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100 Jahre Emelka – M. L. K. Vor 100 Jahren, am 1. Januar 1919, wurde die Münch- das zum Emelka-Haus umgebaut wurde, in dem sich ner Lichtspielkunst AG gegründet, die Emelka. Heute auch der Wirtschaftsverband Bayerischer Filmfabri- wissen nur noch Eingeweihte, was es mit dem Namen kanten, der Verein Deutsche Filmschule e.V. und die auf sich hat: Er ist das aus den Anfangsbuchstaben des Münchner Filmprüfstelle ansiedelten, allesamt Orga- Namens gebildete Akronym MLK – Emelka. Die Emelka nisationen, in denen Peter Ostermayr aktiv war oder war nach der in ansässigen Ufa der zweitgrößte deren Gründung er gar initiiert hatte. Als Produktions- Filmkonzern in Deutschland. Doch anders als die Ufa, chef der Emelka war Ostermayr für zwei wegweisende die im »Dritten Reich« als Staatskonzern dem Propa- gandaministerium unterstellt war und trotzdem bis in die Gegenwart munter weiterproduziert, verschwand die Emelka nahezu zeitgleich im Moment der national- sozialistischen Machtergreifung. Ihre Geschichte ist bis heute kaum aufgearbeitet worden. Treibende Kraft hinter der Emelka war Peter Os- termayr (1882–1967), der als gelernter Fotograf ab 1907 mit dem Kino in Berührung kam und zusammen mit seinem Bruder Franz (1876–1956), der sich spä- ter Osten nannte, 1909 die Münchner Kunstfilm Peter Ostermayr eröffnete. Ostermayr hatte 1910 den ersten Spielfilm Münchens DIE WAHRHEIT gedreht und seine Filmproduktion kontinuierlich ausgebaut. Seine am 24. April 1918 ins Leben gerufene Münchner Lichtspiel GmbH wurde mit Kapital der bayerischen Handelsbank in eine Aktiengesellschaft umgewandelt (Stammkapital: Coups verantwortlich: 1919 gelang es ihm, bei einer 2 Millionen Mark) und sollte als bayerisches Gegenge- Begegnung mit Ludwig Ganghofer die Filmrechte an wicht zur im Krieg von den Militärs und der Deutschen dessen populären Heimatromanen zu sichern, die im Bank in Berlin gegründeten Universum Film AG (Ufa) süddeutschen Raum und angrenzenden Ländern siche- dienen. Ziel war die Errichtung eines zweiten vertika- re Erfolge garantierten. Ebenfalls 1919 wählte Oster- len Filmkonzerns, der die Produktion, den Verleih, das mayr in Geiselgasteig ein weitläufiges Freigelände aus Abspiel und den Vertrieb von Filmen bündelte. Der für die Errichtung aufwändiger Filmbauten und eines

Emelka schlossen sich bald andere Filmproduktionsfir- eigenen Glasstudios. Hier fanden 1920 die Aufnahmen 100 Jahre Emelka men an, Louis Seels Moeve Film, die Richard Eichberg für die ersten Ganghofer-Filme DER OCHSENKRIEG und GmbH, Robert Reinerts Monumental Filmwerke GmbH, DER KLOSTERJÄGER statt. Neben solcher auf den Mas- 63 Erich Wagowskis Filmhaus GmbH und zeitwei- sengeschmack augerichtete Durchschnittsware ent- se die Harry Piel Film GmbH. Als Verleih der Emelka standen auch aufwändige Historienfilme, die aufgrund fungierte die Bayerische Filmgesellschaft Fett & Wie- der Inflation kostengünstig produziert und ins Ausland sel, für technische Arbeiten gab es die Süddeutsches verkauft werden konnten wie DER FAVORIT DER KÖNI- Filmkopierwerk Geyer GmbH. 1923 wurde die Emel- GIN von Franz Seitz oder MONNA VANNA von Richard ka-Kulturfilm GmbH (Eku) ins Leben gerufen, 1925 die Eichberg. Sichere Geschäfte versprachen Serien wie Emelka-Wochenschau, die ihren Sitz in Berlin hatte. die Sensationsfilme mit Harry Piel, die Detektivfilme mit Ausgehend von den beiden Münchner Kinos Kammer- Ernst Reicher als Stuart Webbs und die Filme mit dem lichtspiele und Lichtschauspielhaus, die Wilhelm Kraus von Joe Stöckel gespielten Kraftmenschen Marcco. In einbrachte, baute man einen Theaterpark auf, der 1926 der Berliner Börsen-Zeitung jubelte Oscar Gellner: »Es insgesamt 39 Theater mit rund 27.500 Sitzplätzen in hat eine Zeit gegeben, da man in Berlin mitleidig lächel- verschiedenen deutschen Städten umfasste, darunter te und vielsagend die Achseln zuckte, so man auf die Erstaufführungstheater in Berlin, München, Leipzig und Münchner Filmerei zu sprechen kam. Heute sieht die Stuttgart. Sache anders aus, heute kann sich München rühmen, Die Zentrale der Emelka hatte ab 1921 ihren Sitz im eine erste, tonangebende Stelle in der deutschen Fil- ehemaligen Hotel Reichshof in der Sonnenstraße 15, merei einzunehmen.