wieder eine Vorfestlegung auf tig von der Landesregierung, sofort - ich glaube, es diesen Standort Brunsbüttel getroffen wurde. Ich war der 24. März dieses Jahres - zu sagen: Wir be- denke, gerade der Antrag der Koalition macht sehr teiligen uns. Das waren wir als einziges Land. Das deutlich, dass hier geprüft wird, welche Möglich- war gut, und das war richtig, und dazu stehe ich keiten überhaupt bestehen, wo man hingehen kann. auch. Dazu stehen, glaube ich, viele Menschen hier im Land. (Beifall SSW) (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Ich muss auch ein Stück weit zurückweisen, zu Fra- SSW) gen, die aus der Region kommen, immer gleich zu sagen: Sankt Florian. Ich denke, da macht man es Aber ich mache auch zugleich sehr deutlich, frag- sich etwas zu einfach. lich ist, was wir überhaupt in diesem Prozess zu sa- gen haben. Das Bundesamt für Strahlenschutz ge- (Beifall Christopher Vogt [FDP]) nehmigt. Wir haben Unternehmen, die letztlich Ich denke, die Positionen in der Region sind klar mitmachen müssen. Wir haben das Unternehmen und besagen wie in der Vergangenheit auch: Wir Vattenfall. Ich will gar nicht über die verrosteten begleiten diesen Prozess sehr kritisch, und wir las- Atommüllfässer reden, aber ich sage auch: Das ist sen uns nicht alles vor die Tür karren. ein Unternehmen, das die Bundesrepublik vor das Dann muss ich wirklich sehr kritisch anmerken, wie internationale Panel schleppt, um da ein paar Milli- heute hier diskutiert wird. Es wird so diskutiert, als arden Euro einzutreiben, weil sie meinen, beim wenn wir den Atommüll plötzlich mit einem Schiff Atomkonsens Geld rausschlagen zu können. Mit ins Lager kommen lassen, weil das ja am günstig- solchen Unternehmen - ich merke einmal platt und sten ist - um nur ein Bespiel zu nennen. Es wird autoritär an - würde man seine Kinder nicht unbe- dann die Zahl der Castoren genannt. Es wird im dingt spielen lassen. Also Vorsicht an der Bahn- Grunde nicht dargestellt, wie viele jeweils techni- steigkante, wenn es hier um die Verhandlungen sche Probleme an den Orten bestehen. Es wird we- geht. Ich sage auch: Wenn dieses Unternehmen in nig auf die rechtlichen Fragen eingegangen. Was Sachen Rückbau nur einen siebenseitigen Antrag ich damit sagen will: Es sind sehr viele sicherheits- bei der Landesregierung vorlegt und immer von technische und rechtliche Fragen offen, sodass Rückbau schwatzt, dann ist das gerade einmal die ich immer ein bisschen ein Problem damit habe, Länge eines Schulaufsatzes, aber es ist kein verant- wie hier wie mit dem Lego-Baukasten einfach Mo- wortlicher Rückbauantrag. delle aufgebaut werden, wie es denn gehen könnte. (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und (Beifall CDU und FDP) SSW) Ich denke, es gilt auch noch nicht zu diskutieren: Der nächste Punkt, warum ich sage, dass wir uns mehr oder weniger Polizeieinsatz für die Einlage- auch einmal darauf beschränken müssen, was wir rung erforderlich. Ich finde, das ist sehr problema- hier entscheiden: Es wird ein Prozess sein, der über tisch. Ich kenne die Überlastung der Polizei, aber es viele Jahrzehnte läuft, in denen das Endlager ge- geht hier auch um Lager, die eventuell über viele, sucht werden wird. Das müssen wir uns vor Augen viele Jahrzehnte diesen belasteten Kram behalten halten. Da werden viele an der Regierung sein. Ich müssen. kann nur hoffen, dass wir eine starke Zivilgesell- schaft, starke Bürgerinitiativen behalten, die immer Was mich auch an der Debatte stört, sage ich sehr wieder darauf hinweisen. Ich glaube, aus dem Par- deutlich - und das habe ich gestern auch auf dem lament oder aus der Regierung heraus wird diese Parteitag gesagt -: das ist ein bisschen der Pathos, Power nicht kommen können. das ist ein bisschen am Rockzipfel der Geschichte meinen zu hängen; (Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Demonstrieren Sie mit! - Beifall PIRATEN) (Beifall FDP und vereinzelt CDU) Ich erwähne als Letztes das Endlagersuchgesetz. das ist ein Stück weit, hier den Atem der Geschich- Ich finde es gut, dass wir den Weg zum Endlager- te machen zu wollen. Ich kritisiere dies auch sehr suchgesetz jetzt in einem Konsens gefunden haben. deutlich. Warum? - Was haben wir hier zu entschei- Aber ich mache zugleich darauf aufmerksam, dass den? Wir haben einmal zu entscheiden, dass wir Ja dieses Endlagersuchgesetz viele Probleme hat. Es sagen zur nationalen Verantwortung, und dass wir ist eine gewisse Vorfestlegung Richtung Gorleben. auch Ja dazu sagen, dass Schleswig-Holstein seinen Wir müssen es einfach sehr kritisch sehen. Es darf Anteil erbringt. Ich denke, es war klug, es war rich- nicht sein, dass es bei diesem Endlagersuchgesetz, 1894 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Bernd Voß) das wir auf den Weg bringen wollen, nur darum Hier wird das eine, glaube ich, mit dem anderen ein geht, wie ich heute auch in den Reden hören konn- Stück weit durch Herrn Kollegen Stegner ver- te, zu befrieden, sondern es muss darum gehen, mischt. Wir werden hier als regionale Abgeordnete wirklich Lösungen zu finden und nicht nur ein Ge- vor die Wand gestellt nach dem Motto: Wir heben setz zu machen, bei dem man sagt: Wir haben uns die Hand und vertreten nicht die Interessen der Re- wieder einmal auf den Weg der Befriedung ge- gion. Mir hat er unterstellt, ich wollte ein neues macht. Kernkraftwerk bauen. Das war der Kollege Arp am Parteitag der Kreis-CDU Steinburg. (Beifall FDP und PIRATEN) (Heiterkeit SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ich will an dieser Stelle nicht im Einzelnen auf den NEN und PIRATEN) Antrag eingehen. Der Antrag ist nicht nur in den letzten Tagen, er ist auch in den letzten Wochen im Sie holen hier Dinge aus der Mottenkiste, die die Vorfeld immer wieder verschärft worden. Er hat die Diskussion heute gar nicht betreffen. Vorfestlegung auf Brunsbüttel, die immer wieder in den Medien und hier in den Reden erfolgt, zurück- Vizepräsident Bernd Heinemann: gewiesen. Er hat zugleich die Frage der Lastenver- teilung sehr deutlich gemacht, soweit es sie geben Herr Kollege, gestatten Sie eine Anmerkung von kann. Er hat sehr deutlich gemacht, dass hier nicht Herrn Dr. Stegner? plötzlich Fehler passieren dürfen, dass so ein Stand- ortzwischenlager, das, wie vorhin sehr richtig ge- Jens-Christian Magnussen [CDU]: sagt wurde, nur den Müll des Standorts aufnehmen Ich lasse jetzt keine Frage zu. Denn er sagt wieder darf, plötzlich zum allgemeinen Atommülllager das, was er bei jeder Veranstaltung von sich gibt, wird in den Händen der Atomkraftwerke betreiben- wie auch gestern Abend, oder bei der Diskussion, den Unternehmen, um ein neues Geschäftsfeld zu die wir zur Windenergie in Husum hatten. eröffnen. Wir haben zugleich - das ist heute auch sehr deutlich geworden - auch die Frage der Geneh- (Dr. Ralf Stegner [SPD]: Was ist das für eine migung drin, damit das nicht so eine kleine Ände- Debattenkultur?) rungsgenehmigung wird, sondern wirklich ein Ich werde immer als derjenige bezeichnet, der sich atomrechtliches Verfahren mit intensivster Beteili- vor die Kernenergie stellt. Ich habe generell kein gung der Bevölkerung, und deutlich wird, dass hier Problem mit Herrn Kollegen Stegner, aber ich habe erheblich nachgebessert werden muss. Ihnen Folgendes mehrfach gesagt - ich bitte, das Ich werde dem Antrag so, wie er jetzt vorliegt, zu- endlich zur Kenntnis zu nehmen -: Ich habe er- stimmen. Ich sage zugleich aber auch an dieser kannt, dass wir mit der Energiewende einen gesell- Stelle: Die Regierungserklärung des Ministerpräsi- schaftlichen Prozess durchlaufen. Ich bin der Letz- denten wirft für mich sehr viele kritische Fragen te, der sich dieser Energiewende verweigert. Ich bin auf. Ich glaube, diese werden wir noch intensiv dis- an Lösungen orientiert. Ich bin dabei, glaube ich, kutieren müssen. einer der Ersten in diesem Plenum. (Beifall FDP, CDU und PIRATEN) (Zurufe SPD) Machen wir uns ohne Pathos auf den Weg, aber mit Ich habe immer gesagt, dass die Energiewende bis dem Bewusstsein, welche Verantwortung wir hier 2020 nicht geschafft werden kann, weil die Entsor- haben. gung des Mülls aus den Kernkraftwerken zur Ener- giewende gehört. Das war immer meine Richtung. - (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, Wenn Sie das mittlerweile aufnehmen, vielen Dank PIRATEN und SSW) dafür!

Vizepräsident Bernd Heinemann: (Beifall CDU und vereinzelt FDP - Zurufe SPD) Zu einem Dreiminutenbeitrag hat der Herr Abge- ordnete Jens Magnussen das Wort. Warum führen wir heute diese Debatte hier? Ich sa- ge es Ihnen ganz offen und ehrlich - der Kollege hat es eben angesprochen -: Die Zeitschiene bringt Jens-Christian Magnussen [CDU]: Druck auf den Kessel; Sie haben sie angelegt. Der Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kolle- Minister hat sie angelegt, indem er vor Ort ein Feu- gen! Der Kollege Kumbartzky hat es angesprochen: er entfacht hat, um mittlerweile den anderen den Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1895

(Jens-Christian Magnussen)

Schlauch in die Hand zu drücken, damit sie das schuss einmal hin -, wie so etwas atomrechtlich ei- Feuer löschen. Das kann so nicht sein. gentlich läuft, ob man ein solches Verfahren vor ei- nem Oberverwaltungsgericht einfach auf Null zu- Verantwortung, Herr Ministerpräsident, sieht an- rücksetzen und einfach einen völlig neuen Antrag ders aus. Verantwortung übernehmen der Kreistag, stellen kann. Mir stellt sich dabei intensiv die Fra- die Region und die Ratsversammlung. Herzlich ge, die der Kollege Kubicki zur Umsetzung in ein- willkommen, lieber Stefan! Ich weiß nicht, wo du einhalb Jahren dazu aufgeworfen hat. bist. Vielleicht bist du nicht mehr da. Vielleicht hörst du auch nicht mehr, was wir hier erzählen. - Sie sagen auch nicht, dass Vattenfall einen Antrag Das ist Verantwortung für die Region. Sich mit zu einer Reduzierung der Einlagerung von 80 auf dem Thema konstruktiv auseinanderzusetzen, ge- 34 Castoren inklusive eines Antrags zur Härtung hört zur Verantwortung. der Außenhaut gestellt hat, um gegen Flugzeugab- stürze gewappnet zu sein. Denn genau dieser Kla- Bei Ihrem Vorgehen vermisse ich ein Stück weit gegegenstand steht im Moment im Raum. die Gesprächs- und Informationspolitik in die Region hinein. Sie blenden die Eigentumsvorbehal- All diese Dinge haben Sie vor zwei Jahren als te und die Eigentumsrechte völlig aus. Ein Betrei- selbstverständlich in den Raum gestellt; heute sa- ber befindet sich vor Ort, der einen Antrag stellen gen Sie: Hurra Brunsbüttel, ihr könnt kommen! muss. Der Hafenbetrieb ist in privater Hand. Er ist (Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE nicht mehr in Ihrem Eigentum, Herr Ministerpräsi- GRÜNEN]: Wer hat das denn gesagt? - Zu- dent, vielmehr gehört er der Brunsbüttel Ports ruf FDP: Das war leicht überzeichnet! - Wei- GmbH. Sie muss einen Antrag stellen, um diese tere Zurufe) Güter überhaupt über ihren Hafen transportieren zu dürfen. All diese Dinge sind völlig ausgeblendet, und ich finde sie auch in Ihrem Antrag nicht wie- Vizepräsident Bernd Heinemann: der, sondern das finde ich in unserem Antrag wie- Herr Kollege, Sie haben das Wort. der. (Vereinzelter Beifall CDU und Beifall Oliver Jens-Christian Magnussen [CDU]: Kumbartzky [FDP]) Herr Präsident, ich habe ein wenig Ironie in die Wenn Sie im Vorfeld dieser Sache wirklich Nach- Aussagen gebracht, weil der Kollege Stegner das druck hätten verleihen wollen, hätten Sie anders bei dem Kollegen Kumbartzky vorhin auch ge- handeln müssen. Wir alle haben bei den Themen macht hat. „Energiewende“ und „Entsorgungsproblematik“ Unser Antrag unterscheidet sich im Folgenden ein geschlafen; ich nehme uns von der CDU dabei ins- Stück weit - wenn ich das richtig gelesen habe, an- besondere nicht aus. Sie alle wissen, dass ich je- sonsten belehren Sie mich bitte eines Besseren -: Er mand bin, der durchaus selbstkritisch ist. Wir alle fordert ganz deutlich als letzte Stufe eine Beratung haben das Thema „Entsorgung“ stark vernachläs- im Landtag, bevor die Landesregierung den Weg sigt oder uns gar nicht darum gekümmert. für diese Geschichten freigibt. Dass die Landesre- Wir sind jetzt an dem Punkt, an dem wir uns dieser gierung ein Mandat braucht, steht völlig außer Fra- Aufgabe stellen müssen. Das geht nur, indem wir ge. Aber die letzte Beschlussfassung sollte in die- die Betreiber und die Bevölkerung vor Ort mit- sem Landtag getroffen werden. nehmen - nicht, indem wir im Eilverfahren einen (Beifall CDU und FDP) Antrag durchpeitschen, der viele politische Aufla- gen beinhaltet, die Sie mit hineingebracht haben - Ich bin ein Stück weit erstaunt über die Aussagen Stichwort: Schwarz-Gelb habe sich verweigert und des Kollegen Bernd Voß von eben, der sich darüber so weiter. Das ist kein Umgang mit dieser hochbri- ausgelassen hat, dass wir in einer Problemregion santen Aufgabe, die wir vor uns haben. mit Industrie- und Kernkraftwerken lebten. Ich er- innere in diesem Zusammenhang an die Arbeits- Sie blenden darüber hinaus völlig das Klagever- plätze, die in dieser Region von der Industrie ab- fahren gegen das Zwischenlager in Brunsbüttel hängen; das wird nämlich völlig ausgeblendet. Die aus. Wir befinden uns dabei in einem schwebenden ganze Region lebt von der Industrie, werter Kolle- Verfahren. Sie fordern jetzt vom Betreiber in die- ge. Das können Sie nicht so einfach zu den Akten sem schwebenden Verfahren eine Änderung des legen. Verfahrens. Ich würde gern Herrn Cloosters dazu befragen - vielleicht bekommen wir das im Aus- 1896 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Jens-Christian Magnussen)

Der Ministerpräsident hat vorhin auch ausgeführt, zur Übernahme seiner Kosten, zu den Kosten der wie schlimm die Kernenergie ist. Mit dieser persön- Atomindustrie, verpflichten. Ich glaube schon, dass lichen Überzeugung mögen Sie recht haben, aber das geht. Wir haben darüber nachgedacht. Land, Kreise und Kommunen haben in diesen Zei- (Zuruf FDP: Das ist das Problem!) ten nicht schlecht von dieser Industrie profitiert. Das jetzt völlig auszublenden und sich zu fragen, Wir denken auch an Lösungsansätze, die der Reali- welches unheilsames Unglück über uns gekommen tätsüberprüfung in einem Gesetzgebungsverfahren sei, finde ich ein Stück weit abenteuerlich. standhalten müssten. Ich finde Folgendes aber viel schlimmer - das geht Sie haben mich zitiert und gesagt, dass ich die Zu- an die Adresse des Kollegen Stegner, denn ich verlässigkeit dieses Betreibers bezweifle. Das ha- empfinde das als problematisch -: Das Problem bei be ich getan - auch in großer Deutlichkeit. Denn ich der Problemlösung sind Sie, verehrter Herr Kolle- hege ein großes Misstrauen gegenüber der Atomin- ge, weil Sie mit Ihrer unerträglichen Arroganz hier dustrie. referieren und Oppositionspolitiker derart in die Sie werden das bei meiner Biografie nachvollzie- Schranken weisen, wie Sie es heute hier getan ha- hen können, denn ich bin seit 37 Jahren aktiver ben. - Vielen Dank. Atomkraftgegner. (Beifall CDU und FDP) (Christopher Vogt [FDP]: Wie alt sind Sie ei- gentlich?) Vizepräsident Bernd Heinemann: Vorher wurde ich von meinem Bruder an die Hand Für einen Dreiminutenbeitrag hat das Wort der Herr genommen und am Deich von unserem Dithmar- Abgeordnete Detlef Matthiessen. scher Bauernhof nach Brokdorf und auch Richtung Brunsbüttel geführt. Das ist lange her. Darum geht Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- es aber nicht. NEN]: (Christopher Vogt [FDP]: Was war denn vor- Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen her?) und Kollegen! Herr Magnussen, es ist nicht so - das Herr Kubicki, ich darf daran erinnern: Ich war nicht werden Sie in unserem Antrag nicht finden -, dass der einzige Abgeordnete, der hinsichtlich der Zu- wir eine Vorfestlegung auf den Standort Brunsbüt- verlässigkeit dieses Betreibers Zweifel hegte. Ich tel treffen, sondern wir reden immer von Zwischen- darf an den damaligen Ministerpräsident Carstensen lagern in Schleswig-Holstein. erinnern, der voller Empörung war nach dem Geba- Ich möchte nun auf die Debatte eingehen - ähnlich ren des Betreibers nach dem Abbrand des Maschi- wie Herr Voß das sagte -, dass wir nicht immer die nentransformators. Das ganze Haus war empört. Dinge betonen sollten, die Schwierigkeiten machen. Zwischenzeitlich hat es im rechtlichen Sinne eine Herr Kubicki sagt an erster Stelle, die rechtlichen Überprüfung gegeben, ob diese Zuverlässigkeit des Voraussetzungen seien nicht gegeben. Wir hätten Betreibers im atomrechtlichen Sinne wirklich hin- einen Betreiber, der das vielleicht nicht freiwillig reichend zu bezweifeln und erfolgreich zu beklagen mache. Der Steuerzahler würde es bis zum Ende wäre - mit negativem Ergebnis. Dem habe ich mich bezahlen. Auch die Rückbaugeschwindigkeit des zu fügen. AKW würde durch die Versperrung des Zwischen- Sie haben viel an Widersprüchen und Schwierigkei- lagers gefährdet werden und so weiter. ten betont. Ich bin noch einmal hergekommen, um Herr Kubicki, glauben Sie mir: Ich könnte diesen zu sagen, was ich für den Hauptcharakter halte: Ich Problemen noch einige weitere anfügen. teile, was Herr Voß zum Pathos gesagt hat, voll und (Wolfgang Kubicki [FDP]: Das glaube ich ganz. Wir sollten alle ein bisschen auf dem Teppich Ihnen tatsächlich! - Heiterkeit Christopher bleiben. Vogt [FDP]) (Christopher Vogt [FDP]: Was hätten Sie uns - Da würden wir einen ganzen Abend zusammensit- erzählt, wenn wir da stehen würden?) zen und feststellen können, dass es einen ganzen Der Hauptcharakter dessen, was heute durch un- Haufen von Schwierigkeiten gibt. ser Abstimmungsverhalten zu entscheiden ist, ist, Dann sagten Sie noch, ich würde denjenigen, den dass wir eine Öffnung in einer Frage haben, die hi- ich jetzt beauftragen will, über eine AtG-Novelle storisch sehr verknotet ist. Ich habe, um das zu be- Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1897

(Detlef Matthiessen) legen, den Koalitionsvertrag zwischen CDU und Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- SPD von 2005 hervorgeholt. Das ist eine ganze NEN]: Weile her. Ich darf daraus zitieren: Ich interpretiere, dass das auf meine Redezeit ge- „CDU, CSU und SPD bekennen sich zur na- münzt war, Herr Präsident, und gestatte gern eine tionalen Verantwortung für die sichere End- Zwischenfrage von Herrn Kubicki. lagerung radioaktiver Abfälle und gehen die Wolfgang Kubicki [FDP]: Lieber Herr Kol- Lösung dieser Frage zügig und ergebnisori- lege Matthiessen, lieber Detlef, wir sind uns, entiert an. Wir beabsichtigen, in dieser Legis- glaube ich, alle im Haus einig, dass seit Mitte laturperiode zu einer Lösung zu kommen.“ der 70er-Jahre die Endlagerfrage zwar im- - 2005! mer wieder thematisiert, aber wirklich Lö- sungsfortschritte von niemandem ernsthaft in (Wolfgang Kubicki [FDP]: Wie hieß der Angriff genommen worden sind. Umweltminister noch?) - Eben. - Wie hieß er? Meine Frage lautet jetzt: Glauben Sie wirk- (Wolfgang Kubicki [FDP]: Sigmar Gabriel!) lich, dass mit dem Endlagersuchgesetz diese - Ach so, Gabriel, ja, gut, aber die CDU war auch Frage tatsächlich einer Lösung zugeführt beteiligt. worden ist, oder - ich frage noch einmal - ist (Beifall Wolfgang Kubicki [FDP]) das momentan nicht nichts anderes als die Vertagung dieser Frage auf Politikergenera- Ich darf aber auch noch einmal aus dem jetzt gel- tionen, die dafür keine Verantwortung mehr tenden schwarz-gelben Koalitionsvertrag zitieren, übernehmen müssen? um noch einmal den Hauptcharakter dessen, von dem ich meine, dass es hier diskutiert wird, heraus- - Ich habe gestern auf dem Parteitag auch zu dieser zustreichen. In dem jetzt schwarz-gelb genannten Frage Stellung genommen und gesagt: Wenn wir Koalitionsvertrag der Bundeskoalition steht: sagen, wir sind Teil der Lösung, dann ist es viel- leicht etwas hoch gegriffen, weil wir möglicherwei- „Mit Blick auf Endlagerstandorte setzen wir se zu einer Regelung dieser Frage kommen, die uns für einen gerechten Ausgleich für die be- man nicht seriös als Lösung bezeichnen kann, weil troffenen Regionen ein, die eine im nationa- das Problem so groß ist. Die Giftmengen sind so len Interesse bedeutsame Entsorgungsein- groß, die Strahlungsdauer ist so lang, dass sie prak- richtung übernehmen.“ tisch das historische Vorstellungsvermögen der Ich glaube, die Auflösung dieses Jahrzehnte ver- heutigen Generation überschreiten. Es gibt in Ame- knoteten, verhärteten, verkrusteten Prozesses der rika Versuche zu beantworten, wie ein Warnschild Endlagerfrage - wie gehen wir am Ende des heute aussehen soll, das noch in 20.000 Jahren ge- Atomzeitalters mit dem Atommüll um - ist durch lesen werden kann und durch das verstanden wer- die Idee einer Lastenverteilung zwischen den be- den kann, dass hier ein No-Go-Area ist. - Diese troffenen Ländern in Bewegung geraten. Das ist der Endlagersuche wird wahrscheinlich zu einem nicht Hauptcharakter, Herr Kubicki. Ich glaube, diese allseits befriedigenden Ergebnis führen. Aber ich Chance sollten wir ergreifen, hier diesen Weg ge- glaube, wir stehen doch tatsächlich vor der Aufga- meinsam zu gehen und diesen Aufbruch gemein- be, diesen Weg zu gehen. sam zu unterstreichen. Daher finde ich es gut, wenn wir als gesamter Landtag zustimmen. Darum hat Herr Lars Harms Vizepräsident Bernd Heinemann: Herrn Altmaier in seinem Wunsch, den er an den Landtag heranträgt, zitiert, ich habe noch einmal Herr Abgeordneter Matthiessen, in Anbetracht des aus der Koalitionsvereinbarung auf Bundesebene Ablaufs Ihrer Restlaufzeit - - zwischen Ihren Parteien zitiert. Ich glaube, es wäre (Heiterkeit) - ohne Pathos - angemessen, vielleicht sollten auch - Entschuldigung, ich meinte die Redezeit. Gestat- die PIRATEN noch einmal in sich gehen, ob ein ten Sie eine Frage des Herrn Abgeordneten Ku- Volksbegehren die Voraussetzung ist, dem zustim- bicki? men zu können; das wäre allein zeitlich schon et- was schwierig. Ich würde mich freuen, wenn sich das ganze Haus zu einer Zustimmung durchringen 1898 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Detlef Matthiessen) könnte - über alle Fraktionsgrenzen hinweg. Ich Fraktionen Gelegenheit haben, sich dazu zu beken- danke für Ihre Aufmerksamkeit. nen. Ich will das fürs Protokoll wiederholen: Der Kollege Kubicki hatte uns gefragt, ob wir das ernst (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und meinen, dass der Landtag die Bedingungen so for- SSW) muliert, dass wir nur dann Mitverantwortung für die Zwischenlagerung von Castoren übernehmen, Vizepräsident Bernd Heinemann: wenn die Bedingungen erfüllt würden. Ich habe das Für einen weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich bejaht, und dann hat er gesagt: Dann können wir Herrn Abgeordneten Dr. Ralf Stegner das Wort. zustimmen. - Ich erwarte jetzt, dass Ihren Ankündi- gungen Taten folgen, Herr Kollege Kubicki, und Dr. Ralf Stegner [SPD]: freue mich extrem auf die Fortsetzung der Land- tagssitzung um 15 Uhr. - Vielen herzlichen Dank. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde gern als regionaler Abgeordneter aus (Beifall SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE Bordesholm ganz bescheiden die Anmerkung ma- GRÜNEN und SSW) chen wollen, dass ich es ein bisschen schwierig fin- de, dass, wenn man etwas hier zum Ausdruck Präsident Klaus Schlie: bringt, das Gegenteil vorgehalten bekommt, und Für einen weiteren Dreiminutenbeitrag hat Herr zwar ausgerechnet von denjenigen, die geradezu Abgeordneter Dr. Heiner Garg das Wort. mit detektivistischem Ehrgeiz in Ministerien nach- suchen, ob ich mich womöglich für Schulen in mei- (Zuruf CDU: Heiner Rickers!) nem Wahlkreis eingesetzt haben könnte. - Heiner Rickers? (Beifall Martin Habersaat [SPD]) (Beifall PIRATEN) Das finde ich ein wenig kurios, weil ich vorhin aus- Entschuldigung, dass ich hier auf meinem Skript drücklich zum Ausdruck gebracht habe - das will nur Heiner stehen hatte. Das war zu wenig. ich hier noch einmal tun -, dass ich selbstverständ- lich akzeptiere, wenn man sich für seine auch re- (Heiterkeit) gionalen Belange einsetzt, auch wenn gelegentlich dann in der Emotion, Herr Kollege Voß, nicht jedes Heiner Rickers [CDU]: Wort dem entspricht, was hier vorgetragen worden Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ist. Ich akzeptiere das ausdrücklich. Was ich aller- nett, dass ich reden darf, und ich freue mich auch, dings schon gesagt habe - darauf bestehe ich -, ist: dass wir uns duzen. Deswegen kann das natürlich Wir als Landtag müssen uns insgesamt, wenn wir zu Verwechslungen führen. entscheiden, nicht ausschließlich von regionalpoliti- schen Erwägungen leiten lassen. Das habe ich in (Beifall PIRATEN) der Tat eingefordert. Ich finde das in Ordnung. Nichtsdestotrotz hat sich bei mir heute das Weltbild Herr Kollege, wenn ich den Fehler gemacht habe, der politischen Kulturen ein bisschen auf den Kopf hier Argumente vorzutragen, dann entschuldige ich gestellt. Herr Voß, auch ich bin in den 80er-Jahren mich dafür. Das habe ich in der Tat getan. Sie ha- in Brokdorf gewesen. Ich habe dort familiäre Wur- ben kritisiert, die Opposition würde niedergemacht zeln. Ich wohne im Kreis Steinburg so hoch - da mit arroganten Vorträgen. Ich habe mir erlaubt, Ar- komme ich zu Ihnen, Herr Dr. Stegner -, dass ich gumente vorzutragen, die für unseren Antrag spre- natürlich nicht nur als Politiker eine regionale Ver- chen. Wenn Sie das belastet hat, dann - das will ich bundenheit in diese Region, in die Wilstermarsch in aller Demut sagen - tut mir das leid. und nach Dithmarschen habe, sondern natürlich auch, weil ich so hoch wohne, dadurch, dass ich da Ich würde mir allerdings wünschen, dass sich die hingucken kann. Union den gleichen Denkprozessen aussetzt, von denen ich erfreulicherweise wahrgenommen habe, Herr Voß ist nun - in Sichtweite dieses AKW woh- dass FDP- und Piratenfraktion das tun werden. Wir nend - einer der Begründer der grünen Partei im haben vorhin auf die Zwischenfrage des Kollegen Kreis Steinburg. Seine ganze Familie, sein ganzes Kubicki, die er vielleicht nur rhetorisch gemeint, Umfeld, alles gehört dazu. Nun kommen die Wil- aber richtig beantwortet bekommen hat, zuge- steraner und sagen auf Platt: Mensch, du musst stimmt, dass wir die Abstimmung zu diesem Thema doch dorför sorgen, dat dat nix warrt dor mit de gern erst um 15 Uhr vornehmen wollen, sodass die Atommüll vun irgendwoher, dat ist doch nich unsen Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1899

(Heiner Rickers)

Schrott. Nu seh mal to, Voß, du hest toseggt, dat du Herr Voß, ich schlage vor - ähnlich wie ich es Ünnerstütt bringst un wi dat woll henkriegen warrn. handhabe - nicht zuzustimmen, den Antrag abzu- lehnen und andere Standorte zu suchen. Genau mit diesem Ansatz werde ich hier heute re- den, und deswegen stellt sich mein Weltbild der Eines zum Schluss: Man beklagt als Umweltver- Grünen etwas auf den Kopf. band die Elbvertiefung; die Grünen heißen die Ver- bandsklagen richtig und gut, wir nicht. Wenn es um Herr Dr. Habeck, als Minister haben Sie bei uns im entscheidende Fragen in der Wilstermarsch und un- Umwelt- und Agrarausschuss vorgetragen. Da wun- serer Region geht, kneifen Sie. Das kann ich so dere ich mich natürlich, dass aus unserer Sicht ohne nicht gutheißen. - Ich nehme auch gern eine Frage jede Not - natürlich muss bei einem nationalen an. Konsens darüber geredet werden, wo dieser Atom- müll nicht nur zwischen-, sondern auch endgelagert (Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]) werden muss, das ist klar -, ohne wirkliche Not nun Brunsbüttel ins Spiel gebracht wird. Vizepräsident Bernd Heinemann: (Beifall CDU, FDP und PIRATEN) Herr Abgeordneter Rickers, Sie erlauben eine Fra- Vor zwei Jahren - das kennen wir alles - wurde die ge, gut. Dann haben Sie das Wort, Frau Abgeordne- Sicherheit noch angezweifelt. Der Seeweg ist natür- te Erdmann. lich auch für abgebrannte und wieder aufbereitete Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Kernbrennstäbe aus England nicht unbedingt der si- NEN]: Sehr geehrter Herr Kollege, ich cherste. Es gibt fachliche Aussagen, dass sich nicht möchte mich erkundigen, wie Ihr Wortbei- der Seeweg, sondern der Weg auf Schiene oder trag jetzt - Sie haben auch zwei Jahre zurück- Straße wesentlich sicherer gestalten lässt. geschaut - mit Ihrer Position vor zweieinhalb Es ist immer wieder Brunsbüttel im Gespräch. Jahren in Verbindung zu bringen ist. Wir ha- Warum nicht auch Stade? Bei Stade hätten Sie na- ben heute noch nicht über die Atomlaufzeit- türlich das Riesenproblem, dass Sie mit dem grünen verlängerung gesprochen. Ich habe mich ein- Ministerium in Niedersachsen in Zukunft nicht mal schlau gemacht: Wir reden heute über 20 mehr schön Freund sein könnten, sondern gleich- bis 30 Castoren, damals ging es aufgrund der zeitig wieder die altbekannten Zwischen- und End- Entscheidung der Bundesregierung um 700 lager ins Spiel kommen. zusätzliche Castoren. Die FDP nehme ich hier einmal aus, weil sich die FDP-Bundes- (Zuruf Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE tagsabgeordneten bei dieser Frage zum Teil GRÜNEN]) dagegen ausgesprochen haben. Ihre Partei - Stellen Sie eine Frage! Die werde ich gern beant- war aber dabei. Welche Konsequenz haben worten. - Herr Voß, nach wie vor ist das das Pro- Sie damals daraus gezogen, und wie passt Ihr blem. Ich kann das aus Ihrer Sicht verstehen. Wenn Redebeitrag heute zu der Entscheidung vor ich anders argumentiert hätte, wäre es für einen zweieinhalb Jahren? CDU-Politiker in Ordnung gewesen - oder wenn (Zuruf Minister Dr. Robert Habeck) Herr Magnussen sagt, die Wirtschaft vor Ort sei wichtig. Aber Sie sagen: Wir gucken auf den Müll- Heiner Rickers [CDU]: berg - das kennen wir alle in Eddelak - wir haben SAVA vor der Tür, wir haben Brokdorf, wir haben Lassen Sie mich bitte ausreden. - Sie können sich Krümmel, wir haben Stade, und wir haben natürlich natürlich alle an den 11. März 2011 erinnern: Fu- auch Brunsbüttel in Sichtweite. kushima. Das war ein Donnerstag, wenn ich das richtig erinnere. Am Dienstag darauf oder vielleicht (Zurufe) auch schon am Wochenende haben sich alle Frak- Und wir haben die meist befahrene Schifffahrts- tionen getroffen. Wir machen das turnusgemäß. Ich straße künstlicher Art und auch die andere mit all kann mich noch gut an die Gesichter erinnern, ähn- ihren Gefahrenpotenzialen vor der Tür. Dann lich wie meins, die vorher anders argumentiert ha- kommt Herr Voß daher und sagt: natürlich im na- ben, entweder aus Parteisicht oder aus persönlicher tionalen Konsens, ich bin als Grünenpolitiker ange- Erkenntnis. Laufzeitverlängerung, wir wissen, die treten gegen Atomkraft und kann dem nur zustim- Energiewende ist nicht zu schaffen, und, und, und. men, wenn das und das und das erfüllt wird. Das haben wir rauf und runter diskutiert. (Unruhe) 1900 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Heiner Rickers)

