Vereinszeitung Der Freunde Des Kunsthistorischen

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Vereinszeitung Der Freunde Des Kunsthistorischen Juni VEREINSZEITUNG DER FREUNDE NR. 6 DES KUNSTHISTORISCHEN MUSEUMS JUNI | JULI | AUGUST 2020 Sehr geehrte Mitglieder! Es freut mich, Ihnen ein umfangrei­ der Rubrik „Im Gespräch“. Diesmal ches Sommerprogramm an Führun­ stand Dr. Matthias Pfaffenbichler gen anbieten zu können. Da bis zum Frau Sumiko Morino Rede und Ant­ heutigen Tag nicht geklärt ist, wie in wort. Ausgehend von einer japani­ den wieder geöffneten Museen Füh­ schen Rüstung, die sich heute in rungen ablaufen sollen, haben wir Schloss Ambras befindet, spannt be schlossen, ausschließlich Veran­ sich der Bogen bis zur Thematisie­ staltungen im Freien und in weit­ rung der sich wandelnden Wertig­ räumigen Kirchen zu organisieren. keit von Kunstobjekten. Es erwarten Sie zahlreiche „Kopf Herr Simon Hemetsberger hat einen hoch!“­Führungen mit Herrn Matthias Artikel verfasst, der einen Ort ins Fichtinger, der Sie bei seinen Er­ Zentrum der Aufmerksamkeit rückt, kundungstouren durch Wien dazu der uns derzeit nur allzu bekannt einlädt, Ihren Blick über den ist: das Fenster. Ausgehend von gewohnten Horizont zu heben. einer Miniatur aus dem Stunden­ Stadtspaziergänge mit MMag. Ursula buch der Maria von Burgund, das Düriegl und Dr. Matthias Pfaffen­ sich heute in der Österreichischen bichler rücken historische und kultur­ Nationalbibliothek befindet, über © Matthias Nemmert geschicht liche Aspekte in den Fokus. das enigmatische Gemälde Samuel Mag. Manuel Kreiner unternimmt van Hoogstraten aus dem Kunst­ Touren in verschiedene Winkel Wiens historischen Museum, das einen und bietet zudem den Besuch von Mann im Fenster zeigt, wird die Ab­ Kirchen an. Mag. Angelina Piatti handlung bis in die Jetztzeit geführt: führt Sie durch fürstliche Gartenan­ Uns allen ist das Computer­Betriebs­ lagen, und Mag. Tina Walzer nimmt system Windows ein Begriff. AUF EINEN BLICK so manchen jüdischen Friedhof in S. 3 Im Gespräch Lokalaugenschein. Last but not least Da immer noch nicht abzusehen ist, sei das Angebot von Johannes Karel, ob in näherer Zukunft Auslandsreisen S. 4 Kulturgeschichte des Fensters BA, erwähnt, der Ihnen Wissens­ möglich sein werden, haben wir den S. 5 Folgen Sie uns ins Museum! wertes zu Park und Architektur der Entschluss gefasst, alle für 2020 vor­ Hermesvilla erzählen wird. gesehenen Flugreisen abzusagen und S. 14 Neue Reise ggf. auf das kommende Jahr zu ver­ Selbstverständlich finden alle Füh­ schieben. Was bleibt, ist unser An­ rungen unter Einhaltung der der gebot an Inlandsreisen. Abgesehen Covid­19­Lockerungsverordnung statt. von den Ausflügen in die Steier­ Kulturelle Veranstaltungen bleiben AKTUELLE INFORMATIONEN mark, nach Kärnten und Salzburg, derzeit auf zehn Personen be­ ZUR MUSEUMSÖFFNUNG für die es noch wenige Restplätze schränkt und an öffentlichen Orten gibt, darf ich Ihnen eine neue Reise­ 30. 5. 2020 KHM im Freien ist gegenüber Personen, destination unterbreiten: Mag. Ma­ die nicht im gemeinsamen Haushalt 1. 7. 2020 Ephesos­Museum nuel Kreiner wird Sie auf einer drei­ leben, ein Abstand von mindestens Weltmuseum tägigen Reise ins Salzkammergut einem Meter einzuhalten. Freiwillig Wagenburg begleiten. werden die Vortragenden ein Gesichts­ Schloss Ambras visier benützen und Group Guides Abschließend muss ich Sie darüber 2. 