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KREISATLAS ZUR VERTRAGSÄRZTLICHEN VERSORGUNG

Region Vertragsärztliche Versorgung Weitere Leistungsanbieter Morbidität Inhalt

INHALT ...... 2

1 VORWORT ...... 3

2 EINLEITUNG ...... 4

2.1 DIE KASSENÄRZTLICHE VEREINIGUNG RHEINLAND-PFALZ (KV RLP) ...... 4 2.2 HERAUSFORDERUNGEN FÜR DIE VERTRAGSÄRZTLICHE VERSORGUNG ...... 5 2.2.1 Ärztemangel ...... 5 2.2.2 Demographischer Wandel ...... 7 2.2.3 Multimorbidität...... 7 2.2.4 Bereitschaftsdienstorganisation ...... 8

3 DIE REGION: KREIS AHRWEILER ...... 9

3.1 SIEDLUNGS- UND VERWALTUNGSSTRUKTUR ...... 10 3.2 BEVÖLKERUNG: ENTWICKLUNGEN UND STRUKTUREN ...... 12 3.3 SOZIOÖKONOMISCHE INDIKATOREN ...... 21

4 VERTRAGSÄRZTLICHE VERSORGUNG ...... 23

4.1 STRUKTUREN DER VERTRAGSÄRZTESCHAFT ...... 23 4.1.1 Vertragsärztezahlen und Tätigkeitsformen ...... 23 4.1.2 Altersstruktur ...... 25 4.1.3 Räumliche Verteilung ...... 26 4.2 BEDARFSPLANUNG ...... 29 4.3 BEREITSCHAFTSDIENSTORGANISATION ...... 34 4.4 HAUSÄRZTLICHE VERSORGUNG ...... 37 4.4.1 Zukünftige Entwicklung ...... 37 4.4.2 Erreichbarkeiten ...... 40 4.4.3 Struktur und Entwicklung der Patientenschaft ...... 42 4.4.4 Behandlungshäufigkeiten und Behandlungsbedarf ...... 45

5 WEITERE LEISTUNGSANBIETER DES GESUNDHEITSWESENS ...... 49

5.1 STATIONÄRE VERSORGUNG ...... 49 5.2 ANBIETER UND EINRICHTUNGEN MEDIZINISCH-PFLEGERISCHER LEISTUNGEN...... 51

6 MORBIDITÄT: KRANKHEITSLAST UND KRANKHEITSSPEKTREN ...... 52

7 VERZEICHNISSE...... 59

7.1 VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN ...... 59 7.2 VERZEICHNIS DER TABELLEN ...... 60 7.3 QUELLENVERZEICHNIS ...... 61

Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 3

1 Vorwort

Die ambulante medizinische Versorgung der Bevölkerung kann derzeit nur deshalb als gesichert gelten, weil viele Ärzte zugunsten der Versorgung ihrer Patienten selbstausbeuterisch enorme Arbeitsbelastungen auf sich nehmen und zum Teil bis ins hohe Alter hinein praktizieren. Frei werdende Arztsitze, vor allem auf dem Land, können bereits heute nicht alle wieder besetzt werden. Die Altersverteilung der Ärzte zeigt deutlich auf, womit wir in den kommenden Jahrzehnten zu rechnen haben: Die Zahl der nachrückenden Ärzte wird kleiner, die Zahl der nicht wieder besetzten Arztsitze größer. Wenn wir heute nicht auf allen Interventionsebenen Maßnahmen gegen diese drohende Entwicklung ergreifen, wird ein Versorgungsengpass bisher nicht bekannten Ausmaßes wie ein Tsunami auf unsere Gesellschaft zurollen. Zuerst wird er die strukturschwachen ländlichen Regionen treffen, dann aber auch städtische Regionen erfassen. Ziel der in dieser Broschüre vorgestellten Auswertungen der Versorgungsforschung der KV RLP ist es, insbesondere den Entscheidungsträgern der Städte und Landkreise einerseits Informationen über die derzeitigen Versorgungstrukturen zur Verfügung zu stellen und andererseits diese mit den Entwicklungsprognosen bis zum Jahr 2030 zu konfrontieren. Beides - Strukturdaten und Prognosen – sind unabdingbare Basisinformationen für die Planung effizienter altersgerechter und nachhaltiger kommunaler Anpassungsstrategien. Die Vorbereitung auf die bis zum Jahr 2050 sich zuspitzenden Auswirkungen des demographischen Wandels und das Abwenden von dramatischen Versorgungsengpässen bedarf der Intervention auf allen gesellschaftlichen Ebenen. Ohne umfassende und nachhaltige Maßnahmen - auch des Gesetzgebers - zur Steigerung der Attraktivität des Arztberufes werden alle kommunalen Anstrengungen zur Sicherstellung einer dauerhaften medizinischen Versorgung auf gewohntem Niveau ins Leere laufen. Die Kommunen müssen die Rahmenbedingungen für eine altersgerechte Infrastruktur schaffen. Gelingt dies nicht, werden ländliche Regionen als Wohnsitz für eine alternde Gesellschaft zunehmend unattraktiv, zudem sinkt auch die Wahrscheinlichkeit, funktionierende medizinische Versorgungsstrukturen zu erhalten oder aufzubauen. Städte und Kommunen stehen daher unmittelbar in der Verantwortung, altersgerechte kommunale Anpassungsstrategien zu entwickeln und nachhaltig voranzutreiben. Die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz steht als Ansprech- und Kooperationspartner selbstverständlich zur Verfügung.

Dr. Sigrid Ultes-Kaiser Dr. Peter Heinz Dr. Klaus Sackenheim Vorsitzende des Vorstandes Stellvertretender Vorsitzender Mitglied des Vorstandes des Vorstandes 4 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

2 Einleitung

2.1 DIE KASSENÄRZTLICHE VEREINIGUNG RHEINLAND-PFALZ (KV RLP)

Die KV RLP stellt als eine von 17 KVen im Bundesgebiet die ambulante medizinische Versorgung in Rheinland-Pfalz sicher. Als Körperschaft des Öffentlichen Rechts und Organ der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen sind mehr als 7.000 rheinland- pfälzische Ärzte und Psychotherapeuten, die gesetzlich Krankenversicherte behandeln, in ihr als Mitglieder organisiert. Bei der gesetzmäßigen Durchführung der vertragsärztlichen und vertragspsychotherapeutischen Versorgung unterliegt die KV RLP der Aufsicht durch das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demographie des Landes Rheinland-Pfalz. Gegenüber ihren Vertragspartnern, den Krankenkassen vertritt die KV RLP die Rechte, Pflichten und wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder. Für sie schließt sie Honorarverträge über die Gesamtvergütung ab, die von den Krankenkassen für die ambulante Versorgung gezahlt wird. Sie wickelt die Abrechnung der Mitglieder mit den Krankenkassen ab und regelt die Verteilung des Honorars. Weiterhin unterstützt sie ihre Mitglieder in Angelegenheiten des Praxisalltags. Die KV RLP sorgt im Rahmen des ihr übertragenen Sicherstellungsauftrages dafür, dass genügend Ärzte und Psychotherapeuten zu jeder Tages- und Nachtzeit für die rund 4 Millionen Bürger des Landes in der Nähe ihres Wohnorts zur Verfügung stehen und koordiniert hierzu auch den ärztlichen Bereitschaftsdienst. Sie gewährleistet darüber hinaus, dass die Qualität in der ambulanten medizinischen Versorgung dauerhaft hoch bleibt. Sie setzt sich ein für die Wahrung von Freiberuflichkeit und Niederlassungsfreiheit sowie für das Recht auf freie Arzt- und Psychotherapeutenwahl. Des Weiteren unterstützt die KV RLP Patienten bei der Suche nach einem geeigneten Arzt oder Psychotherapeuten und bietet Veranstaltungen zu Gesundheitsthemen an. Die KV RLP trifft ihre Entscheidungen frei durch die von ihren Mitgliedern gewählten Organe, die Vertreterversammlung und den Vorstand. Die Entscheidungen sind für alle Mitglieder bindend. Die KV RLP ist für Ihre Mitglieder und alle Interessenten als Ansprechpartner in Rheinland-Pfalz präsent. Neben Ihrem Hauptsitz in Mainz unterhält sie drei Regionalzentren in Koblenz, Neustadt an der Weinstraße und Trier. Mehr Informationen unter www.kv-rlp.de

Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 5

2.2 HERAUSFORDERUNGEN FÜR DIE VERTRAGSÄRZTLICHE VERSORGUNG

Der vom Gesetzgeber erteilte Sicherstellungsauftrag (§ 72 SGB V) verpflichtet die KV RLP im Rahmen des gesetzlich festgelegten Umfangs (§ 73 Abs. 2 SGB V), die vertragsärztliche Versorgung bestehend aus Hausärzten, Fachärzten und Psychotherapeuten jederzeit an allen Orten für jeden gesetzlich Versicherten in Rheinland-Pfalz zu garantieren. Diese anspruchsvolle Aufgabe ist durch gesellschaftliche und organisatorische Umbrüche vor zahlreiche Herausforderungen gestellt, denen sich die KV RLP stellt, um ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen. Als Beispiele für diese Herausforderungen an die derzeitige und zukünftige vertragsärztliche Versorgung sind zu nennen: . Ärztemangel . Demographischer Wandel . Wandel der Krankheitsmuster (Multimorbidität) . Bereitschaftsdienstorganisation

2.2.1 ÄRZTEMANGEL

KANN DER WIEDERBESETZUNGSBEDARF VON ARZTSITZEN IN DEN REGIONEN GEDECKT WERDEN?

Die bis Anfang des Jahrtausends beschworene „Ärzteschwämme“ ist in der öffentlichen Diskussion inzwischen dem Thema „Ärztemangel“ gewichen. Politik und Bürger müssen vielfach realisieren, dass zukünftig regionale und fachgruppenspezifische Versorgungsengpässe drohen könnten, insbesondere wenn sich die Rahmenbedingungen für die Tätigkeit als Vertragsarzt nicht dem gesellschaftlichen Wandel anpassen. Die derzeitige Altersstruktur der Vertragsärzteschaft erfordert noch in diesem Jahrzehnt die Wiederbesetzung von 54 Prozent der Hausarztversorgungsaufträge.1 Ausgedrückt in Kopfzahlen sind derzeit etwa 1.400 praktizierende Hausärzte in Rheinland-Pfalz bereits älter als 54 Jahre, knapp 900 sogar älter als 60 Jahre. 2 Die potentiell nachrückenden Medizinerjahrgänge präferieren nach ihrer Facharztausbildung in der Mehrheit nicht mehr die klassische Tätigkeit als freiberuflicher niedergelassener Vertragsarzt. Die Tätigkeit als Hausarzt in ländlichen Regionen wird zudem als unattraktiv angesehen, denn insbesondere Großstädte bieten Arbeitsmöglichkeiten und Arbeitsbedingungen auch außerhalb des Vertragsarztwesens, mit denen sich Familie, Beruf und Freizeitaktivitäten besser vereinbaren lassen.

