Magazin zur Erö nung des neuen Jüdischen Museums WIR WIR JETZT JETZT SIND jüdischesmuseum.de Frnkfurt Jüdischen Museums Eröffnung desneuen Mgzin zur WIR SIND JETZT

Magazin zur Eröffnung des neuen Jüdischen Museums Frankfurt Jüdisches Museum Frankfurt Magazin zur Eröffnung Jüdisches Museum Frankfurt Magazin zur Eröffnung

Sehr geehrte Damen und Herren, Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freundinnen und Freunde des Jüdischen Museums, liebe Freundinnen und Freunde des Jüdischen Museums, geehrte Besucherinnen und Besucher,

nun ist es endlich soweit: 5 Jahre lang haben wir für Sie das neue Jüdische ich freue mich, dass in nur wenigen Wochen unser Jüdisches Museum, Museum geplant. Uns Gedanken über dessen Form und Inhalt gemacht, das erste jüdische Museum der Bundesrepublik, wieder öffnen wird. Konzepte für Ausstellungen entworfen, uns über Bildungsziele und vor Während der Sanierung des Rothschild-Palais und den Arbeiten am allem darüber verständigt, was unsere Arbeit nachhaltig relevant macht. Neubau öffnete das Museum über die ganze Stadt verteilt viele Türen, Wir haben den Blick weit in die Zukunft schweifen lassen, unser Wissen auch in die digitale Welt hinein. Es folgte dabei dem Leitbild eines Mu- um die jüdische Geschichte Frankfurts und Europas vertieft, um in der seums ohne Mauern, das sich mit seiner diversitätssensiblen Bildungs- Gegenwart agieren zu können. Mit diesem Magazin, dem Lichtbau von arbeit für eine offene und pluralistische Gesellschaft einsetzt. Angesichts Staab Architekten, unserer neuen Dauerausstellung in zwei Teilen, un- eines gesellschaftlichen Klimas, in dem Hetze alltäglich geworden ist serem Bildungs-, Veranstaltungs- und Vermittlungsprogramm steht es und die verbale und tätliche Gewalt gegen Menschen zunimmt, ist die nun vor Ihnen: unser vielseitiges, zeitgemäßes und lebendiges Museum, Arbeit des Jüdischen Museums relevanter denn je. Umso wichtiger ist das weit über Frankfurt hinausstrahlen soll und wird. Es ist eine außeror- es für die Stadt Frankfurt, dass diese Arbeit in Zukunft mit einem in der dentlich große Freude für meine Kolleginnen, Kollegen und mich, Ihnen Größe verdoppelten Haus, genauer mit zwei Häusern, die Alt und Neu, mit diesem Magazin dieses neue Museum vorzustellen. Und eben diese Geschichte und Gegenwart miteinander verbinden, in symbolischer Freude möchten wir gerne mit Ihnen teilen. Hinsicht gestärkt wird.

Wir danken Ihnen dafür, dass Sie uns auf der Reise der vergangenen Schon bald wird dieser Ort, der so gekonnt Geschichte und Tradition Jahre begleitet haben und nun mit uns gemeinsam das Zentrum für jü- verbindet, durch zahlreiche Besucherinnen und Besucher, Schulklassen dische Kultur in Geschichte und Gegenwart zu gestalten bereit sind – und kleinere Gruppen belebt. Frankfurterinnen und Frankfurter, Gäste rund um unser neues Museumsquartier am Bertha-Pappenheim-Platz aus ganz Deutschland, Europa und der Welt werden sich durch das neue wie auch darüber hinaus. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen die- Museum auf eine Reise in die Geschichte und Gegenwart des jüdischen ses Magazins, beim Erkunden unserer vielfältigen Angebote, beim Ler- Frankfurts begeben. Ich bin mir sicher, dass diese Reise viele Überra- nen und Studieren all dessen, was wir Ihnen in unseren Ausstellungen schungen bereithält. und unserer Bibliothek ans Herz legen. Wir sind gespannt auf Ihre Reak- tionen und freuen uns auf die vielfältigen Gespräche und Begegnungen mit Ihnen in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren. Bleiben Ihre Sie gesund und munter, Dr. Ina Hartwig Kulturdezernentin Stadt Frankfurt am Main Ihre Prof. Dr. Mirjam Wenzel Direktorin Jüdisches Museum Frankfurt

04 05 Der Weg zur einer neuen Perspektive 2016–2020 Der Weg zur einer neuen Perspektive 2016–2020 DER WEG ZU 2017 EINER NEUEN POP UP PERSPEKTIVE MONUMENT 2016–2020

2016 POP UP BOAT

07 September 2017 Eröffnung des Pop Up Monuments

Auf den großen Zuspruch des Pop Up Boats folgte im Herbst 2017 das Pop Up Monument. Gemeinsam mit dem Raumlaborberlin kreierten wir eine Blase, in der Musik, Theater, Themenabende und vieles mehr stattfand.

06 Eröffnung des Pop Up Boats im Sommer 2016

Nachdem unser Museum 2015 für den Umbau geschlossen wurde, war es uns dennoch wichtig, unsere Museumsarbeit in die Stadt hineinzutragen. Insgesamt zwei Wochen haben wir auf dem Boat mit Besucherinnen und Besuchern diskutiert, analysiert und schlussendlich sogar unseren Namen für den Vorplatz gefunden: Bertha-Pappenheim-Platz.

06 07 Der Weg zur einer neuen Perspektive 2016–2020 Der Weg zur einer neuen Perspektive 2016–2020

2018 2020 OPEN BUS DER HOUSE ZUKUNFT

Nir Alons Glory and the Misery of Our Existence. Der Künstler gestaltet seine Installationen mit Gegenständen des Alltags wie Möbeln und Leuchten und stellt sie in eine irreale Welt, wobei er sich mit Gewicht, Schwerkraft und Dreidimen- sionalität auseinandersetzt.

Gemeinsam mit Shai Hoffmann waren wir Ende August an 5 Tagen auf jeweils 5 verschiedenen Plätzen in Frankfurt mit dem Bus der Zukunft unterwegs. Dabei kamen wir mit vielen Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Frankfurt in Kontakt und waren vor allem vom gelebten Dialog be- eindruckt. Die täglichen Videotagebücher unserer Reise sind noch immer auf unserem Youtube-Kanal zu finden.

09 08 Wir sind fast am Ziel unserer Reise Erstmals seit der Schließung 2015 angekommen: Letztmalig erobern wurde der Öffentlichkeit der Rohbau wir vor der Neueröffnung des des Rotschild-Palais gezeigt Museums den Stadtraum in Encapsulation (2013, dt. wörtlich: Verkapselung) von Ilana Salama Ortar Frankfurt mit unserem Bus thematisiert den Prozess einer Reifung, der zugleich auch eine Verän- der Zukunft derung darstellt. In vasenähnlichen Behältern wurden Objekte oder Schriften – persönliche Zeugnisse der Künstlerin – eingelagert.

08 09 Der Weg zur einer neuen Perspektive 2016–2020 Der Weg zur einer neuen Perspektive 2016–2020

21.10.2020 MIRJAM WENZEL ERÖFFNUNG NEUE NEUES PERSPEKTIVE JÜDISCHES

Das Jüdische Museum Frankfurt wurde in MUSEUM den Jahren 2015-2020 grundlegend erneuert. Was erwartet die Besucherinnen und Besucher?

Im Museum Judengasse erwartet Sie eine Ausstel- lung über jüdisches Leben in der Frühen Neuzeit und neben dem renovierten Rothschild-Palais empfängt Sie nun der zeitgenössische Lichtbau von Staab Archi- tekten, über den das neue Ensemble am Bertha-Pappen- heim-Platz 1 betreten werden kann. Hier begegnet Ihnen die poetische Skulptur des Künstlers Ariel Schlesinger, auf der geschützten Terrasse können Sie das milchig-koschere Speiseangebot in unserem Deli genießen, mit Ihren Kindern in der Bibliothek stöbern oder an einem Workshop im Studio Alef teilnehmen. Wir hoffen, dass Sie gern unsere Ausstellungen besuchen, sich an Diskussionsveranstaltungen beteiligen, Kon- zerte genießen und ein Geschenk in dem Museumsshop kaufen. All das auf 4.900 m2 und in dem Spannungsfeld zwischen Alt und Neu.

Worin besteht das Spannungsfeld von Alt und Neu?

Das neue Jüdische Museum verbindet Tradition und Gegenwart. Das trifft bereits auf die Architektur zu. Das klassizistische Palais, in dem einst die Familie Rothschild wohnte und später die erste öffentliche Bibliothek der WAGEN SIE Stadt stiftete, ist nun mit einem dezidiert modernen Gebäude verbunden, das wir aufgrund der überraschenden Lichteinfälle Lichtbau genannt haben. DEN BLICK Auch unsere Museumsarbeit verbindet Alt und Neu. Wir sind ein Museum UM DIE ECKE ohne Mauern, das die Vielfalt der jüdischen­ Kultur in Geschichte und Gegen- wart erfahrbar macht – sowohl in wie auch außerhalb des neuen Museums- IN UNSEREM komplexes.

LICHTBAU Was heißt „Museum ohne Mauern“?

Wir sind ein offenes Haus, das auch auf Menschen zugeht, die nicht unbedingt mu- seumsaffin sind. Dies tun wir mit besonderen Bildungsangeboten außerhalb unseres Der Vorplatz mit der Skulptur „Untitled“ von Ariel Schlesinger im Juli 2020. // Museums wie auch im digitalen Bereich. Es ist uns wichtig, Menschen auf Augenhöhe zu begegnen und sie partizipativ in unsere Programme einzubeziehen. Als Jüdisches Museum sind wir in erster Linie ein sozialer Ort.

Was sind die Highlights des neuen Museums?

Unsere beiden Dauerausstellungen erzählen Geschichte in persönlichen Geschichten und aus einer jüdischen Perspektive. Wir präsentieren Kulturgüter und Alltagsgegenstände, verbinden Kunst mit Zeugnissen, zeremonielle Objekte mit digitalen Medieninszenierungen. Dabei geht es uns stets auch um Empathie. Mit besonders viel Empathie rechnen wir im letzten Raum unserer neuen Dauerausstellung, in dem wir die Geschichte der Familie von anhand von Ge- genständen aus dem Familienbesitz erzählen. Ein weiteres Highlight sind die Museumsorte selbst. Beide verdeutlichen in ihrer Materialität, wie bedeutend und facettenreich die jüdische Kultur in dieser Stadt war und heute wieder ist.

Die Fragen stellte Sarah Fischer, Leitung Kommunikation

10 11 Inhalt Inhalt 01 02 03 04 05 06

15 23 37 77 87 97 DER NEUE DIE NEUE DIE NEUE DIE ERSTE OFFEN PRO- MUSEUMS- DAUERAUS- PROGRAM- WECHSEL- UND GRAMM- KOMPLEX STELLUNG MATIK AUSSTELLUNG VERNETZT ÜBERSICHT

16 – 19 Ein öff entliches Haus für 24 – 29 Konzept & Struktur der 38 – 41 Was ist jetzt? – Jüdische 78 – 79 Die weibliche Seite Gottes 88 – 89 Alle Mitstreiter sind 98 -104 Eröff nungsprogramm das Jüdische Museum neuen Dauerausstellung im Kulturen der Gegenwart im Dr. Eva Atlan willkommen Volker Staab Rothschild-Palais Jüdischen Museum Frankfurt Peter Lückemeier 105 -106 Denken ohne Geländer Prof. Dr. Mirjam Wenzel Sara Soussan 80 – 83 Gott ist kein Mann mit langem Erste Einblicke in den Bart und weißem Kittel 90 – 91 Das digitale Museum 106 -107 Politische Dimensionen neuen Museumskomplex 30 – 35 Die Kunst im Jüdischen 42 – 45 Denken ohne Geländer – Dr. Felicitas Heimann-Jelinek Sonja Thäder kultureller Bildung Museum Frankfurt Von Hoff nung und Vertrauen 20 – 21 Ariel Schlesinger Dr. Eva Atlan Prof. Dr. Dr. Michel Friedman & 84 – 85 Satellit – Unser Vermittlungs- 92 – 93 Das Jüdische Museum 108-111 Konferenz: „Untitled“ Prof. Dr. Mirjam Wenzel raum in der Wechselausstellung vernetzt sich Das jüdische Frankfurt Kathrin Schön Dr. Werner Hanak 46 – 47 Die Geschichte der 112 -115 Kinderprogramm Literaturhandlung 94 – 95 Unsere Kooperationspartner Rachel Salamander im Bereich Bildung und Museumspädagogik 48 – 51 Das Ziel ist ein Museum für alle Manfred Levy Dr. Türkân Kanbıçak & Sophie Schmidt

52 – 53 Symposium Politische Dimensionen kultureller Bildung Dr. Türkân Kanbıçak & Sophie Schmidt 116 -117 Jüdisches Museum Frankfurt Unser Team 54 – 55 Ein Museum ohne Mauern Fenja Fröhberg & Kathrin Schön 118 Impressum

56 – 59 einander Eugenie Frank & Irina Ginsburg

60 – 63 Kinder & Familien im Museum Sabine Kößling, Kathrin Schön & Yael Ungar

64 – 65 Bildung, Unterhaltung & Begegnung in der neuen Museumsbibliothek Dr. Franziska Krah

66 – 69 Erinnern an Frankfurter Familiengeschichten Dr. Franziska Krah

70 – 71 Köstlich kulinarisch Kathrin Schön

/ 72 – 73 Museum in Bewegung Kathrin Schön

/ 74 – 75 Musik am jüdischen Museum Kathrin Schön

12 13 Jüdisches Museum Frankfurt Magazin zur Eröff nung 01 DER NEUE MUSEUMS KOMPLEX

15 Der neue Museumskomplex Architektur

EIN ÖFFENTLICHES HAUS FÜR DAS JÜDISCHE MUSEUM

Mit der Erweiterung des Jüdischen Museums entsteht ein neuer Museumskomplex. Neben dem denkmalgeschützten Rothschild-Palais am Mainufer erhebt sich nun der Lichtbau von Staab Architekten. Erfahren Sie im Folgenden mehr über die Konzeption und Idee des Architekten.

TEXT Volker Staab

17 Der neue Museumskomplex Architektur Der neue Museumskomplex Architektur

ERSTE EINBLICKE IN DEN NEUEN MUSEUMS

FOTOGRAFIE Norbert Miguletz KOMPLEX

16 -17 Die Erweiterung der am Frankfurter Mainufer gelegenen Einladend und doch geschützt Sicht nach oben historischen Palais öff net das Jüdische Museum einem vom Foyer des größeren Publikum. Wechselausstellungen, ein Bereich Der Raum zwischen den Altbauten und dem Neubau be- Lichtbaus für Vorträge und Symposien, eine Fachbibliothek und durft e einer gestalterischen Diff erenzierung, um als öf- ein öff entliches Café bilden neben Werkstätten und Ver- fentlicher Eingangshof wahrgenommen zu werden. Um 18 waltungsräumen die Bestandteile des ambitionierten die Raumkanten zu stärken, wurde der Solitär so zuge- Skulptur „Untitled“ Raumprogramms, das die Dauerausstellung in den his- schnitten, dass sich der Zwischenraum zu den Wallanla- von Ariel Schlesinger torischen Gebäuden ergänzt. Neubau und Bestands- gen hin öff net und in der Tiefe des Grundstücks optisch Hauses auf einen Blick erschließt. Von oben blicken Bib- zeitlichen Oberfl ächen mehr aufweist. Hier wurden die 19 bauten werden in Zukunft als Ensemble in Erscheinung schließt. So entsteht ein einladender Vorplatz, über den liothek und Café mit großen Fenstern in die Halle, wäh- Räume in heutiger Architektursprache zurückhaltend Volker Staab treten, das die vielfältige Arbeit des Museums deutlicher die Besucher in das Museum gelangen. Eine leichte Ter- rend sich zu ebener Erde der Veranstaltungsraum mit ergänzt. Von außen nicht sichtbar wurden am Übergang im Stadtraum repräsentiert. rassierung, die der vorhandenen Senke im Garten der einem kleinen Vorbereich angliedert. Seitlich rückt eine zu den Altbauten zwei Aufzüge integriert, die alle Aus- Palais folgt, gliedert den Eingangsbereich in verschiede- breite Treppe ins Blickfeld, die den Weg zur Daueraus- stellungsfl ächen in den historischen Gebäuden barriere- Im Rücken der historischen Palais ne Zonen. An den öff entlichen Vorplatz des Museums stellung in den Altbauten und zur Wechselausstellung im frei zugänglich machen. schließt sich ein abgesenkter Garten an, der eine natürli- Untergeschoss weist. Die großen Sichtbetonoberfl ächen Das Baugrundstück im Garten der klassizistischen Palais che Sicherheitsbarriere zur dahinterliegenden Caféter- und der freie Raumzuschnitt rufen einen geradezu ar- Zwei Zeiten, ein Ensemble befi ndet sich städtebaulich gesehen auf der Rückseite rasse bildet. Unter dieser wird der Neubau im Sockelbe- chaischen Raumeindruck hervor, dessen Wirkung durch einer Villenzeile, deren Adresse am Ufer des Mains liegt. reich unauff ällig an die Altbauten angeschlossen und den Lichteinfall von oben noch gesteigert wird. Von die- Die Fassade des Neubaus spiegelt seine heutige Entste- Nur der westlich gelegene Altbau des Museums, das Roth- der Anlieferungsbereich dahinter aus dem Blick gerückt. ser Mitte aus fi nden die Besucher intuitiv den Weg zu hungszeit wider und nimmt gleichzeitig Bezug zu den schild-Palais, weist eine zweite Orientierung auf, da er Die feine Höhendiff erenzierung des Geländes erzeugt den unterschiedlichen Angeboten des Museums, sei es Altbauten auf. Sowohl die Betonung des Sockels als auch die Zeile der Palais zu den angrenzenden Wallanlagen unterschiedliche Außenraumqualitäten und löst gleich- auf den verschiedenen Ebenen des Neubaus oder in den die horizontale Gliederung der klassizistischen Fassaden im Westen abschließt. In dieser stadträumlichen Situa- zeitig komplexe funktionale Zusammenhänge von Neu- historischen Gebäuden am Mainufer. fi nden sich im Neubau wieder. Darüber hinaus erhielten tion war es eine Herausforderung, die Erweiterung städ- bau und Bestand. die Putzfl ächen beider Gebäude dieselbe Farbe. So wird tebaulich wirksam zu platzieren, zumal diese den neuen Behutsame Wiederherstellung der Palais die Ensemblewirkung der beiden Gebäudeteile auf ver- Haupteingang des Museums bilden soll. Uns war es wich- Ein unerwartetes Raumerlebnis schiedenen Ebenen gestärkt: städtebaulich durch die tig, die historische Staff elung aus Villenzeile, Gärten und Um die historische Struktur der Altbauten wieder les- Balance der Baukörper und die Rahmung des neuen Ein- Wirtschaft sgebäuden zu erhalten, welche durch einen Ergeben sich die Außenkanten des Erweiterungsbaus bar zu machen, mussten Einbauten aus den 1980er Jah- gangshofes, funktional durch die gemeinsame Wege- Anbau geschwächt worden wäre. Der Erweiterungsbau vornehmlich aus der städtebaulichen Situation, so bot ren zurückgebaut werden. Die gut erhaltenen Räume führung und auf Fassadenebene durch einen spannungs- ist deshalb als Solitär konzipiert, der die Bebauung zu sich im Inneren die Möglichkeit zu einer autonomeren im Rothschild-Palais wurden restauriert, stellenweise vollen Dialog zwischen Alt und Neu. den Wallanlagen hin abrundet und einen Zwischenraum Interpretation der Bauaufgabe. Die räumliche Idee geht behutsam ergänzt und mit den Räumen im Nachbarge- aufspannt, den wir als Eingangshof und zukünft ige Ad- von einem kraft vollen Monolith aus, der ein Gegenge- bäude zu einem Museumsrundgang verbunden. Die At- Wir hoff en, dass der Erweiterungsbau die in ihn gesetz- resse des Museums nutzen. Diese neue Ausrichtung des wicht zu den klassizistischen Bestandsbauten bildet. mosphäre der historisch ausgestatteten Räume im Roth- ten Erwartungen erfüllt und zu einem neuen Wegstein Museums zu den Wallanlagen wird durch die westliche Aus diesem Volumen ist eine zentrale Halle herausge- schild-Palais kontrastiert mit den Räumlichkeiten des jüdischen Lebens in Frankfurt wird. Schaufassade des Rothschild-Palais unterstützt. schnitten, in der sich die gesamte Programmatik des Museums im Palais am Untermainkai 14, das keine bau-

18 19 Der neue Museumskomplex Architektur Der neue Museumskomplex Architektur

16 -17 Die Erweiterung der am Frankfurter Mainufer gelegenen Einladend und doch geschützt Sicht nach oben historischen Palais öff net das Jüdische Museum einem vom Foyer des größeren Publikum. Wechselausstellungen, ein Bereich Der Raum zwischen den Altbauten und dem Neubau be- Lichtbaus für Vorträge und Symposien, eine Fachbibliothek und durft e einer gestalterischen Diff erenzierung, um als öf- ein öff entliches Café bilden neben Werkstätten und Ver- fentlicher Eingangshof wahrgenommen zu werden. Um 18 waltungsräumen die Bestandteile des ambitionierten die Raumkanten zu stärken, wurde der Solitär so zuge- Skulptur „Untitled“ Raumprogramms, das die Dauerausstellung in den his- schnitten, dass sich der Zwischenraum zu den Wallanla- von Ariel Schlesinger torischen Gebäuden ergänzt. Neubau und Bestands- gen hin öff net und in der Tiefe des Grundstücks optisch Hauses auf einen Blick erschließt. Von oben blicken Bib- zeitlichen Oberfl ächen mehr aufweist. Hier wurden die 19 bauten werden in Zukunft als Ensemble in Erscheinung schließt. So entsteht ein einladender Vorplatz, über den liothek und Café mit großen Fenstern in die Halle, wäh- Räume in heutiger Architektursprache zurückhaltend Volker Staab treten, das die vielfältige Arbeit des Museums deutlicher die Besucher in das Museum gelangen. Eine leichte Ter- rend sich zu ebener Erde der Veranstaltungsraum mit ergänzt. Von außen nicht sichtbar wurden am Übergang im Stadtraum repräsentiert. rassierung, die der vorhandenen Senke im Garten der einem kleinen Vorbereich angliedert. Seitlich rückt eine zu den Altbauten zwei Aufzüge integriert, die alle Aus- Palais folgt, gliedert den Eingangsbereich in verschiede- breite Treppe ins Blickfeld, die den Weg zur Daueraus- stellungsfl ächen in den historischen Gebäuden barriere- Im Rücken der historischen Palais ne Zonen. An den öff entlichen Vorplatz des Museums stellung in den Altbauten und zur Wechselausstellung im frei zugänglich machen. schließt sich ein abgesenkter Garten an, der eine natürli- Untergeschoss weist. Die großen Sichtbetonoberfl ächen Das Baugrundstück im Garten der klassizistischen Palais che Sicherheitsbarriere zur dahinterliegenden Caféter- und der freie Raumzuschnitt rufen einen geradezu ar- Zwei Zeiten, ein Ensemble befi ndet sich städtebaulich gesehen auf der Rückseite rasse bildet. Unter dieser wird der Neubau im Sockelbe- chaischen Raumeindruck hervor, dessen Wirkung durch einer Villenzeile, deren Adresse am Ufer des Mains liegt. reich unauff ällig an die Altbauten angeschlossen und den Lichteinfall von oben noch gesteigert wird. Von die- Die Fassade des Neubaus spiegelt seine heutige Entste- Nur der westlich gelegene Altbau des Museums, das Roth- der Anlieferungsbereich dahinter aus dem Blick gerückt. ser Mitte aus fi nden die Besucher intuitiv den Weg zu hungszeit wider und nimmt gleichzeitig Bezug zu den schild-Palais, weist eine zweite Orientierung auf, da er Die feine Höhendiff erenzierung des Geländes erzeugt den unterschiedlichen Angeboten des Museums, sei es Altbauten auf. Sowohl die Betonung des Sockels als auch die Zeile der Palais zu den angrenzenden Wallanlagen unterschiedliche Außenraumqualitäten und löst gleich- auf den verschiedenen Ebenen des Neubaus oder in den die horizontale Gliederung der klassizistischen Fassaden im Westen abschließt. In dieser stadträumlichen Situa- zeitig komplexe funktionale Zusammenhänge von Neu- historischen Gebäuden am Mainufer. fi nden sich im Neubau wieder. Darüber hinaus erhielten tion war es eine Herausforderung, die Erweiterung städ- bau und Bestand. die Putzfl ächen beider Gebäude dieselbe Farbe. So wird tebaulich wirksam zu platzieren, zumal diese den neuen Behutsame Wiederherstellung der Palais die Ensemblewirkung der beiden Gebäudeteile auf ver- Haupteingang des Museums bilden soll. Uns war es wich- Ein unerwartetes Raumerlebnis schiedenen Ebenen gestärkt: städtebaulich durch die Links und rechts: tig, die historische Staff elung aus Villenzeile, Gärten und Um die historische Struktur der Altbauten wieder les- Balance der Baukörper und die Rahmung des neuen Ein- Blick vom Foyer Wirtschaft sgebäuden zu erhalten, welche durch einen Ergeben sich die Außenkanten des Erweiterungsbaus bar zu machen, mussten Einbauten aus den 1980er Jah- gangshofes, funktional durch die gemeinsame Wege- zu den Wechselaus- Anbau geschwächt worden wäre. Der Erweiterungsbau vornehmlich aus der städtebaulichen Situation, so bot ren zurückgebaut werden. Die gut erhaltenen Räume führung und auf Fassadenebene durch einen spannungs- stellungsräumen ist deshalb als Solitär konzipiert, der die Bebauung zu sich im Inneren die Möglichkeit zu einer autonomeren im Rothschild-Palais wurden restauriert, stellenweise vollen Dialog zwischen Alt und Neu. den Wallanlagen hin abrundet und einen Zwischenraum Interpretation der Bauaufgabe. Die räumliche Idee geht behutsam ergänzt und mit den Räumen im Nachbarge- aufspannt, den wir als Eingangshof und zukünft ige Ad- von einem kraft vollen Monolith aus, der ein Gegenge- bäude zu einem Museumsrundgang verbunden. Die At- Wir hoff en, dass der Erweiterungsbau die in ihn gesetz- resse des Museums nutzen. Diese neue Ausrichtung des wicht zu den klassizistischen Bestandsbauten bildet. mosphäre der historisch ausgestatteten Räume im Roth- ten Erwartungen erfüllt und zu einem neuen Wegstein Museums zu den Wallanlagen wird durch die westliche Aus diesem Volumen ist eine zentrale Halle herausge- schild-Palais kontrastiert mit den Räumlichkeiten des jüdischen Lebens in Frankfurt wird. Schaufassade des Rothschild-Palais unterstützt. schnitten, in der sich die gesamte Programmatik des Museums im Palais am Untermainkai 14, das keine bau-

20 21 Der neue Museumskomplex Architektur Der neue Museumskomplex Architektur

16 -17 Die Erweiterung der am Frankfurter Mainufer gelegenen Einladend und doch geschützt Sicht nach oben historischen Palais öff net das Jüdische Museum einem vom Foyer des größeren Publikum. Wechselausstellungen, ein Bereich Der Raum zwischen den Altbauten und dem Neubau be- Lichtbaus für Vorträge und Symposien, eine Fachbibliothek und durft e einer gestalterischen Diff erenzierung, um als öf- ein öff entliches Café bilden neben Werkstätten und Ver- fentlicher Eingangshof wahrgenommen zu werden. Um 18 waltungsräumen die Bestandteile des ambitionierten die Raumkanten zu stärken, wurde der Solitär so zuge- Skulptur „Untitled“ Raumprogramms, das die Dauerausstellung in den his- schnitten, dass sich der Zwischenraum zu den Wallanla- von Ariel Schlesinger torischen Gebäuden ergänzt. Neubau und Bestands- gen hin öff net und in der Tiefe des Grundstücks optisch Hauses auf einen Blick erschließt. Von oben blicken Bib- zeitlichen Oberfl ächen mehr aufweist. Hier wurden die 19 bauten werden in Zukunft als Ensemble in Erscheinung schließt. So entsteht ein einladender Vorplatz, über den liothek und Café mit großen Fenstern in die Halle, wäh- Räume in heutiger Architektursprache zurückhaltend Volker Staab treten, das die vielfältige Arbeit des Museums deutlicher die Besucher in das Museum gelangen. Eine leichte Ter- rend sich zu ebener Erde der Veranstaltungsraum mit ergänzt. Von außen nicht sichtbar wurden am Übergang im Stadtraum repräsentiert. rassierung, die der vorhandenen Senke im Garten der einem kleinen Vorbereich angliedert. Seitlich rückt eine zu den Altbauten zwei Aufzüge integriert, die alle Aus- Palais folgt, gliedert den Eingangsbereich in verschiede- breite Treppe ins Blickfeld, die den Weg zur Daueraus- stellungsfl ächen in den historischen Gebäuden barriere- Im Rücken der historischen Palais ne Zonen. An den öff entlichen Vorplatz des Museums stellung in den Altbauten und zur Wechselausstellung im frei zugänglich machen. schließt sich ein abgesenkter Garten an, der eine natürli- Untergeschoss weist. Die großen Sichtbetonoberfl ächen Das Baugrundstück im Garten der klassizistischen Palais che Sicherheitsbarriere zur dahinterliegenden Caféter- und der freie Raumzuschnitt rufen einen geradezu ar- Zwei Zeiten, ein Ensemble befi ndet sich städtebaulich gesehen auf der Rückseite rasse bildet. Unter dieser wird der Neubau im Sockelbe- chaischen Raumeindruck hervor, dessen Wirkung durch einer Villenzeile, deren Adresse am Ufer des Mains liegt. reich unauff ällig an die Altbauten angeschlossen und den Lichteinfall von oben noch gesteigert wird. Von die- Die Fassade des Neubaus spiegelt seine heutige Entste- Nur der westlich gelegene Altbau des Museums, das Roth- der Anlieferungsbereich dahinter aus dem Blick gerückt. ser Mitte aus fi nden die Besucher intuitiv den Weg zu hungszeit wider und nimmt gleichzeitig Bezug zu den schild-Palais, weist eine zweite Orientierung auf, da er Die feine Höhendiff erenzierung des Geländes erzeugt den unterschiedlichen Angeboten des Museums, sei es Altbauten auf. Sowohl die Betonung des Sockels als auch die Zeile der Palais zu den angrenzenden Wallanlagen unterschiedliche Außenraumqualitäten und löst gleich- auf den verschiedenen Ebenen des Neubaus oder in den die horizontale Gliederung der klassizistischen Fassaden im Westen abschließt. In dieser stadträumlichen Situa- zeitig komplexe funktionale Zusammenhänge von Neu- historischen Gebäuden am Mainufer. fi nden sich im Neubau wieder. Darüber hinaus erhielten tion war es eine Herausforderung, die Erweiterung städ- bau und Bestand. die Putzfl ächen beider Gebäude dieselbe Farbe. So wird tebaulich wirksam zu platzieren, zumal diese den neuen Behutsame Wiederherstellung der Palais die Ensemblewirkung der beiden Gebäudeteile auf ver- Haupteingang des Museums bilden soll. Uns war es wich- Ein unerwartetes Raumerlebnis schiedenen Ebenen gestärkt: städtebaulich durch die tig, die historische Staff elung aus Villenzeile, Gärten und Um die historische Links: Struktur der Altbauten wieder les- Balance der Baukörper und die Rahmung des neuen Ein- Wirtschaft sgebäuden zu erhalten, welche durch einen Ergeben sich die Außenkanten des Erweiterungsbaus bar zu machen,Historisches mussten Einbauten aus den 1980er Jah- gangshofes, funktional durch die gemeinsame Wege- Anbau geschwächt worden wäre. Der Erweiterungsbau vornehmlich aus der städtebaulichen Situation, so bot ren zurückgebautTreppenhaus werden. im Die gut erhaltenen Räume führung und auf Fassadenebene durch einen spannungs- ist deshalb als Solitär konzipiert, der die Bebauung zu sich im Inneren die Möglichkeit zu einer autonomeren im Rothschild-PalaisRothschild-Palais wurden restauriert, stellenweise vollen Dialog zwischen Alt und Neu. den Wallanlagen hin abrundet und einen Zwischenraum Interpretation der Bauaufgabe. Die räumliche Idee geht behutsam ergänzt und mit den Räumen im Nachbarge- aufspannt, den wir als Eingangshof und zukünft ige Ad- von einem kraft vollen Monolith aus, der ein Gegenge- bäude zu einem Rechts: Museumsrundgang verbunden. Die At- Wir hoff en, dass der Erweiterungsbau die in ihn gesetz- resse des Museums nutzen. Diese neue Ausrichtung des wicht zu den klassizistischen Bestandsbauten bildet. mosphäre derNeu historisch sanierter ausgestatteten Räume im Roth- ten Erwartungen erfüllt und zu einem neuen Wegstein Museums zu den Wallanlagen wird durch die westliche Aus diesem Volumen ist eine zentrale Halle herausge- schild-PalaisRauchersalon kontrastiert immit den Räumlichkeiten des jüdischen Lebens in Frankfurt wird. Schaufassade des Rothschild-Palais unterstützt. schnitten, in der sich die gesamte Programmatik des Museums imRothschild-Palais Palais am Untermainkai 14, das keine bau-

22 23 Der neue Museumskomplex Architektur Der neue Museumskomplex Architektur

16 -17 Die Erweiterung der am Frankfurter Mainufer gelegenen Einladend und doch geschützt Sicht nach oben historischen Palais öff net das Jüdische Museum einem vom Foyer des größeren Publikum. Wechselausstellungen, ein Bereich Der Raum zwischen den Altbauten und dem Neubau be- Lichtbaus für Vorträge und Symposien, eine Fachbibliothek und durft e einer gestalterischen Diff erenzierung, um als öf- ein öff entliches Café bilden neben Werkstätten und Ver- fentlicher Eingangshof wahrgenommen zu werden. Um 18 waltungsräumen die Bestandteile des ambitionierten die Raumkanten zu stärken, wurde der Solitär so zuge- Skulptur „Untitled“ Raumprogramms, das die Dauerausstellung in den his- schnitten, dass sich der Zwischenraum zu den Wallanla- von Ariel Schlesinger torischen Gebäuden ergänzt. Neubau und Bestands- gen hin öff net und in der Tiefe des Grundstücks optisch Hauses auf einen Blick erschließt. Von oben blicken Bib- zeitlichen Oberfl ächen mehr aufweist. Hier wurden die 19 bauten werden in Zukunft als Ensemble in Erscheinung schließt. So entsteht ein einladender Vorplatz, über den liothek und Café mit großen Fenstern in die Halle, wäh- Räume in heutiger Architektursprache zurückhaltend Volker Staab treten, das die vielfältige Arbeit des Museums deutlicher die Besucher in das Museum gelangen. Eine leichte Ter- rend sich zu ebener Erde der Veranstaltungsraum mit ergänzt. Von außen nicht sichtbar wurden am Übergang im Stadtraum repräsentiert. rassierung, die der vorhandenen Senke im Garten der einem kleinen Vorbereich angliedert. Seitlich rückt eine zu den Altbauten zwei Aufzüge integriert, die alle Aus- Palais folgt, gliedert den Eingangsbereich in verschiede- breite Treppe ins Blickfeld, die den Weg zur Daueraus- stellungsfl ächen in den historischen Gebäuden barriere- Im Rücken der historischen Palais ne Zonen. An den öff entlichen Vorplatz des Museums stellung in den Altbauten und zur Wechselausstellung im frei zugänglich machen. schließt sich ein abgesenkter Garten an, der eine natürli- Untergeschoss weist. Die großen Sichtbetonoberfl ächen Das Baugrundstück im Garten der klassizistischen Palais che Sicherheitsbarriere zur dahinterliegenden Caféter- und der freie Raumzuschnitt rufen einen geradezu ar- Zwei Zeiten, ein Ensemble befi ndet sich städtebaulich gesehen auf der Rückseite rasse bildet. Unter dieser wird der Neubau im Sockelbe- chaischen Raumeindruck hervor, dessen Wirkung durch einer Villenzeile, deren Adresse am Ufer des Mains liegt. reich unauff ällig an die Altbauten angeschlossen und den Lichteinfall von oben noch gesteigert wird. Von die- Die Fassade des Neubaus spiegelt seine heutige Entste- Nur der westlich gelegene Altbau des Museums, das Roth- der Anlieferungsbereich dahinter aus dem Blick gerückt. ser Mitte aus fi nden die Besucher intuitiv den Weg zu hungszeit wider und nimmt gleichzeitig Bezug zu den schild-Palais, weist eine zweite Orientierung auf, da er Die feine Höhendiff erenzierung des Geländes erzeugt den unterschiedlichen Angeboten des Museums, sei es Altbauten auf. Sowohl die Betonung des Sockels als auch die Zeile der Palais zu den angrenzenden Wallanlagen unterschiedliche Außenraumqualitäten und löst gleich- auf den verschiedenen Ebenen des Neubaus oder in den die horizontale Gliederung der klassizistischen Fassaden im Westen abschließt. In dieser stadträumlichen Situa- zeitig komplexe funktionale Zusammenhänge von Neu- historischen Gebäuden am Mainufer. fi nden sich im Neubau wieder. Darüber hinaus erhielten tion war es eine Herausforderung, die Erweiterung städ- bau und Bestand. die Putzfl ächen beider Gebäude dieselbe Farbe. So wird tebaulich wirksam zu platzieren, zumal diese den neuen Behutsame Wiederherstellung der Palais die Ensemblewirkung der beiden Gebäudeteile auf ver- Haupteingang des Museums bilden soll. Uns war es wich- Ein unerwartetes Raumerlebnis schiedenen Ebenen gestärkt: städtebaulich durch die Links: tig, die historische Staff elung aus Villenzeile, Gärten und Um die historische Struktur der Altbauten wieder les- Balance der Baukörper und die Rahmung des neuen Ein- Der neue Wechsel- Wirtschaft sgebäuden zu erhalten, welche durch einen Ergeben sich die Außenkanten des Erweiterungsbaus bar zu machen, mussten Einbauten aus den 1980er Jah- gangshofes, funktional durch die gemeinsame Wege- ausstellungsraum Anbau geschwächt worden wäre. Der Erweiterungsbau vornehmlich aus der städtebaulichen Situation, so bot ren zurückgebaut werden. Die gut erhaltenen Räume führung und auf Fassadenebene durch einen spannungs- im Lichtbau ist deshalb als Solitär konzipiert, der die Bebauung zu sich im Inneren die Möglichkeit zu einer autonomeren im Rothschild-Palais wurden restauriert, stellenweise vollen Dialog zwischen Alt und Neu. den Wallanlagen hin abrundet und einen Zwischenraum Interpretation der Bauaufgabe. Die räumliche Idee geht behutsam ergänzt und mit den Räumen im Nachbarge- Rechts: aufspannt, den wir als Eingangshof und zukünft ige Ad- von einem kraft vollen Monolith aus, der ein Gegenge- bäude zu einem Museumsrundgang verbunden. Die At- Wir hoff en, dass der Erweiterungsbau die in ihn gesetz- Alt trifft Neu in resse des Museums nutzen. Diese neue Ausrichtung des wicht zu den klassizistischen Bestandsbauten bildet. mosphäre der historisch ausgestatteten Räume im Roth- ten Erwartungen erfüllt und zu einem neuen Wegstein der neuen Dauer- Museums zu den Wallanlagen wird durch die westliche Aus diesem Volumen ist eine zentrale Halle herausge- schild-Palais kontrastiert mit den Räumlichkeiten des jüdischen Lebens in Frankfurt wird. ausstellung Schaufassade des Rothschild-Palais unterstützt. schnitten, in der sich die gesamte Programmatik des Museums im Palais am Untermainkai 14, das keine bau-

