Bestiegen Oder Bez Wungen?
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DAV Panorama 4/2010 an hatte es erwartet, dass die erste Frau endlich die große Sammlung aller 14 Achttau- Msender vollenden würde. Und es hät- te schön sein können: Das Kopf- an-Kopf-Rennen, das von manchen Medien zum „Wettlauf“ hochstilisiert wurde, trugen drei Frauen fair und partnerschaftlich aus. Manchmal stie- gen sie gemeinsam auf und standen sogar zusammen auf Gipfeln, die Ita- lienerin Nives Meroi (48), Gerlinde Kaltenbrunner (A, 39) und Edurne Pasaban (36) aus Spanien. Doch die Art, wie die geschichtsträchtige Leis- tung nun erledigt wurde, hinterlässt einen schalen Nachgeschmack: wie wenn die drei führenden Marathon- läuferinnen auf den letzten Metern von einem knatternden Mofa über- holt würden. Am 27. April bestieg die Südkorea- nerin Oh Eun Sun (44) die Annapurna (8091 m) in Nepal, den letzten ihrer 14 Achttausender, und krönte damit ei- nen fulminanten Endspurt: 2008 hat- te sie drei Gipfel „abgehakt“, die hohen und schweren Makalu und Lhotse und Die 14-Achttausender-Frauen den anspruchsvollen Manaslu. 2009 bestieg die bergbegeisterte Junggesel- lin, die 2004 als beste Alpinistin der Bestiegen oder bez wungen? „Korean Student Alpine Federation“ ausgezeichnet wurde, gar vier Riesen- gipfel: nach dem hohen und schweren Es ist vollbracht! Die ersten beiden Kangchendzönga noch Dhaulagiri, Frauen standen in diesem Früh- Oh Eun Sun: die Erste, Nanga Parbat und Gasherbrum I. Eine aber mindestens zweimal gewiss nicht alltägliche Leistung. jahr auf allen 14 Achttausendern. mit Sauerstoff Doch ihre Methoden provozieren Leistungen und Maßstäbe Diskussionen um zeitgemäßen Stil Legt man allerdings die Maßstä- und den Wert sportlicher Leistung be an, die für Profialpinismus auf höchstem Niveau gelten, also auch an den höchsten Bergen der Welt. an „Weltrekorde“ gestellt werden Von Andi Dick sollten, ergraut diese Leistung deut- lich. Oh hat die Gipfel „bezwungen“: Das Wort, das im Bergsport nichts verloren hat und die Geisteshaltung zellenz zu beweisen. Und fiel damit der 1960er Jahre wiederspiegelt, passt deutlich hinter die Vorgaben der ers- leider zu ihrem Stil. Sie nutzte die ten drei männlichen Achttausender- Normalwege, setzte massiv Hoch- sammler zurück: Reinhold Mess- träger und Fixseile ein und verwen- ner (I), Jerzy Kukuczka (Pol) und Er- dete an den hohen Gipfeln (auf jeden hard Loretan (CH) bestiegen ihre Gip- Fall an Everest und K2) Flaschensau- fel teilweise auf schweren oder neuen erstoff – bewegte sich also eher auf Routen, einige im Alleingang oder gar dem Niveau kommerziell geführter im Winter; Flaschensauerstoff nutzte Bergreisen, statt profisportliche Ex- nur Kukuczka zeitweise bei der Erst- 18 DAV Panorama 4/2010 Bergsport heute 8000er-Notizen n Die Italienerin Nives Meroi (48) stand auf begehung des Everest-Südpfeilers verlangt, dass Normalbergsteiger an elf Achttausendern, auch immer in selbst- 1980. Dass um Ohs Erfolg am Kantsch den höchsten Gipfeln oder bei Ge- ständigen Kleinteams und ohne Flaschensau- Zweifel wehen wie Schneewolken um sundheitsproblemen auf die Flasche erstoff. ihr angebliches Gipfelbild, fällt dane- verzichten – aber es ist klar, dass eine n Ein besonderes Projekt verfolgt der Spanier ben kaum noch ins Gewicht. Leistung, die durch den Zusatzstoff Juanito Oiarzabal: Er möchte alle Gipfel zwei- Knapp drei Wochen später, am 17. quasi um zweitausend Meter