Wenn Sie mich nach meiner persönlichen Meinung die dazukommen, gesprochen und versucht habe, fragen, können Sie die gern hören. Ich bin nicht im- Ihnen klarzumachen, warum das so ist. mer ein Verfechter - das habe ich anfangs erwähnt - (Dr. Ralf Stegner [SPD]: Gegen die frühere von Kernenergie gewesen, egal ob im Kreis Stein- Belastung waren Sie jedenfalls nicht, entneh- burg, bundes- oder weltweit. Dazu stehe ich nach me ich dem!) wie vor. Insofern könnte ich hier einmal die politi- sche Meinung vortragen. Mit dem 11. März 2011 - Wenn Sie eine Frage stellen wollen - - Ich kann hat sich in der Sichtweise natürlich einiges geän- das auch gleich beantworten. Natürlich war ich per- dert. sönlich gegen die frühere Belastung - das habe ich dargestellt - und habe eine andere Meinung gehabt (Unruhe) als die Parteilinie, die sich mit dem Ereignis Fukus- Die Ergebnisse dieser Sichtweisenänderung kennen hima relativ schnell geändert hat. Sie. Damit einher geht natürlich das, was wir heute Haben Sie keine Fragen mehr? - Schade. Ich danke an Diskussionen zum End- und Zwischenlager ha- für die Aufmerksamkeit. ben. (Vereinzelter Beifall CDU - Zurufe) Vizepräsident Bernd Heinemann: Vizepräsident Bernd Heinemann: Stimmen Sie einer weiteren Frage der Abgeordne- ten Erdmann zu? Eine weitere Anmerkung: Das Wort, das von der Frau Abgeordneten Erdmann eben gewählt worden Heiner Rickers [CDU]: ist, ist nicht parlamentarisch, aber es war gegen kei- ne Person gerichtet und bleibt daher konsequenzen- Gern. los. Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Jetzt haben wir einen weiteren Dreiminutenbeitrag NEN]: Das ist eher eine Bemerkung. - Ich vom Abgeordneten Wolfgang Kubicki. möchte darauf hinweisen, dass auch vor zweieinhalb Jahren die Frage um die Ato- Wolfgang Kubicki [FDP]: mendlagersuche komplett offen war und al- lein für die drei Standorte in Schleswig-Hol- Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! stein - es geht ja auch immer um die Frage, Ich möchte mich bei den Abgeordneten Voß und was unser Mist ist und was andere verursacht Matthiessen ausdrücklich bedanken, weil mir klar haben - eine Laufzeitverlängerung von 36 geworden ist, dass differenzierte Betrachtungswei- Jahren geplant war im Vergleich zu dem, was sen nicht dadurch aufgelöst werden, dass man mit Rot-Grün 2001 beschlossen haben. Das muss hohem Pathos versucht, rationalen Argumenten man in den Kontext einordnen, wenn man auszuweichen. Insofern geben uns die beiden Bei- jetzt sagt: Wir wollen den Scheiß nicht ha- träge Anlass, noch einmal nachzudenken. ben. Ich möchte, weil mich das wirklich stört, auf den - Darauf möchte ich Ihnen gern antworten, wenn Kollegen Stegner eingehen. Herr Dr. Stegner, wenn Sie zuhören mögen. Ich fand die Aussage Ihres grü- Sie davon reden, dass Sie Verständnis dafür hätten, nen Umweltministers nicht so schlecht: gesamtheit- dass man, wenn man aus der Region komme, eine lich Verantwortung übernehmen. Herr Habeck, es bestimmte Position einnehme, dann denunzieren ist natürlich eine ganz andere Ausgangssituation - Sie den Abgeordneten dadurch, dass Sie sagen, er da gebe ich Ihnen persönlich recht -, ob man ab- nehme die Position nicht ein, weil er davon über- schaltet und für die Zukunft etwas regeln will, oder zeugt sei, sondern weil seine Region betroffen sein ob man davon ausgeht, dass man ausbaut und für könnte. Die gleiche Position, die der Kollege Kum- die Zukunft nichts geregelt hat. Insofern war der bartzky formuliert, habe auch ich formuliert, und Grundansatz ja gut. ich komme nicht aus Brunsbüttel. Das ist eine Un- terstellung, wenn Sie sagen, Sie hätten Verständnis Meine Rede hier geht gegen Brunsbüttel und nicht dafür, wenn der nicht da wohnen würde, hätte er ei- gegen eine offene Suche vielleicht auch in Nieder- ne andere Haltung. Ich halte diese Herangehenswei- sachsen oder sonst wo, weil ich als regional Betrof- se schlicht und ergreifend für inakzeptabel. fener - Herr Voß, da sehe ich Sie noch nicht ganz an unserer Seite - natürlich für die Region, die (Beifall FDP, CDU und PIRATEN) schon besonders belastet ist, mit all den Risiken, Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1901

(Wolfgang Kubicki)

Sie machen es einem durch Ihre regelmäßigen Bei- lassung der Einlagerung von Castoren aus Sella- träge wirklich schwer, mit Ihnen gemeinsam einen field in Schleswig-Holstein, in Brunsbüttel gibt. Konsens zu finden, auf den wir uns eigentlich zube- Oder witzigerweise anderswo: Wollen Sie ernsthaft wegen müssten. nach Geesthacht, nach Krümmel? Es ist doch nicht Ihr Ernst, Herr Dr. Habeck, dass Sie so etwas offen- (Beifall FDP und CDU) lassen. Es kann doch nur um Brunsbüttel gehen. Nicht dass ich nicht mittlerweile damit umgehen Stimmt das Land dem zu, ja oder nein? Ich sage Ih- kann, dass Sie ohnehin glauben, Sie seien der bes- nen - das werden wir gleich noch einmal erörtern sere Mensch, und alle, die andere Auffassungen als und diskutieren -: Wir glauben nicht, dass die Be- Sie haben, seien schlechte Menschen. dingungen zu erfüllen sind. (Serpil Midyatli [SPD]: Reden Sie gerade Deshalb werden wir Sie bei der Abstimmung mit über sich?) dem weiteren Satz beglücken: Wir gehen davon - Ja, ich rede auch über mich, gnädige Frau. Wir aus, dass die Zusage steht, dass eine Zustimmung können aufhören, miteinander zu reden, wenn wir des Landes Schleswig-Holstein im Bundesrat und nicht mehr Argumente austauschen, sondern nur darüber hinaus zu einer Einlagerung von Castoren noch moralische Positionen. in Brunsbüttel nicht stattfinden wird, wenn die Be- dingungen nicht erfüllt sind, einige bis zum 5. Juli (Beifall FDP und vereinzelt CDU) und einige andere spätestens bis Beginn nächsten Auch ich kann sagen: Ich fühle mich besser als Jahres. Denn dann müssen Sie das ja ins Werk set- Herr Stegner. Das hilft uns aber nicht weiter. Ent- zen, sonst schaffen Sie das bis 2015 nicht. An diese weder wir tauschen rationale Argumente aus, oder Zusage wollen wir die Regierung binden. Das erör- wir lassen es. Die Menschen wollen von uns wis- tern wir gleich, und dann werden wir anschließend sen, wie wir zu bestimmten Positionen kommen. abstimmen. Sie wollen nicht damit beglückt werden, dass wir Sonntagsreden halten oder ihnen erklären, dass sie - Vizepräsident Bernd Heinemann: wie das vorhin schon formuliert worden ist - nun Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Anmerkung für die Geschichte Verantwortung tragen, für die oder Frage des Abgeordneten Matthiessen? Schöpfung, für was auch immer. Sie wollen ratio- nale Argumente haben, und davon gibt es ja eini- Wolfgang Kubicki [FDP]: ge. Es gibt natürlich auch ein rationales Argument, das sagt: Wenn wir feststellen, dass andere Gegen- Ja, gern, von dem Kollegen Matthiessen immer den so belastet sind, dass eine weitere Belastung gern. nicht zumutbar wäre, muss man gucken, ob man es Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE anders organisiert. GRÜNEN]: Ich wollte nur darauf aufmerk- Die Frage ist nur: Belasten die 26 weiteren Casto- sam machen, dass der Vorschlag der Koaliti- ren - es müssen ja tatsächlich nur 21 nach Gorle- on auch Dinge enthält, die auf den Prozess ben; die fünf aus La Hague könnten ja auch nach gerichtet sind. Ahaus - die dortige Bevölkerung in einem solch un- - Ja, dass wir es selbstverständlich nicht zur Vor- angemessenen Maße, dass wir andere Lösungen aussetzung machen können, dass im Genehmi- finden müssen? Da kann man unterschiedlicher gungsverfahren Dinge eingehalten werden, das Auffassung sein. Ich glaube, nein. Ich glaube, dass leuchtet mir ein. Herr Kollege Matthiessen, wir sind der Widerstand Unterweser wesentlich größer wäre doch schlauer, als Sie das vermuten. Bei uns disku- als der Widerstand in Gorleben, wenn denn sicher tieren wir auch auf rationaler Ebene und weniger ist, dass wir tatsächlich ein Endlager finden, als emotional. Wir formulieren das schon so, dass es dass wir versuchen, dieser Diskussion auszuwei- nachvollziehbar ist und keine Bedingungen enthält, chen, aus welchen Gründen auch immer. die technisch und in der Zeit schon gar nicht nicht Herr Dr. Stegner, auch für das Protokoll: Wir haben umgesetzt werden können. - Herzlichen Dank. gesagt, wir denken noch einmal darüber nach - das machen wir in der Pause -, ob wir den Bedingun- Vizepräsident Bernd Heinemann: gen, die Sie genannt haben, zustimmen können, wenn denn sichergestellt ist, dass die Bedingungen Ich habe jetzt noch eine Wortmeldung des Minister- erfüllt sein müssen, bevor es eine Zustimmung des präsidenten auf meinem Zettel. - Bitte schön, Herr Landes Schleswig-Holstein im Bundesrat zur Zu- Ministerpräsident. 1902 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

Torsten Albig, Ministerpräsident: der Tribüne Schülerinnen und Schüler des Berufs- bildungszentrums Plön, Mitglieder des Sportvereins Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Tungendorf und Schülerinnen und Schüler des Herren! Damit das für Ihre Beratungen hilfreich ist: Gymnasiums und der Europaschule Herder-Schule Ich versichere namens der Landesregierung, dass es Rendsburg. - Herzlich willkommen im Schleswig- bei der Debatte um das Endlagersuchgesetz und die Holsteinischen Landtag! damit zusammenhängende Frage, was mit den aus- stehenden 26 Castoren - 21 davon aus Sellafield - (Beifall) passiert, keine politische Zustimmung der Lan- Meine Damen und Herren, der Fraktionsvorsitzen- desregierung geben wird, dies politisch zu beglei- de der CDU-Fraktion, der Herr Abgeordnete Johan- ten, wenn die hier in dem Antrag der Mehrheits- nes Callsen, hat darum gebeten, vor der Abstim- fraktionen genannten fünf Positionen nicht erfüllt mung eine persönliche Erklärung abzugeben. - Herr werden. Es wird keine Protokollerklärung - oder Abgeordneter, Sie haben das Wort. was auch immer es dann ist - von uns paraphiert ge- ben, wenn das, was das Parlament hier heute be- schließt, nicht von der Bundesregierung voll inhalt- Johannes Callsen [CDU]: lich und belastbar - darüber werden wir auch im Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gespräch sein - zugesagt ist. (Das Mikrofon ist nicht eingeschaltet - Hans- (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Jörn Arp [CDU]: Wenn Tietze das macht, SSW und vereinzelt FDP) gibt es nie Strom! - Zuruf SPD: Hamerich hat Das versichere ich Ihnen. denselben Knopf!) Und ich versichere Ihnen auch - auch wenn es ein - Hat Herr Tietze die Knöpfe gedrückt? - Das ist Prozess ist, der im Kern von Bundesbehörden be- der Fall. trieben wird -, dass die Landesregierung dafür Sor- Dann beginne ich noch einmal: Herr Präsident! ge tragen wird, wenn der Bund es nicht tut, dass wir Meine Damen und Herren! Ich habe heute Morgen vor Ort bis Juni mit einem Bürgerforum beginnen, für die CDU-Fraktion deutlich gemacht, dass wir um das, was zu Recht angesprochen worden ist, die Energiewende unterstützen, dass wir voll hinter was noch nicht ganz perfekt in der Beteiligung war, dem Standortauswahlgesetz, das derzeit in Berlin umzusetzen. Wir werden in der Region, aber auch beraten wird, stehen, dass wir insbesondere den von darüber hinaus ein entsprechendes Forum oder Gre- Bundesumweltminister Altmaier eingeleiteten Kon- mium entweder selbst als Regierung installieren, senskurs unterstützen. oder - das werden wir auch gern mit den Fraktionen besprechen - man kann so etwas auch beim Landtag (Beifall CDU) anhängen. Es wird so etwas in der Region geben, Ich finde, es ist ein großer Schritt der CDU-geführ- um auch die Menschen vor Ort so mit einzubezie- ten Bundesregierung und aller Parteien und Fraktio- hen, wie es hier zu Recht angesprochen worden ist. nen, zu einer größtmöglichen Einigung zu kommen. Ich glaube, das ist der Punkt 5 in den Forderungen. Auch uns ist an einem breiten Konsens hier im (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Landtag gelegen. und SSW) Ich habe heute Morgen hier im Landtag aber auch gesagt: Es sind Fragen offen geblieben, und es müs- Vizepräsident Bernd Heinemann: sen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Es gibt Verantwortlichkeiten bei der Bundesregierung, Weitere Wortmeldungen habe ich nicht. Es ist be- und es gibt Verantwortlichkeiten bei der Landesre- antragt worden, die Sitzung bis zur Abstimmung zu gierung. Wir haben in unserem Antrag einige Punk- unterbrechen. Wir werden um 15 Uhr die Sitzung te formuliert, die uns wichtig sind. Für uns ist der mit der Abstimmung fortsetzen. Guten Appetit! Koalitionsantrag eins zu eins - Herr Kollege Die Sitzung ist unterbrochen. Dr. Stegner, ich bitte um Verständnis - nicht zu- stimmungsfähig. Die eine oder andere Erwartung, (Unterbrechung: 14:12 bis 15:02 Uhr) die wir noch haben, müsste noch in den Antrag rein. Vizepräsident Bernd Heinemann: Wir machen aber ein Angebot und bauen Brücken. Meine Damen und Herren, ich eröffne wieder die Wir sind bereit zu einem gemeinsamen Antrag im Sitzung. Bitte begrüßen Sie zunächst mit mir auf Schleswig-Holsteinischen Landtag. Ich schlage Ih- Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1903

(Johannes Callsen) nen deshalb vor: Wir setzen uns interfraktionell mit (Widerspruch FDP) den Fachsprechern zusammen, um zu einem sol- - In der Sitzung hatte ich dies so verstanden, dass chen gemeinsamen Antrag zu kommen und darüber man noch einmal darüber sprechen wolle. Sie ha- morgen Abend abzustimmen. Ich glaube, das wäre ben jetzt einen anderen Text vorgelegt und geklärt, ein gutes Signal großer überparteilicher Einigkeit welche Wünsche die Unionsfraktion noch hat. Die bei der Energiewende, beim Energiekonsens, aus Koalitionsfraktionen haben sich aber darauf ver- Schleswig-Holstein an die Bundesregierung. - ständigt, dass wir den Tagesordnungspunkt an sich Herzlichen Dank. nicht auf morgen vertagen wollen, sondern dass wir (Beifall CDU und PIRATEN) heute eine Abstimmung wünschen. Sie kann gern gegen 17 Uhr stattfinden, sie sollte in jedem Fall Vizepräsident Bernd Heinemann: aber noch in dieser Tagung stattfinden. Unsere Bit- te wäre, dass wir mit den Kollegen Fraktionsvorsit- Es sind weitere persönliche Erklärungen angekün- zenden darüber reden, ob wir zusammenkommen digt. - Zunächst aber direkt dazu der Herr Abgeord- können. Wir würden uns wünschen, dass wir das nete Dr. Stegner. können. Wir bieten das ausdrücklich an. Eine Ver- tagung auf morgen und ein Zusammentreffen der Dr. Ralf Stegner [SPD]: Fachsprecher halten wir nicht für den geeigneten Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Weg. Unser Vorschlag lautet, dass die Fraktions- Herren! Ich beantrage für die SPD-Fraktion, die vorsitzenden und der Umweltminister zusammen- Sitzung für zehn Minuten zu unterbrechen. kommen und darüber beraten. Das ist unser Ange- bot, und das möchte ich Ihnen gern unterbreiten. Vizepräsident Bernd Heinemann: Ich spreche für die drei Regierungsfraktionen. Die Landesregierung hat ausdrücklich erklärt, dass Herr Es ist Sitzungsunterbrechung beantragt worden. Dr. Habeck an der Runde teilnehmen würde. Wir setzen die Sitzung um 15:15 Uhr fort. (Unterbrechung: 15:06 bis 15:13 Uhr) Vizepräsident Bernd Heinemann: Ich unterbreche die Beratungen zu den Tagesord- Vizepräsident Bernd Heinemann: nungspunkten 2, 20, 27, 31, 47 und 48 bis circa Meine Damen und Herren, ich eröffne wieder die 17 Uhr, sodass wir in der Zwischenzeit zwei weite- Sitzung. Um das Wort gebeten hat der Fraktions- re Tagesordnungspunkte beraten können. vorsitzende der SPD-Fraktion, Herr Dr. Ralf Steg- (Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP]) ner. - Sie haben natürlich die Möglichkeit, das noch zu kommentieren. Herr Fraktionsvorsitzender Kubicki, Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sie haben das Wort. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Den Koalitionsfraktionen und auch der Landesre- Wolfgang Kubicki [FDP]: gierung ist daran gelegen, bei diesem wichtigen Thema eine möglichst breite Zustimmung im Herr Präsident, ich finde es sehr vernünftig, dass Schleswig-Holsteinischen Landtag zu erlangen, zu- Sie die Sitzung jetzt unterbrechen wollen, dann mal es um die Frage geht, welche Bedingungen das komme ich zum Essen. Der Vorschlag lautete aber: Land Schleswig-Holstein und der Landtag dafür Um 16 Uhr sollen sich die Fraktionsvorsitzenden stellen, dass wir beim Thema Zwischenlagerung treffen. Warum dann das ganze Parlament warten Mitverantwortung übernehmen. Das ist der Gegen- soll - - stand. Vizepräsident Bernd Heinemann: Daher machen wir Ihnen den Vorschlag, dass ich die Kollegen Fraktionsvorsitzenden und den Um- Nein, das war nicht mein Anliegen. Es geht nur um weltminister gegen 16 Uhr zu einer Runde einlade, diesen Tagesordnungspunkt. Wir kommen dann in um noch einmal über diesen Antrag zu sprechen. der Zwischenzeit zu anderen Tagesordnungspunk- Die FDP hatte erklärt, dass sie sich in der Lage sä- ten. he, unserem Antrag zuzustimmen, wenn die Bedin- gungen klar formuliert sind. 1904 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

Wolfgang Kubicki [FDP]: Vizepräsident Bernd Heinemann: Herr Dr. Stegner, bevor wir so etwas machen: Ich Möchten Sie noch eine Kommentierung dazu abge- habe den Vorschlag nicht ganz verstanden. Das ben? - Bitte schön, Herr Abgeordneter Dr. Stegner. mag an einem Mangel meiner intellektuellen Kapa- zität liegen. Wir treffen uns jetzt wozu? - Damit wir Dr. Ralf Stegner [SPD]: vom Umweltminister erfahren, wie seine Überle- gungen sind? - Herr Kollege Callsen, das war ein Angebot, um festzustellen, ob wir zu einer Einigung kommen (Zurufe SPD) können. Ich denke, das lässt sich absehen, wenn wir - Die Fraktionsvorsitzenden sollen jetzt zwischen uns nachher treffen. Dazu muss die Sitzung des 16 und 17 Uhr einen gemeinsamen Antrag formu- Landtags nicht unterbrochen werden. Herr Kollege lieren? Kubicki, es ist durchaus üblich, dass man am Rande versucht, Dinge miteinander abzuklären. (Zurufe SPD) Für die Koalitionsfraktionen möchte ich festhalten, - Oder auch nicht. dass wir statt zu der von uns gewünschten Abstim- (Weitere Zurufe SPD) mung um 17 Uhr, oder in jedem Fall noch heute Nachmittag, zu kommen, auch einer weiteren Ver- - Ich brauche nicht dabei zu sein? - Okay. tagung zustimmen können, wenn wir der Meinung sind, dass eine Einigung aussichtsreich ist. Das ist Vizepräsident Bernd Heinemann: in einem Gespräch heute Nachmittag durchaus zu Herr Abgeordneter Kubicki, es geht um Folgendes: klären. Mein Vorschlag - und unser Angebot - lau- Herr Abgeordneter Callsen hatte darum gebeten, tet, dass wir die Fraktionsvorsitzenden und den dass wir einen Konsens suchen. Er hatte allerdings Umweltminister dazu einladen, gegen 16 Uhr oben den Vorschlag gemacht, dies bis morgen Abend zu bei uns darüber zu sprechen. Wir können das auch tun. Der Gegenvorschlag lautet: Ja, es soll ein Kon- sofort machen und 15.30 Uhr sagen, wenn Ihnen sens gesucht werden, aber eine Abstimmung soll das lieber sein sollte. Wir sollten jedenfalls klären, heute erfolgen. Das ist das Ergebnis der Diskussion, ob das geht. die eben stattgefunden hat. Das steht jetzt im Raum. Ich bitte aber das Präsidium darum, dass der Tages- - Gibt es weitere Kommentierungen? - Ja, der Vor- ordnungspunkt nur ausgesetzt wird, damit wir nach- sitzende der CDU-Fraktion. Kommen Sie bitte nach her, wenn die Runde stattgefunden hat, erklären vorn, dann können Sie sagen, was Sie sagen möch- können, ob wir - wie von uns bislang gewünscht - ten. abstimmen oder einer weiteren Vertagung auf Mor- gen zustimmen. Das behalte ich mir vor. Das ist der Johannes Callsen [CDU]: konkrete Verfahrensvorschlag. Ich hoffe, dass er hinreichend klar formuliert ist. Herr Präsident! Ich kann den Zeitdruck nicht ganz nachvollziehen. Vizepräsident Bernd Heinemann: (Beifall CDU und PIRATEN) Frau Abgeordnete Beer, Sie haben auch eine Kom- Gleichwohl sollte man sehen, welche Möglichkei- mentierung? - Bitte. ten es gibt, um in einer solchen Runde zusammen- zukommen. Ich hätte allerdings die Bitte, dass wir Angelika Beer [PIRATEN]: uns in der Frage, wann wir zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen, nicht unter Zeitdruck setzen. Ich Ich verstehe nicht, warum in diesem Punkt Hektik glaube, es bedarf einer gewissen Sorgfalt, sodass ausbricht. Wenn es die Möglichkeit zu einer politi- man sich für die Formulierung und die endgültige schen Einigung gibt und wenn die Fraktionsvorsit- Entscheidung bis morgen Abend Zeit nehmen soll- zenden das Gefühl haben, das könnte klappen, dann te. Ich bitte, auf unser Angebot in Bezug auf die können die Fachpolitiker zusammenkommen und Zeitschiene ein Stück weit einzugehen. Ich glaube, eine Formulierung erarbeiten. Dann wird es Frakti- das macht es allen Beteiligten hier im Hause leich- onssitzungen geben, bei denen noch einmal über ter, zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen. einen solchen Vorschlag diskutiert werden kann. Das schaffen wir nicht bis 17 Uhr. Lassen Sie uns (Vereinzelter Beifall CDU) doch sagen: Wir suchen den Kompromiss, und morgen findet die Abstimmung in der Sache statt. Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1905

Vizepräsident Bernd Heinemann: Bundesländer. Daher begrüßen wir den Vorschlag der Bundesländer Bayern, Niedersachsen und Sach- Meine Damen und Herren, ich sehe keine weiteren sen, die im Januar 2013 die Eckwerte zu einem Bil- Wortmeldungen. - Ich setze lediglich die Abstim- dungsstaatsvertrag vorgestellt haben. Die CDU- mung aus. Der Punkt selber bleibt weiter auf der Fraktion ist der Auffassung, dass dies ein pragmati- Tagesordnung. Wenn eine Möglichkeit gesehen sches Vorgehen ist. Eine Grundgesetzänderung - wird, darüber morgen abzustimmen, dann wird das das haben wir in der Vergangenheit feststellen müs- auch vom Präsidium so umgesetzt werden. Dies ist sen - ist derzeit leider nicht in Sicht. Und die Be- im Moment der Sachstand. Die Fraktionsvorsitzen- schlüsse der Kultusministerkonferenz sind in man- den können das ja jetzt für sich feststellen, aber ich chen Fällen ja auch lediglich Empfehlungen. Ein denke, wir sollten die weiteren Tagesordnungs- Staatsvertrag unter den Ländern aber hätte eine punkte nun wirklich beraten, weil wir sonst immer deutlich höhere Verbindlichkeit bei der Umsetzung. weiter in Verzug kommen. Ich bitte Sie, sich unter- einander darüber zu verständigen, ob heute oder Wir wollen, dass die in der Kultusministerkonfe- morgen eine Abstimmung stattfinden soll. Zunächst renz verabschiedeten Bildungsstandards in den jedenfalls setze ich die Abstimmung über diesen Ländern verbindlich in die Lehrpläne aufgenom- Punkt bis etwa 17 Uhr aus. Danach wird dann neu men werden. entschieden werden. (Beifall CDU) Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 23 auf: Damit gelten in allen Bundesländern die gleichen Anspruchsniveaus, darüber hinaus erleichtern wir Chancen für mehr Mobilität und Vergleichbar- damit auch die Mobilität von Eltern und Kindern keit im Bildungswesen zwischen den Bundesländern. Antrag der Fraktion der CDU An einem bundesweiten Aufgabenpool für die Abi- Drucksache 18/719 turprüfungen wird ja bereits gearbeitet, und 2017 sollen auch die ersten Abiturprüfungen nach bun- Ich muss jetzt kurz nachschauen, welchen Redner deseinheitlichen Leistungsstandards durchgeführt die Fraktion der CDU benannt hat; denn das ist jetzt werden. Wir begrüßen das außerordentlich. Aber ein bisschen untergegangen. Ich kann mir aber vor- dies kann natürlich nur der Anfang sein. Entspre- stellen, dass dies Frau Franzen ist; denn die hat sich chende Leistungsstandards muss es auch für alle auch schon auf den Weg gemacht. - Frau Abgeord- anderen Bildungsabschlüsse geben. neten Franzen, Sie haben das Wort. Um die Weiterentwicklung unseres Bildungswe- sens sicherstellen zu können, sollen länderspezifi- Heike Franzen [CDU]: sche und länderübergreifende Vergleichsarbeiten Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kol- auf der Grundlage der Bildungsstandards durchge- legen! Herr Präsident, Ihre hellseherischen Fähig- führt werden. Ziel muss es dabei sein, die Unter- keiten sind beeindruckend. richtsqualität weiter zu verbessern. Wir wünschen uns, dass dabei das Institut zur Qualitätsentwick- Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Frage des Bil- lung im Bildungswesen Maßnahmen zur kontinu- dungsföderalismus hat uns in diesem Hause schon ierlichen Weiterentwicklung von Bildungserträgen mehrfach beschäftigt. Wir sind uns darüber einig, unterstützen kann. dass es eine bessere Zusammenarbeit der Länder und eine engere Verbindung mit dem Bund geben (Beifall CDU) muss. Erst kürzlich hat sich die Kultusministerkonferenz Bisher sind die Bemühungen, das Kooperationsver- darauf verständigt, endlich den Streit um die Aner- bot zwischen Bund und Ländern über eine Ände- kennung der Lehrerausbildung in den verschiede- rung des Grundgesetzes aufzuheben, gescheitert, nen Bundesländern beizulegen, und sie will ohne und selbst im Hochschulbereich konnte es zu keiner Wenn und Aber die unterschiedlichen Ausbildun- Einigung kommen, und auch die schleswig-holstei- gen gegenseitig anerkennen. Das ist gut so. Die An- nische Landesregierung hat der letzten Bundesratsi- erkennung mit einem Staatsvertrag zu besiegeln, nitiative für den Hochschulbereich nicht zuge- dürfte dann allerdings auch gar kein Problem mehr stimmt. darstellen und wäre für die Unterzeichner verbind- lich. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen aber mehr Verbindlichkeit im Schulsystem innerhalb der 1906 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Heike Franzen)