24 25 Der neue Museumskomplex Architektur Der neue Museumskomplex Architektur

16 -17 Die Erweiterung der am Frankfurter Mainufer gelegenen Einladend und doch geschützt Sicht nach oben historischen Palais öff net das Jüdische Museum einem vom Foyer des größeren Publikum. Wechselausstellungen, ein Bereich Der Raum zwischen den Altbauten und dem Neubau be- Lichtbaus für Vorträge und Symposien, eine Fachbibliothek und durft e einer gestalterischen Diff erenzierung, um als öf- ein öff entliches Café bilden neben Werkstätten und Ver- fentlicher Eingangshof wahrgenommen zu werden. Um 18 waltungsräumen die Bestandteile des ambitionierten die Raumkanten zu stärken, wurde der Solitär so zuge- Skulptur „Untitled“ Raumprogramms, das die Dauerausstellung in den his- schnitten, dass sich der Zwischenraum zu den Wallanla- von Ariel Schlesinger torischen Gebäuden ergänzt. Neubau und Bestands- gen hin öff net und in der Tiefe des Grundstücks optisch Hauses auf einen Blick erschließt. Von oben blicken Bib- zeitlichen Oberfl ächen mehr aufweist. Hier wurden die 19 bauten werden in Zukunft als Ensemble in Erscheinung schließt. So entsteht ein einladender Vorplatz, über den liothek und Café mit großen Fenstern in die Halle, wäh- Räume in heutiger Architektursprache zurückhaltend Volker Staab treten, das die vielfältige Arbeit des Museums deutlicher die Besucher in das Museum gelangen. Eine leichte Ter- rend sich zu ebener Erde der Veranstaltungsraum mit ergänzt. Von außen nicht sichtbar wurden am Übergang im Stadtraum repräsentiert. rassierung, die der vorhandenen Senke im Garten der einem kleinen Vorbereich angliedert. Seitlich rückt eine zu den Altbauten zwei Aufzüge integriert, die alle Aus- Palais folgt, gliedert den Eingangsbereich in verschiede- breite Treppe ins Blickfeld, die den Weg zur Daueraus- stellungsfl ächen in den historischen Gebäuden barriere- Im Rücken der historischen Palais ne Zonen. An den öff entlichen Vorplatz des Museums stellung in den Altbauten und zur Wechselausstellung im frei zugänglich machen. schließt sich ein abgesenkter Garten an, der eine natürli- Untergeschoss weist. Die großen Sichtbetonoberfl ächen Das Baugrundstück im Garten der klassizistischen Palais che Sicherheitsbarriere zur dahinterliegenden Caféter- und der freie Raumzuschnitt rufen einen geradezu ar- Zwei Zeiten, ein Ensemble befi ndet sich städtebaulich gesehen auf der Rückseite rasse bildet. Unter dieser wird der Neubau im Sockelbe- chaischen Raumeindruck hervor, dessen Wirkung durch einer Villenzeile, deren Adresse am Ufer des Mains liegt. reich unauff ällig an die Altbauten angeschlossen und den Lichteinfall von oben noch gesteigert wird. Von die- Die Fassade des Neubaus spiegelt seine heutige Entste- Nur der westlich gelegene Altbau des Museums, das Roth- der Anlieferungsbereich dahinter aus dem Blick gerückt. ser Mitte aus fi nden die Besucher intuitiv den Weg zu hungszeit wider und nimmt gleichzeitig Bezug zu den schild-Palais, weist eine zweite Orientierung auf, da er Die feine Höhendiff erenzierung des Geländes erzeugt den unterschiedlichen Angeboten des Museums, sei es Altbauten auf. Sowohl die Betonung des Sockels als auch die Zeile der Palais zu den angrenzenden Wallanlagen unterschiedliche Außenraumqualitäten und löst gleich- auf den verschiedenen Ebenen des Neubaus oder in den die horizontale Gliederung der klassizistischen Fassaden im Westen abschließt. In dieser stadträumlichen Situa- zeitig komplexe funktionale Zusammenhänge von Neu- historischen Gebäuden am Mainufer. fi nden sich im Neubau wieder. Darüber hinaus erhielten tion war es eine Herausforderung, die Erweiterung städ- bau und Bestand. die Putzfl ächen beider Gebäude dieselbe Farbe. So wird tebaulich wirksam zu platzieren, zumal diese den neuen Behutsame Wiederherstellung der Palais die Ensemblewirkung der beiden Gebäudeteile auf ver- Haupteingang des Museums bilden soll. Uns war es wich- Ein unerwartetes Raumerlebnis schiedenen Ebenen gestärkt: städtebaulich durch die tig, die historische Staff elung aus Villenzeile, Gärten und Um die historische Struktur der Altbauten wieder les- Balance der Baukörper und die Rahmung des neuen Ein- Wirtschaft sgebäuden zu erhalten, welche durch einen Ergeben sich die Außenkanten des Erweiterungsbaus bar zu machen, mussten Einbauten aus den 1980er Jah- gangshofes, funktional durch die gemeinsame Wege- Oben: Anbau geschwächt worden wäre. Der Erweiterungsbau vornehmlich aus der städtebaulichen Situation, so bot ren zurückgebaut werden. Die gut erhaltenen Räume führung und auf Fassadenebene durch einen spannungs- Ist das nicht dasist deshalb als Solitär konzipiert, der die Bebauung zu sich im Inneren die Möglichkeit zu einer autonomeren im Rothschild-Palais wurden restauriert, stellenweise vollen Dialog zwischen Alt und Neu. Guggenheim Museumden Wallanlagen hin abrundet und einen Zwischenraum Interpretation der Bauaufgabe. Die räumliche Idee geht behutsam ergänzt und mit den Räumen im Nachbarge- in New York? aufspannt, den wir als Eingangshof und zukünft ige Ad- von einem kraft vollen Monolith aus, der ein Gegenge- bäude zu einem Museumsrundgang verbunden. Die At- Wir hoff en, dass der Erweiterungsbau die in ihn gesetz- Treppenhaus resseim des Museums nutzen. Diese neue Ausrichtung des wicht zu den klassizistischen Bestandsbauten bildet. mosphäre der historisch ausgestatteten Räume im Roth- ten Erwartungen erfüllt und zu einem neuen Wegstein Rothschild-PalaisMuseums zu den Wallanlagen wird durch die westliche Aus diesem Volumen ist eine zentrale Halle herausge- schild-Palais kontrastiert mit den Räumlichkeiten des jüdischen Lebens in Frankfurt wird. nach der SanierungSchaufassade des Rothschild-Palais unterstützt. schnitten, in der sich die gesamte Programmatik des Museums im Palais am Untermainkai 14, das keine bau-

26 19 Der neue Museumskomplex Lichthof

Sie steht im Zentrum zwischen klassizisti- schem Rothschild-Palais und neuem Lichtbau und stellt gleichzeitig den Mittelpunkt des Vorplatzes dar: die Skulptur „Untitled“ von Ariel Schlesinger. ARIEL SCHLESINGER „UNTITLED“

Sie besteht aus zwei in Aluminium gegossenen Bäumen, von denen einer in den Boden gepflanzt ist. Der andere scheint sich kopfüber an den Ästen des unteren zu halten und streckt seine Wurzeln gegen den Himmel. Die Skulp- tur von Ariel Schlesinger stellt mit der Symbolik der beiden Bäume eine Verbindung von Gegensätzlichem, von Be- ständigem und Vergänglichem her. Sein Kunstwerk hat einerseits einen konzeptionellen Charakter, da er bei dem Produktionsprozess – von der Auswahl des Baumes bis hin zur Abnahme der Form – darauf achten musste, den rea- len Baum, einen Fikus, unbeschädigt zu lassen. Der Aluminiumguss macht das Werk jedoch zu einer traditionellen Skulptur. Die Idee, einen Baum zweifach, gleich einer Spiegelung seiner Selbst, zu einem Wahrzeichen des neuen Jüdischen Museums Frankfurt zu machen, zieht ihre Inspiration aus der Geschichte der Frankfurter Juden: dem Ge- fühl gleichzeitiger Verbundenheit und Entwurzelung. Zugleich geht sie auf verschiedene jüdische Quellen zurück, wie etwa den kabbalistischen Lebensbaum, der die göttliche Schöpfung widerspiegelt. Auch die Hebräische Bibel, das Buch Hesekiel, diente Ariel Schlesinger als Bezugspunkt. Dort wird die besondere Verbindung von Gott zum Volk Israel mit der Metaphorik des Baums beschrieben:

„Und alle Bäume des Feldes werden erkennen, dass ich, der HERR, den hohen Baum erniedrige, den niedrigen Baum erhöhe, dass ich den grünen Baum vertrocknen lasse und den dürren Baum zum Blühen bringe.“ Hesekiel 17:24

ÜBER ARIEL SCHLESINGER Ariel Schlesinger studierte von 1999 bis 2003 an der Jerusa- Diesen entzieht er zunächst ihre ursprüngliche Funktion und lemer Bezalel Academy of Arts and Design und an der School of ermöglicht durch seinen radikalen künstlerischen Eingriff neue Visual Arts in New York. Er erhielt Stipendien für Aufenthalte Sicht- und Erfahrungsweisen. Das Vertraute wirkt plötzlich in Deutschland, Frankreich, Italien und Japan. Bekannt wurde überraschend anders. Zurzeit lebt und arbeitet der israelische der 1980 in Jerusalem geborene Künstler durch seine mini- Künstler in Berlin. // malen, stets äußerst präzisen Eingriffe in Alltagsgegenstände.

21 Jüdisches Museum Frankfurt Magazin zur Eröff nung 02 DIE NEUE DAUER AUS STELLUNG

WIR SIND JETZT

23 Die neue Dauerausstellung Wir sind jetzt Die neue Dauerausstellung Wir sind jetzt

KONZEPT & STRUKTUR DER NEUEN DAUERAUS IM ROTHSCHILD-

Auf rund 1.500 Quadratmetern erzählt die neue Dauerausstellung die Geschichte jüdischen Lebens STELLUNG von der Aufklärung und Emanzipation bis zur Gegen- PALAIS wart in Frankfurt. Sie nimmt dabei mehrfach Bezug auf aktuelle Themen und behandelt insbesondere Fragen des Zusammenlebens und des Umgangs mit Traditionen.

TEXT Prof. Dr. Mirjam Wenzel

24 25 Die neue Dauerausstellung Wir sind jetzt Die neue Dauerausstellung Wir sind jetzt

Die neue permanente Ausstellung im Rothschild-Palais geplündert wurden, ebenso wie die Musealisierung der knüpft an den historischen Bogen, der im Museum Ju- deutsch-jüdischen Kultur, die in den 1980er Jahren in dengasse aufgebaut wird, an: Während die Präsentation der Bundesrepublik begann. Diese drei Aspekte sind von in den Fundamenten von fünf Häusern des frühneu- zentraler Bedeutung für die Ausstellungserzählung, die zeitlichen Ghettos den Alltag und die Traditionen von sich auf drei Etagen des Rothschild-Palais entfaltet. Jüdinnen und Juden in der Frühen Neuzeit thematisiert, umkreist die Dauerausstellung im Stadthaus am Main Die nationalsozialistische Herrschaft zwang die Frank- zentrale Momente der jüdischen Geschichte Frankfurts furter Jüdinnen und Juden zu fliehen oder sich zu verste- von der jüdischen Emanzipation bis in die Gegenwart. cken. Viele von ihnen fielen dem systematischen Mas- Im Museum Judengasse wird die frühe Blütezeit jüdi- senmord zum Opfer. Dieses singuläre Verbrechen stellt scher Gelehrsamkeit in Frankfurt gezeigt, im Rothschild- eine radikale Zäsur in der deutsch-jüdischen Geschichte Palais die Bedeutung wie auch die Vielfalt jüdischer Kul- dar, die es in der Dramaturgie der permanenten Ausstel- tur in der modernen Stadt unterstrichen. Dabei fungiert lung zu reflektieren galt. In der Ausstellungskonzeption erneut die Geschichte des Ortes selbst, in diesem Fall das spielten dementsprechend folgende Fragen eine zentrale klassizistische Stadtpalais, als Bezugspunkt und histori- Rolle: Wie kann die Geschichte von Jüdinnen und Juden scher Rahmen für die Ausstellungserzählung: Das Palais von der Emanzipation bis zur Gegenwart als eine Ge- diente ab 1846 der Familie Mayer Carl von Rothschilds, schichte dargestellt und zugleich die Bedeutung des Zi- einem Enkel des Bankhausgründers, als Wohnhaus, be- vilisationsbruchs reflektiert werden? Wäre es nicht ange- vor seine Tochter Hannah Louise 1886 hier die erste öf- messener, die deutsch-jüdische Geschichte mit der fentliche Bibliothek einrichtete und der Stadt stiftete. Schoa enden zu lassen und die Geschichte der heutigen 24 - 25 jüdischen Gemeinschaft als eine Nachgeschichte zu prä- Blick in die dritte Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das kaum sentieren? Was verbindet die deutsch-jüdische Geschich- Etage des neuen zerstörte Stadthaus von der US-amerikanischen Militär- te vor der nationalsozialistischen Machtergreifung mit Museums verwaltung als Collection Point für geraubte Bücher und der jüdischen Nachkriegsgeschichte in Europa? Worin Ritualgegenstände verwendet. 1988 eröffnete hier schließ- bestehen die Diskontinuitäten? Und unter welchen Vor- 26 lich das Jüdische Museum der Stadt Frankfurt am Main, zeichen steht die jüdische Gegenwart? In der Reflexion Multimedia- das erste kommunale Museum der Bundesrepublik über diese und andere Fragen entschieden wir uns dafür, Installation im Deutschland für jüdische Geschichte und Kultur. In der die Musealisierung deutsch-jüdischer Geschichte, die Raum Rothschild Geschichte des Rothschild-Palais spiegeln sich wesentli- von unserem Museum in den vergangenen 30 Jahren che Aspekte der jüdischen Stadtgeschichte in Moderne maßgeblich geprägt wurde, in unserer neuen Daueraus- 27 und Nachmoderne: die Teilhabe, ja Prägung der bürger- stellung nicht einfach fortzuschreiben. Uns war es wich- Neue Vitrine lichen Gesellschaft durch Jüdinnen und Juden im 19. und tig, jüdische Kultur nicht als vergangen zu präsentieren, in der 3. Etage beginnenden 20. Jahrhundert, der nach wie vor unabge- sondern uns der vielstimmigen jüdischen Gegenwart der neuen Dauer- schlossene Prozess der Restitution jüdischer Kulturgüter, in Deutschland und Europa zuzuwenden: Unsere Aus- ausstellung die im Rahmen des nationalsozialistischen Raubmords stellung fordert die Besucherinnen und Besucher an

mehreren Stellen auf, sich über die Aktualität des Ge- wissenschaftlichen und sozialen Innovationen, die Frank- zeigten Gedanken zu machen und diese mit anderen zu furt insbesondere in den 1920er Jahren in eine moderne teilen. Sie nimmt in mehrfacher Hinsicht eine dezidiert Stadt verwandelten, hatten Jüdinnen und Juden einen subjektive Perspektive ein. An ihrem Anfang stehen heu- maßgeblichen Anteil: Sie gründeten und arbeiteten an tige jüdische Selbstverständnisse, die in Form von Inter- den unabhängigen wissenschaftlichen Instituten, die views und persönlichen Gegenständen gezeigt werden. bis heute bedeutende Forschungen betreiben, setzten sich für die Gleichberechtigung im Arbeits-, Wahl- und Auch im weiteren Verlauf des Ausstellungsrundgangs Sozialrecht ein und entwarfen das städtebauliche, wirt- kommt individuellen Erzählungen und Erfahrungen von schaftliche, kulturelle und soziale Programm des soge- Jüdinnen und Juden eine zentrale Bedeutung zu. Denn nannten Neuen Frankfurt. Die Nationalsozialisten setz- jüdische Geschichte – zumal in Deutschland – ist unse- ten dieser Blütezeit deutsch-jüdischer Geschichte ein rer Überzeugung nach zuvorderst eines: nicht im Rah- Ende; die Frankfurter Traditionen wurden jedoch an- men der allgemeinen deutschen Geschichte zu erzählen, dernorts, nämlich in den Frankfurter Exilgemeinden in von Konflikten gekennzeichnet und von einer Vielfalt an Rio de Janeiro, und New York wie auch in den Erfahrungen geprägt, die eine jeweils eigene Subjekti- Emigrantenfamilien, unter diesen etwa der Familie von vität bedingen. Unsere Ausstellung beginnt mit der jüdi- Anne Frank, weitergeführt. schen Gegenwart und erzählt die Geschichte jüdischen Lebens in Frankfurt seit 1945 nicht nur als eine Rück- Die Ausstellungserzählung geht an mehreren Stellen auf kehr, sondern auch als eine Nachgeschichte der Schoa. die Bedeutung des Zivilisationsbruchs im Leben von Emi- Sie nimmt deren Nachwirkungen im Leben derjenigen grantinnen, Emigranten und Überlebenden ein. Sie wählt in den Blick, die den Massenmord auf unterschiedliche dabei eine dezidiert persönliche Perspektive, indem sie Arten und Weisen überlebten. Zugleich stellt sie die Ge- die Biografien einzelner Personen darstellt, die recht- schichte der jüdischen Emanzipation in Frankfurt, das zeitig fliehen konnten, Widerstand leisteten oder ermor- bürgerliche Selbstverständnis von Jüdinnen und Juden, det wurden. Einen weniger individuellen als vielmehr ihren wirtschaftlichen Aufstieg und ihr Engagement strukturellen Blick wirft die Ausstellung hingegen auf für die Kultur- und Bildungseinrichtungen dieser Stadt ein Thema, das die Vor- und Nachgeschichte des National- nicht etwa als eine Vorgeschichte des Zivilisationsbruchs, sozialismus entscheidend prägte: den deutschen Anti- sondern als eine außergewöhnliche, gewaltsam been- semitismus. Sie nimmt die von Anfeindungen begleitete dete Phase der deutsch-jüdischen Kulturgeschichte dar. Fragilität jüdischen Lebens im postnationalsozialistischen Viele der Institutionen, die die Stadt bis heute auszeich- Deutschland in den Blick und thematisiert die Transfor- nen, darunter die Frankfurter Universität, das Bürger- mationen des christlich geprägten Judenhasses, die mit hospital, die (Alte) Oper, das Städel- und das Kunstgewerbe- der europäischen Aufklärung einhergingen. In Reaktion Museum, wurden wesentlich von Jüdinnen und Juden hierauf entwickelten Jüdinnen und Juden verschiedene initiiert und finanziell getragen. Auch an den kulturellen, Formen der Aufklärung, Gegenwehr und Selbstermäch-

26 27 Die neue Dauerausstellung Wir sind jetzt Die neue Dauerausstellung Wir sind jetzt

„Die neue Dauerausstellung ‚Wir sind Jetzt‘ erzählt die Geschichte der Jüdinnen und Juden in Frankfurt von der Aufklärung und Emanzipation bis zur Gegenwart und knüpft damit an das Museum Judengasse an.“

tigung, denen die Ausstellung ein eigenes Kapitel wid- individuelle Antwort auf die Frage „Was ist dir heilig?“ met. Die Abwehr des modernen Antisemitismus wurde zu finden und diese bildlich in Szene zu setzen. Einen von einem neuen bürgerlichen Selbstverständnis beglei- weiteren persönlichen Zugang zu religiösen Fragen er- tet, das sich in den Gemälden von Moritz Daniel Oppen- öffnen die Werke zeitgenössischer Künstlerinnen und heim widerspiegelt. Künstler, die sich mit der jüdischen Tradition und Über- lieferung auseinandersetzen. Sie sind in einem jährlich Der erste akademisch ausgebildete jüdische Maler des neu bespielten Raum zu finden, der zugleich einen Kom- 19. Jahrhunderts setzte nicht nur die Familie Rothschild, mentar zur Präsentation der Sammlung zeremonieller sondern auch das aufgeklärte jüdische Bürgertum und Gegenstände vornimmt, die unter dem Titel „Pracht mithin den Vorgang der Emanzipation selbst ins Bild. der Gebote“ steht. Den Ausgangpunkt dieser Pracht bil- Die Ausstellung widmet dem Werk dieses „Rothschilds det die Sinnlichkeit der rituellen Tradition, die in Form der Maler“ daher zwei eigene Räume. Ähnlich verfährt von inszeniertem Licht, Klang, Geschmack und Geruch sie auch an anderen Stellen mit Werken bildender oder erfahrbar gemacht wird. Im Zentrum der Präsentation zeitgenössischer Kunst. Diese nehmen im Verlauf des stehen verschiedene Formen der Erinnerung an das Rundgangs einen persönlich gehaltenen Kommentar einstige kultische Zentrum, den Jerusalemer Tempel. zu den Themen der benachbarten Räume vor. So auch Dass diese Erinnerung, ja die jüdische Zeremonialkultur die Arbeiten des berühmten Expressionisten Ludwig überhaupt, im Wesentlichen in Gemeinschaft gepflegt Meidner, dessen Exilwerk in einem Raum präsentiert wird, stellt ein zentrales Moment dar, mit dem der Ex- wird, der die Gewalt des 20. Jahrhunderts im Allgemei- kurs zu „Tradition und Ritual“ Bezug auf die erste Etage nen und die Zäsur der Schoa im Besonderen reflektiert. des Ausstellungsrundgangs nimmt, der sich einer beson- deren Form von Gemeinschaft, nämlich der Familie, Der Ausstellungrundgang beginnt auf der dritten Etage zuwendet. des Rothschild-Palais mit einem thematisch struktu- rierten Einblick in zentrale Momente der modernen Der Rundgang dringt nicht nur vom dritten in den ers- jüdischen Geschichte Frankfurts. Er fährt auf der zwei- ten Stock des Rothschild-Palais, sondern auch dorthin ten Etage mit einem Exkurs zum Thema „Tradition vor, wo Gedächtnisse tradiert, Bildung weitergegeben und Ritual“ fort. Diese Etage widmet sich den Folgen und Traditionen gepflegt werden: in den familiären der Säkularisierungsprozesse im ausgehenden 18. und Alltag. Hier erzählt die Ausstellung über Generationen 19. Jahrhundert und reflektiert die Transformation der hinweg die Geschichte von drei unterschiedlichen Fami- jüdischen Tradition in eine Religion mit verschiedenen lien aus Frankfurt. Den Anfang bildet die Familie von Strömungen. Dass sich die Konfessionalisierung des Valentin Senger, die aus dem zaristischen Russland floh, deutschen Judentums maßgeblich in Frankfurt vollzog, kommunistische Überzeugungen vertrat und mitten ist vor allem auf das Wirken der Gemeinderabbiner in Frankfurt den Nationalsozialismus überlebte. In den Abraham Geiger, Leopold Stein und Samson Raphael historischen Räumen des Stadtpalais widmet sich die Hirsch zurückzuführen. Infolge ihres Streits kam es Ausstellung dann der Geschichte seiner einstigen Be- zu einer Spaltung der jüdischen Gemeinschaft, deren wohner, der Frankfurter Familie Rothschild. Sie erzählt liberale Mehrheit sich weiterhin Israelitische Gemeinde deren unternehmerischen Aufstieg sowie das damit ein- nannte, während sich um Samson Raphael Hirsch eine hergehende diplomatische und gesellschaftliche Enga- Austrittsgemeinde bildete, die heute weltweit als Ursprung gement, das sie zur bekanntesten jüdischen Familie des der Neo-Orthodoxie gilt. Auf die Gemeindespaltung in 19. Jahrhunderts machte. Den Abschluss des Rundgangs der Mitte des 19. Jahrhunderts folgten weitere Ausdiffe- bilden schließlich die Familien Frank und Elias, deren renzierungen der jüdischen Tradition, die zu Beginn des Geschichte aufgrund einer großzügigen Leihgabe zum 28 20. Jahrhunderts in vier großen Synagogengemeinden ersten Mal mit Gegenständen und Dokumenten aus Unser Puppenhaus im und verschiedenen Jeschiwot gepflegt wurden. Dass eine Familienbesitz dargestellt werden kann. ehemaligen Musiksalon Diversität an Lebensformen und -auffassungen auch die der Rothschilds jüdische Gegenwart in Frankfurt kennzeichnet, verdeut- Die Ausstellung betont nicht nur, wie sehr die gewalt- licht die Fünf-Kanal-Videoinstallation „Ask the Rabbi“. samen Umbrüche des 20. Jahrhunderts das Schicksal der nach Basel, Paris, London und Amsterdam emi- In Anlehnung an die Tradition rabbinischer Responsen grierten Familie prägte. Sie zeigt auch, welchem gebil- geben hier vier amtierende Rabbiner und eine Rabbi- deten, kulturinteressierten und liberalen Elternhaus nerin Antworten auf aktuelle lebenspraktische Fragen. die Schriftstellerinnenträume der Tagebuch schreiben- Dass in einer neoliberalen Gesellschaft nicht allein re- den Anne Frank entwuchsen. Ebenso wie die Geschich- ligiöse Traditionen, sondern auch materielle Dinge und ten der Familien Senger und Rothschild verdeutlichen persönliche Vorlieben einen religiösen Status haben die Erfahrungen der Familien Frank und Elias, dass können, verdeutlicht ein weiterer Raum, in dem sich die jüdische Geschichte Frankfurts weniger eine lokale eine interaktive Foto-Installation befindet. Hier werden als vielmehr eine europäische Geschichte ist. die Besucherinnen und Besucher aufgefordert, eine

28 29 Die neue Dauerausstellung Wir sind jetzt DIE Bildende Kunst spielt in der neuen Dauerausstellung eine zentrale Rolle. Dafür stehen beispielsweise drei Galerieräume, in denen Gemälde und Zeichnungen als Reflexion über historische Entwicklungen und jüdische KUNST Selbstverständnisse in Szene gesetzt werden.

TEXT IM Dr. Eva Atlan JÜDISCHEN MUSEUM FRANKFURT

31 Die neue Dauerausstellung Wir sind jetzt Die neue Dauerausstellung Wir sind jetzt

Das Jüdische Museum in Frankfurt am Main macht die 1920er Jahren schuf sie bedeutende Illustrationen zu Vielfalt jüdischer Kultur von der Emanzipation bis zur literarischen Werken von Joseph Roth, Franz Kafka und Gegenwart erfahrbar. Neben dem Sammeln und Aus- Gottfried Keller. Besonders bemerkenswert ist ihre bild- stellen von Kulturgütern und Dokumenten jüdischen nerische Auseinandersetzung mit chassidischen und kab- Lebens in Frankfurt baut es dabei insbesondere auf balistischen Erzählungen unter anderem von Leib Peretz das Ausdrucks- und Reflexionsvermögen der bildenden und Martin Buber. Kunst. Dementsprechend hat das Museum seit seiner Eröffnung systematisch Werke der bildenden Kunst ge- Das erzwungene Exil und seine Auswirkungen auf künst- sammelt. Die kunsthistorische Perspektive in der Ent- lerisches Schaffen bilden einen weiteren Sammlungs- wicklung dieser Sammlung unterscheidet sich allerdings schwerpunkt, der, wie oben schon erwähnt, in der Dau- von derjenigen eines Kunstmuseums und ist vor allem erausstellung eine große Rolle spielt. Die Sammlung durch Themen und Akteure geprägt. Die neue Dauer- umfasst nicht nur größere Werkgruppen von Frank- ausstellung trägt dieser Perspektive Rechnung, indem sie furter Künstlerinnen und Künstlern wie Samson Scha- einzelnen Künstlern Räume widmet, die sich zugleich mes, Hanns Ludwig Katz oder Erna Pinner, die ins Exil thematisch in den Rundgang einfügen. gingen. Ein eigenständiger Sammlungsbereich widmet sich dem Bewahren und Erforschen von Nachlässen und Die Präsentation bietet so die Möglichkeit, die Werke Teilnachlässen von deutsch-jüdischen Künstlern, deren in ihrer künstlerischen Ausdrucksweise wahrzunehmen Werk durch das Exil geprägt wurde. So wurde 1994 im und zugleich in Bezug zu den Themen in den benach- Jüdischen Museum das Ludwig-Meidner-Archiv gegrün- barten Räumen zu setzen. So sind im dritten Stock des det, das neben dem prominenten Namensgeber Nach- Museums die Werke Moritz Daniel Oppenheims zu lässe von bisher fünf weiteren Künstlerinnen und Künst- sehen, der im 19. Jahrhundert die zunehmende Teilhabe lern, nämlich von Else Meidner, Kurt Levy, Arie Goral, an der bürgerlichen Kultur und den Kampf um rechtli- und Adi Ritter, versammelt. che Gleichstellung ins Bild gesetzt hat. Das Thema der Schoa in seiner bildlichen Darstellung Dem Thema „Zerstörte Leben“ werden im Raum „Kunst ist durch einige wenige Werke in der Sammlung vertre- und Exil“ die Werke von jüdischen Künstlerinnen und ten, etwa in einem Gemälde des Schoa-Überlebenden Künstlern gegenübergestellt, die von den National- Samuel Bak. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt sozialisten in die Emigration gezwungen wurden und auf der künstlerischen Reflexion aus jüdischer Perspek- die großen gesellschaftlichen Veränderungen in der tive. Da der Zivilisationsbruch nicht nur die Kunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kommentierten und Überlebenden prägte, sondern auch in der darauffol- reflektierten. genden und der dritten Künstlergeneration nachwirkt, gehören auch künstlerische Formen der Auseinander- Das Jüdische Museum legte von Beginn an einen Schwer- setzung, die bis in die Gegenwart reichen, zu diesem punkt seiner Sammlungstätigkeit auf die Werke der Frank- Sammlungsbereich. furter Künstlerinnen und Künstler, die ab 1933 ausge- grenzt, verfolgt und in die Emigration gezwungen oder Von ebenso großer Bedeutung sind in der Kunstsamm- ermordet wurden. Diese in der Folge meist in Vergessen- lung aber auch die bildlichen Darstellungen oder Re- heit geratenen Künstlerinnen und Künstler und deren flexionen über jüdische Traditionen und die unterschied- bedeutende Werke aus ihrer Zeit in Frankfurt wie auch lichen Formen des jüdischen Selbstverständnisses. Sie aus der im jeweiligen Land, in das sie emigrierten, wur- kommen in den Gemälden des 19. Jahrhunderts vor und den im Zuge von vergangenen Ausstellungen und dem erfahren bis heute immer wieder neue Interpretationen. Aufbau der Sammlung zum Teil wiederentdeckt. Ihr In der zeitgenössischen Kunst sind sie zumeist nicht ohne Werk und Wirken wurde und wird auch zukünftig einem den geschichtlichen Bruch der Schoa zu betrachten. breiten Publikum zugänglich gemacht. Zugleich greift das Kunstschaffen von Künstlerinnen und Künstlern im 21. Jahrhundert neue Fragestellungen zu Von zentraler Bedeutung sind Künstlerinnen und Künst- international relevanten Themen des Zeitgeschehens auf, ler, die in Frankfurt nicht nur künstlerisch tätig waren, gibt Formen der Selbstdefinition, des Gefühls der Aus- sondern auch sich um die Entwicklung des kulturellen grenzung, des Heimatgefühls oder der Entwurzelung Lebens in Frankfurt bemühten und die Förderung ande- in den unterschiedlichsten Medien wieder, die zum Teil rer Kunstschaffenden maßgeblich unterstützten. Zu ih- keine spezifische historische Prägung haben. nen gehört der Impressionist Jakob Nussbaum, Gründer der Frankfurter Künstlerhilfe und Mitbegründer des Der Bereich der zeitgenössischen Kunst spielt in diesem Frankfurter Künstlerbundes. 1933 verlor er seine Profes- thematischen Schwerpunkt der Sammlung eine beson- sur am Städelschen Kunstinstitut und sah sich gezwun- dere Rolle, befindet sich aber noch im Aufbau. Dabei gen, Deutschland zu verlassen, und emigrierte mit seiner sind die dezidiert jüdischen Perspektiven, Fragestellun- Familie ins britische Mandatsgebiet Palästina. 2018 ge- gen und Themen im aktuellen Kunstdiskurs von beson- lang es dank privater Spenden und der Unterstützung derem Interesse. So finden sich an verschiedenen Stellen der Freunde und Förderer des Jüdischen Museums, in der neuen Dauerausstellung künstlerische Interventi- 30 - 31 das Jakob-Nussbaum-Archiv zu gründen und Teile des onen, die jeweils eigene thematische Akzente setzen. Im „Moses mit den künstlerischen und des schriftlichen Nachlasses aus zentralen Themenraum der Präsentation von Zeremo- Gesetzestafeln“, ge- Familienbesitz zu erwerben. Der Nachlass umfasst rund nialobjekten, der unter dem Titel „Erinnerungen an den malt von Moritz 200 Aquarelle, Zeichnungen und Grafiken sowie zahl- Tempel“ steht, ist etwa die Fotoarbeit „Jewing Gun Sex Daniel Oppenheim reiche Fotos, persönliche Briefe und Dokumente. Dieses Pistols“ (2009) des Künstlers Daniel Josefsohn zu sehen. Kunstarchiv soll in Zukunft durch Schenkungen und Das Bild zeigt eine alltägliche Szene: betende israelische 32 Ankäufe weiterer Werke ausgebaut werden. Soldaten zwischen orthodoxen Zivilisten an der West- Viele neue Farben mauer in Jerusalem. Mit dem vom Künstler gewählten ziehen sich durch Ein besonderes Augenmerk in der Sammlung liegt auch Goldrahmen erhält das Motiv eine symbolische Bedeu- die Räumlichkeiten auf der Erforschung des Werkes der heute gänzlich tung, die nicht politisch konnotiert sein soll: Die Klage- der neuen Dauer- unbekannten Expressionistin Rosy Lilienfeld, die 1896 mauer, Überbleibsel des Tempels und damit ein zentra- ausstellung in Frankfurt geboren und 1942 in Auschwitz ermordet ler Ort der jüdischen Erinnerung, wird als Ort göttlicher wurde. Neben beeindruckenden Stadtansichten aus den Gegenwart angesehen. Das Beten an dieser Stelle be-