« »Die kreativste und produktivste Firma im Emel- sei. Noa schaffte 1924 den Absprung nach Berlin, ka-Konzern war Erich Wagowskis Bavaria-Filmhaus. Wagowski blieb in München. Seine Firma musste am Dieses Unternehmen betrieb eine Produktions- und Un- 26. Februar 1925 Konkurs anmelden, weil der in der ternehmenspolitik, wie sie bei keiner anderen Münch- Inflationszeit entstandene Großfilm HELENA nach der ner Filmfirma zu finden war. Der jüdische Produzent Währungsreform nur noch schwer ins Ausland expor- förderte nicht nur mit gutem Gespür junge Talente wie tiert werden konnte. die Regisseure Manfred Noa und Géza von Bolváry, Peter Ostermayr verließ den Emelka-Konzern gegen sondern riskierte auch bei der Realisierung seiner ehr- Ende 1922, offenbar wegen heftiger Differenzen mit geizigen Projekte nicht selten den Fortbestand seiner Justizrat Dr. Wilhelm Rosenthal und Direktor Wilhelm Firma.« So Petra Pütz in ihrem 1996 erschienenen Kraus, die die Emelka von der bayerischen Landespoli- Buch »Waterloo in Geiselgasteig«, der bis heute einzi- tik unabhängig machen wollten. Ostermayr nannte sie gen filmwissenschaftlichen Publikation über die Emel- später »Filmjuden« und schreibt in seinen unveröffent- ka. Erich Wagowski (1896–1927), Sohn eines Zigaret- lichten Lebenserinnerungen: »Die zurückgebliebenen tenfabrikanten in Ulm, kam 1918 nach München und Herren sonnten sich noch etliche Jahre in diesem Un- gründete 1919 die Filmhaus Bavaria GmbH. Zu seinen ternehmen. Es war ihnen alles wichtiger als die Produk- wichtigsten Produktionen zählen DER HEILIGE HASS tion. Sie schoben und verschoben Aktien und schließ- (1921), NATHAN DER WEISE (1922) und HELENA. DER lich die ganze Firma.« In Wahrheit verdoppelte sich die UNTERGANG TROJAS (1924), die alle unter der Regie Jahresproduktion der Emelka von sieben Filmen im von Manfred Noa (1893–1930) entstanden, den Wa- Jahr 1923 auf 16 Filme im Jahre 1925 und 14 im Jahr gowski aus Berlin nach München holte. »Wagowski 1927. Ab Mitte der 1920er Jahre suchte die Emelka war der Mann, der über den Bereich der Münchener internationale Kooperationen: Ein Produktionsabkom- Frauentürme hinausblickte und namentlich nie die men mit der englischen Firma W. & F. Film Service technische und künstlerische Fühlung mit Berlin verlor. Ltd. in London führte dazu, dass im Emelka-Studio in Die kleinlichen Münchener Verhältnisse bekam er oft Geiselgasteig drei Filme mit internationaler Besetzung genug zu fühlen.« (Süddeutsche Filmzeitung) Wagowski hergestellt wurden, darunter die beiden von Alfred Hit- und Noa waren vor allem mit unverhohlenem Antisemi- chcock inszenierten Filme THE PLEASURE GARDEN und tismus konfrontiert, der ihnen bei der Produktion von THE MOUNTAIN EAGLE. 1924 schickte sie Ostermayrs NATHAN DER WEISE offen entgegenschlug. In einer Bruder Franz Osten zusammen mit dem filmbegeister- Denkschrift für das Handelsministerium der bayeri- ten, in London als Rechtsanwalt tätigen Himansu Rai schen Staatsregierung wird bedauert, dass die Emel- und großem Technik-Equipment nach Indien, um dort in ka »unter Benützung des heimatlichen Hintergrundes« Kooperation mit der Great Eastern Film Corporation DIE nicht genügend »wertvolle gediegene bodenständige LEUCHTE ASIENS über den Religionsstifter Siddhartha Filme« herstelle, und der »jüdische polnische Staats- zu drehen. Die weiteren Spielfilme, 100 Jahre Emelka angehörige Erich Wagowski« wird explizit genannt, der die Franz Osten in Indien drehte, wurden dann nicht 64 »die grausigen Titel« und die »geschmacklose Rekla- mehr von der Emelka, sondern der finanzstärkeren Ufa me« zu verantworten habe und im Wirtschaftsverband koproduziert. 1927 finanzierte die Emelka eine Expe- Bayerischer Filmfabrikanten als »hemmendes Element« dition von August Brückner in den Senegal, bei der bei der »Durchsetzung von Tariffragen« aufgefallen der »erste Neger-Spielfilm« SAMBA, DER HELD DES Das Studiogelände in Geiselgasteig URWALDS entstand. In die Dreharbeiten begleitenden Artikeln in deutschen Filmmagazinen treten die Haltun- gen der Filmemacher unverblümt zu Tage: Franz Osten berichtet, wie in der brütenden Hitze von Jaipur (»Der Reihe nach bekamen wir Hitzeschläge.«) die lokale Stadtpolizei mit Knüppeln »die mehrtausendköpfige renitente Menge aus ihren Schattenverstecken« für die Massenszenen vor die Kamera in die Sonne treiben ließ. August Brückner rühmte sich, wie er »den Widerstand der Neger« gegen Filmaufnahmen brach, was »vieler kostbarer Geschenke und Versprechungen« bedurfte. 1928 sonnte sich die Emelka in ihrem Erfolg und bereitete ihr zehnjähriges Jubiläum mit der Produktion eines teuren historischen Großfilms vor. Man wählte die Ereignisse um die Schlacht von Waterloo als The- ma und versuchte mit einer britischen Firma einen Koproduktionsvertag abzuschließen, der jedoch nicht zustande kam. Das Drehbuch wurde mehrfach überar- Alma Reville bei der Emelka Alfred Hitchcock und beitet, um »den mit Millionen-Aufwand herzustellenden Glashaus-Atelier beschädigte. Immerhin wurden bei Prestige-Film weltmarktfähig zu machen.