9. 2020 Schatzkammer verwenden. Das Tragen eines Mund­ informieren, dass ich Ihnen erneut 1. 10. 2020 Theatermuseum Nasen­Schutzes steht den Teilneh­ keinen Termin zur nächsten Ordent­ Hofjagd­ und merinnen und Teilnehmern frei. Im lichen Generalversammlung nennen Rüstkammer geschlossenen Kirchenraum ist dies kann. verpflichtend. Detaillierte Informa­ Sammlung alter Schönen Sommer, und passen Sie tionen finden Sie auf der ersten Musikinstrumente weiterhin gut auf sich auf! Seite des Veranstaltungskalenders. Herzlichst, In der Juni­Ausgabe der Vereinszei­ tung gibt es ein weiteres Interview Ihre Alessandra Arseni Abbildung Titelseite: Blick in die Antikensammlung des KHM © KHM­Museumsverband 2 Juni | Juli | August 2020 Im Gespräch Sumiko Morino interviewt Matthias Pfaffenbichler ist damit auch der europäische Ein­ Ich möchte dabei ganz besonders die fluss. Die Abschottung des Landes Vielfältigkeit innerhalb des Museums­ vom Rest der Welt sollte bis ins 19. verbands herausstreichen. Auch die Jahrhundert dauern. Vielzahl von Verbindungen zwischen den Sammlungen ist gänzlich faszi­ Was ist so besonders an dieser Rüs- nierend. Beim Porträt Chair­ad­Din­ tung? Sie ist ja anscheinend nicht Barbarossas, das in Ambras hängt, einmal vollständig. verweise ich auf die tatsächlich ein­ Wir schließen aus den Emblemen auf malige Sammlung der Vermeyen­ der Rüstung, dass sie Tokugawa Ieyasu Kartons im KHM. gehörte. Es gibt eine weitere Rüs­ tung in Ambras, von der wir anneh­ Ihnen gehen also auch nach fast men, dass sie Toyotomi Hideyoshi, 35 Jahren im KHM-Museumsver- einem der größten Widersacher, aber band die Themen nicht aus? auch Alliierten Ieyasus, gehörte. Das Oh nein, beileibe nicht! Niemals. Besondere an diesen Objekten ist, dass Gerade die Verquickung von Ge­ sie aus dem 16. Jahrhundert stam­ schichte und Kunst bringt einfach men. Die Mehrzahl der japanischen unendlich viele Blickwinkel und Un­ Rüstung des Tokugawa Ieyasu, 16. Jahrhundert, Rüstungen, die wir heute in Europa tersuchungsgebiete hervor. Zur Illus­ Schloss Ambras © KHM­Museumsverband sehen können, ist aus dem 19. Jahr­ tration noch einmal die Tapisserien: hundert, d. h. aus der Zeit der „Öff­ Tapisserien waren lange Zeit weit Sumiko Morino: nung“ des Landes 300 Jahre später. mehr geschätzt als Bilder! Heute ge­ Sehr geehrter Herr Pfaffenbichler, Sie Möglicherweise sind diese zwei Rüs­ hen die meisten Besucher an den haben sich bei den Kurzvideos, die tungen aus Prag, aus der Sammlung Tapisserien eher achtlos vorbei. Auch der Verein kürzlich zu produzieren Kaiser Rudolfs II. Wir wissen, dass Rüstungen hatten einen weitaus begonnen hat, zuerst für die Präsen- er gerne Exotika sammelte, und in größeren Stellenwert als Gemälde. tation eines „Yoroi“, einer japani- seinem Sammlungsinventar sind zwei Im 16. Jahrhundert hätten Sie einen schen Rüstung entschieden. Warum? „indianische Rüstungen von leichter Tizian für 200 Gulden kaufen kön­ Ich habe vor Kurzem eine Vortrags­ Materie“ verzeichnet. nen. Für eine Prunkrüstung hätte man reihe über spanische und portugie­ das Zehnfache hinlegen müssen. Heute Indianische Rüstungen? sische