32 33 Die neue Dauerausstellung Wir sind jetzt Die neue Dauerausstellung Wir sind jetzt

deutet, Gott ganz nahe zu sein. Der Präsentation von ckelt. Sie ist aus gebrauchten Alltagsgegenständen wie Zeremonialobjekten schließt sich ein Raum an, der in Tischen, Schränken, Stühlen und Lampen komponiert, jährlich wechselndem Turnus zeitgenössische Positi- die ihrer ursprünglichen Funktion beraubt und kunstvoll onen zeigen wird, die sich mit der jüdischen Tradition in Beziehung zueinander gesetzt wurden. Dem Künstler auseinandersetzen und deutlich machen, dass es nicht sind dabei die sichtbaren Gebrauchsspuren und der die eine autoritative Tradition, sondern eine Vielfalt an Eindruck von auf der Flucht zurückgelassenen Möbeln individuellen Perspektiven und Umgangsformen gibt. wichtig. Dies soll Familiengeschichte und damit Erinne- rungen an eine vergangene Zeit symbolisieren. In seiner In der ersten Bespielung des Raumes sind Arbeiten des Installation werden sie in ein empfindliches Gleich- in Berlin lebenden israelischen Fotokünstlers Benyamin gewicht gesetzt, so dass sie das Leben selbst als existen- Reich einer Videoarbeit der in Jerusalem lebenden Kon- ziellen Balanceakt reflektieren. Auf dem Vorplatz des zeptkünstlerin Ruth Schreiber gegenübergestellt. Benya- Jüdischen Museums werden die Besucherinnen und min Reich verleiht seinen Stillleben-, Landschafts- und Besucher von der eigens für den Lichthof entworfenen Porträtfotografien eine eigentümliche Spannung zwischen knapp elf Meter hohen Skulptur „Untitled“ des israeli- Sinnlichkeit und Transzendenz, Profanem und Sakralem. schen Künstlers Ariel Schlesinger empfangen. Sie zeigt den Abguss zweier Bäume, von denen der eine im Boden Die Körper von Menschen und Dingen werden in einer verwurzelt ist und in der Baumkrone den anderen mit in erotischen Bildsprache wiedergegeben und deuten zu- den Himmel ragenden Wurzeln trägt. In einem vom Jü- gleich auf eine verborgene Heiligkeit hin, die in der Dar- dischen Museum 2017 ausgerufenen geschlossenen stellung nur andeutungsweise greifbar wird. Die Video- Kunstwettbewerb hatte sich der Entwurf von Ariel Schle- arbeit „Kasher, Kasher, Kasher“ (2004) von Ruth Schrei- singer durchgesetzt. Der Künstler, bisher bekannt für sei- ber hingegen fängt einen wiederkehrenden Moment im ne minimalen, stets äußerst präzisen Eingriffe in Alltags- Leben einer praktizierenden Jüdin ein, den Besuch einer gegenstände, scheint mit dieser für das Jüdische Mikwe. Dies tut sie auf ganz reduzierte Weise, indem sie Museum entworfenen Skulptur nun einen ganz neuen nur das Gesicht der Frau während des ganzen Prozesses Weg einzuschlagen. Das Kunstwerk steht nicht nur zent- zeigt und dabei die Wirkung des rituellen Bades ral im Lichthof des Museums und ist aus verschiedenen thematisiert. Perspektiven sichtbar, es spiegelt in seiner Symbolik auch das Sammlungskonzept im Bereich der bildenden Für die erste Ausstellungsetage, die sich Familienge- Kunst wider. Schlesingers Skulptur macht die beiden in- schichten widmet, hat der deutsch-israelische Installa- einander verschränkten Baumskelette zu Zeugen der tions- und Konzeptkünstler Nir Alon im ehemaligen Vergangenheit und reflektiert deren Nachwirkung auf Vestibül des Rothschild-Palais die Arbeit „The Glory and die Gegenwart. the Misery of Our Existence“ (Sorrow of Others) entwi-

34 Beide Gemälde von Moritz Daniel Oppen- heim verdeutlichen den neuen Stil des Malers

„Von zentraler Bedeutung sind 35 Ludwig-Meidner- Raum in der neuen Künstlerinnen und Künstler, Dauerausstellung die in Frankfurt nicht nur künst- lerisch tätig waren, sondern sich auch um die Entwicklung des kulturellen Lebens in Frankfurt bemühten.“

34 35 Jüdisches Museum Frankfurt Magazin zur Eröff nung 03 DIE NEUE PROGR AM MATIK

EINE PLATTFORM DER REFLEXION ÜBER DIE GEGENWART

EIN ZENTRUM FÜR DIVERSITÄT

EIN ORT FÜR FAMILIEN

EIN SINNLICHES ERLEBNIS

37 Die neue Programmatik Eine Plattform der Refl exion über die Gegenwart Die neue Programmatik Eine Plattform der Refl exion über die Gegenwart

Ein Museum muss wahrnehmen! spräch refl ektieren. Sie werden in digitaler Form ge- 38 - 39 sammelt und im Rahmen von Ausstellungen oder in Interaktive Begrü- Neben dem religiösen Leben ist in Frankfurt Museen sind kollektive Erinnerungsspeicher. Ihre Samm- der Onlinesammlung öff entlich zugänglich gemacht. ßungsinszenierung eine jüdische Alltagskultur entstanden, die von lungen müssen jedoch auch Werte, Normen, Prozesse und in der dritten Etage Konfl ikten wie auch einer Vielfalt an Lebens- Phänomene der Gegenwart abbilden können. Oft mals Die Gegenwart jüdischen Lebens in Frankfurt ist WA S IST entwürfen geprägt ist. Wie sieht jüdisches Leben sind aber die Bedeutungen, die in Objekten liegen kön- von ihrer Vorgeschichte nicht zu lösen. heute eigentlich aus? nen, erst mit einer größeren zeitlichen Distanz zu er- kennen. Der Schlüssel liegt in einer aufmerksamen und Nach der Schoa, dem systematischen Massenmord an TEXT kontinuierlichen Beobachtung und Analyse der Gegen- den europäischen Juden, ließen sich nur sehr wenige Über- Sara Soussan wart – ein dynamischer Prozess! lebende dauerhaft in Frankfurt nieder. Sie standen vor JETZT? der Frage: Wie kann man als Jude oder Jüdin in Deutsch- Religion, Kultur und Alltag land leben? Diese Frage eröff net eine Debatte, die seit des jüdischen Heute erfahren! 1945 zentral und heute immer noch aktuell ist. Jede Ge- neration stellt sie sich aufs Neue und beantwortet sie Der Alltag des Zusammenlebens innerhalb jüdischer Ge- unter Berücksichtigung der jeweiligen politischen und meinschaft en und die vielfältigen Beziehungen jüdischer gesellschaft lichen Zeitumstände. Menschen zu ihrer Umwelt fi nden Ausdrucksformen, die im Sammlungsbereich der Jüdischen Gegenwartskul- In der Dauerausstellung treten persönliche Perspektiven turen aufgenommen werden. Hierbei sind die Themen und Erzählungen zur jüngeren Geschichte und ihrer nicht ausschließlich religiöser Natur, können aber in der Bedeutung für die Gegenwart in den Vordergrund – vor Auseinandersetzung mit der Religion entstanden sein. allem in Form von eigens produzierten Filminterviews JÜDISCHE mit 20 Frankfurter Jüdinnen und Juden, die ihre Ein- Die vielleicht zentralste Frage „Was ist jüdisch?“ steht be- drücke aus der jeweiligen Zeit – manchmal anhand sonders im Fokus. So entstehen bei uns Themenschwer- von ausgestellten Objekten – sehr persönlich schildern. punkte wie Jüdische Zugehörigkeiten, Verbindungen von So erzählt beispielsweise Kurt de Jong die Geschichte ei- jüdischen zu nichtjüdischen Lebenswelten, Nachwirkungen nes neuen Frankfurter Brauchs, nämlich die seines Etrog- KULTUREN DER der Schoa, Entwicklungen in innerjüdischen Gemeinschaft en, Likörs, den er nach der Tradition seines Vaters jährlich Jüdische Alltagspraktiken und viele mehr. selbst herstellt und zu Simchat Tora in der Baumweg- Synagoge ausschenkt. Die jüdischen Kulturen der Gegenwart zeichnen sich also durch eine große thematische, religiöse und kulturelle Die Brüder David und James Ardinast erklären, warum GEGENWART Vielfalt aus. Es gilt, ein breites und authentisches Bild sie ihr Deli, das sie im Bahnhofsviertel betreiben, nach des gegenwärtigen Judentums und seiner Ausdrucksfor- dem jüdischen Gangster Maxie Eisen benannt haben: men in der religiösen und kulturellen Vielfalt zu erfor- „Vielleicht will man unterbewusst auch zeigen, dass Jü- schen, zu skizzieren, darzustellen und zu vermitteln, dischsein mehr ist als nur Holocaust und dass es ganz das jüdische Heute letztendlich erfahrbar zu machen. viele Facetten hat.“ Rosa Orlean teilt ihre Erinnerung an IM JÜDISCHEN das DP-Camp in Frankfurt Zeilsheim mit uns: „Wo soll- Gegenwart braucht Digitalität! ten wir denn hin?“, und wir erfahren vom Frankfurter Michel Bergmann etwas über seine Jugendjahre im Frank- Zunehmend und notwendigerweise wird der Begriff des furt der 1960er Jahre: „Man lebte unter den Deutschen, Sammlungsobjekts durch immaterielle „Güter“ erweitert, aber man lebte nicht mit den Deutschen.“ Der Bau des MUSEUM es gibt immer mehr relevante digitale Film-, Audio-, Foto- Frankfurter Jüdischen Gemeindezentrums steht für ein und Textdateien, die als Objekte in den Sammlungs- neues Selbstverständnis der Jüdischen Gemeinde. Prof. schwerpunkt der jüdischen Gegenwartskulturen einfl ießen. Dr. Salomon Korn mahnte in seiner Eröff nungsrede am Hierbei produzieren wir selbst fortlaufend neue digitale 14. Juni 1986: „Wer ein Haus baut, will bleiben, [...] und Sammlungsobjekte wie beispielsweise Videointerviews, wer bleiben will, erhofft sich Sicherheit.“ FRANKFURT die bestimmte aktuelle Themen aufgreifen und im Ge- 38 39 Die neue Programmatik Eine Plattform der Refl exion über die Gegenwart Die neue Programmatik Eine Plattform der Refl exion über die Gegenwart

Die Einwanderung jüdischer Menschen aus der ehema- Ask the Rabbi! ligen Sowjetunion in den 1990er Jahren markiert einen weiteren Wendepunkt: Die jüdischen Gemeinden – bis In der neuen Dauerausstellung transportiert die Video- dahin mit stark rückläufi gen Mitgliederzahlen – sahen installation „Ask the Rabbi“ diese Frage-Antwort-Me- sich mit der Herausforderung konfrontiert, innerhalb thode in den musealen Bereich der Gegenwart und gibt kürzester Zeit eine große Anzahl von Menschen zu in- einen Einblick in die religiöse Diversität der jüdischen tegrieren. Dalia Wissgott-Moneta war damals Leiterin Gemeinschaft . In Lounge-Atmosphäre können die Besu- der Sozialabteilung der Jüdischen Gemeinde Frankfurt cherinnen und Besucher per Touchpad aktuelle Fragen „Die Geschichte und erinnert sich: „Jetzt waren sie endlich da, und jeder auswählen und die Beantwortung durch vier Frankfurter hat von dem Anderen etwas anderes erwartet.“ Es ent- Rabbiner und eine Rabbinerin unterschiedlicher religiö- der Frankfurter standen und entstehen vielfältige Formen jüdischer ser Richtung auf einer großen Videoinstallation ver- Erfahrung und Zugehörigkeit, Polina Lisserman und folgen. Sie beantworten Fragen zu ihrem Beruf, zum Dr. Dimitrij Belkin erzählen von ihren Erfahrungen nach jüdischen Alltagsleben, zum Verhältnis von Juden und Juden nach der Einwanderung und ihren eigenen Zugehörigkeiten. Nichtjuden, zu Geschlechterrollen, zu ethischen The- men und zu einer jüdischen Heimat. Sogar über die Fra- dem Krieg ist Wie wird vermeintlich Altes heute gelebt? ge nach der Ankunft des Maschiach, des Messias, wird lebhaft nachgedacht. Das Judentum besteht maßgeblich aus Entwicklung. Seit eine Geschichte der Antike interpretieren jüdische Gelehrte die Tora und Je nach religiöser Richtung unterscheiden sich die Posi- erweitern ihre Auslegungen, indem sie neue Lebensum- tionen grundlegend, mitunter kommen sie aber auch zu der Zweifel, stände berücksichtigen. Eine zentrale Aufgabe rabbini- denselben Ergebnissen. Und wer hätte gedacht, dass der scher Tätigkeit liegt darin, Anfragen zur Religionspraxis Lieblingsort eines Rabbiners in Frankfurt nicht nur die zu beantworten. Sche’elot uTschuwot – Fragen und Ant- Synagoge, sondern auch das koschere Eiscafé ist? der Brüche worten – haben als Responsenliteratur über die Jahr- hunderte hinweg Eingang in die rabbinischen Schrift en Seien Sie dabei! und der Frage: gefunden. Auch Frankfurter Rabbiner haben bekannte Responsen verfasst, so die Rabbiner Ahron Samuel Kaid- In der neuen Dauerausstellung fi nden Sie viele weitere nower und Jakob Katz Popers im 17. und 18. Jahrhundert. Anknüpfungspunkte zur jüdischen Gegenwart, seien War es richtig, Immer dann, wenn konkrete Fragen aufgrund ihrer Ak- es diskursiv-künstlerische Auseinandersetzungen oder tualität in den klassischen Quellen wie Tora und Talmud Mitmach-Elemente zur eigenen Refl exion. in Deutschland nicht direkt beantwortet werden, wird eine rabbinische Prüfung des Sachverhalts und eine fundierte Antwort Unsere laufenden und weiteren Projekte zur Beobach- nötig. Mit dem Beginn des Buchdrucks beispielsweise tung und Analyse der jüdischen Gegenwart beinhalten zu bleiben?“ kam die Frage auf: „Darf man nun gedruckte Versionen aktuelle Themen wie den Umgang der Frankfurter jü- der Tora zur rituellen Lesung am Schabbat verwenden?“ dischen Communities mit der Corona-Pandemie oder Mit den heutigen technologischen Fortschritten entstehen „Jüdische Stimmen zu …“ – hier wurden beispielsweise Prof. Dr. Salomon Korn, neue Fragestellungen wie: „Muss man zur Einhaltung der anlässlich des Anschlages auf die Synagoge in Halle Vorstandsvorsitzender der Trennung von milchigem und fl eischigem Geschirr zwei persönliche Eindrücke gesammelt. Jüdischen Gemeinde Frankfurt Spülmaschinen haben?“ Die digitale Welt bietet inzwi- schen zahlreiche Onlineplattformen unterschiedlichster Wir laden Sie herzlich ein, diese Gegenwartskulturen religiöser Richtungen, in denen Fragen an eine rabbini- kennenzulernen, sich am Austausch zur jüdischen sche Autorität gestellt und schnell beantwortet werden. Gegenwart zu beteiligen und sich von ihr inspirieren zu lassen!

40 Etrog-Likör, 2007, Kurt de Jong, Jüdisches Museum

41 Aufnahme aus der Video-Installation „Ask the Rabbi“, Jüdisches Museum Frankfurt 2019

40 41 Die neue Programmatik Eine Plattform der Refl exion über die Gegenwart Die neue Programmatik Eine Plattform der Refl exion über die Gegenwart

Lieber Herr Friedman, Sie haben in den vergangenen sitzt, die dem extremistischen rechten Lager ange- Jahren mehrere Gespräche mit Politikern für die Ge- hört und einen Vorsitzenden hat, der Auschwitz als sellschaft der Freunde und Förderer des Museums einen Vogelschiss der Geschichte bezeichnet hat. geführt und nun mit uns die Idee einer moralphiloso- Und da dieser Mann im Bundestag die größte Oppo- DENKEN phischen und gesellschaftspolitischen Gesprächsreihe sitionspartei und Fraktion führt, muss man sich die entwickelt, in der es um verschiedene Perspektiven Frage stellen: Welche Wirkung kann ein solches jüdi- auf die Veränderungen der Gegenwart gehen soll. Bei sches Museum für die nächsten Jahre haben? Denn den Gesprächen über diese Reihe ist mir aufgefallen, wir haben uns alle entschieden, dass es ein Signal dass Sie dem Jüdischen Museum sehr verbunden sind. sein soll. Was ist die Geschichte dazu? OHNE Sie haben ja über Hoff nung gesprochen, die mit dem Ich war im Vorstand der Jüdischen Gemeinde und Museum schon bei der Gründung verbunden war und gleichzeitig Stadtverordneter der Stadt Frankfurt, jetzt auch wieder verbunden ist. Hoff nung ist auch als wir über das Jüdische Museum, das erste jüdische das Thema unserer ersten gemeinsamen Veranstal- Museum in Deutschland, angefangen haben zu dis- tung. Dazu würde ich gerne später noch mal kommen. GELÄNDER kutieren. Ich hatte dann das Vergnügen, die Ehre und Jetzt kommen wir erst mal zum Titel der Gesprächs- die Verantwortung, die Vorbereitung der Eröff nung reihe. Dieser Titel lehnt sich an ein Motto von Hannah damals mit Oberbürgermeister Walter Wallmann Arendt an: Denken ohne Geländer. Und eben diese und dem Kulturdezernenten Hilmar Hoff mann mit- Wendung hat Hannah Arendt geprägt in Bezug auf das gestalten zu dürfen. Die Eröff nung mit dem dama- Nachdenken über Auschwitz. Sie sagte, über Ausch- ligen Bundeskanzler war dann ein hoch witz nachzudenken bedeutet, das qualitativ Neue von emotionaler, mit großem Mut, aber auch gleichzeitig Auschwitz verstehen zu müssen. Neues können wir mit einer hohen Ambivalenz verknüpft er Moment. nicht mit alten Begriff en, Vorstellungen und Denktra- ditionen erfassen, sondern wir müssen uns sozusagen Wir befanden uns damals in einem Deutschland, in ohne Geländer mit dem konfrontieren, was passiert dem viele alte Nazis lebten. In Verantwortung standen ist. Nun wollen wir in unserer Reihe ja in erster Linie, eine sehr kleine, verunsicherte jüdische Gemeinschaft so wie Sie das eben schon angedeutet haben, über die in Deutschland und in Frankfurt, wenige tausend Gegenwart sprechen. Was ist das Neue in der Gegen- Menschen, die meisten Überlebende des Holocaust wart? Und: Warum, meinen Sie, ist das Motto von aus Osteuropa. Mit der Eröff nung des Jüdischen Hannah Arendt ein treff ender Titel für unsere Reihe? Museums war die Frage verknüpft : Ist diese Gemein- de ein Provisorium, wird sie sich wieder aufl ösen? Einerseits ist es vollkommen richtig, dass das Neue Inmitten der jüdischen Identitätsdebatten in der Ge- zu denken übrigens zu jeder Zeit, aber erst recht meinde selbst war gleichzeitig aber auch schon ein nach Auschwitz, und das Denken in Kategorien auch Zeitpunkt gekommen, wo es eine junge Generation der Utopie ein unverzichtbares Element von Fort- gab, die in diese Gesellschaft hineinragte. Das Bild schritt bedeutet. Andererseits ist es ja, wie gerade der Verstörung und der Zerstörung vor Augen, stand beschrieben, unmöglich zu ignorieren, dass, wäh- die Frage im Raum: Was bedeutet das überhaupt, rend wir ein Denken ohne Geländer versuchen, das ein solches Symbol wie ein Jüdisches Museum in der Gelände uns immer näher kommt und uns zu er- damaligen Zeit zu diskutieren und zu planen? drücken scheint. Das heißt, wenn man in einem jüdischen Museum, also wenn das Wort jüdisch in- Ich glaube, dass dieses Jüdische Museum, das in kludiert ist, neu denken will, im Sinne von Hannah einem Gebäude der Rothschilds eröff nete, auch das Arendt aus der Welt herausgetreten in ein neues Symbol einer Zeitgeschichte in Frankfurt ist. Das Denken gehen will, müsste man den Antisemitismus Narrativ des antisemitischen Bildes, das hier immer einen Augenblick vergessen können? Kann man wieder mit dem Namen Rothschild verknüpft wird, jemals in dieser Gegenwart ein neues Denken ohne macht auch deutlich, dass die damalige Eröff nung Judenhass denken, wenn man jüdisch denkt und ein Wagnis war, ein Versuch, ja eine Hoff nung. Diese Jude ist? Gleichzeitig darf man sich aber von den Hoff nung war mit der Aussage verbunden: Wir müs- Menschenhassern sein eigenes Denken nicht nur sen es versuchen, weil wir uns herantasten müssen nicht diktieren lassen, und die Infektion durch sol- Mit der von Hannah Arendt geprägten Wendung „Denken ohne in dieser Gegenwart. Als dieses Museum eröff net ches menschenhassendes Denken nicht zulassen. Geländer“ lädt das neue Jüdische Museum zu einer Gesprächsreihe wurde, wo standen wir wirklich? Und mit wir meine Und in dieser Ambivalenz zwischen der alten Welt, ein, dessen Gastgeber Michel Friedmann ist. Über die Idee der Reihe ich die Gesamtgesellschaft , aber auch die jüdische der alten europäischen Welt, und der gegenwärtigen und dessen Konzeption hat sich Mirjam Wenzel mit dem Gastgeber Gemeinschaft in Deutschland. Die Eröff nung war ein nationalistischen, rassistischen Welt, zwischen der unterhalten. Signal und ein Symbol. Aus dem Versuch ist eine kolonialistischen Welt, der die Juden hassenden Welt große Erfolgsstory geworden. Erstens hat das Jüdi- des christlichen Antijudaismus und der gegenwärti- GESPRÄCH sche Museum in Frankfurt eine sofortige große Ak- gen Welt der Globalisierung ohne Geländer zu den- Prof. Dr. Dr. Michel Friedman & Prof. Dr. Mirjam Wenzel zeptanz bekommen, ohne dieses Bild der Ambiva- ken kann übrigens, wie immer, wenn eine Treppe lenz zu verwischen. Zweitens wurde das Museum kein Geländer hat, zum Absturz führen. Man kann Vorbild für alle anderen Städte, in denen dann auch runterfallen. Auf der anderen Seite muss man eben jüdische Museen entstanden, etwa auch für Berlin. auch lernen zu jonglieren und ohne Geländer Risi- Wenn wir uns also heute darüber unterhalten, dass ken einzugehen. Also ins Neue hineintreten, um sich VON wir über eine weitere Öff nung diskutieren, fast eine befreien zu können von dem, was die Gefahr ist. Verdoppelung der Fläche, eine Sanierung des ur- So verstehe ich eigentlich, warum wir beide gesagt sprünglichen Museums, ist das ja wieder ein Wagnis. haben: Ja, dieser Titel ist großartig, weil er, wie ich Es ist wieder ein Experiment, und es ist wieder ein es jedenfalls interpretiere, einem eins abverlangt: Zeichen von Hoff nung und Vertrauen. In einer Zeit, Zweifel, Unsicherheit, die Bereitschaft , in dieser HOFFNUNG UND in der, und niemand kann die Augen und die Ohren Unsicherheit sich zu bewegen, und damit verbinde mehr davor verschließen, schamlos und in einer ich eigentlich den wirklichen Auft rag, dynamisch Lautstärke Millionen von Anhängern und Anhänge- zu denken und das, was statisch ist, insoweit in eine rinnen Antisemitismus und Rassismus wieder in den Refl ektionsebene, in Nachdenklichkeit, und das ist Mittelpunkt ihrer Gedankenwelt stellen. Und eine der dynamische Prozess, zu führen. Diesen Prozess VERTRAUEN Partei im Bundestag und in allen Länderparlamenten nennt man übrigens Aufk lärung.

42 43 Die neue Programmatik Eine Plattform der Refl exion über die Gegenwart Die neue Programmatik Eine Plattform der Refl exion über die Gegenwart

wichtig ist, dass wir uns anstrengen, wenn wir mitei- nander sprechen. Dass wir uns anstrengen, dass wir uns Mühe geben. Ob wir dabei manchmal scheitern oder nicht, das halte ich für irrelevant. Dass man sich nicht bemüht, das halte ich für relevant. Wir haben sehr unterschiedliche Personen für unsere Gesprächs- reihe bisher ausgewählt. Und nicht immer die ein- „Ich glaube, dass dieses Jüdische fachste Variante. Über Hoff nung mit einem Philoso- phen zu reden, ist zum Beispiel weitaus leichter als Museum, das in einem Gebäude mit einem Künstler. Das wäre auch meine letzte Frage an Sie. Sie haben der Rothschilds eröffnete, auch das Thema Hoff nung schon am Anfang angespielt. Sie werden mit Ulrich Matthes am 16. September zur Eröff nung unserer Reihe über Hoff nung sprechen. das Symbol einer Zeitgeschichte Warum? Was verbinden Sie mit Hoff nung? Und warum in Frankfurt ist.“ beginnen wir diese Reihe mit Hoff nung? Ein anderes Wort für Hoff nung ist: trotzdem. Wie können wir leben, trotz allem, was wir wissen? Und Prof. Dr. Dr. Michel Friedman da muss man gar nicht in die Geschichte eingehen, sondern sich das Heute ansehen. Ich glaube, dass man, wenn man ein jüdisches Museum wieder eröff - net und in einem zu eröff nenden jüdischen Museum eine erste Veranstaltung macht, Hoff nung in großen Lettern schreiben muss. Dass all das, was hier jetzt passiert, nur möglich ist, weil wir hoff en. Wir hoff en auf eine andere Welt. Wir hoff en, dass ein jüdisches Museum nicht bedroht wird, keine Anschläge er- folgen. Wir hoff en, dass wir in der Zukunft aus der Aufklärung in Frankfurt? Nach meinem Dafürhalten Und ich glaube, dass diese Veranstaltungsreihe ein Aufklärung. Der Briefroman erhielt im Zuge der Aufklär- Vergangenheit lernen. Wir hoff en, dass die Aufk lä- war Frankfurt nicht unbedingt eines der Zentren der kleines Puzzleteil im Gesamtrahmen Ihres Muse- ung ganz neue Popularität, ebenso wie die literarische rung möglich ist. Wir hoff en, dass ein Dialog zwi- deutschen Aufklärung. Der einzige namhafte Auf- umsprogramms sein wird und sein muss. Und dafür Darstellung des Spaziergangs oder des Gesprächs. Ich schen zwei Menschen unter Umständen etwas ver- klärer der zweiten Generation, Ludwig Börne, verließ ist Frankfurt wirklich eine außerordentliche Stadt. habe bei unseren Vorbereitungen den Eindruck gehabt, ändert. Nun mag das naiv sein. Dass man Hoff nung die Stadt gen Paris. Frankfurt ist für mich eher der Was sie eigentlich seit Jahrzehnten immer wieder dass das Gespräch zwischen zwei Personen eigentlich hat, ist mir immer noch lieber als der Zynismus Ort, an dem das Denken der „Dialektik der Aufklärung“ unter Beweis stellt. Sie ist liberal, sie ist pluralistisch für Sie die Form ist, in der Sie am liebsten diskutieren des Hoff nungslosen. entstand. Eine Stadt des kritischen Diskurses – insbe- und sie ist neugierig. Und sie ist sehr dynamisch. Die und sich auseinandersetzen. Warum ist das so? sondere in der Auseinandersetzung mit der Moderne. Population dieser Stadt wächst so stark wie in keiner Ich würde Ihnen zustimmen als Museumsdirektorin, Von hier ging die jüdische Renaissance aus, die Wieder- anderen Stadt sonst in der Republik, und in einer Wenn Sie mit einem Menschen reden, ist dies das dass mit der Eröff nung eines Museums Hoff nung ver- entdeckung jüdischer Traditionen etwa im Freien solchen Stadt mit einem solchen geistigen Klima größtmögliche Beziehungsnetz zu einer Person. Sie bunden sein muss, und ich hoff e sehr, dass wir mit Jüdischen Lehrhaus. Hier entwickelte sich auch das dieses kleine Projekt in die Welt zu bringen und es konzentrieren sich hoff entlich. Sie hören zu. Hof- unserer Museumsarbeit und wir beide mit dieser Ge- Denken der Kritischen Theorie, das Psychoanalyse mit dann auch zu pfl egen, ist wichtig. Wir haben uns ent- fentlich. Sie nehmen wahr, was der Dialogpartner, sprächsreihe dazu beitragen, dass ein Teil dieser Soziologie und Philosophie verbindet. Dies ist also eine schieden, uns nicht primär über Personen zu nähern, die Dialogpartnerin verbal und nonverbal kommu- Hoff nung sich in der nahen Zukunft erfüllt. Stadt, in der neue Diskurse geprägt wurden, auch nach sondern über Themen. Das halte ich für wichtig. Ich niziert und Sie müssen, wenn Sie sich auch gerade dem Zweiten Weltkrieg. Ist dieser intellektuelle glaube, dass wir in einer Zeit leben, in der inhaltliche in einer öff entlichen Diskussion mit einem Menschen Und jetzt können wir vielleicht noch ein Letztes Echoraum für Sie ein Bezugspunkt mit dieser Reihe, Ernsthaft igkeit und Nachdenklichkeit nicht nur äu- bewegen, sensibel, nachdenklich, spontan reagieren, dann doch auch für uns beide sagen. Hoff nung die wir nun gemeinsam beginnen? ßerst wichtig ist, sondern dass es auch viele Men- um den Dialog zu verstärken. Bei zwei Gesprächs- hat etwas mit Vertrauen zu tun. Vertrauen in den schen gibt, die danach Sehnsucht haben. Es ist die partnern kann sich niemand verstecken, sobald eine Menschen an sich. Bevor man sich von mit Gift Intellektuelle Räume sind immer anregend und auf- einzige mögliche Antwort im öff entlichen Raum ge- dritte, eine vierte, eine fünft e Person da ist, gibt es des Misstrauens selbst vergift et, sollte man von regend und wenn wir ein Teil eines solchen Echo- genüber der Spaßgesellschaft und der Fake-News- die Möglichkeiten, sich in Strategien zurückzuzie- der Hoff nung auf die Hoff nung und dem Vertrauen raums werden würden, wäre das schon ein großarti- Gesellschaft , aber auch gegenüber der digitalen Be- hen, und zwar ohne dass es bemerkt wird. Miteinan- darauf befl ügelt bleiben. ges Ergebnis. Ich würde aber gerne zwei Stockwerke, liebigkeitsgesellschaft , in der wir leben. Die argumen- der zu zweit sprechen ist die anstrengendste Form apropos Treppen ohne Geländer, tiefer beginnen. tative Diskussions- und Streitkultur wieder zu stär- der Kommunikation zwischen Menschen. Je mehr Denn man muss sich die Frage stellen, ob wir in der ken, ist eines der Ziele, die wir auch mit dieser Reihe Menschen miteinander sprechen, desto unange- Gegenwart dieser Stadt, dieser Republik, derartige verfolgen. Wir wollen Lust produzieren auf das Ar- strengter muss man sein, und es wird erst sehr spät intellektuelle Echoräumlichkeiten haben. Wenigs- gumentieren, das Nachdenken, das Zuhören, auf bemerkt, dass es gar nicht diese Anstrengung gibt. tens würde ich das als Frage gern formulieren und Weiterfragen und Weitergehen. Ich glaube auch, wir freue mich auf die vielen Reaktionen, die beweisen, müssen wieder, und das muss man Generation für Ich glaube an das dialogische Prinzip von Argument wir sind in der Gegenwart, was die intellektuelle Generation neu verhandeln, mehr interpretieren. und Gegenargument, an den Versuch, auch Argumen- Qualität, Breite und Tiefe angeht, weitergekommen Wir müssen neue Emanzipations-, neue Autonomie- te ernst- und wahrzunehmen im Gespräch zu zweit. als das, was Sie gerade beschrieben haben, auch mit prozesse schaff en. Das ist eine Zeit lang vernachläs- Ich glaube, dass das die höchste Form von Anstren- der Frankfurter Schule. Aber man darf sich auch sigt worden, nicht nur in Deutschland. Das Ergebnis gung bedeutet. Auch, Sie haben es gesagt, weil das nicht überhöhen. Wir haben einige Menschen zu Ge- ist, dass diejenigen, die brüllend und nur auf Meinung ein dialektisches Prinzip ist. Das dialektische Prinzip sprächsabenden eingeladen, weil wir glauben, dass reagieren und nicht auf Wissen und Nachdenken aus bedeutet auch, dass, selbst wenn wir uns einig sind, sie uns etwas zu sagen haben. Wir wollen mit Künst- sind, sehr viel Raum und sehr viel Lautstärke entwi- einer von uns beiden, um den Dialog fortzuspinnen lern, Künstlerinnen, Wissenschaft lern, Wissenschaft - ckelt haben. Ich glaube daran, dass wir dem leise, und da sind wir jetzt doch bei Hannah Arendt, einen lerinnen, Politikern und Politikerinnen nachdenken aber deutlich etwas entgegensetzen können. Schritt gehen muss, der außerhalb des Bisherigen und dabei die kognitive und die emotionale Intelli- in dieser Person denkbar oder sagbar war. Das ist der genz ansprechen. Die Neugierde ist eine ganz große Ich würde gerne noch einmal auf das Format unserer überraschende Moment. Schaff e ich es, über mich Überschrift dieser Abende. Ich kann nur ehrlich sa- Gesprächsreihe zu sprechen kommen. Es war Ihnen hinauszugehen? Um das Gespräch in derselben gen: Ich bin wirklich neugierig auf meine Gäste, und wichtig, die Reihe als Gespräch zwischen zwei Perso- Intensität fortzusetzen, strengen wir uns also beide ich bin neugierig auf das, was wir diskutieren werden. nen zu gestalten. Das ist ein klassisches Format der an, und ich glaube, dass das auch etwas ist, was mir

44 45 Die neue Programmatik Eine Plattform der Refl exion über die Gegenwart Die neue Programmatik Eine Plattform der Refl exion über die Gegenwart DIE LITERATUR HANDLUNG

Im Foyer des Lichtbaus ist Raum für einen Museumsshop. Diesen Raum gestaltet fortan die Jüdische Literaturhandlung, die 1982 von Rachel Salamander in München eröff net wurde und mehrere Filialen hat. Alle Pu- blikationen des Jüdischen Museums Frankfurt sind nun über das Online- Portal der Jüdischen Literaturhandlung zu erwerben. Die Geschichte der Literaturhandlung

TEXT Zwischen Universität und Innenstadt, in der Maxvor- Über vierzig Sachgebiete – von jüdischer Geschichte 46 Rachel Salamander städter Fürstenstraße 17, schuf Rachel Salamander mit und Tradition, Zeitgeschichte und Biografi en, Belletris- Eröff nung der der Gründung der Literaturhandlung einen einzigarti- tik, Kinder- und Jugendbüchern bis hin zu CDs und Literaturhandlung gen Ort. Fünfzig Jahre nach der Bücherverbrennung DVDs – zeigen das gesamte Spektrum des Judentums. 1982 in der und der folgenden Arisierung des deutschen Buchhan- Ein sehr sorgfältig ausgesuchtes Sortiment an Schmuck Fürstenstraße, dels hatte sie im Herzen Münchens erstmals wieder eine und alle für das jüdische Leben üblichen Ritualien er- München Fachbuchhandlung für Literatur zum Judentum etab- gänzt das Angebot der Literaturhandlung. Seit 2005 liert. All jene, die von den Nazis vertrieben oder ermor- können Interessierte aus der ganzen Welt auch über den det worden waren, sollten in der Literaturhandlung Onlineshop die mehr als 15.000 Artikel der Literatur- wieder eingebürgert werden und hier eine Heimat fi n- handlung beziehen. Alljährlich erscheint zusätzlich ein den. Alles, was in Schrift und Wort vom einstigen Reich- Print-Katalog mit „Literatur zum Judentum“. tum jüdischen Lebens und dem heutigen Judentum Kunde gibt, ist in der Literaturhandlung versammelt. Im Namen Literaturhandlung steckt jedoch mehr als Die Literaturhandlung verleiht dem Jüdischen seit Jahr- der Handel. Das geschriebene Wort sollte von Anfang zehnten im öff entlichen Bewußtsein Präsenz. Was vor an auch Handlung auslösen: ein hochkarätiges Veranstal- 35 Jahren wie ein Wunder begann, ist heute zu einer tungsprogramm sorgt nicht nur für lebhaft e Debatten, Selbstverständlichkeit geworden: Jeder kann wieder in namhaft e Autoren aus der ganzen Welt haben die Lite- eine Buchhandlung mit Literatur zum Judentum gehen. raturhandlung zu einem Dreh- und Angelpunkt in der Sie ist für alle da: Juden wie Nichtjuden, Junge und Alte, Auseinandersetzung mit jüdischen Themen werden sie bietet jedem einen eigenen Zugang zum Thema Ju- lassen. Menschen treff en sich und reden miteinander, dentum, über Romane, über Sachliteratur, über Musik es entsteht Handlung. oder über Filme. Mit all ihren Aktivitäten und mittlerweile über 1000 Ver- Im September 1982 von der promovierten Literatur- anstaltungen ist die Literaturhandlung zum Modell im wissenschaft lerin gegründet und seither von ihr geleitet, Umgang mit jüdischen Themen geworden. Sie hat den hat die in ihrer Konzeption einmalige Einrichtung weit Kanon für Literatur zum Judentum der Bundesrepublik über den deutschsprachigen Raum hinaus größte Be- begründet. // achtung gefunden. Mit ihren Filialen in Berlin, Fürth, Dorsten, Augsburg, Würzburg, Dachau, im NS-Doku- mentationszentrum München und ihrem mittlerweile ins Jüdische Museum München umgezogenen Stamm- haus ist die Literaturhandlung zu einem Zentrum jü- dischen Geisteslebens geworden – ein kleiner Ort mit großer Wirkung.