1 Unter der Annahme des Medianabgangsalters für Hausärzte von 62 Jahren. 2 Arztregister der KV RLP (Stichtag 31.12.2013). 6 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

Die Möglichkeiten anderer Organisations- und Praxisformen als die der Einzelpraxis, wie zum Beispiel die Arbeit als Angestellter in Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) oder die Gründung von Überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften (BAG), tragen dieser Entwicklung in Form von steigenden Tätigkeitsanteilen Rechnung. Die KV RLP bemüht sich intensiv um die Niederlassung von neuen Vertragsärzten, um dem drohenden Ärztemangel zu begegnen. Dafür hat sie ein umfangreiches Maßnahmenbündel erarbeitet. Dieses beinhaltet im Einzelnen:

. Niederlassungsberatung und betriebswirtschaftliche Beratung . Finanzielle Förderung von Lehrbeauftragten im Bereich Allgemeinmedizin . Finanzielle Förderung der Weiterbildung im Bereich Allgemeinmedizin . Einrichtung einer Koordinierungsstelle für Weiterbildung . Famulaturbörse für Medizinstudenten . KV RLP-Lotsen für neu niedergelassene Vertragsärzte . Bereitschaftsdienstorganisation durch Bereitschaftsdienstzentralen (BDZ) . Unterstützung bei Gründungen und Anstellungen auf dem Land . Kooperation mit dem Sanitätsdienst der Bundeswehr . Werbemaßnahmen und Veranstaltungen für die Vertragsarzttätigkeit

Insbesondere durch die Niederlassungs- und betriebswirtschaftliche Beratung im Vorfeld einer Niederlassung, können neben umfangreichen Informationen über den Vertragsarztsitz auch Ratschläge für Praxisfinanzierung und -management gegeben werden. Zusätzlich unterstützt ein persönlicher Lotsenservice alle neu zugelassene Ärzte in den ersten zwei Jahren ihrer Tätigkeit in allen Fragen des Vertragsarztsystems. Auch bei einem Ausbau der ärztlichen Tätigkeit durch die Gründung von Zweigpraxen und Anstellung weiterer Ärzte zur Verbesserung der Versorgungslage auf dem Land unterstützt die KV RLP ihre Mitglieder. Weitere Maßnahmen der KV RLP setzen schon im Medizinstudium an, um künftige (Land)-Ärzte für die Vertragsärztliche Tätigkeit zu gewinnen. Neben der finanziellen Förderung von Studium und Weiterbildung im Fachbereich Allgemeinmedizin runden zahlreiche Veranstaltungen das Angebot ab.

Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 7

2.2.2 DEMOGRAPHISCHER WANDEL

ALTERSSTRUKTURWANDEL DER PATIENTENSCHAFT

Der wohl größte gesellschaftliche Wandel wird auch das System der vertragsärztlichen Versorgung vor große Herausforderungen stellen. Die zu versorgende Bevölkerung wird zahlenmäßig weniger, älter und sich noch mehr auf die Ballungsgebiete konzentrieren. Diese Strukturveränderungen werden regional sehr unterschiedliche Auswirkungen auf die Bevölkerungsentwicklung und Altersstrukturen haben. Insbesondere in ländlich strukturierten und peripher gelegenen Gebieten wird sich eine Bevölkerungsstruktur ergeben, die bedingt durch ihren Altersaufbau einen anhaltend hohen Bedarf an wohnortnahen medizinisch ambulanten Leistungen nachfragen wird.

2.2.3 MULTIMORBIDITÄT

WANDEL DER KRANKHEITSBILDER

Die Kenntnis zukünftiger, regional sehr unterschiedlich verlaufender Entwicklungen der Patientenzahlen ist für die Planung einer optimalen ambulanten Versorgung von ebenso entscheidender Bedeutung wie die Kenntnis des Aufkommens bestimmter Krankheiten in den einzelnen Regionen. Diese Faktoren bestimmen den regionalen Behandlungsbedarf. Als Gradmesser der Morbidität (Krankheitslast) der Bevölkerung können vor allem die häufigsten chronischen Krankheiten wie zum Beispiel Hypertonie, Diabetes mellitus und Ischämischer Herzkrankheit dienen. Des Weiteren sind auch die Häufigkeiten von Alterskrankheiten wie Demenz und Rheuma sowie psychosozialer Krankheiten wie Depression zu betrachten. Da diese chronischen Krankheiten zumeist nicht singulär, sondern in Kombinationen auftreten, spricht man von Multimorbidität. Die dadurch entstehenden Krankheitsbilder, die bedingt durch den Demographischen Wandel zunehmen werden, erfordern eine hohe Intensität von Arzt-Patienten-Kontakten. Gerade in ländlichen und peripheren Gebieten mit überdurchschnittlich hohen Altersgruppenanteilen jenseits der 64- Jährigen, wird dies große Herausforderungen für die niedergelassenen Hausärzte mit sich bringen. In diesem Zusammenhang stellt sich dort auch die Frage nach der Erreichbarkeit der ambulanten Versorgung. Auf die dafür benötigten Behandlungspfade wurde seitens der Vertragspartner bereits reagiert, etwa mit Einführung von speziellen Chronikerprogrammen (DMP) und der Chronikerpauschale. Die im geschilderten Sinne als Multimorbidität definierten Fälle erfordern zumeist nicht akutmedizinisch-stationäre Interventionen, sondern in erster Linie begleitende ambulante Behandlungsprozesse. Insofern wird ihr Anstieg vor allem Auswirkungen 8 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

auf den ambulanten Sektor und damit die niedergelassenen Vertragsärzte haben und zu einer weiteren Steigerung der Bedeutung einer wohnortnahen hausärztlichen Versorgung beitragen.

2.2.4 BEREITSCHAFTSDIENSTORGANISATION

OPTIMIERUNG DER VERSORGUNG AUßERHALB DER SPRECHZEITEN

Die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz ist gesetzlich verpflichtet, die ambulante Versorgung auch außerhalb der regulären Sprechstunden ihrer Vertragsärzte zu jeder Zeit sicherzustellen. Um einen flächendeckenden Bereitschaftsdienst auch zukünftig gewährleisten zu können, befindet sich die Bereitschaftsdienstorganisation im Bereich der KV RLP in einem Prozess der Neustrukturierung. 2014 wird es eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung durch Bereitschaftsdienstzentralen in Trägerschaft der KV RLP geben.

Diese können durch die neue bundesweit einheitliche Rufnummer 116 117 schnell und zuverlässig telefonisch erreicht werden, ohne dass in der lokalen Presse erst nach dem diensthabenden Arzt gesucht werden muss. Die Bereitschaftsdienstzentralen bieten durch ihre infrastrukturelle Ausstattung die optimalen medizinischen Voraussetzungen für die ambulante Versorgung der Bevölkerung außerhalb der Sprechzeiten. Da sie vielerorts an Krankenhäusern angegliedert sind, steht den Patienten im Bedarfsfall sofort weiter führende Diagnose und Therapie zur Verfügung. Weiterhin werden durch die Bereitschaftsdienstzentralen Hausbesuche koordiniert und durchgeführt.

Die Optimierung der Organisationsstrukturen im Bereitschaftsdienst ist ein wichtiges Instrument, um die Attraktivität der vertragsärztlichen Tätigkeit zu steigern. Insbesondere in Regionen, in denen durch eine geringe Arztdichte die Frequenz zu leistender Dienste für den einzelnen Vertragsarzt hoch ist, wird es immer schwieriger Interessenten für vakante und zukünftig nachzubesetzende Vertragsarztsitze zu finden. Die flächendecke Errichtung von Bereitschaftsdienstzentralen ist somit ein wichtiger Schritt, um Vertragsärzte in ländlichen Räumen zu entlasten und so im Wettbewerb um junge Mediziner bestehen zu können.

Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 9

3 Die Region: Kreis Ahrweiler

Abbildung 1: Übersichtskarte

10 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

3.1 SIEDLUNGS- UND VERWALTUNGSSTRUKTUR

Der Kreis Ahrweiler liegt im Nordwesten von Rheinland-Pfalz und grenzt an die Landkreise Neuwied, Mayen-Koblenz und Vulkaneifel. Im Norden grenzt der Kreis Ahrweiler an die nordrhein-westfälischen Kreise Euskirchen, Rhein-Sieg und die kreisfreie Stadt Bonn. Die Siedlungsschwerpunkte liegen im Nordosten des Kreisgebietes an der und am Rhein, während in der Hohen nur verstreut liegende Siedlungskerne vorzufinden sind (vgl. Abbildung 2). Aktuell leben 126.102 Einwohner im Kreis Ahrweiler auf einer Fläche von 787 km². Dadurch ergibt sich eine Bevölkerungsdichte von 160 Einwohnern pro Quadratkilometer, welche im Landesvergleich (208 Einwohner pro Quadratkilometer) unterdurchschnittlich ist.3 Der Verkehrs- und Siedlungsflächenanteil beträgt durchschnittliche 14 Prozent. Den höchsten Wert unter den Landkreisen weist hier der Rhein-Pfalz-Kreis mit 22 Prozent Verkehrs- und Siedlungsflächenanteil und einer Bevölkerungsdichte von 504 Einwohnern pro Quadratkilometern auf. Der Kreis Ahrweiler gliedert sich in 4 Verbandsgemeinden und 4 verbandsfreie Gemeinden, von denen mit 26.934 Einwohnern die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler gleichzeitig die bevölkerungsreichste Gebietseinheit im Kreis ist.4 Insgesamt weisen nur 19 der 74 Gemeinden im Kreisgebiet mehr als 1.000 Einwohner auf, von denen Bauler mit 61 Einwohnern die wenigsten aufweist. Die Siedlungsklassifizierung in Deutschland weist den Kreis Ahrweiler als zentral gelegenen ländlich geprägten Raum aus, der durch umfangreiche Pendlerverflechtungen geprägt ist.5 Ein Auspendleranteil von 50 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bestätigt dies.6 Hauptziel der Pendlerströme ist sicherlich die Rheinschiene, die vor allem durch die Bundesautobahn A61 erreicht werden kann und somit auch direkte Anschlüsse an die nationalen und transeuropäischen Hauptverkehrsachsen bestehen. Daneben durchqueren für den überregionalen Verkehr wichtige Bundesstraßen den Kreis. Das nächstgelegene Oberzentrum kann demzufolge in durchschnittlich 35 Minuten PKW-Fahrzeit erreicht werden, was dem Bundes- und Landesschnitt entspricht.7 Die durchschnittlichen PKW-Fahrzeiten zu den nächstgelegenen Mittelzentren liegen mit 11 Minuten ebenfalls im Landesschnitt.8 Die Erreichbarkeiten dieser Mittelzentren sind insbesondere für die Betrachtung der medizinischen Versorgungslage einer Region von Bedeutung, da diese zumeist die nächstgelegenen Fachärzte 1. Ordnung9 und Krankenhäuser der Grundversorgung beheimaten.10

3 Statistik RLP: Regionaldaten. (Stand 31.12.2013). 4 Statistik RLP (Stand 31.12.2013). 5 Statistik RLP: Regionaldaten (Stand 31.12.2013). 6 Statistik RLP: Regionaldaten (Stand 31.12.2013). 7 INKAR 2013. 8 INKAR 2013. 9 Arztgruppen der allgemeinen fachärztlichen Versorgung : Augenärzte, Chirurgen, Frauenärzte, Hautärzte, HNO- Ärzte, Kinderärzte, Nervenärzte, Orthopäden, Psychotherapeuten, Urologen. 10 INKAR 2013. Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 11

Abbildung 2: Siedlungs- und Verwaltungsstruktur

12 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

3.2 BEVÖLKERUNG: ENTWICKLUNGEN UND STRUKTUREN

In diesem Kapitel sollen die Entwicklungen und Strukturen der Bevölkerung in der Region als der bestimmende Einflussfaktor auf die Nachfrage ambulanter medizinischer Versorgungsleistungen beschrieben und analysiert werden. Dabei ergeben sich folgende Fragestellungen: . Lassen sich aus der Bevölkerungsentwicklung der letzten Jahre anhaltende Trends ablesen, die im Hinblick auf die Region belastbare Prognosen über die zukünftige Anzahl und Struktur der Bevölkerung ermöglichen? . Wie gestaltet sich der demographische Wandel in der Region bis zum Jahr 2030? . Weist die Region hierbei im Landesvergleich Besonderheiten auf, die sich kritisch auf die zukünftige ambulante Versorgung auswirken könnten?

