Vom Oldtimer-Drämmli zum Combino

Autor(en): Georg Vischer

Quelle: Basler Stadtbuch

Jahr: 2001 https://www.baslerstadtbuch.ch/.permalink/stadtbuch/ab8d8732-9cb7-4e6e-8451-ca85f2f82c24

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zum Combino Georg Vischer Die BVB als kundenorientiertes Verkehrsunternehmen

1995 feierten die BVB ihr hundertjähriges Bestehen. Sechs Jahre später sind sie An einer grossen Tramparade fast nicht wiederzuerkennen: Neue Fahrzeuge in einem helleren Grün und mit wurde 1995 Rückblick auf 100 einem neuen Logo sowie bei allen Tramkompositionen mindestens ein bequemer Jahre BVB gehalten und Fahr­ Niederflureinstieg prägen heute das Bild der BVB als kundenorientiertes Verkehrs­ zeuge aus den verschiedensten unternehmen. Aber nicht nur neue und Aubobusse wurden beschafft, Epochen - vom Rössli- bis sondern entsprechend den gewandelten Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden zum modernen Gelenktram - auch das Fahrplanangebot und verschiedene Linienführungen verbessert. vorgestellt. Für den Zustand der BVB im Jubiläumsjahr charakte­ ristisch war die Tatsache, dass Durch den Einbau von Niederflurteilen mehr als drei Viertel der Tag für in bestehende Tramwagen wird der Tag eingesetzten Tramwagen ein Zugang für Eltern mit Kinderwagen und Alter von 25 Jahren und mehr für Gehbehinderte erleichtert. aufwiesen. Die vorzugsweise auf den Linien 2, 3, 15 und 16 ein­ gesetzten Vierachser mit Holz­ bänken waren sogar schon fast 50-jährig.

Behindertenfreundliche Einstiege beim Tram Solange auf jedem Tramkurs ein Billeteur mitfuhr, der gehbehin­ derten Fahrgästen, aber auch Müttern mit Kinderwagen beim Einsteigen behilflich sein konnte, war der Zutritt zu den öffent­ lichen Verkehrsmitteln für alle potenziellen Kundinnen und Kunden grundsätzlich sicherge­ stellt. Diese Situation veränderte sich mit der Einführung des bil­ leteurlosen Betriebs ab 1965. Nicht immer halfen Mitfahrgäste beim Ein- und Aussteigen, wes-