Online-Portal der Jüdischen Literaturhandlung

46 47 Die neue Programmatik Ein Zentrum für Diversität Die neue Programmatik Ein Zentrum für Diversität

Outreach, aufsuchende Arbeit, das kennt man aus der SCHMIDT Für sie sind die Inhalte mit einer positi- Sozialarbeit. Was hat das mit dem Jüdischen Museum ven Erfahrung verknüpft . In unseren Projekten geht zu tun? es darum, einen Eindruck von Diversität zu bekom- DAS ZIEL IST, men, im besten Fall, bevor die Kinder mit stereoty- KANBIÇAK Wir verstehen uns als ein Museum ohne pen Bildern konfrontiert werden. Mauern. Wir warten nicht darauf, dass die Menschen zu uns kommen, sondern wir machen uns auf den Deshalb arbeiten Sie bereits mit Grundschulkindern Weg zu ihnen. Das ist besonders bei einer zunehmend zu diesen Themen? EIN MUSEUM diversen Bevölkerung wichtig, gerade in der gesell- schaft lichen Situation, in der wir uns befi nden. Mit KANBIÇAK Ja, uns geht es darum, anzusetzen, be- den Outreach-Programmen erreichen wir Menschen, vor sich das starre Schubladendenken durchsetzt, das die von sich aus nicht in ein jüdisches Museum kämen. wir in der Gesellschaft oft erleben: „Du bist jüdisch, du bist muslimisch, du bist dies oder das.“ Das bildet FÜR ALLE die Basis für Ausgrenzung. Bevor sich das festsetzt, Wen wollen Sie erreichen? zeigen wir Gemeinsamkeiten auf: Kinder sind zu- nächst einmal Kinder. Und das auf der ganzen Welt. KANBIÇAK Das Ziel ist das Museum für alle, das nicht nur für bestimmte soziale Schichten interessant Wie funktioniert das bei dem Schattenspiel-Projekt ZU SEIN ist. Unsere Programme adressieren speziell migran- „Wahrheiten und Narrheiten“? tische Gruppen oder bildungsbenachteiligte Kinder und Jugendliche. KANBIÇAK In der Grunderzählung zum Schatten- spiel bildet sich eine Allianz zwischen den drei Nar- Nachhaltige Erfolge durch kreatives Lernen. SCHMIDT Das Projekt „Museum auf die Bühne“ ren Hacivat, Karagöz und Zippe und den Kindern. Dr. Türkân Kanbıçak und Sophie Schmidt über die richtet sich an Grundschulklassen. Die sind so divers Sie lernen dabei etwas zu religiösen Speisegesetzen, Outreach-Programme des Jüdischen Museums. wie die Bevölkerung. Am Ende zeigen die Kinder aber vor allem, wie man sozial interagiert. Die Kin- den Eltern das Museum. So wecken wir auch bei ih- der schreiben eigene Geschichten, entwickeln Figu- INTERVIEW nen das Interesse, uns zu besuchen, und ermögli- ren, lösen Probleme. Da sind sie oft viel kreativer als Dr. Türkân Kanbıçak & Sophie Schmidt chen kulturelle Teilhabe. manche Politikerinnen und Politker (lacht).

Was steckt hinter „Vom Museum auf die Bühne“? Zum Beispiel?

SCHMIDT Das ist eine viertägige Projektwoche KANBIÇAK Jede Geschichte ist anders. Eine Grup- in der die Kinder die jüdische Stadtgeschichte um pe hat sich etwa eine multireligiöse Trauung aus- 1700 kennenlernen, teils im Museum Judengasse, gedacht: Ein Christ und eine Muslima werden von teils in ihrer Schule. Im Zentrum stehen die Be- einer liberalen Rabbinerin getraut, weil der Pfarrer ziehungen und Überschneidungen zwischen jüdi- und der Imam es nicht machen wollten. Andere sind scher und christlicher Lebenswelt. Das dient als auf Weihnukkabayram gekommen, eine Mischung Grundlage, um darüber zu refl ektieren, wie es aus Weihnachten, Chanukka und Bayram. Die Kin- heute aussieht. Die Kinder lernen auch, dass ihre der zeigen uns immer wieder: Wir könnten auch Stadt schon immer sehr vielfältig war. ganz anders miteinander umgehen!

Das können sie im Museum besichtigen. Und warum ausgerechnet mit einem Schattenspiel? Was kommt auf die Bühne? KANBIÇAK Das Schattenspiel hat eine sehr lange SCHMIDT Die Kinder entwickeln kleine Szenen und Tradition in der Türkei. Wir nutzen das, um an das führen sie später vor den Eltern und in der Schule kollektive kulturelle Gedächtnis der großen Gruppe auf. Am Schluss stellen die Eltern ihren Kindern vie- der türkeistämmigen Migrantinnen und Migranten le Fragen. Die Schülerinnen und Schüler werden so anzuknüpfen. Die Kinder kennen das oft aus Erzäh- zu Expertinnen und Expertenfür jüdische Stadtge- lungen der Eltern oder von Türkeibesuchen. Das er- schichte. Das ist eine sehr empowernde Erfahrung. öff net Lernräume, um Transkulturalität erfahrbar zu machen. Es ist die Chance der Diaspora, verengte Die Methode Theater spielt auch in einem anderen Pro- Vorstellungen von homogenen Kulturen zu überwin- jekt eine Rolle. Warum setzen Sie gerade darauf? den. Wir schaff en alle zusammen neue Traditionen.

KANBIÇAK Es gibt eine lange Tradition, das kind- Mit welchem Erfolg? liche Spiel, das freie Spiel, das Rollenspiel zu nutzen, um kognitive Prozesse in Gang zu bringen, spiele- KANBIÇAK Wenn Kinder schon morgens kaum risch zu lernen. Die Kinder begreifen das Projekt als erwarten können, dass es losgeht, ist das das größte ihr Projekt. So eignen sie sich die Inhalte und das Lob für uns Pädagoginnen. Aus den Schulen hören Museum an. Es ist eine Form des ganzheitlichen Ler- wir, dass es phänomenal ist, was sie in nur einer Wo- nens, das auch Emotionalität ermöglicht. che lernen. Außerdem erreichen wir auch ihr sozia- les Umfeld. Dadurch ist die Reichweite enorm groß Wieso sind Ihnen gerade Emotionen wichtig? und sehr nachhaltig. Das ist es, was diese Projekte auszeichnet. KANBIÇAK Antisemitismus und religiöse Radikali- sierung sind auch emotionale Prozesse. Wir wissen SCHMIDT Die Lehrerinnen und Lehrer erkennen aus der langjährigen pädagogischen Erfahrung, dass ihre Kinder manchmal gar nicht mehr wieder. Viele der rein kognitive Zugang nicht ausreicht, um dem entwickeln sich hier noch einmal ganz anders. Ihr entgegenzutreten. Wir versuchen durch diese krea- Auft reten verändert sich, sie sprechen lauter und tiven Lernprozesse nachhaltige Erfolge zu erreichen. deutlicher. Außerdem macht es den Kindern Spaß. Und uns übrigens auch.

48 49 Die neue Programmatik Ein Zentrum für Diversität Die neue Programmatik Ein Zentrum für Diversität

Sie haben eben von Empowerment gesprochen. ner politisch-gesellschaft lichen Situation zu tun hat. Ist es das, was Sie damit meinen? Wir arbeiten ein halbes Jahr in sechs Modulen an der eigenen Biografi e, vermitteln Wissen zu den drei KANBIÇAK Ja, wir wollen die Resilienz der Kinder monotheistischen Weltreligionen, kritische Medien- stärken, ihre Widerstands- und Konfl iktfähigkeit. kompetenz, beugen Verschwörungsmythen vor. Sie sollen lernen, andere Positionen auch einmal Wir setzen uns mit der Frage nach Heimat auseinan- stehenlassen zu können, und zugleich ihre eigenen der. Dabei geht es auch um die Entromantisierung Stärken kennenlernen. Wenn die Kinder in einem bestimmter Vorstellungen von Herkunft . Das letzte Museum, einem Tempel der Kultur sozusagen, eine Modul beschäft igt sich mit der eigenen Zukunft : Bühne geboten bekommen, geehrt werden und die Wie könnte mein Leben weitergehen? Eltern applaudieren, das ist eine stärkende Erfah- rung, die lange wirkt. Warum steht die Biografi e der Jugendlichen im Zen- trum, wenn es um die Aufklärung über Antisemitismus SCHMIDT Das fördert das Selbstbewusstsein. Und geht? Selbstbewusstsein ist eine ganz wichtige Vorausset- zung, um andere nicht abwerten zu müssen. KANBIÇAK Wir sind davon überzeugt, dass man eigene Einstellungen nur hinterfragen kann, wenn Sie arbeiten aber nicht nur mit Kindern, sondern auch zunächst die selbst erlittenen Degradierungs- oder mit Jugendlichen. Für Berufsschüler haben Sie das Diskriminierungserfahrungen thematisiert wurden. Projekt „AntiAnti“ entwickelt. Um was geht es da? Solange diese Wunde schwelt, ist es wenig nachhal- tig, über eigene menschenfeindliche Einstellungen KANBIÇAK Sowohl die Schattenspiele als auch zu reden. Wir kommen da in eine Opferkonkurrenz, AntiAnti sind antisemitismuskritische Extremismus- die nicht förderlich ist. Deswegen greifen wir erst präventionsprogramme. Das hört sich sperrig an, die eigene Biografi e auf, brechen Diskriminierungs- ist aber ganz einfach: Junge Menschen sind auf der geschichten auf. Dann gibt es eine Bereitschaft , sich Identitätssuche und manchmal, wenn sie keine an- selbst zu hinterfragen. deren Angebote fi nden, können extreme, einseitige Weltbilder attraktiv sein. Dem wollen wir entgegen- Gelingt das? wirken. KANBIÇAK Ja, AntiAnti wird von dem renommierten Wie machen Sie das? Erziehungswissenschaft ler Benno Hafeneger lang- zeitevaluiert. Wir publizieren zu unseren Erfahrun- KANBIÇAK Mit einem biographisch-analytischen gen und Erfolgen. Zuletzt haben wir noch mal mit Ansatz, bei dem Selbstrefl exion im Mittelpunkt der ersten Gruppe darüber gesprochen, an was sie steht: Warum geht es mir, so wie es mir geht? Es geht sich erinnert. Der Name des Programms ist übrigens darum, den Realitätsbezug zu stärken, zu verstehen, schon in den Jugendjargon in den Schulen einge- dass nicht „die Rothschilds“ etwa an der Arbeitslosig- fl ossen: „Ich war AntiAnti. Bist du auch schon Anti- Das Erstarken von Antisemitismus und Geschichts- 48 keit der Eltern schuld sind, sondern dass das mit ei- Anti?“ Das ist für uns ein Beleg, dass das Programm revisionismus haben in den vergangenen Jahren in Der Schattenspiel-Workshop verbindet von den Jugendlichen angenommen wird. der öff entlichen Debatte eine große Rolle gespielt. die türkische Tradition des Schattenspiels Was heißt das für Ihre Arbeit? mit den jüdischen Narrenerzählungen Isaacs Singers KANBIÇAK Das ist ein ganz wichtiges Thema für uns. Wir haben diese Projekte ja nicht zufällig entwickelt. 50 Es gibt ein dialektisches Verhältnis zwischen eigenen Schüler und Schülerinnen erklären Alltags- Diskriminierungserfahrungen und der Bereitschaft , gegenstände der abrahamitischen Religionen andere Gruppen zu diff amieren. Das brechen wir auf. im Museum Judengasse Es wäre gerade in der aktuellen Situation wichtig, sol- che Programme fl ächendeckend anzubieten und für 51 verlässliche, dauerhaft e Förderstrukturen zu sorgen. Schülerinnen und Schüler beim Projekt AntiAnti SCHMIDT Für die Grundschulkinder spielt das meist noch keine Rolle. Manche wissen gar nicht, was „jüdisch“ bedeutet. Bei manchen Lehrerinnen und Lehrern und Eltern hingegen schon, da sind die Bil- der oft sehr starr. Durch die Kinder sensibilisieren wir die Erwachsenen mit.

KANBIÇAK Bei AntiAnti gibt es auch Fortbildungen für Lehrerinnen und Lehrer. Wir können so Prozesse der Auseinandersetzung über Antisemitismus, Rassis- mus, Demokratie in den Schulen und Familien ansto- ßen. Eine Schülerin hat mir einmal gesagt: „Kannst du das nicht mal meinen Eltern erklären?“

Was haben Sie geantwortet?

KANBIÇAK Das ist jetzt deine Aufgabe. Das kannst du jetzt selbst.

Die Fragen stellte Martin Steinhagen

50 51 Die neue Programmatik Ein Zentrum für Diversität Die neue Programmatik Ein Zentrum für Diversität

SYMPOSIUM POLITISCHE DIMENSIONEN KULTURELLER

Angesichts zunehmender menschenfeindlicher Einstellungen, von Antisemitismus und Rassismus, erkennen wir als Museum eine BILDUNG dringende Notwendigkeit, dieser Entwicklung mit geeigneten Bildungs- und Aufklärungsangeboten entgegenzuwirken.

TEXT Dr. Türkan Kanbıçak & Sophie Schmidt

Anlässlich der Wiedereröff nung des ehemaligen Roth- Während die politische Bildung Funktionsweisen und Maxime – Museum für Alle schild-Palais veranstaltet das Jüdische Museum Frankfurt Orientierungen der Gesellschaft in den Blick nimmt, um am 12. und 13. November 2020 in Kooperation mit der die demokratische Urteilskompetenz und individuelle Das Bewusstsein für politische Aspekte musealer Arbeit Anschließend weiten wir den Fokus und nehmen die Bundeszentrale für politische Bildung das Symposium Interessenswahrnehmung von Bürgerinnen und Bürgern möchten wir auch im Hinblick auf die Maxime „Museum globale Kontroverse um die neue Defi nition von Museen „Politische Dimensionen kultureller Bildung“. Den Aus- zu fördern, fokussiert sich die kulturelle Bildung im en- für Alle“ schärfen und die demokratischen Partizipati- des Komitees des Internationalen Museumsrats in den gangspunkt dieses Symposiums bildet die Notwendig- geren Sinne hingegen auf die Künste und will ästheti- onsmöglichkeiten sowie die Teilhabe aller sozialen Blick, in der es um das Selbstverständnis und die Aufga- keit, in der kulturellen Bildungsarbeit der Zunahme von sches Erleben und kulturelle Teilhabe ermöglichen. Gruppen unserer Gesellschaft fördern. Auf dem Weg zur ben von Museen im 21. Jahrhundert geht. Inwiefern die Einstellungen gruppenbezogener Menschenfeindlich- Beiden Bildungsbereichen ist damit jedoch eine gesell- Diversifi zierung der Zielgruppen und der Kulturschaf- Neudefi nition von Museen dabei hilft , das Bewusstsein keit entgegenzuwirken. schaft liche Verantwortung gemein, die auch die Förde- fenden bietet das Symposium einen Aushandlungsplatz für die politischen Aspekte musealer Arbeit zu schärfen rung von individuellen Kompetenzen einschließt. Die für die Fragen: „Welche Implikationen und Konsequenzen und welche Auswirkungen sie für die Bildungsarbeit an Unterschiedliche Arbeitsfelder – Zusammenarbeit der beiden Bereiche hat in den letzten hat diese Maxime für die Bildungsarbeit und wie lässt Museen hat, werden wir mit dem international besetzten gemeinsame Verantwortung Jahren an Relevanz gewonnen, da sich die kulturelle Bil- sie sich umsetzen? Wie gelingt Diversifi zierung von Ziel- Abschlusspanel diskutieren. dung stärker politisch ausrichtet und positioniert, und gruppen und Bildungsschaff enden in den Einrichtungen?“ Museen und Kulturhäuser sind im Kontext ihrer zivil- umgekehrt die politische Bildung Methoden der kultu- Empowerment, Innovation und Kreativität gesellschaft lichen Verantwortung bundesweit mit Anti- rellen Bildung nutzt und sich mit Fragen der Kulturali- Theorie triff t auf Best Practice semitismus und Rassismus konfrontiert. Sie stehen sierung von Politik und Gesellschaft auseinandersetzt. Vor dem eingangs skizzierten gesellschaft lichen und inmitten politischer Konfl ikte und Widersprüche, die Dies ist vor allem angesichts des zunehmenden Antise- Gleich zu Beginn des Symposiums stellen wir in einem politischen Hintergrund möchten wir gemeinsam und mittlerweile tief in ihre Vermittlungs- und Bildungsar- mitismus und Rassismus von Bedeutung. In Migrations- Podiumsgespräch die Frage: „Wie sollte politische Bil- mutig neue Wege für die museale Bildungs- und Ver- beit eingreifen. Die zentrale Frage ist, wie Kultur- und gesellschaft en entwickeln sich transkulturelle Räume. dungsarbeit in Museen aussehen?“ Anschließend werden mittlungsarbeit aufzeigen und ebnen. Zahlreiche Ange- Bildungsinstitutionen zukünft ig auf veränderte polari- Transkulturelle Erfahrungsräume können durch kreative zeitgenössische Ansätze und Methoden anhand von Pra- bote, die aus den beiden Arbeitsfeldern dargestellt und sierte gesellschaft liche Stimmungen reagieren und ei- Zugänge für die Bildungs- und Vermittlungsarbeit frucht- xisbeispielen politischer und kultureller Bildungsprojek- diskutiert werden, bringen neue Kreativität und Innova- genständig konstruktive Akzente setzen sowie angemes- bar gemacht werden. te verdeutlicht und zur Diskussion gestellt. Keynote- und tion. Die Impulse aus dem Symposium sollen uns ermu- sene Handlungsstrategien entwickeln können. Es ist uns Impulsvorträge rahmen am ersten Tag den Blick auf die tigen, alle diese Ideen und Ansätze in unserer künft igen daher ein Anliegen, dass Akteurinnen und Akteure der Häufi g arbeiten die Akteure dieser beiden Bildungs- Möglichkeiten der politischen Bildung in kulturellen Arbeit zu erproben und weiterzudenken. kulturellen und der historisch-politischen Bildung sich felder mit vergleichbaren Intentionen, ohne jeweils Einrichtungen. gemeinsam auf den Weg machen. Das Symposium möch- notwendigerweise die grundlegenden Prinzipien des te neue Impulse für eine interdisziplinäre Bildungsarbeit jeweils anderen Bereichs in ihre Bildungsarbeit einzu- Zu Beginn des zweiten Tages geht es um Zielgruppen- setzen und die Arbeitsfelder kulturelle und politische beziehen. Die Konferenz verfolgt daher das Ziel, diese spezifi tät und Inklusion von Bildungsarbeit. In Panels Bildung zusammenbringen und Kooperationen anregen. unterschiedlichen Bildungsfelder zusammenzubringen. werden dann Praxisbeispiele mit rassismus- und antise- Dies gelingt insbesondere durch den Ausbau des Netz- mitismuskritischen Ansätzen, postkolonialen Perspekti- werkes der Praktikerinnen und Praktiker der kulturellen ven und Bildungsangebote zum Nationalsozialismus und politischen Bildung und den dadurch ermöglichten vorgestellt, die zentrale Themen der gegenwärtigen Erfahrungsaustausch. politischen und kulturellen Bildungsarbeit aufgreifen.

52 53 Die neue Programmatik Ein Zentrum für Diversität Die neue Programmatik Ein Zentrum für Diversität

Im Museum ohne Mauern wurden parallel zu den tem- schild-Palais wird es zukünft ig pro Ausstellungsraum min- porären Plattformen auch die digitalen Aktivitäten sys- destens ein Objekt geben, das tastbar ist und besondere tematisch ausgebaut. So entstand im Rahmen einer Ko- Details gezielt vermittelt. In einem nächsten Schritt wer- EIN MUSEUM operation mit dem Historischen Museum Frankfurt den diese Objekte in einem Rundgang mit dem inklusi- die App „Unsichtbare Orte“, mit der jüdische Zeit- und ven Mediaguide zusammengefasst und ergänzt. Frankfurter Migrationsgeschichten von 1945 bis heute im Stadtraum erkundet werden können. Aber auch die Die zielgruppenspezifi schen Workshops im Museum vielfältigen Bildungsangebote eröff nen Besucherinnen Judengasse haben auch gezeigt, dass Nachrüstungen im OHNE und Besuchern persönliche Zugänge zur jüdischen Kul- Bereich der Akustik für höreingeschränkte Besuchende tur und ergänzen die primär präventiven und diversi- hilfreich wären. So wird es zukünft ig Induktionsschlei- tätssensiblen Outreach-Programme. fen für Führungen und Veranstaltungen geben, die es höreingeschränkten Menschen erleichtern, an den An- Das Engagement im öff entlichen Raum veranschaulicht, geboten des Museums teilzunehmen. MAUERN wie sich das Jüdische Museum versteht: als ein Museum im Wandel, das transparent und off en auf seine Besuche- Das Thema der Inklusion betrifft jedoch nicht nur die rinnen und Besucher zugehen und Barrieren – ganz gleich technische Nachrüstung, sondern ist ein Querschnitts- welcher Form – abbauen will. In Zeiten zunehmender thema, das auch bei der Schulung und Sensibilisierung verbaler und handgreifl icher Gewalt leitet sich daraus auch der Guides und Aufsichten eine wichtige Rolle spielt. Was genau muss man sich eigentlich unter einem Museum ohne die Mission und Aufgabe ab, die interkulturelle Verstän- Schließlich tragen ihre Ansprache und Umsicht in der Mauern vorstellen und was meinen wir als Museum damit? digung zu stärken, jüdische Geschichte in der Gegenwart Begegnung mit Besucherinnen und Besuchern zur Ver- Vor allem Transparenz und Teilhabe: denn Besucherinnen und erfahrbar zu machen und mit den Vermittlungs- und ständlichkeit und Freude am Besuch maßgeblich bei. Besucher stehen bei uns im Mittelpunkt. Ausstellungsprogrammen weiterhin zur Selbstrefl exion So ist ein Angebot in deutscher Gebärdensprache eben- anzuregen. so in Planung wie Führungen in leichter und einfacher TEXT Sprache, die sich allerdings noch am Anfang befi nden. Fenja Fröhberg & Kathrin Schön Transparenz und Teilhabe: Besucherinnen und Besucher im Mittelpunkt Im Laufe des mehrjährigen Transformationsprozesses hat das Team des Jüdischen Museums gelernt, dass die Als Institution im Wandel hat das Jüdische Museum die Mauern eines Museums in manchen Fällen nicht erst am Bedürfnisse seiner Besucherinnen und Besucher auch Einlass eines Gebäudes beginnen, sondern schon viel über die temporären Plattformen hinaus methodisch in früher entstehen. Deshalb versuchen die aktuelle Home- den Fokus genommen, um konzeptionelle Entscheidun- page und die Onlinesammlung den aktuellen Standards gen auf Basis zielgruppenspezifi scher Anforderungen der Barrierefreiheit möglichst nahezukommen. Neben Als das Jüdische Museum Frankfurt 1988 zum ersten Mal Den Auft akt dazu machte das erste von drei Pop-Up-Fes- zu treff en. So arbeiteten die Kuratorinnen und Kurato- den üblichen Informationen zu den Öff nungszeiten und seine Türen öff nete, war es das erste kommunale Muse- tivals, das im Sommer 2016 auf einem Schiff in unmit- ren der neuen Dauerausstellung mit sogenannten Perso- Eintrittspreisen wird online eine sogenannte Social Story um in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, telbarer Nähe des Eisernen Stegs stattfand. Von Anfang nas, die sich an bestimmten Besuchertypen des Muse- den Weg zum und im Museum Schritt für Schritt mit das sich dem Sammeln und Vermitteln jüdischer Kultur- September bis Mitte Oktober 2016 fanden auf dem Pop ums orientieren und als fi ktive Sparringspartner mit Fotografi en und Erklärungen erläutern. Um den Besuch güter widmete. Von Anfang an prägte dabei der Bezug Up Boat sechs Wochen lang Einzelgespräche und Work- spezifi schen Eigenschaft en als Richtschnur zur Rate ge- des Museums vorbereiten und sich im Zuge dessen auch zur Geschichte der Stadt Frankfurt und ihren Bewohne- shops mit Besucherinnen und Besuchern zu den Zu- zogen wurden, um die Räumlichkeiten der Ausstellung kritisch mit der Institution eines Museum befassen zu rinnen und Bewohnern die Gestaltung der Ausstellungs- kunft splanungen des Jüdischen Museums und den The- für sie attraktiv zu gestalten. können, wurde das Kartenset „museum. get in touch“ für programme am Museum mit. men der neuen Dauerausstellung statt. Im Gespräch mit Schulklassen entwickelt. Mithilfe von 30 Begriff en gibt den Kuratorinnen und Kuratoren brachten sich Frank- Das Team des Jüdischen Museums nutzte die Schließ- und das Set Impulse, um über das System des Museums so- Rund dreißig Jahre später stehen die Besucherinnen und furterinnen und Frankfurter in konzeptionelle Entschei- Erweiterungsphase auch, um neue Wege im Bereich der wie dessen Zugänglichkeit und Barrieren ins Gespräch Besucher mehr denn je im Fokus des Museums, das mit dungsprozesse zum neuen Museum ein, wie etwa beim Bildung und Vermittlung zu gehen und die Entwicklung zu kommen. seinem neuen architektonischen Ensemble aus histori- Namen der neuen Adresse des Jüdischen Museums, neuer Formate auf Grundlage quantitativer und qualita- schem Rothschild-Palais und Lichtbau nicht nur seinen das sich nun am Bertha-Pappenheim-Platz 1 befi ndet. tiver Erhebungen voranzutreiben. So wurde 2019 damit Eröff nung. Und dann? Aufgaben als Gedächtnisinstitution nachkommt, sondern Doch das Pop Up Boat bot auch eine Plattform für die begonnen, Besucherinnen und Besucher des Museums Die Zukunft des Museums gemeinsam gestalten auch eine Plattform für die Vielfalt jüdischer Kulturen in Diskussion um Teilhabe und Inklusion am Jüdischen Judengasse nach ihren Ansichten und Bedürfnissen beim Moderne und Gegenwart schafft . Museum, die das Museumsteam auch in den Jahren da- Museumsbesuch zu fragen, um auch neuen Besucher*in- Die ersten Schritte in Richtung eines Museums ohne Mau- nach begleitete. nengruppen passende Vermittlungsformate anbieten zu ern sind getan. Doch das bedeutet nicht, dass mit der Er- Als Kulturinstitution, die sich an zwei Orten von heraus- können. öff nung des Jüdischen Museums die Bemühungen, neue ragender Bedeutung für die jüdische Stadtgeschichte Ein Jahr später, im Spätsommer 2017, errichtete das Zugänge zur Vielfalt jüdischer Gegenwartskultur(en) zu befi ndet, knüpft das neue Jüdische Museum nicht nur Jüdische Museum in Zusammenarbeit mit dem Künst- Die Befragung gab dem Team des Museums unter ande- schaff en, enden. Mit der Umsetzung eines Mediaguides räumlich an jüdischen Orten in Frankfurt an, sondern lerkollektiv raumlabor ein begehbares Monument, das rem Aufschluss darüber, wer das Museum besucht, wie wird es zukünft ig möglich sein, die Ausstellung auch mit nutzt den Stadtraum als Ort der Vermittlung. Denn wo den temporären und fragilen Charakter jüdischer Orte die Besuchenden vom Museum erfahren haben und Einschränkungen selbstständig und ohne Führung zu ließen sich die Kernthemen des Museums, die unmittel- als solchen symbolisierte und inhaltlich das Konzept zu welchen Themen sie sich mehr Angebote wünschen. erkunden. Darüber hinaus werden verschiedene Spra- bar mit der Frage nach gesellschaft licher Diversität und des „Jewish Space“ refl ektierte. Es handelte sich um eine Mit einzelnen Fokusgruppen fanden Gespräche über chen und Vertiefungsmöglichkeiten die Wegeführung den komplexen Erfahrungen einer jüdischen Minderheit transparente, permanent mit Luft gefüllte große und eben diese Wünsche statt und auch für die neue Dauer- durch das Museum erleichtern und die inklusiven Maß- in einer nicht-jüdischen Mehrheitsgesellschaft verbun- begehbare Blase aus transluzentem Material. Tagsüber ausstellung geplante Workshops konnten erprobt wer- nahmen vor Ort ergänzen. den sind, besser thematisieren, als im Herzen einer diente das Pop Up Monument als Labor für die neue den. Diese Arbeit wurde durch die Covid-19-Pandemie Stadt, die sich durch gelebte Diversität und kulturelle Dauerausstellung, in der das Thema Sprache im Mittel- jäh unterbrochen, da die persönliche Arbeit vor Ort mit Um die Zukunft des Jüdischen Museums mit seinen Pro- Vielfalt auszeichnet? punkt stand: Möchten die Besucherinnen und Besucher Fokusgruppen vorerst nicht fortgesetzt werden konnte. grammen und Angeboten so zu gestalten, dass es zu ei- in Texten gesiezt werden? Was ist verständlich und was nem lebendigen Ort des Austauschs, der Begegnung und Raus aus dem Museum, hinein in die Stadt! nicht? Und welche Aspekte eines Objekts gelten als be- Dazulernen: teilhabeorientierte Maßnahmen der Refl exion für all seine Besucherinnen und Besucher sonders erzählenswert? am Jüdischen Museum wird, bedarf es Beraterinnen und Berater sowie Besu- In der Zeit seiner Schließ- und Erweiterungsphase, hat cherinnen und Besucher, die ihre Ideen, Wünsche und sich das Jüdische Museum auf den Weg gemacht, neue Ihren Abschluss fand die Pop-Up-Reihe 2018 in den neu- Das Museum Judengasse wurde in dieser Zeit auch als Erwartungen dem Team des Museums mit teilen. Für Zugänge zur Vielfalt jüdischer Kulturen in Geschichte en Räumlichkeiten des Jüdischen Museums. Im Rahmen ein Startpunkt für die Erprobung verschiedener muse- ein Museum ohne Mauern und Barrieren. und Gegenwart zu schaff en, mit dem Ziel, Vorbehalte des Open House Events gab das Team des Jüdischen Mu- umspädagogischer Maßnahmen genutzt. So wurden und Barrieren sowie Unsicherheiten und Berührungs- seum einen Einblick in die Vorbereitungen zur Wechsel- im Hinblick auf die neue Dauerausstellung Tastobjekte Sie haben Lust, sich im Jüdischen Museum Frankfurt ängste abzubauen. ausstellung „Unser Mut“ und präsentierte die zukünft i- für seheingeschränkte sowie blinde Besucherinnen und mit einzubringen, oder möchten Ihre Meinung sagen? gen Bibliotheks- und Dauerausstellungsräume mit einer Besucher entwickelt, die sich nun neben fest installierten Dann melden Sie sich unter: [email protected] temporären Kunstausstellung. Objekten und Übersichtsplänen wiederfi nden. Im Roth-

54 55 Die neue Programmatik Ein Zentrum für Diversität Veranstaltungs- TEXT reihe zu Eugenie Frank & Irina Ginsburg postsowjetisch jüdischen Migration ist sowohl im gesamtgesellschaft lichen als auch im spe- Perspektiven zipative Plattform für Russisch- und Deutschsprechende, mi- zifi sch jüdischen Kontext verankert. Das heutige jüdische Leben, grantische und migrantisierte sowie queere Jüdinnen und Juden über die Gemeindestrukturen hinaus, besteht zu 95 Prozent aus bieten. Den unterschiedlichen Positionierungen und Selbstver- Personen, die sich post-sowjetisch jüdisch verstehen oder aus ständnissen von jüdischen Menschen möchten wir in einer diff e- Personen, die aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion kom- renzierten und solidarischen Auseinandersetzung Raum geben. Die- men. Die Jüdischen Gemeinden in Deutschland setzen sich je ser Raum bietet ein miteinander ins Gespräch kommen über die nach Region zwischen 70 und 95 Prozent aus jüdischen Personen gegenwärtigen Perspektiven und Auseinandersetzungen der Nar- aus der ehemaligen Sowjetunion zusammen. Deutschland ist und rative der heute in Deutschland lebenden Jüdinnen*Juden aus der war schon immer ein Einwanderungsland. Jede vierte Person in vormaligen Sowjetunion. Deutschland hat eine Migrationsbiografi e oder einen sogenann- Das Museum wird so zu einem sozialen Ort der Begegnung ten Migrationshintergrund. In Frankfurt am Main macht dies ei- und kann als Kommunikationsplattform für einen Dialog und nen Anteil von etwa 51 Prozent aus. In Analogie zur Diversität der Austausch auch für säkulare Diskurse des Jüdisch-Seins eintreten. heutigen Gesellschaft sind auch die Migrantinnen und Migranten Gleichzeitig möchten wir in der beschriebenen Migrationsgesell- aus der vormaligen Sowjetunion keine homogene Gruppe. Ihre schaft , in der rechte Gewalt, Antisemitismus und Rassismus zum Vielstimmigkeit zeigt sich in unterschiedlichen Traditionen und Alltag gehören, die Frage nach Allianzen zwischen unterschiedli- Alltagspraxen, Sprachen und subjektiven kulturellen Narrativen. chen marginalisierten Gruppen, aber auch mit Angehörigen der Diese Diversität überschreitet weitestgehend den aschkenasi- Dominanzgesellschaft behandeln.

schen Erfahrungshorizont. Seit BeginnTEINANDER der 90er Jahre ist die be- Das russische мы bedeutet „wir“ und spielt mit dem Zusam- МЫstehende Jüdische Gemeinde in Deutschland von etwa 30.000 menkommen und der Ansprache als ein gemeinsames „Wir“. Es Personen auf die Größe von ca. 100.000 angewachsen. Der Zuzug setzt einen Impuls, in Zusammenarbeit etwas Neues zu eröff nen. der jüdischen Personen aus der ehemaligen Sowjetunion mit etwa Der Zeitpunkt dieser Reihe knüpft bewusst an die Eröff nung des 220.000 Personen hat die jüdische Demographie maßgeblich ge- Hauses an. Die neue Dauerausstellung bietet neue Gesprächsan- prägt und die strukturellen Bedingungen für ein jüdisches Leben lässe und das Café und die Bibliothek laden zum Verweilen, Nach- heute verändert. Allerdings sind nur etwa 85.000 dieser Perso- denken und Diskutieren ein. Mit Eröff nung des Haupthauses nengruppe Gemeindemitglied geworden. Dies liegt zum einen an werden im Rahmen der мыteinander-Reihe regelmäßige Veran- den zum Teil säkularen Selbstverständnissen und generationen- staltungen und Gesprächsabende rund um das Thema post-sow- übergreifenden Sozialisationen der post-sowjetisch jüdischen jetisches jüdisches Leben in Deutschland und damit einherge- Personen, zum anderen an den Barrieren der Gemeindemitglied- hende Positionierungen zu Vergangenheit, Gegenwart und Zu- schaft für Personen, die zwar in der vormaligen Sowjetunion jü- kunft der jüdischen Diskurse stattfi nden. Als Auft akt für diesen disch waren aber in Deutschland nicht als halachische Jüdinnen neuen Programminhalt fi ndet im Herbst eine Podiumsdiskussion und Juden akzeptiert wurden / werden. Trotz des zahlenmäßig zur Gegenwartsliteratur statt. Dabei stellen wir uns die Frage, was großen Anteils, spiegelt sich die post-sowjetisch jüdische Lebens- für das Jüdische Museum Literaturen der Gegenwart sind und realität sowohl in gesamtgesellschaft lichen als auch in innerjüdi- welche Positionen in dieser Auseinandersetzung verstärkt sicht- schen Diskursen wenig wider. bar gemacht werden sollten. Um allen Interessierten die Chance Als Jüdisches Museum möchten wir uns der Migrationser- zu ermöglichen, die Veranstaltungen auf Russisch wahrzuneh- fahrungen und -geschichten der jüdischen Gemeinschaft anneh- men, können wir bei Bedarf Übersetzungen anbieten. Um diesen men und diese sichtbar machen. Im Fokus stehen die Pluralität Übersetzungsservice zu gewährleisten, bitten wir Sie, uns im Vor- und Vielstimmigkeit jüdischer Gegenwart. Hiermit wollen wir ei- feld per E-Mail oder telefonisch zu kontaktieren. Ideen und nen Perspektivwechsel anregen. Dabei legen wir großen Wert da- Wünsche zur Reihe können gerne an uns gerichtet werden. Mel- rauf, nicht über, sondern mit den Menschen, die diese Erfahrun- den Sie sich hierfür gerne bei Irina Ginsburg: irina.ginsburg@ gen teilen, zu sprechen. Das Jüdische Museum Frankfurt möchte stadt-frankfurt.de. Wir freuen uns mit Ihnen in ein gemeinsames diese Lücke mit der мыteinander- Reihe schließen und eine parti- мыteinander zu treten!