Die seit etwa 40 Jahren unverändert anhaltende demographische Entwicklung in Deutschland ist geprägt durch das Zusammenwirken einer konstant niedrigen Geburtenrate (1,4 Kinder pro Frau) und einer weiterhin steigenden Lebenserwartung. Auf Basis dieser Faktoren können relativ zuverlässig Vorhersagen über den zukünftigen Altersaufbau unserer Bevölkerung getroffen werden. Auch mögliche Außenwanderungsgewinne durch Migration können diese Strukturveränderungen kaum beeinflussen. Prognoseunsicherheiten bei regionalen Betrachtungen bezüglich Bevölkerungszahlen und Bevölkerungsaufbau bestehen vor allem in der Vorhersage der Binnenwanderungsbewegungen zwischen den Regionen. Diese Betrachtung gewinnt immer mehr an Bedeutung, da in Deutschland die regionalen Disparitäten zwischen Wachstums- und Schrumpfungsregionen immer mehr zunehmen. Die ohnehin stark zurückgehende junge Bevölkerung der ländlich peripheren und strukturschwachen Regionen wird durch die städtischen Wachstumsregionen immer stärker angezogen. Diese Wanderungsbewegungen verstärken den durch den Sterbeüberschuss verursachten Bevölkerungsrückgang in den ländlichen Regionen, während einige Städte diesen durch Zuzug kompensieren können. Es findet sozusagen ein Kannibalisierungsprozess zwischen den einzelnen Regionen statt. Der Kreis Ahrweiler ist einer der wenigen ländlichen Kreise, die 2013 keinen negativen Wanderungssaldo aufgewiesen haben und dadurch ihr Geburtendefizit ausgleichen konnten, so dass im Jahr 2013 die Bevölkerung um 1,9 pro 1.000 Einwohner gewachsen ist. Allerdings konnten Großstädte wie Koblenz ihr Geburtendefizit durch Zuzug im noch stärker überkompensieren und sind demzufolge spürbar gewachsen (vgl. Tabelle 1). 11

11 Statistik RLP. Regionaldaten (Stand 31.12.2013). Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 13

Tabelle 1: Kreis Ahrweiler im sozio-demographischen Vergleich

Demographische Kennzahlen Kreis Ahrweiler Stadt Koblenz auf 1.000 Einwohner 2013 Geburten 7,3 9,4 Sterbefälle 11,9 12,3 Geburtendefizit -4,6 -2,9 Zuzüge 45,3 77,8 Fortzüge 38,8 67,1 Wanderungssaldo +6,5 +10,7 Bevölkerungsentwicklung +1,9 +7,8 (Geburtendefizit + Wanderungssaldo)

Die Disparitäten zwischen Wachstums- und Schrumpfungsregionen sind in Rheinland- Pfalz deutlich ausgeprägt. Bei Betrachtung der Bevölkerungsentwicklung in den Kreisen zwischen 2005 bis 2012 lässt sich ein deutliches Muster erkennen. Während die Regionen der südlichen Rheinschiene und die Region Koblenz eine stabile Bevölkerungsentwicklung aufwiesen, waren in der Westlichen Pfalz, im Hunsrück und der Eifel zum Teil deutliche Bevölkerungsrückgänge zu verzeichnen (vgl. Abbildung 3). Deutliches bis starkes Bevölkerungswachstum trat lediglich in der Region Trier, sowie den Städten Mainz und Landau auf.

14 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

Abbildung 3: Bevölkerungsentwicklung 2005 bis 2012

Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 15

Die Bevölkerung im Kreis Ahrweiler ist zwischen 2005 und 2012 um etwa 3 Prozent geschrumpft, während sie im Landesdurchschnitt nur etwas über 1 Prozent gesunken ist. Die Entwicklung ist in einzelnen Altersgruppen und zwischen den Geschlechtern recht unterschiedlich verlaufen, lässt aber die Tendenzen der demographischen Entwicklung erkennen (vgl. Abbildungen 4-6).

Abbildung 4: Bevölkerungsentwicklung 2005 bis 2012 nach Altersklassen und Geschlecht im Kreis Ahrweiler

Während die Einwohnerzahlen in den Altersgruppen der 45- bis 64-Jährigen und der über 80-Jährigen sichtlich angestiegen sind, ist bei den Altersgruppen der 0- bis 17- Jährigen und der 18- bis 44-Jährigen ein deutlicher Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen (vgl. Abbildung 4). Bei der Altersgruppe der über 80-Jährigen hat insbesondere die männliche Bevölkerung signifikant um 44 Prozent zugenommen. Insgesamt ist diese Altersgruppe mit 18 Prozent am stärksten gewachsen (vgl. Abbildung 5).

Abbildung 5: Bevölkerungsentwicklung 2005 bis 2012: Kreis Ahrweiler und Rheinland- Pfalz

Die beschriebenen Bevölkerungsentwicklungen beeinflussen dementsprechend die Entwicklung der Altersstrukturen in den jeweiligen Gebietseinheiten bis 2030 (vgl. 16 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

Abbildung 7) - insbesondere die Altersgruppen der über 64-Jährigen. Diese werden 2030 im Landesschnitt mehr als ein Drittel der Bevölkerung stellen.

Abbildung 6: Altersgruppenanteile 2012 und 2030: Kreis Ahrweiler und Rheinland-Pfalz

Insgesamt wird die Bevölkerung bei einer Fortschreibung der bisherigen Entwicklungen und unter den Annahmen12, wie sie das Statistische Landesamt in seiner dritten regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung für das Jahr 203013 angewandt hat, im Kreis Ahrweiler mit etwa 8 Prozent stärker als im Landesschnitt sinken (vgl. Abbildung 7).

Abbildung 7: Bevölkerungsprognose 2012 bis 2030: Kreis Ahrweiler und Rheinland-Pfalz

12 Geburtenrate konstant bei 1,4 Kindern, gleichbleibende regionale Wanderungssalden, jährlicher Wanderungsgewinn von 4000 Personen für Rheinland-Pfalz, steigende Lebenserwartung auf 89,2 Jahren bei Frauen und 85 Jahren bei Männern bis 2060. 13 Rheinland-Pfalz 2030: Dritte kleinräumige Bevölkerungsvorausberechnung für die verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden, Ergebnisse für den Kreis Ahrweiler, Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz. Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 17

Der überdurchschnittlich starke Rückgang der Bevölkerung im Kreis Ahrweiler bis zum Jahr 2030 lässt sich zusätzlich gut durch das Maß des Altenquotienten belegen. Dieser gibt das Verhältnis der Erwerbstätigenbevölkerung im Alter von 20 bis 64 Jahren zur Bevölkerung über 64 Jahren an. Im Jahr 2010 lag dieser im Kreis Ahrweiler bei einem Wert von 38 über dem Landesschnitt von 33, d.h. es kamen auf 100 20- bis 64-Jährige 38 über 64-Jährige. Im Jahr 2030 wird der Kreis Ahrweiler einen noch deutlich höheren Altenquotienten aufweisen als der Landesdurchschnitt (Altenquotient 61 zu 51). Das heißt im Vergleich zum Land Rheinland-Pfalz wird die Bevölkerung hier auch 2030 stärker von Überalterung betroffen sein. Betrachtet man bei der Bevölkerungsprognose 2030 die Entwicklung in allen Kreisen von Rheinland-Pfalz, zeichnet sich ein ähnliches räumliches Muster wie die Bevölkerungsentwicklung von 2005 bis 2012 ab. Die Region Trier und die südliche Rheinschiene inklusive der Städte Neustadt und Landau müssen nur leichte Bevölkerungsverluste hinnehmen oder wachsen durch Zuwanderung sogar (vgl. Abbildung 8). Zwar wird auch dort der Rückgang der unter 18-Jährigen sichtbar, jedoch weniger dramatisch als in den Abwanderungsregionen. Der Anstieg der Zahl der über 80- Jährigen dagegen wird in den Wachstumsregionen deutlich stärker ausfallen, da die Verschiebung der Bevölkerungsanteile in die höheren Altersgruppen hier zeitverzögert stattfindet. Die Bevölkerung altert hier sozusagen nach (vgl. Abbildung 9 und 10).

18 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

Abbildung 8: Bevölkerungsprognose 2030 für Rheinland-Pfalz (Mittlere Variante)

Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 19

Abbildung 9: Bevölkerungsprognose 2030 für Rheinland-Pfalz: Unter 18-Jährige (Mittlere Variante)

20 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

Abbildung 10: Bevölkerungsprognose 2030 für Rheinland-Pfalz: Über 80-Jährige (Mittlere Variante)

Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 21

Eine der Eingangsfragestellungen dieses Kapitels war, ob der Kreis Ahrweiler regionale Besonderheiten hinsichtlich der zu erwartenden Bevölkerungsstrukturveränderungen aufweist und inwieweit sich dies kritisch auf die ambulante Versorgung auswirken könnte. Der Kreis Ahrweiler weist hier in der Tat regionale Besonderheiten auf. Die Bevölkerung wird stärker schrumpfen als im Landesschnitt und die Intensität des demographischen Wandels wird, insbesondere durch den überdurchschnittlich starken Rückgang der unter 65-Jährigen Wohnbevölkerung, intensiver ausfallen. Die Herausforderung für die Sicherstellung der ambulanten Versorgung im Kreis Ahrweiler besteht somit in der Zunahme der älteren Patientenschaft und den damit verbundenen Behandlungsbedarf.