« Insbesonde- der Behebung des Schadens die Wände hochgemauert re mussten die Figuren Wellington, Blücher und Napo- und es entstand endlich ein modernes Dunkelatelier leon von den Autoren »zur Geltung und darüber hinaus mit Kunstlicht. wohl auch zu einer gewissen Versöhnung gebracht Für die weitere Entwicklung verhängnisvoll erwies werden«, wozu ein »Meisterstück von Diplomatie und sich auch die 1928 für vier Millionen Reichsmark er- Völkerpsychologie« nötig sei, damit der Film auch nach folgte Übernahme der in Konkurs gegangenen Firma Frankreich und England verkäuflich würde, vermeldete Phoebus-Film, die zahlreiche Kinos in verschiedenen die aus der Süddeutschen Filmzeitung hervorgegange- deutschen Städten besaß, mit denen die Emelka die ne Deutsche Filmzeitung. Für tragende Rollen sicherte Abspielbasis ihrer Filme zu vergrößern suchte. Die an- man sich die Mitwirkung französischer und englischer stehende Umrüstung der Kinos auf Tonfilm verlangte Schauspieler, und als Regisseur gewann man Karl Gru- Investitionen, die die Emelka nicht stemmen konnte. ne, der sich bei der Emelka schon mit dem Historienfilm Zudem handelte sie sich mit der Übernahme der Pho- MARQUIS D'EON, DER SPION DER POMPADOUR ein- ebus eine direkte Einflussnahme der Berliner Reichsre-

geführt hatte und im Münchner Hotel »Vier Jahreszei- gierung ein, die im Zuge der Übernahme eine Aktienop- 100 Jahre Emelka ten« während der Vorbereitungen und der Dreharbeiten tion erhielt. Die mit der Zentrumspartei eine Koalition Wohnung nahm. Er galt als »künstlerischer Regisseur« bildenden Sozialdemokraten zeigten sich insbesondere 65 und prophezeite in der Fachpresse einen »starken Auf- an der politisch relativ ausgewogen berichtenden Wo- schwung des Münchener Films«. Doch WATERLOO, der chenschau der Emelka interessiert, die sie als ein wich- pünktlich zum Emelka-Jubiläum am 9. Januar 1929 tiges Instrument der öffentlichen Gegeninformation zur uraufgeführt wurde, erwies sich – trotz allen Aufwands deutschnationalen und republikfeindlichen Propaganda und künstlerischer Anleihen an Abel Gances NAPOLE- von Hugenbergs Medienkonglomerat sahen, zu dem ab ON mit Aufnahmen im Splitscreen-Verfahren – als Flop. 1927 auch die Ufa gehörte. Doch die finanzielle Betei- Die Emelka hatte im Gegensatz zur konkurrierenden ligung der Reichsregierung an der Emelka wurde von Ufa die Entwicklung des Tonfilms völlig unterschätzt. allen Seiten kritisch gesehen. Die den Kommunisten Statt in die neue Technik zu investieren und erste Er- nahestehende Zeitschrift Film und Volk wetterte: »Das fahrungen zu sammeln, produzierte man in bisheriger Deutsche Reich hat kein Geld für Arbeitslose, aber in Form weiter in der Annahme, dass »der Tonfilm den die Emelka werden Millionen hineingesteckt. Die Ko- stummen Film keineswegs völlig verdrängen wird«, wie alitionsregierung will mit dem Geld der Werktätigen es im Geschäftsbericht von 1929 hieß. Dieser wies für ein Propaganda-Institut für Young-Plan und Antisow- das erste Halbjahr erstmals einen deutlichen Verlust in jethetze unterhalten.« Die dem Hugenberg-Konzern Höhe von einer Million Reichsmark auf. Dazu trug auch zugehörige Zeitschrift Der Kinematograph warnte: »Wir ein starker Hagelschauer bei, der im Juni 1928 das wissen aus Kreisen, die dem Reich nahestehen, dass zuguterletzt noch ein nicht gerade günstiger Vertrag mit der Tobis abgeschlossen worden ist, der erhebliche direkte und indirekte Belastungen zur Folge hat. Gering gerechnet, wird das Reich im Laufe des nächsten Jah- res einschließlich des Kaufpreises zehn bis fünfzehn Millionen bereitstellen müssen, wenn es nur einiger- maßen die Münchener Betriebe in Gang bringen will.« Als die Koalitionsregierung aus SPD und Zentrum 1930 zerbrach, veräußerte das Reich seine Aktienoptionen an Kommerzienrat Wilhelm Kraus, der mit Geld aus Frank- reich den Einstieg einer amerikanischen Firma in die Emelka verhinderte. Tatsächlich war die Emelka in einer Abhängigkeit mit dem immer mächtiger werdenden Tonbildsyndikat Tobis geraten, von dem man Tonfilmapparaturen mie- tete. Die Tobis, die eigene Studiokapazitäten in Berlin unterhielt, hatte großes Interesse daran, die Produkti- on in München kleinzuhalten. Die Schulden wuchsen, im März 1931 wurden die Ateliers in Geiselgasteig zeitweise stillgelegt und alle 77 Angestellten und Ar- beiter entlassen. Gewinn erwirtschaftete nur der Ver- leih der Emelka, die Bayerische Filmgesellschaft. Der Nachfrage nach Tonfilmen konnte sie nur durch die Auslagerung von Produktionen nach Berlin begegnen.