Gleichzeitig könnten wir damit auch regeln, dass Physik und beim Abitur wiederum in Deutsch, Ma- den Lehrkräften, die bereits im Schuldienst sind, thematik und in erster Fremdsprache. ein Länderwechsel erleichtert wird, um zum Bei- Wichtig ist letztlich nicht, was im Unterricht „dran- spiel Familienzusammenführungen zu ermöglichen. genommen“ wurde, sondern was die Schülerinnen Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Länder sind und Schüler tatsächlich können. Zum mittleren Bil- aufgefordert, vor allem im Bildungsbereich enger dungsabschluss gehört es beispielsweise, verschie- zu kooperieren, um nach mehr Gemeinsamkeit und dene Lesetechniken zu beherrschen. Einen Text Vergleichbarkeit zu streben. Das ist eine Aufgabe, flüssig vorlesen zu können gehört ebenso dazu wie die uns insbesondere auch die Eltern in allen Bun- ihn schnell zu überfliegen oder den Zusammenhang desländern ständig ins Stammbuch schreiben. Ich zu integrierten Bildern herzustellen. Anhand wel- glaube, hier müssen wir endlich handeln. Die Län- cher Texte das geübt wird, ist nicht entscheidend. der müssen sich sowohl inhaltlich als auch strate- Das ist ein Unterschied zum „Stoffplan“ vergange- gisch untereinander abstimmen; denn trotz des nach ner Jahrhunderte. Allerdings sind diese Bildungs- Länderinteressen differenzierenden Bildungssys- standards verbindlich. Ich kann Ihnen versichern, tems eint uns doch alle ein gemeinsames Ziel, näm- dass sie auch Teil meiner Ausbildung waren, als ich lich die möglichst beste bildungspolitische Betreu- 2004 bis 2006 mein Referendariat an der Sachsen- ung und Bildung unserer Kinder. waldschule in Reinbek in Schleswig-Holstein ab- solviert habe. (Vereinzelter Beifall CDU) Grundsätzlich finde ich es gut, dass wir endlich Ich freue mich, dass wenigstens eine Kollegin das über guten Unterricht und nicht immer nur über gut findet. Ich würde mich auch sehr darüber freu- Systeme reden. Vielen Dank deshalb, Frau Franzen, en, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir die für diesen Antrag. Allerdings hat die Kompetenz- Gelegenheit nutzen könnten, im Ausschuss, insbe- orientierung längst Eingang in unsere Lehrpläne sondere im Bildungsausschuss, weiter über den gefunden. Insofern müssten Sie mir noch einmal er- Staatsvertrag zu beraten. - Herzlichen Dank für die klären, welche zusätzliche Verbindlichkeit Sie ei- Aufmerksamkeit. gentlich fordern. (Beifall CDU und FDP) Sie fordern ferner Teilnahme der Länder an Ver- gleichsuntersuchungen. Das Institut zur Qualitäts- Vizepräsident Bernd Heinemann: entwicklung im Bildungswesen soll unterstützen. Für die SPD-Fraktion hat nun das Wort der Herr Beschlusslage der KMK ist: Abgeordnete Martin Habersaat. „Das Erreichen der Bildungsstandards soll sowohl landesweit als auch länderübergrei- Martin Habersaat [SPD]: fend überprüft werden. Die zentrale Überprü- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau fung des Erreichens der Bildungsstandards Franzen, wenn Sie sich über die Aufmerksamkeit auf der Basis von Länderstichproben (Län- wenigstens einer Kollegin freuen, könnte man mit dervergleiche) wird durch das Institut zur anderen Worten sagen, dass Sie sich über die parti- Qualitätsentwicklung im Bildungswesen elle Aufmerksamkeit gefreut haben. (IQB) durchgeführt.“ (Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- - Offene Tür! Die nächste Forderung ist die gegen- NEN) seitige Anerkennung der Lehramtsabschlüsse aus den Bundesländern. Dies hat die KMK am 7. März 2003 beschloss die Kultusministerkonferenz die 2013 beschlossen. Das wurde dann von Ihnen am Einführung von Bildungsstandards in Deutsch- 11. April 2013 beantragt. Allerdings - insofern ist land. Diese sollten gewährleisten, dass alle Schüle- der Antrag doch in einigen Teilen hilfreich -: Die rinnen und Schüler eines Jahrgangs dieselben Kom- KMK hat sich auch verpflichtet, Lehrkräften eine petenzstufen erreicht haben. Solche Standards gibt größtmögliche Mobilität zu ermöglichen. Da geht es in Deutsch und Mathematik für den Primarbe- bestimmt noch mehr als das, was heute schon geht. reich in Jahrgang 4, für den ersten Schulabschluss Gleichwohl muss ich zugeben, dass ich den Begriff in Jahrgang 9 in Deutsch, Mathematik und der ers- der „Familienzusammenführung“ bisher nur aus ten Fremdsprache, in Jahrgang 10 beim mittleren dem Aufenthaltsrecht kannte. Schulabschluss zusätzlich für Biologie, Chemie und Darüber können wir gern im Bildungsausschuss re- den. Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1907

(Martin Habersaat)

Mir erschließt es sich nicht, warum wir Beschlosse- Wir Grüne stehen dem Bildungsföderalismus in nes noch einmal beschließen sollen, und warum ge- der jetzigen Form mit einem Dschungel an Schul- nau Sie die Bemühungen dreier Länder um einen bezeichnungen, Schulsystemen und unterschiedli- Bildungsstaatsvertrag wieder aufleben lassen wol- chen Schulgesetzen in den Ländern kritisch gegen- len, zumal Niedersachsen inzwischen von der Fah- über. Das haben wir bereits in der vergangenen Le- ne gegangen ist, was das Streben nach diesem Bil- gislaturperiode deutlich gemacht. Durch die Klein- dungsstaatsvertrag angeht, weil Frau Wanka zumin- staaterei im Bildungswesen werden Hemmnisse dest bis Oktober einen anderen Job hat. aufgebaut. Die Qualität des Bildungswesens könnte noch deutlich besser sein, wenn nicht jedes Land Ich schlage vor, dass wir uns im Bildungsausschuss nach jeder Wahl neue Versuchsballons steigen las- auch über eine genauso schwungvolle Initiative un- sen würde. terhalten mit dem Ziel, das Kooperationsverbot für Kitas, Schulen und Hochschulen zu überwinden. Wir müssen im Bildungsbereich Mobilität und Dabei sollten wir auch überlegen, wie wir den Bund Qualität zusammen denken. Wir müssen die Balan- bei wichtigen Zukunftsfragen im Bildungsbereich ce schaffen zwischen notwendiger bundesweiter beteiligen. Einheitlichkeit und Freiheit vor Ort an den Schulen. Nicht zuletzt müssen wir auch aus finanziellen Mein Fazit ist: Wir streiten viel zu oft über das Gründen Bildung als gesamtstaatliche Aufgabe an- Schulsystem oder über andere Äußerlichkeiten. Es sehen. könnte gern häufiger um die Frage gehen, wie wir Unterricht verbessern und wie wir mit unseren Res- (Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE sourcen mehr erreichen können, gern auch häufiger GRÜNEN) auf der Basis wissenschaftlicher Expertise und gern Dazu muss das Kooperationsverbot fallen. Dabei auch mit Unterstützung des IQB. - Vielen Dank. sind wir uns in diesem Haus fast einig. Das Wie ist (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN allerdings noch strittig. und SSW) Die CDU möchte das Problem der Mobilitäts- hemmnisse und der teilweise großen Unterschiede Vizepräsident Bernd Heinemann: zwischen den Ländern mit einem Bildungsstaats- Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat vertrag lösen. Schleswig-Holstein soll sich der In- Frau Abgeordnete Ines Strehlau das Wort. itiative von drei Bundesländern anschließen. Aller- dings ist das Problem, dass wieder nur drei - wenn Ines Strehlau [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schleswig-Holstein dabei wäre vier - Bundesländer einen Staatsvertrag schließen. Dann hätten wir wie- Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! der keine einheitlichen Rahmenbedingungen. Inso- Nach Schätzungen der Kultusministerkonferenz fern ist das eine kritische Geschichte. Zudem ist ein wechseln pro Jahr 6.000 bis 9.000 Lehrkräfte vor Staatsvertrag sehr starr und wenig flexibel. oder nach dem Vorbereitungsdienst das Bundes- land. In etwa 700 Fällen verhinderten im Schuljahr Außerdem ist es so, dass die Inhalte dieser Initiative 2011/2012 formale Hürden einen Wechsel. schon von der Kultusministerkonferenz bezie- hungsweise der Gemeinsamen Wissenschafts- Es gibt Dutzende verschiedene Schulformen und ministerkonferenz bearbeitet werden. Am Lehramtstypen. Wir haben unterschiedliche Ausbil- 12. April 2013 hat die Gemeinsame Wissenschafts- dungsordnungen mit vorgeschriebenen Fächerkom- ministerkonferenz entschieden, die Lehramtsab- binationen. Auch bei den Abschlüssen haben wir schlüsse bundesweit anzuerkennen. keine Einheitlichkeit. Einige Länder setzen auf das Staatsexamen, andere auf Bachelor und Master. Auch bundesweit geltende Bildungsstandards für das Abitur sind bereits beschlossene Sache. Damit Das führt zu Mobilitätshemmnissen bei den Lehr- haben wir bundesweit einheitliche Bildungsstan- kräften, aber auch bei den Schülerinnen und Schü- dards für die Abschlüsse in der Sekundarstufe I und lern. Das wird in den Medien immer wieder thema- in der Sekundarstufe II. tisiert und trägt dazu bei, dass viele den Bildungsfö- deralismus am liebsten abschaffen würden. Diese Der im Antrag geforderte gemeinsame Aufgaben- Mobilitätshindernisse und auch die Vergleichbar- pool für Abiturprüfungen ist bereits auf dem keit im Bildungswesen sind Thema des vorliegen- Weg. Für das Jahr 2014 wurde er zumindest von den Antrags der CDU. sechs Bundesländern vereinbart. Schleswig-Hol- stein ist dabei. Das ist nur ein erster Schritt. 1908 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Ines Strehlau)

Der Aufgabenpool für das Unterrichtsfach Deutsch Anhand dieser Zahlen erkennen wir, dass es sich zum Beispiel beginnt mit nur einer bundesweit glei- mitnichten um Einzelfälle handelt, aber auf das ge- chen Aufgabe, die aus mehreren ausgewählt werden samte Land betrachtet auch kein zentrales Problem kann. Es wird viele geben, die diese nicht bearbei- ist. Wenn ich mich mit Schuldirektoren und ande- ten werden. ren Lehrern über diese Problematik unterhalte, sa- gen mir diese, dass die Integration vor Ort bei ih- Außerdem benötigt man Kriterien zur Bewertung nen bis jetzt immer geklappt hat. Fremdsprachen der Qualität der eingereichten Aufgaben, zur Siche- sind durchaus ein Problem, aber nicht eines, das vor rung der Vergleichbarkeit der Korrektur und zur Ort mit individuellen Förderangeboten nicht gelöst Bewertung von Abiturprüfungsaufgaben. Danach werden könnte. Das ist auf jeden Fall nichts, was müssen Regelungen zur Gestaltung und Nutzung die mediale Aufmerksamkeit für dieses Thema in des Aufgabenpools aufgestellt werden. Schließlich diesem Ausmaß rechtfertigt, zumal wir noch ganz ist eine empirische Überprüfung der Abiturprü- andere Baustellen haben. fungsaufgaben erforderlich. Nur dann ist eine wirk- liche Vergleichbarkeit erreichbar. Ein Anfang ist Mein Petitum ist daher, den Aspekt der Mobilität aber immerhin gemacht. Eine Ausweitung des bun- bei Schülern nicht unter den Tisch fallen zu lassen, desweit einheitlichen Aufgabenpools auf die ande- aber doch klar die Frage der Verbesserung der ren Abschlüsse ist auch für uns Grüne ein Ziel, das Bildungsqualität in den Vordergrund zu stellen, wir weiter verfolgen sollten. zumal der andere Aspekt der Mobilität, nämlich die Anerkennung von Abschlüssen im Lehramtsbe- Das Ziel des vorliegenden Antrags teilen wir. Auch reich, zwischen den Bundesländern in Fortschrei- wenn dieser in einigen Punkten nicht den aktuellen bung schon lange bestehender Beschlüsse erneut Stand widerspiegelt und wir den Staatsvertrag eher durch die Kultusministerkonferenz festgeschrieben kritisch sehen, beantrage ich für die Fraktion wurde. Eine bessere Mobilität von Lehrkräften BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag dem Bil- wird so gewährleistet. Auf diesen Punkt wurde in dungsausschuss zu überweisen. Im Bildungsaus- der Debatte bereits hingewiesen. schuss sollten wir vertieft die Themen „Vergleichs- untersuchungen“ und „Verankerung der Bildungs- Die große Frage, die seit dem Vorschlag der Uni- standards an den Schulen“ beraten. - Vielen Dank. onsbildungsminister diskutiert wird, ist: Staatsver- trag oder kein Staatsvertrag? Insbesondere zwi- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) schen CDU und SPD war das Anlass für erhebli- ches Wahlkampfgeplänkel. Vizepräsident Bernd Heinemann: Wir sehen das eher undogmatisch und entspannt. Für die FDP-Fraktion hat Frau Abgeordnete Anita Für uns ist es nicht so wichtig, auf welchem Weg Klahn das Wort. das Ziel erreicht wird, solange das Ziel erreicht wird. Anita Klahn [FDP]: Bei den Zielen können wir dem Unionsantrag zu- Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen stimmen. So ist die Vergleichbarkeit von Abschlüs- und Herren! Einen Punkt möchte ich gleich zu Be- sen herzustellen, qualitative Leistungsstandards ginn meiner Rede hervorheben: Uns geht es in er- müssen festgelegt werden, und eine vergleichbare ster Linie um Qualität im Bildungssystem und dar- und hochwertige Lehrerausbildung ist bundesweit um, wie wir diese verbessern können. Ich bedaure sicherzustellen. es daher sehr, dass in der öffentlichen Debatte häu- fig der Aspekt der Mobilität in den Vordergrund (Beifall Dr. Ekkehard Klug [FDP]) gestellt wird. Insbesondere ist der gemeinsame Abituraufga- Das Statistische Bundesamt weist für das Jahr 2010 benpool dringend auszuweiten. Diese Sechs-Län- in ganz Deutschland eine Binnenwanderung von der-Initiative, die von Schleswig-Holstein und Bil- ungefähr 75.000 Kindern und Jugendlichen im dungsminister Dr. Klug maßgeblich angeschoben Schulalter aus. Heruntergebrochen auf Schleswig- wurde, zeigt, dass Bildungsföderalismus gut funk- Holstein sind das circa 315.000 Schüler. Diese tionieren kann. Da sie von Regierungen ganz unter- Schüler machen somit einen Anteil von weniger als schiedlicher Couleur getragen wird, zeigt sie auch, 1 % der Gesamtschülerzahl aus. Vielleicht kann uns dass Kooperationen über Parteigrenzen hinweg das Bildungsministerium für die Beratung im Aus- auch im Bildungsbereich funktionieren können. schuss konkrete Zahlen liefern. Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1909

(Anita Klahn)

In diesem Zusammenhang will ich trotz der anson- schon, aber so richtig fehlte der Mut. Darum wurde sten bestehenden Kritik die Landesregierung und seinerzeit ein entsprechender Antrag hier im Land- die Bildungsministerin ausdrücklich loben, die den tag auch abgelehnt. Aber man sieht, dass sich hier von uns eingeschlagenen Kurs fortsetzt und für kla- auch die Konservativsten bewegen, langsam, aber re Qualitätsstandards bei den Prüfungen eintritt. gewiss. Ich möchte das hier einmal als gutes Zei- chen werten. Meine Damen und Herren, wir stehen dem Vor- schlag eines Bildungsstaatsvertrags - einer Bil- (Beifall PIRATEN und BÜNDNIS 90/DIE dungsverfassung, wenn Sie so wollen - durchaus GRÜNEN - Zuruf Heike Franzen [CDU]) offen gegenüber. Wenn wir diesen Bereich aber Was allerdings den konkreten Inhalt des Antrags schon so tiefgreifend neu regeln wollen, dann soll- anbelangt, stößt einem das eine oder andere schon ten wir auch in Erwägung ziehen, ein flexibleres In- ein bisschen merkwürdig auf. strument zu schaffen, als es die ständige Konferenz der Kultusminister aktuell darstellt. Wir brauchen Auf einmal sollen die Länder also dem konservati- eine schlanke Bildungskonferenz der Länder, die ven Staatsvertrag beitreten, um die Vereinbarun- schnelle und flexible Entscheidungen ermöglicht. gen der KMK verbindlicher zu machen. Ich per- sönlich sorge mich ein bisschen um das Verhältnis Ich würde mich natürlich freuen, wenn wir uns zum der Union zur Kultusministerkonferenz, wenn man Thema Kooperationsverbot, das auch angespro- der so wenig Kraft und Bindung zutraut, dass man chen wurde, auf den Weg machen und nicht unbe- ihre Beschlüsse per Staatsvertrag verbindlich regeln dingt nach dem Motto vorgehen: Die Taube auf muss. Ich finde auch, dass die KMK das nicht ver- dem Dach können wir erreichen, also fordern wir dient hat. sie. Vielleicht sollten wir auch zuerst einmal mit dem Spatz zufrieden sein, damit es überhaupt auf Auch wenn ihre Beschlüsse zu dem Thema opti- den Weg gebracht wird. Vielleicht wird uns die mierungsfähig sind und wenn man findet, dass hier Ministerin dazu noch etwas sagen. alles ein wenig schneller gehen könnte, so ist man auf dem richtigen Weg. Der Prozess, mehr Einheit- Ansonsten freue ich mich auf die Beratung im Aus- lichkeit im deutschen Schulsystem herzustellen, schuss. - Vielen Dank. ist seit Jahren in Gang, und die Annahme, dass sich (Beifall FDP) die Strukturen, die sich über Jahrzehnte verfestigt haben, in Windeseile auflösen könnten, ist irrig. Es Vizepräsident Bernd Heinemann: bedarf des verantwortungsbewussten Systemwech- sels, und wir alle wissen, dass das auch mit Verfas- Für die Fraktion der PIRATEN hat der Herr Abge- sungsfragen und Zuständigkeiten zu tun hat. ordnete Sven Krumbeck das Wort. Wir PIRATEN haben es da einfacher, weil wir als Sven Krumbeck [PIRATEN]: junge Partei keine Bindung zu verkrusteten Struktu- ren haben, sondern neue wollen. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolle- ginnen und Kollegen! Ich gratuliere der CDU zu ih- (Beifall Uli König [PIRATEN]) rem sehr sportlichen Antrag, Uns fiel es leicht, hier klare Positionen zu finden (Beifall Uli König [PIRATEN]) und uns für den so unbestreitbar wichtigen und richtigen Weg zur Gewährleistung von bundesein- sportlich nicht wegen des ehrgeizig formulierten heitlichen Bildungsstandards und zur Überwindung Ziels, sondern wegen des halsbrecherischen Ver- des Bildungsföderalismus stark zu machen. Das suchs, auf einen fahrenden Zug aufzuspringen. steht so in unserem Programm. Wir wollen bundes- (Beifall PIRATEN, SPD, BÜNDNIS 90/DIE einheitliche Standards, wir wollen die Federfüh- GRÜNEN und SSW) rung der Bundesregierung, und wir wollen die dazu nötigen Strukturen schaffen. Wir wollen die Exper- Dabei ist dieser Zug keine Bimmelbahn, sondern tise von KMK und dem Institut für Qualitätsent- ein echter Express, der seit einiger Zeit durch wicklung im Bildungswesen. Deutschland prescht. Gut nur, dass die CDU nicht aus dem Stand auf diesen Zug aufspringen will, Es ist schon viel Gutes passiert auf diesem Weg. sondern sogar ein bisschen Anlauf genommen hat, Wir wissen doch, dass sich die Kultusminister dar- wie Debatten aus der letzten Legislaturperiode zei- auf geeinigt haben, die Lehrexamina gegenseitig gen. Ein bisschen mehr Kooperation wollte man anzuerkennen - weitgehend jedenfalls. Die Ministe- 1910 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Sven Krumbeck) rin hat gerade dazu konkret im Ausschuss Stellung kommen sie über ihre Schulzeit spürbar weniger genommen. Unterricht als ihre Kollegen zum Beispiel in Bayern oder Baden-Württemberg. Erinnern wir uns an län- Außerdem fordern Sie, die verabschiedeten Bil- ger zurückliegende Bildungsdebatten in diesem dungsstandards in die Lehrpläne der Länder ver- Haus. Da wurden Daten beschworen, die belegen bindlich aufzunehmen. - Wow, kann ich dazu nur sollten, dass zum Beispiel Schüler aus Nordrhein- sagen. Westfalen bis zu 1,5 Schuljahre weniger Unterricht Was die Implementierung der Standards in die erhielten als Schüler in Bayern. Dem wurde nicht Lehrpläne angeht, habe ich im letzten Jahr im Rah- widersprochen. men eines Treffens der Kultusminister in Hamburg Solange wir Gefälle welcher Qualität auch immer einem interessanten Beitrag aus Schleswig-Holstein in der Unterrichtsversorgung haben, weil uns ein hinsichtlich der Gymnasien entnehmen können, dramatisch hohes strukturelles Defizit belastet, so- dass ausgerechnet unser Bundesland im genannten lange Eltern eigene Seiten schalten, auf denen der Bereich vorbildlich arbeitet. Das hat mich sehr stolz Unterrichtsausfall dokumentiert wird, solange wir gemacht. Das fiel alles nicht vom Himmel. Das hat es nicht schaffen, gleiche Unterrichtsvoraussetzun- ja schon zur schwarz-gelben Regierungszeit und gen zum Beispiel im Hinblick auf Mindeststandards davor angefangen. - Liebe Frau Franzen, das hätten in der PC-Ausstattung zu formulieren und allen Sie doch merken müssen. Da haben Sie doch schon Kindern in Schleswig-Holstein gleiche Lernbedin- regiert. gungen zu sichern, solange es uns nicht gelingt, an- (Heiterkeit - Beifall PIRATEN) gemessene Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte zu Diese Arbeiten werden jetzt von einer anderen Re- gewährleisten, so lange tue ich mich schwer damit, gierung fortgesetzt. Die Union will keine anderen über Staatsverträge mit anderen Bundesländern zu Inhalte. Sie will mit diesem Antrag die Inhalte sprechen. durch ein anderes Handwerk, nämlich den Staats- (Beifall PIRATEN) vertrag, neu verpacken. Ich finde, das brauchen wir Da arbeite ich lieber an interkommunalen Verein- an dieser Stelle nicht. Ab 2014 wird es in sechs barungen, um allen Kindern und Jugendlichen in Bundesländern einheitliche Abiturprüfungsaufga- unseren Schulen die besten Voraussetzungen zu ben geben. Wir sind mit dabei. bieten. Da will ich Ideen liefern, wie wir Lehrer in Wie gesagt, der Zug fährt, und er fährt in die richti- unsere Schulen bringen können und die kleinen ge Richtung. Es wäre gut, wenn wir uns alle zusam- Schulen im ländlichen Raum absichern. men darauf konzentrieren würden, an den Inhalten Es gibt viel zu tun im Bildungsland Schleswig-Hol- mitzuarbeiten und nicht an den Formalien. Genau- stein. Ein Staatsvertrag steht da - mit Verlaub - so, wie es richtig ist, die 16 kleinen Bühnen im Bil- ziemlich weit hinten auf der politischen Agenda, dungsdeutschland gegen eine gute große einzutau- vor allem dann, wenn die Ziele, die sich hinter die- schen, genauso wichtig ist es, auch die gleichen sem Vertrag verbergen, bereits erfolgreich laufen Voraussetzungen für die Schüler zu schaffen. Es ist und sich gut entwickeln. auch richtig, sie bundeseinheitlich auf die gleichen Prüfungen vorzubereiten, und zwar für die ganze Ich finde die Arbeit, die Schleswig-Holstein auf Schulzeit. dem Gebiet der Bildungsstandards und deren Um- setzung leistet, gut. Ich unterstütze alle Maßnah- Ich frage mich manchmal: Sind wir überhaupt so men, die uns auf diesem Weg weiter voranbringen. weit, unsere Schüler in den vorbehaltlosen Ver- Einen Staatsvertrag lehne ich aber aus den genann- gleich mit den Schülern anderer Länder zu ten Gründen ab. Eine voranschreitende Verbesse- schicken? Tun wir das, müssen wir uns sicher sein, rung der Bildungschancen für alle Schülerinnen dass wir ihnen die gleichen Chancen mitgeben, da- und Schüler finde ich wichtig, damit sie sich gut mit sie bestehen können. Können wir den Schülern vorbereitet den bundesweit einheitlichen Ansprü- das zusagen? chen stellen können. Werfen wir einen Blick auf den letzten Bericht zur (Beifall PIRATEN und BÜNDNIS 90/DIE Unterrichtssituation. In Bezug auf die zu erteilen- GRÜNEN) den Unterrichtsstunden je Schüler wird festge- stellt, dass diese für die Schülerinnen und Schüler zum Beispiel aus dem Gymnasium ganz deutlich Vizepräsident Bernd Heinemann: unter dem Bundesdurchschnitt liegen. Damit be- Wir kommen jetzt zu den Dreiminutenbeiträgen. Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1911

(Vizepräsident Bernd Heinemann)

(Widerspruch) hen, halte ich aber auch aus einem ganz anderen Grund für falsch. Denn diesem Ansatz liegt eindeu- - Entschuldigung. Da habe ich mich nun wirklich tig der Gedanke zugrunde, dass im Bildungsfödera- vertan. Immer wieder trifft es die Gleiche. Es tut lismus bisher kaum etwas funktionierte. Er ist ge- mir leid. - Selbstverständlich, Frau Abgeordnete prägt von Misstrauen. Anstatt auf Gemeinsamkeit Waldinger-Thiering, Sie haben das Wort. zu bauen und aufeinander zuzugehen, um bestehen- de Hürden aus dem Weg zu räumen, soll das Ganze Jette Waldinger-Thiering [SSW]: in einem starren Vertrag festgezurrt werden. Ich Sehr geehrter Herr Landtagspräsident oder Land- frage mich ernsthaft, ob man so einem gewünschten tagsvizepräsident, Entschuldigung! Ziel näherkommt. (Heiterkeit) Was die Zusammenarbeit der Länder in Bildungs- fragen angeht, habe ich persönlich einen ganz ande- Wir drei Abgeordnete des SSW hier im Landtag ren Eindruck. Gerade die aktuellen Beschlüsse der dürfen nicht vergessen werden, sehr geehrte Damen Kultusminister zeigen doch, dass gegenseitiges und Herren. Vertrauen und Kooperation möglich sind. (Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE Nur nebenbei bemerkt: Schon heute kommen mehr GRÜNEN) als ein Drittel der neu eingestellten Referendare in Kein Zweifel, wir brauchen noch mehr Mobilität Schleswig-Holstein aus anderen Bundesländern. im Bildungswesen. Es kann nicht sein, dass zum Die bundesweite Anerkennung der Abschlüsse ist Beispiel angehende Lehrer Abschlussprüfungen ein beschlossene Sache. Es liegt nun einzig und allein zweites Mal ablegen müssen, wenn sie in einem an- an der Umsetzung in den einzelnen Ländern. deren Bundesland in den Beruf starten wollen. Für Schleswig-Holstein wird sich in dieser wichtigen uns ist klar: Besonders in Zeiten, in denen in man- Frage jedenfalls nicht verweigern. chen Fächern akuter Mangel herrscht, sind die Doch wenn ich den vorliegenden Antrag lese, muss bestehenden Hürden zwischen den Ländern unsin- ich leider feststellen, dass die CDU offensichtlich nig. immer noch nicht gelernt hat, dass Kooperation Die Forderungen, die die CDU in ihrem Antrag nicht einfach per Staatsvertrag verordnet werden stellt, sind in meinen Augen also durchaus berech- kann. tigt. Sie haben nur einen kleinen Haken: Die Kul- Egal ob wir uns die Quote der Referendare aus an- tusministerkonferenz hat sie schon lange auf der deren Bundesländern, die bundesweite Anerken- Agenda und hat bereits entsprechende Beschlüsse nung von Abschlüssen oder auch das Thema „län- gefasst. Die Länder sollen die unterschiedlichen derübergreifendes Abitur“ anschauen: Wir sind ein- Ausbildungszeiträume im Vorbereitungsdienst deutig auf dem Weg zu mehr Mobilität in unserem wechselseitig anerkennen. Und der Zugang zum Bildungswesen. Ich kann beim besten Willen nicht Beruf muss grundsätzlich bundesweit sichergestellt erkennen, was uns ein Staatsvertrag in dieser Situa- werden. Notwendige rechtliche Änderungen wer- tion nützen soll. den, so der Beschluss, noch in diesem Jahr vorge- nommen. Ich bin davon überzeugt, dass sich da- (Hans-Jörn Arp [CDU]: Ja klar! - Zuruf SPD: durch die Mobilität der Lehrerinnen und Lehrer Da spricht Herr Arp!) spürbar verbessern wird. Trotzdem spricht die CDU mit ihrem Antrag grund- Man kann also festhalten, dass wir bei den Zielen sätzlich wichtige Themen an. Sicherlich können wir nicht besonders weit auseinanderliegen. Mit Blick bei der Zusammenarbeit zwischen den Ländern auf den Weg zu diesen Zielen muss ich der CDU noch Vieles verbessern. Deshalb ist es aus Sicht des allerdings widersprechen. Aus Sicht des SSW brau- SSW absolut sinnvoll, wenn wir uns mit diesem chen wir keinen solchen Staatsvertrag. Dieser mag Thema im Bildungsausschuss auseinandersetzen. vielleicht für mehr Verbindlichkeit sorgen, aber ich (Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE vertraue in diesem Fall auf die Vernunft und die Ei- GRÜNEN - Zuruf Christopher Vogt [FDP]: geninteressen der Länder. Die gewünschte Mobili- Viel Spaß!) tät mit der Brechstange zu verordnen, halte ich je- denfalls für den falschen Weg. Die Idee einiger weniger unionsgeführter Länder, den Weg über einen Bildungsstaatsvertrag zu ge- 1912 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

Vizepräsident Bernd Heinemann: setzt werden. Da gebe ich Ihnen recht: Das Anlie- gen ist dasselbe. Frau Abgeordnete, das mache ich wieder gut. Es hat Sie bei mir schon zum zweiten Mal erwischt. Wenn wir feststellen, was in den letzten Jahren ge- Das tut mir wirklich leid; das war eine Panne. wesen ist, und wenn wir uns anschauen, was auf Kultusministerebene tatsächlich passiert ist, müssen (Heiterkeit) wir feststellen, dass wir im Bundesrat mehrfach mit Jetzt kommen wir aber wirklich zu den Dreiminu- unseren Versuchen, das Kooperationsverbot auf- tenbeiträgen. - Frau Abgeordnete Heike Franzen, zuheben, gescheitert sind. Damit sind wir auch im Sie haben das Wort. Bundestag gescheitert. Wenn wir weiterkommen und uns verständigen Heike Franzen [CDU]: wollen, müssen wir uns nicht nur zwischen drei Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! oder vier Bundesländern, sondern zwischen allen Ich habe eingangs in meinem Redebeitrag deutlich 16 Bundesländern auf einige Parameter an dieser gemacht, dass ich sehr wohl begrüße, dass sich die Stelle verständigen. Dazu gehören für mich die Bil- Kultusministerkonferenz darauf verständigt hat, die dungsstandards für alle unsere Schulen. Dazu ge- Ausbildung der Lehrkräfte ohne Wenn und Aber in hört ein vergleichbarer Aufgabenpool für alle Ab- den unterschiedlichen Ländern anzuerkennen. schlussprüfungen. Die Anerkennung der Lehrer- ausbildung ist zurzeit Bestandteil dieses Staatsver- Aber ich bin jetzt noch einmal ans Rednerpult ge- trags. Deswegen steht es auch in unserem Antrag. kommen, um Folgendes deutlich zu machen. Zum Darin steht auch ein bisschen mehr, als sich nur einen möchte ich auf Ihre Ausführungen, Frau darauf zu kaprizieren, dass die Kultusministerkon- Waldinger-Thiering, eingehen. Ein Staatsvertrag ferenz schon alles geregelt habe. Wir wissen doch ist mitnichten eine Brechstange, sondern ein Staats- alle, dass das nicht der Fall ist. vertrag ist natürlich das Ergebnis von Verhandlun- gen zwischen den Bundesländern. Das ist keine Deswegen freue ich mich, dass wir im Ausschuss Verordnung per Brechstange, sondern das ist etwas, darüber reden. - Herzlichen Dank. was Bundesländer miteinander verhandelt und wor- (Vereinzelter Beifall CDU und FDP) auf sie sich verständigt haben. Ich glaube, dass das dringend notwendig ist. Vizepräsident Bernd Heinemann: Wenn wir uns allein die Verhandlungen bezie- Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. - Für die hungsweise die KMK-Beschlüsse zu den Bil- Landesregierung hat jetzt die Bildungsministerin, dungsstandards in den Lehrplänen anschauen, Frau Prof. Dr. Wara Wende das Wort. stellen wir fest, dass es sich lediglich um Empfeh- lungen handelt. Wir müssen aber feststellen, dass es aufgrund dieser Empfehlungen in den Bundeslän- Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und dern - das mag bei uns an einigen Stellen ganz gut Wissenschaft: laufen - zu sehr unterschiedlichen Entwicklungen Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abge- kommt, wie diese Empfehlungen tatsächlich umge- ordnete! Lieber Herr Krumbeck, der Zug fährt. Der setzt und aufgenommen werden. Es kann doch Zug fährt in die richtige Richtung. Der Zug ist in nicht sein, dass wir seit vielen Jahren diese Bil- der jüngsten Vergangenheit vom Regionalzug zum dungsstandards erarbeitet haben, die Grundlage für ICE mutiert. die Ausbildung unserer Kinder sein müssen, wäh- rend wir in den Ländern mit diesen Bildungsstan- (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dards immer noch unterschiedlich umgehen. und SSW) Wir haben letztens die Vorstellung der Grund- Warum braucht es da noch einen Staatsvertrag? schulstudie im Bildungsausschuss beraten. Daran Man könnte sagen: Wenn man sich nicht verträgt, werden sich die Mitglieder noch erinnern. Daran macht man einen Vertrag. Wenn sich viele nicht konnten wir deutlich sehen, dass unsere Grundschü- vertragen, macht man einen Staatsvertrag. ler beim Lesen ein halbes Jahr hinter denen in Bay- Steht es um den Bildungsföderalismus in Deutsch- ern liegen. Das kann doch keine positive Entwick- land schon so schlecht, dass wir dieses Instrument lung sein, sondern auch hier müssen wir dafür sor- benötigen? Drei von CDU-Regierungen geführte gen, dass die Bildungsstandards einheitlich umge- Länder wollen uns zeigen, wo es lang geht. Doch die Troika bröckelt bereits. Nach dem Regierungs- Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1913