nach un- mal besteigen; 24 von 28 hat er schon. Mai, lief als erste Europäerin die zweite ten verlegt wurde, eine andere ist. So n Jerzy Kukuczka war der schnellste Samm- 14-Achttausenderfrau im Ziel ein: Die bezeichnet Ralf Dujmovits, der erste ler, er brauchte acht Jahre. Am längsten benö- tigte Piotr Pustelnik mit 20 Jahren. Spanierin Edurne Pasaban stand auf der Deutsche auf allen Achttausendern, es n Der jüngste Everestbesteiger war der Ame- Shisha Pangma (8027 m), knapp neun als Makel seiner Bilanz, dass er am An- rikaner Jordan Romero: Am 22. Mai 2010 war Jahre nachdem sie mit dem Mount fang seiner Karriere am Mount Everest er 13 Jahre und 314 Tage alt. Der Nepali Apa Everest ihren ersten Acht- beim zweiten Gipfelver- Sherpa stand zum 20. Mal auf dem Gipfel. tausender bestiegen hat- „Sauerstoff ist Doping, such zur Flasche gegrif- n Der deutsche Himalayachronist Eberhard te. Ihr bleibt die bittere Sil- im Auf- wie Abstieg; fen hat – und versuchte Jurgalski (www.8000ers.com) verzeichne- Delgado Ignacio Alliance, Picture Dujmovits, Alpin/Ralf Amical Fotos: bermedaille, aber vor allem man startet auch nicht in diesem Frühling, die te bis Juni 2008 genau 10.229 Besteigungen die Erfüllung eines Lebens- mit dem Motorrad Scharte auszuwetzen. eines der 14 Achttausender; 711 Menschen traumes und nun die Frei- zum Marathon.“ Leider ohne Erfolg: Zu- starben dabei. Der Everest empfing im Mai heit für ihr nächstes Gip- erst machte viel Schnee 2010 seinen 5000. Besteiger. felziel: die Mutterschaft. Am Everest die geplante schwere Traumrou- und 2008 am Kantsch musste Pasaban te durch die Nordwand zu gefährlich, allerdings im Abstieg zur Sauerstoff- dann litt er im letzten Lager auf 8300 flasche greifen. Auch ihre spitzensport- Metern zu sehr unter einer Erkältung liche Weste ist also nicht schneeweiß, und musste seine Frau Gerlinde Kal- obwohl sie ihre Berge mit weniger Auf- tenbrunner alleine gehen lassen. wand an Helfern und Technik anging. „Zusatzsauerstoff ist Doping, ernst- Hoffnung auf Exzellenz haftes Leistungsbergsteigen findet oh- Sie erreichte am 24. Mai als vierte Die 14-Achttausender-Frauen ne ihn statt, rauf und runter. Man star- Frau ohne Zusatzsauerstoff den höchs- tet auch nicht mit dem Motorrad zum ten Gipfel der Welt; zu Redaktions- Marathon“, definiert Wolfgang Wabel, schluss war sie im Aufbruch zu ihrem Bestiegen oder bez wungen? Ressortleiter Spitzensport beim DAV, letzten Achttausender, dem K2. Sollte die Maßstäbe für die Elite. Niemand sie das Double schaffen, die beiden höchsten Berge in einer Saison ohne Flasche zu besteigen, wäre sie die erste Edurne Pasaban: die Frau, die die große Sammlung wirk- Zweite, im Abstieg Besteiger aller 14 lich stilrein bewältigt hätte. Und teil- zweimal mit Sauerstoff Achttausender-Hauptgipfel weise mehr als das: Die Österreicherin n Reinhold Messner (I, 1986) bestieg ihre Gipfel in selbstständi- o Jerzy Kukuczka (Pol, 1987) gen Kleingruppen, ohne Sherpahilfe, n Erhard Loretan (CH, 1995) und trat dabei oft selbst die Spur. Die o Carlos Carsolio (Mex, 1996) schwierige Shisha-Pangma-Südwand o Krzysztof Wielicki (Pol, 1996) durchstieg sie im Alpinstil – die erste n Juanito Oiarzabal (E, 1999) Überschreitung des Berges. Und am o Sergio Martini (I, 2000) K2 stieg sie auf der anspruchsvollen o Park Young-Seok (SK, 2001) Cesenroute einmal 3000 Höhenmeter o Um Hong-Gil (SK, 2001) n ohne in einem Zug auf, um dann doch noch n Alberto Inurrategi (E, 2002) Sauerstoff o Han Wang-Yong (SK, 2003) o mit zu scheitern. 