Zu den dort entstandenen und von ihr verliehenen Fil- Jugend 38/1932 men gehörten zwei der erfolgreichsten Produktionen Emelka endgültig Konkurs anmelden. Petra Pütz fasst der Saison: der Richard-Tauber-Film DAS LOCKENDE die Entwicklung der Emelka zusammen: »Obwohl sie ZIEL sowie die musikalische Komödie DIE PRIVATSE- ab Mitte der zwanziger Jahre alle Anstrengungen unter- KRETÄRIN mit Renate Müller, die in den 1950er Jahren nahm, sich von der restriktiven bayerischen Filmpolitik erfolgreich wiederverfilmt wurde. Die Wochenschau der zu emanzipieren und neue Wege einzuschlagen, endete Emelka war schon im September 1930 erfolgreich zur der filmunternehmerische Höhenflug schließlich in Mil- EMELKA-TONWOCHE geworden. lionenverlusten und einer bayerischen Auffanggesell- Ende 1931 wurde mit Max Schach als Generaldirek- schaft, die genau jene Kontinuitäten repräsentierte, von 100 Jahre Emelka tor und Karl Grune als Produktionschef ein Neuanfang denen man sich hatte lösen wollen.« 66 unternommen. Der Ankauf von zwei modernen Klang- Die Bavaria Film A.G., die vom früheren Emelka-Di- filmapparaturen und einer neuen Kopieranstalt wurde rektor Wilhelm Kraus geführte Auffanggesellschaft, von der Stadt München unterstützt. Die im November führte sich 1933 ohne politischen Druck bei den neuen 1931 gegründete Reichsliga-Film GmbH versuchte, in politischen Machtinhabern mit dem ersten national- Geiselgasteig neuartige Tonfilme herzustellen, u.a. mit sozialistischen Propagandafilm SA-MANN BRAND ein, dem vom Varieté in München bekannten Karl Valentin. den der zurückgekehrte Emelka-Veteran Franz Seitz Mit neu gedrehten Szenen wurde einer der erfolg- inszenierte. Die Deutsche Filmzeitung, die vier Monate reichsten Stummfilme der Emelka, UNSERE EMDEN, später das »offizielle Organ der Hauptabteilung Film der zum Tonfilm KREUZER EMDEN umgearbeitet. Doch die Reichspropagandaleitung der NSdAP« werden sollte, Wirtschaftskrise, die die Kinoeinnahmen deutlich sin- jubelte in ihrer Ausgaben vom 19.5.1933: »Dass die ken ließ, führte zu einer immer höheren Verschuldung Münchener Filmindustrie zuerst und mit jener Ehrfurcht der Emelka. Vergeblich bemühte sich der Oberbürger- dieses Thema aufgegriffen hat, wie das den Symbolen meister der Stadt München, Karl Scharnagl, im Som- der großen Bewegung zukommt, ist ein Beweis dafür, mer 1932 um die Rettung des Konzerns, da dessen dass das Schwergewicht der Münchener Filmindustrie, Produktionstätigkeit »zweifellos den Arbeitskräften und die Nachfolge der Emelka, bei Kommerzienrat Kraus besonders den künstlerischen Kräften in München sehr und seine Männer in rechten Händen ist.« Die schlichte zugute kommen« würde. Im Herbst 1932 musste die Machart des Films führte allerdings dazu, dass Joseph Goebbels ihn als »nationalen Kitsch« abkanzelte. 1936 die Tendenz zur klischeehaften Überhöhung des asia- geriet dann auch die Bavaria Film A.G. in finanzielle tischen Kontinents ermöglichen eine Vielzahl postkolo- Schwierigkeiten und wurde bald danach in den staats- nialistischer Interpretationen. Besonders die Besetzung eigenen Monopolkonzern Ufa-Film eingegliedert. der chinesischen Rollen mit deutschen Schauspielern Die meisten Emelka-Produktionen gelten heute als und der Fokus auf stereotypische Merkmale östlicher verloren, nur ganz wenige Titel wurden bisher restauri- Lebensweisen verdeutlichen das deutsche Sendungs- ert. Nicht einmal eine vollständige Filmografie liegt vor, bewusstsein.« (Kevin Haschke) geschweige denn eine angemessene filmhistorische  Dienstag, 8. Januar 2019, 18.30 Uhr | Live-Musik: Würdigung. Die Retrospektive versucht erstmals in grö- Richard Siedhoff | Einführung über die Rekonstruktion ßerem Umfang, die künstlerisch relevanten erhaltenen des Films: Stefan Drößler Filme der Emelka vorzustellen – in der Hoffnung, dass in Zukunft noch weitere Werke wiederentdeckt und re- Das Schloß am Abhang | Deutschland 1919 | R: Max stauriert werden. Stefan Drößler Obal | D: Ernst Reicher, Siegfried von Redwitz, Alice Rohde | 37 min | Stuart Webbs war ein Gentleman-De- Nerven | Deutschland 1919 | R+B: Robert Reinert | K: tektiv nach dem Vorbild von Sherlock Holmes, der smart Helmar Lerski | D: Eduard von Winterstein, Lya Borée, und elegant auch schwierigste Fälle löste. Während Erna Morena, Paul Bender, Lili Dominici, Rio Ellbon | des gesamten Ersten Weltkrieges war diese Kunst- 110 min | viragiert | In seinem 1919 in München ge- figur beim deutschen Kinopublikum beliebt. In DAS drehten »Monumental-Film« NERVEN versucht Robert SCHLOSS AM ABHANG, der im Isartal bei Grünwald ge- Reinert »den Zündstoff, den Krieg und Not im Men- dreht wurde, bringt er eine berüchtigte Erpresserbande, schen erzeugt« haben, als »nervöse Epidemie« zu be- die Brüder von Parasitus, zur Strecke. – Der Schatten- schreiben, »die die Menschen befallen hat und zu aller- spieler | Deutschland 1919 | R: Ludwig Beck | B: Karl hand Taten und Schuld treibt«. Geschildert werden die Graf Scapinelli, nach dem Stück von Karl Hans Strobl Schicksale verschiedener Personen aus unterschiedli- | D: Fritz Greiner, Hilde Wall, Carmen Maráh, Konrad chen sozialen Schichten: Im Mittelpunkt stehen der Fa- Geijar, Camillo