56 57 Die neue Programmatik Ein Zentrum für Diversität Серия текст мероприятий, Eugenie Frank & Irina Ginsburg посвященных Эмиграция - понятие, закрепившееся как в общесоциальном, так постсовет- русско- и немецкоговорящих мигрантских групп или людей с скому и в специфически-еврейском контексте. Сегодняшнее еврейство, еврейству мигрантским прошлым, а также непризнанных Галахой евреев. включающее в себя не только общины, на 95% процентов состо- Музей должен стать местом, где через общее и различное будут ит из людей, которые либо считают себя постсоветскими еврея- представлены разнообразные типы еврейской самоидентифика- ми, либо эмигрировали из советских республик. В зависимости ции и положение этих групп в обществе. В новом музее создано от региона еврейские общины Германии насчитывают от 70 до особое пространство, которое предполагает дискуссию о пер- 95% евреев из бывшего СССР. Германия всегда была и остается спективах и нарративах проживающих сегодня в Германии евре- страной эмигрантов. Почти каждый четвертый житель ФРГ име- ев из бывшего Советского Союза. ет за спиной мигрантский опыт или так называемое мигрантское Таким образом, музей может послужить коммуникацион- прошлое. Во Франкфурте-на-Майне процент мигрантского насе- ной платформой для взаимного обмена и диалога секулярных ления составляет около 51%. Подобно всему современному об- дискурсов еврейского бытия. ществу, эмигранты из бывшего Советского Союза не являют со- Вместе с тем мы хотим поднять вопрос о возможности со- бой гомогенную группу. Их неповторимое разнообразие трудничества многочисленных маргинальных групп с предста- обусловлено различиями в традициях и ритуалах повседневно- вителями титульной нации в обществе, в большей степени со- сти, в языках и субъективных культурных нарративах и выходит стоящем, как описано выше, из эмигрантов; в обществе, в далеко за пределы сугубо ашкеназского культурного опыта. На- котором растет антисемитимизм и насилие со стороны правого чиная с 90ых годов прошлого века еврейская община Германии крыла и расизм становится нормой. В названии серии Мыteinander

увеличилась с 30.000 до 100.000 человек.TEINANDER Приток евреев со всего указывается на русское местоимение «мы» и на обращение к МЫпостсоветского пространства, составивший за это время около коллективному «МЫ», а также обыгрывается значение «встречи, 220.000 человек, благоприятно повлиял на демографическую си- совместного действия». Таким образом, уже в самом названии туацию, а также создал соответствующие условия для восста- заложен некий импульс и звучит призыв к сотрудничеству. новления еврейской жизни в современной Германии. Однако Начало мероприятий этой серии намеренно привязано к лишь малая часть (около 85.000 человек) официально стала чле- моменту открытия музея, поскольку обновленная постоянная нами общин. С одной стороны, это частично обьясняется свет- выставка обращается к новым темам, а кафе и библиотека при- ской самоидентификацией и межпоколенческой социализцией глашают к размышлению, обсуждению и приятному времяпре- евреев с постсоветского пространтства, с другой – препятствия- провождению. Открывая главное здание музея после рекон- ми, созданными самими общинами на пути к членству в них для струкции, мы планируем регулярные мероприятия и вечера, тех, кто считался евреем в СССР, но в Германии не мог или не посвященные жизни постсоветских евреев в Германии и их от- может быть признан таковым согласно законам Галахи. Несмо- ношению к прошлому, настоящему и будущему еврейских дис- тря на относительно высокий процент проживающих здесь евре- курсов. Прелюдией к новой программе музея осенью станет по- ев из бывшего СССР, их культура и образ жизни находят малое диумная дискуссия о современной литературе. Мы задаемся отражение как в общесоциальном, так и в самом еврейском вопросом, какую роль для нас играют литературы современно- дискурсе. сти и какие точки зрения должны быть наиболее широко пред- Еврейский музей ставит целью осветить мигрантский опыт ставлены в музее. Чтобы охватить наибольший круг заинтересо- и отдельные истории еврейского сообщества, которые станут бо- ванных лиц, мы, в зависимости от спроса, предлагаем перевод на лее зримыми для общественности. В центре наших исследова- русский язык. Если Вы хотите воспользоваться этой услугой, со- ний находятся плюрализм и многоголосие еврейского настояще- общите нам об этом заранее по телефону или электронной почте. го. Таким образом мы инициируем некую смену точек зрения. Все пожелания и предложения по мероприятиям направляйте При этом для нас важно говорить не О людях, а С людьми, ВМЕ- Ирине Гинзбург: [email protected] Будем рады СТЕ С людьми, которые делятся своим опытом. Серия меропри- приветствовать Вас на мероприятиях серии мыteinander! ятий, организованная Еврейским музеем Франкфурта, - это специальная платформа, призванная прервать долгое молчание

58 59 Die neue Programmatik Ein Ort für Familien Die neue Programmatik Ein Ort für Familien KINDER &

FAMILIEN Warum ist das neue Jüdische Museum gerade für der Dauerausstellung weitere Räume zu denken, Kinder spannend? in denen Kinder zu ihrem Recht kommen. Dazu ge- hört unsere neue Bibliothek mit ihrem Schwerpunkt SABINE KÖßLING Weil wir bei der Konzeption der auf Kinder- und Jugendliteratur und natürlich die neuen Dauerausstellungen und den Vermittlungsan- Kinderwerkstatt! IM MUSEUM geboten von Anfang an die Perspektive von Kindern und ihren Familien im Blick hatten. Ihre Fragen und KATHRIN SCHÖN Unsere Kinderwerkstatt zählt Bedürfnisse, ihre Art der Wissensaneignung und den für mich zu den Highlights im neuen Studio Alef, Besonders Familien und Kinder sind im neuen Jüdischen Museum frischen Zugang zu unseren Themen nehmen wir in denn sie befi ndet sich in einem wirklich schönen, herzlich willkommen. Was sie erwartet und was es mit der eigens der Ausstellung immer wieder auf. lichtdurchfl uteten Raum, in dem sich Kinder kreativ für Kinder eingerichteten Kinderspur in der neuen Dauerausstellung austoben können. Wir haben hier eine große Work- auf sich hat, erfahren Sie im folgenden Interview. YAEL UNGAR Weil es Kindern jüdische Traditionen shopküche, in der wir gemeinsam mit den Kindern und Kulturen auf kindgerechte Weise erklärt. Zum und Jugendlichen Challot, Hamantaschen und ande- INTERVIEW Teil sogar von Kindern für Kinder entwickelt wurde: re Leckereien der jüdischen Küche backen werden. Sabine Kößling, Kathrin Schön & Yael Ungar Schüler und Schülerinnen der I. E. Lichtigfeld-Schu- In der Kinderwerkstatt wird zukünft ig aber auch ge- le, die zur Jüdischen Gemeinde gehört, haben für das werkelt, gebastelt, gemalt – und gematscht. Anfang Museum ein Hörstück über ihr Leben in Frankfurt 2021 bieten wir anlässlich des Tu-Bi-Schwat-Fests, geschrieben und aufgenommen. Die Kinder erfahren dem Neujahrsfest der Bäume, einen Urban Garde- viel über Geschichte, Feiertage und sehen Ritualob- ning Workshop an, bei dem wir gemeinsam Seed- jekte, die sie noch nicht kannten. Sie können selber bombs machen werden. Die neue Werkstatt bietet entscheiden, wie intensiv sie sich mit den Inhalten aber auch jede Menge Platz für unsere Kunst- und beschäft igen wollen. Es ist ein Ort der Begegnung Ferienworkshops, die sich an Jugendliche ab 12 Jah- mit vielen Objekten, Bildern – aber auch vielen Ge- ren richten. sichtern und Geschichten.

Das Studio Alef wurde extra für Kinder und Jugend- Wie und durch welche Mittel können die Kinder das liche konzipiert. Was war die Intension? Museum entdecken? KATHRIN SCHÖN Museen sind heute ja mehr als YAEL UNGAR In jedem Raum gibt es Hands-on- nur Orte, an denen kostbare und historisch wichtige Stationen, wodurch sich die Kinder spielend, puz- Objekte aufb ewahrt werden. Sie wollen anregen, Im- zelnd, bauend und beobachtend mit den verschie- pulse geben und im besten Fall zur Selbstrefl exion denen Themen im Museum näher beschäft igen beitragen. Mit Kindern und Jugendlichen geht das können. Ein auff älliges Türkis kennzeichnet alle in einem Workshop oft viel besser als bei einer Füh- Kinderstation und lädt zum Mitmachen ein. rung, denn hier können sie nicht nur ihren Interes- sen folgen und Lieblingsobjekte und -geschichten SABINE KÖßLING Außerdem gibt es in der neuen in der Ausstellung entdecken, sondern sich auch kre- Dauerausstellung Objektbeschreibungen für Kinder, ativ ausprobieren. Und genau dafür steht das neue so dass die Bedeutung der Exponate auch für Kinder Studio Alef mit seinen zwei festen Räumlichkeiten in anschaulich und verständlich wird. Zusätzlich gibt der neuen Dauerausstellung und seinem ersten – es ein Mitmachheft – der Hausgeist Levi und seine gleichnamigen – „Satelliten“ in der Wechselausstel- Freundin, die Milbe Fanny, führen die Kinder durch lung „Die weibliche Seite Gottes“. Der Begriff „Studio“ den Alt- und auch den Neubau! Hier steht die Archi- kommt deswegen auch nicht von ungefähr. Denn er tektur der Häuser im Vordergrund. Die Kinder lernen lässt ganz viele kreative Möglichkeiten und Bezugs- das Haus und seine Geschichte kennen – und wissen punkte zu: Ob als Ton-, Film- oder Fotostudio, als am Ende sogar mehr als die Eltern! künstlerisches Atelier oder eben auch als Kochstudio.

KATHRIN SCHÖN Es gibt auch in unserem Pro- Make a wish: Was sollen Kinder / Jugendliche am Ende gramm zahlreiche Möglichkeiten, das Museum als des Museumbesuches über das Museum sagen? und mit Kind zu entdecken. Jeden letzten Samstag im Monat ist der Eintritt in unser Museum frei, zu- YAEL UNGAR Wir kommen gerne wieder! Wir freu- dem bieten wir auch Familien- und Kinderführun- en uns, wenn sie viel gelernt haben und ihre Fragen 60 gen zum Mitmachen für Groß und Klein an, und wer nach Religion, Herkunft oder Kultur vielfältig sind. Oben: Kathrin Schön Lust hat und nicht genug von uns bekommt, kann und Yael Ungar be- im neuen Studio Alef und der dazugehörigen Kinder- SABINE KÖßLING Das hat Spaß gemacht! staunen das licht- werkstatt sogar seinen Kindergeburtstag feiern. durchfl utete Foyer in KATHRIN SCHÖN Genau. Oder aber sie sagen „Ich unserem Lichtbau Eine Kinderwerkstatt im neuen Museum: will noch nicht gehen!“ und „Das war toll!“. Am bes- Was genau ist das eigentlich? ten sagen sie beides. Schön wäre auch, wenn gerade Unten: Sabine Kössling Jugendliche bei unseren Angeboten einen Aha-Mo- und Tochter probieren SABINE KÖßLING Wir wollten von Anfang an das ment erleben und nach ihrem Be-such „...das hätte die Kinderspur im neu- neue Museum für ein Familienpublikum denken, ich nicht gedacht“ über uns sagen. en Museum aus so wie wir das im Museum Judengasse ja auch schon umgesetzt haben. Daher war es uns wichtig, neben Die Fragen stellte Theresa Gehring, Marketing

60 61 Die neue Programmatik Ein Ort für Familien Die neue Programmatik Ein Ort für Familien KINDER & FAMILIEN TÜREN AUF FÜR FAMILIEN! REINSCHNUPPERN UND KENNENLERNEN ANGBOTE Jeden letzten Samstag im Monat um 14.00 Uhr laden wir Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Alter von 5 bis 120 Jahren zu den öff entlichen Familienführungen im Jüdischen Museum ein. Die Teilnahme an den Führungen und der Eintritt ins Museum sind an diesen Tagen frei. Ideale Voraussetzungen also, um das neue Jüdische Museum kennenzulernen und in die Program- me für Kinder und Jugendliche hineinzuschnuppern. Aber es kommt noch besser. An ausgewählten Samstagen wird im Rahmen des Satourday-Programms aus der Mitmachführung ein kreativer Workshop für Groß und Klein.Um keine der nächsten Führungen zu verpassen, fi nden Sie hier eine Übersicht der nächsten Termine:

Sonntag, 25. Oktober 2020, 14.00 – 17.00 Uhr Ein Tag für Familien

Samstag, 28. November 2020, 14.00 – 15.30 Uhr Familienführung

Samstag, 26. Dezember, 14.00 – 15.30 Uhr Familienführung Gemeinsam feiern: Jüdische Feiertage als Familienfeste

Samstag, 27. Februar 2021, 14.00 – 15.30 Uhr Familienführung

GEMEINSAM GESCHICHTE(N) ENTDECKEN: DIE FAMILIENFÜHRUNGEN IM JÜDISCHEN MUSEUM LILO LAUSCH KOMMT INS MUSEUM EIN VORLESEANGEBOT FÜR Wenn sich ein Museum von Grund auf neu erfi ndet, stellt Weil es Spaß macht, Neues gemeinsam zu entdecken, GROSS UND KLEIN sich zu Beginn die Frage, an wen sich die neuen Ausstel- haben wir eine Mitmachführung für Groß und Klein IN DER MUSEUMSBIBLIOTHEK lungen und Programme richten und für wen spannende entwickelt, die spielerisch durch das neue Museum und Workshops, interaktive Angebote und überraschende seine Dauerausstellung führt. Mit viel Raum zum Aus- Gemeinsam mit Lilo Lausch, der neugierigen Führungen entwickeln werden sollen. Die Antwort dar- probieren, Nachfragen und Entdecken erfahren die Teil- Elefantendame, geht es auf Entdeckungsreise. auf fi el uns ganz leicht: für Sie. Für die Frankfurterinnen nehmerinnen und Teilnehmer, wie vielfältig jüdisches Dabei gibt es viel zu hören: Vorschullkinder und Frankfurter, für Besucherinnen und Besucher dieser Leben heute ist und wie es in der Vergangenheit war. lernen erste Worte der jiddischen und Stadt, für Geschichtsinteressierte und Kunstliebhaber – Dabei spielen Familiengeschichten natürlich eine große hebräischen Sprache kennen und lauschen und für Kinder, Jugendliche und ihre Familien. Rolle. Wie ein roter Faden ziehen sie sich durch die spannenden jüdischen Erzählungen und Liedern. Führung und verbinden kostbare Kunstwerke mit beson- Für sie haben wir an mehreren neuen Orten im Jüdischen deren Alltagsgegenständen, die von Generation zu Samstag, 30. Januar 2021, 14.00 – 15.30 Uhr Museum Raum geschaff en und kreative Angebote für Generation weitergegeben wurden: von den Briefen der Familienführung den gemeinsamen Museumsbesuch entwickelt. So kön- Familie von Anne Frank über die Porträts der Frauen aus nen sich die kleinsten Besucherinnen und Besucher auf der Familie Rothschild bis hin zum schimmernden Anmelden kann man sich eine interaktive Kinderspur mit Objekten zum Anfassen Stammbaum der Familie Flatauer. ganz einfach per E-Mail unter und Spielen freuen oder mit dem Hausgeist Levy und [email protected] und seiner Freundin Fanny das Rothschild-Palais erkunden. Dabei beleuchtet die Führung viele verschiedene [email protected] Facetten von Familie. Was hält Familien zusammen? Im neuen Studio Alef, dem interaktiven Kreativbereich Was macht sie aus? Welche Rituale stift en Gemeinschaft ? des neuen Jüdischen Museums, ist eine lichtdurchfl utete Wie bleibt man über große Entfernungen miteinander Kinderwerkstatt für künstlerisches Werken und kulinari- in Kontakt? Wie erinnert man sich an Verwandte? sche Angebote entstanden, an dem monatlich die neuen Welche Bilder werden bewahrt und ausgetauscht und Workshops des Yoffi Clubs, die Angebote für Kita-Kinder welche Rezepte gehortet wie Schätze? Im Rahmen und bunte Kindergeburtstage stattfi nden. Viel Raum für des dialogischen Rundgangs kommen Groß und Klein Phantasie bietet aber auch die gemütliche Museumsbib- ganz einfach ins Gespräch über (eigene) liothek, in der Kinder und Erwachsene Anregungen für Familientraditionen von damals und heute. den nächsten Vorleseabend bekommen.

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Willkommen in unserer neuen Bibliothek! Ab 21. Oktober laden wir die Besucherinnen und Besucher dazu ein, im gemütlichen Lesesaal Platz zu nehmen, während Forscherinnen und Forscher ruhige Arbeitskabi- nen nutzen können. Unser facettenreiches Bibliotheksprogramm ermög- licht es insbesondere Kindern und Jugendlichen, jüdische Geschichte und BILDUNG, Kulturen kennenzulernen. TEXT UNTERHALTUNG Dr. Franziska Krah Seit 1988 bietet unsere Museumsbibliothek Fachliteratur nen und Besuchern Wissenswertes über jüdische Ge- zu jüdischer Geschichte, Religion und Kultur. Orientiert schichte und Kultur sowie über heute so wichtige The- an den Themen unseres Hauses stellt sie einen Buchbe- men wie Vielfalt und Toleranz vermittelt. In der & stand bereit, der inzwischen auf rund 25.000 Publikatio- Frankfurter Bibliothekslandschaft ist dieser Themen- nen angewachsen ist. schwerpunkt ein Alleinstellungsmerkmal. Darüber hin- aus bieten wir Literatur zu jüdischen Persönlichkeiten Im Zuge unseres allgemeinen Erneuerungsprozesses kon- sowie von jüdischen Autorinnen und Autoren. Hinzu zeptionell neu gedacht, erstrahlt die Bibliothek nun in kommen neuerdings auch Bücher rund um die Familie BEGEGNUNG moderner und einladender Gestalt. Dem gingen umfas- Frank und Anne Franks Tagebuch. sende Vorbereitungsarbeiten voran, die sich in bau- licher Erneuerung, einer zielgruppenorientierten Be- Familiengeschichten, Bücherwürmer und standserweiterung sowie in der bibliotheksspezifischen Elefantendamen – unsere Programmplanung Angebots- und Programmplanung zeigten. IN DER NEUEN Besonders berücksichtigt haben wir die Möglichkeit zu Licht, Wärme und Gemütlichkeit – Bildung und Begegnung. Angefangen bei den ganz Klei- die baulichen Veränderungen nen bieten wir mit „Lilo-Lausch“ ein Kita-Angebot für Vorschulkinder ab zwei Jahren. Mithilfe einer lilafarbe- 64 Ausgelöst durch die digitale Revolution und den damit nen Elefantenhandpuppe kann dabei kulturelle und MUSEUMS Blick aus verknüpften neuen Unterhaltungs- und Bildungsmög- sprachliche Vielfalt erlebt werden. Gerade heute ist eine der neuen licht- lichkeiten stellt sich für heutige Bibliotheken die Frage frühe positive Bezugnahme zu Judentum und gelebter durchfluteten nacha ihrer Rolle in der Gesellschaft völlig neu. Auch Vielfalt wichtig und kann dazu beitragen, Hass und Vor- öffentlichen in unserem Museum haben wir uns darüber Gedanken urteilen vorzubeugen. Lilo Lausch wartet künftig auf die Bibliothek gemacht und setzen nun auf eine Bibliothek als sozialem Bibliotheksbesucher*innen in einer Kiste, die mit zum BIBLIOTHEK Ort, an dem man sich trifft, liest und die vielfältigen Spielen einladenden mit Anregungen in Form von Bil- Veranstaltungsangebote nutzt. Dies wurde bereits von derbüchern etc., gefüllt ist. Kinder im Vor- und Grund- architektonisch-gestalterischer Seite berücksichtigt. schulalter können außerdem einmal monatlich beim Vorlesesonntag die Geschichten und Bilderbuchschätze Von außergewöhnlicher Gestalt ist der ca. 130 m² große der Bibliothek entdecken. Lesesaal, der mit Eschenholz verkleidet und von einem großen Fenster mit Blick auf Frankfurt sowie einem wei- Anknüpfend an unsere Ausstellung zur Familie Frank teren Fenster zum Lichthof geprägt ist. Letzteres ermög- können Schulklassen in einem Workshop die Familien- licht Einblicke in den Eingangsbereich des Museums so- geschichte von Anne Frank erkunden, und zwar auf wie zum Deli, unserem Museumscafé. So kann der von Grundlage der Familienkorrespondenz. Ein weiterer Staab Architekten realisierte Erweiterungsbau aus beson- Workshop behandelt den humorvollen Roman „Opa und derer Perspektive erfahren werden. der Hunde-Schlamassel“, in dem ein junges jüdisches Mädchen alles versucht, um einen Hund zu bekommen. Im Lesesaal lädt ein Loungebereich mit Sofas und Sesseln In der Bibliothek gibt es außerdem ein Bücherkiste-Aus- zum Verweilen ein. Um dem digitalen Zeitalter gerecht leihangebot mit altersgerechten Leseangeboten für die zu werden, bieten wir neben Büchern auch Tablets zum gesamte Schulklasse. Gewählt werden kann zwischen den Spielen oder Recherchieren an und stellen ein großes in- Themen „Lebendiges Judentum“ über das vielfältige jü- teraktives Smartboard für Workshops und Filmabende dische Leben der Gegenwart sowie der „Geschichte des bereit. Und da wir unsere Bücher nach wie vor lieben, Nationalsozialismus und der Schoa“. steht in zwei Seitenmagazinen, die vom Lesesaal aus zu- gänglich sind, unsere Fachliteratur zu den Themen Ge- Und auch Erwachsene kommen nicht zu kurz: beispiels- schichte, Religion, Kunst und Kultur des Judentums bereit. weise im offenen Lesekreis, in dem wir monatlich ein Für Forschende wurden im darüber liegenden Stock- Buch mit Judentumsbezug aus dem Bereich Kinder- und werk abgetrennte, ruhige Arbeitsplätze eingerichtet, in Jugendliteratur diskutieren. Unser Interesse liegt dabei denen Archivalien oder wertvolle Bücher in Ruhe einge- auf dem pädagogischen Mehrwert oder der möglichen sehen und studiert werden können. Verwendung im Unterricht. Diskutiert werden buchbe- zogene Fragen wie die Darstellung jüdischer Akteure, Bilderbücher, Jugendromane und Comics – Glaubwürdigkeit, historische Exaktheit und natürlich unsere neuen Bücher auch der Spannungsfaktor. Darüber hinaus organisieren wir regelmäßig Lesungen zu interessanten Neuerschei- Ein weiteres Element unserer Bibliothekserneuerung lag nungen, insbesondere von jüdischen Autorinnen und in der Bestandserweiterung. Den kleinsten Besucherin- Autoren. nen und Besucher stehen von nun an Bilderbücher in mobilen Boxen griffbereit. Kinder- und Jugendliteratur Der Lesesaal steht mit der Eröffnung des Museums allen sowie Comics zu jüdischer Geschichte und Kultur finden Besucherinnen und Besucher offen: Kindern, Jugendli- in den Regalen im Lesesaal ihren Platz. Der Bestand chen und Erwachsenen. Kommen Sie vorbei, besuchen wurde in den vergangenen zwei Jahren aufgebaut und Sie uns und erzählen Sie uns, wie es Ihnen gefällt – wir orientiert sich inhaltlich am Museum. Der Fokus liegt freuen uns über Anregungen und Vorschläge für ein noch dabei auf Literatur, die bereits den jüngsten Besucherin- schöneres Lese- und Besuchserlebnis!

64 65 Die neue Programmatik Ein Ort für Familien Die neue Programmatik Ein Ort für Familien ERINNERN AN FAMILIEN FRANKFURTER GESCHICHTEN

Ein Schwerpunkt unseres neuen Museums ist das Familie Frank Zentrum. Als Namensgeberin dient die Familie der berühmten Tagebuchautorin Anne Frank. Doch was genau macht das Familie Frank Zentrum? Warum wurde es in der Stadt Frankfurt angesiedelt? Und warum heißt es nicht Anne Frank Zentrum?

TEXT Dr. Franziska Krah, Leiterin des Familie Frank Zentrums

66 Anne Frank ist als Schrift stellerin posthum weltweit be- , Cousin von Anne Frank und damals Präsi- Kinderstuhl mit rühmt geworden. Ihre Geschichte über das erzwungene dent des Anne Frank Fonds, sah darin die Chance, die rotem Polster, in Versteck im Amsterdamer Hinterhaus sowie ihr tragi- Geschichte des Tagebuchs sowie seiner Familie in einem der Familie Elias sches Schicksal als Opfer der Schoa bewegt seit Genera- breiteren Kontext jüdischer Geschichte anzusiedeln, die „Anne-Frank-Stuhl“ tionen junge Leserinnen und Leser. Weniger bekannt ist, weit über die Schoa hinausweist. Im Jüdischen Museum genannt dass sie in Frankfurt geboren wurde und die ersten vier sah er einen Partner, der es ermöglicht, „unsere Archive Lebensjahre in der hessischen Metropole verbrachte. der Forschung und Öff entlichkeit zugänglich zu machen und in einem akademischen und öff entlich sichtbaren Im Familie Frank Zentrum steht die Erinnerung an die Umfeld anzusiedeln.“ In diesem Sinne wurden in den vergan- Frankfurt-Verbundenheit ihrer Familie im besonderen genen Jahren zahlreiche Objekte und Dokumente zur Fa- Fokus. Grundlage ist dabei eine außergewöhnliche Samm- miliengeschichte ans Museum übergeben und erschlossen. lung an Objekten und Archivalien aus Familienbesitz. Sie umfasst nicht nur Gemälde, Möbel, Porzellan, Spiel- Verbundenheit – zeug und Bücher, sondern auch Briefe, Postkarten, per- eine Familiengeschichte aus Frankfurt sönliche und amtliche Dokumente sowie Fotos ihrer Familie aus dem 19. und 20. Jahrhundert. In ihrer Fülle Buddy Elias war selbst gebürtiger Frankfurter und – eben- und Vielfalt handelt es sich um eine einzigartige Origi- so wie seine Cousine Anne – sehr jung, als er die Heimat naldokumentation einer generationenübergreifenden verließ. In Basel baute sich seine Familie ein neues Leben jüdischen Familiengeschichte. Im Mittelpunkt stehen auf und die Schweiz war es schließlich auch, in der er der Alltag in Frankfurt, der gesellschaft liche Aufstieg und seine Karriere als Schauspieler begann. Seine Frankfurter die bürgerliche Kultur um 1900. Gleichzeitig zeichnen Wurzeln vergaß er jedoch nie. Bereits in der Einleitung die Zeugnisse das persönliche Schicksal einer jüdischen seines Erinnerungsalbums, das seinen Karriereweg seit Familie zwischen Verfolgung, Flucht und Deportation 1945 dokumentiert, hält er fest: nach. Die Familiendokumentation ermöglicht Einblicke in eine grenzübergreifende europäisch-jüdische Kultur- „Ich wurde am 2. Juni 1925 in Frankfurt a. / M. geboren. […] geschichte, die im Nationalsozialismus zerstört wurde. Wenn andere Kinder mit Bausteinen und Zinnsoldaten spielten, zog ich mir den Hut meiner Mutter über die Ohren, wickelte Anne Frank bietet als prominentes Familienmitglied mir ein Tischtuch um den Bauch und spielte Theater. Was und den Ausgangspunkt dieser Familienerzählung. Im Fokus für wen war einerlei. Schon der Erste, der mir liebevoll auf steht aber nicht nur sie, sondern ihre gesamte Familie die Achseln klopft e und fragte: ‚Na Kleiner, was willst du denn und Verwandtschaft , insbesondere ihr Vater Otto Frank, später mal werden?‘, bekam die kurze, aber energische Antwort: ihre Großmutter Alice Frank und ihr Cousin Buddy Elias. ‚Schauspieler!‘“ Als bekanntestes Familienmitglied ist sie es jedoch, die diese bürgerliche Familiengeschichte ganz besonders Die Frankfurt-Verbundenheit war nicht nur Buddy zu ei- macht. gen, sondern durchzieht die gesamte Familiengeschichte. Seine Mutter Leni Frank-Elias erinnert noch 1969 – also Rückblicke – beinahe 40 Jahre nach ihrer Auswanderung – an ihre wie es zur Gründung kam Frankfurter Herkunft , und zwar in einem Gedicht, das sie für ihren Bruder Otto verfasste: 1963 gründete Otto Frank die Nachlass-Stift ung Anne Frank Fonds in Basel und setzte sie als Universalerbin „es war ein gross Häusche am Maa und Herausgeberin der Tagebücher seiner Tochter ein. Drin wohnten die Franks ganz alla 50 Jahre später beschloss der Fonds gemeinsam mit der Der Robert, der Otto, der Herb und die Leni Familie Elias-Frank, die Familienhinterlassenschaft en Es war ihr geliebtes Daham dauerhaft im Jüdischen Museum Frankfurt zu vereinen. Es war ihr geliebtes Daham“

66 67 Die neue Programmatik Ein Ort für Familien Die neue Programmatik Ein Ort für Familien

„es war ein gross Häusche am Maa Drin wohnten die Franks ganz alla Der Robert, der Otto, der Herb und die Leni Es war ihr geliebtes Daham Es war ihr geliebtes Daham“

Leni Frank-Elias

Leni Frank-Elias blickt darin nicht nur auf ihre Kindheit Aufgaben und Perspektiven des und Jugend in dem Haus zurück, das die Familie einst in Familie Frank Zentrums Frankfurt besaß. Außergewöhnlich ist auch, dass sie die Zeilen im hessischen Dialekt verfasste. Im Hauptfokus des Familie Frank Zentrums stehen vier Bereiche: Sammeln, Forschen, Ausstellen und Vermitteln. Einige der ältesten bekannten Vorfahren der Familie leb- 68 ten bereits in der Stadt. So gehörte Süßkind Stern, ein Die rund 1.300 Objekte umfassende Sammlung sowie Oben: Barbara Klemm: prominenter Bewohner der frühneuzeitlichen Frankfurter die zu einem Familienarchiv zusammengefassten Origi- Buddy und Gerti Elias Judengasse, zu den Verwandten der Familie. In der jü- naldokumente der Familie Frank-Elias bieten die Grund- in ihrem Haus in der dischen Gemeinde des 17. Jahrhunderts war er für sein lage für Forschungsprojekte. Spezielle Forschungsarbeits- Herbstgasse, Schweiz, ehrenamtliches Engagement hoch angesehen. Bis 1933 plätze in der Museumsbibliothek ermöglichen die Ein- Basel, 2013, Fotografi e lebten kontinuierlich zahlreiche Verwandte der Franks sicht in die Bestände. Außerdem widmet sich ein eigener in Frankfurt. Erst der Nationalsozialismus brachte einen Buchbestand der Familiengeschichte sowie der Heraus- Unten: Grußkarte der Bruch in die Familiengeschichte. Buddy Elias’ Onkel gabe und Rezeption des Tagebuchs von Anne Frank. In vier Kinder Robert Robert Frank wanderte 1933 mit seiner Frau Lotti nach der neuen Onlinesammlung des Museums werden die Otto, Herbert und London aus, wo er als Kunsthändler arbeitete. Sein Onkel erforschten Alltagsgegenstände der Frank-Sammlung Leni Frank, Frankfurt Otto Frank zog mit seiner Frau Edith und den beiden kontinuierlich einer breiten Öff entlichkeit zugänglich am Main, um 1895 Kindern Margot und Anne nach Amsterdam. Buddy Elias’ gemacht. Großmutter Alice Frank folgte 1933 ihrem Enkel nach Basel. Eine kleine Auswahl der Sammlung wird in der Dauer- ausstellung zu sehen sein. Im Fokus stehen dabei das Erbe Ihr gelang es bei ihrer Auswanderung, den familiären und die generationenübergreifende Alltagsgeschichte der Briefwechsel und andere persönliche Unterlagen, Gemäl- Familie. Thematisiert werden Aspekte wie Kindheit, Bil- de aus dem Familienbesitz sowie einen Teil der Ausstat- dung, Berufe, Gastlichkeit und Haushalt, die Herausgabe tung ihres Frankfurter Haushalts mitzunehmen. Dort des Tagebuchs sowie die berührenden Briefe der Fami- wurden sie jahrzehntelang gepfl egt und mit ihnen ein lienmitglieder. Weitere Geschichten und Themen aus Stück Frankfurt nach Basel gebracht und gelebt. der Familie sowie ihre damit verknüpft en Objekte und Geschichten sind für Wechselausstellungen vorgesehen. Das Familie Frank Zentrum holt diese lange Familienge- schichte nun zurück nach Frankfurt und möchte mit Unsere neuen Vermittlungsangebote setzen ausgehend seinen Aktivitäten dazu beitragen, die jüdische Geschichte von der Dauerausstellung einen gezielten Fokus auf die Frankfurts in einem europäischen Kontext zu stärken. Familiengeschichte sowie auf Otto Frank als Herausge- ber des Tagebuchs seiner Tochter. Ausgangspunkt weite- rer Bildungsangebote sind Erinnerungsstücke wie Briefe und generationenüberlieferte Alltagsgegenstände, die eine ganz besondere Annäherung an die Familiengeschichte ermöglichen.

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KOCH- UND BACKWORKSHOPS KULINARISCHE ZU DEN JÜDISCHEN STADTRUNDGÄNGE DURCH FEIERTAGEN FRANKFURT

Wie fl echtet man eine Challah? Rund um den Kern der traditio- Welche Füllung kommt in die nellen jüdischen Küche, in deren Hamantaschen? Was haben Reibe- Zentrum die jüdischen Speise- kuchen mit dem jüdischen Lich- gesetze stehen, hat sich eine terfest zu tun? Und wohin bloß Vielzahl an kulinarischen Tradi- mit den Matzot, die nach Pessach tionen mit lokalen Besonder- übriggeblieben sind? Im Rahmen heiten, einzigartigen Gerichten unserer kulinarischen Work- und überraschenden Zutaten ge- shops im Studio Alef wird gekne- bildet. Wie vielseitig die jüdische tet, gefl ochten, gefüllt und geba- Cuisine jenseits von Gefi llte cken. Erfahren Sie mehr über die Fisch und Hummus mit Pita ist, Besonderheiten jüdischer Feier- erfahren Sie bei einem unserer tage und werden sie selbst krea- kulinarischen Stadtrundgänge tiv in unserer Workshopküche. durch Frankfurts jüdisch-israeli- sche Gastroszene. Anmeldung und weitere Informationen auf juedischesmuseum.de

MIT ALLEN SINNEN: AFTERWORK MIT KOSCHERER WEINPROBE

In Kooperation mit FLOWDELI führen wir Sie mit allen Sinnen durch einen besonderen Teil der neuen Dauerausstellung. Erfahren Sie mehr über die Rolle KÖSTLICH der fünf Sinne in der jüdischen Tradition und probieren Sie im Anschluss eine Auswahl kosche- KULINARISCH rer Weine in unserem Deli.

Das kulinarische Vermittlungsprogramm am Jüdi- schen Museum hat starke Partner. Das koschere Museumscafé FLOWDELI steht für ein modernes, urbanes Gastronomiekonzept,das Elemente aus ost- Liebe geht durch den Magen – gute Geschichten auch. europäischer, orientalischer und israelischer Küche Denn wer kennt sie nicht? Die wohlgehegten Familienre- vereint. Freuen Sie sich beim Ihrem Museumsbesuch zepte und handgeschriebenen Kochbücher, in denen AUF EINE TASSE TEE MIT nicht nur auf spannende Ausstellungen, sondern liebgewonnene Rezepte von Generation zu Generation FAMILIE FRANK auch auf gustatorischen Hochgenuss aus regionalen weitergegeben werden? Solch kostbare Stücke sind mehr und saisonalen Produkten. als nur Listen mit Zutaten, Mengenangaben und Zube- Die Frankfurter Familien Frank reitungsweisen, mit denen man sich in der Küche auf und Elias pfl egten eine bemer- TEXT eine kulinarische Reise begeben kann. Denn sie erzählen kenswerte Teekultur und schrie- Kathrin Schön Geschichten. Über ihre Autorinnen und Autoren. Über ben liebgewonnene Rezepte und die Anlässe und Feierlichkeiten, zu denen sie verfasst gut komponierte Speisefolgen wurden. Und über die Liebe zu gutem Essen und guter mit kleinen Ankedoten für die Gesellschaft . Nachwelt auf. Bei einer Tasse Tee und einer Kuchentafel nach Was also liegt näher als allein oder in Begleitung auf Originalrezepten aus dem Back- kulinarische Streifzüge durch die jüdische(n) Küche(n) buch der Familien Frank und zu gehen? Im Rahmen des neuen kulinarischen Pro- Elias tragen Mitglieder der gramms am Jüdischen Museum entdecken Besucherin- Familie verbrieft e Anekdoten nen und Besucher die Vielfalt der jüdischen Küche(n) und Geschichten rund um das und fi nden heraus, was einen Wein koscher macht, Zusammenkommen am welche Kuchen die Familie Frank am Wochenende aß Sonntagnachmittag vor. und welche Rolle die fünf Sinne in zahlreichen jüdi- schen Ritualen einnehmen.