176 Stadt und Gesellschaft halb fortan gehbehinderte Fahrgäste häufig auf die stufenlos in das geräumige Wageninnere, das insge­ Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels ver­ samt 90 Sitzplätze und 163 Stehplätze anbietet. Für zichteten, soweit sie sich anderweitig organisieren Elektrorollstühle steht eine ausklappbare Rampe konnten. zur Verfügung. Die 28 Fahrzeuge reichen aus, um Bereits 1987 wurden in Genf und kurze Zeit die beiden am stärksten belasteten Linien der BVB, später in neue Gelenktrams mit einem beque­ nämlich die Linie 6 von Allschwil nach Riehen und men tiefen Einstieg beschafft. Die BLT, der Partner­ die Linie 8 von Kleinhüningen via Bahnhof SBB zur betrieb der BVB, ergänzte ab 1988 die Hälfte seiner Neuweilerstrasse, auszurüsten. Gelenktrams mit einem Niederflur-Zwischenteil, Für ihre rasche und umfassende Einführung einer so genannten Sänfte. Mit der Kombination von behindertenfreundlichen Einstiegen beim Tram von drei verschiedenen Massnahmen erreichen die wurden die BVB im November 2001 im Rahmen BVB, dass in Basel ab Frühjahr 2002 bei sämt­ des Schweizer dnnovationspreises öffentlicher Ver­ lichen Tramkompositionen mindestens ein Nieder- keim mit einer Auszeichnung geehrt. ftureinstieg angeboten werden kann: • Wie der Partnerbetrieb BLT bauten die BVB in 52 neue Autobusse die 28 Gelenktrams des Typs aus Von den 76 im Jahre 1999 eingesetzten Bussen und den 9oer-Jahren neue Niederflur-Mittelteile ein. Trolleybussen der BVB wiesen 52 ein Alter von • Die 91 in den Jahren 1963 bis 1973 beschafften zwischen 14 und 31 Jahren auf. Sie entsprachen vierachsigen Anhänger weisen dank ihrer Luftfede­ nicht mehr zeitgemässen Komfortansprüchen und rung einen sehr hohen Fahrkomfort auf. In der verursachten infolge der Überalterung hohe War­ BVB-eigenen Werkstätte wurden bei 32 dieser Fahr­ tungskosten. zeuge im Fahrgastraum zwischen den Drehgestel­ Zwischen 1999 und 2001 beschafften die BVB len ein Niederflur-Teil eingesetzt und die gesamte in drei Serien insgesamt 38 Gelenkautobusse, 8 Innenmöblierung erneuert. Erstmals in einem zweiachsige Autobusse und 6 Kleinbusse. Sämtliche schweizerischen Tramfahrzeug wurde hier auch Fahrzeuge sind niederflurig, mit einer Klapp­ eine Klimaanlage im Fahrgastraum eingebaut. rampe für Elektrorollstühle und die grossen Busse • Wegen der Überalterung des Tram-Fahrzeug­ zusätzlich mit einer Klimatisierung ausgerüstet. parks konnte jedoch auch im Interesse eines wirt­ schaftlichen Betriebes nicht auf die Beschaffung von Neues Erscheinungsbild neuen Trams verzichtet werden. Mit Beschluss vom Dank der Beschaffung der neuen Niederflur-Busse ii. November 1998 stimmte der Grosse Rat oppo­ und der Combinos konnten die BVB in kurzer Zeit sitionslos dem Kredit von 101 Millionen Franken eine sehr grosse Anzahl von alten Fahrzeugen aus­ für den Ankauf von 28 Combino-Gelenktrams zu. mustern. Diesen Erneuerungsprozess nahmen sie Beim Combino handelt es sich um ein zu 100 zum Anlass, nach über 50 Jahren zu einem neuen Prozent niederfluriges Tram in Modulbauweise, das Erscheinungsbild mit einem helleren Grün und in verschiedenen Varianten in weltweit über 400 einem vom Basler Grafiker Armin Vogt entworfenen Exemplaren von der deutschen Firma Siemens neuen Logo überzugehen. Wie nicht anders zu er­ gebaut wird und in vielen Städten, so unter ande­ warten war, gab die Inverkehrsetzung der neuen rem in und bald auch in Bern, Fahrzeuge zu einigen Diskussionen Anlass. Mittler­ im Einsatz steht. Der Basler Combino besteht aus weile ist jedoch das neue Erscheinungsbild akzep­ sieben Teilen und misst dreiundvierzig Meter. Er ist tiert. damit gleich lang wie die bisherigen langen Tram­ züge der BVB, aber drei Meter kürzer als die von Änderungen am Liniennetz der BLT auf den Linien 10 und 11 eingesetzten Kom­ Aus verschiedenen Studien wissen die BVB, dass positionen. Durch die acht Türen gelangt man weit mehr als die Hälfte ihrer Fahrgäste grund­

Stadt und Gesellschaft 177 sätzlich auch die Möglichkeit haben, ein Auto zu Leimental und dem Basler St. Johann-Quartier eine benützen. Sie fahren mit Tram oder Bus, weil Direktverbindung zum Bahnhof SBB erhalten. ihnen die öffentlichen gegenüber dem individuellen Bei den Buslinien ist vorab die Verknüpfung der Verkehrsmittel den Vorteil bieten, bequem an Orte Linie von Bottmingen zur Schifflände mit der Linie zu gelangen, wo ein Mangel an Parkplätzen be­ vom Claraplatz zur Bäumlihofstrasse über die steht. In Basel sind dies in erster Linie die Innen­ Mittlere Rheinbrücke sehr erfolgreich. Dank der stadt sowie das Gebiet um den Bahnhof SBB. vielen Direktfahrmöglichkeiten wurde die neue Wollen die BVB weiterhin auch für solche Kun­ Busverbindung und die gleichzeitige Verlängerung dinnen und Kunden attraktiv sein, müssen sie mög­ via Grenzacherweg bis zur Bettingerstrasse bereits lichst viel Direktfahrmöglichkeiten zu den Gebieten im ersten Betriebsjahr der neuen Linie 34 von mit Parkplatzmangel anbieten. Innerhalb der letz­ wesentlich mehr Kundinnen und Kunden benützt ten fünf Jahre wurden deshalb verschiedenste als die Vorgängerlinien zusammen. Anpassungen bestehender Linien vorgenommen und neue Buslinien, eine davon sogar grenzüber­ Neues Fahrplanangebot schreitend nach Weil und Haltingen, eingeführt. Die Lebensgewohnheiten und die Mobilitätsbedürf­ Gewiss die spektakulärste Massnahme war der nisse der Kundinnen und Kunden der BVB haben Bau der neuen Tramstrecke von der München­ sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Vor steinerbrücke entlang den SBB-Gleisen und durch dreissig Jahren waren noch sehr ausgeprägte Spit­ die Post Basel 2 zum Centralbahnplatz im Rahmen zenbelastungen am Morgen, über Mittag und am von EuroVille. Dank dieser neuen Tramverbindung Abend festzustellen, wo jeweils doppelt so viele haben die rund 100000 Einwohner im Einzugs­ Fahrgäste Trams und Busse benützten als in den gebiet der Linien 10 und 11 aus dem Birseck, dem Zwischenzeiten. Bis zum Jahr 2000 sind die ehe-