Triembacher | 61 min | Ein mysteriöser brikbesitzer Roloff, dessen Glauben an den technischen Fremder verspricht einem schwerkranken Lebemann, Fortschritt zerbricht, der Lehrer Johannes, der in Volks- den die Ärzte bereits aufgegeben haben, rasche Gene- versammlungen soziale Reformen fordert, und die sich sung, wenn er von einem reinen, unberührten Wesen zur Revolutionärin wandelnde Marja, die zum bewaff- gepflegt wird. Nachdem er tatsächlich gesundet, hei- neten Kampf gegen die Herrschenden aufruft. Robert ratet der Lebemann seine Pflegerin und bricht damit Reinerts von der Zensur verstümmelter Filmklassiker, sein Versprechen, sie unberührt zu lassen. In der Maske der Elemente des expressionistischen Stummfilms der eines Schattenspielers taucht der Fremde eines Tages

1920er Jahre vorwegnimmt, wurde während der Aus- wieder auf. 100 Jahre Emelka einandersetzungen um die Münchner Räterepublik an  Mittwoch, 9. Januar 2019, 18.30 Uhr | Live-Musik: 67 Originalschauplätzen in München gedreht. Richard Siedhoff  Donnerstag, 13. Dezember 2018, 19.00 Uhr | Live-Mu- sik: Joachim Bärenz | Einführung: Martin Geyer  Der Klosterjäger | Deutschland 1920 | R: Peter Oster- Dienstag, 15. Januar 2019, 21.00 Uhr | Soundtrack mayr | B: Hermanna Barkhausen, nach dem Roman von Ludwig Ganghofer | K: Franz Planer | D: Viktor Gehring, Opium | Deutschland 1919 | | R+B: Robert Reinert | K: Fritz Greiner, Thea Steinbrecher, Toni Wittels, Carl Dal- Helmar Lerski | D: Eduard von Winterstein, Sybill Morell, monico, Ferdinand Martini | 63 min | viragiert | »Die Hanna Ralph, Werner Krauß, Conrad Veidt, Friedrich Geschichte eines totgeglaubten Grafenkindes, welches Kühne | 93 min | viragiert | »Reinerts Monumentalfilm von seinem Vater, den der Schmerz um seine Familie OPIUM ist eine der überraschendsten Neuentdeckun- ins Kloster getrieben, nach Jahren als die Ziehtochter gen, weil einer der stilprägendsten Abenteuerfilme der eines zum Totschläger gewordenen Mannes aus dem Moderne. Zwar ist die Erzählung über einen englischen Volke auffindet. Peter Ostermayr hat es verstanden, Arzt, welcher die Wirkung von Opiaten in den Sünden- durch geschicktes Auswählen von herrlichen Natursze- stätten Chinas untersucht, sich in eine Einheimische narien die Handlung tatkräftigst zu unterstützen.« verliebt und damit den Hass der Chinesen auf sich (Neue Kino-Rundschau) – Die Gefahren der Groß- zieht, relativ einförmig. Aber die opulente Ausstattung stadt-Straße | Deutschland 1924 | R: Toni Attenberger des Films, die Gestaltung traumhafter Bildwelten und | 75 min | »Dieser unter Mitwirkung von Münchner Po- lizeibeamten hergestellte Film, dessen Aufnahmen im Vogt, Fritz Greiner, Lia Eibenschütz, Ferdinand Martini, Stadtinnern, besonders am Marienplatz, die Sensation Max Schreck, Margarete Kupfer | 125 min | viragiert des Publikums bildete, will zunächst nur belehren und | Ephraim Lessings pazifistisches Drama spielt im Je- warnen, aber er unterhält zugleich, ja er fesselt auch, rusalem des 12. Jahrhunderts zur Zeit der Kreuzzüge, namentlich im zweiten, von den Verbrechen der Straße als Christentum, Judentum und Islam unmittelbar auf- handelnden Teil.« (Süddeutsche Filmzeitung) einandertrafen. Der bildgewaltige Ausstattungsfilm mit  Freitag, 11. Januar 2019, 18.30 Uhr | Live-Musik: Werner Krauß in der Titelrolle wurde auf dem Gelände Richard Siedhoff des Filmhauses Bavaria in der Ungererstraße und am Isar-Ufer gedreht, musste sich aber schon während sei- Münchner Filmbilderbogen | Deutschland 1920 | ner Produktion im Jahre 1922 heftiger antisemitischer R+B: Louis Seel | K: Karl Fischer | D: Olivette Thomas Attacken vonseiten der Nationalsozialisten erwehren. | 6 min | viragiert | Der erste Film einer Serie, die mit Sie versuchten, das Negativ zu zerstören, und verhin- erotischen Anspielungen und frivolen Anzüglichkeiten derten bis 1930 jede Aufführung des Films in München. verschiedene Tricktechniken miteinander kombiniert. – NATHAN wurde in alle Welt exportiert und von der Kri- Der Favorit der Königin | Deutschland 1922 | R: Franz tik hochgelobt: »Die Emelka hat mit diesem Film ein Seitz | B: Alfred Schirokauer, Franz Seitz, nach dem Meisterwerk allerersten Ranges herausgebracht, das Stück »Das zweite Leben« von Georg Hirschfeld | K: Karl die investierten Millionen mehrfach wieder einbringt.« Attenberger, Franz Planer | D: Hanna Ralph, Alf Blüte- (Berliner Börsen-Zeitung) cher, Wilhelm Kaiser-Heyl, Erich Kaiser-Titz, Ferdinand  Sonntag, 13. Januar 2019, 18.30 Uhr | Live-Musik: Martini, , Max Schreck | 109 min | viragiert | Sabrina Zimmermann, Mark Pogolski  Dienstag, 22. Im London um 1590 kämpft ein Arzt gegen eine tödli- Januar 2019, 21.00 Uhr | Soundtrack che Seuche. »Das Leben am Hofe der Königin Elisabeth von England mit all seinen Leidenschaften, Liebeleien Münchner Filmbilderbogen Nr. 9 | Deutschland 1922 und Intrigen bildet den geschichtlichen Hintergrund zu | R+B: Louis Seel | K: Karl Fischer | D: Olivette Thomas einem filmdramatisch geschickt abgehandelten Prob- | 5 min – Wüstenrausch | Deutschland 1923 | R: Géza lem – dem Kampf der ärztlichen Wissenschaft gegen von Bolváry | B: Bruno Dube | K: Hans Karl Gottschalk, Geistlichkeit und Krone. Das Erfreulichste: Die Hand- Franz Bertl Seyr | D: Hermann Vallentin, Helene von lung ist so stark, dass man sich auf ein Mindestmaß Mattyasovszky, Alfred Graening, Gustav von Vandory, von Massenszenen beschränken kann, die nur hin und Fritz Greiner, Ellen Kürty | 92 min | Die Geschichte des wieder zur Illustrierung von Volksstimmungen einge- Films dreht sich um eine Ingenieurstochter, deren Vater setzt sind.