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hebräischer Lettern. Sequenzen, deren Übungen hebräi- sche Begriffe, Buchstabenabfolgen und sogar Gebete auf- greifen, sind daher keine Seltenheit. Mit der Bewegung Das Jüdische Museum Frankfurt versteht sich als des Körpers, so die Vorstellung, werden die Buchstaben ein Ort, der Dinge in Bewegung bringt. Gemeinsam lebendig und entfalten ihre spirituelle Bedeutung. Die mit dem Turn- und Sportverein Makkabi Frankfurt e.V. transzendente Bedeutungsebene der hebräischen Spra- hat es Sportangebote für seine Besucherinnen und che leitet sich aus einer mystischen Strömung innerhalb Besucher entwickelt, um zusammen Haltung zu zeigen. des Judentums ab – der Kabbala. Mithilfe ihrer Zahlen- mystik soll die Tora noch tiefer durchdrungen werden. TEXT Dabei erhalten Buchstabenkombinationen nicht nur Kathrin Schön einen Zahlenwert, sondern auch eine symbolische Be- deutung, der eine besondere Funktion beigemessen wird. MUSEUM IN BEWEGUNG

Bewusstheit durch Bewegung Haltung zeigen mit Yoga und Feldenkrais Dass das Zusammenspiel von Atmung, Meditation und Ein Museum ist in seinem Kern ein Ort, an dem materi- der Veränderung der körperlichen Position zu einem elles und immaterielles Kulturerbe gesammelt, bewahrt, neuen Bewusstsein und der Harmonisierung von Körper erforscht und vermittelt wird. Aber es ist auch ein Ort und Geist führt, kennen Yoga-Praktizierende aus ihrer der Begegnung, des Austauschs, der Kritik, des Genusses Praxis. Die Schulung der eigenen Körperwahrnehmung und des Lernens; ein Ort, an dem Zugänge zu Themen zählt jedoch auch zu den Grundpfeilern der Methode von ermöglicht werden, die gesellschaftliche und persönliche Moshé Feldenkrais. Reflexionsprozesse anstoßen können. Er ging davon aus, dass die Bewegungserfahrung eines Auch das Jüdische Museum Frankfurt versteht sich als Menschen essenziell mit dessen Bild von sich verknüpft ein Ort, der Dinge in Bewegung bringt. Als Plattform ist, das sowohl ererbt, anerzogen oder gar durch Selbst- für die Diversität jüdischer Kulturen in Geschichte und erziehung geformt wurde. Um nun alternative Hand- Gegenwart setzt das Museum Akzente bei seinen Pro- lungsmuster zu finden und das eigene Handeln zu verän- grammen und schafft Zugänge zu den vielfältigen Aus- dern, müsse dieses Bild von sich selbst erweitert werden. drucksformen jüdischer Kulturen: von intellektuellen Dazu entwickelte Moshé Feldenkrais ein pädagogisches Ausstellungsimpulsen über kulinarische Exkurse bis hin Konzept des Lernens durch Selbstbeobachtung und Ver- zu sportlichen Interventionen. änderung von Bewegung, wobei langsam und ruhig aus- geführte Bewegungsabfolgen aufeinander aufbauen und Doch was hat Sport im Museum mit jüdischer zum Ausprobieren, Wahrnehmen und Lernen einladen. Gegenwartskultur zu tun?

Eine ganze Menge. Denn in Kooperation mit dem jüdi- Haltung zeigen schen Turn- und Sportverein Makkabi Frankfurt e.V. hat das Jüdische Museum ein Angebot für seine Besucher- Während in der jüdischen Yoga-Praxis das Element der innen und Besucher geschaffen, bei dem Haltung gezeigt Sprache von zentraler Bedeutung ist, rückt Sprache in und angenommen werden kann. Während die inhaltli- der Feldenkrais-Methode in den Hintergrund und macht chen Impulse unserer Vermittlungsangebote den Geist die Bühne frei für die individuelle Arbeit mit dem Kör- in Bewegung bringen, überträgt das neue Yoga- und Fel- per und seinen ganz eigenen Vokabeln. So zielen die denkrais-Programm am Museum die Beweglichkeit des Übungen darauf ab, die Semantik des eigenen Körpers Geistes auf den Körper. bewusst und in Bewegung wahrzunehmen und dabei mehr über sich und die eigene Haltung zu erfahren. Jeden Mittwochabend und Freitagmorgen öffnet das Mu- seum seine Türen für praktizierende Yogis und Yoginis Und genau an dieser Stelle schließt sich der Kreis. Denn sowie solche, die es werden wollen. Dass die fernöstliche auch als Museum zeigen wir Haltung für Transparenz Meditations- und Bewegungslehre dabei keinen Wider- und Zugänglichkeit, für kreativen und konzeptionellen spruch zur jüdischen Philosophie darstellt, zeigt ein Blick Freiraum, aber auch für Vielfalt, Respekt und interkultu- in den Kosmos des jüdischen Yogas. relle Verständigung.

Ob Alef-Bet-Yoga, Tora-Yoga, Ophanim- oder Kabbala- Bleiben Sie mit uns in Bewegung Yoga: Die Bandbreite jüdischer Yogapraktiken ist groß. und entdecken Sie das vielfältige Was die verschiedenen Strömungen dieser Philosophie Programm in Kooperation mit jedoch eint, ist ihr Bezug auf das hebräische Alphabet Makkabi-Frankfurt! und die Orientierung zahlreicher Asanas an der Form

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MEHR ALS KLEZMER: GEGENWARTSKULTUR UND POPMUSIK

Dass jüdische Gegenwartskultur auch musi- kalisch mehr zu bieten hat als klassischen Klezmer, zeigt das breite Spektrum an Künstlerinnen und Künstlern, die musikali- sche Traditionen in ihren Arbeiten neu in- terpretieren, samplen und weiterentwickeln. So auch die israelische Sängerin und Per- formerin Victoria Hanna, die im Rahmen Mit Musik ist das Leben leichter. Und so war es des Begleitprogramms zur Wechselausstel- für uns nur folgerichtig, verschiedene Formate lung „Die weibliche Seite Gottes“ das musi- zum Thema Musik in unserem neuen Haus anzu- kalische Angebot am Museum abrundet. bieten. Jung oder Alt, Klassik-Fan oder Pop-Kultur- Während sie in ihren Liedern Texte der „Every artwork refl ects many infl uences, Liebhaber, jeder kommt dabei auf seine Kosten. Kabbala vertont und über das hebräische some from its past, Alef Bet rappt, schafft sie mit ihrer Stimme some from its present cultural context, TEXT und Musik neue Klangwelten, die sich some from its creator’s personality, Kathrin Schön zwischen zeitgenössischen Beats und and even some from its future.“ sphärischer Transzendenz bewegen.

Jonathan Kramer: Empowernde Impulse zur weiblichen Seite The Nature and Origins of Gottes steuert auch die Berliner Soul-Größe Musical Postmodernism Joy Denalane bei. Als Aktivistin für Frauen- rechte und Botschaft erin des neuen Jüdischen Museums eröff net sie die erste Wechselausstellung des Museums musikalisch mit einem akustischen Streifzug durch ihr neues Album. U E JÜDISCHEN MUSE M M SIK AM N UEN U

Wo Vergangenheit und Gegenwart JMF KLASSISCHE MUSIK aufeinandertreff en entsteht, ein Raum für UNPLUGGED AN HISTORISCHEN ORTEN Zukunft sfragen und Utopien. Ganz gleich ob sie künstlerischer oder politischer Natur Mit der Reihe „JMF Unplugged“ entsteht ein So wird etwa das architektonische Ensemble sind. Als Ort, an dem die Vielfalt jüdischer neues, intimes Konzertformat in der neuen des neuen Jüdischen Museums an mehreren Kulturen in Geschichte und Gegenwart in Georg Heuberger Bibliothek am Jüdischen Abenden zu einem Konzertsaal für klassische Frankfurt bewahrt und vermittelt wird, Museum. In einem kleinen, intimen Rahmen Konzerte und Neue Musik. Mit der Unter- schafft das neue Jüdische Museum mit loten ausgewählte Singer-Songwriter stützung des Vereins der Freunde und Förde- seinem vielseitigen Kulturprogramm eine den Grenzbereich zwischen Literatur rer des Jüdischen Museums e.V. kommen Plattform für künstlerische Arbeiten, die und Musik aus und schaff en mit ihren Besuchende in den Genuss ehemalige Mit- dazu einladen, Vergangenes sowie Gegen- Werken neue Zugänge zu den Themen, die glieder des West-Eastern-Divan-Orchestras wärtiges zu refl ektieren und den Blick auf das Museum bewegen. Den Auft akt macht im neuen Lichtbau des Museums zu hören. die Zukunft zu richten. die Sängerin und Liedermacherin Dota Kehr Ein besonderes Highlight in unserem Musik- mit ihrer Band, die 2020 auf ihrem Album programm stellt die Einspielung des histori- Gerade die Musik eignet sich als künstleri- „Mascha Kaléko“ ausgewählte Gedichte der schen Ehrbar-Flügels dar, der sich im Besitz sche Ausdrucksform, in der die Einfl üsse bekannten jüdischen Lyrikerin vertonten. des Wiener Zweigs der Familie Rothschild verschiedenster Traditionen spielerisch befand. Im Nachgang zur feierlichen zitiert und variiert werden, besonders dazu, Einspielung spüren der Musikwissenschaft ler die Gleichzeitigkeit von Vergangenheit, und Pianist Prof. Gerrit Zitterbart und der Gegenwart und Zukunft zu verhandeln. Restaurator Markus Fischinger im Gespräch Kein Wunder also, dass im Rahmen des mit der Journalistin Ruth Fühner der beweg- Programms zur Eröff nung des neuen ten Geschichte des Flügels und der seiner Jüdischen Museums musikalische Veranstal- einstigen Besitzer nach. Den Auft akt zum tungen eine zentrale Rolle spielen. musikalischen Programm am Jüdischen Mu- seum macht das Ensemble Modern unter der Leitung von Heiner Goebbels im Rahmen des offi ziellen Festakts zur Eröff nung des Museums mit Stücken von Steve Reich, Justé Janulyté und Heiner Goebbels.

74 75 Jüdisches Museum Frankfurt Magazin zur Eröff nung 04 DIE ERSTE WECHSEL AUSSTEL LUNG

DIE WEIBLICHE SEITE GOTTES

77 Die erste Wechselausstellung Die weibliche Seite Gottes Die erste Wechselausstellung Die weibliche Seite Gottes

Die erste Wechselausstellung im Neubau des Jüdischen Mutter Jesu, die sich in historischer Hinsicht parallel 78 Museums Frankfurt beschreibt und reflektiert die visuel- zur jüdischen Mystik des Mittelalters weiterentwickelte Maria Lassnig, Die len und spirituellen Aspekte dessen, was als weibliche und dann in ihre Verehrung als Muttergottes wandelte, große Mutter, 1964, Öl Seite des einen Gottes in den drei monotheistischen Re- wirft die Ausstellung auch einen Blick auf die Himmel- auf Leinwand, Museum ligionen dargestellt und verstanden wird. Sie lenkt das fahrt Mohammeds und auf die erste weibliche Mystikerin moderner Kunst Kärn- Augenmerk auf die Visualität des Themas: die mitunter Hazrat Rabi’a al-Adawiyya al-Qaysiyya, genannt Rabi’a, ten, Klagenfurt, Kunst- üppigen Formen archäologischer Funde, die Bildhaftig- die im 8. Jahrhundert im Irak geboren wurde und sich sammlung des Landes keit schriftlicher Beschreibungen, die visuelle Gestaltung weigerte, ein Leben in der gängigen Frauenrolle zu führen. Kärnten / MMKK der Schriften und die Figürlichkeit künstlerischer Arbeiten. Die Exponate fügen sich zu einem kulturgeschichtlichen Ein distinktes Kapitel im Ausstellungsparcours bildet die Bogen von Darstellungen weiblicher Gottheiten im Alten Erzählung von der Vertreibung aus dem Garten Eden, Orient über weibliche Aspekte in der Gottesvorstellung insbesondere die Konstellation von Lilith, Eva und der der Hebräischen Bibel, den rabbinischen Schriften und Schlange, die im jüdischen Brauchtum und Kunsthand- den mystischen Strömungen in Judentum, Christentum werk eine große Produktivität entfaltet hat. Es handelt und Islam bis hin zu weiblichen Figuren in Überliefe- sich bei Lilith um die − nach rabbinischer Interpretation rungen und Historie, die eine aktive Rolle in der religiö- − erste Frau Adams, die als Schlange den ersten Verstoß sen Praxis einnahmen. Erstaunlicherweise wurde dieser gegen ein göttliches Verbot und die daraus resultierende kulturgeschichtliche Zusammenhang bislang noch nicht Verbannung aus dem Garten Eden herbeigeführt habe eingehend wissenschaftlich untersucht oder gar in Form und deren vermeintlich böse Kraft im jüdischen Brauch- einer Ausstellung präsentiert. Dabei spielt er in der zeit- tum von Amuletten abgewehrt werden soll. Die mit die- genössischen Kunst längst eine durchaus bedeutsame sen biblischen Figuren assoziierten Vorstellungen wer- Rolle. Ausgehend von Werken renommierter und weni- den in der Ausstellung sowohl von kunsthandwerklichen ger bekannter Künstlerinnen und Künstler zielt die Schau Objekten und rituellen Gegenständen als auch von Wer- daher darauf, die weithin verdrängte Tradition einer ken der bildenden und zeitgenössischen Kunst reflek- weiblichen Seite des einen Gottes im Judentum, Chris- tiert. Ihnen schließt sich ein historischer Exkurs zu weib- tentum und Islam sichtbar zu machen. lichen Persönlichkeiten an, die sich für eine aktive Teilhabe jüdischer Frauen an rituellen Handlungen ein- Den Ausgangspunkt des Ausstellungsrundgangs bilden setzten, respektive diese selbst vornahmen, indem sie archäologische Artefakte aus Ägypten, Mesopotamien so- etwa die Rolle der Synagogenvorsteherin oder die einer wie den Reichen der Hethiter und Assyrer, in denen weib- Schreiberin religiöser Werke (hebräisch Soferet) einnah- liche Gottheitsvorstellungen und die ihnen zugeschrie- men, Gebete verfassten und sich für eine Reform religi- benen Kräfte, Eigenschaften, aber ebenso Wünsche zum öser Traditionen einsetzten. Ausdruck kommen. Diese kreisen häufig um Fruchtbar- keit und stehen im Zusammenhang mit verschiedenen Einige der vorgestellten historischen Personen waren Mondkalendern, die in den altorientalischen Kulturen in Frankfurt am Main und Umgebung tätig, etwa die DIE gebräuchlich waren. In dem kulturhistorischen Prozess, Frauenrechtlerin Bertha Pappenheim und die erste Rab- der gemeinhin der Zeit des sogenannten babylonischen binerin Regina Jonas, die ebenfalls Erwähnung finden. Exils zugeschrieben wird, als die israelitischen Exilanten Während der Hauptfokus der Schau auf den kulturge- sich auf ihren Gesetzeskodex verständigten und diesen schichtlich bedeutsamen Artefakten, auf bildlichen Dar- zusammen mit ihrer Geschichte in der Tora kanonisier- stellungen und religiösen Schriften sowie zeremoniellen WEIBLICHE ten, wurden Darstellungen und Kulte verworfen, die mit Gegenständen liegt, stellen die zeitgenössischen Kunst- diesen weiblichen Gottheitsvorstellungen einhergingen. werke sowohl einen Kommentar sowie eine Form der Einzelne Aspekte der altorientalischen Göttinnenwelt Reflexion des Ausstellungsthemas dar. Dies verdeutlicht lebten nach Ende des babylonischen Exils in der Vor- etwa die Gegenüberstellung einer historischen Aschera- stellung einer dem Menschen zugewandten Seite Gottes Figurine mit einer Skulptur von Judy Chicago, die im SEITE fort. Die Ausstellung zeichnet ebendiese Ideen sowohl Zusammenhang mit ihrer Installation „The Dinner Par- in der sogenannten Weisheitsliteratur nach sowie an- ty“ entstand. Rituelle wie spirituelle Aspekte des Themas hand der Figur der Schechina, die im Talmud und in den greifen Jacqueline Nicholls’ Skulptur „Maternal Torah“ Midraschim als „Einwohnung Gottes“ in der Welt disku- und Hadassa Goldvichts Videoarbeit „Writing Lessons“ tiert und der tatsächlich ein konkreter Wohnort zuge- auf. Einen Höhepunkt der Ausstellung bildet die impo- GOTTES schrieben wird: das Allerheiligste des Tempels in Jerusa- sante Arbeit „Schechina“ von Anselm Kiefer, die die zen- lem. In Anbetracht der Zerstörung dieses Wohnorts im trale Vorstellung einer weiblichen Seite Gottes in der jü- Jahr 70 unserer Zeit entwickelte die mittelalterliche jüdi- dischen Tradition darstellt. sche Mystik andere Vorstellungen von jener weiblichen Gott stellen sich die meisten männlich vor, doch warum ist Seite Gottes, die sowohl die Idee einer dem Menschen Die Ausstellung präsentiert eine Vielzahl von wertvollen das so? Was wäre, wenn Gott weiblich ist? Diese und noch zugewandten Physis als auch mystische Vereinigungs- Leihgaben, die in dieser Konstellation zum ersten Mal mehr Fragen werden in der ersten Wechselausstellung des Jüdi- erzählungen umfassten. Dass ebendiese Vorstellungen zu sehen sind. Zahlreiche Museen, Bibliotheken und schen Museums thematisiert. transkultureller Natur sind und diverse Bezüge zwischen private Sammler in den USA, in Israel, Österreich, Groß- — der jüdischen, christlichen und islamischen Tradition britannien, Deutschland, Frankreich und der Schweiz Vom 23. Oktober 2020 bis 14. Februar 2021 bestehen, wird im Rahmen des Ausstellungsrundgangs haben sie für diese Ausstellung als Leihgaben zur Verfü- anhand von Schriften, Drucken und Ritualgegenständen gung gestellt. TEXT herausgestellt. Neben der christlichen Verehrung der Dr. Eva Atlan

78 79 Die erste Wechselausstellung Die weibliche Seite Gottes Die erste Wechselausstellung Die weibliche Seite Gottes

Sie bezeichnet sich selbst mal als Tochter, mal als lerinnen und Künstlern, sondern auch bei einer brei- Spielgefährtin Gottes. Und mal als die, die an seiner teren Bevölkerung ist. Seite thront. Da wird sprachlich dargestellt, wie man GOTT Wer erzählt was wann? Wer interpretiert was? sich ein Götterpaar vorstellt. Innerhalb der rabbini- Wir zeigen sehr abstrakte, aber auch sehr persönliche Wer hat Deutungshoheit? Wer hat Definitionsmacht? schen Tradition ist diese Interpretation aber abge- Arbeiten. Anselm Kiefers Darstellung der Schechina Im Gespräch mit Dr. Felicitas Heimann-Jelinek er- wiesen worden. In der Ausstellung haben wir mehrere beispielsweise. Das Bild deutet auf den kabbalisti- fahren Sie mehr über die Hintergründe zur Ausstellung: Passagen aus der Weisheitsliteratur als Hörbeispiele. schen Schöpfungsmythos hin – aus kabbalistischer „Die weibliche Seite Gottes.“ Sicht ist Gott übrigens nur vollständig mit weiblicher IST KEIN Auf visueller Ebene ist es besonders schwierig bei sol- Seite. Darüber hinaus verweist es aber auch darauf, INTERVIEW chen delikaten Themen. Da haben wir versucht, den dass die Schechina immer in der gelebten Geschich- Dr. Felicitas Heimann-Jelinek Ursprung der Schechina zu visualisieren. Ihr Name te präsent war und ist, und somit auch bei allen Un- bedeutet „Einwohnung (Gottes)“. Als man das Exil als glücken, der Vertreibung der Juden aus Spanien, bei Daseinsform akzeptiert, sagt man: Die Schechina ist der Reichspogromnacht. Es ist ein sehr vielschichti- MANN mit der Zerstörung des Tempels weggegangen und ges, ein großes Werk. Man kann schon wahnsinnig begleitet jetzt das jüdische Volk, sie wird damit das viel daran erzählen. Bindeglied zwischen Volk und göttlicher, himmli- scher Präsenz. Als Ausdruck für diese Idee der Sche- Natürlich kommen in der Hebräischen Bibel eine china haben wir ein Modell des Jerusalemer Tem- Reihe Frauen vor, ein zeitgenössisches Kunstwerk MIT LANGEM pels gesetzt – und darüber schwebt eine Arbeit von greift diese Namen graffitiartig auf. Aber im Allge- Jacqueline Nicholls, „Maternal Torah“. Das ist ein meinen sind diese Frauenfiguren doch relative Textilobjekt, das einerseits ausschaut wie ein Tora- Staffagen. Ziemlich passiv, sie bekommen Kinder Mantel und andererseits wie ein Korsett. Das weib- oder bitten um Kinder, werden geopfert, werden lich geformt ist, also Brüste hat. Ein weiblicher Schutz, instrumentalisiert. BART UND ein Kleid für die Tora, eine Stütze, aber es ist ganz klar auch eine Einengung. Nicht zuletzt geht es dar- Oder sie werden als Gefahr dargestellt, wie es 2016 bei- um, dass die weibliche Seite die Tradition der Tora spielsweise auch die Ausstellung „Geschlechterkampf“ weitergibt, tradiert. Schließlich werden nur Frauen im Frankfurter Städel thematisierte. Schon Eva oder schwanger. Lilith wurden als unberechenbar und unheilbringend WEISSEM KITTEL dargestellt. Künstlerische Arbeiten wie diese werden die Ausstel- lung in Frankfurt ergänzen. Was wird es hier noch zu Das ist ein interessanter Punkt: Die Geschichte von sehen geben? der Schöpfung des Menschen wird in Genesis ja zwei Mal erzählt. Einmal hat Gott den Menschen Visuell lässt sich vieles natürlich wesentlich leichter nach seinem Antlitz erschaffen. Später kommt dieses Frau Heimann-Jelinek, Sie waren 1987 bis 1988 schon man sich in der Kunst- und Kulturgeschichte ja die darstellen und übertragen als in der Schrift. Kunst menschliche Paar noch einmal vor, und da hat Gott einmal Gastkuratorin am Jüdischen Museum in Frank- längste Zeit mit einer von Männern geschriebenen greift viele Aspekte intuitiver auf. Deshalb haben wir plötzlich Adam geschaffen und Eva aus seiner Rippe. furt. Woran haben Sie damals gearbeitet? Geschichte beschäftigt, da kommt diese Frage natür- gemeinsam diese Erweiterung überlegt. So begreift Sekundär also. Das sagt ja schon vieles aus … doch lich immer wieder auf: Wo sind eigentlich die Frau- man schnell, wie tief verwurzelt die weibliche Ema- wieso steht es eigentlich zwei Mal da? Die Rabbinen Ich habe die Eröffnungsausstellung gemacht fürs en? Nicht nur aus einer feministischen Fragestellung nation Gottes nicht nur im Bewusstsein von Künst- müssen das erklären: Es gab zwei Frauen. Die erste Jüdische Museum Frankfurt, die erste Wechselaus- heraus, sondern auch aus einer ganz grundlegenden stellung: „Was übrig blieb“, eine Ausstellung über gesamtgesellschaftlichen Perspektive. das Museum Jüdischer Altertümer, das von 1922 bis 1938 in Frankfurt bestand. Da habe ich sozusagen So haben Sie die Antworten in der Religion gesucht. einen Rückblick in die Geschichte geworfen und damit zugleich eine der ersten Ausstellungen über- Irgendwann stand ich vor der Frage, ob man nicht haupt gemacht, die sich mit der Vernichtung von zum Anfang zurückgehen müsste. Wie entwickelt Judaica-Objekten während der NS-Zeit und die welt- sich jüdische Religion, die israelitische Gesellschaft weite Zerstreuung ihrer Reste nach 1945 beschäftigt. auf ihrem Weg zu einem Monojahwismus und dann Gewissermaßen eine Rekonstruktion des alten, des Monotheismus. Dieser Monotheismus muss, sonst ersten Jüdischen Museums in Frankfurt. wäre er keiner geworden, alle anderen Vorstellungen langsam, aber sicher ausgeschlossen haben. Was hat Seitdem haben Sie mehrere Dutzend Ausstellungen er ausgeschlossen? Schließlich haben wir noch Evi- kuratiert, auch zusammen mit Ihrer Kollegin Michaela denzen von anderen Jahwes, archäologische Funde, Feurstein-Prasser. 2017 eröffnete Ihre gemeinsam dass einer dieser Jahwes eine Partnerin hatte – seine erarbeitete Ausstellung „Die weibliche Seite Gottes“ Aschera, eine kanaanäische Göttin. So, wie man sich in Hohenems, die nun nach Frankfurt kommt. Gab es früher alle Götter in eine Familie eingebettet vorge- einen bestimmten Anlass – oder ist Ihnen das Thema stellt hat. Der Weg des Eliminierens, der hat mich immer wieder begegnet? interessiert. Wie eliminiert man diese weibliche Sei- te, das weibliche Pendant, die weibliche Dimension, Nein, eigentlich gab es keinen konkreten Anlass. bis dass sie gar nicht mehr vorkommt? Eher war das ein Thema, dem ich im Laufe der Zeit immer wieder begegnet bin. Das erste Mal 1985. Ein Bogen in dieser Ausstellung handelt von weib- Damals las ich gerade „Eine Party in Miami Beach“ lichen Gottesdarstellungen im Alten Orient hin zu einer 81 von Isaac Bashevis Singer, wo der Protagonist sagt: Eingemeindung weiblich konnotierter Seiten in das Joan Snyder, „Wenn der Mensch Gottes Ebenbild ist, dann benei- Gottesbild. Können Sie diese Entwicklung an konkre- „Our Foremothers“ de ich Gott nicht.“ Damals war man natürlich völlig ten Beispielen veranschaulichen? (Unsere Urmütter), affirmativ dieser Aussage gegenüber. Aber dann -ar USA 1995, Farb- beiten solche Dinge in einem nach. Immer mal wie- Ein Beispiel ist ganz sicherlich in der jüdischen Weis- lithografie, Radierung der habe ich über diese Stelle nachgedacht. Bezieht heitsliteratur zu finden. Dort gibt es die Chochma – und Holzschnitt auf sich dieser Satz nur auf Männer? Oder hat Singer da das Pendant zur griechischen Sophia, die eine ganz lederfarbenem Papier, eigentlich auch an Frauen gedacht? Wie stehe ich sel- wichtige Rolle spielt. Diese Chochma ist nicht nur Edition: Jewish ber dazu? Das in Kombination mit der Tatsache, dass sprachlich weiblich, sie gebärdet sich auch weiblich. Museum New York

80 81 Die erste Wechselausstellung Die weibliche Seite Gottes Die erste Wechselausstellung Die weibliche Seite Gottes

82 Frau wollte sich Adam nicht unterordnen, sie hat von Frauen am religiösen Leben belegen. Bis es dann Dr. Felicitas gegen ihn auch sexuell rebelliert. Das schlimmste mit Regina Jonas die erste Rabbinerin gibt, dauert Heimann-Jelinek Vergehen war aber, dass sie den Gottesnamen aus- es allerdings bis ins 20. Jahrhundert. Und dann wur- gesprochen hat. Sie hat sich nichts sagen lassen, ist de sie rasch wieder vergessen, weil sie in Auschwitz 83 aus dem Paradies ausgebrochen und soll bis heute umkommt. In den 70er Jahren wurde in den USA Anselm Kiefer, für die Tötung neugeborener Jungen verantwortlich schließlich die erste Rabbinerin nach Jonas ordiniert. „Schechina“, 1999, Öl, sein. Das ist Lilith. Sie wird vollkommen dämonisiert. Tempera, Acryl, Blei Heute formuliert die Sängerin Ariana Grande und Aluminiumdraht Dann gibt es natürlich die Eva, die meist mit der „God Is A Woman“, und viele machen es ihr nach. auf Leinwand, Schlange in Zusammenhang gebracht wird. Eva wird So kommen Religion und Popkultur zusammen. Privatsammlung nicht nur verführt, sie ist auch Verführerin. Teil- weise verschwimmen die beiden Frauengestalten Das sind natürlich ganz ähnliche Fragen, die auch ineinander. in der Popkultur gestellt werden. In Hohenems hat Rabbinerin Bea Wyler zur Eröffnung erzählt, wie sie Lilith wiederum spielte dann in der jüdisch-feminis- sich seit ihrer Kindheit den lieben Gott vorgestellt tischen Bewegung eine ganz große Rolle, weil sie sich hat – wie ihren Zahnarzt, mit weißem Kittel und dem Mann widersetzt hat. Die gefährlich war, weil sie langem Bart. Das ist einfach unser kulturelles und ehrlich war. soziales Gedächtnis, das hier reinspielt. Es muss ein- fach ein Mann sein. Geschlecht ist nicht nur eine Sozusagen ein Role Model, dem man bis heute nach- biologische Kategorie, es ist im Laufe der Entwick- spüren kann: Auch die Populärkultur mit ihren mo- lung eine soziale geworden. Ich denke, der zitierte dernen Vampirsagen greift immer wieder auf ihren Songtitel geht in dieselbe Richtung. Mythos zurück … Zum Schluss noch die Frage: Warum sollten sich auch Und noch heute gibt es eine Zeitschrift in den USA, Atheistinnen und Atheisten „Die weibliche Seite die so heißt: Lilith. Man sucht innerhalb der jüdisch- Gottes“ anschauen? feministischen Bewegung natürlich nach weiteren Frauenfiguren, die man positiv bewerten kann – Es ist ja ein Thema, das – obwohl kultur- und nicht ganz einfach, weil es eben in der klassisch rab- religionsgeschichtlich angelegt – etwas über die binischen Literatur nicht so viele davon gibt. Da wird Gesellschaft aussagt, in der wir leben. Über die aber viel geforscht. Wir haben versucht, möglichst gesellschaftliche Entwicklung im Spiegel der re- zahlreiche Beispiele zu geben für die Selbstermäch- ligiösen Entwicklung. Es geht um Erzählweisen: tigung von Frauen. Auch das Bild, was Frauen im Wer erzählt was wann? Wer interpretiert was? Wer Judentum dürfen und durften, zu korrigieren. Er- hat Deutungshoheit? Wer hat Definitionsmacht? staunlich viele Frauen haben zum Beispiel theologi- Ich glaube, das sind Fragen, die jeden angehen. sche Handschriften kopiert oder dekoriert, selber Und dann dürfen die Besucher und Besucher- Gebete geschrieben, nicht nur Jiddisch, sondern innen natürlich auch einfach Freude an den auch Hebräisch gekonnt … Wir wissen nur zu wenig Objekten haben, die hier zu sehen sind (lacht). davon, denn, klar: Männer schreiben die Geschichte. Aber es gibt immer mehr Funde, die diesen Anteil Das Interview führte Katharina Cichosch

82 83 Die erste Wechselausstellung Die weibliche Seite Gottes Die erste Wechselausstellung Die weibliche Seite Gottes

SATELLIT — DER VER

Mit seiner ersten Wechselausstellung zur weiblichen Rahmenprogramm Seite Gottes wagt das Jüdische Museum ein räumliches Experiment. In Fortführung der interaktiven Angebote Mit dem Rahmenprogramm zur weiblichen Seite Gottes MITTLUNGS der Pop-Up-Projekte in der Vergangenheit entsteht mit erweitert das Jüdische Museum die künstlerischen und dem „Satellit“ des Studios Alef ein zusätzlicher Raum in inhaltlichen Positionen der Ausstellung um analytische, der Wechselausstellung für zeitgenössische Ansätze der aktivistische und sinnliche Perspektiven. So führt die Vermittlungsarbeit. Als sichtbarer Ort mit Aufenthalts- Kuratorin Sara Soussan im Rahmen einer Führung aus Vermittlung spielt im neuen Jüdischen Museum eine qualität bietet der Satellit Besucherinnen und Besuchern jüdischer Perspektive durch die Ausstellung und erklärt, RAUM zentrale Rolle. Mit dem „Satellit“ des Studios Alef Raum, um ihre Refl xion über die Themen der Ausstel- warum manche Begriff e der jüdischen Tradition weib- ist deswegen auch ein neuer Raum für Austausch und lung und ihre Auseinandersetzung damit zu teilen und lich konnotiert sind. In der Diskussionsveranstaltung zur Refl xion in der Wechselausstellung „Die Weibliche Seite zu vertiefen. Korrelation monotheistischer Gottesvorstellungen und Gottes“ entstanden. Hier können Besucherinnen und ihrer gesellschaft spolitischen Konsequenzen unterhalten Besucher allein oder in Workshops ihre Gedanken und Im Raum fi nden sich verschiedene Impulse, die dazu sich Dr. Nimet Seker, Vertretungsprofessorin für Kultur Perspektiven auf die Themen der Ausstellung teilen und anregen, über eigene Gottesvorstellungen, deren Ent- und Gesellschaft des Islams in Geschichte und Gegen- diskutieren. stehung und die Frage danach, was eine weibliche Seite wart und Geschlechtervorstellungen, Rebeca Blady, Rab- überhaupt weiblich macht nachzudenken und mit eige- binerin und Gründerin der Initiative „Base Berlin“, und TEXT nen Kommentaren und Positionen, die auch über den Prof. Dr. Marie-Theres Wacker, Professorin für Altes Kathrin Schön Vermittlungsraum hinausgehen, Stellung zu beziehen. Testament und Theologische Frauenforschung, mit Dr. So lädt etwa eine Spiegelinstallation körperpädagogisch Türkan Kanbıçak. dazu ein, sich in Bezug zum Ausstellungsthema wahrzu- nehmen und sich durch das Teilen eigener empowern- Einen sinnlichen und spielerischen Zugang zu der Aus- der Posen in das Pantheon popkultureller Neuinterpre- stellung schafft das Kinder-Kreativ-Angebot des Joffi Clubs, tationen kunsthistorischer Ikonografi en einzureihen und in dem die Arbeit von Hadassa Goldvicht im Fokus steht. ZUR einen persönlichen Kommentar zu ausgewählten Kunst- Den krönenden Abschluss des Veranstaltungsprogramms werken zu artikulieren. Der Satellit ist jedoch auch Aus- bildet ein Konzert der israelischen Performace-Künster- gangs- oder Endpunkt für die Arbeit mit Gruppen, die lin und Musikerin Victoria Hanna, die vor dem Hinter- in verschiedenen Workshops die Inhalte der Ausstellung grund ihrer Auseinandersetzung mit der kabbalistischen vertiefen und ihre Workshopergebnisse über die Lauf- Literatur am Vortag des Konzerts auch einen Musikwork- WECHSEL zeit der Ausstellung im Vermittlungsraum präsentieren shop für Frauen zur Wirkungskraft von Sprache und können. Klang anbietet. Das Rahmenprogramm wird von öff ent- lichen Führungen und Workshops für Erwachsene und Toolkit Jugendliche abgerundet.

AUSSTELLUNG Wo zeitgenössische Kunst auf jüdische, christliche und Weitere Informationen dazu und alle Termine fi nden muslimische Ikonografi e trifft , entstehen neue inhaltli- Sie auf unserer Website unter www.juedischesmuseum.de che Zusammenhänge. Mit dem eigens für die Ausstel- lung entwickelten Toolkit können Besucherinnen und Besucher die bildsprachlichen Besonderheiten ausge- „DIE wählter Motive entschlüsseln, Kunstwerke der Ausstel- lung miteinander in Verbindung bringen, Begriff e und künstlerische Fertigungstechniken nachschlagen und ei- nen zweiten Blick auf sehenswerte Details der ausgestell- WEIBLICHE ten Kunstwerke werfen. SEITE GOTTES“

84 85 Jüdisches Museum Frankfurt Magazin zur Eröff nung 05 OFFEN UND VERNETZT

87 Offen und vernetzt Die Gesellschaft unserer Freunde und Förderer Offen und vernetzt Die Gesellschaft unserer Freunde und Förderer ALLE MITSTREITER SIND WILLKOMMEN

Dank unserer Freunde und Förderer sind wir ein Teil der Gesellschaft Frankfurts und der Rhein Main Region. Werden auch Sie Teil dieses Kreises.