Der Combino, das erste hundertprozentig niederflurige Tram der Schweiz.

Number One. ÖKK. Number One. ÖKK.

178 Stadt und Gesellschaft maligen Spitzen fast vollständig verschwunden, 22 Uhr festgelegt, so fahren heute sämtliche aus weil nur noch ein Viertel aller Fahrgäste Pendler der Innenstadt in die Aussenquartiere und Vororte sind, welche mit der BVB von und zur Arbeit oder führenden Linien erst nach Mitternacht vom Bar- Schule fahren. Bereits ab n Uhr gibt es mehr füsserplatz ab. 1997 konnte dank privater Initiative Kundinnen und Kunden als während der Morgen- auch für Busse ein nachmitternächtliches Angebot stosszeit, und während des ganzen Nachmittags eingerichtet werden; heute verkehren in den Näch­ werden nur wenig tiefere Werte gemessen als zur ten von Freitag auf Samstag und von Samstag auf Abendstosszeit um 17 Uhr. Der in den letzten Sonntag drei städtische Nachtbuslinien im Stunden­ Jahren nur noch in der Morgen- und Abendspitze takt bis 03.30 Uhr. angebotene 6-Minuten-Takt wurde deshalb voll­ ständig aufgegeben, ebenso wie der unbeliebte Weitere kundenfreundliche Neuerungen Sommerfahrplan mit den ausgedünnten Fahrplan­ Die verstärkte Ausrichtung der BVB auf ihre Kun­ intervallen. Während des ganzen Jahres verkehren dinnen und Kunden zeigt sich noch in weiteren die Trams und Autobusse an Werktagen von Be­ Neuerungen: Entlang der Autobus-Einsatzlinie 40 triebsbeginn bis 20 Uhr (an Samstagen bis 17.30 vom Leimgrubenweg via Lehenmatt-Quartier - Uhr) durchgehend im 71/,-Minuten-Takt. Bei die­ Schwarzwaldbrücke zum Claraplatz sowie auf dem sem eigentlichen Taktfahrplan gelten grundsätzlich Centralbahn- und weiteren wichtigen Plätzen zei­ an jeder Haltestelle immer die gleichen, leicht gen elektronisch gesteuerte Anzeigegeräte, wie merkbaren Abfahrtszeiten. lange man warten muss, bis das nächste Fahrzeug Auch im Spätbetrieb haben sich die Kunden­ abfährt. Die automatischen Haltestellenanzeigen bedürfnisse verändert. War vor hundert Jahren die und -ansagen in den Trams und Bussen orientieren Abfahrtszeit der letzten Strassenbahnen noch auf über den nächsten Halteort beziehungsweise auch

Stadt und Gesellschaft 179 über allfällige Umsteigemöglichkeiten. Im umge­ bauten Kundenzentrum am Barfüsserplatz wird man von freundlichen Damen und Herren in einem modernen Verkaufsraum bedient und muss nicht mehr wie früher in der Kälte vor mit dicken Glas­ scheiben geschützten Schaltern anstehen. Die dank der neuen Leitstelle mögliche Anschlusssicherung hilft mit, bei ausgewählten, wichtigen Umsteige­ knoten wie zum Beispiel Brausebad (Linien i und 6) oder Heiliggeistkirche (Linien 15 und 16) die Qualität der Umsteigeverbindungen zu erhöhen. Die BVB bieten den Baslerinnen und Baslern und den Fahrgästen aus der Agglomeration zu­ sammen mit der BLT eine sehr gute Mobilität mit öffentlichen Verkehrsmitteln: eine attraktive Alter­ native zum individuellen Verkehrsmittel - und erst noch kostengünstig und umweltfreundlich.

Seit dem 29. Juni 2001 fahren die BL T-Tramlinien 10 und 11 aus dem Birseck über die neue Trambrücke direkt zum Bahn­ hof SBB.

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