(Ministerin Dr. Waltraud Wende) wechsel in Niedersachsen sind von den drei Län- Stichwort: länderübergreifendes Abitur. Auch dies dern nunmehr zwei Länder übrig geblieben. galt ursprünglich als rein politisch motiviert, aber inzwischen ist es Konsens geworden. Von der Idee des Bildungsstaatsvertrags, die um den Jahreswechsel generiert wurde, hat sich zumin- Ich kann auch bei diesem Punkt nicht erkennen, dest Niedersachsen längst verabschiedet. Was wol- welchen Mehrwert uns ein Bildungsstaatsvertrag len die Bayern? Was wollen die Sachsen? Und was bringen soll. Wer das fordert, will ein Paralleluni- will der heutige Antrag der Opposition bewirken, versum errichten, das wir nicht brauchen. was nicht längst geschehen ist? Gefordert wird die Der Staatsvertrag strebt nach mehr Flexibilität. Er Verbesserung der Vergleichbarkeit und der Mo- erzeugt de facto aber starre Vorgaben, die in ein bilität in der Bildung. Dabei geht es um Vergleich- Gesetz gegossen sind und dann keinen Handlungs- barkeit mit Blick auf Bildungsstandards. Das haben spielraum mehr zulassen. Ich sehe keinen Grund, wir heute ausdrücklich auch von Frau Klahn noch warum wir in Schleswig-Holstein uns auf einen Al- einmal gehört, die darauf den Akzent gesetzt wis- leingang begeben sollten, auch wenn ich jetzt die sen möchte. Das ist eine wichtige Aufgabe. Diese beiden übrig gebliebenen CDU-Länder als eine Mi- Aufgabe ist auch mir wichtig. norität begreife. Während die konservativen Freunde noch immer Ich halte die ganze Aktion mit dem Staatsvertrag der Staatsvertragsidee nachgehen und dafür wer- ohnehin für ein Wahlkampfmanöver. Da setze ich - ben, hat sich die KMK längst auf einen anderen im Vertrauen auf den laufenden Dialogprozess - Weg gemacht. Wir haben zum Beispiel bei der letz- auch, wenn Sie so wollen, auf die Schwarmintelli- ten Sitzung der KMK eine Regelung getroffen, wo- genz der Länder in der Kultusministerkonferenz. nach wir zukünftig unsere Lehrerexamina bundes- Das hat unsere Stimme, da wollen wir hin. - Ich be- weit in allen 16 Ländern anerkennen werden. Das danke mich auch diesmal für Ihr großes Interesse war überfällig. Da gebe ich den Kritikern recht. am Thema. Aber gemeinsam haben wir eine ausgewogene und in der Praxis umsetzbare Entscheidung getroffen. (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Diese Ergebnisse, so finde ich, können sich sehen PIRATEN und SSW) lassen. Unsere Einigung auf Ebene der Kultusministerkon- Vizepräsident Bernd Heinemann: ferenz schafft mehr Transparenz sowie mehr Ver- Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Es ist trauen für die Lehrkräfte, und sie gibt den Lehrkräf- Überweisung an den Bildungsausschuss beantragt ten vor allem persönliche Planungssicherheit. Leh- worden. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um rerinnen und Lehrer können sich durch diese Eini- das Handzeichen. - Gegenprobe! - Dann ist das ein- gung nach ihrer Ausbildung in allen 16 Bundeslän- stimmig so beschlossen. dern bewerben. Das hätte schon längst eine Selbst- verständlichkeit sein sollen. Jetzt haben wir die Wir kommen jetzt zum Tagesordnungspunkt 34: Rahmenbedingungen dafür geschaffen. Zukunft der Lehrerbesoldung Darüber hinaus möchte ich Folgendes erwähnen - ich weiß nicht, ob diese Information bereits allen Antrag der Fraktion der CDU Abgeordneten präsent ist -: In Schleswig-Holstein Drucksache 18/736 kommen bereits jetzt 40 % unserer Referendare aus anderen Bundesländern. Fast jeder fünfte neu Mit dem Antrag ist ein Bericht in dieser Tagung er- eingestellte Lehrer kommt nicht aus Schleswig- beten worden. Deshalb lasse ich zunächst darüber Holstein. Wir sind ein Bildungsland, das offen ist abstimmen, ob der Bericht in diese Tagung gegeben für Neue und für Neues. werden soll. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist ein- Auch in anderen Punkten gibt es bereits vereinbarte stimmig so beschlossen. Schritte der KMK und der Gemeinsamen Wissen- schaftskonferenz, die nur noch von den Ländern Dann erteile ich für die Landesregierung der Minis- umgesetzt werden müssen. Aber das wird in den terin für Bildung und Wissenschaft, Frau Professor nächsten Monaten geschehen. Die qualitative Ver- Dr. Wara Wende, das Wort. gleichbarkeit und die Sicherung der Qualitäts- (Martin Habersaat [SPD]: Großer Tag heu- maßstäbe zum Beispiel stehen längst auf unserer te!) Agenda. Auch das haben Sie bereits eben erwähnt, 1914 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und dass manchmal an unseren Schulen Lehrkräfte die Wissenschaft: gleiche Arbeit verrichten, aber unterschiedlich be- zahlt werden, weil sie eben einen unterschiedlichen Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen Ausbildungsweg gegangen sind. Diese Situation und Herren Abgeordnete! Eines will ich vorweg sa- beschreibe ich deutlich, vielleicht gelegentlich zu gen: Für mich als Seiteneinsteigerin in die Politik hart, immer aber als eindeutig unbefriedigend. ist es immer wieder interessant, wie Politik gele- gentlich funktioniert. Als jemand, der sich lieber (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Gedanken zur Sache macht, Betroffenen zuhört und SSW und Uli König [PIRATEN]) Lösungen sucht, empfinde ich das Rollenspiel zwi- Und das gilt umso mehr, als der Bologna-Prozess schen Opposition und Regierung zum Teil als vor- mit seiner Umgestaltung der Ausbildungsgänge auf hersehbares Ritual. Politik ist für mich die Suche Bachelor- und Masterabschlüsse in den Köpfen der nach gemeinsamen Lösungen. Dafür werde ich meisten Akteure noch nicht angekommen zu sein auch in Zukunft kämpfen. scheint, zumindest gilt das für die Konsequenzen, Doch zur Sache: Ich bin an Analyse, am Sachpro- die damit verbunden sind. Die Umstellung der Stu- blem und an den besten Lösungen interessiert. Zur diengänge geht nämlich einher mit gleich langen Sache und zur Analyse gehört, dass die geplante Ausbildungszeiten. Das wird an den Schulen den neue Lehrerausbildung unmittelbar nichts mit der Eindruck der Ungleichheit in der Lehrerbezahlung Besoldungsfrage zu tun hat. Ich will an der Stelle in Zukunft noch verstärken. Das aber betrifft nicht auch sagen - in der jüngsten Sitzung des Bildungs- nur Schleswig-Holstein, es betrifft nicht nur die Si- ausschusses ist dies überdeutlich geworden -, dass tuationen an unseren Schulen, sondern das ist ein die Arbeit an diesen Neuerungen von einem ausge- bundesweites Problem, zumindest in den acht Län- sprochen konstruktiven Geist der beiden Universi- dern, die vom Staatsexamen weggegangen sind und täten getragen ist. Der Bildungs- und Wissen- auf die Bachelor- und Masterstruktur umgestellt ha- schaftsdialog trägt ganz offensichtlich Früchte. Ich ben. sage Dank an Sie, an die Universitäten im Land und Es macht keinen Sinn, Wahrheiten zu verschleiern, an alle, die sich daran beteiligt haben. wenn man sie erkannt hat. Ich kippe auch keine sü- Kern der aktuellen Diskussion über die Zusammen- ße Soße über die bittere Wahrheit, dass wir zu we- führung des Lehramts an Gemeinschaftsschulen nige Lehrerstellen haben. Ich analysiere die Situati- und Gymnasien zu einem einheitlichen, fachlich on, lote aus, was machbar ist, und dann handle ich. gymnasial ausgerichteten Lehramt mit mehr Praxis- Bei den Lehrerstellen führte das schon kurz nach Anteilen betrifft in der Mehrzahl Lehrkräfte mit der Regierungsantritt dazu, dass wir 300 Stellen an un- gleichen Eingangsbesoldung, nämlich mit A 13. sere Schulen zurückgegeben haben. Am Ende unse- rer Regierungszeit - in vier Jahren - werden wir Die Besoldungsfrage hängt nicht mit der Neukon- 750 Lehrer und Lehrerinnen mehr im System haben struktion unserer Lehramtsausbildung zusammen, als gegenüber dem Abbaupfad der Vorgängerregie- sondern mit der Abschaffung eines Lehramts für rung. Grund- und Hauptschulen und mit dem Be- schluss, ein reines Grundschullehramt einzuführen, (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und diese Grundschullehrkraft dann auf A 12 als ei- und SSW) ner niedrigeren Eingangsbesoldung festzulegen. Die Wahrheit mit Blick auf die Besoldung und die Das, liebe Regierungsvorgängerinnen und -vorgän- eben genannte Schieflage ist: Schnell wird man das ger von CDU und FDP, ist eine Folge der Reform, gesamte Problem in Zeiten der Haushaltskonsoli- die Sie auf den Weg gebracht haben, bei der Sie dierung und der Schuldenbremse nicht lösen kön- aber offensichtlich nicht die Konsequenzen mitge- nen. Deswegen aber das Thema gar nicht anzuspre- dacht haben. chen, weil wir es kurzfristig nicht lösen können, se- (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN he ich als wenig zielführend. Nein, das Thema Leh- und SSW) rer- und Lehrerinnenbesoldung liegt auf dem Tisch, wird in den folgenden Monaten zu Arbeitsrunden Es wird klar: Man sollte die Dinge nicht miteinan- führen, und wir werden es diskutieren. Das Wohl- der vermischen. Das taugt allenfalls bei einem feile liegt mir dabei nicht, Klarheit und Wahrheit oberflächlichen Blick für einen Tageserfolg. Für sind mir lieber. mehr taugt es nicht. Der aktuelle Grundsatz in unse- rem Besoldungssystem ist: Die Besoldung richtet Man merkt: Die Opposition hat das Thema Lehrer- sich nach der Länge der Ausbildung. Es ist so, besoldung weniger wegen der Lehrer und Lehrerin- Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1915

(Ministerin Dr. Waltraud Wende) nen auf die Tagesordnung genommen und weniger diese Demütigung Ihrerseits in kürzester Zeit abge- wegen der Tatsache, dass wir Lehrerinnen und Leh- stellt wird. Davon habe ich heute in Ihrem Bericht rer nicht immer gleich besolden, sondern vor allem zur Entwicklung der Lehrerbesoldung nichts, aber deshalb, weil sie die Politik der Landesregierung auch gar nichts gehört. diskreditieren will. (Beifall Daniel Günther [CDU]) (Zuruf Christopher Vogt [FDP]) Sehr geehrte Damen und Herren, im Augenblick So werden wider besseres Wissen und egal, ob es sind Sie ja noch nicht einmal in der Lage, den Tari- zusammenpasst, die Themen Lehrerausbildung und fabschluss für Angestellte im öffentlichen Dienst Lehrerbesoldung in einen Topf geworfen, gerührt auf die Lehrer eins zu eins zu übertragen. Das al- und geschüttelt, auf dass die Mischung dem politi- lerdings empfinde ich - ich weiß, dass es viele Be- schen Gegner ordentlich schade. amte in diesem Land auch tun - in der Tat als wirk- lich demütigend. (Volker Dornquast [CDU]: Wenn man Ihnen das glauben könnte, was Sie sagen!) (Vereinzelter Beifall CDU) Lassen Sie uns stattdessen - ich lade Sie dazu ein - Sie stellen Angestellter besser als Beamte und trei- länderübergreifend dafür streiten, dass es keine zu ben damit einen finanziellen Spalt in die Lehrer- großen Divergenzen innerhalb der Lehrerschaft und zimmer. Schlimmer noch: Frau Ministerin, Sie tra- der Besoldung dieser Lehrerschaft gibt. Auch hier gen als Mitglied der Landesregierung die Verant- setze ich auf Dialog und hoffe, dass sich die Oppo- wortung dafür, dass es bis 2018 keine weitere Über- sition konstruktiv an der Suche nach guten Lösun- tragung der Tarifabschlüsse auf die Lehrkräfte ge- gen beteiligt. - Ich freue mich sehr über Ihr Interes- ben wird. Meine Damen und Herren, das ist Cash se am Thema. aus der Täsch der Lehrer in die Täsch des Minister- präsidenten. (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Sven Krumbeck [PIRATEN]) (Vereinzelter Beifall CDU) Frau Ministerin, in der Bildungsausschusssitzung Vizepräsidentin Marlies Fritzen: wollten Sie Ihre Vorstellungen über die Besoldung Meine Damen und Herren, die Ministerin hat vor der Lehrkräfte, die Sie zukünftig ausbilden wollen, lauter Freude ihre Redezeit um gut 1 Minute 30 Se- nicht preisgeben und haben lediglich auf das Ver- kunden überzogen. halten der Vorgängerregierung verwiesen. Das kann man tun. Das sagt allerdings nichts darüber (Volker Dornquast [CDU]: Wenn sie wenig- aus, was Ihre eigenen Vorstellungen und Ihre eige- stens die Zeit genutzt hätte, um etwas zu sa- nen Handlungsweisungen betrifft. Auch dazu haben gen!) wir hier heute nichts weiter erfahren können. Diese Zeit steht jetzt selbstverständlich Ihnen allen Wollen wir doch einmal ehrlich sein: So viele zur Verfügung. Ich rufe für die weitere Aussprache Möglichkeiten bei der Besoldung von Lehrkräf- Frau Abgeordnete Heike Franzen von der CDU- ten gibt es ja nicht. Die Frage ist doch in der Tat: Fraktion auf. - Sie haben das Wort. Alle eine Stufe rauf oder alle eine Stufe runter? Frau Ministerin, dann nennen Sie doch einmal Ross Heike Franzen [CDU]: und Reiter, und sagen Sie uns auch bitte, wann die Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und denn loslaufen sollen! Wann wollen Sie die Lehrer- Herren! Frau Ministerin, herzlichen Dank für Ihren besoldung im Land verändern, sodass die Demüti- Bericht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau gungen in unseren Gemeinschaftsschulen ein Ende Ministerin, Sie haben in der letzten Sitzung des Bil- haben? dungsausschusses die Besoldungssituation an den Meine Damen und Herren, machen wir uns nichts Gemeinschaftsschulen in Schleswig-Holstein als vor: Uns allen ist doch die Situation des Landes- „demütigend“ bezeichnet. Frau Ministerin, Sie sind haushalts bewusst. Auch einer verantwortlichen nun seit fast einem Jahr die Dienstherrin dieser Be- Bildungsministerin muss doch klar sein, dass sie amten und dulden seitdem offensichtlich einen Zu- handeln muss, wenn sie eine Situation in ihrem stand, der nach Ihrer Aussage demütigend ist. Im Verantwortungsbereich als demütigend bezeichnet. Rahmen der Fürsorgepflicht, die Ihnen als Vorge- Das erwarten Ihre Beamten zu Recht von Ihnen, setzte zukommt, muss man wohl davon ausgehen Frau Ministerin. können, dass Sie dafür Sorge tragen werden, dass 1916 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Heike Franzen)

Sie haben gerade deutlich gemacht, dass die neue liegen, deutlich schlechter besoldet werden. Dass Lehrerausbildung nichts mit der neuen Lehrerbesol- diese Spaltung immer absurder wird, muss ich nicht dung zu tun hat. Das nehme ich jetzt erst einmal zur weiter begründen. Kenntnis; das ist eine sehr interessante Aussage. Ich erinnere mich noch persönlich an Situationen, Dann haben Sie noch einmal darauf hingewiesen, bei denen sich die Lehrkräfte gemeinsam in einem dass Sie Analyse betreiben, ausloten und dann han- Lehrerzimmer wunderten, warum sie auf der einen deln. Dazu fordere ich Sie auf. Analyse haben Sie Seite in der kommenden Stunde in einen Kurs ge- betrieben. Jetzt loten Sie bitte aus, und handeln Sie hen sollten, der ein größerer Kurs für leistungsstär- bitte auch - und so zeitnah, dass das bitte noch in kere Schülerinnen und Schüler war, und sie nur Ihrer Regierungsphase passiert! nach A 12 besoldet wurden, während jemand ande- res in dem gleichen Fach in einem anderen Kurs Noch eine letzte Anmerkung. Frau Ministerin, auch mit weniger Schülerinnen und Schüler und lei- wenn Sie es ständig wiederholen: Es wird nicht stungsschwächeren eine A-14-Besoldung erhielt. richtiger, dass diese Landesregierung 750 Planstel- Der unterschiedliche Unterrichtseinsatz ist richtig, len weniger abbaut, als die andere Landesregierung denn Lehrkräfte sollten da eingesetzt werden, wo geplant hat. Ich verweise noch einmal auf die Vor- sie die Schüler am besten qualifizieren können. lage, die die Finanzministerin vor einiger Zeit vor- Doch die Besoldungsunterschiede sind ungerecht. gelegt hat. Ihre Rendite beträgt ganze 190 Planstel- len. Das ist mehr, als die alte Landesregierung ge- Der Antrag der CDU lässt den Eindruck aufkom- plant hat, aber es sind keine 750. Bitte bleiben Sie men, dass dieses Gerechtigkeitsdefizit die persönli- an der Stelle bei der Wahrheit, der Sie sich doch so che Schuld von Ministerin Wende sei und nicht ei- sehr verpflichtet fühlen! - Vielen Dank. ne Erblast, (Beifall CDU und FDP) (Volker Dornquast [CDU]: Wo steht das denn?) Vizepräsidentin Marlies Fritzen: die unser Besoldungssystem schon länger mit sich Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die SPD-Frakti- herumschleppt, als es die Bundesrepublik Deutsch- on erteile ich dem Abgeordneten Kai Vogel das land überhaupt gibt. Wir vertreten das Prinzip, dass Wort. für gleiche Arbeit gleicher Lohn gezahlt werden sollte. Nun kann man das nicht mit einem Feder- Kai Vogel [SPD]: strich umsetzen. Alle Lehrer in der Besoldungs- gruppe A 14 zu bezahlen, also auf dem Niveau ei- Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen! Mei- nes Oberstudienrats an Gymnasien, scheitert an der ne Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, vielen Haushaltslage. Alle derzeit in unseren Schulen ar- Dank für den ehrlichen Bericht zur Lehrerbesol- beitenden Lehrkräfte von heute auf morgen auf dung. A 13, also die Besoldungsgruppe der Realschulleh- Das System der Lehrerbesoldung in Deutschland rer und der großen Masse der Gymnasiallehrkräfte, kann man treffend mit zwei Wörtern beschreiben: zu vereinheitlichen, würde Gewinner und Verlierer Es ist überkompliziert, und es ist ungerecht. Man schaffen. Jede Überlegung kann sich daher nur auf kann es auch, wenn man will, mit anderen Worten die künftig einzustellenden Lehrkräfte richten, beschreiben als mit dem Begriff „demütigend“; es deren Ausbildung sich an den neuen Schulstruktu- ist wirklich weit weg von der Realität. Das Landes- ren orientiert. besoldungsgesetz beschreibt ein Labyrinth von Ein- Die Durchsetzung der Studienordnungen nach dem gruppierungen und Sonderzahlungen, durch das nur Bologna-Modell hat zu einer grundsätzlich gleichen die wenigsten Experten hindurchfinden. Ausbildungszeit für alle Lehrkräfte geführt. Dies ist Wir haben uns traditionell mit einer Philosophie ab- ein weiterer Grund dafür, in der Perspektive zu gefunden, wonach diejenigen, die die intensivste mehr Gerechtigkeit bei der Besoldung zu gelangen. fachwissenschaftliche Qualifikation benötigen, Das wird nicht in einem Durchgang zu erledigen also die Gymnasiallehrerkräfte, Anspruch auf das sein. höchste Einkommen hätten. Hingegen müssten die Wer aber hier und heute den großen Wurf zulasten Lehrkräfte an den Schularten, bei denen die Her- des Landeshaushalts einfordert, muss auch sagen, ausforderungen nicht in erster Linie in der Fachwis- wie er bezahlt werden könnte. Der einzige Weg, der senschaftlichkeit, sondern in den besonderen päd- sich hierzu zeigt, ist der, den wir auf keinen Fall ge- agogischen Anforderungen ihrer Schülerklientel hen wollen, und zwar den Weg zum Abbau von Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1917

(Kai Vogel)

Lehrerstellen zu beschleunigen. Auch wenn man- samkeit bekommen könnte -, ist, dass uns die Leute che es nicht gern hören, und auch wenn ich hier gesagt haben: Schleswig-Holstein solle mehr verbe- über meinen eigenen Berufsstand rede: Die deut- amten, weil das für die Lehrkräfte, die neu einge- schen Lehrerkräfte haben im internationalen Ver- stellt werden, viel besser sei, weil der Nettounter- gleich ein hohes Einkommen; nur ihre Kollegen in schied im Einkommen so deutlich sei. der Schweiz und in Luxemburg verdienen deutlich Das ist das, was ich in den Lehrerkollegien in der mehr. letzten Zeit gehört habe. Da ist es schwierig, an die- Aus diesen Gründen unterstützt meine Fraktion die ser Stelle von einer Spaltung der Kollegien zu spre- Position, die Frau Ministerin Wende eben dargelegt chen. Es ist über Jahrzehnte und parteiunabhängig hat. Wir alle werden im Plenum und im Bildungs- ein System gewachsen, und diesen Knoten kann ausschuss Gelegenheit haben, uns mit diesem The- man nicht einfach zerschlagen, aber man kann ma, den Zusammenhängen der grundsätzlichen Re- schon einmal deutliche Worte finden, dass die Si- form der Lehrerausbildung und den Fragen der tuation nicht glücklich ist. künftigen Besoldung zu beschäftigen. - Ich danke (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. und SSW) (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ich sehe schon eine Kopplung mit der Neuausrich- und SSW) tung der Lehrerausbildung. Ich möchte mich bei der Ministerin dafür bedanken, wie viel Fahrt sie in die- Vizepräsidentin Marlies Fritzen: ses Thema zusammen mit den Universitätspräsidien Vielen Dank. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE gebracht hat. Das haben wir lange vermisst. Jetzt GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Anke Erdmann rollt der Zug auf einem guten Gleis. Und spätestens das Wort. im Fahrwasser einer neuen Lehramtsausbildung müssen wir dann auch über die Zukunft der Besol- Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: dung reden. Ich würde aber sagen, wir machen einen Schritt nach dem anderen. Erst einmal muss Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr dieser Zug fahren. geehrte Frau Franzen, Sie haben der Ministerin ge- rade vorgeworfen, dass sie Dinge dulden würde, Ich kann aber sagen, was für uns Kriterien wären, von denen sie offensichtlich findet, dass sie unge- an denen wir uns orientieren. Das ist nicht immer recht seien. Sie in der CDU-Fraktion scheinen noch einfach in Übereinstimmung zu bringen. Das eine nicht einmal erkannt zu haben, dass es in den Leh- ist, dass vergleichbare Studienabschlüsse zu einer rerkollegien ein Problem gibt. Das finde ich viel be- vergleichbaren Besoldung führen müssen. Das ist denklicher, als dass die Ministerin an einer Stelle für uns ganz klar. Das war auch eine Frage, die man klare Worte gefunden hat. der CDU-Regierung schon hätte stellen müssen. Sie hat auf diese Frage aber keine Antwort gehabt. Des- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und halb haben Sie heute auch keinen Antrag, sondern SSW) nur einen Berichtsantrag gestellt. Wenn ich Ihren Antrag richtig lese, scheinen Sie in Der zweite Punkt ist, dass wir natürlich im Blick Sachen Lehrerbesoldung momentan alles rund zu haben müssen, dass wir bundesweit einen Fach- finden. Wir finden das nicht. Es ist schon angespro- kräftemangel im Lehrerbereich bekommen wer- chen worden. Es gibt ganz unterschiedliche Proble- den. Wir müssen schauen, dass wir im Bundesver- me und Fragestellungen in den Kollegien. Es gibt gleich für alle Lehrämter attraktiv sind. sehr unterschiedliche Laufbahnen, es gibt ganz un- terschiedliche Pflichtstundenzahlen, die die Lehr- Der dritte Punkt - und da wird es dann schwierig - kräfte je nach Laufbahn zu unterrichten haben. Es ist der begrenzte haushalterische Spielraum. gibt einen sehr großen Unterschied in den Kollegi- Aber so bedauerlich es jetzt auch ist - die Ministe- en zwischen Befristung und Daueranstellung, und rin sagte, man müsse keine süße Soße über eine bit- es gibt auch - das haben Sie angesprochen, Frau tere Wahrheit schütten -, und auch, wenn wir beste- Franzen - den Unterschied zwischen Angestellten hende Unwuchten momentan nicht beseitigen kön- und Beamten. nen, muss man einfach feststellen, dass uns mo- Was ich höre, wenn ich in den Schulen bin - ich mentan die finanzielle Kraft fehlt, um hier so ge- weiß nicht, was die Lehrkräfte Ihnen erzählen, Frau genzusteuern, wie sich das viele hier im Raum Franzen; ich wäre dankbar, wenn ich Ihre Aufmerk- wünschen. Wir wollen die Weichen neu stellen, vor 1918 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Anke Erdmann) allen Dingen, wenn die neuen Studierenden die wollen, weil wir mehr Schülerinnen und Universität nach einer neuen Ausbildung verlassen. Schüler an Oberstufen haben wollen? Das geht also peu à peu. Das ist ein dickes Brett, und die Arbeit liegt noch vor uns. Ich würde mich Anita Klahn [FDP]: freuen, wenn die Opposition im Bildungsausschuss konstruktiv an einer Lösungsfindung mitarbeiten Also, wir werden zukünftig wahrscheinlich weniger würde. - Vielen Dank. Schülerinnen und Schüler haben. Die Schulent- wicklungspläne, die ich kenne, zeigen, dass 2020 (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD weniger Schüler da sein werden. Das war auch im- und SSW) mer die Berechnung, die CDU und FDP aufmachen mussten, um festzustellen, dass wir wahrscheinlich Vizepräsidentin Marlies Fritzen: weniger Lehrer benötigen werden. Das war ein Punkt, der uns in der letzten Legislaturperiode stark Vielen Dank. - Bevor wir in der Aussprache fort- umgetrieben hat. fahren, bitte ich Sie, mit mir gemeinsam Schülerin- nen und Schüler des Jungmann-Gymnasiums aus Das andere ist: Die Schülerinnen und Schüler wer- Eckernförde sowie der Fachhochschule Altenholz den länger im System sein, wenn sie länger zur bei uns im Kieler Landtag zu begrüßen. - Herzlich Schule gehen. Und wenn Sie Oberstufen einrichten, willkommen! müssen wir auch noch darüber sprechen, wie viele Schüler wir haben. Denn Sie müssen die Oberstu- (Beifall) fen ja auch mit einem Personalbestand so ausstat- Für die FDP-Fraktion erteile ich der Frau Kollegin ten, dass sie alle Profile, den Fächerkanon anbieten Anita Klahn das Wort. können. Das war heute Morgen die Frage. Ob 3, 5, 7 oder 10,5 Planstellen, wie viele brauchen sie? Das Anita Klahn [FDP]: ist unter dem Strich auch unabhängig davon, ob sie 15 Schüler in der Klasse haben oder tatsächlich 20 Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen unterrichten müssen. Wenn sie die Oberstufen an- und Herren! Ich möchte gleich an den letzten Satz bieten, dann müssen sie den Fächerkanon sicher- der Kollegin Erdmann anknüpfen, die eben ihr Be- stellen, und dafür brauchen sie eine Mindestanzahl dauern darüber ausgedrückt hat, dass die finanzielle von Lehrern. Und wenn Sie weniger Schüler haben, Kraft hier im Land fehlt, um das Ergebnis des Ta- brauchen Sie die Lehrer trotzdem. rifvertrags zu übertragen. Ich möchte dann die Fra- ge stellen - vor dem Hintergrund, dass hier heute (Christopher Vogt [FDP]: Das ist eine andere Morgen vollmundig verkündet worden ist, dass Diskussion, die hatten wir heute Morgen!) wenn man mehr Oberstufen möchte, man das auch - Genau. hinbekäme -: Wissen Sie, dass Oberstufen dann auch zusätzliches Geld kosten? Können Sie mir er- Vizepräsidentin Marlies Fritzen: klären, wie Sie es schaffen wollen, bei finanziell knappen Mitteln Oberstufen zu finanzieren, aber Frau Kollegin, gestatten Sie eine weitere Bemer- die Übertragung des Tarifvertrages nicht hinbekom- kung der Frau Abgeordneten Erdmann? men? - Ich lasse die Zwischenfrage zu. Anita Klahn [FDP]: Vizepräsidentin Marlies Fritzen: Ja. Dann hat Herr Kollege Habersaat von der SPD- Fraktion das Wort. - Entschuldigung. Vizepräsidentin Marlies Fritzen: Martin Habersaat [SPD]: Frau Klahn, sind Dann hat Frau Erdmann das Wort. wir uns denn im Prinzip darüber einig, dass zusätzliche Kosten für zusätzliche Oberstu- Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- fen nur dann entstehen, wenn wir wirklich NEN]: Sehr geehrte Frau Kollegin Klahn, mehr Schülerinnen und Schüler an diesen auch wenn Sie mich gerade missverstanden Oberstufen haben? Denn ansonsten haben haben, möchte ich trotzdem noch einmal wir für Schüler ja überall die gleichen Leh- nachfragen. Habe ich es jetzt richtig verstan- rerkosten. Ist es nicht eigentlich ein Ziel, den, dass wenn wir auf die Oberstufen ver- dass wir teilen, dass wir mehr Geld ausgeben zichten würden, wir den Tarifabschluss im Land eins zu eins übernehmen könnten? Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1919

Anita Klahn [FDP]: zeit- und wirkungsgleich an der Tarifeinigung im Öffentlichen Dienst teilhaben zu lassen, von einer Das habe ich so nicht gesagt. Ich habe Sie gefragt, sehr geringen Wertschätzung zeugt. Nun haben Sie wo denn Ihr Willen ist, dass eine umzusetzen, wenn angekündigt, eine Anpassung vornehmen zu wol- Sie doch offensichtlich auch den Willen bekunden, len. andere Dinge umzusetzen, ob es da einen Unter- schied in der Bewertung gibt. Das war die Frage. (Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist erst Morgen dran! - Peter (Peter Eichstädt [SPD]: Wenn wir nur Zwer- Eichstädt [SPD]: Falsche Rede!) genschulen hätten, dann können wir Lehrer auch besser bezahlen, das stimmt!) Heißt dies lediglich für die Lehrer? Haben Sie mit der Finanzministerin schon darüber gesprochen? - Natürlich. Die Zwergenschule wäre ja auch nicht Unterschiedliche Besoldung bei unterschiedlichen schlecht, wenn ich das richtig verstehe, was ich teil- Aufgaben, die eine unterschiedliche Qualifikation weise so höre, nämlich eine Eins-zu-eins-Betreu- erfordern, ist in Ordnung? ung. (Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE In diesem Zusammenhang ist die Aussage der GRÜNEN]: Es geht um die Lehrerbesoldung Ministerin - der ich im Übrigen auch für den aus- und nicht um die Tarifabschlüsse!) führlichen Bericht und der Darstellung danken möchte, wie sie arbeitet; nämlich dass sie erst ana- Das finden wir überall in unserer Verwaltung. lysiert und dann ab und zu vielleicht auch etwas Wenn in den Gemeinschaftsschulen gleiche Aufga- deutlicher artikuliert - von der demütigenden Besol- ben bei unterschiedlicher Besoldung und unter- dung von Lehrkräften sehr bemerkenswert, insbe- schiedlichen Aufstiegschancen wahrgenommen sondere, wenn so etwas von der Ministerin, der werden, muss man fragen, warum. Wenn hier eine Dienstherrin, kommt. Das ist auch bemerkenswert Ungleichbehandlung entsteht, die nicht begründbar vor dem Hintergrund dessen, was ich gerade ange- ist, muss diese selbstverständlich beseitigt werden. fangen hatte auszuführen, nämlich dass die Landes- Dies ist aber die Aufgabe und die Pflicht des regierung plant, allen Beamten des Landes die zeit- Dienstherrn. Wenn die Ministerin von demütigend und wirkungsgleiche Übertragung des Tarifvertra- spricht, muss man fragen, warum sie noch nicht ge- ges im Öffentlichen Dienst zu versagen. handelt hat. (Beifall FDP) (Beifall Christopher Vogt [FDP] und Heike Franzen [CDU]) Stattdessen sollen sie verspätet mit Erhöhungen ab- gespeist werden. Die Beamten sind aus meiner Sie hat heute Morgen von Analysen gesprochen. Wahrnehmung heraus somit das Sparschwein der Dann hat sie das also schon längst analysiert und Landesregierung für ihre konsumtiven Ausgaben- hätte auch handeln können. steigerungen für ihre Wahlgeschenke. Besonders Aus den Plänen der Ministerin, Lehrer für Gemein- beachtlich ist, dass unsere Warnungen und Auffor- schaftsschulen auch auf Oberstufenniveau auszubil- derungen im Zusammenhang mit den Beratungen den, ergibt sich eine weitere Frage: Wie sollen die- des Haushalts, mehr Vorsorge zu treffen, konse- se Lehrer zukünftig besoldet werden? Was passiert, quenterweise mit dem Verweis, man wolle den Ta- wenn die bisherigen in Flensburg ausgebildeten rifverhandlungen nicht vorgreifen, ignoriert wor- Lehrerinnen und Lehrer nun auch an der Oberstufe den sind, jetzt aber die Besoldung für die nächsten unterrichten dürfen, wenn sie also die gleiche Qua- fünf Jahre zementiert werden soll. Wenn das kein lifikation erhalten wie Lehrer für das Gymnasium? Vorgriff ist, meine Damen und Herren! Nach unserer Überzeugung müssen diese Lehrer Wir werden Sie damit nicht so einfach vom Hof dann auch so besoldet werden wie die Gymnasial- lassen. Sie wollen reale Gehaltskürzungen bei den lehrer. Gleiche Qualifikation, gleiche Besoldung. Beamten durchsetzen, sagen jedoch, dass die Besol- Wenn es das Ziel der Landesregierung ist, eine dung heute schon demütigend ist. Wir erwarten von Lehrerausbildung für die Gemeinschaftsschule zu Ihnen, dass Sie sich im Kabinett für die Lehrer, die etablieren, bei der der Lehrer bis zum Abitur unter- auch Beamte sind, starkmachen. Sie dürfen den Be- richten kann und soll, dann werden wir um höhere soldungsplänen der Landesregierung so nicht zu- Kosten beim Personal nicht herumkommen, Perso- stimmen. nalkosten, die schon jetzt so hoch sind, dass sich Ich bin ausnahmsweise auch Ihrer Meinung, dass die Landesregierung nicht imstande sieht, eine an- der Wille der Landesregierung, die Beamten nicht gemessene Besoldungsanpassung vorzunehmen. 1920 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Anita Klahn)