Geschichte vorbereitet. Dabei hat sich „der Wert“ umgedreht. Mit Ja, damals wurde alles, was die Por­ hat mich der Aspekt der Globalisie­ solchen Betrachtungen gibt es im­ tugiesen aus dem Fernen Osten mit­ rung besonders gereizt, die im 16. Jahr­ mer auch einen aktuellen Bezug brachten oder was von dort kam, als hundert von Portugal mit ihrer domi­ und damit stellt man Relevanz her. „indianisch“ kategorisiert. Dass bei nanten Seemacht vorangetrieben Welche Funktion hat ein Verein wie den Rüstungen keine Schwerter wurde. Tokugawa Ieyasu, dem die unserer in einer globalisierten Welt? mehr dabei sind oder Teile fehlen, beschriebene Rüstung zugeschrieben Er hat die ganz wichtige Funktion, das liegt zum Teil an dem Umstand, wird, ist der Shogun in Japan, der Museum in der lokalen Bevölkerung dass die Sammlungen der Habsbur­ die Einbindung in diese portugiesi­ zu verankern. Wie uns die Corona­ ger oft „umzogen“. Damals, in der sche Expansion miterlebt und dann, Pandemie zeigt, ist Österreich auf­ Zeit der Wunderkammern, sammelte auf dem Höhepunkt seiner Macht, grund seiner Kleinheit mehr auf ein man ganz anders. Man hat die sein Land strikt isoliert. Die Portu­ internationales Publikum für seine Schwerter und andere Teile wahr­ giesen waren zur Zeit seiner Geburt großen Museen angewiesen als andere, scheinlich anderswo ausgestellt oder erstmals nach Japan gekommen und vergleichbare Sammlungen, etwa in gelagert, und sie sind im Laufe der hatten mit den lokalen Fürsten Paris oder New York. Deren unmittel­ Zeit verloren gegangen. Kyushus, der größten südlichen Insel bares Einzugsgebiet zählt mehrere des japanischen Archipels, einen luk­ Es ist mir aufgefallen, und es hat Millionen Leute, während Wien ge­ rativen Handel mit Korea und China mich gefreut, dass Sie bei Ihren rade mal zwei Millionen hat. Somit ist aufgebaut. Diese Periode heißt in Videobeiträgen Objekte ausgesucht es wichtig, die Wenigen, die sich für Japan die „Zeit der streitenden Rei­ haben, die nicht der Gemäldegalerie ein Kunstmuseum interessieren, zu fin­ che“, wie der Name schon sagt, eine angehören. Sollte nicht das Ver- den und nachhaltig zu begeistern. Man innenpolitisch äußerst instabile und ständnis mehr gefördert werden, muss die Sammlungen in vielerlei konfliktreiche Zeit. Das von Ieyasu dass wir es mit einem Museums- Hinsicht besser zugänglich machen. begründete Tokugawa­Shogunat be­ verband gleichwertiger, einzigartiger Herr Pfaffenbichler, wir danken für reitet dieser 1603 ein Ende. Zu Ende Sammlungen zu tun haben? das Gespräch. Juni | Juli | August 2020 3 Von Gebetsbüchern zu Windows Eine kleine Kunstgeschichte des Fensters kleidete Maria mit dem Jesuskind, umringt von Hofdamen, Engeln und einer männlichen Rückenfigur, die ihr huldigen und das Kind an­ beten. Der namentlich nicht be­ kannte Buchmaler benutzt den Fensterdurchblick, um den Betrach­ tern sichtbar zu machen, was tat­ sächlich nur die betende Herzogin vor ihrem „inneren“ Auge sehen kann: die über natürliche Erschei­ nung der Gottesmutter. Dass das Fenstermotiv nicht immer einen Mehrwert an Sichtbarem bringt, zeigt ein herausragendes Gemälde des Kunsthistorischen Museums: Im 1653 datierten Gemälde „Alter Mann im Fenster“ verweigert
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