« (B.Z. am Mittag) mit dem Bau einer Eisenbahntrasse durch die Sahara  Samstag, 12. Januar 2019, 18.30 Uhr | Live-Musik: beauftragt wurde und die dank ihrer Anmut den Sohn Richard Siedhoff eines Scheichs und Rädelsführer der Aufständischen 100 Jahre Emelka von seinen finsteren Plänen abzubringen kann. »Die 68 Nathan der Weise | Deutschland 1922 | R: Manfred landschaftlichen Szenen, das ganze Wüstenmilieu und Noa | B: Hans Kyser, nach dem Stück von Gotthold die Volks-Massenbilder des Films sind überwältigend. Ephraim Lessing | K: Hans Karl Gottschalk, Gusta- Die dahinstürmende Handlung und ihre erschütternde ve Preiß, Georg Schubert | D: Werner Krauß, Carl de Wiedergabe durch vollendete Darstellungskunst reißen mit.« (Prager Tagblatt) Die Wüstenszenen wurden am Strand der Nordseeinsel Norderney aufgenommen.  Freitag, 25. Januar 2019, 18.30 Uhr | Live-Musik: Günter A. Buchwald

Helena. Der Untergang Trojas | Deutschland 1924 | R: Manfred Noa | B: Hans Kyser, nach der Ilias von Homer | K: Gustave Preiß, Ewald Daub | D: Edy Darclea, Wladimir Gaidarow, Hanna Ralph, Carlo Aldini, Albert Bassermann, Carl de Vogt, Albert Steinrück, Adele Sandrock | 219 min | viragiert | In München und am Wörthsee mit größtem Aufwand und internationaler Be- setzung verfilmte Geschichte um die geraubte Helena, die zu einem jahrelangen Kampf zwischen Griechen und Trojanern ausartet. Der in zwei Teilen gedrehte Film war die bis dahin mit Abstand teuerste Produktion der Emelka. Er lief in unterschiedlichsten Versionen und Bearbeitungen in vielen europäischen Ländern und erntete sogar in Amerika höchstes Lob: »It is a brilliant production in every way. As a spectacle carrying the imprint of truth and realism it would make D.W. Grif- fith sit up and consider his laurels, while the acting has never been bettered from the anonymous leads to the tiniest small part.« (Variety) Das Filmmuseum München hat den vergessenen Klassiker über viele Jahre hinweg aus verschiedenen ausländischen Kopien rekonstruiert.  Samstag, 26. Januar 2019, 18.30 Uhr | Live-Musik: | K: Gaetano di Ventimiglia | D: Virginia Valli, Carmelita Günter A. Buchwald Geraghty, Miles Mander, John Stuart, Ferdinand Mar- tini, Georg Heinrich Schnell, Karl Falkenberg | 74 min Zwischen Mars und Erde | Deutschland 1925 | R+B: | engl. OF | viragiert | Alle Innenaufnahmen von Hitch- F. Möhl | K: Gustav Weiss | 9 min | Aufwändig produ- cocks erster Regiearbeit, auch die berühmten Szenen zierter Werbefilm für die Deutsche Verkehrsausstellung im Theater, mit denen die Geschichte um zwei Revue- 1925 in München. – Die Leuchte Asiens | Indien/ tänzerinnen beginnt, entstanden in München im Studio Deutschland 1925 | R: Franz Osten | B: | der Emelka. In vielen Details dieses Melodrams sind K: Wilhelm Kiermeier, Josef Wirsching | D: Sarade Ukil, inszenatorische Einfälle zu entdecken, die von Hitch- Himansu Rai, Profulla Chandra, Seeta Devi, Rani Bala | cocks Gespür für das Visuelle zeugen. 98 min | engl. OF | DIE LEUCHTE ASIENS beginnt mit  Samstag, 2. Februar 2019, 18.30 Uhr | Live-Musik: dokumentarischen Aufnahmen von Indiens Straßen, um Günter A. Buchwald  Dienstag, 5. Februar 2019, sich dann in eine epische Filmerzählung über den Bud- 21.00 Uhr | ohne Vorfilm dha Gautama zu verwandeln, der seine Familie und alle irdischen Besitztümer zurücklässt, um auf der Wander- Der Jäger von Fall | Deutschland 1926 | R+B: Franz schaft spirituelle Erleuchtung zu finden. Der Film ent- Seitz, nach dem Roman von Ludwig Ganghofer | K: stand an Originalschauplätzen und mit einheimischen Franz Koch | D: Wilhelm Dieterle, Grete Reinwald, Fritz Akteuren, wobei allerdings in der Architektur, bei den Kampers, Ferdinand Martini, Julius Stettner, Theo- Kostümen und in den Ritualen Stilepochen vermengt dor Auzinger | 70 min | »Franz Seitz hat soviel Glanz

wurden. Das vermittelte Indienbild entsprach insofern und Poesie über diesen Film gegossen, wie einstens 100 Jahre Emelka nicht der Wirklichkeit, wurde von den europäischen Ludwig Ganghofer über das Lebenslied dieses keusch Zuschauern aber für authentisch gehalten und machte empfindenden Jägers von Fall gebreitet hat. Technisch 69 den Film zu einem großen Erfolg. steht dieser Heimatfilm ganz in der neuen Zeit, im Ge-  Dienstag, 29. Januar 2019, 21.00 Uhr | Soundtrack | fühl vollkommen in der trauten Vergangenheit. Er packt ohne Vorfilm Freitag, 1. Februar 2019, 18.30 Uhr | von der ersten bis zur letzten Szene.