Meine Damen und Herren, die Frage wird wichtig, Stundenverpflichtungen der verschiedenen Lehrer, wenn es um die Finanzierung der Pläne der Minis- und wir haben Unterschiede zwischen Beamten und terin geht: Werden künftig alle Lehrer, die an Ge- Angestellten. Wir sind uns alle darüber einig, dass meinschaftsschulen mit Oberstufen unterrichten, die aktuelle Situation ungerecht ist. Frage an Frau mit einer höheren Besoldungsstufe eingestellt als Franzen: War es jemals gerechter? - Ich glaube bisher? Ich frage mich vor allen Dingen an der Stel- nicht. le auch: Wie ist es mit den Lehrern, die an Gemein- (Heike Franzen [CDU]: Doch!) schaftsschulen ohne Oberstufe unterrichten? Dürfen oder müssen die dann eine andere Besoldung be- Wir haben jetzt die historische Chance, an dieser kommen? Das ist nicht geklärt. Stelle etwas zu ändern. Eine gleich lange Ausbil- dung sollte zu einer gleichen Besoldung führen. Wenn Sie sie höher besolden werden, hat das auf Wenn wir an der Besoldung drehen, wird es Gewin- jeden Fall ganz gravierende Auswirkungen auf den ner und Verlierer geben. Die Verlierer werden sich Landeshaushalt. Dies würde unserer Meinung nach wahrscheinlich gegen uns wenden. Um nur Gewin- strukturelle Einsparungen notwendig machen. Oder ner zu erzeugen, haben wir nicht das Geld im Lan- sollen diese neuen Oberstufengemeinschaftsschul- deshaushalt. Das können wir uns nicht leisten. lehrer trotz höherwertiger Qualifikation geringer entlohnt werden? Will man dann hierfür Studieren- Allerdings glaube ich auch, dass für die Anpassung de finden? der Besoldung noch Zeit ist. Wir sind gerade da- bei, die Ausbildung der Lehrer umzubauen. Bis Damit wäre das Modell mit Oberstufe schon vor diese Lehrer fertig sind, haben wir wahrscheinlich dem Beginn tot. Oder will man mittelfristig doch noch sieben bis acht Jahre Zeit. Das heißt, wir brau- den Gymnasiallehrer abschaffen? chen es nicht über das Knie zu brechen. Ich habe eine Bitte an die Ministerin. Sie sagen, Sie (Beifall Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ analysierten, informierten und machten Planungen. DIE GRÜNEN] und Anke Erdmann [BÜND- Ich bitte Sie inständig, auch das Parlament frühzei- NIS 90/DIE GRÜNEN]) tig und umfassend einzubinden und zu informieren, damit es nicht zu solchen Diskussionen wie heute - Danke. - Frage an Frau Wende: Wann ist es so Vormittag kommt. - Vielen Dank. weit? Wann werden wir uns darum kümmern? Da- zu hätte ich von Ihnen gern eine Auskunft. Das (Beifall FDP und vereinzelt CDU) können wir bestimmt in der nächsten Ausschusssit- zung klären. Und: Wird der Landtag einbezogen? Vizepräsidentin Marlies Fritzen: Das ist mir bei dieser Frage ganz wichtig. Wir soll- Für die Piratenfraktion erteile ich dem Herrn Abge- ten nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden. ordneten Uli König das Wort. Wir haben auch das Problem, dass zwischen Beam- ten und Angestellten seit Ewigkeiten eine Kluft Uli König [PIRATEN]: besteht. Das ist nichts Neues. Daran müssen wir ar- Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen beiten. Wir PIRATEN haben die eine oder andere und Herren - die noch da sind! Als ich die Begrün- Idee, wie wir das verbessern können. Wenn das ge- dung des Antrags gelesen habe, musste ich erst ein- wünscht wird, werden wir das einbringen. Frau mal darüber nachdenken. Darin steht, die Ministe- Wende, ich danke Ihnen dafür, dass Sie uns das An- rin soll das Wort „demütigend“ gesagt haben. Ich gebot gemacht haben, unsere Ideen einzubringen. konnte mich im ersten Augenblick nicht richtig dar- Wir werden das gern annehmen. an erinnern. Ich hätte mir gern die Tonaufzeich- Es ist wichtig, erst die Inhalte zu klären - ich habe nung der Ausschusssitzung angehört. Das war lei- das gerade angedeutet - und erst dann das mit dem der nicht machbar. Eine Tonaufzeichnung ist leider Geld. Wir müssen auch erst einmal die Tarifver- öffentlich nicht verfügbar. Ein Wortprotokoll gibt handlungen abwarten, die Frau Klahn so stark be- es nicht. Ich bedanke mich bei Frau Franzen, dass tont hat; ihr wurde ja schon unterstellt, sie habe den Sie unsere alte PIRATEN-Forderung unterstützt, falschen Redezettel erwischt. dass wir Live-Aufzeichnungen und -mitschnitte von Ausschüssen haben wollen. Vielen Dank dafür! Was wir jetzt klären müssen, ist die Frage: Welche Lehrer brauchen wir überhaupt? Ich rede von dem Zum Thema. Wir reden über unterschiedliche Be- Bedarf, und zwar nicht von dem bundesweiten Be- soldungen, die aufgrund der Länge der Ausbildung darf, sondern von dem Bedarf in Schleswig-Hol- zustande kommen. Wir reden über unterschiedliche stein. Wir haben das schon in der letzten Aus- Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1921

(Uli König) schusssitzung angesprochen. Welches sind die CDU tatsächlich um das Wohl der Lehrerinnen und Mangelfächer? Außerdem müssen wir klären: Wel- Lehrer im Land ginge, dann hätte sie sich doch che Studieninhalte müssen wir vermitteln? Was ist schon viel früher für dieses Thema einsetzen kön- wie anzusiedeln? Wo kommt die Fachtiefe ins nen - ja, eigentlich sogar müssen. Denn das Pro- Spiel, wo die Didaktik? Das sind wichtige Fragen. blem gibt es nicht erst seit gestern. Eins muss ich deshalb deutlich sagen: So wichtig qualifizierte und Zum Schluss habe ich zwei Fragen an die Damen motivierte Lehrkräfte auch sind, der gewählte Zeit- aus der Opposition: punkt für diese Initiative zeigt deutlich, dass nicht Frau Franzen, finden Sie dieses System gerecht? die faire Besoldung das vorrangige Ziel der CDU Wenn ja, fände ich das schlimm. Wenn nein, bitte ist, sondern ganz einfach das Unruhestiften. ich Sie, konstruktive Verbesserungsvorschläge zu Die Haushaltslage des Landes ist hinlänglich be- machen und den Vorschlag der Ministerin anzuneh- kannt. Trotzdem hat sich die rot-grün-blaue Koaliti- men. on zum Ziel gesetzt, den Bildungsbereich in Schles- Frau Klahn, verlassen Sie den Pfad der monothe- wig-Holstein nachhaltig zu stärken. Wir haben uns matischen Performance, oder bleibt das so? - Vie- auf den Weg gemacht und zusätzliche Lehrerstellen len Dank. geschaffen. Wir sind in einen beispiellosen Dialog (Heiterkeit und Beifall PIRATEN und SPD - mit allen Betroffenen getreten. Auch die Reform Anita Klahn [FDP]: Wie bitte? Das können der Lehrerbildung ist, nicht zuletzt aufgrund der gu- wir bilateral klären!) ten Mitarbeit der Universitäten, auf einem guten Weg. Sie alle wissen, dass ein solcher Prozess Zeit braucht. Gerade weil wir diese Reform gründlich Vizepräsidentin Marlies Fritzen: angehen, ist diese Zeit notwendig. Sie sehen also, Für den SSW erteile ich der Frau Kollegin Jette dass wir uns vor dem Hintergrund der schwierigen Waldinger-Thiering das Wort. Haushaltssituation des Landes für deutlich spürbare Verbesserungen im Bildungsbereich einsetzen. Jette Waldinger-Thiering [SSW]: Ich will hier nichts kleinreden. Aber wenn die CDU Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehr- die geplante Reform der Lehrerausbildung zum te Damen und Herren! Oberflächlich betrachtet Anlass nimmt, um die Besoldung unserer Lehrkräf- scheint die CDU nun endgültig ihr Herz für Lehre- te zu thematisieren, dann will ich klar sagen, dass rinnen und Lehrer entdeckt zu haben. Mit ihrem hier recht wahllos und vorschnell Dinge miteinan- Antrag zur Zukunft der Lehrerbesoldung haben die der vermischt werden. Denn wenn wir zum Beispiel Kollegen vermutlich ausschließlich die Interessen über die Zusammenführung der Lehrämter an Gym- der Lehrerschaft im Blick. Es wird auf die Aussage nasien und Gemeinschaftsschulen sprechen, dann der Ministerin verwiesen, wonach die Besoldung wird sich für den überwiegenden Teil keine Ände- von Lehrkräften an Gemeinschaftsschulen demüti- rung bei der Bezahlung ergeben. Hier sind in erster gend sei. Es wird nach konkreten Plänen zur An- Linie gleiche Besoldungsstufen betroffen. Deshalb passung der Besoldung gefragt. Auch die Übernah- hat die geplante Reform der Lehramtsausbildung me oder Nichtübernahme des Tarifabschlusses auf mit dem Problem der ungleichen Bezahlung wenig verbeamtete Lehrerinnen und Lehrer darf natürlich zu tun. nicht fehlen. Fakt ist aber auch, dass gerade jene Pädagogen, die Um ehrlich zu sein: Diese Punkte sind wichtig, und besonders wertvolle Arbeit in den Grundschulen ich halte es für völlig legitim, jeden einzelnen da- leisten, in der Regel weniger verdienen. Diese Tat- von auf die Tagesordnung zu setzen. Besonders die sache ist vor dem Hintergrund einer gleich langen Lohnungleichheit, die in manchen Fällen zwischen Ausbildung durchaus kritikwürdig. Auch die in Tei- Lehrkräften an ein- und derselben Schule besteht, len abweichende Bezahlung der Lehrerinnen und ist aus unserer Sicht ungerecht. Lehrer an Gemeinschaftsschulen ist uns ein Dorn im Auge. Aus Sicht des SSW sollte der Grundsatz Was den SSW an diesem Antrag stört, ist die Tatsa- „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ auch in den che, dass hier - direkt im Anschluss an die emotio- Schulen gelten. nale Debatte zur Lehrerbildung - unterschiedliche Themen zusammengeworfen werden. Uns ist nicht Die Koalition aus SPD, Grünen und SSW hat klar, warum jetzt urplötzlich die Besoldungsfrage selbstverständlich den gemeinsamen Wunsch, diese eine solche Dringlichkeit haben soll. Wenn es der Ungleichheiten zu beheben. Für uns ist klar: Auch in Zeiten der Schuldenbremse muss eine möglichst 1922 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Jette Waldinger-Thiering) weitgehende Angleichung bei der Bezahlung unse- Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das rer Lehrerinnen und Lehrer das Ziel sein. Dieses ist nicht der Fall. Ich erteile zunächst der Frau Be- Thema haben wir auf dem Zettel. Wir werden daran richterstatterin des Bildungsausschusses, Frau Ab- gemeinsam mit den Betroffenen und auch im Bil- geordneter Anke Erdmann, das Wort. dungsausschuss arbeiten. (Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: GRÜNEN) Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Der Ursprungsantrag ist im Laufe der Aus- Vizepräsidentin Marlies Fritzen: schussberatungen und einer schriftlichen Anhörung zu einem fraktionsübergreifenden Antrag gewor- Vielen Dank, Frau Kollegin. - Weitere Wortmel- den. Am 11. April 2013 haben der Finanzausschuss dungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Bera- und der Bildungsausschuss einstimmig empfohlen, tung und stelle zunächst fest, dass der Berichtsan- die modifizierte Variante heute anzunehmen. trag Drucksache 18/736 durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und hat. SSW) Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich teile Ihnen mit, dass die Parlamentarischen Geschäftsführer Vizepräsidentin Marlies Fritzen: sich darauf verständigt haben, den Tagesordnungs- Die Frau Präsidentin dankt der Frau Berichterstatte- punkt 5, hier geht es um den Staatsvertrag und um rin. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist einen Gesetzentwurf zum Sicherungsverwahrungs- nicht der Fall. Mit dem Antrag zu a) wird ein Be- vollzug, ohne Aussprache abzuhandeln. Ich weise richt in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst Sie darauf hin, dass es natürlich möglich ist, Ihre darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Ta- Reden zu Protokoll zu geben. gung gegeben werden soll. Wer dem zustimmen Weiterhin teile ich Ihnen mit, dass man sich darauf will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegen- verständigt hat, dass die gemeinsame Beratung der stimmen. - Stimmenthaltungen? - Damit ist dies Tagesordnungspunkte 7 und 29, Gesetzentwurf und einstimmig so beschlossen. Für die Landesregie- Antrag zu Bestandsdaten im Internet, heute nicht rung erteile ich der Ministerin für Bildung und Wis- mehr erfolgen soll, sondern am Freitag. senschaft, Frau Dr. Waltraud Wende, das Wort.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 36 und 53 auf: Dr. Waltraud Wende, Ministerin für Bildung und Wissenschaft: Gemeinsame Beratung Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Auch wenn der Hochschulpakt uns Geld kostet, so ist er a) Bericht der Landesregierung zum Hochschul- doch eine Erfolgsgeschichte. Mit vereinten Kräften pakt II haben Bund und Länder es geschafft, die gestiege- nen Studienanfängerzahlen, die wir seit 2005 zu Antrag der Fraktion der FDP verzeichnen haben, zu stemmen, und zwar mit Bun- Drucksache 18/738 desmitteln, die wir pro Studienplatz in Höhe von 9.000 € bekommen haben. Das ist schön, und dar- über haben wir uns sehr gefreut. Zunächst war die b) Für eine dritte Programmphase des Hoch- Prognose wie folgt: Man hatte im Hochschul- schulpaktes 2020 pakt II die Prognose, dass wir 275.000 Studienplät- ze mehr haben würden. Diese Prognose musste in Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS der zweiten Phase des Hochschulpaktes II korrigiert 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des werden, und zwar von 275.000 auf 623.000 zusätz- SSW liche Studienanfänger. Das ist eine Steigerung von Drucksache 18/381 mehr als 50 %. Damit hätten die vom Bund im Rah- Bericht und Beschlussempfehlung des Bildungs- men des Hochschulpakts zur Verfügung gestellten ausschusses Mittel nicht ausgereicht. Die Bundesmittel wären Drucksache 18/718 bereits Mitte nächsten Jahres aufgebraucht gewe- sen. Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1923

(Ministerin Dr. Waltraud Wende)

Ich freue mich deshalb sehr, Ihnen mitteilen zu Für uns bedeutet das: Wenn wir mit der alten Zahl können, dass wir uns auf der gemeinsamen Sitzung gerechnet hätten, dann hätten wir zusätzlich mehr der Wissenschaftskonferenz am 12. April 2013 dar- als 13 Millionen € einbringen müssen, da wir im- auf geeinigt haben, dass die Bundesmittel von bis- mer kofinanzieren müssen. Der Betrag, der vom her rund 6,4 Milliarden € um rund 2,2 Milliarden € Bund gegeben wird, wird von uns in gleicher Höhe aufgestockt werden. gegenfinanziert. Wir haben bei der zweiten Progno- se sozusagen einen Gewinn gemacht, weil wir vor- Zur Erinnerung: Sie alle wissen, dass wir bundes- aussichtlich nur 9,8 Millionen € geben müssen. Wie weit schon in der ersten Phase des Hochschulpakts, die Situation in der zweiten Phase des Hochschul- die von 2007 bis 2010 lief, die Prognose weit über- paktes tatsächlich aussehen wird, wie viele Studie- troffen haben. Die ursprüngliche Prognose über die rende also wirklich nach Schleswig-Holstein kom- Anzahl an zusätzlichen Studienplätzen, die wir be- men werden beziehungsweise wie viele Studenten nötigen würden, lag bei 91.000. Diesen Wert muss- de facto bei uns im Land und nicht in anderen Bun- ten wir auf 185.000 neue Studienanfänger korrigie- desländern studieren werden, kann von uns progno- ren. Schleswig-Holstein hat beim Hochschulpakt I stiziert werden, aber diese Prognosen müssen gege- die Prognose nur sehr wenig übertroffen. Die Pro- benenfalls wieder modifiziert werden. gnose besagte, dass wir 3,970 neue Studienplätze in Schleswig-Holstein haben. De facto waren es Eines steht allerdings fest: Wir werden in jedem 4.019. Damit ist die Prognose zwar übererfüllt, aber Fall zusätzliches Geld in die Hand nehmen müssen. nur in einem sehr bescheidenen Maß; in einem Genauso steht fest, dass wir es uns nicht leisten weitaus bescheideneren Maß als bei den anderen können, die Studienanfänger in unserem Land nicht Bundesländern. aufzunehmen. Meine Damen und Herren, was bedeutet diese neue (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Einigung vom 12. April 2013 für Bund und Län- SSW und Christopher Vogt [FDP]) der? - Und was bedeutet diese Einigung vom Wir brauchen zusätzliche Studienanfänger, und wir 12. April 2013 speziell für uns in Schleswig-Hol- wollen diese Studienanfänger bei uns im Land hal- stein? - Gerade wir in Schleswig-Holstein können ten, auch wenn uns das Geld kostet. Der Grund uns besonders freuen, weil unsere doppelten Abi- liegt darin, dass wir es uns mit Blick auf die Bedar- turjahrgänge erst viel später an unsere Universitä- fe unserer Wirtschaft nicht erlauben können, exor- ten kommen. Wenn der Topf im nächsten Jahr be- bitant gut ausgebildete Fachkräfte aus dem Land reits leer gewesen wäre, dann hätten wir von dem ziehen zu lassen und sie sich anderswo qualifizieren Hochschulpakt II überhaupt nicht profitieren kön- zu lassen, denn die Erfahrung zeigt, dass Studenten, nen, sondern wir hätten mit der Frage, wie wir die die einmal das Land verlassen haben, um in einem zukünftig zu erwartenden Studienanfängerzahlen an anderen Bundesland zu studieren, in der Regel Universitäten und Hochschulen zu betreuen hätten, nicht wieder zurückkommen. Also müssen wir alles ganz allein dagestanden. daran setzen, die Studenten bei uns zu qualifizieren. Deswegen freue ich mich besonders, dass es uns Ich bedanke mich für Ihr Interesse am Thema. gelungen ist, den Bund dazu zu bewegen, den Hochschulpakt II zu erhöhen. Ohne diese zusätzli- (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN chen Bundesmittel hätten wir das in Schleswig- und SSW) Holstein sicherlich nicht stemmen können. Wie sieht jetzt die konkrete Situation in Schleswig- Vizepräsidentin Marlies Fritzen: Holstein aus? - Die Vorausberechnung für Schles- Herzlichen Dank, Frau Ministerin. - Der Bericht ist wig-Holstein ist wie folgt: Wir gehen sogar von ei- zwei Minuten länger gewesen, als wir als Redezeit nem leichten Rückgang der ursprünglichen Progno- vereinbart hatten. Ich weise darauf hin, dass nun se aus. Die ursprüngliche Prognose besagte, dass selbstverständlich alle Fraktionen ebenfalls eine wir mit ungefähr 11.600 zusätzlichen Studienanfän- Redezeit von sieben Minuten haben. Wir haben uns gern in Schleswig-Holstein rechnen müssten. Diese vorgestellt, dass die SPD-Fraktion als erstgenannte Prognose ist um 1.100 Studienanfänger nach unten Antragstellerin das Wort erteilt bekommt, danach korrigiert worden. Wir gehen also jetzt davon aus, die FDP-Fraktion. dass wir bis zum Ende des Hochschulpaktes mit 10.500 zusätzlichen Studienplätzen zu rechnen ha- Ich erteile deswegen zunächst das Wort dem Kolle- ben. gen Martin Habersaat von den Sozialdemokraten. 1924 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

Martin Habersaat [SPD]: Eine wichtige Frage in unserem Land ist: Zwischen 2011 und 2015 sollen in unserem Land 10.500 zu- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich sätzliche Studienplätze geschaffen werden, wofür bedanke mich bei der Ministerin für den Bericht uns der Bund etwa 100 Millionen € zur Verfügung und bei den Kolleginnen und Kollegen der anderen stellen wird, eine vergleichbare Summe, wie es in Fraktionen für das Zustandekommen eines inter- dem Beschluss der GWK heißt, die als Kofinan- fraktionellen Antrags. Ansonsten möchte ich meine zierung vonseiten des Landes in den Jahren ge- Rede zu Protokoll geben. stemmt werden soll. Das bedeutet einen gewaltigen (Beifall SPD) finanzpolitischen Kraftakt für unser Land. Ange- sichts dieser gewaltigen Summe muss natürlich Vizepräsidentin Marlies Fritzen: auch heute schon gefragt werden, wie das in den nächsten Jahren realisiert werden soll. Vielen Dank, Herr Kollege. - Ich erteile nun das Wort dem Herrn Abgeordneten Christopher Vogt, Ich möchte betonen, dass der Beschluss, den Sie der schon darauf wartet, seine Rede halten zu kön- eben auch noch einmal dargestellt haben, seitens nen. meiner Fraktion ausdrücklich begrüßt wird. Meine Fraktion hält dies auch für absolut richtig; denn das (Beifall SPD und FDP) ist der richtige Weg, um möglichst vielen Men- schen, die ein Studium beginnen möchten, dieses Christopher Vogt [FDP]: auch zu ermöglichen. Bildung ist für unsere Gesell- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der schaft von elementarer Bedeutung. Der freie Zu- Kollege Habersaat hat mich kalt erwischt, denn ich gang zur Bildung ist die Voraussetzung für mehr wollte mir gerade noch etwas zu trinken holen, um Chancengerechtigkeit in unserer Gesellschaft und mein Kratzen im Hals zu bekämpfen vor meiner auch für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit unse- weltverändernden Rede. Aber nun muss ich das oh- res Landes angesichts der zunehmenden globalen ne ein Glas Wasser erledigen. Immerhin hat Herr Konkurrenz. Deswegen ist es fatal, wenn junge Habersaat ein schlechtes Gewissen, und das ist so Menschen durch schlechte Rahmenbedingungen auch in Ordnung. davon abgeschreckt werden, ein Studium aufzuneh- men, obwohl sie dies wollen und obwohl sie auch (Zuruf SPD) die Voraussetzungen für ein Studium mitbringen. - Es beruhigt mich, Herr Kollege, dass Sie das bei Aus diesen Gründen spricht sich auch meine Frakti- Ihrem Fraktionskollegen feststellen können. on, anders als andere FDP-Landtagsfraktionen - wir (Heiterkeit) haben die Diskussion darüber ja auch schon einmal geführt -, gegen Studiengebühren aus und auch Auch ich danke der Frau Ministerin ganz herzlich gegen nachgelagerte Studiengebühren. für ihren Bericht, auch wenn ich zugeben muss - - (Beifall FDP und SPD) (Ministerin Anke Spoorendonk stellt dem Redner ein Glas Wasser ans Rednerpult - Ja, wir hatten früher eine andere Position, weil es Heiterkeit) durchaus auch gute Argumente für nachgelagerte Studiengebühren gibt. Aber die Erfahrungen zei- - Vielen Dank, Frau Ministerin, und auch vielen gen, dass diese doch ein gewisses Abschreckungs- Dank, Herr Kollege, dafür, dass theoretisch auch potenzial darstellen. Deshalb lehnen wir das ab, Sie mir ein Glas Wasser bringen wollten. auch wenn natürlich in einem Konsolidierungsland (Heiterkeit) wie Schleswig-Holstein die Versuchung immer groß ist, dadurch eine zusätzliche Einnahmequelle Meine Damen und Herren, ich fange mit der Rede zu erschließen. Es gibt sicherlich auch in diesem noch einmal an und beginne dort, wo ich gerade Saal den einen oder anderen, der der Versuchung aufgehört hatte. Ich danke der Frau Ministerin für erliegt, erneut über Studiengebühren zu diskutieren. ihren Bericht, auch wenn mir noch nicht ganz klar Wir halten das unter dem Strich aber für kontrapro- geworden ist, Frau Ministerin - das war ja der duktiv. Hauptfragepunkt unseres Berichtsantrags -, wie denn die Kofinanzierung des Landes bei der Auf- Mit Blick auf die Konsolidierung stehen hier schon stockung des Hochschulpakts II in den nächsten sehr bald die Haushaltsberatungen für das nächste Jahren vonstatten gehen soll. Jahr an. Aus unserer Sicht ist deshalb die Frage an- gezeigt, wie wir in den nächsten Jahren die notwen- Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1925

(Christopher Vogt) dige Kofinanzierung stemmen wollen, wie hoch gen ohne Aussicht auf einen Sitzplatz, Vorlesungen dieser Kofinanzierungsanteil in den nächsten Jahren am Sonntag, die es teilweise auch gibt, oder Vorle- sein wird. Sind es um die 10 Millionen € pro Jahr sungen in Kinosälen können es auf Dauer jedenfalls oder gar mehr? Wenn man auf die 100 Millionen € nicht sein. Wir reden ja immer von der Qualitäts- des Bundes guckt, dann wird es ja doch eine gewal- verbesserung in der Lehre. Dazu gehören für mich tige Summe sein, die vom Land finanziert werden ganz explizit natürlich auch die Studienbedingun- muss. Insofern sind wir der Auffassung, dass uns gen. Deshalb darf der Fokus meines Erachtens nicht die Landesregierung auf diese Frage schnellstmög- ausschließlich auf der Quantität liegen. lich eine Antwort geben muss. Eine dritte Phase des Hochschulpakts erscheint Außerdem stellt sich die Frage, ob die Studienplät- uns gerade für Schleswig-Holstein höchst sinnvoll. ze vielleicht auch schon zum Teil geschaffen wor- Diese wird es höchstwahrscheinlich auch geben. den sind und ob hierfür auch schon die entspre- Ich freue mich deshalb, dass wir hierzu schon vor chenden Mittel eingeplant worden sind. Unter dem der betreffenden Ausschusssitzung einen interfrak- Strich: Wie viele zusätzliche Plätze in Schleswig- tionellen Antrag formulieren konnten, den wir heu- Holstein müssen oder sollen mit Stand von heute te beschließen werden. Vom Hochschulpakt II pro- neu geschaffen werden? Die Verabredung von zu- fitieren ja bisher vor allem die süddeutschen Län- sätzlichen Mitteln gilt ja für die Jahre 2011 bis der, was sich in den nächsten Jahren ändern wird. 2015. Gerade in der dritten Phase würde unser Land stär- ker profitieren als dies bisher der Fall war. Die Zah- Neben den Fragen zur Finanzierung stellen sich aus len sind für Schleswig-Holstein zwar nicht ganz so meiner Sicht noch weitere nicht minder wichtige dramatisch, wie dies zunächst erscheinen mag, al- Fragen, beispielsweise die Frage, wie und wo diese lerdings ist vor allem in der zweiten Hälfte dieses zusätzlichen Mittel verwendet werden sollen. Wer- Jahrzehnts mit einem deutlichen Anstieg zu rech- den sie gleichmäßig auf die Fachhochschulen und nen, weil bei uns der doppelte Abiturjahrgang im die Universitäten verteilt? Momentan ist die Vertei- Jahr 2016 kommen wird. lung ja in etwa 50:50. Deshalb stellt sich die Frage, ob das in Zukunft auch so sein wird oder ob das Insofern ist auch das ein wichtiges Thema. Es ist Pendel vielleicht doch stärker in Richtung Fach- beruhigend, dass der Bund bereits signalisiert hat, hochschulen schwingen wird. Wenn man von Pla- dass er sich auch hier engagieren wird. Wir hoffen, nungssicherheit spricht, dann ist dies natürlich eine dass die Landesregierung dies ebenfalls tun wird. Frage, die schnellstmöglich beantwortet werden Deshalb freue ich mich, dass wir heute zum Thema muss. Ich gehe davon aus, dass sich die Landesre- Hochschulpakt III auch schon einen gemeinsamen gierung auch schon vor den Gesprächen Gedanken Antrag beschließen werden. - Ich danke Ihnen ganz hierüber gemacht hat. Anders kann ich mir dies auf herzlich für die Aufmerksamkeit. jeden Fall nicht vorstellen. (Beifall FDP) Meine Damen und Herren, auf unsere Initiative hin haben wir vor einigen Monaten - der Herr Kollege Vizepräsidentin Marlies Fritzen: Andresen wird sich daran sicherlich auch noch erin- nern - das Sondervermögen für den Hochschul- Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort für die bau erhöht. Sie hatten zunächst 30 Millionen € vor- CDU-Fraktion hat nun der Abgeordnete Daniel geschlagen, und wir hatten dann vorgeschlagen, das Günther. auf 50 Millionen € zu erhöhen. Am Ende sind dann (Christopher Vogt [FDP]: Er war extra beim 40 Millionen € für den Hochschulbau herausge- Frisör! - Rasmus Andresen [BÜNDNIS kommen. Das halte ich nach wie vor für eine gute 90/DIE GRÜNEN]: Da haben wir schon die Lösung und auch für eine erhebliche Summe. erste Gemeinsamkeit!) In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Fra- ge, wie diese Mittel eingesetzt werden sollen. Mir Daniel Günther [CDU]: jedenfalls ist bisher noch nicht klar geworden, was Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und die Landesregierung insoweit alles tun möchte. Aus Herren! Gerne werde ich meine Rede halten und meiner Sicht sollten die Mittel nicht nur in die gebe sie nicht zu Protokoll, auch wenn ich, Herr energetische Sanierung der Uni Kiel gehen, son- Kollege Habersaat, zunächst auch in der Versu- dern diese Mittel sollten auch für die Schaffung chung gewesen bin. Denn ich hatte doch etwas neuer Räume gerade an den Fachhochschulen die- Schwierigkeiten, bei dem mündlichen Bericht, für nen. Überfüllte Hörsäle beziehungsweise Vorlesun- 1926 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Daniel Günther) den ich mich bei der Frau Ministerin bedanke, hun- Geld nach einem Semester aufgebraucht. Insofern dertprozentig genau zu verstehen, was denn jetzt al- ist es wichtig, dass wir an dieser Stelle nachbessern. les so vor sich geht. Deshalb habe ich die herzliche Im Ausschuss haben wir bewusst die Hochschulen Bitte, dass wir das für die Ausschussberatungen zu diesem Thema befragt. Diese haben uns mit auf auch noch schrifltich bekommen. den Weg gegeben, auf keinen Fall Kriterien festzu- Ich habe mitbekommen - und das begrüße ich au- legen, die dazu führen, dass die Auszahlung verzö- ßerordentlich -, dass das fortgesetzt werden wird, gert wird. Daher haben wir in diesen Antrag aus- was auch unter der Vorgängerregierung und der drücklich hineingeschrieben, dass genau das nicht Vorgängermehrheit im Landtag der Fall gewesen passieren soll. - Frau Ministerin, ich wünsche Ihnen ist, dass wir nämlich auch die entsprechenden viel Erfolg dabei, das auf Bundesebene und in Ge- Komplementärmittel des Landes für den Hoch- sprächen mit anderen Ländern durchzusetzen. schulpakt komplett zur Verfügung stellen können. Ich finde, der Hinweis auf das Kooperationsverbot Was die Zahlen angeht, bin ich noch nicht hundert- darf an dieser Stelle trotzdem nicht fehlen. Wir wis- prozentig dahintergestiegen. Sie sagten, dass die sen, dass die Blockade bei der Aufhebung des Ko- Mittel jetzt um 4,4 Milliarden € aufgestockt und da- operationsverbotes dazu führt, dass sich der Bund mit nahezu verdoppelt würden. Die 4,4 Milliarden € etwas hartleibig zeigt, was die dritte Phase angeht. kann ich nachvollziehen, weil der Bund ja 2,2 Mil- Daher ist es im Sinne des Landes Schleswig-Hol- liarden € mehr zur Verfügung stellt. Aber aus den stein, dass wir sowohl bei der Aufhebung des Ko- Unterlagen, die ich durchgelesen habe, ging hervor, operationsverbots als auch bei der dritten Phase zu dass der Bund dadurch jetzt 7 Milliarden € in diese einer Lösung kommen. Phase hineinsteckt. Wo also diese 4,4 oder 4,5 Mil- Wir werden dem Antrag zustimmen. Ich freue liarden € bei dieser ganzen Rechnung herauskom- mich, wenn wir den Bericht zum Hochschulpakt II men sollen, habe ich noch nicht ganz verstanden. im Fachausschuss noch einmal intensiv diskutieren. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das für die Aus- - Danke für die großartige Aufmerksamkeit. schussberatung noch einmal etwas detaillierter auf- listen würden. (Vereinzelter Beifall CDU) Trotzdem herzlichen Dank für den Bericht. Es ist gut, dass wir in verbundener Debatte über die dritte Vizepräsidentin Marlies Fritzen: Phase sprechen. An dieser Stelle möchte ich mei- Vielen Dank. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE nen Dank an alle im Landtag vertretenen Fraktio- GRÜNEN hat der Kollege Rasmus Andresen das nen dafür richten, dass wir uns auf eine gemeinsa- Wort. me Formulierung verständigen konnten, die weitge- hend das berücksichtigt, was wir vonseiten der Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- CDU-Fraktion für die dritte Phase beantragt haben. NEN]: Wir haben einen wichtigen Passus aufgenommen, Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolle- der darauf hinausläuft, in der nächsten Phase durch- ginnen und Kollegen! Auch wenn mein Kollege schnittliche Studienkosten verstärkt zu berücksich- Habersaat seine Rede zu Protokoll gegeben hat, tigen. Ich darf darauf hinweisen, dass das keine so mache ich das nicht, damit jetzt noch einmal je- ungewöhnliche Forderung ist; denn schon jetzt be- mand für die Koalitionsfraktionen spricht. kommt im Rahmen des Hochschulpaktes II das Land Berlin aufgrund der Tatsache, dass es über- Es ist sehr befreiend, dass wir im Plenum über den proportional viele Medizinstudienplätze zur Ver- Hochschulpakt diskutieren und positiv und sehr ei- fügung stellt, pauschal 10 Millionen € mehr. Daher nig - zumindest bei sehr vielen Fragen - in die Zu- glaube ich, dass man mit diesem Punkt durchaus kunft blicken. Ich sage das ohne Häme und ohne Chancen hat, bei den anderen Bundesländern Gehör den Wunsch, Vergangenheitsbewältigung betreiben zu finden. zu wollen. Einige Debatten der vergangenen Jahre zu diesem Thema empfand ich aber als etwas an- Der Bund stellt pro zusätzlichem Studienanfänger strengend. Ich erinnere mich auch daran, dass wir 13.000 € zur Verfügung. Unter Berücksichtigung nicht ganz so positiv und zukunftsgerichtet debat- der Komplementärmittel des Landes sind es ins- tiert haben, sondern auch Abwehrschlachten führen gesamt 26.000 €. Das mag für ein geisteswissen- mussten, als es darum ging, dass Studienplätze in schaftliches Studium einigermaßen auskömmlich andere Bundesländer verkauft werden sollten. sein. Bei einem Medizinstudenten aber ist dieses Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1927