3.3 SOZIOÖKONOMISCHE INDIKATOREN

Neben sozio-demografischen Indikatoren zur Bevölkerungsentwicklung, -Struktur und - Mobilität, die den Kreis Ahrweiler kennzeichnen, sind in der weiteren Betrachtung auch sozio-ökonomische Indikatoren für die Beschreibung regionaler Unterschiede und ihre Auswirkungen auf Bedarf sowie Inanspruchnahme der ambulanten Versorgung von Interesse. Es wurde bereits erwähnt, dass der Kreis Ahrweiler durch Pendlerströme intensiv mit anderen Regionen verflochten ist. Dies ist jedoch nur ein Aspekt der Sozial-, Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Einkommenssituation. Bei der Betrachtung verschiedener sozioökonomischer Indikatoren im regionalen Vergleich lässt sich folgende Situation erkennen (vgl. Tabelle 3). Der Kreis Ahrweiler weist einen überdurchschnittlichen hohen Anteil von Pflegebedürftigen auf, was deutlich die ländliche Struktur dieses Kreises unterstreicht. Nur fünf Landkreise weisen höhere Werte auf. Typisch für die Wirtschaftsstruktur ist ein überdurchschnittlich hoher Anteil des tertiären Sektors, nach dem Kreis Cochem-Zell der zweithöchste aller Landkreise in Rheinland- Pfalz. Dementsprechend ist der Anteil des sekundären Sektors an den Beschäftigten deutlich unterdurchschnittlich ausgeprägt. Die daraus resultierende Wirtschaftskraft liegt deutlich unter dem Landesdurchschnitt und die darauf basierende Einkommenssituation weist ebenfalls unterdurchschnittliche Werte auf. Allerdings gehören die Anteile der Langzeitarbeitslosen und Grundsicherungsempfänger zu den niedrigsten im Landkreisvergleich.

22 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

Tabelle 2: Sozioökonomische Regionalindikatoren auf Kreisebene im Vergleich14 Kreis Rheinland- Höchster Niedrigster Regionalindikatoren Ahrweiler Pfalz Wert Wert

Sozialstruktur

Ein-Personen-Haushalte 35,0 35,6 46,9 29 (in % der Haushalte)

Pflegebedürftige (je 10.000 Einwohner) 339 282 409 203

Schulabgänger ohne Abschluss 4,1 5,6 10,3 1,4 (in % der Schulabgänger)

Wirtschaftsstruktur

Erwerbstätige Sekundärer Sektor 22,4 32,9 45,2 10,3 (in % der Erwerbstätigen)

Erwerbstätige Tertiärer Sektor 75,0 66,1 89,4 51,9 (in % der Erwerbstätigen)

Erwerbstätigenquote 78,8 79,3 83,4 71,2 (in % der Erwerbsfähigen Bevölkerung)

Beschäftigtenstruktur und

Arbeitslosigkeit

Anteil hoch qualifizierter Beschäftigter 6,0 8,1 17,6 2,9 (in % der Beschäftigten)

Anteil Beschäftigter ohne Ausbildung 14,6 15,9 21,5 13,5 (in % der Beschäftigten )

Langzeitarbeitslose (in % der Arbeitslosen) 27,1 32,0 41,2 20,7

Wirtschaftskraft

Bruttoinlandsprodukt 54,3 60,2 98,7 45,7 (in 1.000 € je Erwerbstätigen)

Bruttowertschöpfung 48,5 53,8 88,2 40,8 (in 1.000 € je Erwerbstätigen)

Gewerbesteuereinnahmen 254 412 1.058 117 (in € je Einwohner)

Einkommenssituation

Arbeitnehmerentgelte (in € je Arbeitnehmer) 2.488 2.794 3.793 2.094

Durchschnittlicher Rentenzahlbetrag (in €) 770 779 911 624

Grundsicherungsempfänger 6,8 9,4 20,6 4,7 (in % der Bevölkerung)

14 INKAR 2013. Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 23

4 Vertragsärztliche Versorgung

4.1 STRUKTUREN DER VERTRAGSÄRZTESCHAFT

Die ambulante medizinische Versorgung wird durch die dafür nach Maßgabe des SGB V (§95 Abs.1 Satz 1) zugelassenen Vertragsärzte und Psychotherapeuten erbracht. Sie sind für die Bevölkerung die ersten und wichtigsten Ansprechpartner in der medizinischen Versorgung. Deshalb ist neben der Kenntnis künftiger Bevölkerungsentwicklungen und -Strukturen das Wissen über die vorhandenen Strukturen der Vertragsärzteschaft von immanenter Bedeutung. Nur durch die gemeinsame Analyse der Nachfrage und Anbieterseite in der Region kann abgeschätzt werden, wie sich die Versorgungslage im weiteren Zeitverlauf voraussichtlich entwickeln wird. Dies wiederum stellt eine unabdingbare Voraussetzung dafür dar, rechtzeitig geeignete Maßnahmen zur weiteren Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung ergreifen zu können. Die Vertragsärzteschaft wird für die folgenden Analysen nach Hausärzten, Fachärzten und Psychotherapeuten gemäß der Bedarfsplanungssystematik unterteilt. Hiernach zählen zu den Hausärzten Allgemeinmediziner, Praktische Ärzte und hausärztlich tätige Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung. Alle übrigen Fachgruppen, inklusive der Kinderärzte, umfasst der Versorgungsbereich der Fachärzte. Es werden ferner nur zugelassene und angestellte Vertragsärzte erfasst. Für die Erbringung spezialisierter Leistungen ermächtigte Ärzte sind nicht Gegenstand dieser Betrachtung, weil eine vergleichbare Quantifizierung der durch sie erbrachten Versorgungsumfänge nicht erfolgen kann. In diesem Zusammenhang werden die Strukturen der Vertragsärzteschaft im Kreis Ahrweiler zunächst unter folgenden Gesichtspunkten untersucht: . Vertragsärztezahlen und ihre Tätigkeitsformen . Altersstruktur . Räumliche Verteilung

4.1.1 VERTRAGSÄRZTEZAHLEN UND TÄTIGKEITSFORMEN Bei Analysen unter Verwendung von Vertragsärztezahlen muss generell zwischen der Zählung von Personen (Kopfzahlen) und der Zählung von Vollzeitäquivalenten, den sogenannten Versorgungsaufträgen, unterschieden werden. Die Kopfzahlen spiegeln nicht den tatsächlich für die ambulante Versorgung zur Verfügung stehenden Tätigkeitsumfang der Ärzteschaft wieder. Aufgrund der Möglichkeiten zur Teilzeitanstellung in Praxen oder hälftigen Zulassungen wird bei der Zählung von Versorgungsaufträgen nach Tätigkeitsumfängen klassifiziert. Angestellte Ärzte werden in Viertelschritten beginnend von 0,25 für bis zu zehn Wochenstunden auf bis 1,0 für mehr als 30 Wochenstunden gezählt. Zugelassene Vertragsärzte werden entweder mit 24 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

0,5 (hälftige Zulassung) oder mit 1,0 (Vollzulassung) bewertet. Zusätzlich können Versorgungsaufträge in unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen verrechnet werden. Arztzahlen nach Organisations-, Praxis- und Statusformen können höher als die der tatsächlich tätigen Ärzte ausfallen, da ein Vertragsarzt durch Tätigkeiten in mehr als einer Organisations- und Statusform mehrfach gezählt werden kann. Daraus ergibt sich für den Kreis Ahrweiler folgendes Bild der Versorgungsrealität (vgl. Tabellen 3).

Tabelle 3: Vertragsärztezahl und Versorgungsaufträge (Stand 31.12.2013): Kreis Ahrweiler

Arztzahl Versorgungsaufträge

Hausärzte 82 74,8

Fachärzte 100 84,5

Psychotherapeuten 20 17,2

Gesamt 202 176,5

Die Kopfzahlen der Vertragsärzteschaft sind um 14 Prozent höher als die erteilten Versorgungsaufträge. Dies ist vor allem auf die steigende Anzahl angestellter Ärzte und zunehmender Teilzeitbeschäftigung zurückzuführen, deren Anteile an der vertragsärztlichen Versorgung seit der Einführung neuer Organisations- und Praxisformen stetig wachsen. Das Angestelltenverhältnis hat an Attraktivität gewonnen. Gründe hierfür sind das mit der Gründung oder Übernahme einer Praxis verbundene wirtschaftliche Risiko sowie die Möglichkeiten einer Teilzeitbeschäftigung als angestellter Arzt. Knapp 17 Prozent der Vertragsärzteschaft sind im Kreis Ahrweiler mittlerweile angestellt, wobei die Anstellung größtenteils in Einzelpraxen, Zweigpraxen und Medizinischen Versorgungszentren stattfindet (vgl. Tabellen 4).

Tabelle 4: Anzahl der Ärzte (Kopfzahlen) nach Organisations-, Praxis- und Statusform im Kreis Ahrweiler (Stand 31.12.2013) Arztstatus

Organisations- und Praxisform Zulassung Anstellung

Einzelpraxis 116 13

Örtliche Berufsausübungsgemeinschaft 54 3

Überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft 12 4

Zweigpraxis 17 11

Medizinisches Versorgungszentrum 0 12

Wird die Struktur der heutigen Organisations- und Praxisformen insgesamt betrachtet, so fällt auf, dass nur noch knapp die Hälfte der Vertragsärzte in der klassischen Konstellation als zugelassener Arzt in einer Einzelpraxis tätig ist. Die zugelassenen Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 25

Vertragsärzte schließen sich aber auch hier als Freiberufler zunehmend in Berufsausübungsgemeinschaften zusammen, um durch diese Organisationsmodelle organisatorische wie wirtschaftliche Synergien zu erzielen. Die neuen Organisationsmodelle bieten zusätzliche Möglichkeiten, die wohnortnahe ambulante Versorgung sicherzustellen. Medizinische Versorgungszentren decken mehrere Fachgebiete gleichzeitig ab und können auch durch zusätzliche Nebenbetriebsstätten in der Fläche präsent sein. Zweigpraxen stellen zusätzlich zum Vertragsarztsitz betriebene Praxisstandorte dar, die unter der Prämisse genehmigt werden können, dass die Tätigkeit des Arztes am Vertragsarztsitz nicht durch die Tätigkeit an einem anderen Ort beeinträchtigt, dort aber die Versorgungssituation der Patienten verbessert wird. Die Tätigkeit in der Zweigpraxis wird entweder durch den zugelassenen Arzt selbst oder durch einen Angestellten ausgeübt. Diese Organisationsformen in Form von Nebenbetriebsstätten bieten eine zusätzliche Möglichkeit, die flächendeckende ambulante Versorgung weiterhin zu gewährleisten. Hiervon wird im Kreis Ahrweiler schon zahlreich Gebrauch gemacht (vgl. Tabelle 5).

Tabelle 5: Anzahl der Praxen nach Organisationsform und Art der Betriebsstätte im Kreis Ahrweiler (Stand 31.12.2013) Betriebsstätten-Art

Organisations- und Praxisform Betriebsstätte Nebenbetriebsstätte

Einzelpraxis 115 0

Örtliche Berufsausübungsgemeinschaft 23 0

Überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft 2 3

Zweigpraxis 0 13

Medizinisches Versorgungszentrum 3 0

4.1.2 ALTERSSTRUKTUR Die Altersstruktur in der Vertragsärzteschaft einer Region ist ein aussagekräftiger Indikator für die Beurteilung der zukünftigen Versorgungslage, weil durch sie Voraussagen über Zeit und Umfang altersbedingt wiederzubesetzender Arztstellen möglich sind. Die Altersstrukturen der Haus- und Fachärzteschaft sowie der Psychotherapeuten im Kreis Ahrweiler stellen sich folgendermaßen dar (vgl. Abbildung 11). Es sind deutliche Unterschiede zwischen den Versorgungsbereichen zu erkennen. Durch ihren hohen Anteil an über 59-Jährigen weisen die Hausärzte mit 55 Jahren ein deutlich höheres mittleres Alter als ihre Hausarztkollegen mit 52 Jahren auf. Bereits 39 Prozent der Hausärzte sind 60 Jahre und älter und stehen damit statistisch gesehen nur noch 2 Jahre vor dem Ausscheiden aus der vertragsärztlichen Versorgung. Bei der Fachärzteschaft sind es erst 20 Prozent. Hieraus ergeben sich schon kurzfristig hohe 26 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

Nachbesetzungsbedarfe in der hausärztlichen Versorgung und eine mögliche Gefährdung der flächendeckenden ambulanten Grundversorgung im Kreis Ahrweiler.