« (Münchner Zei- Live-Musik: Masako Ohta tung) – Samba, der Held des Urwalds | Deutschland 1928 | R+K: August Brückner | B: Ludwig Hamburger Die Bestie von San Silos | Deutschland 1925 | R: Joe | D: Samba, Fatu, Sakulu | 58 min | »SAMBA ist nicht Stöckel | B: José Dalmar | K: Karl Attenberger | D: Joe nur der erste Spielfilm, der in einem Urwalddorf mit Stöckel, Lili Dominici, Helene von Mattyasovszky, Jack Negerdarstellern gedreht wurde, er ist auch die erste Mylong-Münz, Manfred Kömpel, Claire Kronburger | 13 glückliche Lösung des alten Problems, die Vorzüge des min (Fragment) | Joe Stöckel als Kraftmensch Marcco, Kulturfilms mit denen des Spielfilms zu vereinen. Die der in der Wildnis die »Bestie von San Silos« entlarvt, Darsteller spielen ihre Rollen mit der Natürlichkeit, mit einen Mädchenhändler, der mit Hilfe eines abgerichte- der man nur spielt, wenn man sich selbst, sein eigenes ten Gorillas Mädchen für ein Bordell in Florida raubt. – wirkliches Dasein vor der Kamera zu erleben hat.« (Ar- The Pleasure Garden (Irrgarten der Leidenschaft) | beiter-Zeitung) Großbritannien/Deutschland 1925 | R: Alfred Hitchcock  Sonntag, 3. Februar 2019, 18.30 Uhr | Live-Musik: | B: Eliot Stannard, nach dem Roman von Oliver Sandys Günter A. Buchwald Emelka-Woche 30/1927 | Deutschland 1927 | 13 min Reparationsfrage, den Katholikentag in Freiburg, die | Berichte über den Leuchtturm in der Wesermündung, amerikanische Herrenmode und die Landung des Luft- das Treffen der deutschen Schützenverbände in Mün- schiffes »Graf Zeppelin« in Friedrichshafen. – Ludwig chen, den 10. Deutschen Studententag in Würzburg, der Zweite, König von Bayern | Deutschland 1930 | Flottenbesuch in Kiel und Unruhen in Wien. – Sturmflut | R: Wilhelm Dieterle | B: Charlotte Hagenbuch, Wilhelm Deutschland 1927 | R: Willy Reiber | B: Hermanna Bark- Dieterle | K: Charles J. Stumar | D: Wilhelm Dieterle, hausen | K: Franz Koch | D: Harry Hardt, Oskar Marion, Rina Marsa, Theodor Loos, Gerhard Bienert, Trude von Dorothea Wieck, Helen von Münchhofen, Philipp Man- Molo | 111 min | »Dieterle lieferte einen nüchternen, ning, Karl Platen | 81 min | »Der Film stellt zwei Liebes- neu-sachlichen Report. Mythisches kam nur beiläu- paare auf die Beine und garniert darum Seemannslos, Männerfeindschaft, Frauenhass, Vatertod, Dienertreue, Pfarrertrost. Und dann gibt es natürlich eine See- sensation, die Sturmflut. Windstärke 12. Orkan. Zerfetz- tes Schiff. Zwei Männer, die auf Tod und Leben ringen. Reiber peitscht eine Wellenrevolte auf, wie man sie pa- ckender im deutschen Film noch nicht sah. Gegenüber anderen ähnlichen Filmen merkt man den guten Willen, sich mehr als sonst beim Detail aufzuhalten, von der Schablone loszukommen, aber es bleibt bei den Ansät- zen, die schleunigst ins niedliche Spiel mit Kätzchen, mit der Ziehharmonika und im Lockern der Tränen sich verflüchtigen.« (Ernst Jäger)  Freitag, 8. Februar 2019, 18.30 Uhr | Live-Musik: Jo- fig vor, wenn der Starnberger See aus der Vogelper- achim Bärenz spektive als düsteres unheimliches Loch gezeigt oder wenn die Gestalt des Königs von Fackellichtern aus Emelka-Woche 6/1928 | Deutschland 1928 | 10 min der Nachtschwärze herausmodelliert wurde. Ludwig II. | Berichte über eine Indienexpedition, drahtlose Bild- wurde in Dieterles Film zu einem Verwandten der von übertragung, das Faschingsfest in München und die ihrer Umwelt verkannten Jugendlichen, etwa aus der Schwebebahn in Elberfeld. – Waterloo | Deutschland Revolte im Erziehungshaus. Die homoerotische Veran- 1929 | R: Karl Grune | B: Max Ferner, Bobby E. Lüth- lagung des Königs deutete Dieterle an, wenn er ihn mit ge | K: Fritz Arno Wagner, Josef Wirsching, Hugo von plastischen Nachbildungen nackter männlicher Körper Kaweczynski | D: Charles Willy Kayser, Charles Vanel, hantieren ließ.« (Ulrich Kurowski) Otto Gebühr, Auguste Prasch, Fritz Ulmer, Humberston  Freitag, 15. Februar 2019, 18.30 Uhr | Live-Musik: 100 Jahre Emelka Wright, Carl de Vogt | 122 min | Ein »Jubiläums-Milli- Sabrina Zimmermann, Mark Pogolski 70 onenfilm« zum zehnten Geburtstag der Emelka, der an Abel Gances NAPOLEON anknüpfen sollte. Der Film be- Emelka-Tonwoche 92/1932 | Deutschland 1932 | 15 schreibt Blüchers Triumph über Napoleon. »Eine Menge min | Berichte über die Ausbildung amerikanischer Pi- von Requisitenkammern müssen geplündert worden loten der Luftwaffe, amerikanische Flottenmanöver und sein, um die vielen Soldaten zu bekleiden, die durch eine Gasschutzübung auf dem Gelände der Technischen die Wälder und Auen um München in Schlachtordnung Hochschule Berlin. – Das lockende Ziel | Deutschland aufmarschieren. Das Talent Grunes ist sogar bei der 1930 | R: Max Reichmann | B: Paul Hörbiger, Walter Durcharbeitung dieses nichtigen Stoffes unverkennbar. Forster | K: Reimar Kuntze | M: Paul Dessau | D: Richard Er hat immer neue Einfälle, um die Massen zu arran- Tauber, Maria Elsner, Sophie Pagay, Lucie Englisch, Os- gieren, arbeitet oft ausgezeichnet mit Beleuchtungsef- kar Sima, Edith Karin, Julius Falkensten | 74 min | Der fekten und versteht sich aufs Zeremonial.« (Siegfried Bauernbursche Toni verlässt seine Heimat, ein Dorf in Kracauer) Kärnten, und macht in Berlin Karriere als Opernsänger.  Samstag, 9. Februar 2019, 18.30 Uhr | Live-Musik: »Die Taube gurrt und Tauber singt, immerfort muss er Joachim Bärenz in dem Film singen, ein himmelblaues Gegurre, eine ununterbrochene Schwelgerei in Martha-Arien, Volks- Emelka-Woche 37/1929 | Deutschland 1929 | 9 melodien und Liedern.