(Rasmus Andresen)

Heute hat sich das geändert. Heute haben sich Frak- frastruktur wie zum Beispiel eine BAföG-Erhö- tionen, die damals zumindest in Teilen noch ande- hung, die Frau Ministerin Wanka leider zurzeit rer Meinung waren, unserer Linie angeschlossen. noch verschläft. Das ist sehr zu begrüßen. Darüber hinaus brauchen wir ausreichend Master- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) studienplätze, damit die Bachelorabsolventen ihre Ausbildung fortsetzen können und nicht allein auf- Aus grüner Sicht ist es nicht verwunderlich, dass grund von Noten oder einer zu hohen Bewerberzahl die Zahlen der Kultusministerkonferenz über unse- ihren Berufswunsch aufgeben müssen. Die bisheri- re Studienanfänger immer weiter nach oben korri- ge Finanzierung des Hochschulpaktes geht von ei- giert werden mussten. Vor dem Hintergrund des de- nem vierjährigen Studium aus. Dadurch wird nur mografischen Wandels müssen wir als Bundesland jedem zweiten Bachelorabsolventen ein Masterstu- genügend Studienplätze bereitstellen, um junge klu- dium finanziert. Laut einer Modellrechnung des ge Köpfe in unser Land zu holen und dort zu halten. Centrums für Hochschulentwicklung, das ich an- (Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE sonsten eher selten zitiere, wird die Nachfrage GRÜNEN) nach Masterstudienplätzen allerdings weiter an- Wir Grüne begrüßen deshalb, dass sich Bund und steigen. Länder darauf geeinigt haben, in der zweiten Phase 2016 könnte bundesweit bis zu 36.000 Studieren- des Hochschulpaktes 2,2 Milliarden € bis 2015 und den ein Masterplatz verwehrt bleiben. Auch wenn 2,7 Milliarden € bis zum Jahr 2018 zur Ausfinan- die Zahlen für Schleswig-Holstein - das haben Be- zierung bereitzustellen. Das ist ein erster Schritt. richtsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE Gerade weil Schleswig-Holstein als letztes Bundes- GRÜNEN aus Oppositionszeiten ergeben - noch land 2016 den doppelten Abiturjahrgang erwar- vor Kurzem weniger dramatisch waren, ist es nur tet, ist eine Fortsetzung des Hochschulpaktes für eine Frage der Zeit, bis sich dies ändert. uns besonders wichtig. Die Hochschulpolitik der Wir brauchen dazu eine Kraftanstrengung auf Bun- vergangenen Jahre zeichnete sich allerdings da- desebene. Deshalb fordern wir in unserem Bundes- durch aus, immer nur kurzfristig auf Mängel zu rea- tagswahlprogramm und in Bundestagsanträgen, gieren. Deswegen ist es gut, in der Diskussion ein dass für diese Maßnahmen 1,3 Milliarden € zusätz- bisschen weiter zu blicken. lich zur Verfügung gestellt werden. Im Land wer- Das Hochplateau der Studierendenzahl wird nach den wir in den nächsten Jahren wahrscheinlich den Prognosen der Kultusministerkonferenz - wenn 10 Millionen € mehr investieren müssen, um den überhaupt -, dann nicht vor dem Jahr 2021 verlas- Hochschulpakt gegenzufinanzieren. Dies wird eine sen. Die Plätze müssen also nicht nur geschaffen, Herausforderung für uns sein. Das sage ich als Fi- sondern auch ausgestaltet und dauerhaft gesichert nanzpolitiker. Als Hochschulpolitiker sage ich aber werden. Darüber hinaus fordern inzwischen alle auch, dass dies ein bedeutsamer Schwerpunkt der Fraktionen, dass sich der Hochschulpakt in seiner Koalition sein muss und dass wir aufgrund des de- Struktur verändert. Ich glaube, dass das besonders mografischen Wandels ein großes Interesse daran wichtig ist. haben, junge Köpfe ins Land zu holen und hier zu halten. Man muss halt wissen, welche Schwerpunk- Als Bundesland mit relativ teuren Medizinstudien- te man als Koalition setzt. plätzen und ohne Sonderregelungen wie für das Land Berlin, die der Kollege Günther gerade er- Der heute zu beschließende Antrag ist ein erster wähnt hat, profitieren wir unterdurchschnittlich Schritt in die richtige Richtung. Ich freue mich, vom Hochschulpakt. Genau deshalb müssen die dass wir diesen Antrag offensichtlich einstimmig durchschnittlichen Studienplatzkosten in Zu- beschließen werden. Dieser Antrag berücksichtigt kunft mit einbezogen werden. Wir Grüne fordern nämlich die besondere Situation Schleswig-Hol- darüber hinaus eine Art Hochschullastenausgleich, steins. Ich bedanke mich auch - Herr Kollege Arp, der für die Bundesländer Anreize setzen soll, Studi- hören Sie genau hin - beim Kollegen Günther, mit enplätze zu schaffen. dem wir das in erster Linie sehr gut verhandelt ha- ben. Es ist richtig, dass der Hochschulpakt in die Verlän- gerung geht. Allerdings muss sich der Rahmen er- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und weitern. Wir brauchen Qualitätsstandards für die SPD) Hochschullehre. Wir brauchen eine gute Studien- Ich hoffe, dass wir alles Weitere im Ausschuss dis- beratung und andere Maßnahmen zur sozialen In- kutieren werden. Da es ein mündlicher Bericht war, 1928 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Rasmus Andresen) weiß ich aber nicht, wie das technisch funktioniert. Schleswig-Holstein muss allerdings erwähnt wer- Dann werden wir das im Bildungsausschuss wieder den, dass der Anstieg voraussichtlich etwas weni- aufgreifen und auch darüber diskutieren, welche ger rasant sein wird als in anderen Ländern. Studienplätze wo in Schleswig-Holstein entstehen Ich denke, ich spreche nicht nur für den SSW, wenn sollen. Das eine ist, zu sagen, dass wir mehr Studi- ich sage, dass mich diese Aussichten freuen. enplätze brauchen. Das andere ist die Frage, welche Grundsätzlich sollte es doch in unser aller Interesse Schwerpunkte man dabei setzt. Setzen wir den sein, wenn möglichst viele junge Menschen die Schwerpunkt bei den Fachhochschulen? Setzen wir Universität oder Fachhochschule besuchen und ih- den Schwerpunkt auf die sogenannten Mangelfä- ren Abschluss machen. Unabhängig davon, wie vie- cher? Wo sollen diese Studienplätze entstehen? Das le junge Menschen am Ende wirklich ein Studium ist eine ganz wichtige Diskussion, bei der wir im hier in Schleswig-Holstein aufnehmen, ist uns eines Land noch ganz am Anfang stehen. Genau dazu völlig klar: Wir haben die Pflicht, die Vorausset- könnten wir eine Ausschussberatung gut gebrau- zungen dafür zu schaffen, dass sie auch tatsächlich chen. - Schönen Dank. hier im Land studieren können und nicht etwa zum (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Abwandern gezwungen werden. Aus Sicht des SSW muss der jungen Generation unbedingt diese Vizepräsidentin Marlies Fritzen: Möglichkeit gegeben werden. Für die Fraktion der PIRATEN hat Herr Abgeord- Mir ist die schwierige finanzielle Lage der Hoch- neter Uli König das Wort. schulen im Land bewusst. Es ist nicht lange her, da haben wir uns hier über rostige Rohre, undichte Uli König [PIRATEN]: Fenster und akuten Platzmangel unterhalten. Natür- lich fragen wir uns und fragen sich die Universitä- Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau ten und Fachhochschulen selber, wie sie dem An- Präsidentin! Ich erkenne eine innere Gemeinsam- sturm von so vielen zusätzlichen Studenten stand- keit mit Herrn Habersaat. Auch ich werde meine halten sollen. Vor diesem Hintergrund kann man Rede zu Protokoll geben. - Vielen Dank. die gefundene Einigung zwischen Bund und Län- (Beifall PIRATEN) dern nur begrüßen. Sie wissen, dass sich die ge- meinsame Wissenschaftskonferenz am 12. April Vizepräsidentin Marlies Fritzen: 2013 darauf verständigt hat, den Hochschulpakt II um circa 4,4 Milliarden € aufzustocken. Dann hat die Kollegin Jette Waldinger-Thiering vom SSW das Wort. Natürlich kann man die finanziellen Probleme un- seres Landes nicht einfach ignorieren und die Hochschulen weiter für hoffnungslos unterfinan- Jette Waldinger-Thiering [SSW]: ziert halten. Aber Tatsache ist, dass wir durch die Sehr geehrte Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Da- aktuelle Einigung für alle Studienanfänger bis 2015 men und Herren! Am Anfang meiner Rede möchte Bundesmittel erhalten. Selbstverständlich führt ich darauf hinweisen, dass ich es begrüße, dass es auch an der Tatsache, dass das Land diese Mittel gelungen ist, einen fraktionsübergreifenden Antrag kofinanzieren muss, kein Weg vorbei. Wer aber zu stellen zu einem Thema, bei dem wir uns mitt- nun vonseiten der Opposition völlig unverantwortli- lerweile alle einig sind. che Mehrausgaben anprangert, der soll bitte schön eine Alternative nennen. Für uns steht fest: Ohne Anders als es die Kultusministerkonferenz noch die vereinbarte Aufstockung des Hochschulpaktes vor einem Jahr angenommen hat, wird die Zahl der würde es an unseren Universitäten schon sehr bald Studienanfänger bundesweit bis 2021 nicht etwa sehr düster aussehen. Die Investition in gut ausge- ab-, sondern deutlich zunehmen. bildete Fachkräfte betrachten wir als absolut loh- Der Hochschullehrerbund geht sogar von steigen- nenswert. Ich will der Ministerin an dieser Stelle den Zahlen bis zum Jahr 2025 aus. Klar ist, dass ausdrücklich Dank für ihren Einsatz sagen. statt der angenommenen 275.000 Studienanfänger Sie wissen, dass die Summe, die von uns erbracht bis 2015 voraussichtlich etwas mehr als 600.000 werden muss, noch nicht genau absehbar ist. Aber junge Menschen ein Studium beginnen werden. Es für den Zeitraum bis 2018 ist mit Mehrausgaben im zeichnet sich schon heute ab, dass die Zahl der zu- einstelligen Millionenbereich zu rechnen. Das ist sätzlichen Studienanfänger im Zeitraum 2015 bis zwar eine Menge Geld. Aber wir haben überhaupt 2020 ähnlich hoch ausfallen wird. Mit Blick auf keinen Zweifel daran, dass es bestens angelegt ist. Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1929

(Jette Waldinger-Thiering)

Ich sage immer: Gute Bildung ist eine Kapitalanla- Reden behandeln wollen. Das bedeutet aber, dass ge. wir darüber noch kurz abstimmen müssen. Zugegeben: Die Haushaltslage unseres Landes ist Da es sich um Gesetzentwürfe handelt, bitte ich die schwierig. Da will ich gar nichts schönreden. Aber Frau Berichterstatterin aus dem Innen- und Rechts- allen sollte klar sein, dass wir in der Pflicht sind, ei- ausschuss - in Vertretung der erkrankten Kollegin ne ausreichende Zahl von Studienplätzen vorzuhal- Barbara Ostmeier ist dies die Kollegin Simone Lan- ten. Es ist kein „nice to have“. Außerdem bietet ge - um ihren Bericht. Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern im- Der Form halber, damit auch das Protokoll stimmt, mer noch zu wenigen jungen Menschen die Chance lese ich noch einmal kurz vor, was vorzulesen ist. auf ein Studium. Unsere Vorgänger von CDU und FDP haben sich auf Anraten der Haushaltsstruktur- Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf: kommission mit dem Verschachern von Studien- plätzen an andere Bundesländer beschäftigt. Wir Gemeinsame Beratung aber stehen zu unserer Verantwortung, und wir werden auch in Zeiten der Schuldenbremse alles daransetzen, um den Hochschulen und den Studien- a) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes anfängern Planungssicherheit zu geben. über den Vollzug der Sicherungsverwahrung Ich freue mich auf die Beratung im Bildungsaus- und zur Änderung weiterer Gesetze schuss. Gesetzentwurf der Landesregierung (Beifall SSW und vereinzelt BÜNDNIS Drucksache 18/448 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen: b) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes über die Zustimmung zu dem Staatsvertrag Vielen Dank, Frau Kollegin. - Weitere Wortmel- zwischen dem Land Schleswig-Holstein und dungen liegen nicht vor. Deshalb schließe ich die der Freien und Hansestadt Hamburg über Beratung. die Zusammenarbeit im Bereich der Siche- Ich bitte um Aufmerksamkeit: Das formale Verfah- rungsverwahrung und der Therapieunter- ren ist ja so, dass der Berichtsantrag mit der Be- bringung richterstattung der Landesregierung seine Erledi- Gesetzentwurf der Landesregierung gung gefunden hat. Bevor es jetzt gleich einen Auf- Drucksache 18/512 schrei gibt: Ich habe diverse Wortmeldungen, zum Beispiel auch die des Kollegen Günther, hoffentlich Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und so richtig verstanden, dass das im Ausschuss weiter Rechtsausschusses beraten werden soll, dann aber, denke ich, im Rah- Drucksache 18/722 men der Selbstbefassung. Ich sage dies nur, damit Sie jetzt nicht gleich erstaunt sind, dass dieser Nun erteile ich das Wort der Frau Kollegin Simone Punkt jetzt erledigt ist. Lange als Berichterstatterin.

Ich stelle also fest, dass der Berichtsantrag Druck- Simone Lange [SPD]: sache 18/738 durch die Berichterstattung der Lan- desregierung seine Erledigung gefunden hat. Der Innen- und Rechtsausschuss hat sich mit der Drucksache 18/448 in mehreren Sitzungen befasst Ich lasse nun abstimmen über den Antrag der Frak- und ist am 17. April einstimmig zu der Empfehlung tionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und gekommen, den Gesetzentwurf dem Landtag in ge- der Abgeordneten des SSW, Drucksache 18/381, in änderter Fassung zur Annahme zu empfehlen. der vom Ausschuss empfohlenen Fassung. Wer die- ser Ausschussempfehlung folgen will, den bitte ich Der Innen- und Rechtsausschuss hat sich mit der um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthal- von Ihnen als zweites genannten Drucksache eben- tungen? - Damit ist dies einstimmig so beschlossen. falls in mehreren Sitzungen befasst und empfiehlt dem Landtag einstimmig, die Drucksache anzuneh- Meine Damen und Herren, ich hatte vorhin schon men. angekündigt, dass wir den Tagesordnungspunkt 5 ohne Beratung mit den zu Protokoll zu gebenden 1930 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

Vizepräsidentin Marlies Fritzen: nen jetzt noch in die Beratung gehen -, sodass wir genügend Zeit haben und uns um 17:45 Uhr hier al- Herzlichen Dank, Frau Kollegin. le wiedertreffen und dann eine Aussprache über die Nochmals von meiner Seite aus der Hinweis, dass Ergebnisse der Verhandlungen erfolgen wird. Ich die Reden gern zu Protokoll gegeben werden kön- danke Ihnen. Die Sitzung ist unterbrochen. nen. (Unterbrechung: 17:19 bis 17:57 Uhr) Da keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kom- men wir zur Abstimmung zu a): Gesetzentwurf der Vizepräsidentin Marlies Fritzen: Landesregierung, Drucksache 18/448. Wer diesem Gesetzentwurf in der vom Ausschuss empfohlenen Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und geänderten Fassung zustimmen will, den bitte ich Kollegen! Ich bitte Sie, Ihre Plätze einzunehmen, um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Das sind denn wir wollen in der Beratung fortfahren. Die Sit- die Kollegen der Piratenfraktion. Enthaltungen? - zung ist wieder eröffnet. Ich sehe, die Freude ist Damit ist dieser Gesetzentwurf in der vom Aus- jetzt schon groß. Bei mir wäre sie sicherlich noch schuss empfohlenen Fassung gegen die Stimmen größer, wenn wir das Verfahren jetzt ordentlich der Fraktion der PIRATEN mit den Stimmen der hinter uns bringen. Ich hoffe, das klappt. Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ich rufe erneut die Tagesordnungspunkte 20, 27, NEN, FDP, CDU und der Abgeordneten des SSW 31, 47 und 48 auf: so angenommen. Ich komme nun zur Abstimmung zu b): Gesetzent- Gemeinsame Beratung wurf der Landesregierung, Drucksache 18/512. Wer diesem Gesetzentwurf unverändert zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die a) Keine Zwischenlagerung hochradioaktiver Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Abfälle aus Wiederaufbereitungsanlagen an und die Abgeordneten des SSW. Wer stimmt die- Kernkraftwerksstandorten in Schleswig-Hol- sem Gesetzentwurf nicht zu? - Das ist die Fraktion stein der PIRATEN. Wer enthält sich? - Das sind die Fraktionen von FDP und CDU. Damit ist dieser Ge- Antrag der Fraktion der FDP setzentwurf ebenfalls mehrheitlich mit den Stim- Drucksache 18/707 (neu) men von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW angenommen. b) Transparenz und Volksentscheid über Zwi- Nun haben Sie mittlerweile vermutlich alle schon schenlagerung radioaktiver Stoffe aus Wie- gehört, dass es offenbar eine Einigung gegeben hat deraufbereitungsanlagen an Kernkraftwerks- in Bezug auf die Anträge zur Zwischenlagersuche. standorten in Schleswig-Holstein unter Betei- Ich teile Ihnen nun mit, dass sich die Parlamentari- ligung der Öffentlichkeit sichern schen Geschäftsführerinnen jetzt auf eine kurze Sit- zungsunterbrechung verständigt haben. Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 18/728 (Hans-Jörn Arp [CDU]: Die Geschäftsführer waren auch dabei!) - Herr Kollege Arp, ich denke, dass Sie doch deut- c) Keine Zwischenlagerung von hochradioakti- ven Abfällen aus Wiederaufbereitungsanla- lich das große I gehört haben, den Unterstrich, das gen ohne erneute und umfassende Prüfungen Sternchen. Die „GeschäftsführerInnen“, zu denen und Bürgerbeteiligung auch der Kollege Jörn Arp gehört, (Heiterkeit und Beifall) Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/733 haben sich darauf verständigt, (Zuruf Hans-Jörn Arp [CDU]) d) Energiewende- und Klimaschutz in Schles- dass wir nun eine kurze Sitzungsunterbrechung ha- wig-Holstein ben. Ich sehe, die Uhr zeigt 17:14 Uhr. Die Sitzung sollte für eine Viertelstunde unterbrochen werden - ich bekomme gerade signalisiert, dass die Fraktio- Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1931

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS kommen sind, dass es einen gemeinsamen Antrag 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des gibt, der gemeinsam von den Koalitionsfraktionen SSW und der Union getragen wird. Ich freue mich dar- Drucksache 18/750 über, dass die Bedingungen, an der Zustimmung in diesem Prozess mitzuwirken, die wir in unserem Antrag, was die Zwischenlagerung angeht, formu- e) Erfolgreicher Atomausstieg: Endlagersuche liert haben, auch zur Abstimmung gestellt werden, beginnen - Energiewende konsequent umset- und dass noch einmal sehr deutlich geworden ist, zen dass dieser Landtag der Ort ist, der nicht nur Reso- lutionen beschließt, sondern dass von ihm beschlos- Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS sene Bedingungen auch einzuhalten sind. Das ist 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des das Minimum, wenn man sich ernst nimmt und SSW sagt, der Landtag als höchstes Gremium der Wil- Drucksache 18/751 (neu) - 2. Fassung lensbildung in Schleswig-Holstein soll das ent- scheiden. f) Verfahren zur Zwischenlagerung Ich freue mich darüber, dass dies gelungen ist. Wir haben in den neu verteilten Antrag der Koalitions- Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜND- fraktionen den Punkt mit den Bürgerforen aufge- NIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten nommen. Das ist das, was der Ministerpräsident des SSW hier zugesagt hat. Das war eine Forderung nicht nur Drucksache 18/778 der Piratenfraktion, aber wir sind dazu noch einmal Mir ist gesagt worden, dass es dazu noch eine wei- gesondert auf diese zugegangen. Wir haben sowohl tere Aussprache geben soll. die Begründung entfernt als auch den ersten Teil, sodass die Unionsfraktion dadurch in die Lage ver- Als ersten Redner rufe ich zunächst den Fraktions- setzt worden ist, diesen Antrag jedenfalls nicht ab- vorsitzenden der SPD-Fraktion, Herrn Ralf Stegner, lehnen zu müssen. auf. - Noch zur Frage der Redezeiten: Es ist von Dreiminutenbeiträgen gesprochen worden. Wir Lassen Sie mich erstens denjenigen danken, die da- können auch fünf Minuten festsetzen. zu beigetragen haben, dass das möglich ist. Ich glaube, das ist ein so gutes Signal dieses Landtags, weil es die Landesregierung mit einem starken Ver- Dr. Ralf Stegner [SPD]: handlungsmandat ausstattet. Außerdem bringt der Frau Präsidentin! Vielleicht sind Sie da nicht ganz Antrag in der Sache zum Ausdruck, dass die Lan- so streng. desregierung diesem Landtag dann auch laufend berichtet und der Landtag prüft, ob die Bedingun- Vizepräsidentin Marlies Fritzen: gen eingehalten sind. Ich finde, das sind alles Din- ge, die man, wenn man hier darüber berät und man Das sind wir dann nicht. uns ernst nehmen soll, auch tun muss. (Wolfgang Kubicki [FDP]: Wir werden das Es ist auch ein sehr, sehr starkes Signal an die Bun- nicht rügen, wenn jemand länger spricht!) desebene und die anderen Länder, dass wir uns mit dieser Frage wirklich die Mühe geben, die man sich Dr. Ralf Stegner [SPD]: bei diesem Thema geben muss. Ich wünschte mir, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! dass andere in der Frage unserem Beispiel folgen, Wir hatten heute im Landtag eine Aussprache zu ei- wenn wir zu einer fairen Lastenverteilung kom- nem - wie ich glaube - sehr, sehr wichtigen Thema, men. das uns alle auch Mühe und Anstrengung gekostet Zum Schluss will ich dann aber doch noch mein hat. Diese ist es allerdings auch wert, weil wir über Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, dass sich eine Frage sprechen, die uns im Zweifel über Jahr- der Herr Kollege Kubicki, der Anlass dafür war, zehnte beschäftigen wird und Dinge regelt, die so- dass wir noch einmal darüber beraten haben, nicht gar noch länger ihre Wirkungen zeigen werden. durchgesetzt hat. Er hat hier eine Zwischenfrage Ich freue mich darüber, dass es gelungen ist, dass gestellt, die wohl als rhetorische Frage gemeint wir statt der Abstimmung heute Vormittag durch war, nämlich ob wir das mit den Bedingungen Vereinbarung mit den anderen Fraktionen dazu ge- wirklich ernst meinen. Dann rief er fröhlich in den Saal, wenn wir das ernst meinten, dann würde die 1932 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Dr. Ralf Stegner)

FDP-Fraktion unserem Antrag auch zustimmen. Dass die Dinge, die wir in unserem Antrag auch ex- Das hat er wörtlich gesagt, das ist protokolliert, das plizit als weitere Erwartungen, Forderungen und können wir nachlesen. Ich habe den Eindruck, dass Bedingungen für die Region aufgeschrieben haben, da ein Tiger gesprungen ist, herausgekommen ist im weiteren Verfahren berücksichtigt werden, war dann aber leider, dass die Beratungen der FDP- uns ebenfalls sehr wichtig. Deswegen können wir Fraktion dazu geführt haben, dass sie unseren An- uns diesem interfraktionellen Antrag anschließen. trag ablehnen wird - wie mir gesagt worden ist. Ich Zum Abstimmungsverhalten mit Blick auf den finde es sehr bedauerlich, dass es zu dieser Eini- Antrag der Koalition weise ich darauf hin, dass wir gung nicht kommt. Ich hätte dem Kollegen Kubicki uns in der Einzelabstimmung bei der Nummer 3 da mehr Überzeugungskraft gewünscht. Wenn man enthalten werden, weil wir rechtliche Bedenken bei sich schon einmal darauf einlässt und eine ernste der Frage, ob diese Gelder in einen öffentlich-recht- Antwort kommt, Herr Kollege Kubicki, dann muss lichen Fonds verlagert werden können, haben. Das man mit der Antwort auch umgehen können. Ich ist die Begründung. Das zu Protokoll. Im Übrigen finde das sehr, sehr schwach - wenn ich mir die Be- gehe ich davon aus, dass wir von der Landesregie- merkung erlauben darf -, ich finde das nicht zufrie- rung schriftlich informiert werden, damit das nach- denstellen. Aber so ist das. vollziehbar ist. - Herzlichen Dank. Wir werden damit leben können, dass wir am Ende (Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE jedenfalls ein Stück Einigung mit der Union in die- GRÜNEN und SSW) ser wichtigen Frage herbeiführen konnten, dass wir in den Koalitionsfraktionen geschlossen sind. Und wir hoffen auch, auf die PIRATEN soweit zugegan- Vizepräsidentin Marlies Fritzen: gen zu sein, dass sie zumindest teilweise ihre Zu- Vielen Dank. - Das Wort hat die Abgeordnete Eka stimmung zu dem Antrag geben können. Insofern von Kalben von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE hat sich der Ertrag des heutigen Tages gelohnt. Bei GRÜNEN. all denen, die dazu beigetragen haben, bedanke ich mich dafür, bei all denen, die das nicht wollten, be- Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: danke ich mich nicht. - Vielen herzlichen Dank. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kann Ihnen sagen, vor zwei Tagen hätte ich nicht und SSW) gedacht, dass der heutige Tag so enden würde, wie er jetzt voraussichtlich enden wird. Vizepräsidentin Marlies Fritzen: (Heiterkeit und Beifall BÜNDNIS 90/DIE Ich schlage vor, dass wir, weil ich vermute, dass je- GRÜNEN und SSW) de Fraktion zunächst grundsätzlich zu diesem The- ma etwas sagen möchte, jedem nach der Stärke der Ich bin darüber sehr erfreut. Ich danke allen, die Fraktionen einen Dreiminutenbeitrag zugestehen. auch zum Schluss noch an diesen Beratungen teil- Wenn weitere Wortmeldungen da sind, bitte ich um genommen haben, ausdrücklich auch den Vertrete- entsprechende Handzeichen. - Wenn Sie damit ein- rinnen und Vertretern von FDP und PIRATEN, verstanden sind, erteile ich jetzt Herrn Callsen von auch wenn sie den Antrag jetzt leider nicht unter- der CDU-Fraktion das Wort. stützen können. Trotzdem bin ich dankbar, dass Sie die Bereitschaft zur Beratung gezeigt haben. Johannes Callsen [CDU]: Besonderen Dank sage ich der CDU, dass sie sich entschlossen hat, gemeinsam mit uns einen Begleit- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! antrag zu machen. Das ist ein wirklich gutes Zei- Ich freue mich, dass unser Angebot, hier in diesem chen auch im Hinblick darauf, dass wir, wenn wir Haus zu einem breiten Konsens zu kommen, sozu- vom Ende her denken, von der Suche nach einem sagen auf fruchtbaren Boden gefallen ist, und wir Standort, immer noch auf der Suche nach anderen deshalb auch ein gutes Signal von Kiel für die Bundesländern sind, die sich beteiligen. Deshalb ist Energiewende aussenden können. Uns war wich- es gut für Schleswig-Holstein, wenn Sie sich zu der tig, dass vor der abschließenden Zustimmung der Grundidee bekennen. Vielleicht geben sich dadurch Landtag noch einmal die Möglichkeit hat, sich mit andere Bundesländer, die grün, rot oder schwarz re- den Fragestellungen und insbesondere mit den Er- giert sind, einen Ruck und kommen mit ins Boot. wartungen, die wir haben, zu befassen und wir durch die Landesregierung Berichte bekommen. Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1933

(Eka von Kalben)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Wir kennen das alle, wie das funktioniert; machen SSW) wir uns doch nichts vor. Alle gucken einen mit großen Augen an und sagen: Wollen Sie jetzt wirk- Ich entschuldige mich für die Eile. Das war auch lich Ihrer Verantwortung nicht gerecht werden? für uns Fraktionsvorsitzende sehr anstrengend. Wir Dann ist es gut, wenn man sagen kann: Ich habe ein mussten uns bei der Antragserstellung, aber auch Votum des Landtages im Hintergrund, das mich jetzt, sehr beeilen. Für Sie innerhalb der Fraktionen daran hindert, selbst wenn ich es wollte, etwas zu innerhalb einer halben Stunde solch eine Entschei- unterschreiben, was gegen die Interessen dieser dung zu fällen, ist schwierig und zum Teil eine Zu- Entschließung geht. mutung. Ich weiß das. Das war bei uns auch immer wieder ein Thema. Dafür entschuldige ich mich. Ich Ich will etwas zum Abstimmungsverhalten sagen. glaube aber dennoch, dass es gut ist, wenn wir hier Wir werden unserem eigenen Antrag Drucksache heute so auseinandergehen. 18/707 (neu) in der Sache zustimmen. Dies ist ein starkes Signal aus Schleswig-Holstein. Frau Präsidentin, wir beantragen, alle Anträge zu Nach allem, was über uns und darüber, wie wir uns eigenständigen Anträgen zu erklären und differen- hier verhalten, geschrieben wird, ist das ein starkes ziert abzustimmen, damit man deutlich sichtbar ma- Signal für diesen Landtag. - Vielen Dank. chen kann, wo wir gar nicht so weit weg voneinan- der sind und wo es Unterschiede in der Sache gibt. (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD und SSW) Zu dem Antrag der PIRATEN, Drucksache 18/728, wünschen wir getrennte Abstimmung und sagen zu, Vizepräsidentin Marlies Fritzen: dass wir die Nummern 1 bis 3 annehmen werden Vielen Dank. - Für die FDP-Fraktion erteile ich (Beifall PIRATEN) dem Herrn Abgeordneten Kubicki das Wort. und die Nummer 4 ablehnen werden.