TEXT Peter Lückemeier

Dass dieses Ehrenamt eines Tages zu seiner Hauptbe- Ludwig Landmann war es auch, der Ernst May zum Stadt- doch Corona machte einen Strich durch die Rechnung. des Existenzrechts Israels einzusetzen und jede Form 89 schäftigung würde, hatte Andreas von Schoeler nicht ge- baurat machte, in dessen Ägide die bis heute vorbildli- Allerdings nur einen halben: Der mit der Einladung ver- des Antisemitismus zu bekämpfen. Wer solche Ziele gut Andreas von Schoeler, ahnt. Doch der ehemalige Frankfurter Oberbürgermeis- chen May-Siedlungen entstanden. Der Freundeskreis in- schickte Spendenaufruf stieß auf großzügige Resonanz. findet, wird vom Vorsitzenden und seiner Stellvertreterin Vorsitzender der ter beklagt sich nicht. Als Vorsitzender des Fördervereins itiierte auch eine Biografie Landmanns und finanzierte Und zwei der stillen Förderer jüdischen Lebens in Deutsch- Doris Jedlicki herzlich eingeladen, Mitglied zu werden. Freunde und Förderer für das Jüdische Museum hat er sich einer guten Sache sie gemeinsam mit der Grunelius-Stiftung. land, der Rechtsanwalt Nicolaus Weickart und seine Ehe- Teuer ist das nicht, der jährliche Mindestbeitrag beträgt des Jüdischen Museums verschrieben. Und er ist erfolgreich, denn der Förder- frau Christiane, erklärten sich bereit, jede Spende bis 60 Euro. Jedes Mitglied bekommt freien Eintritt in das kreis stellt mit Veranstaltungen seine Vitalität unter Be- Natürlich werden die Mitglieder des Freundeskreises zur Höhe von 5.000 Euro zu verdoppeln. das Jüdische Museum und das Museum Judengasse, weis und die Spendeneingänge lassen sich sehen. Doch auch zu den Diskussionsveranstaltungen eingeladen, die erhält Einladungen zu allen Veranstaltungen des Förder- der einstige Politiker (Bundestagsabgeordneter, Staatsse- der Kreis veranstaltet. Eine von ihnen wird bald Josef Besonders beliebt bei den Mitgliedern des Freundeskrei- vereines und zur Teilnahme an der Preview vor der offi- kretär, Oberbürgermeister) und Manager (Sony Deutsch- Schuster zu Gast haben, den Präsidenten des Zentralrats ses ist die jährliche viertägige Reise, die an ein Ziel führt, ziellen Eröffnung einer Ausstellung, ferner als Jahresgabe land, Consulting-Unternehmen CSC in Wiesbaden) legt der Juden in Deutschland. In der Vergangenheit sorgte das etwas mit der europäischen jüdischen Geschichte zu einen Katalog oder eine sonstige Publikation aus dem Wert auf die Feststellung, dass die „Gesellschaft der der Freundeskreis für Begegnungen zwischen spannen- tun hat. Das Besondere an diesen Reisen ist, dass man sie Programm des Museums. „Freund“ oder „Freundin“ wird Freunde und Förderer des Jüdischen Museums e.V.“ kein den Gesprächspartnern: ZDF-Chefredakteur Peter Frey nicht in einem Reisebüro buchen kann, weil es jeweils man mit 250 Euro jährlich, „Förderer“ oder „Förderin“ elitärer Club ist, dessen Aufgabe sich im Einsammeln interviewte den Grünen-Politiker Cem Özdemir, Michel einen „Door Opener“ gibt, der sich vor Ort besonders mit 1.000 Euro und „Partner“ mit 5.000. von Geldern erschöpft. Von Schoeler will, dass die der- Friedman den damaligen Justizminister Heiko Maas, gut auskennt und Türen öffnet, die sonst verschlossen zeit rund 350 Mitglieder ihre Verbundenheit mit dem F.A.Z.-Herausgeber Werner D’Inka traf auf Gregor Gysi. blieben. In Litauen war das Hartmut Holzapfel, der frü- Doch Mitgliedsbeiträge und Spenden sind Andreas ersten und ältesten Jüdischen Museum in Deutschland in Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise befragte die here hessische Kultusminister, der „die Begegnung mit von Schoeler und Doris Jedlicki zwar willkommen, aber die Stadt und in den Kreis ihrer Familie und Bekannten Fernsehjournalistin Esther Schapira Salomon Korn als hochinteressanten Persönlichkeiten herbeiführte“. In nicht die Hauptsache. Mindestens so wichtig ist ihm, hineintragen. Im Vorstand und im aktiven Kuratorium Vorsitzenden der Frankfurter Jüdischen Gemeinde und Budapest ermöglichte eine Kontaktperson Gespräche dass die Anliegen des Museums in die Gesellschaft hin- unter Führung von Dr. Wilhelm Bender unterstützen ihn da- Innenminister Thomas de Maizière. Von Schoeler findet mit der inzwischen verstorbenen Philosophin Agnes eingetragen werden. Dazu bedarf es vieler Botschafter: bei zahlreiche namhafte Persönlichkeiten aus der Frank- solche Gesprächsformate interessanter für die Zuhörer Heller und einem Berater Viktor Orbáns. Die nächste „Wir freuen uns wirklich über jede Mitstreiterin und furter Stadtgesellschaft. als den dreiviertelstündigen Vortrag mit anschließender Fahrt soll nach Wien gehen. Hier ist Dr. Werner Hanak jeden Mitstreiter.“ Fragerunde. der Verbindungsmann, der vor seiner Zeit als stellver- Natürlich sollen die Mitglieder des Freundeskreises auch tretender Direktor des Frankfurter Jüdischen Museums profitieren. Da sind zum einen die Veranstaltungen. Wenn Schon heute müssen er und seine Mitstreiter die große Chefkurator beim Jüdischen Museum in Wien war, dem nicht gerade ein weltbekanntes Virus die Aktivitäten bremst, Gala am 24. Februar 2021 vorbereiten. Dort soll der neue ersten seiner Art weltweit, gegründet im Jahr 1895. sind die Mitglieder gern gesehene Gäste bei Konzerten, geschaffene und mit 10.000 Euro dotierte Ludwig-Land- Lesungen und Diskussionen. So lud die Gesellschaft etwa mann-Preis zum ersten Mal vergeben werden. Als erster Die Debatte über das Selbstverständnis hat der Förderver- 2019 zu einem Symposium über Ludwig Landmann ein. Preisträger ist der in den USA lebende israelische Histo- ein längst geführt. Zu den Zielen zählt es demnach, das Er hatte als Oberbürgermeister seit 1924 mit visionärer riker Saul Friedlaender vorgesehen, der den Opfern des Museum durch Interesse und Teilhabe zu unterstützen, Kraft die Grundlagen für die Infrastruktur wie Messe und Holocaust eine literarische Stimme gab. Die Gala war ur- es im Bewusstsein der Stadtgesellschaft noch stärker zu Flughafen gelegt, ehe ihn die Nazis 1933 absetzten. sprünglich schon für den 29. März dieses Jahres geplant, verankern, Geld zu sammeln, sich für die Anerkennung

88 89 Offen und vernetzt Das digitale Museum Offen und vernetzt Das digitale Museum DAS DIGITALE MUSEUM

Seit vielen Jahren bauen wir den digitalen Auftritt des Museums stetig aus. Neben zahlreichen im Netz stattfi ndenden Aktivitäten freuen wir uns besonders auf unsere neue Onlinesammlung, die barrierefreie Zugänge zur Sammlung des Museums und Vermittlungs- angebote schaff t.

TEXT Sonja Thäder

Sichtbarkeit im Netz, Relevanz im internationalen Dis- schichte und Orte kennenlernen können. Zur Vertief- über die Museumshomepage www.juedischesmuseum.de das die Onlinesammlung zu Forschungszwecken besu- Google Arts & Culture. kurs, Trusted Source für Bild- und Objektdaten – das ung des Wissens über besondere Objekte oder Personen auf die Seite der digitalen Sammlung. Neben einer ein- chen. Forscherinnen und Forscher sollen anhand von Erleben Sie unsere sind nur einige Gründe, um ein Museum in den digita- der jüdischen Geschichte entwickeln wir kontinuierlich fachen Suche können die Ergebnisse gefi ltert, Favoriten Schlagworten, Zeit- und geographischen Angaben Onlineausstellungen len Raum zu erweitern. Aus diesem Grund hatte das Jü- Onlineausstellungen auf Plattformen wie Google Arts gesammelt und abgespeichert werden. Neben Objekt- schnell die passenden Objekte fi nden. Wichtig ist dabei, dische Museum Frankfurt 2016 eine digitale Strategie & Culture. fotos gibt es Audios, Videos und Verlinkungen zu weiter- dass von vornherein gefi ltert werden kann, ob bspw. nur für die Dauer von fünf Jahren aufgesetzt. Nächstes Jahr führenden Seiten. lizenzfreie Bilder in den Ergebnissen angezeigt werden werden wir das gesteckte Ziel erreicht und barrierefreie Eine digitale Sammlung sollen. Zwei weitere bedeutende Zielgruppen bilden Zugänge zur Sammlung und Vermittlungsangebote ge- / Barrierefreiheit und semantisches Web Schülerinnen und Schüler sowie interessierte Besucher schaff en haben. Unsere digitale Transformation umfasst Im zweiten Halbjahr 2020 wird das JMF nun seine eigene Die Website ist responsiv für alle Endgeräte nutzbar. und Besucherinnen („Schlendernde“). Für die soll die dabei die Bereiche Kommunikation, Forschung und digitale Sammlung launchen. Sie ist zentraler Bestand- Damit sie den EU-Richtlinien entsprechend barrierefrei Onlinesammlung die Möglichkeit bieten, sich vor und Vermittlung. teil des Erneuerungsprozesses des Museums mit der ist, wird sie nach den Vorgaben BITV 2.0/WCAG 2.0 nach ihrem Besuch einen Eindruck von der Sammlung Entwicklung neuer Zugänge zu jüdischer Geschichte und eingerichtet und getestet. Eine entsprechende Selbstaus- zu verschaff en oder einfach in den Sammlungsbereichen Social Media und Website Kultur. Barrierefreie Zugänge zur Sammlung und zu kunft wird auf der Website erteilt. Das Hosting erfolgt zu stöbern. Darüber hinaus soll die Sammlung mit ihren Vermittlungsangeboten sollen sowohl mit der Neueröff - nach den Maßgaben der DSGVO. Aber auch innerhalb Themen und Geschichten die Möglichkeit geben, sich Social Media Angefangen hat es mit der Aufrüstung der Kommunika- nung der analogen Ausstellung als auch im digitalen des semantischen Webs gelten besondere Regeln: Für über spezifi sche Sachverhalte, Biographien etc. zu infor- tionsabteilung. 2016 wurde die Stelle einer/s Social-Me- Raum erfahrbar sein. Die digitale Sammlung wird daher eine bessere Verknüpfung und Auffi ndbarkeit wird die mieren. Dort werden den Interessierten passende Objek- dia-Redakteur*in geschaff en, um unsere Plattformen auf einen Nukleus zwischen den Bereichen Forschung, Ver- Verwendung von Normdaten empfohlen. Das JMF ver- te aus der Sammlung, aber auch weiterführende Artikel, @juedischesmuseumff m Facebook, Instagram, Twitter und Youtube auszubauen. mittlung und Kommunikation bilden und die Ausgangs- wendet die Gemeinsame Normdatei der Deutschen Medien etc. vorgestellt. Langfristig sollen über den Hub Unsere Kommunikation hat dadurch neben den klassi- plattform für zukünft ige Sammlungs- und Vermittlungs- Nationalbibliothek (GND) und den Thesaurus des Jüdi- auch Open Educational Ressources zur Verfügung ge- schen Printmedien strategisch gezielt ein neues Pu- projekte bilden. schen Museums Berlin – beide sind mit dem Art and stellt werden, auf die Pädagogen und Pädagoginnen, juedischesmuseumff m blikum generiert, dass hauptsächlich über die sozialen Architecture Thesaurus gemappt. Dadurch führen wir Erzieher und Erzieherin und Dozent und Dozentin zu- Netzwerke nach Ausstellungen, Veranstaltungen und In- Das Ziel ist, unsere Objekte und Geschichten aus den bei uns eine national und international standardisierte greifen und diese nachnutzen können. formationen sucht, diese kommentiert und weiterver- Sammlungen Kunst, Geschichte, Judaica, Gegenwarts- Datenpfl ege ein. Twitter@jmfrankfurt teilt. Dieser Nachrichtenweg ist eng mit der Website des kulturen, Familie Frank Zentrum und Archiv online Mediaguide für die Ausstellungen Museums www.juedischesmuseum.de verzahnt, die 2018 zugänglich zu machen. Es folgt daher dem Prinzip von / Wir sammeln Objekte und Geschichten relauncht wurde. Seit 2019 werden auf unserem Blog Open Access, indem Bild- und Textmaterialien, sofern Die Onlinesammlung hat über die Funktion des klassi- Nach dem Launch der digitalen Sammlung soll 2021 Jüdisches Museum „Gedibber“ regelmäßig tagesrelevante und zeitgeschicht- dies rechtlich möglich ist, lizenzfrei bzw. als CC by schen OPACS hinaus die Form eines Vermittlungs-Hubs, der letzte Schritt innerhalb der fünfj ährigen Strategie Frankfurt / liche Themen in Zusammenarbeit mit unseren Samm- SA 4.0 zur Verfügung zu stellen. in dem Geschichten, Biografi en sowie mediale Ergän- erfolgen: die Konzeption und Umsetzung eines Media- Jewish Museum FFM lungen und Ausstellungen erörtert. All dies wird wieder- zungen einen gleichrangigen Stellenwert neben den guides. 2016 wurde bereits eine native App für die Dau- um über die Social-Media-Kanäle kommuniziert. Über die eigene digitale Sammlung hinaus soll dies Sammlungsobjekten einnehmen. Diese Materialien sol- erausstellung des Museums Judengasse realisiert. Diese langfristig über die Verknüpfung zu europa- und welt- len für Forscherinnen und Forscher und Besucher und wird aber überarbeitet und angepasst werden müssen, Museums-App und Onlineausstellungen weit bekannten Onlineplattformen wie der Deutschen Besucherinnen gleichermaßen informierend und nach- da der Mediaguide sowohl in den Standorten Museum Digitalen Bibliothek (DDB), Europeana und Wikimedia nutzbar sein. Der Hub soll somit die digitale Anlaufstelle Judengasse und Rothschild-Palais als auch in den Wech- Für die Museumsvermittlung werden nicht nur On-Site- geschehen. des Jüdischen Museums als Kompetenzzentrum Jüdi- selausstellungen benutzt werden soll. Formate, sondern auch raumunabhängige digitale Ange- scher Geschichte in Frankfurt und Hessen bilden. bote entwickelt. Speziell für Schulklassen und Familien / Wie sieht diese digitale Sammlung aus? produzierte das JMF in Kooperation mit dem Histori- Für den Launch geht das Jüdische Museum mit 350 Ob- / Für wen ist die Onlinesammlung? schen Museum 2018 die App „Unsichtbare Orte“ mit jekten aus der neuen Dauerausstellung an den Start. Nut- Eine zentrale Zielgruppe bilden Wissenschaft ler und der die die Nutzer und Nutzerinnen im Stadtraum Ge- zer und Nutzerinnen gelangen über Suchmaschinen oder Wissenschaft lerinnen sowie das Museumskollegium,

90 91 Offen und vernetzt Wissenschaftliche Kooperationen Offen und vernetzt Wissenschaftliche Kooperationen

Als „Museum ohne Mauern“ generiert das Jüdische Mu- Bildungs- und Kultureinrichtungen haben. Vor diesem seum im Verbund mit Frankfurter und internationalen Hintergrund setzt das Symposium neue Impulse für wissenschaft lichen und zivilgesellschaft lichen Institutio- eine interdisziplinäre Bildungsarbeit und die Vernetzung nen Wissen, das es in weiterer Folge auf seinen Ausstel- zwischen kulturellen und politischen Bildungseinrich- lungs-, Veranstaltungs-, Publikations- oder Social-Media- tungen. Im Mittelpunkt stehen neue Methoden und An- Kanälen weitervermittelt. Ziel ist, das Bewusstsein für sätze in der Bildungsarbeit und Sprache, die zu einer di- jüdische Geschichte und Kultur zu stärken und damit versitätssensiblen und transkulturellen Verständigung einen Beitrag zu leisten, dass in Europa aufgeklärte und beitragen. Bei den Konferenzen „Das jüdische Frankfurt“ zivile Gesellschaft en fortbestehen, in deren Mitte Jüdin- und „Politische Dimensionen kultureller Bildung“ ist nen und Juden leben wollen und können. aufgrund der Corona-Pandemie die Teilnahme vor Ort auf wenige Plätze beschränkt, digital sind die Tagungen Das Jüdische Museum Frankfurt blickt auf eine lange gegen Anmeldung jedoch voll partizipativ zugänglich. Tradition fruchtbarer wissenschaft licher Kooperationen zurück. Rund um die Wiedereröff nung, in Vorbereitung Eine permanente Zusammenarbeit verbindet das Jüdische DAS der ersten Wechselausstellungen, aber auch in der täg- Museum mit dem Fritz Bauer Institut zur Geschichte und lichen Sammlungs- und Vermittlungsarbeit sind diese Wirkung des Holocaust, von 2007 bis 2019 unterhielten Kooperationen von eminenter Bedeutung. Anlässlich die beiden Institutionen gemeinsam das Pädagogische der Eröff nung wollen wir jene Institutionen, mit denen Zentrum. Im Mittelpunkt stehen weiterhin der wissen- wir derzeit besonders intensiv zusammenarbeiten, schaft liche und pädagogische Austausch sowie gemein- JÜDISCHE hervorheben und auch unseren Dank aussprechen: same Veranstaltungen und Tagungen.

Ein wichtiger Partner ist die Johann Wolfgang Goethe- Ebenfalls auf Basis einer permanenten Kooperation, Universität in Frankfurt. Im Vorfeld unserer ersten Wech- jene mit dem Leibniz-Institut für jüdische Geschichte selausstellung „Die weibliche Seite Gottes“ veranstalteten und Kultur – Simon Dubnow (DI), konnte das Jüdische MUSEUM wir im Januar 2020 mit dem LOEWE-Schwerpunkt Re- Museum in den letzten Jahren die konzeptionell Ent- ligiöse Positionierung, der Martin-Buber-Professur für wicklung der Ausstellung „Unser Mut. Juden in Europa Jüdische Religionsphilosophie und dem Seminar für 1945–48“ erstellen, die das Museum ab März 2021 zeigt. Judaistik die internationale Konferenz „The Female Side Grundlegend für die Konzeption und die sowohl auf of God: Representations of a Suppressed Tradition“. Deutsch als auch auf Englisch im De Gruyter Verlag er- VERNETZT scheinende wissenschaft liche Publikation war das 2017 Gemeinsam mit der Martin-Buber-Professur für Jüdische abgehaltene Symposium „Building from Ashes. Jews in Religionsphilosophie und der in Frankfurt neu entste- Postwar Europe (1945–1950)“. An der Tagung waren neben henden Jüdischen Akademie des Zentralrats der Juden dem Dubnow-Institut auch das Fritz Bauer Institut und in Deutschland lädt das Jüdische Museum vom 29. No- das Seminar für Judaistik der Johann Wolfgang Goethe- SICH vember bis zum 1. Dezember 2020 zur internationale Universität in Frankfurt beteiligt. Konferenz „Das jüdische Frankfurt. Geistes- und Kultur- geschichte von der Emanzipation bis zum Beginn des Die Ausstellung „Unser Mut. Juden in Europa 1945–48“ Nationalsozialismus“. Hier stehen unter anderen neue wird auch während ihrer Laufzeit von zwei Konferenzen Das Jüdische Museum Frankfurt blickt auf eine lange Tradition Betrachtungen zur Emanzipation aus rechtlicher und begleitet. Für März 2021 ist das Symposium „Zwischen- fruchtbarer wissenschaftlicher Kooperationen zurück. Wir freuen sozialer Perspektive, zur Revolution von 1848, zur Bil- zeiten. Zur jüdischen Diaspora in Europa“ geplant, zu uns auch in der kommenden Zeit auf viele Kooperationen, Tagungen dung, Bürgerlichkeit, zu den religiösen Strömungen im dem zahlreiche internationale Historikerinnen und His- und Workshops im Zuge unserer Neueröff nung. jüdischen Frankfurt sowie zur Situation der Frauen im toriker wie Diana Pinto oder Bernard Wasserstein ge- 19. Jahrhunderts an. Mit seiner gerade neu eröff neten wonnen werden konnten. Der Blick richtet sich dabei TEXT Dauerausstellung zur jüdischen Geschichte Frankfurts auf die jüdische Gegenwart in Europa. Refl ektiert wird Dr. Werner Hanak bietet das Jüdische Museum bei dieser Konferenz eine die paradoxale Situation, dass jüdisches Leben wieder inspirierende Diskursbühne, insbesondere für neue stärker bedroht ist, die Mitgliedszahlen in den jüdischen Überlegungen zur Geschichtsschreibung und Vermitt- Gemeinden europaweit zurückgehen, während immer lung von jüdischer Geschichte und Kultur. mehr junge Jüdinnen und Juden ihr Jüdischsein selbst- bewusst artikulieren und eine Pluralität an jüdischen Noch kurz davor, vom 12. bis 13. November 2020, lädt Stimmen an die europäische Öff entlichkeit dringt. das Jüdische Museum gemeinsam mit der Bundeszen- trale für politische Bildung zu seinem Eröff nungssym- Im Juni 2020 folgt eine Konferenz, die das Thema der posium „Politische Dimensionen kultureller Bildung“ Ausstellung „Unser Mut. Juden in Europa 1945–48“ noch ein. Hier stehen die Fragen „Wie kann der zunehmenden einmal in historischer und pädagogischer Hinsicht auf- Polarisierung von Gesellschaft begegnet werden?“ und fächert. Sie thematisiert die unmittelbare Nachkriegszeit „Was ist die Aufgabe von Museen in diesem Zusammen- als europäisch-jüdischen Erinnerungsraum und hinter- hang?“ im Mittelpunkt. Ausgangspunkt der Vorträge, fragt ihre Bedeutung für die Konstruktion der heutigen Diskussionen und Workshops sind die Folgen, die die jüdischen Gemeinschaft en in Europa. Kooperationspart- Kulturalisierung politischer Strategien und die Politisie- ner ist wieder die Jüdische Akademie des Zentralrats der rung von Kulturproduktion für die Bildungsarbeit von Juden in Deutschland.

92 93 Offen und vernetzt Kooperationspartner Offen und vernetzt Kooperationspartner

Ein Schwerpunkt der Bildungsarbeit im Jüdischen Mu- Jüdische Gemeinde Frankfurt 94 seum sind der Kontakt und die Zusammenarbeit mit Oben: Workshop mit anderen Organisationen sowohl auf lokaler, regionaler, Der Bereich Bildung und Museumspädagogik arbeitet Schülerinnen und nationaler als auch internationaler Ebene. Im Folgenden auf verschiedenen Ebenen mit der Jüdischen Gemeinde Schülern im Rahmen berichten wir von einigen wichtigen und nachhaltigen zusammen. Wir bieten Projekte zu ausgewählten jüdi- des Projekts Kooperationen. Alle mit uns verbundene Institutionen schen Feiertagen, spezielle Workshops für Kindergarten, „Mutausbruch“ zu erwähnen, würde den Rahmen dieses Formats sprengen. Hort und jüdische Schule an. Erstmals gab es auch eine gemeinsame Gedenkveranstaltung zum 9. November Unten: Zeitzeugen- Schulkooperationen mit Schülern und Schülerinnen aus der Lichtigfeld- gespräch in der Henry Schule und der Louise-von-Rothschild-Schule. Regel- und Emma Budge- Ein herausragendes Ziel unserer Bildungsarbeit ist die mäßige Fortbildungen für Lehrer und Lehrerinnen der Stiftung lebendige, anschauliche Vermittlung jüdischer Themen. jüdischen Schule gehören ebenfalls zur Kooperation. * Heinz Hesdörffer So entwickelten wir als erstes Museum in Frankfurt Bil- sel. A dungspartnerschaften mit Schulen in der Region. Der ers- Zentralrat der Juden in Deutschland 30. Januar 1923 – te Vertrag wurde mit der Louise-von-Rothschild-Schule 3. Mai 2019 während einer Pressekonferenz unterzeichnet. Die neue Wir sind oft Partner der in Frankfurt ansässigen Bildungs- Art der Zusammenarbeit beinhaltet Workshops, Leh- abteilung des Zentralrats bei Tagungen und bieten dort rerfortbildungen, Museumsführungen, Beratung und Vertiefungsangebote an. Wir planen und leiten gemein- Unterstützung bei Präsentationen und Referaten über same Seminare und erarbeiten Themen, die sich mit ak- jüdische Themen. Inzwischen sind sechs Schulen Ko- tuellen Fragen des jüdischen Lebens heute in Deutsch- operationspartner des Jüdischen Museums. Die Zusam- land beschäftigen. menarbeit führt zu einer Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Mit dem Projekt Schalom Aleikum – jüdisch-muslimi- scher Dialog pflegt der Zentralrat einen offenen Aus- Drei Tage – drei Orte – drei Religionen tausch zwischen jüdischen und muslimischen Akteuren der Zivilgesellschaft. Da wir im Museum bei diesem Das Projekt Interkultureller Dialog eröffnet Schülerin- Thema über eine langjährige Erfahrung verfügen, fragte nen und Schülern aller Schulformen die Chance, die uns der Zentralrat, ob wir unsere Expertise in dieses Pro- drei monotheistischen Religionen Christentum, Juden- jekt einbringen könnten. Wir beraten und planen die tum und Islam kennenzulernen und gegenseitige Vorur- schulbezogenen Veranstaltungen im Vorfeld mit dem teile abzubauen. Die Schulklassen beschäftigen sich in Team in Berlin. Workshops im Jüdischen Museum, im Bibelhaus Erleb- nismuseum und in der Merkez-Moschee mit den drei MUTausbruch! Der Evonik-Azubi-Tag Religionen. Sie lernen Unterschiede und Gemeinsam- keiten und somit auch Toleranz im Umgang mitein- Zusammen mit Vertretern des Chemiekonzerns Evonik ander. Das seit Jahren sehr erfolgreiche Projekt wird Industries haben wir ein Fortbildungskonzept für Berufs- vom Lions Club Frankfurt Museumsufer und der anfänger und -anfängerinnen aus dem Konzern entwi- Peter-Fuld-Stiftung voll finanziert, so dass für die teil- ckelt. Unter dem Namen MUTausbruch setzen sich die nehmenden Klassen keine Kosten entstehen. Auszubildenden in ganztägigen Fortbildungen mit der Geschichte der Evonik-Vorgängergesellschaften in der Frankfurt – Stadt der Vielfalt NS-Zeit und mit Antisemitismus und Diskriminierung der Gegenwart auseinander. Zur Kooperation gehört Zuwanderung prägt die Stadt am Main seit Jahrhunder- auch die Unterstützung und Beratung der Antidiskrimi- Das Museum und seine Arbeit nach ten. Heute setzt sich die Bevölkerung Frankfurts aus nierungsarbeit des Fan- und Jugendhauses von Borussia draußen tragen. Seit vielen Jahren ist rund 170 verschiedenen Nationen zusammen. Das Pro- Dortmund. dies Aufgabe von Manfred Levy sowie jekt soll Jugendlichen Geschichte und Geschichten der seinen Kolleginnen und Kollegen in der Migration anschaulich näherbringen. Die Museen der AEJM – Association of European Jewish Museums Bildung und Vermittlung. Stadt, die sich mit Geschichte beschäftigen, laden dazu ein, sich mit der Frage zu beschäftigen, was Migration International sind wir Teil des Verbandes der europäi- TEXT für den einzelnen Menschen und die Gemeinschaft der schen jüdischen Museen. Wir nehmen regelmäßig an Manfred Levy Stadtbewohner und -bewohnerinnen bedeutet hat. deren Tagungen und Netzwerktreffen im pädagogischen Bereich teil. Eine besondere Mitarbeit hat sich in den Lebendige Geschichte – vergangenen Jahren entwickelt. So haben wir im Auftrag Zeitzeugengespräche in der Budge-Stiftung von AEJM vor Ort jüdische Museen in Europa beraten. Unser Wissen und unsere Erfahrung half den jüdischen Ein wichtiger Kooperationspartner ist die Henry und Museen in Oslo, Vilnius, Istanbul und Auschwitz, neue Emma Budge-Stiftung in Frankfurt. Hier leben Juden Konzepte der Vermittlung zu entwickeln, ihre Guides und Nichtjuden unter einem Dach. Das interreligiöse zu schulen und alternative Workshops zu planen. Konzept der Budge-Stiftung bietet unseren Gruppen UNSERE Hessisches Innen- und Kultusministerium die Möglichkeit, gelebtes Judentum zu erfahren, die koschere Küche kennenzulernen, eine Synagoge zu besichtigen und ins Gespräch mit Zeitzeugen zu kom- Hier sei besonders die Kooperation mit den beiden Mini- men. Gerade die unterschiedlichen Erfahrungen und sterien im Rahmen der Netzwerk-Lotsenausbildung er- KOOPERATIONS Erlebnisse der Bewohner des Seniorenheims machen wähnt. Mit dem Aufbau von Netzwerk-Lotsen wird die die Zeitzeugengespräche zu einem lebendigen und an- Grundlage für eine zukunftsorientierte Regionalisierung schaulichen Geschichtsunterricht, wie er in der Schule der Präventionsarbeit in Schulen geschaffen. Die Lotsen so nicht erfahren werden kann. agieren bei Fragen und Konfliktfällen im Kontext ex- tremistisch motivierten Verhaltens als unmittelbare PARTNER Ansprechpersonen und beraten Lehrkräfte, Schüler- innen und Schüler sowie Elternbeiräte kompetent über bestehende Hilfsangebote. Hier steuern wir Fortbil- dungsbausteine bei.

94 95 Jüdisches Museum Frankfurt Magazin zur Eröff nung 06 PRO GRAMM ÜBERSICHT

97 Programmübersicht Eröff nungsprogramm Programmübersicht Eröff nungsprogramm

November 2020 ERÖFFNUNGS Donnerstag 20.00 Uhr Gesprächsabend Saal und Foyer

Gesprächsabend mit PROGRAMM 05. Josef Schuster und Peter Frey

Oktober 2020 – Februar 2021 Mit mahnenden und klaren, immer aber auch besonnenen Stellungnahmen hat sich der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland Josef Schuster großes persönliches Ansehen erworben. Im Gespräch mit ZDF-Chef- redakteur Peter Frey unterhält er sich über die Fragen: wie sicher fühlen sich Jüdinnen und Juden in Deutschland heute? Was sind seine Erwartungen an die nicht-jüdische Mehrheitsgesellschaft ? Was kann und soll sie gegen Judenhass und Fremdenfeindlichkeit tun? Welche Perspektiven gibt es für ein selbstverständ- liches Judentum in Deutschland? Dabei werden wir auch mehr über den Menschen Josef Schuster und sein Leben erfahren. Oktober 2020 Eine Veranstaltung der Gesellschaft der Freunde und Förderer des Jüdischen Museums e.V. Eintritt frei. Anmeldung unter: [email protected] Sonntag 19.00 Uhr Eröff nung Bibliothek

Dienstag 19.00 Uhr Podiumsdiskussion Saal und Live-Übertragung Feierliche Eröff nung der Georg Heuberger Bibliothek 25. Podiumsdiskussion zur jüdischen (postsowjetischen) Nach Jahren des Wartens ist es nun soweit: Unsere Museumsbibliothek erstrahlt in neuem Antlitz. Im Lichtbau unseres neueröff neten Hauses hat Gegenwartsliteratur sie ihr neues zu Hause und erhält in diesem Zuge auch einen neuen Namen: 17. Georg Heuberger Bibliothek. Namensgeber ist unser Gründungsdirektor des Jüdischen Museums, der ab 1988 das Museum wie seine Bibliothek für viele Die gegenwärtige deutschsprachige Literaturlandschaft ist geprägt von Jahre geprägt hat. Wir freuen uns, den lichtdurchfl uteten Lesesaal als Ort der Schift stellern, die in ihren publizistischen und literarischen Arbeiten zu- Begegnung und Bildung öff entlich vorzustellen und dabei insbesondere den nehmend Themen und Fragen der aktuellen politischen und gesellschaft - Namensgeber Georg Heuberger würdigen zu können. lichen Ereignisse verhandeln. Das Podium versammelt für diesen Abend die Perspektiven dreier deutschsprachiger Schrift stellerinnen, die sich – nicht In Kooperation mit der Gesellschaft der Freunde und Förderer sowie der Familie Heuberger nur aber auch – als jüdische Personen aus der ehemaligen Sowjetunion mit diesen Eintritt frei. Anmeldung unter: [email protected] Fragen auseinandersetzen. Welche Themen der Erinnerungen und Selbst- und Fremdzuschreibungen werfen sie in ihrem literarischen Schreiben auf? Welche Posi- tionen in dieser Auseinandersetzung werden dabei selten sichtbar gemacht? Gibt es Allianzen innerhalb dieser Auseinandersetzungen? Ebenso werden wir auf die aktuellen Dienstag 19.00 Uhr Führung und Winetasting Dauerausstellung und Deli Werke der Autorinnen zu sprechen kommen.

Hierzu diskutieren Olga Grjasnowa, Lana Lux und Julia Grinberg. Das Gespräch wird moderiert von Marina B. Neubert. Impulsführung und Winetasting In Kooperation mit dem Hessischen Literaturforum im Mousonturm e.V. 27. Eintritt: 5 Euro, ermäßigt 2.50 Euro; Anmeldung unter: [email protected] Die jüdische Religionspraxis durchwebt den Alltag und insbesondere die Feiertage mit sinnlichen Handlungen und Ritualen. Das Licht von zwei Kerzen und der Segen über einen Becher Wein markieren den Beginn des wöchentlichen Ruhetags Schabbat und der Geruch von Gewürzen den erneuten Beginn des profanen Alltags.

Lernen sie die sinnlichen Traditionen rund um religiöse Alltagspraxen in einer Impulsführung kennen und vertiefen Sie ihre Eindrücke anschließend bei einem koscheren Wein-Tasting. Die preisgekrönte Sommelière Mia Wittstock führt Sie durch die Sinneswelt der koscheren Weine und erklärt was einen Wein koscher macht und wie Herkunft und Bodenbeschaff enheit einen Wein prägen.

In Kooperation mit FLOWDELI Eintritt: 40 Euro inkl. Weinbegleitung und Snack; Anmeldung unter: [email protected]

98 99 Programmübersicht Eröff nungsprogramm Programmübersicht Eröff nungsprogramm

November 2020 Dezember 2020

Donnerstag 19.00 Uhr Konzert Saal Dienstag 15.30 – 18.00 Uhr Lehrerfortbildung Bibliothek Die neuen Bibliotheksprogramme

Klavierkonzert auf dem 18.00 Uhr Veranstaltung mit Gabriele von Glasenapp Saal Ehrbahr-Flügel der Familie 19. Rothschild 08.

Ein Instrument der besonderen Art schmückt nun das Museum: Ein histo- Leselust in der neuen Bibliothek rischer Flügel aus der Werkstatt F Ehrbar in Wien. Pianist Gerrit Zitterbart wird darauf Werke von Komponisten präsentieren, die einen engen Umgang mit Rothschildfamilie pfl egten und für diese auch komponierten. Auf dem Lernen Sie die Schulklassenangebote unserer neuen Bibliothek kennen Podium wird es um die Besonderheit des Instruments selbst und das Verhältnis und stöbern Sie in der Literatur, die die vielfältigen Themen unseres der Familie Rothschild zur Musik gehen. Hauses aufgreift . Im Anschluss vermittelt Ihnen Prof. Dr. Gabriele von Glasenapp einen Einblick in die aktuelle Kinder- und Jugendliteratur zu jü- Moderation: Ruth Fühner, Podiumsgäste: Gerrit Zitterbart, Professur für Klavier dischen Themen. an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover, Markus Fischinger, Klavier- und Cembalobauer und -restaurator in Berlin und Sonja Thäder, Kuratorin Gabriele von Glasenapp ist Professorin für Literaturwissenschaft und Literatur- der Abteilung „Familie Rothschild“. didaktik an der Universität Köln. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören Theorie und Geschichte der Kinder- und Jugendliteratur. Eine Veranstaltung der Gesellschaft der Freunde und Förderer des Jüdischen Museums e.V. Eintritt frei. Eintritt: 5 Euro, ermäßigt 2.50 Euro Anmeldung unter: [email protected] Anmeldung unter: [email protected]

Sonntag 15.00 – 17.00 Uhr Lesung Saal Donnerstag 19.00 Uhr Gespräch Saal

Geschichten aus der Mit Räumen erzählen: Familie von Anne Frank Zum architektonischen Ensemble des 22. 10. neuen Jüdischem Museums

Die Familie von Anne Frank pfl egte einen liebevollen Briefk ontakt unter- Räume schaff en Erzählungen aber auch Platz für Begegnungen und Inter- einander. Die Korrespondenz ermöglicht es, die Familien Frank sowie die aktion. Im Gespräch mit Peter Cachola Schmal, dem Direktor des Deutschen mit ihnen verwandten Familien Elias und Stern auf einer ganz persönlichen Architektur Museums, spricht der Architekt des Jüdischen Museums Frank- Ebene kennenzulernen. Gleichzeitig ist sie ein einzigartiges Lebenszeugnis furt, Volker Staab, über unerwartete Raumerlebnisse, die Ausdruckskraft zeit- einer liberalen, deutsch-jüdischen Familie im 19. und 20. Jahrhundert. genössischer Museumsgebäude, sowie die Funktion von Museen als öff entliche Anouk Elias und ihr Onkel Oliver Elias, beide Schauspieler und Nachfahren Orte und die Kunst zwei Zeiten in einem Gebäude zu verbinden. der Familie, lesen anlässlich unserer neueröff neten Ausstellung aus der Korres- pondenz. Anschließend gibt es eine Kuratorinnen-Kurzführung durch die Familie Eintritt: 5 Euro, ermäßigt 2.50 Euro Frank Ausstellung. Anmeldung unter: [email protected]

Eintritt: 5 Euro, ermäßigt 2.50 Euro, Anmeldung unter: [email protected]

100 101 Programmübersicht Eröff nungsprogramm Programmübersicht Eröff nungsprogramm

Januar 2021 Januar 2021

Dienstag 19.00 Uhr Lesung Saal Samstag 19.00 Uhr Performance Dauerausstellung

Gabriele Tergit Junges Schauspiel Frankfurt Vom Frühling und von der Einsamkeit Premiere: Was ich nicht weiß, 19. 30. macht mich nicht heiß

Die Gerichtsreportagen, die Gabriele Tergit ab 1924 für den Berliner Performance im Rahmen des Programms »Young & Expert« Börsen-Courier, ab 1925 für das Berliner Tageblatt und ab 1929 auch für die von Martina Droste, Anna Stoß und Mitgliedern des Jugendclubs am Weltbühne in der ihr eigenen literarischen Sprache schrieb, bilden das Herz- Schauspiel Frankfurt ab 14 Jahren stück ihrer journalistischen Arbeit. Nicole Henneberg – Herausgeberin der bis- herigen Neuausgaben von Tergits Werk bei Schöffl ing & Co. ergründet, was wir Wie blicken Jugendliche heute auf »Jüdisches Leben« in Frankfurt? Was macht heute aus den sozialkritischen Reportagen über die Weimarer Rerpublik und das es aus? Und was bedeutet Leben in Communities, was kulturelle und religiöse Erstarken des Nationalsozialismus lernen können. Gleichberechtigung? Im neu eröff neten Jüdischen Museum Frankfurt erarbeitet eine inklusive Gruppe Jugendlicher aus eigenen thematischen Zugängen eine Eintritt: 5 Euro, ermäßigt 2.50 Euro; Anmeldung unter: [email protected] öff entliche Performance.