Abbildung 11: Altersstrukturen: Haus- und Fachärzte, Psychotherapeuten im Kreis Ahrweiler (Stand 31.12.2013)

Die vorhandene Altersstruktur hat vor allem zwei Ursachen. Erstens fehlen immer häufiger jüngere Nachrücker, die für eine Verjüngung der Ärzteschaft sorgen würden. Dies gilt insbesondere für den hausärztlichen Versorgungsbereich, in dem beispielsweise im Jahre 2011 in Rheinland-Pfalz nur 239 neue Facharztanerkennungen 501 Abgängen aus der Versorgung gegenüberstanden.15 Zweitens ist das mittlere Alter der Einsteiger in die vertragsärztliche Versorgung auf mittlerweile 44 Jahre angestiegen, d.h. die neu hinzugekommenen Leistungserbringer stehen der ambulanten Versorgung potentiell immer weniger Jahre zur Verfügung und müssen früher ersetzt werden.

4.1.3 RÄUMLICHE VERTEILUNG Ein weiterer Indikator für die Beurteilung der Versorgungslage im Hinblick auf eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung einer Region ist die räumliche Verteilung der Vertragsärzteschaft (vgl. Abbildung 12).

15 Nach Angaben der Bezirksärztekammern Rheinland-Pfalz für die Fachgebietsanerkennungen „Allgemeinmedizin“ und „Innere und Allgemeinmedizin“ Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 27

Im Kreis Ahrweiler befinden sich die Vertragsarztsitze größtenteils in Bad Neuenahr- Ahrweiler, , , und . Fachärzte sind fast ausschließlich dort tätig. 60 Prozent der Fachärzteschaft im Kreis Ahrweiler haben ihren Vertragsarztsitz in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Die Hausärzte dagegen sind in der Fläche des Kreises weiträumiger verteilt und stellen aktuell eine vergleichsweise flächendeckende Versorgung sicher. Dennoch ist zu beachten, dass die Anzahl der Hausärzte in den Verbandsgemeinden sehr unterschiedlich ausfällt, so dass perspektivisch gesehen bereits das Ausscheiden einzelner Ärzte zu gravierenden Veränderungen führen kann. Betroffen wären davon insbesondere die Gemeinden ohne Verwaltungssitz. Die Altersstruktur und die räumliche Verteilung der derzeitigen Hausärzteschaft im Kreis Ahrweiler deuten darauf hin, dass es mittelfristig zu erheblichen Veränderungen in der Versorgungslandschaft kommen kann. Dies könnte durch deutliche Zentralisierungseffekte, verbunden mit der weiteren Ausdünnung der Praxisdichte außerhalb der größeren Gemeinden, charakterisiert sein.

28 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

Abbildung 12: Räumliche Verteilung der Vertragsärzteschaft im Kreis Ahrweiler

Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 29

4.2 BEDARFSPLANUNG

Ein maßgebliches Instrument, das zur Erreichung einer flächendeckenden Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland beitragen soll, ist die Bedarfsplanung. Nach dem vom Gemeinsamen Bundesausschuss erlassenen Richtlinien regelt diese, in welchen Planungsgebieten wie viele Vertragsärzte einer beplanten Arztgruppe rechnerisch benötigt werden und ob in diesen gegebenenfalls Unter- oder Überversorgung vorliegt. Zu deren Feststellung wird ein Versorgungsgrad mittels Arzt-Einwohner-Verhältniszahlen ermittelt. Die jüngste Neufassung der Bedarfsplanungsrichtlinie trägt langjähriger Kritik an der zuvor bestehenden Bedarfsplanung Rechnung und implementiert eine Vielzahl von Neuerungen, die auch Auswirkungen auf die ambulante Versorgung im Kreis Ahrweiler haben. Eine dieser Neuerungen ist die Einführung einer 4-Versorgungsebenen-Systematik, die neue Planungsbereiche und Arztgruppen umfasst. Darüber hinaus werden Möglichkeiten für regionale Modifikationen eröffnet. Bisher war die Kreisregion alleiniger Planungsbereich für alle beplanten Arztgruppen. Insbesondere für die Bedarfsplanung der hausärztlichen Versorgung war dieser Planungsbereich oft unzureichend. Denn gerade in ländlichen und großräumigen Kreisen konnte im Gesamtkreis keine Unterversorgung festgestellt werden, obwohl möglicherweise durch räumliche Ungleichverteilungen der Arztsitze in Teilgebieten signifikante Lücken vorliegen. Hintergrund bei der Neueinteilung der hausärztlichen Planungsbereiche ist die Raumabgrenzung in der siedlungsstrukturellen Systematik der Mittelbereiche.16 Diese orientieren sich in ihren Raumabgrenzungen nicht nur an administrativen Grenzen, sondern auch an den Entfernungen, Lagebeziehungen, Verkehrsanbindungen und traditionellen Bindungen zwischen Gemeinden und damit an dem zu erwartenden Verhalten der Bevölkerung bei der Inanspruchnahme von Infrastruktureinrichtungen der Daseinsvorsorge wie der ambulanten Versorgung. Für den Kreis Ahrweiler hat dies Auswirkungen auf den Zuschnitt der hausärztlichen Planungsbereiche gehabt, indem mit Bad Neuenahr-Ahrweiler und Andernach jetzt zwei nicht mit dem Kreisgebiet identische Planungsbereiche existieren. Die fachärztliche Versorgung gliedert sich nach der neuen Systematik in drei Versorgungsebenen auf. Hier gilt die Regel: je größer der Spezialisierungsgrad desto größer der Planungsbereich. 10 Arztgruppen der allgemeinen fachärztlichen Versorgungsebene werden zwar wie bisher auf Kreisregionsebene beplant, doch sind aus diesem Planungsbereich die Anästhesisten, Fachinternisten und Radiologen herausgenommen worden, die nun zusammen mit der neu in die Bedarfsplanung aufgenommenen Gruppe der Kinder- und Jugendpsychiater die spezialisierte fachärztliche Versorgungsebene bilden. Für diese Fachgruppen stellt die deutlich größere Raumordnungsregion Mittelrhein-Westerwald den Planungsbereich dar (vgl. Abbildung 14).

16 Nach der Systematik des Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). 30 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

Demzufolge werden auch keine Feststellungen mehr getroffen, ob bei diesen Arztgruppen eventuell eine Unterversorgung im Kreis Ahrweiler vorliegt. Ferner bleibt abzuwarten, inwieweit diese Arztgruppen den nun größer gewordenen Planungsbereich für Praxisverlagerungen zum Beispiel nach Koblenz nutzen werden und ob es so zu einer weiteren Zentralisierung der spezialisierten fachärztlichen Versorgung kommt. Die gänzlich neu zur Bedarfsplanung hinzugekommenen Arztgruppen der gesonderten fachärztlichen Versorgung werden aufgrund ihres hohen Spezialisierungsgrades sogar auf ganz Rheinland-Pfalz bezogen beplant. Die neue Bedarfsplanung betrachtet nicht nur die absolute Bevölkerungszahl als Planungsgrundlage, sondern sie berücksichtigt auch die unterschiedliche Demographie und Morbidität der Bevölkerung in den Planungsbereichen. Durch einen Demographiefaktor werden die allgemeinen Verhältniszahlen der Arztgruppen dahingehend modifiziert, dass die Altersstruktur und der Behandlungsbedarf der Bevölkerung im Alter von unter bzw. über 65 Jahren jeweils separat in die Bedarfsberechnung mit einbezogen werden. Das heißt, dass in Regionen mit höheren Bevölkerungsanteilen der über 65-Jährigen und einem höheren Behandlungsaufwand ein zusätzlicher Bedarf an Vertragsärzten ausgewiesen werden kann. Ferner können zum Beispiel auch regionale Besonderheiten in folgenden Bereichen für eine bedarfsgerechte Versorgung berücksichtigt werden: . Regionale Demographie: über- oder unterdurchschnittlich besetzte Altersgruppen . Regionale Morbidität: auffällige Prävalenz- und Inzidenzraten . Soziökonomische Faktoren: Einkommensarmut, Arbeitslosigkeit, Pflegebedarf . Räumliche Faktoren: Erreichbarkeiten . Infrastrukturelle Besonderheiten: Versorgungssituation im stationären Bereich

Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 31

Tabelle 6: Systematik der neuen Bedarfsplanung für den Kreis Ahrweiler Versorgungs- Planungsbereich17 Arztgruppen18 Relativzahl-Soll ebene (Verhältnis Arzt/Einwohner) 19

Hausärztliche Mittelbereiche Hausärzte 1 : 1.671 Versorgung Andernach, Bad Neuenahr- Ahrweiler Allgemeine Kreisregion Augenärzte 1 : 24.279 fachärztliche Ahrweiler Versorgung Chirurgen 1 : 47.479 Frauenärzte20 1 : 6.609 Hautärzte 1 : 42.820 HNO-Ärzte 1 : 34.470 Nervenärzte 1 : 33.102 Orthopäden 1 : 26.712 Psychotherapeuten 1 : 8.587 Urologen 1 : 52.845 Kinderärzte21 1 : 4.372 Spezialisierte Raumordnungsregion Anästhesisten 1 : 46.917 fachärztliche Mittelrhein-Westerwald Versorgung Fachinternisten 1 : 21.508 Kinder- und 22 1 : 16.909 Jugendpsychiater Radiologen 1 : 49.095 Gesonderte Rheinland-Pfalz Humangenetiker 1 : 606.384 fachärztliche Versorgung Laborärzte 1 : 102.001 Neurochirurgen 1 : 161.207 Nuklearmediziner 1 : 118.468 Pathologen 1 : 120.910 Physikalische- und 1 : 170.542 Rehabilitationsmediziner Strahlentherapeuten 1 : 173.576 Transfusionsmediziner 1 : 1.322.452

17 Nach der Systematik des BBSR. 18 Nach Definition der Bedarfsplanung. Diese Definitionen können merklich von anderen Arztgruppendefinitionen abweichen. 19 Angegeben sind die Allgemeinen Verhältniszahlen gemäß Bedarfsplanungsrichtlinie vom 20.12.2012 für die hier betrachtete Region ohne Demografiefaktor, dessen Anwendung dazu führen kann, dass die in der Bedarfsplanung verwendeten Verhältniszahlen von den hier genannten abweichen können. 20 Verhältniszahl bezogen auf die weibliche Bevölkerung. 21 Verhältniszahl bezogen auf die Bevölkerung bis unter 18 Jahre. 22 Verhältniszahl bezogen auf die Bevölkerung bis unter 18 Jahre. 32 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