Wolfgang Kubicki [FDP]: Zu dem Koalitionsantrag Drucksache 18/751 (neu) - 2. Fassung - bitten wir, nummernweise abzustim- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! men. Wir müssen zu Nummer 1 wegen der grund- Ich nehme mit völliger Ruhe und Gelassenheit hin, sätzlichen Annahme, keine Castoren nach Bruns- dass ich die Erwartungen und Bedürfnisse des Kol- büttel, Nein sagen. Dort steht drin, dass eine Auf- legen Dr. Stegner nicht erfüllt habe. nahme bestimmten Kriterien unterliegen soll. Bei Ich will - auch zum Abstimmungsverhalten meiner Nummer 2 werden wir uns enthalten, weil wir au- Fraktion - noch kurz zwei, drei Dinge erklären. Ich ßer dem ersten Satz alle anderen Passagen mittra- habe heute Morgen sehr ausführlich begründet, gen könnten. Der erste Satz insinuiert die Aufnah- warum wir ein Zwischenlager in Brunsbüttel oder me von Castoren in Brunsbüttel. Nummer 3 werden anderen Kernkraftwerkstandorten in Schleswig- wir aus den Gründen, die der Kollege Callsen be- Holstein und der ganzen Bundesrepublik nicht nur nannt hat, ablehnen und uns nicht enthalten, weil für nicht notwendig, sondern auch für sachlich wir das juristisch nicht nur für fragwürdig, sondern kaum begründbar halten. An dieser Grundauffas- für nicht durchführbar halten. Den Nummern 4 und sung hat sich nichts verändert. Gleichzeitig habe 5 werden wir ausdrücklich zustimmen. In der ich allerdings einen großen Respekt - weil ich lange Schlussabstimmung werden wir den Antrag aller- genug im Parlament bin und sehr viel Erfahrung ha- dings ablehnen müssen. be, Herr Dr. Stegner - davor, dass die Landesregie- Der Ausschussüberweisung des CDU-Antrags rung bei der Position, die sie eingenommen hat, die Drucksache 18/733 werden wir zustimmen. Rückenstärkung des Parlamentes braucht, und da- vor, dass Sie dann, wenn die Bedingungen, die Sie Den Koalitionsantrag Drucksache 18/750 werden formuliert haben - auch wenn wir, dazu komme ich wir ablehnen. noch, zwei nicht für richtig halten; das ist völlig Beim gemeinsamen Antrag Drucksache 18/778 egal -, nicht erfüllt sind, in Berlin oder anderswo werden wir uns enthalten. Wir werden nicht dage- nicht gedrängt werden können, ohne Zustimmung gen stimmen, und zwar aus den Gründen, die ich des Parlamentes etwas zu beschließen oder etwas genannt habe. Wir wollen für den Fall, dass unsere zuzustimmen, was nicht im Interesse des Landes Auffassung nicht durchsteht, dass die Landesregie- Schleswig-Holstein liegt. rung auch durch unsere Haltung ein Mandat dafür hat, sich von anderen Leuten nicht in eine Verant- 1934 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Wolfgang Kubicki) wortung nehmen zu lassen, die andere nicht tragen Im Rahmen dieser fünfzehnminütigen Beratung wollen. - Herzlichen Dank. sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass nach der jetzigen Antragslage - voraussichtlich zu fast 100 % (Beifall FDP) - eine Einlagerung der Castoren in einem Zwi- schenlager in Schleswig-Holstein nicht stattfinden Vizepräsidentin Marlies Fritzen: wird. Das Wort für die Fraktion der PIRATEN erteile ich Das war nicht unsere Position. Deshalb können wir der Frau Abgeordneten Angelika Beer. dem Antrag der Regierungskoalition nicht zustim- men. Wir werden uns - ähnlich wie die FDP es Angelika Beer [PIRATEN]: macht - in der Sache zu den einzelnen Punkten ver- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! halten. Weil wir PIRATEN sind, haben wir auch Die PIRATEN sind angetreten unter anderem mit zwei Fraktionsmitglieder, die eine etwas abwei- dem Ziel, dass politische Beschlüsse, Debatten chende Position haben und diese gleich erklären transparent und nachvollziehbar und die Be- werden. schlüsse klar und nachvollziehbar werden. Das gilt (Beifall PIRATEN) auch für diesen Landtag Schleswig-Holstein. Ich möchte für die Mehrheit meiner Fraktion sagen, Vizepräsidentin Marlies Fritzen: dass das, was hier heute mit einem überraschenden Für den SSW im Landtag erteile ich dem Herrn Ab- Ergebnis in unterschiedlichen Runden stattgefun- geordneten Lars Harms das Wort. den hat, für mich nicht nachvollziehbar ist. Alles wurde fünfmal hin- und hergeschoben, und es wur- Lars Harms [SSW]: den unterschiedliche Positionen eingenommen. Ich möchte kurz begründen, warum wir unseren An- Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und trag mit dem Titel Transparenz und Volksent- Herren! Erst einmal möchte ich mich ganz herzlich scheid aufrecht erhalten. Ich bedanke mich bei der bei den Kolleginnen und Kollegen von der Opposi- FDP ausdrücklich dafür, dass sie als einzige Frakti- tion dafür bedanken, dass die Offenheit bestand, on hier im Landtag bereit ist, unsere Position, näm- hier einen gemeinsamen Beschluss hinzubekom- lich den Bürger mit entscheiden zu lassen, zu unter- men; auf der einen Seite mit Zustimmung durch die stützen. Das zeigt, dass wir hier sehr dicht beieinan- CDU, auf der anderen Seite mit Enthaltung der der sind. Das ist ein sehr positives Signal. Vielen FDP. Das heißt, hier hat es Bewegung gegeben. Ich Dank dafür. finde, für uns als Koalitionsabgeordnete ziemt es sich, zu sagen, dass dies in dieser wichtigen Sache, (Beifall PIRATEN) bei der es um eine Entscheidung geht, die Jahrzehn- Ich kritisiere noch einmal das Tempo und den te gelten wird, toll ist, dass die Opposition einen Druck, der hier aufgebaut worden ist. Wir hätten Schritt auf uns zugegangen ist. ohne jede Mühe morgen früh um 9 Uhr eine Frakti- Da wir gleich in die Abstimmung eintreten werden, onssitzung einberufen und darüber beraten können. ist für mich ein zweiter Punkt wichtig. Im Antrag Wir hätten dann in die Abstimmung gehen können. der PIRATEN gibt es einen Punkt, den wir ableh- Wir hinterfragen den jetzigen Kompromiss der Ko- nen werden. Hierzu wollen wir deutlich sagen, dass alitionsfraktionen und der CDU in drei Punkten. Er dies keine inhaltliche Positionierung ist. In Ihrem ist mit dem Basisvotum von uns PIRATEN nicht Punkt 3 schreiben Sie, dass das mögliche Zwi- vereinbar. Wir haben gesagt, wir wollen einen ver- schenlager Brunsbüttel kein Endlager werden sol- antwortlichen Umgang und eine Lagerung in allen le. Das ist natürlich grundsätzlich richtig. Man hat Ländern nach dem Verursacherprinzip und die aber auf Bundesebene vereinbart, dass die gesamte Volksentscheidung. Bundesrepublik Deutschland in der Frage der Das, was jetzt in dem Antrag steht und zusammen- Standorte der Endlager eine weiße Karte ist und gefasst wurde, hat unseres Erachtens eher den Cha- dass es keinerlei Vorfestlegungen gibt. rakter eines Castor-Verhinderungsantrags, denn die (Zuruf Angelika Beer [PIRATEN]) gestellten Forderungen sind so unrealistisch, dass sich jetzt die Antiatombewegung freuen wird, aber Vor diesem Hintergrund können wir diesem Punkt das ist nicht der verantwortungsvolle Umgang mit nicht zustimmen, denn er widerspricht dem, was der Zwischenlagerung, den wir uns gewünscht hät- auf Bundesebene beschlossen worden ist. ten. Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1935

(Lars Harms)

Wir selbst sind natürlich der Auffassung, dass hen und - was solche Basisvoten angeht - sogar un- Brunsbüttel nach dem Informationsstand, den wir sere Expertise einholen wollen. jetzt haben, nicht als Endlager geeignet ist. Das ist Vor diesem Hintergrund ist es für den Kollegen klar. Formal können wir das aber vor dem Hinter- Krumbeck und für mich überhaupt kein Problem, grund des Kompromisses, der auf Bundesebene be- mit Blick auf die Machbarkeit von Politik Ihrem schlossen ist, nicht beschließen. Es wird ein Endla- Antrag zu folgen. gersuchgesetz geben, und dieses Endlagersuchge- setz wird die Kriterien festlegen. Deshalb können Natürlich werden wir auch für unseren Antrag stim- wir heute keine Vorfestlegung vornehmen. Das sa- men, der an dieser Stelle wesentlich weiter geht. ge ich nur zur Information, damit jeder genau Be- Was das inhaltliche und die Bewertung des Tages scheid weiss. angeht, so bin ich sehr bei der Kollegin Beer. Inso- fern stimmen wir auch für unseren Antrag. Ich Ansonsten sage ich noch einmal: Ich finde es ganz wollte nur begründen, warum der Kollege Krum- toll, dass wir uns aufeinanderzu bewegt haben. Vor beck und ich abweichend abstimmen werden. diesem Hintergrund bedanke ich mich insbesondere bei der Opposition. Herr Dr. Stegner, hin und wieder ist in der Presse zu lesen, sechs PIRATEN, sieben Meinungen. (Beifall SSW) Manchmal hat das auch etwas mit Verantwortung zu tun und mit dem Umstand, dass wir uns vorges- Vizepräsidentin Marlies Fritzen: tern getroffen und Vereinbarungen getroffen haben. Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfra- Ich finde, das alles hat nur Sinn, wenn man sich ge? - Offenbar nicht. Frau Beer, wenn Sie wollen, auch an Vereinbarungen hält, wenn man treu ist können Sie sich noch einmal zu Wort melden. Jetzt und wenn man Zusagen einhält. Wir hatten Zusa- liegt mir die Wortmeldung des Kollegen Dudda gen gemacht, und an die halten der Kollege Krum- vor. Ich erteile ihm das Wort. beck und ich uns. Ich hoffe, dass Sie sich in anderer Weise daran halten. Wolfgang Dudda [PIRATEN]: (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! und SSW) Ich spreche jetzt für den Kollegen Sven Krumbeck und für mich. Abweichend von unserer Fraktion Vizepräsidentin Marlies Fritzen: werden wir dem Antrag der Koalition und der CDU Das Wort hat Frau Abgeordnete Angelika Beer von zustimmen. Ich möchte kurz begründen, warum wir der Fraktion der PIRATEN. das tun. Für uns beide ist das Element der Bürger- beteiligung mindestens so wichtig wie für den Rest Angelika Beer [PIRATEN]: unserer Fraktion. Heute Mittag haben Sie gesagt, Sie versprechen eine Bürgerbeteiligung in Form Ich habe eben die Bestätigung bekommen. Es ist so, von Bürgerforen und auch in Gremien, die hier an- dass ich inzwischen ständig Radio höre, wann im- gesiedelt sein können. So unkonkret diese Aussage mer ich die Gelegenheit habe, weil die Medien im- auch war, so hat sie den Kollegen Krumbeck und mer zuerst durch den Energiewendeminister un- mich dazu veranlasst, herauszufinden, dass dies ei- terrichtet werden. Heute Morgen gab er das erste ne gute Sache ist. Mehr Bürgerbeteiligung geht Interview kurz nach 7 Uhr auf „NDR Info”. Dann nach unserer festen Überzeugung derzeit nicht. gab es in den Nachrichten eine Meldung, dass der Energiewendeminister Robert Habeck ausgeschlos- Die Bürger werden eingebunden. So, wie ich die sen habe, dass aus Brunsbüttel ein Endlager wird. Dithmarscher kenne - die meisten von uns wissen, Herr Kollege Harms, das steht in krassem Wider- wie die ticken -, werden die Menschen das Thema spruch zu dem, was Sie gerade gesagt haben. dort entsprechend bedienen. Vor diesem Hinter- grund haben wir gesagt: Wir stimmen mit der Ko- (Vereinzelter Beifall PIRATEN) alition. Dann geschah Folgendes: Wir hörten, nur noch das Bürgerforum würde im Antrag übrig blei- Vizepräsidentin Marlies Fritzen: ben. Das war uns zu wenig. Eben vor der Sitzung haben wir uns noch unterhalten. Sie haben dem Weitere Wortmeldungen vonseiten der Abgeordne- Kollegen Krumbeck und mir noch einmal bestätigt, ten liegen mir nicht vor. Für die Landesregierung dass Ihr Wort über das Bürgerforum hinaus nach erteile ich dem Minister für Energiewende, Land- wie vor gilt und dass Sie diese Beteiligung ausde- 1936 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen) wirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Herrn Jetzt haben wir es sozusagen noch einmal mit Brief Dr. Robert Habeck, das Wort. und Siegel. Aber für mich und für die Regierung war klar, dass dies nicht irgendwelche rhetorischen Dr. Robert Habeck, Minister für Energiewende, Bekundungen sind, sondern Gegenstand hart zu Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume: führender Verhandlungen mit dem Bund. Ich glau- be, dies wird den Bund auch etwas kosten, und Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Damen zwar nicht nur finanziell, sondern der Bund muss und Herren! Gestatten Sie mir abschließend ein Rechtssicherheit versprechen und diese auch einlö- paar Bemerkungen aus Sicht der Landesregierung. sen. Frau Beer, vielleicht gehe ich kurz auf Sie ein: Wenn ich mich recht erinnere, dann lautete die Fra- Deswegen verstehe ich nicht, Frau Beer, dass Sie ge der Moderatorin: Wie stellen Sie sicher, dass aus die Regierung und die regierungstragenden Fraktio- dem Zwischenlager kein Endlager wird? Darauf be- nen heute Morgen noch gelobt haben für einen An- zog sich meine Antwort. Diese habe ich allerdings trag, der verantwortungsbewusst ist und der im We- nicht nur heute Morgen „NRD Info“ gegeben, son- sentlichen das Gleiche gesagt hat bis auf die Bür- dern von Anfang an wiederholt. Ein Großteil der gerforen, während Sie jetzt sagen, diese Bedingun- Bedingungen, die auch im Antrag der Fraktionen gen seien Verhinderungsanträge. Das bekomme ich formuliert sind, soll genau das auch ausschließen. logisch nicht zusammen. Insofern ist das sehr konsistent. (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Persönlich möchte ich sagen, dass ich weiß, was Ich finde es auch gut, dass die Anträge - diese wer- auch heute überdeutlich zu hören war, nämlich dass den von PIRATEN und FDP ja wahrscheinlich es mir nicht gelungen ist, durch Kommunikation al- kommen - in den Ausschuss gehen. Ich habe eine le Menschen von Anfang an mitzunehmen. Deshalb gewisse Hoffnung, dass über die nun vor uns lie- bin ich froh darüber, zu sehen, wie es - für mich gende Arbeit die Gemeinsamkeit, die jetzt entstan- und für die Regierung überraschend - doch gelun- den ist, vielleicht sogar noch größer wird und die gen ist, über diesen Tag hinweg ein Bündnis zu FDP und vielleicht die PIRATEN am Ende der Be- finden, das über den Kreis der regierungstragenden ratungen doch noch in der Lage sind, im Rahmen Fraktionen hinausgeht. Ich finde, das ist ein großar- dieser breiten Verantwortungsübernahme auch zu- tiges Zeichen. Es knüpft für mich auch an die Ge- zustimmen. Wir werden sehen, was dabei heraus- meinsamkeit an, die dieses Haus gefunden hat, als kommt. es grundsätzlich um Fragen der Energiepolitik, der Energiewende und den Ausbau der erneuerbaren Ich sage noch einmal zu, dass die laufenden Bera- Energien ging. Ich finde, das macht das Land stark. tungen auf allen Ebenen, die uns zur Verfügung ste- Das macht das Parlament stark, und das macht auch hen, schriftlich in den Ausschüssen, aber selbstver- die Regierung gegenüber anderen Ländern stark. ständlich auch während der Plenartagungen erfol- Insofern ist das, was Herr Kubicki gesagt hat, völlig gen sollen. Ich bitte Sie aber auch, diese Bring- richtig. schuld von uns einzufordern. Wenn Sie Informatio- nen bekommen haben, die Ihnen nicht ausreichen, Es ist nichts Neues im Vergleich zu dem Brief, den wenn Sie noch Fragen haben, die explizit nicht auf ich dem Bundesminister am den einen oder anderen Punkt, der im Antrag steht, 28. März 2013 geschrieben habe. Sie kennen ihn. passen, dann zwingen Sie uns bitte, diese Fragen zu Dort habe ich formuliert, dass alle Entscheidungen beantworten. Es gibt kein Interesse - kein persönli- der Regierung einem Landtagsvorbehalt unterlie- ches Interesse und auch kein politisches Interesse - gen. Das heißt, die Regierung selbst hat ein großes hier an irgendeiner Stelle mit Geheimhaltungen zu Interesse daran, dass der Landtag als Souverän im- arbeiten. Vor allem freuen wir uns darauf, die Ex- mer mitbestimmt, was die Regierung tut, bezie- pertise, die in anderen Fraktionen und bei den PI- hungsweise der Regierung die Weisung erteilt. Vor RATEN vielleicht vorhanden ist, für die Beteili- diesem Hintergrund ist auch das, was heute mehr- gung von Menschen abzugreifen. fach eingefordert wurde und was der Ministerpräsi- dent noch einmal in dankenswerter Klarheit ausge- Ich will auch sagen, wie es auch heute Morgen der führt hat, eigentlich klar gewesen, nämlich: Die Be- Ministerpräsident in einem Nebensatz angedeutet dingungen, die der Landtag in welcher Mehrheit hat, dass ich es völlig in Ordnung finde, wenn die- auch immer beschließt, sind Bedingungen, an die ses Bürgerforum woanders angesiedelt ist, wenn sich die Regierung zu halten hat. der Regierung mit Misstrauen begegnet wird. Wenn wir also als Teil eines Prozesses angesehen werden, Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1937

(Minister Dr. Robert Habeck) der diesen Dialog eher behindert, dann sollten wir noch einmal kurz darlegen, warum unser Antrag so auch so fair miteinander umgehen und sagen: Es formuliert worden ist. gibt bessere Orte, zum Beispiel Landtag, Kreistag, Uns geht es darum, eine vernünftige Faktenlage zu Kommunalparlament. Wir werden sehen, wo uns erarbeiten, um in dieser Sache einen Entschei- das hinführt. Also auch in dieser Frage sind wir dungsprozess, der notwendig ist, auch konstruktiv völlig offen und hoffen, dass wir es gemeinsam hin- begleiten zu können. Der Minister hat eben noch bekommen, die Probleme zu lösen. einmal ausgeführt, dass er auch bereit ist, schriftlich Ich sage auch zu, dass wir den Beschlüssen des und ausführlich zu diesen Prozessen Stellung zu Landtags insoweit folgen sollten, als wir die Debat- nehmen, und uns ständig auf dem Laufenden halten ten im Bundesrat beispielsweise beachten werden, möchte. Ich nehme sie auch beim Wort und verlas- ohne dass die nochmalige Berichterstattung oder se mich auf das Wort des Ministerpräsidenten und die Befassung des Landtags befriedigend erfolgt ist, des Ministers - dafür nehme ich Sie auch persönlich und dass wir über alle politischen Instrumentarien in die Verantwortung -, dass wir inhaltlich ausge- hinweg die Vorbehalte des Landtags über Proto- wogen und sachlich stichhaltig informiert werden. kollerklärungen oder Ähnliches beachten werden. Ich würde mich freuen, Herr Minister, wenn Sie der Stadt Brunsbüttel und der Ratsversammlung ein Abschließend glaube ich, dass die Position, die Gesprächsangebot unterbreiteten, um dieses Thema Schleswig-Holstein einnimmt, schon außergewöhn- auch inhaltlich auf die Tagesordnung zu nehmen, lich ist. Die mediale Beachtung zeigt uns dies ja um die Region dabei letztendlich auch mitzuneh- auch. Ich glaube aber, dass mit dieser breiten Ge- men. meinsamkeit, wie sie jetzt entsteht, diese Außerge- wöhnlichkeit noch einmal unterstrichen wird. Es (Beifall CDU) geht ja gerade darum, sich ein Stück weit von den Ritualen wegzubewegen. Dass dies nun auch partei- Vizepräsidentin Marlies Fritzen: politisch oder fraktionsübergreifend zu gelingen scheint, ist ein außerordentlich starkes Signal, und Vielen Dank. Weitere Wortmeldungen gibt es nun es ist ein außerordentlich guter Tag. tatsächlich nicht mehr. Dann kommen wir zu diver- sen Abstimmungen. (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW) Herr Kubicki, Sie haben vorhin darauf hingewie- sen, dass alle Anträge eigenständig sein sollten. Das sind sie ohnehin. Insofern werden wir einen Antrag Vizepräsidentin Marlies Fritzen: nach dem nächsten abstimmen. Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen liegen mir (Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich freue mich, nicht vor. dass wir beide einer Meinung sind, Frau Prä- (Jens-Christian Magnussen [CDU]: Doch!) sidentin!) - Oh, Entschuldigung! Ihre Wortmeldung hatte ich - Ja, das ist doch ein historischer Tag heute. nicht gesehen. Sie haben selbstverständlich noch (Heiterkeit) das Wort, Herr Magnussen. Bitte schön. Damit Sie sich weiter freuen können, fangen wir Jens-Christian Magnussen [CDU]: auch gleich mit Ihrem Antrag an. Frau Präsidentin! Ich bedaure, dass wir nicht auch Ich lasse also zunächst abstimmen über den Antrag einen gemeinsamen Antrag hinbekommen haben. „Keine Zwischenlagerung hoch radioaktiver Abfäl- Aber ich sehe auch die Notwendigkeit des jetzigen le aus Wiederaufbereitungsanlagen an Kernkraft- Vorgehens und habe mich auch bereit erklärt, die- werksstandorten in Schleswig-Holstein“; das ist der ses Vorgehen so mitzutragen. Antrag der FDP in der Drucksache 18/707 - neu. Herr Garg, Sie haben mir vorhin mitgeteilt, dass Sie Ich möchte hier noch einmal ganz kurz auf unseren darüber gern in der Sache abstimmen lassen wollen. Antrag Bezug nehmen. Ich habe sehr intensiv auch Dann lasse ich über diesen Antrag abstimmen. Wer mit den Kolleginnen und Kollegen der Grünen diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das kommuniziert, die, wie ich glaube, inhaltlich gar Handzeichen. - Das sind die Kollegen der FDP- nicht so weit weg von uns sind, was die Aussage- Fraktion. Wer diesen Antrag ablehnen möchte, den kraft unserer Anfragen betrifft. Ich möchte deshalb bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Das sind die Kollegen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, 1938 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

SSW und der Piratenfraktion. Wer möchte sich der Wir kommen nun zur Abstimmung über Nummer 4 Stimme enthalten? - Das ist die CDU-Fraktion. Da- des Antrags Drucksache 18/728. Wer der Num- mit ist dieser Antrag in der Sache mit den Stimmen mer 4 zustimmen möchte, den bitte ich um das von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten der Pi- PIRATEN gegen die Stimmen der FDP bei Enthal- ratenfraktion. Wer spricht sich gegen diese Num- tung der CDU abgelehnt. mer aus? - Das sind die Abgeordneten von FDP, CDU, SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Wir kommen jetzt zum Antrag „Transparenz und SPD. Volksentscheid über Zwischenlagerung radioakti- ver Stoffe aus Wiederaufbereitungsanlagen an Ich lasse nun über den Antrag der Fraktion der PI- Kernkraftwerksstandorten in Schleswig-Holstein RATEN, Drucksache 18/728, insgesamt abstim- unter Beteiligung der Öffentlichkeit sichern“. Das men. Ich bitte diejenigen um das Handzeichen, die ist der Antrag der Piratenfraktion, der ebenfalls in diesem Antrag zustimmen möchten. - Das sind die der Sache abgestimmt werden soll. Außerdem wur- Mitglieder der Piratenfraktion. Wer lehnt diesen de darauf hingewiesen, dass wir den nummernweise Antrag ab? - Das sind die Fraktionen der FDP, der abstimmen. Ich lasse deshalb zunächst über Num- CDU, die Abgeordneten des SSW, die Fraktionen mer 1 des Antrags in der Drucksache 18/728 ab- von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD. stimmen. Wer dieser Nummer zustimmen will, den Wer enthält sich? - Damit ist der Antrag, Drucksa- bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Abge- che 18/728, gegen die Stimmen der Fraktion der PI- ordneten der FDP-Fraktion sowie der PIRATEN. RATEN mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS Wer lehnt diese Ziffer ab? - Das sind die Abgeord- 90/DIE GRÜNEN, SSW, CDU und FDP abgelehnt. neten von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Mir liegt eine Wortmeldung des Herrn Abgeordne- SSW. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die ten Dr. Ralf Stegner vor. - Bitte, Herr Stegner. CDU-Fraktion. Ich lasse jetzt über Nummer 2 des Antrages in der Dr. Ralf Stegner [SPD]: Drucksache 18/728 abstimmen. Wer dieser Ziffer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Frau Präsidentin! Ich würde gern unser Abstim- - Das sind erneut die Abgeordneten von FDP und mungsverhalten zu Nummer 3 erläutern, damit wir PIRATEN. Wer ist dagegen? - Das sind die Abge- nicht für Falsches in Anspruch genommen werden. ordneten von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Dr. Heiner Garg [FDP]: Wir sind in der Ab- und SSW sowie der CDU. - Enthaltungen sehe ich stimmung!) keine. In der Sache sind die Koalitionsfraktionen selbst- Dann lasse ich über Nummer 3 des Antrags in der verständlich dagegen, dass aus Brunsbüttel ein End- Drucksache 18/728 abstimmen. Wer dieser Num- lager wird. Es gibt aber ein Verfahren, das eine mer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich weiße Landkarte vorsieht, mit dem ein Suchverfah- um das Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten ren in Gang gesetzt werden soll. Das betrifft alle der CDU-Fraktion, der FDP-Fraktion und der Pira- Standorte. Wer das für richtig hält, der kann aus un- tenfraktion. Wer möchte diese Nummer ablehnen? - serer Sicht nicht mit Ja abstimmen. Das ist der Das sind die Abgeordneten von SPD, BÜNDNIS Grund für das Abstimmungsverhalten unserer Ko- 90/DIE GRÜNEN - - alition. Ich bitte darum, das nicht als ein Votum in (Zuruf BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) der Sache zu betrachten. Das habe ich ausdrücklich begründet. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind in der Abstimmung. Die Debatten haben den ganzen Tag Vizepräsidentin Marlies Fritzen: über stattgefunden. Ich gehe deshalb davon aus, dass die Abgeordneten wissen, worüber sie jeweils Wir befinden uns in einer Abstimmung. Darauf abstimmen. Deshalb noch einmal: Wer der Num- weisen Sie zu Recht hin, Herr Garg. Über diese mer 3 des Antrags in der Drucksache 18/728 seine Drucksache ist aber zu Ende abgestimmt worden. Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Wenn Sie mögen, können Sie jetzt gern auch noch Handzeichen. - Das sind die Kollegen der CDU, der einen Beitrag dazu liefern. FDP und der Piratenfraktion. Wer lehnt diese Num- (Wortmeldung Tobias Koch [CDU]) mer ab? - Das sind die Kollegen von SPD, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und SSW. Wer enthält sich - Herr Koch, da das alles sowieso schon mordskom- der Stimme? - Niemand. pliziert ist und wir uns konzentrieren müssen, wie Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013 1939

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen) wir gerade gesehen haben, bitte ich Sie, dass wir Schließlich lasse ich abstimmen über den Antrag zunächst die Abstimmung fortsetzen. der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der Abgeordneten des SSW, Drucksache Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den An- 18/751 (neu) - 2. Fassung -, „Erfolgreicher Atom- trag mit dem Titel „Keine Zwischenlagerung von ausstieg: Endlager-Suche beginnen - Energiewende hoch radioaktiven Abfällen aus Wiederaufberei- konsequent umsetzen“. Mir wurde signalisiert, dass tungsanlagen ohne erneute und umfassende Prüfun- Sie über die einzelnen Punkte abstimmen möchten. gen und Bürgerbeteiligung“. Das ist ein Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 18/733. Ich habe Wer Nummer 1 der Drucksache 18/751 zustimmen den Hinweis bekommen, dass dieser Antrag feder- möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das führend dem Umwelt- und Agrarausschuss und mit- sind die Mitglieder der CDU-Fraktion, die Kollegen beratend dem Wirtschaftsausschuss überwiesen Wolfgang Dudda und Sven Krumbeck von der werden soll. Deshalb lasse ich jetzt darüber abstim- Fraktion der PIRATEN, das ist der SSW, die Frak- men. Wer diesen Antrag den Ausschüssen überwei- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Fraktion sen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - der SPD. Wer Nummer 1 nicht zustimmen möchte, Das ist einstimmig so beschlossen. den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Kollegen der FDP-Fraktion sowie die Kollegen An- Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den An- gelika Beer, Uli König, Patrick Breyer und Torge trag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE Schmidt von der Fraktion der PIRATEN. Wer GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW, Druck- möchte sich enthalten? - Das ist niemand. Damit ist sache 18/750, mit dem Titel „Energiewende und dieser Nummer mehrheitlich angenommen. Klimaschutz in Schleswig-Holstein“. Über diesen Antrag soll in der Sache abgestimmt werden. Wer Wer Nummer 2 seine Zustimmung geben möchte, diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Das sind sein Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten die Mitglieder der SPD-Fraktion, der Fraktion von - - BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Abgeordneten des SSW, die Piratenfraktion und die CDU-Frakti- (Zurufe) on. Wer lehnt Nummer 2 ab? - Wer enthält sich? - - Entschuldigung, weil das so eine Vielzahl von Das sind die Kollegen der FDP-Fraktion. Damit ist Anträgen ist, sage ich Ihnen kurz den Inhalt. Es Nummer 2 bei Enthaltung der FDP-Fraktion mit geht um einen älteren Antrag, der eigentlich gar Zustimmung aller anderen Fraktionen angenom- nicht zu dieser Atomdebatte gehört, aber im weite- men. ren Sinne zur Energiewende. Mit diesem Antrag Wir kommen zur Abstimmung über Nummer 3. soll die Landesregierung gebeten werden, Wer dieser Nummer seine Zustimmung erteilen „zeitgleich mit dem jährlich im Juni vorzule- möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das genden Monitoringbericht auch über Ziele sind SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und und Maßnahmen der Klimaschutz- und Ener- sämtliche Mitglieder der Piratenfraktion. Wer lehnt giewendepolitik für Schleswig-Holstein zu Nummer 3 ab? - Das ist die FDP-Fraktion. Enthal- berichten“. tungen? - Die CDU-Fraktion enthält sich. Damit ist Weiter heißt es: Nummer 3 mehrheitlich angenommen worden. „Zudem bittet der Landtag die Landesregie- Wir kommen zur Abstimmung über Nummer 4. rung, in 2014 die Eckpunkte und die Zeitpla- Wer Nummer 4 seine Zustimmung geben möchte, nung für ein Energiewende- und Klima- den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die schutzgesetz vorzulegen.“ Kollegen von FDP, CDU, PIRATEN, SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD. Gegen- Jetzt stimmen wir über diesen Antrag ab. Wer die- stimmen und Enthaltungen stelle ich nicht fest. sem Antrag, Drucksache 18/750, seine Zustimmung Dann ist das einstimmig so beschlossen. geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von CDU, PIRATEN, Schließlich kommen wir zur Abstimmung über BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und die Abge- Nummer 5. Wer dieser Nummer seine Zustimmung ordneten des SSW. Wer lehnt diesen Antrag ab? - geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist die FDP-Fraktion. Wer enthält sich der Das sind FDP, CDU, alle Mitglieder der Fraktion Stimme? - Dann ist das gegen die Stimmen der der PIRATEN, SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN FDP-Fraktion bei Zustimmung aller anderen Frak- und SPD. Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit tionen so beschlossen. ist diese Nummer einstimmig so beschlossen. 1940 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung (neu) - Mittwoch, 24. April 2013

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

Nun lasse ich über den Antrag der Fraktionen von Vizepräsidentin Marlies Fritzen: SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abge- Es geht darum, dass das Wort „schriftlich“ einge- ordneten des SSW, Drucksache 18/751, in der fügt wird. zweiten Fassung abschließend abstimmen. Wer die- sem Antrag abschließend seine Zustimmung ertei- Dann lasse ich darüber abstimmen. Wer dem An- len möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - trag Drucksache 18/778 zustimmen möchte, den Das sind die Kollegen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Abge- GRÜNEN, des SSW sowie die Kollegen Wolfgang ordneten von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Dudda und Sven Krumbeck von der Piratenfrakti- SSW und CDU. Wer diesem Antrag nicht zustim- on. Wer diesen Antrag ablehnen möchte, den bitte men will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - ich um das Handzeichen. - Das sind die Abgeordne- Das sind die Abgeordneten Patrick Breyer, Torge ten der FDP-Fraktion sowie die Kollegen Torge Schmidt, Uli König und Angelika Beer von der Pi- Schmidt, Patrick Breyer, Uli König und Angelika ratenfraktion. Wer enthält sich? - Das sind Sven Beer von der Piratenfraktion. Wer enthält sich? - Krumbeck und Wolfgang Dudda von der Piraten- Das sind die Mitglieder der CDU-Fraktion. Damit fraktion sowie die Mitglieder der FDP-Fraktion. ist dieser Antrag mehrheitlich angenommen. Damit ist dieser Antrag mehrheitlich angenommen. (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW) und SSW) Schließlich lasse ich abstimmen über den Antrag Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für die der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE konzentrierte Abstimmung. GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW, Druck- Ich möchte noch einmal darauf hinweisen: Auf un- sache 18/778, mit dem Titel „Verfahren zur Zwi- serer Tagesordnung steht jetzt noch der Tätigkeits- schenlagerung“. bericht des Petitionsausschusses. Ich entnehme Ih- In der Ihnen vorliegenden Drucksache fehlt ein ren Gesichtern, Wort. Deshalb lese ich den ersten Abschnitt vor: (Heiterkeit) „Die in der Drucksache 18/733 genannten dass Sie damit einverstanden sind, wenn ich vor- Fragestellungen sind von der Landesregie- schlage, dass dieser Tagesordnungspunkt 50 mor- rung im laufenden Verfahren zu berücksich- gen Vormittag hinter die gesetzten Tagesordnungs- tigen und dem Landtag darüber laufend punkt eingereiht wird und dann die entsprechende schriftlich zu berichten.“ Aufmerksamkeit erhält. Das Wort „schriftlich“ muss eingefügt werden. Das Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wün- steht nicht in dem Ihnen vorliegenden Ausdruck. sche Ihnen einen frohen Abend. Darüber haben Sie sich aber offenbar verständigt. - Herr Callsen, bitte. Ich unterbreche die Tagung bis morgen früh um 10 Uhr. Johannes Callsen [CDU]: Die Sitzung ist geschlossen. Wir müssen uns nicht über Nummern unterhalten. Der Minister hat angekündigt, alles schriftlich zu Schluss: 18:40 Uhr machen. Insofern nehmen wir das Angebot an.