Ausstellungsthemen wie »Familiengeschichten« oder »Abwehr gegen Judenfeindschaft « bilden die Grundlage für den Forschungsprozess des jungen Ensembles. Donnerstag 19.00 Uhr Podiumsdiskussion Saal Das Jugendclubprojekt entsteht in Kooperation mit dem Jüdischen Museum Frankfurt.

Konzept und Regie: Martina Droste und Anna Stoß Gottesvorstellungen in den Fachliche Beratung: Gottfried Kößler und Kathrin Schön mit monotheistischen Religionen und Mitgliedern des Jugendclubs Geschlechterkonstruktionen Weitere Vorstellungen in Planung. 21. Tickets und Preise unter: schauspielfrankfurt.de

Gebärmutter und Schöpfung Der Mutterschoß und Barmherzigkeit sind zentrale Themen der monotheis- tischen Religionen. Welche Gottesvorstellungen können davon abgeleitet wer- den? Wie wird Weiblichkeit und Schöpfung auf der Grundlage der drei heiligen Bücher interpretiert und welche Konsequenzen haben monotheistische Gottes- Februar 2021 vorstellungen auf die Geschlechterkonstruktionen und soziale Rollen? Dazu dis- kutieren Dr. Nimet Seker, Vertretungsprofessorin für Kultur und Gesellschaft des א Islams in Geschichte, Gegenwart und Geschlechtervorstellungen, mit Rebeca Blady, Dienstag 14.00 – 18.00 Uhr Workshop Satellit, Studio Rabbinerin und Gründerin der Initiative „Base Berlin“, sowie Prof. Dr. Marie-Theres Wacker, Professorin für Altes Testament und Theologische Frauenforschung. Das Gespräch wird von Dr. Türkan Kanbicak moderiert. Vocal-Workshop mit Victoria Hanna Eintritt: 5 Euro, ermäßigt 2.50 Euro; Anmeldung unter: [email protected] 09. Sonntag 20.00 Uhr Konzert Saal und Foyer Nach der Kabbala wurde die Welt durch 22 Buchstaben erschaff en; jeder einzelne symbolisiert und bezieht sich auf ein bestimmtes Element im Universum; jeder Buchstabe hat ein genaues Signal, einen Klang und eine Konzert Frequenz im Raum. West-Eastern Divan Orchestra Die israelische Vokalkünstlerin Victoria Hanna fi ndet für ihre Workshops in hebräischen Traditionen Inspiration, die sich auf die Stimme, den Mund und die 24. hebräischen Lettern als Werkzeuge der Schöpfung beziehen. Dabei geht sie dem Einfl uss der eigenen Stimme als Instrument zur Heilung aber auch als Mittel Das weltweit gastierende West-Eastern Divan Orchestra wurde 1999 von des persönlichen und insbesondere des weiblichen Empowerments nach. Daniel Barenboim, Edward Said und Bernd Kauff mann gegründet mit dem Ziel den Dialog zwischen den Kulturen des Nahen Ostens durch die Erfah- Der Vokal-Workshop fi ndet in englischer Sprache statt. rungen gemeinsamen Musizierens zu ermöglichen. Die Orchestermitglieder Teilnahmegebühr: 25 Euro; Anmeldung unter: [email protected] sind junge israelische und arabische Musiker. Sieben Musiker, die sich in diesem Friedensprojekt engagiert haben oder es noch tun, spielen Werke von Mozart, Schubert, Brahms und Piazzolla. Sie sprechen darüber, wie sie sich kennen- und schätzen gelernt haben. Der Generalmusikdirektor der Frankfurter Oper Sebastian Weigle wird die Musiker vorstellen. Den Abend moderiert die Journalistin Ruth Fühner.

Eine Veranstaltung der Gesellschaft der Freunde und Förderer des Jüdischen Museums e.V. Eintritt frei, Anmeldung: [email protected]

102 103 Programmübersicht Eröff nungsprogramm Programmübersicht Denken ohne Geländer

Februar 2021 Mittwoch 20.00 Uhr Konzert Saal und Foyer DENKEN OHNE 10. Victoria Hanna live in Concert GELÄNDER Wir leben in einer sich rapide verändernden Welt, die es zu verstehen gilt. Mit der von Wo rhythmischer Rap auf aramäischen Hip Hop und kabbalistische Texte Hannah Arendt geprägten Wendung „Denken ohne Geländer“ lädt das Jüdische Museum trifft ist die israelische Sängerin und Künstlerin Victoria Hanna nicht weit. Frankfurt zu einer Gesprächsreihe ein, die diese Veränderungen refl ektiert und über ihre Aufgewachsen in einer orthodoxen Familie, gelingt es Victoria Hanna ihr kul- Bedeutung in unserem Zusammenleben nachdenkt. Die Gespräche fi nden in einer eigens turelles Erbe neu zu interpretieren und schafft so einen ganz eigenen musika- geschaff enen Sitzskulptur von Tobias Rehberger im Foyer des neuen Lichtbaus statt. Gast- lischen – und tanzbaren – Zugang zu philosophischen und religiösen Texten. geber der Reihe ist der Philosoph und Publizist Prof. Dr. Dr. Michel Friedman, der sich mit In ihren Performances zieht sie das Publikum in ihren Bann. Sie verwandelt seinen Gesprächspartnerinnen und -partnern über die Bedeutung eines Wortes unterhält, Buchstaben, verschluckt Silben, vokalisiert, summt, schreit, singt – und betört. das für unsere Gegenwart besonders sprechend ist. Als besonderes Highlight im Rahmenprogramm zur Weiblichen Seite Gottes läutet das Konzert von Viktoria im Jüdischen Museum das Ende der Ausstellungslaufzeit an. Eintritt: 15 Euro, ermäßigt 10 Euro; Anmeldung unter: [email protected]

Eintritt: 15 Euro, ermäßigt 10 Euro; Anmeldung unter: [email protected] November 2020 Dienstag 19.00 Uhr Lesung Saal Montag 20.00 Uhr Foyer

Buchvorstellung und Gespräch „Herzl - Eine europäische Geschichte - Hate Speech – Gespräch mit Bundes- 16. Graphic Novel“ 09. justizministerin Christine Lambrecht 1882 fl ieht der jüdische Waise Ilya Brodsky vor den Pogromen in Russland durch halb Europa. In Wien macht er die kurze aber folgenreiche Bekannt- Am 9. November steht jene Emotion im Zentrum des Gesprächs, die die schaft mit dem jungen Schrift steller Theodor Herzl. Jahre später beginnt Reichspogromnacht entfesselte und auch heute wieder vermehrt zu Tage Brodsky Antworten auf die Frage zu suchen, warum Herzl sich vom einem im tritt: Hass. Gesprächspartnerin ist die Bundesministerin der Justiz und für Habsburgerreich völlig integrierten Bohemien zum Vorkämpfer einer zionisti- Verbraucherschutz Christine Lambrecht. schen Utopie gewandelt hat. Mit eindrucksvollen Bildern erzählt dieser grafi sche Roman vom Leben und Wirken Theodor Herzls und von einer jüdischen Geschichte Europas.

Der Autor Camille De Toledo und der Zeichner Alexander Pavlenko werden anwesend sein. Moderation: Jakob Hoff mann. Die Veranstaltung fi ndet teilweise auf Englisch statt.

Eintritt: 5 Euro, ermäßigt 2.50 Euro; Anmeldung unter: besuch.jmf @stadt-frankfurt.de Eine Kooperation mit dem Institut français Frankfurt und dem Suhrkamp Verlag. Dezember 2020

Mittwoch 19.00 Uhr Konzert Saal Donnerstag 20.00 Uhr Foyer

JMF unplugged: Identität – 17. Dota 03. Gespräch mit Igor Levit

Im Rahmen der neuen Konzertreihe JMF x unplugged macht die Singer- Igor Levit ist nicht nur ein weltberühmter Pianist, sondern auch ein und Songwriterin Dota den Auft akt mit einem besonderen Programm an dezidierter Verfechter der europäischen Idee und eine weithin wahr- der Schnittstelle von Poesie und Musik. Auf ihrem 2020 erschienenen Album genommene Stimme gegen Antisemitismus. An diesem Abend spricht „Kaleko“ hat die Künstlerin die bittersüßen Gedichte der vor 45 Jahren ver- er mit Michel Friedmann über das Thema „Identität“. stor benen jüdischen Dichterin Mascha Kaleko vertont. Entstanden ist eine Samm- lung akustisch gehaltener Stücke mit tragenden Melodien voller Strahlkraft , die unplugged in den neuen Räumen des Jüdischen Museums zu hören sein werden.

Eintritt: 15 Euro, ermäßigt 10 Euro; Anmeldung unter: [email protected]

104 105 Programmübersicht Denken ohne Geländer Programmübersicht Politische Dimensionen kultureller Bildung

Januar 2021 November 2020

Dienstag 20.00 Uhr Foyer Donnerstag 16.45 – 18.00 Uhr Praxisbeispiele aus drei Museen

18.00 – 19.00 Uhr Abendessen Flying Buff et Das Böse – Gespräch mit Susan Neiman 12. 19.00 – 19.30 Uhr Begrüßung und Grußwort 26. Prof. Dr. Mirjam Wenzel und Prof. Dr. R. Alexander Lorz

Am Abend vor dem 76. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, am 26.01.2021, ist die Philosophin Prof. Dr. Susan Neiman zu Gast, um über 19.30 – 20.30 Uhr Keynote Lecture Prof. Dr. Claus Leggewie das Böse nachzudenken. Lob der Appropriation. Warum politisch-kulturelle Bildung nicht ohne Aneignung auskommen kann?

Kommentar Dr. Elke Kollar

Freitag 09.30 Uhr Begrüßung Dr. Werner Hanak

09.40 – 11.30 Uhr Impulsvortrag Peggy Piesche Museum für alle POLITISCHE 13. Beiräge aus der Museumspraxis – Soziale Gruppen im Blick Anne Gemeinhardt und Dr. Chantal Eschenfelder

DIMENSIONEN 11.30 – 13.00 Uhr Praxisbeispiele 13.00 – 14.00 Uhr Mittagspause Flying Buff et

KULTURELLER 14.00 – 14.30 Uhr Léontine Meijer-van Mensch The new defi nition of a museum by the International Council of Museums

BILDUNG 14.30– 16.00 Uhr Mike Murawski Museum as agents of change? Das Symposium wird mit der Frage: „Wie sollte politische Bildungsarbeit am Museum aussehen?“ eröff net. Anschließend werden Praxisbeispiele aus drei Museen vorgestellt und diskutiert. Am Abend beleuchten Keynote-und Impulsvorträge politische Bildung in kulturellen Einrichtungen in ihrem gesellschaft spoliti- schen Kontext. Zu Beginn des zweiten Tages stehen Zielgruppendiversifi zierung und Inklusion im Vorder- 15.00 – 16.00 Uhr Léontine Meijer-van Mensch, Mike Murawski, grund. Es folgen Praxisbeispiele aus der rassismus- und antisemitismuskritischen sowie aus der historisch- Prof. Dr. Eckart Köhne und Prof. Dr. Anja Dauschek politischen Bildungsarbeit. Ferner werden Bildungsangebote mit postkolonialen Perspektiven diskutiert und The new ICOM defi nition of a museum – künstlerische-ästhetische Ansätze im Hinblick auf ihre politische Dimension erörtert. Der Nachmittag verbindet What does it mean for museum education? das Thema des Symposiums mit der globalen Diskussion über museale Selbstverständnisse.

16.00 – 16.15 Uhr Kaff eepause November 2020 16.15 – 16.40 Uhr Was nehme ich mit? Donnerstag 13.30 Uhr Führungen durch die Dauerausstellung Saal 16.40 – 17.10 Uhr Tagungsrefl exionDeborah Krieg 14.45 – 15.30 Uhr Begrüßung und thematische Einführung Dr. Türkan Kaniçak und Dr. Sabine Dengel 17.10 Uhr Schlussworte 12. Prof. Dr. Mirjam Wenzel und Dr. Sabine Dengel 15.30 – 16.30 Uhr Eröff nungsgesprächKaren Polak und Ayse Güleç What should political education look like in museum settings? Eintritt frei. Anmeldung unter: [email protected]

106 107 Programmübersicht Konferenz: Das jüdische Frankfurt Programmübersicht Konferenz: Das jüdische Frankfurt

November 2020 November 2020

Sonntag 19.00 – 20.00 Uhr Keynote Vortrag: Die Frankfurter Jüdische Gemeinde im 19. und frühen 20. Jahrhundert Salomon Korn (Vorsitzender, Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main) KONFERENZ: 29. Moderation: Doron Kiesel (Zentralrat der Juden in Deutschland) DAS JÜDISCHE 20.00 Uhr Empfang Montag 09.00 – 11.00 Uhr Panel: FRANKFURT Der Beginn der Emanzipation in Frankfurt Vera Kallenberg (Universität Erfurt): Emanzipation, Geschlechter- und Rechtsgeschichte: Geistes- und Kulturgeschichte von der Emanzipation 30. Jüdinnen und Juden in der Frankfurter Strafjustiz bis zum Beginn des Nationalsozialismus Till van Rahden (Université de Montréal): Emanzipation und Sozialgeschichte Sonja Thäder (Jüdisches Museum Frankfurt): Die Stadt Frankfurt nimmt in der deutsch-jüdischen Geschichte einen einzigartigen Platz ein. In Frankfurt bestand lange Zeit die größte jüdische Gemeinde Deutschlands, und bis 1933 war die Stadt eines der wichtigsten Emanzipation und Wirtschaftsgeschichte Zentren jüdischen Lebens in Deutschland und in Europa. Ihre Geschichte wurde wie die wohl keiner anderen Stadt in Deutschland geprägt durch ihre jüdischen Bürgerinnen und Bürger, die einen wesentlichen Anteil daran Moderation: hatten, dass Frankfurt zu einer der bedeutendsten kulturellen und wirtschaft lichen Metropolen Deutschlands Grazyna Jurewicz (Goethe-Universität Frankfurt am Main) wurde. Frankfurt war aber auch die erste Stadt in Deutschland, die Juden zwang, in einem Ghetto zu leben, und eine der letzten, die diesen Zwang aufh ob. Von den etwa 30.000 Juden, die 1933 in Frankfurt lebten, haben nur etwas mehr als 100 den Nationalsozialismus in der Stadt überlebt. Tausende wurden in den Konzentrations- und Vernichtungslagern ermordet, viele weitere mussten fl iehen. Trotzdem hat sich die Frankfurter jüdische Gemeinde 11.00 – 11.30 Uhr Kaff eepause nach schwierigen Anfängen nach 1945 heute wieder zu einer der größten und lebendigsten in Deutschland ent- wickelt. 11.30 – 12.30 Uhr Vortrag: Die Konferenz widmet sich der Geschichte der Juden in Frankfurt als herausragendes Beispiel und als zentraler Ort für die deutsche und die hessische jüdische Geschichte, für deren kulturelle, soziale und religiöse Entwick- Susan Nashman Fraiman (Hebräische Universität Jerusalem) lung und für die Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden. Sie untersucht, wie sich Frankfurt zu einer so bedeu tenden jüdischen Stadt entwickelt hat, aber auch wie es zu einem Ort der Ausgrenzung und Verfolgung wurde, und sie diskutiert das Verhältnis der Frankfurter jüdischen Gemeinden zur Stadt Frankfurt und zu Moderation: deren jüdischen und nichtjüdischen Bewohnern. Sie fragt außerdem nach der Rolle Frankfurts für die jüdische Erik Riedel (Jüdisches Museum Frankfurt) Geschichte Hessens und nach der Bedeutung der Stadt und ihrer jüdischen Gemeinden für die Gemeinden und für die Juden in der Region und darüber hinaus. Die Konferenz bringt dafür international renommierte Wissen- schaft lerinnen und Wissenschaft ler zusammen und präsentiert die neuesten Erkenntnisse der Forschung zur 12.30 – 14.00 Uhr Mittagessen jüdischen Geistes- und Kulturgeschichte Frankfurts von der Emanzipationszeit bis zum Nationalsozialismus. Sie ist damit Teil des Projekts „Synagogen-Gedenkbuch Hessen“, das sich eine umfassende Erforschung und Dokumentation der Geschichte der hessischen jüdischen Gemeinden und ihrer Synagogen zum Ziel gesetzt hat. 14.00 – 16.00 Uhr Panel: Juden in der Frankfurter Bürgergesellschaft

Andrea Hopp (Zentrum für Antisemitismusforschung): Jüdisches Bürgertum im 19. Jahrhundert: Das Beispiel Frankfurt am Main November 2020 Saal und Live-Übertragung Heike Drummer (Jüdisches Museum Frankfurt): „Vertheidigung der bürgerlichen Gleichstellung der Juden“: Vormärz und Paulskirche. Hoff nungen. Enttäuschungen Sonntag 10.00 – 18.00 Uhr Führungen im Museum und Besuch historischer Orte Franziska Krah (Jüdisches Museum Frankfurt): Die Familie Frank

18.00 – 19.00 Uhr Begrüßung und thematische Eröff nung: Moderation: Mirjam Wenzel (Jüdisches Museum Frankfurt) Stefan Vogt (Goethe-Universität Frankfurt am Main) 29. Grußworte: Josef Schuster (Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland) 16.00 – 16.30 Uhr Kaff eepause Volker Bouffi er (Ministerpräsident des Landes Hessen) angefragt Uwe Becker (Bürgermeister der Stadt Frankfurt am Main) 16.30 – 18.30 Uhr Panel: Einführung: Doron Kiesel, Gury Schneider-Ludorff , Christian Wiese Die Wissenschaft des Judentums in Frankfurt

Christian Wiese (Goethe-Universität Frankfurt am Main): Die Etablierung der Wissenschaft des Judentums von Geiger bis Buber

108 109 Programmübersicht Konferenz: Das jüdische Frankfurt Programmübersicht Konferenz: Das jüdische Frankfurt

November 2020 Dezember 2020

Montag Rachel Heuberger (Goethe-Universität Frankfurt am Main): Dienstag 14.30 – 17.00 Uhr Panel: Nehemias Anton Nobel und das Jüdische Lehrhaus Die Frankfurter Schule Kerstin von der Krone (Goethe-Universität Frankfurt am Main): Die Freimann-Sammlung in der Frankfurter Universitätsbibliothek Philipp Lenhard (Universität München): Friedrich Pollock und der Anfang der Kritischen Theorie 30. Moderation: 01. Yael Kupferberg (Zentrum für Antisemitismusforschung): Max Horkhei- Gury Schneider-Ludorff (Augustana-Hochschule Neuendettelsau) mer Jörg Später (Universität Freiburg): Der Jenseitige: Der Nichtdazugehörige: Siegfried Kracauer, die jüdische 18.30 – 19.30 Uhr Abendessen Renaissance

Moderation: 19.30 – 20.30 Uhr Keynote Vortrag: NN Die Bedeutung Frankfurts für die Juden und die jüdische Geschichte Micha Brumlik (Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin- Brandenburg) 17.00 – 17.30 Uhr Kaff eepause Moderation: Christian Wiese (Goethe-Universität Frankfurt am Main) 17.30 – 19.00 Uhr Podiumsgespräch: Geschichtsschreibung und Vermittlung von jüdischer Geschichte und Kultur

Mirjam Wenzel (Jüdisches Museum Frankfurt) Dezember 2020 Doron Kiesel (Zentralrat der Juden in Deutschland) Stefanie Schüler-Springorum (Zentrum für Antisemitismusforschung) Hetty Berg (Jüdisches Museum Berlin) Dienstag 09.00 – 11.30 Uhr Panel: Religiöse Strömungen im Frankfurter Judentum Moderation: Eugen El Andreas Gotzmann (Universität Erfurt): Das Frankfurter Rabbinat in der Moderne. Entwicklungen und Bedeutung George Y. Kohler (Bar-Ilan Universität): Der Rabbiner Leopold Stein 01. Eintritt frei. Anmeldung unter: [email protected] Matthias Morgenstern (Universität Tübingen): Rabbiner Samson Raphael Hirsch und Dr. Isaac Breuer Cornelia Berger-Dittscheid (Augustana-Hochschule Neuendettelsau): Entstehung und Architektur der Frankfurter Synagogen

Moderation: Kathrin Schön (Jüdisches Museum Frankfurt)

11.30 – 12.00 Uhr Kaff eepause

12.00 – 13.30 Uhr Panel: Jüdische Frauen- und Geschlechtergeschichte in Frankfurt

Eva-Maria Ulmer (Frankfurt University of Applied Sciences): Jüdische Pfl egegeschichte in Frankfurt Britta Konz (Technische Universität Dortmund): Bertha Pappenheim und der Jüdische Frauenbund

Moderation: Sara Soussan (Jüdisches Museum Frankfurt)

13.30 – 14.30 Uhr Mittagessen

110 111 Programmübersicht Kinderprogramm Programmübersicht Kinderprogramm

November 2020 KINDER Sonntag 14.00 – 15.30 Uhr Vorlesesonntag Bibliothek

Wie das Chamäleon Noahs PROGRAMM 15. Arche rettete

Oktober 2020 – Februar 2021 Eine Geschichte von Yael Molchadsky, vorgelesen von Liliane Kreft

Noah und seinen Familie arbeiten hart, damit alle Tiere auf der Arche Noah zufrieden und wohlgenährt sind. Für jedes Tier und jede Art fi nden sie die richtige Nahrung – nur für die beiden Chamäleons nicht. Diese wählerischen Oktober 2020 Tierchen möchten rein gar nichts essen! Noah ist besorgt. Was wird den beiden schmecken?

Eintritt frei. Anmeldung unter: [email protected] א Sonntag 14.00 – 17.00 Uhr Saal, Bibliothek und Studio

Türen auf für Familien Donnerstag 18.00 – 19.30 Uhr Weiterbildung

25. Arbeitskreis Kinder – und Jugend- literatur zu jüdischer Geschichte und In unserem tollen Studio Alef, unserer Kinder- und Jugendbuch Biblio- thek und der neuen Dauerausstellung dreht sich einen Tag lang alles um Gegenwart unsere jüngsten Besucherinnen und Besucher. Auf sie und ihre erwachsenen 2 6. Begleitpersonen wartet ein abwechslungsreiches Programm mit vielen Mit- mach-Angeboten, Workshops und Kinderführungen im ganzen Museum. Mit Wir besprechen aktuelle Jugendromane, Kinder- und Bilderbücher sowie dabei sind natürlich auch unser Hausgeist Levi und seine Freundin, die kleine Graphic Novels zu jüdischen Themen, um Leseempfehlungen daraus abzu- Hausmilbe Fanny. leiten und neue Impulse für die pädagogische Bearbeitung setzen zu können. Der Kreis besteht aus Personen aus den Bereichen Schule, Universität, Buch- An diesem Tag ist der Eintritt in das Museum und die Teilnahme an allen Workshops handel und Bibliothek und steht Interessierten off en. frei! Anmelden kann man sich ganz einfach unter: [email protected] Der Arbeitskreis trifft sich alle 6 Wochen donnerstags um 18.00 - 19.30 Uhr. Weitere Termine: 14.01.2021, 04.03.2021 Eintritt frei. Anmeldung unter: [email protected]

November 2020 Samstag 14.00 - 15.30 Uhr Familienführung Dauerausstellung א Sonntag 14.00 – 16.00 Uhr Joffi Club Studio Familiengeschichten – Eine Mit- Schabbat Schalom mach-Führung für Groß und Klein Mit allen Sinnen durchs Museum ! 28. Ds smt bet t 01. lek ! Was haben Fotoalben, Selbstporträts, schimmernde Bäumchen und alte Briefe gemeinsam? Sie erzählen spannende und abenteuerliche Geschichten Strahlendes Kerzenlicht und duft ende Hefezöpfe. Der schönste Tag der von drei der bekanntesten Frankfurter jüdischen Familien: der Familie Woche beginnt am Freitagabend: nämlich dann, wenn drei Sterne am Frank, Rothschild und Senger. Eine Mitmach-Führung durch das neue Himmel zu sehen sind und die Kerzen der Schabbat-Leuchter angezündet Jüdische Museum für die ganze Familie. werden. Unsere Familienführungen fi nden jeden letzten Samstag im Monat um 14 Uhr statt. In unserem Schabbat Schalom-Workshop entdecken wir mit allen Sinnen Weitere Termine: 26.12.2020, 27.02.2021 die Schätze unserer Ausstellung, fi nden heraus was den Schabbat so besonders macht und backen in unserer Kinderküche köstliche Challah-Zöpfe zum Eintritt frei. Anmeldung unter: [email protected] Mitnehmen. … n ws Eintritt: 6 Euro; Anmeldung unter:[email protected] m R eh n n Hörn g t es u!

112 113 Programmübersicht Kinderprogramm Programmübersicht Kinderprogramm

Dezember 2020 Januar 2021

Sonntag 14.00 – 15.30 Uhr Vorlesesonntag Bibliothek א Sonntag 14.00 – 16.00 Uhr Joffi Club Studio

Lichterzauber an Chanukka Sammy Spiders erstes Tu Bischwat 06. Lichter, Leuchter und Dreidel 17.

Was haben Lichter, Leuchter und leckere Krapfen mit dem Wunder im Was haben Lichter, Leuchter und leckere Krapfen mit dem Wunder im einstigen Tempel in Jerusalem zu tun? Und wie feiert man heute eigentlich einstigen Tempel in Jerusalem zu tun? Und wie feiert man heute eigentlich das jüdische Lichterfest? Bei unserem Workshop entdecken wir wunder- das jüdische Lichterfest? Bei unserem Workshop entdecken wir wunder- bare Schätze in unserer Ausstellung und gestalten eigene Chanukka Leuchter bare Schätze in unserer Ausstellung und gestalten eigene Chanukka Leuchter zum Mitnehmen. zum Mitnehmen.

Eintritt: 6 Euro; Anmeldung unter: [email protected] Eintritt frei. Anmeldung unter: [email protected]

Sonntag 14.00 – 15.30 Uhr Vorlesesonntag Bibliothek Samstag 14.00 – 15.30 Uhr Lilo Lausch Programm Bibliothek

Channuka Vorlesesonntag Lilo Lausch kommt ins Museum – Auf Entdeckungsreise für eine 13. 30. wertschätzende Zuhörkultur

Was sollen die armen Dorfb ewohner bloß tun? Ihr Channukka-Fest ist von Gemeinsam mit Lilo Lausch, der neugierigen Elefantendame, geht es auf gruseligen Kobolden bedroht. Die sind fest entschlossen, jedes Channukka- Entdeckungsreise. Dabei gibt es viel zu hören: Vorschulkinder lernen erste Fest zu ruinieren, weil sie den Feiertag hassen. Aber zum Glück taucht Worte der jiddischen und hebräischen Sprache kennen und lauschen span- Herschel von Ostropol auf und sagt ihnen den Kampf an. Schafft Herschel es, nenden jüdischen Erzählungen und Liedern. die Kobolde zu überlisten und den Zauber zu brechen? Kooperationsprojekt mit der Stift ung Zuhören des Hessischen Rundfunks Eintritt frei. Anmeldung unter: [email protected] Eintritt frei. Anmeldung unter: [email protected]

Februar 2021 Januar 2021 א Sonntag 14.00 – 16.00 Uhr Joffi Club Studio א Sonntag 14.00 – 16.00 Uhr Joffi Club Wechselausstellung und Studio

Das Neujahrsfest der Bäume א Das süße Alef Bet – Ein Kinder- Urban Gardening im Studio workshop zur Wechselausstellung 10. „Die Weibliche Seite Gottes“ 07. In der jüdischen Tradition gibt es nicht nur ein Neujahrsfest für Menschen, Um ihren Schülern das hebräische Alphabet beizubringen, ließen sich sondern auch eines für Bäume und Pfl anzen. An Tu Bischwat, dem 15. Tag Lehrer früher so einiges einfallen. Einer von ihnen kam auf die clevere des Monats Schwat im jüdischen Kalender, bedanken sich Groß und Klein Idee, Kuchen in der Form der Buchstaben zu backen. Bei unserem Work- feierlich für die Fürchte der Erde. Bei unserem Workshop helfen wir der Natur shop zum Hebräischen Alphabet tun wir es ihm gleich und backen im ein bisschen auf die Sprünge und machen blumige Seed Bombs zum Mitneh- Anschluss an den Besuch der Kunstausstellung „Die Weibliche Seite Gottes“ men ganz leicht selbst. selbst leckere Buchstaben zum Naschen in unserer Kinderwerkstatt. Eintritt: 6 Euro; Anmeldung unter: [email protected] Eintritt: 6 Euro; Anmeldung unter: [email protected]

114 115 Jüdisches Museum Frankfurt Unser Team Jüdisches Museum Frankfurt Unser Team

Korbinian Böck Michaela Dittrich Arwin Mahdavi Naraghi Tanja Neumann Onlineredaktion Administration Projektkoordination Projektleitung „METAHub“

Dr. Eva Atlan Ersen Demirgöz Manfred Levy Valentino Massoglio Leitung Sammlung Leitung Gebäudemanagement Leitung Bildung Bibliothek & Archiv

Sarah Fischer Fenja Froeberg Marion Rossi Kathrin Schön Leitung Kommunikation PR & ÖA Freie Mitarbeiterin Projektmanagement „METAhub“ Leitung Vermittlung

Heike Drummer Eugenie Frank Erik Riedel Sophie Schmidt Wissenschaft liche Mitarbeiterin Projektmanagerin „Anti-Anti“ Sammlungskurator Historisch-politische Bildung

Sara Soussan Sonja Thaeder Dr. Werner Hanak Jutta Keller Kuratorin Wissenschaft liche Stellvertretender Direktor Offi ce Management Jüdische Gegenwartskulturen Museumsdokumentation

Irina Ginsburg Dr. Türkân Kanbıçak Christiane Seipp Dorothea Spillmann Freie Mitarbeiterin Bildung Outreach-Programme Besuchermanagment Leitung Verwaltung

Dr. Franziska Krah Janis Lutz Linda Wiesner Theresa Gehring Leitung Familie Frank Zentrum Wissenschaft liche Volontär Provenienzforschung Marketing

Viktor Probst Elektrotechniker

Gerhard Raupach Betriebsangestellter

Christiane Wiegleb Betriebsangestellter

Sabine Kößling Michael Lenarz Yeal Ungar Julia Zinser-Hoff mann Reinhard Wilhelm Leitung Ausstellungen Stellvertretender Direktor Freie Mitarbeiterin Assistentin Direktion & Betriebsangestellter Projektmanagement Besucherservice

116 117 Jüdisches Museum Frankfurt Magazin zur Eröffnung

Dieses Magazin ist mit der freundlichen Unterstützung der Freunde und Förderer entstanden. Wir bedanken uns sehr herzlich. FÜH- SPORT- ÖFFNUNGS- RUNGS- PRO- ZEITEN & IMPRESSUM ÜBERSICHT GR AMM PREISE

Jüdisches Museum der Bilnachweise Dienstag 18 Uhr Mittwoch 18 – 19 Uhr Di, Do 10.00 – 21.00 Uhr EINTRITT FREI Stadt Frankfurt am Main Autokolor, Berlin, 2020 (Seite 38-39); Evonik Industries AG (Seite 94), Führung durch die Yoga Mi, Fr, Sa, So 10.00 – 18.00 Uhr für Mitgliederinnen und www.juedischesmuseum.de Familie Frank Zentrum (Seite 67; Seite 68, unten); Herbert Fischer Wechselausstellung Satellit-Vermittlungsraum Mitglieder des Fördervereins, [email protected] (Seite 41); FLOWDELI (Seite 70-71); Form Fellows (Seite 52-53); Sandra „Die Weibliche Seite Gottes“ Weibliche Seite Gottes KOMBITICKET Geburtstagskinder am Tag Hauer (Seite 04; 11); Jüdisches Museum Frankfurt (Seite 38-39; 40; 60; DAUERAUSSTELLUNGEN ihres Geburtstags bei Vorlage Direktorin 68, oben; 89; 91); Zuzanna Kałużna (Seite 19); Nicci Kuhn (Seite 42); To Mittwoch 16 Uhr Mittwoch 18 – 19 Uhr Jüdisches Museum + des Ausweises, Besitzer einer Prof. Dr. Mirjam Wenzel Kühne (Seite 62); Literaturhandlung (Seite 46); Norbert Miguletz (Titel Highlight-Führung durch Feldenkrais Museum Judengasse ICOM oder einer Musuems- (V.i.S.d.P.) und Umschlag; Seiten 06-10; 16-18; Bildstrecke „Erste Einblicke“; 20; 24-28; die Dauerausstellung Saal 12 Euro uferCard, Kinder und Ju- 32-35; 41; 48; 63; 65; 72); F. Neumüller, © Maria Lassnig Stiftung / VG gendliche bis 18 Jahre, Teil- Redaktion Bild-Kunst, Bonn 2020 (Seite 78); Moritz Daniel Oppenheim, „Moses Donnerstag 18 Uhr Freitag 8 – 9 Uhr KOMBITICKET ALLE nehmerinnen und Teilnehmer Theresa Gehring mit den Gesetzestafeln“, München, 1817/18 (Seite 30-31); picturepeople Highlight-Führung durch Yoga AUSSTELLUNGEN an Outreach-Bildungspro- (Seite 118-119); Salome Roessler (Seite 05); Ariel Schlesinger (Seite 21); die Dauerausstellung Saal Wechselausstellungen + grammen des Museums Gestaltung Joan Snyder (Seite 81); Ingrid Sontacchi (Seite 82); VERITAS Art Auc- Jüdisches Museum + (für 1 Jahr) Markwald Neusitzer Identity tioneers © Anselm Kiefer (Seite 83). Sonntag 11 Uhr Aufgrund der aktuellen Museum Judengasse mnidentity.de Führung durch die Hygienemaßnahmen bitten 14 Euro Bildnachweise Programmteil: Familie Frank Zentrum (Seite 102, Wechselausstellung wir alle Teilnehmende eine Reproduktion unten); feliXbroede (Seite 107, unten); Thomas Fischinger (Seite 102, (jeden 2. Sonntag im Monat eigene Yoga-Unterlage FAMILIENTICKET ORT Studios Frankfurt GmbH oben); Henry Fournier von Unsplash (Seite 100, unten); Joachim Gern auf Englisch) mitzubringen. 20 Euro Michael Schulz (Seite 101, unten); Victoria Hanna (Seite 105, unten; 106, oben); Buch- cover „Vom Frühling und von der Einsamkeit“ (Seite 104, oben); Buch- Sonntag 16 Uhr Beginn ab dem 26.10.2020 ERMÄSSIGUNGEN Druck cover „Herzl“ (Seite 106, mitte); Thomas Köhler (Seite 107, oben); To Highlight-Führung durch Weitere Infos und Anmeldung für Studierende / Azubi / Zivi / Vereinte Druckwerke Kühne (Seite 115, unten); Thomas Lohnes (Seite 101, oben); Susan Nei- die Dauerausstellung unter: makkabi-frankfurt.de und Arbeitslose / SB Frankfurt mann (Seite 108); Norbert Miguletz (Seite 100, oben; 103, unten; 114- (jeden letzten / 4. Sonntag juedischesmuseum.de 119); Sebastian Ricci (Seite 104, mitte);Mohamed Saleh (Seite 104, un- im Monat auf Englisch) Anfahrt Illustration ten); Schauspiel Frankfurt (Seite 105, oben); Annika Weintal (Seite 106, Bertha-Pappenheim-Platz 1 von Zubinski unten); David Vig von Unsplash (Seite 117, unten). Jeden letzten Samstag 60311 Frankfurt am Main im Monat 14 Uhr Lektorat Familienführungen Michael Zuch (im Rahmen des SaTour- U Day-Programms) Russische Übersetzung WILLYBRANDTPLATZ H Valeria Livshits Ö entliche Führungen an der Erinnerungsstätte Erscheinungstermin Großmarkthalle UNSER SCHAUSPIEL FRANKFURT Oktober 2020 (in der Nähe der EZB) HYGIENE- Auflage Mittwoch 10.000 6. Januar 2021 16 Uhr KONZEPT

UNTERMAINANLAGE OPER Freitag FRANKFURT 5. Februar 2021 16 Uhr Wir haben unser Hygiene- konzept zur Vorbeugung von HOFSTR. Anmeldung unter: Ansteckungen mit COVID-19 [email protected] mit dem Gesundheitsamt Das Jüdische Museum ist Bestandteil des Frankfurter Museumsufers Partner Frankfurt abgestimmt.

P1 P2 Alle wichtigen Infor- UNTERMAINKAI mationen ’ nden Sie auf unserer Webseite: JÜDISCHES MUSEUM FRANKFURT www.juedischesmuseum.de/ BERTHAPAPPENHEIMPLATZ 1 erkunden/detail/hygienekonzept/ FUSSGÄNGERZUGANG ÜBER HOFSTRASSE WILHELMLEUSCHNERSTR.

Medienpartner H HALTESTELLE WILLYBRANDTPLATZ STRASSENBAHNLINIEN 11, 12, 14

U HALTESTELLE WILLYBRANDTPLATZ UBAHN U1, U2, U3, U4, U5, U8

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118 WIR MagazinWIR zur Erö nung des neuen Jüdischen Museums Frankfurt

JETZT JETZT SIND jüdischesmuseum.de Frnkfurt Jüdischen Museums Eröffnung desneuen Mgzin zur