Abbildung 13: Hausärztliche Versorgungsebene in der neuen Bedarfsplanung

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Abbildung 14: Fachärztliche Versorgungsebenen in der neuen Bedarfsplanung

34 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

4.3 BEREITSCHAFTSDIENSTORGANISATION

Im Kreis Ahrweiler wird der ärztliche Bereitschaftsdienst für die 126.102 Einwohner durch die vier zuständigen Bereitschaftsdienstzentralen in Bad Neuenahr-Ahrweiler, Andernach, Mayen und Daum sichergestellt (vgl. Abbildung 15). Zusätzlich wurde am St. Josef Krankenhaus in Adenau ein ärztlicher Bereitschaftsdienst eingerichtet um das ländliche Kreisgebiet in der Eifel besser zu versorgen. Bei der Zuordnung von Gemeinden zum Versorgungsgebiet einer Bereitschaftsdienstzentrale ist die KV RLP bestrebt, diese an die für die Bevölkerung nächstgelegene Zentrale anzugliedern. Sollte dies aus infrastrukturellen, organisatorischen oder ökonomischen Gründen nicht möglich sein, steht den Patienten selbstverständlich die freie Wahl der Bereitschaftsdienstzentrale zu. Wenn allerdings ein Hausbesuch benötigt wird, muss dieser bei der jeweils zuständigen Bereitschaftsdienstzentrale angefordert werden. Während die Bevölkerung im Landesdurchschnitt 9 Kilometer PKW-Fahrdistanz zurücklegen muss, um die für nächstgelegene Bereitschaftsdienstzentrale zu erreichen, beträgt die durchschnittliche Distanz für die Bewohner des Kreises Ahrweiler 12,9 Kilometer. 13 Prozent der Bevölkerung im Kreis Ahrweiler kann die für sie nächstgelegene Bereitschaftsdienstzentrale in weniger als 2,5 Kilometern erreichen. Weitere 7 Prozent der Bevölkerung müssen durchschnittlich eine PKW-Fahrdistanz zwischen 2,5 und 5 Kilometer aufwenden, um ihre nächstgelegene Bereitschaftsdienstzentrale zu erreichen. 80 Prozent der Bevölkerung müssen mehr als 5 Kilometer aufwenden um ihre nächstgelegene Bereitschaftsdienstzentrale zu erreichen, davon aber nur 14 Prozent mehr als 20 Kilometer (vgl. Abbildung 16).

Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 35

Abbildung 15: Bereitschaftsdienstorganisation in Rheinland-Pfalz

36 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

Abbildung 16: Durchschnittliche PKW-Fahrdistanzen zur nächstgelegenen Bereitschafts- dienstzentrale für die Bevölkerung im Kreis Ahrweiler

Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 37

4.4 HAUSÄRZTLICHE VERSORGUNG

Eine wichtige Säule der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung ist der Hausarzt. Aktuell stellen 2.716 (Stand 31.12.2013) zugelassene und angestellte Hausärzte die ambulante Versorgung der Bevölkerung in Rheinland-Pfalz vor Ort sicher, dabei sind sie als erster und wichtigster Ansprechpartner unverzichtbar. In Kreisen wie dem Kreis Ahrweiler steht die flächendeckende Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung vor großen Herausforderungen, weil sich hier die Auswirkungen der landesweiten Problematiken in der Hausarztversorgung (Alterung der Bevölkerung und Ärzteschaft, fehlende Attraktivität des Hausarztberufes) früher und stärker zeigen als in den Großstädten. Vor diesem Hintergrund sollen die Strukturen und daraus resultierenden Gefährdungen der hausärztlichen Versorgung unter folgenden Gesichtspunkten betrachtet werden:

. Projizierter altersbedingter Nachbesetzungsbedarf bei Hausärzten bis 2020 . Erreichbarkeiten der Hausärzte . Struktur und Entwicklung der Patientenschaft . Patientenauslastung und Arbeitsintensität

4.4.1 ZUKÜNFTIGE ENTWICKLUNG

PROJIZIERTER ALTERSBEDINGTER NACHBESETZUNGSBEDARF VON HAUSÄRZTEN BIS 2020

Die Altersstruktur der Hausärzte im Kreis Ahrweiler ist, wie bereits in Kapitel 4.1.2 beschrieben, durch einen hohen Anteil von praktizierenden Vertragsärzten im Alter von über 54 Jahren gekennzeichnet. Es kann also damit gerechnet werden, dass ein großer Anteil der Hausärzte noch in diesem Jahrzehnt altersbedingt aus der vertragsärztlichen Versorgung ausscheidet und somit ein hoher Nachbesetzungsbedarf für Hausärzte entsteht. Um Zeitpunkt und Umfang altersbedingt wiederzubesetzender Arztstellen projizieren zu können, ist die Festlegung eines Ausscheidealters notwendig. Trotz der Aufhebung der Regelaltersgrenze von 68 Jahren für die vertragsärztliche Tätigkeit ist das mittlere Ausscheidealter insgesamt gesunken. Aktuell liegt dies für Hausärzte in Rheinland- Pfalz bei 62 Jahren. Dieser Wert wird für die nachfolgenden Betrachtungen auch für die Jahre bis 2020 als konstant angenommen.

Hieraus ergibt sich folgender hausärztlicher Nachbesetzungsbedarf:

38 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

Tabelle 7: altersbedingter Nachbesetzungsbedarf an Hausärzten bis 2020 (Stand: 31.12.2013) Kopfzahl Versorgungsumfang

absolut prozentual absolut Prozentual

Kreis Ahrweiler 42 51% 38,55 52%

Rheinland-Pfalz 1.444 53% 1381 54%

Bei den Hausärzten besteht im Kreis Ahrweiler schon bis in das Jahr 2020 ein 52- prozentiger altersbedingter Nachbesetzungsbedarf der Hausärzteschaft, dieser liegt damit unter dem Landesschnitt. Noch problematischer ist die Tatsache, dass für zahlreiche Einzelpraxen bis 2020 Nachfolger gefunden werden müssen. Diese Praxen werden meist seit zum Teil Jahrzehnten von denselben engagierten Hausärzten geführt, für die es kaum interessierte Nachfolger gibt. Dadurch ist insbesondere die Versorgung in kleineren Gemeinden und in der Fläche gefährdet. Zahlreichen Gemeinden mit ihren Patienteneinzugsgebieten droht der Verlust der örtlichen hausärztlichen Versorgung, wenn keine Nachfolger für die vorhandenen Vertragsarztsitze gefunden werden. In den Gemeinden , , , , und Brohl- Lützing sind aller Voraussicht nach sämtliche Hausarztsitze in den nächsten Jahren altersbedingt nachzubesetzen. Auch in Bad Breisig, Sinzig und Niederzisssen sind zwei Drittel oder mehr der praktizierenden Hausärzte bereits im Alter von 55 und mehr Jahren (vgl. Abbildung 17). Insgesamt kann Teilen des Kreises Ahrweiler eine deutliche Verschlechterung der hausärztlichen Versorgung drohen. Dies wird dann auch Auswirkungen auf die Erreichbarkeit der hausärztlichen Versorgung haben.

Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 39

Abbildung 17: Räumliche Verteilung des altersbedingten Nachbesetzungsbedarfes bis 2020 im Kreis Ahrweiler

40 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

4.4.2 ERREICHBARKEITEN Die Sicherstellung der flächendeckenden und wohnortnahen ambulanten Versorgung durch Hausärzte ist ein Hauptziel der Politik und der Vertragspartner im Gesundheitswesen sowie die ausdrückliche Erwartung der Bevölkerung. Ein Indikator für die Beurteilung der Verwirklichung dieses Ziels ist die Erreichbarkeit der nächstgelegenen Hausarztpraxis. Die Entfernung zur nächstgelegenen Hausarztpraxis ist für den Zugang der Bevölkerung zur ambulanten Versorgung aus zwei Gründen von entscheidender Bedeutung. Erstens stehen im Gegensatz zu innerstädtischen Großstadträumen in weiten Teilen des Landes nicht mehrere Hausärzte in näherer Umgebung zur Verfügung. Zweitens steigt als Folge des demographischen Wandels der Anteil älterer immobiler Patienten mit Nahversorgungsbedarf stetig an. Die durchschnittliche PKW-Fahrdistanz im Kreis Ahrweiler zur nächstgelegenen Hausarztpraxis (Minimaldistanz) beträgt 1,9 Kilometer und liegt damit über dem Landesdurchschnitt von 1,5 Kilometern. Etwa 52 Prozent der Bevölkerung können in maximal einem Kilometer Fahrdistanz ihren nächstgelegenen Hausarzt erreichen. Weitere 20 Prozent der Bevölkerung müssen maximal zwischen 1 und 2,5 Kilometer Fahrdistanz aufwenden. 28 Prozent der Einwohner im Kreis Ahrweiler müssen demzufolge mehr als 2,5 Kilometer zur nächstgelegenen Hausarztpraxis aufwenden, von denen theoretisch aber nur 8 Prozent mehr als 5 Kilometer zurücklegen muss (vgl. Abbildung 19). Wenn der projizierte Nachbesetzungsbedarf an Hausärzten bis 2020 nicht gedeckt werden kann, wird sich die Anzahl der Gemeinden und der Anteil der Bevölkerung mit Fahrdistanzen von mehr als 2,5 Kilometer Minimaldistanz zum nächsten Hausarzt allerdings erhöhen (vgl. Abbildung 18).

Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 41

Abbildung 18: Erreichbarkeiten der Hausarztpraxen im Kreis Ahrweiler

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Abbildung 19: Gegenüberstellung der PKW-Fahrdistanzen in der hausärztlichen Versorgung im Kreis Ahrweiler

In der Realität weichen die tatsächlichen Fahrdistanzen in der hausärztlichen Versorgung jedoch von der räumlichen Verteilung der Hausärzte deutlich ab. Durchschnittlich legten die Hausarztpatienten im 4. Quartal 2013 im Kreis Ahrweiler mit 5,3 Kilometer Fahrdistanz einen mehr als 2,5-fach längeren Fahrweg zurück, als es die Inanspruchnahme der nächstgelegenen Hausarztpraxis erforderlich gemacht hätte. Hierbei spielen unter anderem persönliche Präferenzen, Verkehrsanbindungen sowie Arbeits- und Pendlerwege der Patienten eine Rolle. Nur 8 Prozent der Patienten suchten einen Hausarzt auf, dessen Praxis in weniger als 1 km PKW-Fahrdistanz von ihrem Wohnsitz entfernt lag, obwohl dies rechnerisch für 52 Prozent möglich wäre. 12 Prozent der Hausarztpatienten fuhren sogar über 10 km zu einem Hausarzt, obwohl dies nur für 78 Einwohner notwendig gewesen wäre (vgl. Abbildung 19).