Herausgegeben vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags - Stenografischer Dienst Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung - Mittwoch, 24. April 2013 1941

Anhang Reden zu Protokoll

Gemeinsame Beratung Da ist zum einen der Staatsvertrag: Dieser wurde uns von der Landesregierung so kurzfristig vorge- legt, dass Änderungen, wie diese von unserer Frak- a) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes tion angemahnt wurden, aus Zeitgründen nicht über den Vollzug der Sicherungsverwahrung mehr vorgenommen werden konnten, obwohl der und zur Änderung weiterer Gesetze Vertrag lückenhaft ist und zu wichtigen Fragen kei- nerlei Regelungen enthält. Kostenfragen sind unge- Gesetzentwurf der Landesregierung klärt. Der Umgang mit möglichen mangelnden Ka- Drucksache 18/448 pazitäten in Fuhlsbüttel ist ungeklärt. Die Landesre- gierung hat es hier klar versäumt, einen Staatsver- b) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes trag auszuhandeln, der die für unser Land wichtigen über die Zustimmung zu dem Staatsvertrag Fragen abschließend klärt. Deshalb bleiben Unsi- zwischen dem Land Schleswig-Holstein und cherheiten, die sich zu unseren Lasten auswirken der Freien und Hansestadt Hamburg über können. Deshalb bleibt die Landesregierung in der die Zusammenarbeit im Bereich der Siche- Pflicht, hier in Nachverhandlungen einzutreten. Al- rungsverwahrung und der Therapieunter- lein der gute Glaube daran, es werde alles gut ge- bringung hen, reicht nicht. Hier muss Sicherheit geschaffen werden! Gesetzentwurf der Landesregierung Beim Vollzugsgesetz bin ich froh, dass eine Reihe Drucksache 18/512 von Änderungsvorschlägen der CDU Eingang in Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und die Ausschussempfehlung gefunden haben, die da- Rechtsausschusses zu beitragen, die praktische Anwendbarkeit des Ge- Drucksache 18/722 setzes für die Verantwortlichen vor Ort praktikabel und rechtssicher möglich zu machen. Petra Nicolaisen [CDU]: Was ich allerdings sehr bedaure ist, dass die von uns vorgeschlagene Einführung von Informations- Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen ansprüchen für die Opfer von der Koalition abge- und Kollegen! lehnt wurde. Hier wäre die Chance gewesen, ein Die heute zur Abstimmung stehenden Gesetze, so- Zeichen zu setzen und auch die Opferinteressen mit wohl zum Staatsvertrag als auch zum Vollzug der in den Vordergrund zu stellen. Wie oft wird der Sicherungsverwahrung, sind pragmatische Lösun- Vorwurf laut, die Opfer von Kriminalität würden gen für ein sensibles und zugleich auch emotionales vom Staat alleingelassen, ihre Interessen würden Thema. Wichtig war von Beginn des Diskussions- nicht hinreichend berücksichtigt. Hier wäre die prozesses an, dass wir eine Grundlage dafür schaf- Chance gewesen, zumindest im Bereich der Siche- fen, in Zukunft rechtssicher Menschen mit einem rungsverwahrung einen Schritt in die richtige Rich- besonderen Gefährdungspotential für die Bevölke- tung zu gehen. Diesen Schritt haben Sie leider ver- rung unterbringen zu können. Denn der Schutz der säumt. Bevölkerung vor den von solchen Personen ausge- Ich hoffe aber, dass wir im Rahmen weiterer erfor- henden Gefahren ist unsere Pflicht als Gesetzgeber, derlicher Diskussionen, die wir werden führen müs- und die Bevölkerung erwartet zu Recht, dass wir sen, auch dieses Thema noch einmal werden auf- dies gemeinsam und ohne politisches Kalkül tun. greifen können. Ich bin sehr froh, dass wir in den vergangenen Wo- Eines muss uns auch klar sein: Wir machen heute chen fraktionsübergreifend einen konstruktiven einen Anfang, aber es bleiben Probleme, für die wir Diskussionsprozess geführt haben, insbesondere Lösungen finden müssen. unter den - und das möchte ich deutlich betonen - aufgrund enger zeitlicher Grenzen erschwerten Es ist nach wie vor ungeklärt, wie wir mit Men- Voraussetzungen. schen umgehen, die aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden, die aber zu einem Leben in völli- Dennoch, und auch dies darf man nicht verschwei- ger Selbständigkeit nicht in der Lage sind. In ganz gen, ist hiermit der Prozess nicht abgeschlossen. Schleswig-Holstein gibt es keine Einrichtung, die 1942 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung - Mittwoch, 24. April 2013

für die Unterbringung und Betreuung solcher Men- Im Bereich der Disziplinarvorschriften des 15. Ab- schen ausgelegt ist. Wenn wir hier nicht schnell ak- schnitts wurde aus dem Katalog der zulässigen Dis- tiv werden und die notwendigen Konzepte erarbei- ziplinarmaßnahmen der Arrest bis zu 4 Wochen er- ten und umsetzen, werden wir mittel- oder langfri- satzlos gestrichen. Ein Dauerarrest in einer geson- stig hilflos vor dieser Situation stehen. derten Disziplinarzelle ist mit den freiheitsorientier- ten Anforderungen einer modernen Sicherungsver- Meine Damen und Herren, wir müssen uns bewusst wahrung und mit dem Abstandsgebot nicht zu ver- sein, dass der Umgang mit dem Thema Sicherheits- einbaren. verwahrung, so wie er lange Jahre betrieben wurde, heute ein anderer sein muss. Und wir müssen uns Ich will nicht verhehlen, dass wir Grüne uns ge- auch darüber im Klaren sein, dass das Vollzugsge- wünscht hätten, dass unser Landesentwurf den Lö- setz nur die rechtliche Grundlage darstellt. Es muss sungen in anderen Bundesländern gefolgt wäre, auf jetzt aber auch darum gehen, dass die Umsetzung Disziplinarmaßnahmen und Eingriffsbefugnisse den Zielvorgaben des Gesetzes entspricht. wegen Gefahren für die Ordnung generell zu ver- zichten. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts Daher kann ich uns als Parlament und insbesondere lässt sich eher dahin gehend interpretieren, dass die der Landesregierung nur raten, jetzt nicht die Hän- mehr freiheitsorientierten Lösungen in Niedersach- de in den Schoß zu legen und sich auf den heutigen sen, Brandenburg und Rheinland-Pfalz dem Geist Beschlüssen auszuruhen. der Entscheidung besser entsprechen. Aber immer- hin haben wir jetzt eine deutlich entschärfte Fas- Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: sung und mit dem vorgeschalteten Konfliktge- Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und spräch bei disziplinarischen Problemen sogar eine Herren! Die Zeit war knapp, die Beratungen inten- vorbildliche Lösung. siv, das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die am Positiv ist auch, dass die Mindestaufenthaltsdauer 10. April im Innen- und Rechtsausschuss angehör- im Freien von einer Stunde auf zwei Stunden täg- ten Experten bescheinigten durchgängig, dass der lich heraufgesetzt wurde und dass den Interessen vorliegende Gesetzesentwurf die „7 Gebote“ des der Tatopfer insoweit Rechung getragen wurde, Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai dass bei der therapeutischen Arbeit mit den Siche- 2011 konsequent umsetzt. Im Vergleich mit Lösun- rungsverwahrten der Aufarbeitung der Tat und ih- gen anderer Bundesländern wurde mehrfach her- ren Auswirkungen auf die Betroffenen eine beson- vorgehoben, dass der schleswig-holsteinische Ent- dere Bedeutung zukommen soll. wurf den Anforderungen einer therapiegerichteten und freiheitsorientierten Sicherungsverwahrung Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich an dieser entspricht. Stelle ausdrücklich für die sachlich moderierende Leitung der Ausschussberatungen durch Frau Kol- An dieser Stelle sei dem Justizministerium aus- legin Ostmeier bedanken. Ihr und den Aus- drücklich für die gute Vorarbeit gedankt. schussmitarbeiterinnen der Landtagsverwaltung ist Während der Ausschussberatungen wurden dann es gelungen, trotz des äußerst knappen Zeitrahmens noch einige Anregungen aus der Anhörung aufge- eine intensive und damit angemessen differenzierte nommen, die Optimierungen des Entwurfs erbracht Befassung mit dem Gesetzentwurf und dem Staats- haben: Im Bereich der Eingriffe in Rechte der Si- vertrag zu ermöglichen. Die Materie ist sperrig und cherungsverwahrten wird als Maßstab neben der in der Außendarstellung alles andere als populär. Gefahr für die Sicherheit der Einrichtung durchge- Sie böte durchaus genug Gelegenheit, fragwürdigen hend nur noch die „schwerwiegende Gefahr für die Reflexen im Sinne einer möglichst restriktiven Re- Ordnung“ gelten. Der Entwurf hatte zunächst vor gelung nachzugeben. Ich bin sehr froh, dass dies im allem bei den meisten Vorschriften über die Außen- Rahmen der Beratungen nie Thema war. Kollegin kontakte der Sicherungsverwahrten auch bei einfa- Ostmeier hat daran nach meiner Wahrnehmung cher Gefahr für die Ordnung der Einschränkungen einen erheblichen Anteil. zugelassen. Insoweit haben wir uns im Ausschuss übereinstimmend darauf geeinigt, im Ordnungsbe- Besonders der Besuch der Sicherungsverwahrungs- reich generell Einschränkungen nur dann zuzulas- abteilung der JVA in Fuhlsbüttel hat mich über- sen, wenn eine schwerwiegende, also deutlich ge- zeugt, dass die jetzt gefundene Lösung mit Ham- steigerte Gefahr für die Ordnung bestehen sollte. burg nicht nur eine Notlösung ist, sondern ein nach- haltiges Modell. Auch dies war einhellig Meinung im Ausschuss und deswegen wurde im Beschluss- Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung - Mittwoch, 24. April 2013 1943

vorschlag einstimmig die Befürwortung auch des im Plenum und im Ausschuss sorgfältig erörtert Staatsvertrages empfohlen. und diskutiert. Ich erspare mir deshalb an dieser Stelle Wiederholungen und komme direkt zum Erlauben Sie mir, abschließend auf das Problem Thema. einzugehen, dass wir mit der gemeinsamen Rege- lung mit Hamburg, Schleswig-Holsteinische Siche- Auf Länderebene werden zwei Gesetzentwürfe zum rungsverwahrte Hamburger Vollzugsgesetzen un- Vollzug der Sicherungsverwahrung diskutiert. terstellen, indem wir sie in Hamburg unterbringen. Schlicht zusammen gefasst kann man sagen, dass In meiner Rede zur ersten Lesung hatte ich dazu der eine Entwurf eher liberal und der andere eher noch auf mögliche rechtliche Komplikationen hin- konservativ ist. Der Entwurf Schleswig-Holsteins gewiesen. Ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass orientiert sich in diesem Sinne nach meinem Ein- auf der Grundlage der auf die Länder übertragenen druck an dem liberalen Entwurf. Der Entwurf Ham- Gesetzgebungskompetenz im Strafvollzugsrecht ab- burgs dagegen lehnt sich nicht nur an dem konser- weichende Landesregelungen nicht vermieden wer- vativen Entwurf an. Nein, er enthält sogar weiterge- den können. hende Passagen. Wenn der Föderalismus ernst gemeint ist, liegen Ich war am 2. April in Hamburg bei der Anhörung abweichende Regelungen in der Bandbreite des im Justizausschuss anwesend und habe dort erlebt, verfassungsrechtlich Zulässigen in der Natur der wie der Hamburger Entwurf zum Vollzug der Si- Sache. Im vorliegenden Fall meine ich sogar, dass cherungsverwahrung von fünf der sechs anzuhören- die Länderkonkurrenz um die beste Umsetzung der den Experten in der Luft zerrissen wurde. Lediglich Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts befruch- der Abteilungsleiter für Strafvollzug im bayrischen tend und anregend für die Auseinandersetzungen Justizministeriums, Professor Dr. Frank Arloth, war. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass das sei- lobte den Hamburger Entwurf. Er gab allerdings nerzeit schwarz-gelb regierte Niedersachsen eine auch Ideen zum Besten, die jeden, der sich auch nur besonders freiheitlich orientierte Lösung auf den halbwegs dem Karlsruher Urteil verpflichtet fühlt, Weg bringen würde? erschaudern lassen. Das habe auch unsere Kollegin- nen und Kollegen im Hamburger Justizausschuss Auch praktisch sehe ich wenig Gefahr, dass ein gespürt. Und auch deshalb haben sie die Anzuhö- nach Hamburg verlegter Sicherungsverwahrter sei- renden gefragt, welche Aussichten denn ein aus ne Rückverlegung nach Schleswig-Holstein mit Er- Schleswig-Holstein stammender Sicherungsver- folg einklagen wird. Ich gehe davon aus, dass sich wahrter hat, erfolgreich gegen die Anwendung die konkrete Gestaltung der Sicherungsverwahrung Hamburger Rechts auf „seine“ Sicherungsverwah- in Hamburg schon faktisch im Sinne einer einheitli- rung zu klagen. Mehrheitlich erklärten die Anzuhö- chen Umsetzung im Sinne Schleswig-Holsteins renden dazu klipp und klar, dass seine Erfolgsaus- durchsetzen wird. Zum Beispiel der Wohngruppen- sichten nicht schlecht seien. vollzug: In Schleswig-Holstein ist er gemäß § 13 als Regel vorgeschrieben, in Hamburg soll er ge- Das muss übrigens die Regierungskoalition auch mäß § 88 Abs. 2 lediglich im Rahmen der Organi- wissen, denn der für den heute zu beratenden Ent- sation des Vollzugs ermöglicht werden. Bei unse- wurf verantwortliche Referent des schleswig-hol- rem Besuch in Fuhlsbüttel wurde uns aber von der steinischen Justizministeriums, Herr Goerdeler, hat dortigen Psychologin und dem Abteilungsleiter zu- während der Anhörung in Hamburg neben mir im gesichert, dass ein therapieorientierter Vollzug Zuschauerbereich gesessen. selbstverständlich nur im Rahmen eines Wohngrup- Wie in Hamburg so wurde uns hier während der penvollzugs sinnvoll ist. Anhörung auch nahegelegt, dass Hamburg und Insgesamt kann auch ich nur die Empfehlung aus- Schleswig-Holstein gut beraten sind, wenn sie sich sprechen, beiden Gesetzesvorhaben heute zuzustim- auf ein gemeinsames Gesetz zum Vollzug der Si- men. Die weitere Entwicklung der Sicherungsver- cherungsverwahrung verständigen. Das gilt jetzt wahrung in Hamburg und Schleswig-Holstein müs- umso mehr, als das seitens der Regierungskoalition sen wir ohnehin kritisch begleiten und im Auge be- ja auch Anregungen aus der Anhörung zustimmend halten. aufgenommen wurden. Weil jedoch die Hamburger Vorstellungen vom Wolfgang Dudda [PIRATEN]: Vollzug der Sicherungsverwahrung geradezu dia- Sehr geehrte Damen und Herren! Die Probleme der metral zu denen der Regierungskoalition sind, kann Sicherungsverwahrung haben wir hier gemeinsam ich mir kaum vorstellen, dass Bemühungen, zu ei- 1944 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung - Mittwoch, 24. April 2013

nem gemeinsamen Gesetzestext zu kommen, mit ei- möchte ich nochmals unterstreichen, dass es richtig nem Kompromiss enden, der unsere Bedenken und und wichtig war, dass sich die Ministerin und ihre die der angehörten Experten ausreichend berück- Mitarbeiter diesem Thema gleich zu Beginn der sichtigt. Wahlperiode angenommen haben und innerhalb kürzester Zeit ein sehr gutes Ergebnis präsentieren Meine Fraktion wollte heute auch deshalb einen ei- konnten. Nur zur Erinnerung: Vor genau einem genen Gesetzesentwurf zum Vollzug der Siche- Jahr bezeichnete der damalige Justizminister die rungsverwahrung vorstellen, der die Ergebnisse un- Unterbringung der Sicherungsverwahrung im Rah- serer Anhörung genau so erfasst wie unsere Vor- men einer Mehrländerkooperation noch als Alterna- stellungen einer zeitgemäßen, dem Karlsruher Ur- tivlösung. Inhaltlich hatte man sich zu diesem Zeit- teil folgenden Sicherungsverwahrung. Weil dieser punkt noch nicht umfassend mit einer Mehrländer- Entwurf eindeutig zu kurz für eine korrekte Bera- kooperation beschäftigt, da man auf ein neu errich- tung erst vorgestern fertig wurde, übersenden wir tetes Haus innerhalb der JVA in Lübeck spekulier- Ihnen unseren Entwurf, mit dem wir den Versuch te. Es hat sich in den letzten zwölf Monaten also ei- unternehmen, den Entwurf der Regierungskoalition niges getan. im Sinne der Anhörungsergebnisse nachzubessern. Die Karlsruher Richter des Bundesverfassungsge- Wie ich an dieser Stelle bereits bei den vorherge- richts haben dies auch in ihrem Rechtsspruch vom henden Beratungen gesagt habe, stehen wir PIRA- 4. Mai 2011 gefordert und eine Frist bis Mai 2013 TEN dem Instrument der Sicherungsverwahrung im auferlegt. Das Urteil stellt inhaltlich sieben konkre- Prinzip ablehnend gegenüber. Wegen des Persön- te Prinzipien auf, die sogenannten sieben Gebote: lichkeitszustandes und dem damit einhergehenden Erstens fordert es das Ultima-Ratio-Prinzip, in dem Gefährdungspotenzials der aktuell Sicherungsver- Sicherungsverwahrung als letztes Mittel gelten soll, wahrten und derer, die demnächst in die Siche- wenn andere Maßnahmen nicht mehr ausreichend rungsverwahrung gehen sollen, wollen wir mehr- sind. Zweitens und drittens fordert das Urteil ein In- heitlich zugunsten des Anspruchs der Bevölkerung dividualisierungs- und Intensivierungsgebot sowie auf Schutz vor erheblichen Straftaten abstimmen. ein Motivierungsangebot für die Untergebrachten. Wir bleiben deshalb also der Meinung, dass wir An vierter Stelle steht das Trennungsgebot, welches dauerhaft nicht so verfahren können, dass wir Men- eine Anpassung an den allgemeinen Alltag vorsieht. schen für Straftaten, die sie noch nicht begangen Fünftens sieht das Bundesverfassungsgericht ein haben, wegsperren. Wir müssen als moderner Minimierungsgebot vor, welches Entlassungsvorbe- Rechtsstaat andere Möglichkeiten finden, die den reitungen und Vollzugslockerungen beinhaltet. An Anspruch der Menschen auf Sicherheit vor gefähr- sechster und Stelle stehen das Rechtsschutz- sowie lichen Straftätern besser in Einklang bringen mit Unterstützungsgebot, und abschließend - siebtens - denen, bei denen eine tiefgreifende Persönlichkeits- steht das Prinzip der Kontrolle, sprich eine regel- störung die Ursache für ihr enormes Gefährdungs- mäßige Überprüfung des Verlaufs sowie eine Über- potenzial ist. Das differential-diagnostische Behan- prüfung der Fortdauer der Sicherungsverwahrung. deln dieser Persönlichkeitsstörungen hat zum einen All diese Vorgaben müssen von Bund und Ländern bereits rechtzeitig während der Strafhaft zu begin- erfüllt werden. nen und muss zu anderen so organisiert sein, dass es in Form und Inhalt möglichst weit weg vom all- Herausgekommen ist für uns in Schleswig-Holstein gemeinen Strafvollzug ist. ein zeitgemäßes und finanziell tragbares Siche- rungsverwahrungsvollzugsgesetz sowie der mit Es ist also überhaupt nicht ausreichend, nur eine Hamburg ausgehandelte Staatsvertrag. Für die Regelung zu gestalten, die nach dem 31. Mai diesen schleswig-holsteinischen Untergebrachten gilt in Jahres den Ansprüchen des Bundesverfassungsge- Fuhlsbüttel natürlich auch das Hamburger Recht, richts genügt. Unsere Gesellschaft sollte sich an ganz so wie für die dort untergebrachten Hambur- dieser Stelle ehrgeiziger aufstellen als nur mit ei- ger. Hier besteht aber kein Dissens, denn die recht- nem Modell einer therapeutischen Komforthaft. - liche Lage ist grundsätzlich gleich und war schon Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihre Aufmerksam- immer gleich. keit. Das Ergebnis von Staatsvertrag und Gesetz ist eine Lars Harms [SSW]: grundlegende Modernisierung und sozial orientierte Version der Sicherungsverwahrung. Sehr geehrte Damen und Herren! Herzlichen Dank an die Ministerin für ihre Ausführungen. Auch hier Dass dieses Ergebnis stimmig ist, hat die kürzlich veröffentlichte Entscheidung des Hamburger Ober- Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung - Mittwoch, 24. April 2013 1945

landesgerichts gezeigt. Demnach reicht die jetzige Land in organisatorischer Hinsicht wie auch gesetz- Zellengröße in der JVA Fuhlsbüttel vollkommen geberisch eine echte Herausforderung war, die Vor- aus. Ebenso hat das Oberlandesgericht unterstri- gaben des Bundesverfassungsgerichts fristgerecht chen, dass die generelle Ausstattung gänzlich ange- umzusetzen. messen ist. Die Entscheidung hat gezeigt, dass es Meine Damen und Herren, die letzten Wochen und nicht um eine ganz bestimmte Ausstattung geht, Monate seit der Einbringung des Entwurfes eines wie etwa eine eigene Küchenzeile, sondern dass das Gesetzes über den Vollzug der Sicherungsverwah- Gesamtkonzept stimmen muss. Unser Gesamtkon- rung und des Zustimmungsgesetzes zu dem Staats- zept für die Untergebrachten stimmt. Ausschlagge- vertrag mit der Freien und Hansestadt Hamburg ha- bend in diesem Konzept sind die Therapie- und so- ben unseren eingeschlagenen Weg bestätigt. Wir ziale Behandlungsangebote für alle Untergebrach- haben die Herausforderungen gut gemeistert. Ich ten. finde, darauf können wir auch ein bisschen stolz Zu den verschiedenen Schwerpunkten der Sozial- sein. und Psychotherapie wurde ja schon vieles gesagt. Mit dem Gesetz haben wir ein liberales und an den Hervorheben möchte ich an dieser Stelle jedoch, Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes und dem dass es sich bei den Maßnahmen um einen längeren besonderen Status der Sicherungsverwahrten orien- Prozess zur Wiedereingliederung des Unterge- tiertes Regelungswerk vorgelegt. Mit dem Staats- brachten handelt. Denn machen wir uns nichts vor: vertrag mit Hamburg haben wir zugleich eine prag- Kurzzeitaufenthalte in der Sicherungsverwahrung matische, qualitativ hochwertige und - im Vergleich sind meistens nicht der Fall. Um die Effizienz des zu den Alternativen - für das Land kosteneffiziente Wiedereingliederungsprozess zu erhöhen, muss hier Lösung gefunden. Obwohl wir vor allem bei der auf möglichst frühzeitig beginnende Maßnahmen Unterbringungsfrage zeitlich erheblich unter Druck gesetzt werden. Denn nur eine umfassende und zei- waren, kann die „neue Sicherungsverwahrung“ nun tintensive Sozialtherapie greift und kann sich nach- fristgerecht zum 1. Juni 2013 losgehen. haltig auswirken, sodass eine gesellschaftliche Inte- gration möglich ist. Die Beratungen im Innen- und Rechtsausschuss se- he ich als Bestätigung unseres Weges an. Unser Ge- Ich bin froh, dass dieses hoch sensible Thema we- setzentwurf hat von den Experten ausdrückliches der hier im Plenum, noch im Ausschuss oder in der und die Kritikpunkte deutlich überwiegendes Lob Anhörung auf Stammtischniveau debattiert wurde, erhalten - sowohl in der Anhörung des hiesigen sondern auf sachlicher und zielorientierter Basis. Rechtsausschusses, als auch in der Anhörung des Diese neue Gesetzesgrundlage ist bisher mit Sicher- Rechtsausschusses der Hamburger Bürgerschaft. heit eines der wichtigsten Gesetze dieser Wahlperi- Insgesamt ist unser Gesetzentwurf von den Exper- ode. Der schwierige Spagat zwischen Schutz und ten nicht nur als verfassungsgemäße und taugliche Sicherung der Bevölkerung vor weiteren Straftaten, Grundlage für den Vollzug der Sicherungsverwah- sowie das Recht auf Menschenrechte und Freiheit rung qualifiziert worden, sondern auch als vorbild- der Untergebrachten ist gelungen. lich bezeichnet worden. Die geäußerten Kritikpunk- te waren außerordentlich überschaubar. Entspre- Anke Spoorendonk, Ministerin für Justiz, Kultur chend überschaubar ist auch der Änderungsbedarf und Europa: des Innen- und Rechtsausschusses ausgefallen. In Sehr geehrte Damen und Herren! Der Europäische großer - wenn auch nicht vollkommener - Einmü- Gerichtshof für Menschenrechte und das Bundes- tigkeit sind in vier Bereichen noch Verbesserungen verfassungsgericht haben uns mit ihren Urteilen zur an dem Entwurf vorgenommen worden: Sicherungsverwahrung vor eine schwierige Aufga- Es wurde der Disziplinararrest abgeschafft. be gestellt. Es wurde der garantierte Mindestaufenthalt im Frei- Damit Sie mich nicht missverstehen: Den Freiheits- en auf zwei Stunden pro Tag verdoppelt. entzug von Menschen zu regeln, der alleine wegen der Gefahr noch nicht begangener Straftaten ver- Weiterhin wurde die von vielen Sachverständigen hängt wird - und nicht zur Verbüßung der Schuld vorgeschlagene Anregung aufgegriffen, die gesetz- von bereits begangenen Straftaten - ist in einem lichen Ermächtigungen für die Auferlegung von Rechtsstaat stets ein heikles Unterfangen. Die Ur- Beschränkungen auf schwerwiegende Störungen teile waren daher notwendig und richtig. Aber ich der Ordnung oder eine Gefährdung der Sicherheit möchte schon herausstellen, dass es für uns als der Einrichtung zu beschränken. 1946 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 24. Sitzung - Mittwoch, 24. April 2013

Und die Opferorientierung ist noch einmal deutli- Meine Damen und Herren, die gefundenen politi- cher zum Ausdruck gebracht worden. schen Lösungen zur Sicherungsverwahrung sind gut für unser Land, und sie sind ein Erfolg unserer Allerdings - das möchte ich auch betonen - nicht von Verantwortungsbewusstsein und Vernunft ge- durch unbestimmte und missverständliche Verhei- tragenen Politik. - Vielen Dank für die Aufmerk- ßungsprosa, sondern indem konkrete Punkte gere- samkeit. gelt werden. Das ist vielleicht weniger spektakulär, aber sachgerecht. So haben wir noch deutlicher her- ausgestellt, dass bei der therapeutischen Aufarbei- tung die Auseinandersetzung mit der Tat und den Folgen für die Geschädigten von besonderer Be- deutung ist. Darüber hinaus wird den Interessen der Geschädigten dadurch Rechnung getragen, dass ih- re Belange bei der Ausgestaltung der Lockerungen zu berücksichtigen sind. Auch erhalten sie Informa- tionsrechte über den Entlassungszeitpunkt, die Ent- lassungsadresse und zur Durchsetzung von Rechts- ansprüchen über die Vermögensverhältnisse der Untergebrachten. Diese Verbesserungen begrüße ich ausdrücklich. Auch die Unterbringung „unserer“ Sicherungsver- wahrten in der JVA Fuhlsbüttel und der zugrunde liegende Staatsvertrag sind bei den Sachverständi- gen insgesamt auf Zustimmung gestoßen. Insbeson- dere die Frage der Zimmergröße und der Küchen- ausstattung ist durch das Hanseatische Oberlandes- gericht, wie von uns erwartet, geklärt worden. Die zuvor vom OLG Naumburg in einem Obiter Dik- tum postulierte Mindestgröße von 20 m2 ist wohl eher mit den Gegebenheiten in der JVA Burg als mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen zu erklären, die das Bundesverfassungsgericht aufge- stellt hat. Lassen Sie mich abschließend noch auf eine letzte Frage eingehen, die in den parlamentarischen Dis- kussionen bewegt worden ist: Müssen wir wegen der partiellen Unterschiedlichkeit der Gesetze be- fürchten, dass die Verlegung „unserer“ Unterge- brachten in die JVA Fuhlsbüttel vor Gericht schei- tern würde? Ich glaube, da können wir sehr beruhigt sein: Zum einen ist auch das Hamburger Gesetz ohne Zweifel eine verfassungsgemäße Grundlage für den Vollzug der Sicherungsverwahrung, und die Unterschiede zu unserem Gesetz sind nicht so bewegend. Zum anderen beruhen durch das Zustimmungsgesetz zum Staatsvertrag auch die Verlegung und die An- wendung des Hamburger Sicherungsverwahrungs- vollzugsgesetzes auf einer schleswig-holsteinischen Gesetzesgrundlage. Die formale Voraussetzung für die mit der Verlegung einhergehenden Grundrecht- seingriffe ist damit gegeben.