« (Siegfried Kracauer) min | Berichte über die erste Haager Konferenz der  Samstag, 16. Februar 2019, 18.30 Uhr Das Wunder des gezeichneten Tons | Deutschland Serenade | Deutschland 1932 | R+K: Ferdinand Diehl | 1932 | R+B+D: Rudolf Pfenninger | 14 min | Ru- B: Hermann Diehl | M: Friedrich Jung | 7 min | Puppen- dolf Pfenninger erläutert seine Technik, die optische trickfilm. – Kreuzer Emden | Deutschland 1932 (1926) Tonspur des Films zu malen und damit synthetische | R: Louis Ralph | B: Alfred Halm, Louis Ralph | K: Franz Klänge herzustellen. – Boykott | Deutschland 1930 | Koch, Josef Wirschig, Ewald Daub, Werner Bohne, Art- R: Robert Land | B: Alfred Schirokauer, Robert Land, hur von Schwertführer | M: Friedrich Jung | D: Louis Eugen Kürschner, nach einer Novelle von Arnold Ulitz Ralph, Werner Fuetterer, Renée Stobrawa, Fritz Greiner, | K: Franz Koch | M: Alexander Laszlo, Franz Grothe | Hans Schlenk, Helmut Käutner, O.E. Hasse | 97 min | D: Ernst Stahl-Nachbaur, Lil Dagover, Theodor Loos, »KREUZER EMDEN ist vor mehreren Jahren als stum- Rolf von Goth, Erich Nürnberger, Wolfgang Zilzer, Karin mer Film gedreht worden (1926), der in Form einer Evans | 73 min | Mobbing unter Schülern. Erich Haller, rekonstruktiven Reportage die welthistorischen Fahrten Sohn eines inhaftierten Generaldirektors, wird von sei- des Kreuzers ›Emden‹ bis zu seiner Versenkung vor nen Mitschülern boykottiert, denn konservative Werte Keeling Island wiedergab. Die fortgeschrittene Tonfilm- und moralisches Empfinden werden an dem Berliner technik ermöglicht es heute, zu Wasser und zu Lande, Elitegymnasium, das er besucht, großgeschrieben. Er über der Erde und unter dem Meeresspiegel Tonauf- bleibt aber nicht der einzige, dessen Vater in kriminel- nahmen zu machen. Deshalb sah man sich veranlasst, le Machenschaften verstrickt ist. Die Kritik lobte den die stumme Fahrt der ›Emden‹ tonfilmtechnisch etwas »wirkungsvollen und dabei anständigen Film voll Tempo aufzufrischen, wobei man bewusst auf jede Ausschmü- und voll Einfällen« und schrieb: »Es tut ordentlich wohl, ckung, auf jede künstlerische Steigerung und Konstruk- wenn der Film einmal ein Problem aufrollt und nicht tion dramatischer Ereignisse verzichtet hat. Man wollte an dem gestellten Kitsch der Nobelwelt picken bleibt.« den Helden unserer ›Emden‹ ein filmisches Denkmal  Dienstag, 12. Februar 2019, 21.00 Uhr  Freitag, setzen.« (Oskar Kalbus) 22. Februar 2019, 18.30 Uhr  Sonntag, 24. Februar 2019, 18.30 Uhr

Pitsch und Patsch | Deutschland 1932 | R+B+K: Ru- Im Photoatelier | Deutschland 1932 | R: Karl Ritter | dolf Pfenninger | M: Friedrich Jung | 11 min | Zeichen- B: Karl Valentin, nach seinem Bühnenstück | K: Gustav trickfilm über zwei kleine Fische, die in einer surrealen Weiss | M: Karl Bergner | D: Karl Valentin, Liesl Karl- Unterwasserwelt alle Gefahren meistern. Rudolf Pfen- stadt | 28 min | Im Dachatelier eines Fotografen, der ninger, demonstriert zudem, wie er die Begleitmusik als verreist ist, versuchen der Geselle und sein Lehrling, Zackenschrift auf die Tonspur des Filmstreifens malt. – die Kundschaft ins rechte Licht zu setzen. Ein Brautpaar Die Privatsekretärin | Deutschland 1931 | R: Wilhelm entpuppt sich als fototechnische Herausforderung: Der Thiele | B: Franz Schulz, nach der Novelle von István Bräutigam ist ungefähr doppelt so groß wie die Braut.

Békeffy | K: Otto Heller, Reimar Kuntze, Adolf Schlasy | – Die verkaufte Braut | Deutschland 1932 | R: Max 100 Jahre Emelka M: Ludwig Lajtai, Paul Abraham | D: Renate Müller, Her- Ophüls | B: Curt Alexander, Max Ophüls, nach der Oper mann Thimig, Felix Bressart, Ludwig Stössel, Gertrud von Friedrich Smetana | K: Reimar Kuntze, Franz Koch 71 Wolle | 100 min | »Auf dem Bahnhof kommt das junge | M: Theo Mackeben | D: Jarmila Novotna, Paul Kemp, Mädel an; hat Courage in den Augen, will Berlin erobern Otto Wernicke, Max Nadler, Karl Valentin, Liesl Karlstadt, als Tippse auf den leichten Bahnen der so gefällig sti- Kurt Horwitz | 77 min | Ein Prestige-Projekt der Reichs- lisierenden Film-Operette. Dieser Operetten-Stil hat liga-Film, für die in Geiselgasteig ein böhmisches Dorf Lebenskraft, gibt dem Film durch seine tänzerische Be- aufgebaut wurde. Max Ophüls bearbeitete die Vorlage schwingtheit, durch die Lust am musikalischem Vivace und veränderte Handlung, Text, Personal und Musik. und die Neigung zum Parodieren, zum Grotesk-Unerns- Sein Ziel war »die Auflösung der Musik in rhythmische ten, zum schauspielernden Wirbel.« (Ernst Jäger) Die Filmbewegung. Photographie, Schnitt, Bewegungsre- ungemein populäre Komödie war der größte Erfolg im gie, Dekorationsregie und Dialoge, alle ordnen sie sich Verleih der zur Emelka gehörenden Bayerischen Film- einem rhythmischen Ablauf des Filmes unter.« gesellschaft. Das Filmmuseum München hat den bis-  Dienstag, 26. Februar 2019, 21.00 Uhr  Mittwoch, her nur fragmentarisch überlieferten Film um Teile einer 27. Februar 2019, 18.30 Uhr 16mm-Kopie aus der Library of Congress ergänzt und zeigt erstmals die rekonstruierte vollständige Fassung.  Dienstag, 19. Februar 2019, 21.00 Uhr  Samstag, 23. Februar 2019, 18.30 Uhr