4.4.3 STRUKTUR UND ENTWICKLUNG DER PATIENTENSCHAFT Um die Situation der hausärztlichen Versorgung in einer Region beurteilen und Prognosen über zukünftige Entwicklungen abgegeben zu können, muss neben Analysen der Versorgungsstrukturen und der Bevölkerungsstruktur auch die Patientenschaft betrachtet werden. Folgende Punkte für die hausärztliche Versorgung sind hierbei von Interesse:

. Anzahl, Geschlecht und Altersstruktur der Hausarztpatienten . Inanspruchnahmeverhalten . Prognose 2030 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 43

Da in dieser Betrachtung nur die Daten der gesetzlich versicherten Patientenschaft einbezogen werden können, wird bei den folgenden Berechnungen und Hochrechnungen die gesetzlich versicherte Bevölkerung als Bezugspopulation verwendet. Diese wurde auf Basis der Mitgliederstatistik der gesetzlichen Krankenversicherung (KM-6 Statistik) modelliert. Da hierzu keine Rohdaten auf Kreisebene vorliegen, wurden die GKV-Anteile der verwendeten Altersklassen in Rheinland-Pfalz auf die entsprechende Bevölkerung der betrachteten Region umgerechnet. Im Jahr 2011 nahmen pro Quartal durchschnittlich 106.977 Patienten aus dem Kreis Ahrweiler Leistungen der ambulanten Hausarztversorgung in Anspruch. Dabei war die Verteilung nach Lebensjahren in der Alterspyramide zwischen männlichen und weiblichen Hausarztpatienten nahezu identisch. Allerdings waren die absoluten Patientenzahlen der Frauen deutlich höher. Sie stellten insgesamt 58,6 Prozent der Hausarztpatienten, während die Männer nur auf 41,4 Prozent kamen (vgl. Abbildung 20). Der Grund für das mit 56 Jahren um 12 Jahre höhere mittlere Alter der Hausarztpatienten im Vergleich zur Gesamtbevölkerung liegt in den deutlich höheren Inanspruchnahmeraten der höheren Altersklassen. Die Inanspruchnahmerate ist als der altersgruppenspezifische Quotient der Hausarztpatientenzahl und der Anzahl der entsprechenden Bevölkerungsgruppe zu verstehen. Sie gibt an, wie viel Prozent der jeweiligen Altersklasse in einem bestimmten Abrechnungszeitraum Leistungen bei einem Hausarzt in Anspruch genommen haben. Insgesamt nahmen im Jahr 2011 durchschnittlich 54,9 Prozent der gesetzlich Versicherten im Kreis Ahrweiler pro Quartal Leistungen der hausärztlichen Versorgung in Anspruch. Dieser Wert liegt damit deutlich unter dem Landesschnitt von 60,4 Prozent. Mit zunehmendem Alter steigt die Inanspruchnahmerate linear an. Während pro Quartal durchschnittlich 30,8 Prozent der Altersklasse der unter 18-Jährigen Leistungen bei einem Hausarzt in Anspruch genommen haben, war dies bei den über 80-Jährigen zu 84,2 Prozent der Fall (vgl. Tabelle 8). Ein Grund für die im Landesvergleich unterdurchschnittlichen Inanspruchnahmeraten der Hausarztpatienten kann darin begründet liegen, dass im Kreis Ahrweiler tendenziell eher direkt der Facharzt aufgesucht wird, falls er in erreichbarer Nähe vorhanden ist. Dies gilt insbesondere für die Kinderärzte, wo sonst in ländlichen Regionen eher der Hausarzt erster Ansprechpartner ist.

44 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

Abbildung 20: Geschlechterstrukturen in der hausärztlichen Versorgung im Kreis Ahrweiler

Tabelle 8: Patientenzahlen nach Altersklassen und Inanspruchnahmeraten im Kreis Ahrweiler Altersklasse gesetzlich Anteil der Anzahl Inanspruchnahmerate Versicherte Altersklasse an Hausarztpatienten innerhalb der Bevölkerung allen gesetzlich innerhalb der Altersklassen im der Versicherten Altersklassen im Quartalsschnitt Altersklasse (in %) Quartalsschnitt

0 bis 17 16.915 15,8% 5.211 30,8%

18 bis 44 31.688 29,6% 14.517 45,8%

45 bis 64 32.455 30,3% 18.725 57,7%

65 bis 79 18.326 17,1% 13.916 75,9%

Über 80 7.593 7,1% 6.395 84,2%

Insgesamt 106.977 100,0% 58.764 54,9%

Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 45

Den zentralen Parameter für eine Schätzung der zukünftigen Zahl an Hausarztpatienten bildet die Inanspruchnahmerate in unterschiedlichen Altersklassen, die für den Prognosezeitraum als konstant angenommen und mittels der Bevölkerungsvorausberechnungen des Statistischen Landesamtes hochgerechnet wird. Sicherlich ist mit dieser Annahme eines konstanten Patientenverhaltens eine nicht unerhebliche Prognoseunsicherheit verbunden, doch lassen sich die Auswirkungen des medizinischen Fortschritts und Veränderung der Lebensstile auf den Behandlungsbedarf nur sehr eingeschränkt vorhersagen und demzufolge nicht in quantifizierbaren Veränderungen ausdrücken. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass auch im Jahr 2030 von der Bevölkerung die hausärztliche Versorgung noch bevorzugt in Anspruch genommen werden dürfte. Gerade der Hausarzt zeichnet sich auch in Zukunft insbesondere durch den persönlichen Kontakt aus. Für den Kreis Ahrweiler ergibt sich nach dieser Methode folgende Entwicklung der Patientenzahlen (vgl. Tabelle 9).

Tabelle 9: Prognose der Hausarzt-Patientenzahlen 2030 im Kreis Ahrweiler Altersklasse Patientenzahl Patientenzahl Entwicklung Entwicklung 2011 2030 absolut prozentual

0 bis 17 5.211 3.937 -1.273 -24,4%

18 bis 44 14.517 11.522 -2.995 -20,6%

45 bis 64 18.725 15.625 -3.100 -16,6%

65 bis 79 13.916 17.716 3.799 +27,3%

Über 80 6.395 8.921 2.526 +39,5%

Insgesamt 58.764 57.720 -1.044 -1,8%

Die Anzahl der Hausarztpatienten wird bis zum Jahr 2030 um 1,8 Prozent auf durchschnittlich 57.720 im Quartal sinken. Hauptgrund hierfür ist, dass auch die starke Zunahme der über 64-Jährigen Hausarztpatienten nicht den Rückgang in den jüngeren Altersklassen kompensieren kann.

4.4.4 BEHANDLUNGSHÄUFIGKEITEN UND BEHANDLUNGSBEDARF Mit Betrachtung des altersbedingten Nachbesetzungsbedarfes, den Erreichbarkeiten der hausärztlichen Leistungserbringern und der Patientenschaft wurde versucht, die Strukturen der hausärztlichen Versorgung zu erfassen. Zielsetzung war die Identifizierung und Prognostizierung möglicher Gefährdungen der hausärztlichen Versorgung. Abschließend stellt sich die Frage, ob es nicht schon heute in der Versorgungsrealität zu Versorgungsengpässen kommt, ober ob der Kreis Ahrweiler von negativen Entwicklungen in der hausärztlichen Versorgung überdurchschnittlich betroffen ist. 46 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

Zwei verfügbare Kennzahlen zur Bewertung der hausärztlichen Versorgungssituation sind die Behandlungshäufigkeit und der Behandlungsbedarf. Die Behandlungshäufigkeit wurde anhand der Anzahl der Behandlungsfälle je hausärztlichem Versorgungsauftrag im Quartalsschnitt für das Jahr 2013 ermittelt. Ein Behandlungsfall repräsentiert hierbei die Abrechnung einer kurativen ambulanten Leistung an einem GKV-Patienten im betrachteten Quartal. Der Kreis Ahrweiler weist mit 959 Behandlungsfällen im Quartal je hausärztlichem Versorgungsauftrag eine 7 Prozent unter dem Landesschnitt liegende Behandlungshäufigkeit auf. Die kreisfreien Städte Neustadt, Kaiserslautern, Trier und Mainz weisen die unterdurchschnittlichste Anzahl an Behandlungsfällen auf, während in den Kreisen Ahrweiler, Cochem-Zell und Kaiserslautern die höchsten Behandlungsfallzahlen der hausärztlichen Leistungserbringer vorzufinden sind (vgl. Abbildung 21). Zusätzlich zur Behandlungshäufigkeit wurde der auf diesen Behandlungsfällen basierende Behandlungsbedarf ermittelt, indem jedem Behandlungsfall eine dafür vorgesehene zeitliche Beanspruchung zugeordnet wurde. Dieser Zeitbedarf ist der erforderliche Zeitaufwand in Minuten, der im EBM23 für abrechenbare Leistungen einzelnen festgesetzt ist. Der daraus resultierende Behandlungsbedarf der Hausärzte im Kreis Ahrweiler lag im Jahr 2013 3 Prozent über dem Landesschnitt. Ein überdurchschnittlich hoher Behandlungsbedarf ist in fast allen Landkreisen an der westlichen Grenze von Rheinland-Pfalz, des Weiteren nördlich von Koblenz und in Teilen der Rheinpfalz messbar (vgl. Abbildung 22). Ein zum Teil deutlich unterdurchschnittlicher Behandlungsbedarf ist dagegen in fast allen kreisfreien Städten, mit Ausnahme von Pirmasens und Zweibrücken, feststellbar. Großräumig weisen die Region Rheinhessen und die Region Koblenz den am stärksten unterdurchschnittlichen Behandlungsbedarf aus. Zusammenfassend betrachtet sind die Hausärzte im Kreis Ahrweiler zwar mit einer unterdurchschnittlichen Anzahl von Behandlungshäufigkeiten konfrontiert, der darauf basierende Behandlungsbedarf ist allerdings überdurchschnittlich ausgeprägt. Durch die Zunahme älterer Patienten und falls die in den nächsten Jahren altersbedingt wegfallenden Hausarztsitze nicht vollständig wiederbesetzt werden können, droht eine weitere Zunahme der Arbeitsverdichtung bei den verbliebenen Vertragsärzten.