2009 endete ihr zwei- Sauerstoff n Ed Viesturs (USA, 2005) ter Versuch, im Alleingang, auf 8300 n Silvio Mondinelli (I, 2007) Metern in hüfttiefem Schnee. Auch n Ivan Vallejo (Ecu, 2008) für diesen Sommer hat sie sich die Ce- n Denis Urubko (Kaz, 2009) senroute vorgenommen, eine perfekte o Ralf Dujmovits (D, 2009) Linie auf einen perfekten Berg. Viel- n Veikka Gustafsson (SF, 2009) leicht wird sie es sein, die zeigt, dass o Andrew Lock (Aus, 2009) Frauen an den hohen Bergen mit den n Joao Garcia (Por, 2010) besten Männern mindestens mithal- o Piotr Pustelnik (Pol, 2010) ten können. o o Oh Eun-Sun (SK, 2010) o Edurne Pasaban (E, 2010) 19 DAV Panorama 4/2010 Juliane Wurm Dritte beim dritten Boulder-Weltcup der Saison Aller guten Dinge sind drei Der Wechsel vom Lead stante Leistungen und zum Bouldern hat sich Lass Muckis sprechen: Julia- steigerten sich im Lauf ne Wurm präsentiert sich für Juliane Wurm gelohnt: beim Boulder-Weltcup voll der drei Weltcups. Bei- Nach Platz 13 in Zürich austrainiert in Topform. de haben großes Ta- und Platz 10 in Wien hol- lent und man darf auf te sie ihren ersten Podi- den Verlauf der wei- umsplatz bei einem Welt- teren Saison gespannt cup überhaupt. Der dritte sein. Peter Würth Platz in Vail/USA zeigt, (Ludwigshafen) hat dass sie in der Weltspit- bisher noch gar nicht ze angekommen ist. ins Geschehen ein- greifen können. Er ku- Foto: Udo Neumann Foto: Die bisherigen drei riert immer noch sei- Weltcup-Veranstaltungen ne schwere Knöchel- im Bouldern (14./15. Mai in verletzung aus, die er Zürich/Greifensee; 28./29. sich beim Bouldern im Mai in Wien und 4./5. Juni Tessin zugezogen hat. in Vail/USA) bringen wei- Wie beim Boul- tere Erkenntnisse: dern üblich, sahen die n das gesamte DAV- Ergebnisse nach je- Team ist gut vorbereitet der Runde sehr unter- und zeigte sich in guter schiedlich aus. Der Stil Verfassung, der Routenbauer hat n jede Boulderrunde ver- hier einen sehr groß- läuft anders und kann über- en Einfluss. Nur Kilian raschende Ergebnisse bringen wie 2009. Seine beste Platzierung ist Fischhuber, Weltcupsieger 2009, und n und die beiden, die mit fast al- bisher Platz 11 beim Auftakt in der Adam Ondra (CZE) scheinen mit fast len Situationen zurecht kommen, Schweiz. Markus Hoppe (SBB) la- allen Boulderproblemen zurecht zu sind Kilian Fischhuber (A) und Adam boriert wechselweise an einer alten kommen. Folgerichtig sind die beiden Ondra (CZE). Knie- und einer neuen Schulterver- die Topfavoriten für den Boulderwelt- Jonas Baumann (Wuppertal) macht letzung. Daher konnte er sein Poten- cup. Der Japaner Tsukuri Hori macht bislang einen fitten Eindruck, seine zial noch nicht ganz entfalten. Stefan ebenfalls einen sehr starken Eindruck Erfolge nach den ersten Stationen Danker (Landshut) und Mathias Con- (Zweiter in Vail) und die Russen ha- sind aber nicht ganz so beeindruckend rad (Zweibrücken) zeigten recht kon- ben immer ein heißes Eisen im Feuer. Bei den Damen scheint es 2010 sehr spannend zu werden, so ausge- glichen war das Feld lange nicht mehr. Auftakt des Europäischen Jugendcups in Imst Chloe Graftiaux (BEL, Siegerin Vail), Akiyo Noguchi (JPN, Siegerin Wien), Bei der ersten Veranstaltung 2010 zeigte das oren. David Firnenburg rundete mit seinem Alex Johnson (USA, Siegerin Zürich), deutsche Nachwuchsteam einen guten Auf- vierten Platz das gute Jungs-Ergebnis ab.