23 Einheitlicher Bewertungsmaßstab: Gebührenordnungsziffernkatalog für die Abrechnung vertragsärztlich ambulant erbrachter Leistungen in Deutschland. Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 47

Abbildung 21: Behandlungshäufigkeiten der Hausärzte in Rheinland-Pfalz 2013 (Quartalsschnitt)

48 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

Abbildung 22: Behandlungsbedarf der Hausärzte in Rheinland-Pfalz 2013

Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 49

5 Weitere Leistungsanbieter des Gesundheitswesens

5.1 STATIONÄRE VERSORGUNG

Die Vielzahl von Leistungsanbietern in der medizinischen Versorgung bildet ein komplexes System, in dem alle Akteure miteinander in Beziehung stehen. Die ambulante vertragsärztliche Versorgung fungiert in diesem System als Koordinator und Lotse für die gesetzlich Versicherten vor Ort. Neben der Verordnung von Medikamenten, Heil- und Hilfsmitteln für die örtlichen Leistungsanbieter interagieren die niedergelassenen und angestellten Vertragsärzte in ihrer täglichen Arbeit insbesondere auch mit dem stationären Versorgungssektor, beispielsweise durch die Überweisung ihrer Patienten zur weiteren Behandlung in Krankenhäuser sowie deren Nachsorge nach erfolgter Krankenhausentlassung. Insbesondere der fortdauernde Anstieg in der Nachsorge von stationären Behandlungsfällen im ambulanten Sektor hat zunehmend an Bedeutung gewonnen, da die Anzahl der Krankenhausfälle einerseits deutlich angestiegen sowie andererseits die durchschnittliche Verweildauer der Patienten in den Krankenhäuser merklich gesunken ist. 24 Die in Deutschland formal immer noch relativ strikte Trennung zwischen ambulanter und stationärer Gesundheitsversorgung wird in der Realität durch vielfältige Überschneidungen zwischen den beiden Sektoren mittlerweile zunehmend überwunden. So wird etwa dem stationären Versorgungsbereich zunehmend die Möglichkeit gegeben, sich auch an der ambulanten Versorgung zu beteiligen. Dies kann in Form der Trägerschaft von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) erfolgen. Daneben sind die für besondere Leistungen in der ambulanten Versorgung ermächtigten Ärzte in der Regel Krankenhausärzte. Demgegenüber können niedergelassene Vertragsärzte als Belegärzte in Krankenhäusern tätig werden. Zur Sicherstellung einer hochwertigen, flächendeckenden und wohnortnahen Gesundheitsversorgung müssen deshalb stationäre Einrichtungen bei der Analyse der Versorgungsstrukturen mitberücksichtigt werden. Im Kreis Ahrweiler wird die stationäre Versorgung durch insgesamt zwei Verbundkrankenhäuser der Regelversorgung in Adenau und Bad Neuenahr-Ahrweiler, sowie ein Einzelkrankenhaus der Grundversorgung in Remagen sichergestellt. Daneben existieren in Bad Neuenahr-Ahrweiler drei Fachkrankenhäuser. Zusammen sind diese im vom zuständigen Ministerium aufgestellten Landeskrankenhausplan Rheinland-Pfalz als Plankrankenhäuser ausgewiesen und somit zur stationären Versorgung und Abrechnung mit den Krankenkassen zugelassen. Der Landeskrankenhausplan weist die Anzahl der Planbetten in den einzelnen Fachgebieten aus. Es sind folgende Planbettenzahlen ausgewiesen (vgl. Tabelle 10).

24 Anstieg der Krankenhausfälle von 2005 bis 2011: + 11% (von 16,5 auf 18,3 Mio.), Quelle: AOK- Krankenhausreport 2012. Rückgang der durchschnittlichen Verweiltage von 2005 bis 2011: - 11% (von 8,7 auf 7,7), Quelle: Statistisches Bundesamt. 50 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

Tabelle 10: Stationäres Versorgungsangebot im Kreis Ahrweiler25 Anzahl Bettendichte Bettendichte Fachgebiet Planbetten Absolut relativ zu RLP

Innere Medizin 250 197 +4%

Chirurgie 255 201 +77%

Erwachsenenpsychiatrie 130 102 +67%

Gynäkologie / Geburtshilfe 55 43 -2%

Unfallchirurgie / Orthopädie 30 24 -37%

Urologie 30 24 -6%

Kinder- und Jugendpsychiatrie 30 24 +250%

Tagesklinik 30 24 +45% Erwachsenenpsychiatrie

Neurologie 20 16 -43%

Intensivmedizin / Anästhesie 18 14 -24%

Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde 13 10 -25%

Tagesklinik 10 8 +70% Kinder- und Jugendpsychiatrie

Strahlentherapie 1 1 -77%

Gesamt 872 686 +8%

Um das stationäre Versorgungsangebot regional vergleichen zu können, kann die Bettendichte, d.h. die Anzahl der einzelnen Fachbetten je 100.000 Einwohner, zum Landesschnitt in Relation gesetzt werden. Insgesamt sind im Kreis Ahrweiler 872 Planbetten im Krankenhausplan zur stationären Versorgung ausgewiesen. Die Bettendichte liegt mit 686 Betten auf 100.000 Einwohner insgesamt um 8 Prozent über dem im Landesschnitt von Rheinland-Pfalz. Der Schwerpunkt der stationären Versorgung liegt in der Grundversorgung mit Innerer Medizin und Chirurgie. Daneben existieren überdurchschnittliche Kapazitäten in den Fachgebieten der Psychiatrie. Es gilt zu beachten, dass stark unterdurchschnittliche oder stark überdurchschnittliche Bettendichten keinesfalls zwingend Unter- oder Überversorgung eines Kreises ausdrücken. Vielmehr wird der Kreis Ahrweiler durch andere Kreise und kreisfreie Städte mitversorgt oder er nimmt selber Mitversorgungsfunktionen war. Des Weiteren sind auch in 18 der 31 beplanten Fachgebiete überhaupt keine Planbetten ausgewiesen, da kein Krankenhaus der Maximalversorgung wie in Mainz, Ludwigshafen oder Kaiserslautern vorhanden ist.

25 Quelle: Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie des Landes Rheinland-Pfalz , Fortschreibung des Landeskrankenhausplans (Stand: 01.03.2014). Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 51

5.2 ANBIETER UND EINRICHTUNGEN MEDIZINISCH-PFLEGERISCHER LEISTUNGEN

Das Spektrum der Leistungsanbieter im Gesundheitswesen ist breit gefächert. Neben dem stationären Sektor ist eine Vielzahl von weiteren, den ambulanten Sektor ergänzenden Anbietern und Einrichtungen medizinisch-pflegerischer Leistungen von Nöten, um eine optimale Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung vor Ort zu gewährleisten. Im Kreis Ahrweiler sind medizinisch-pflegerische Leistungsanbieter aus folgenden Bereichen der Gesundheitsversorgung vorhanden:

Tabelle 11: Anbieter und Einrichtungen medizinisch-pflegerischer Leistungen26 Anbieter und Einrichtungen Kreis Ahrweiler

Ambulante Pflegedienste 24

Rettungswachen 5

Notarztstandorte 3

Sozialpsychiatrische Dienste 1

Selbsthilfegruppen 14

Einrichtungen der Altenhilfe 30

Einrichtungen für Menschen mit Behinderung 9

Pflegestützpunkte 4

Suchtberatungsstellen 1

Tagesstätten für psychisch kranke Menschen 2

Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Aktualität und Vollständigkeit, und es kann nicht beurteilt werden, ob durch diese Anbieter und Einrichtungen der sektorenübergreifende Bedarf der Bevölkerung an Leistungen der Gesundheitsversorgung gedeckt werden kann.

26 Quelle: Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie des Landes Rheinland-Pfalz , Einrichtungen des Gesundheitswesens (Stand 2014). 52 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

6 Morbidität: Krankheitslast und Krankheitsspektren

Ein für die Inanspruchnahme und damit benötigten Strukturen der ärztlichen Versorgung maßgeblicher Parameter ist die als Morbidität bezeichnete Krankheitslast der Bevölkerung. In Wechselwirkung mit dem Altersstrukturwandel der Patientenschaft kommt es zu einem Wandel der Krankheitsspektren. Ein immer größerer Anteil der Bevölkerung ist wegen des gleichzeitigen Auftretens mehrerer chronischer Krankheiten auf medizinische Versorgung angewiesen. Die Häufigkeit derartiger Krankheitsbilder steigt mit zunehmendem Alter der Patienten deutlich an. Wie im einleitenden Kapitel erwähnt, stellt diese Multimorbidität von variablen Anteilen der Bevölkerung eine der Hauptherausforderungen für die vertragsärztliche Versorgung dar. Multimorbide Patienten erfordern einen zumeist lebenslangen begleitenden Behandlungsprozess, der sich für die Vertragsärzteschaft wie folgt darstellt:

. Hohe Behandlungshäufigkeit (hohe Zahl an Arzt-Patienten-Kontakten) . Intensiver Behandlungsbedarf (hohe zeitliche Beanspruchung pro Patient) . Zunehmender Bürokratieaufwand durch vorgeschriebene Behandlungspfade . Zunehmender Koordinationsaufwand durch Notwendigkeit der Abstimmung des Behandlungsprozesses mit den ambulanten und stationären Arztkollegen

Die Kenntnis der regional unterschiedlichen Häufigkeiten dieser Krankheitsmuster kann ein wichtiger Indikator zur Bestimmung des regionalen Behandlungsbedarfes der Bevölkerung sein. Um die Häufigkeit von Krankheiten bzw. Multimorbidität als aussagekräftigen Indikator für die regionale Krankheitslast der Bevölkerung analysieren zu können, wurde folgende Methodik angewandt:

. Auswertung der vertragsärztlich gestellten Diagnosen im Jahr 2011 . Als multimorbid gezählt wurden nur diejenigen Patienten, bei denen mindestens 3 chronische Krankheiten27 in mindestens 2 Quartalen diagnostiziert wurden

27 Nach Maßgabe der Liste des Bundesversicherungsamtes (BVA), das für den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Jahr 2011 80 Krankheiten berücksichtigt hat. Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 53

. Für die Berechnung der Krankheitslast in Form von Diagnoseraten wurde zur Bestimmung der zugrunde gelegten Grundgesamtheit die Mitgliederstatistik der gesetzlichen Krankenversicherten28 verwendet und der landesweite Anteil der GKV-Versicherten auf die Bevölkerungszahl des Kreises umgerechnet Auf diesem Modell basierend können für das Jahr 2011 insgesamt 521.264 gesetzlich Krankenversicherte in Rheinland-Pfalz als multimorbide Patienten identifiziert werden, was 15,4 Prozent der Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. Die Häufigkeiten fallen auf Kreisebene regional sehr unterschiedlich aus (vgl. Abbildung 23). Während die westlichen Kreise, mit Ausnahme der Region Trier, im Vergleich zum Landesschnitt überdurchschnittlich hohe Diagnoseraten aufweisen, nimmt die Häufigkeit der multimorbiden Patienten nach Norden und Osten hin tendenziell ab. Dort finden sich die landesweit am stärksten unterdurchschnittlichen Krankheitslasten der Bevölkerung durch multimorbide Patienten. Insbesondere sind hier die Regionen Mainz, Trier, die Stadt Koblenz und die Westerwaldregion zu nennen.

28 KM-6 Statistik des Bundesministeriums für Gesundheit 2011 (Stichtag 01.07.2011). 54 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

Abbildung 23: Multimorbidität in Rheinland-Pfalz 2011

Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 55

Der Kreis Ahrweiler weist mit 16.379 identifizierten multimorbiden Patienten im Jahr 2011, eine im Vergleich zum Land um 1 Prozent unterdurchschnittliche Diagnoserate auf. Nun stellt sich die Frage, inwiefern dies durch regionale Besonderheiten erklärt werden kann und durch welche chronischen Krankheitsspektren diese Krankheitslasten hervorgerufen werden. Als ein Grund für einen hohen bzw. niedrigen Anteil multimorbider Patienten an den gesetzlich Krankenversicherten könnte die regionale Altersstruktur vermutet werden. Doch kann hierbei nicht zwingend ein monokausaler Zusammenhang hergestellt werden, da in Rheinland-Pfalz Regionen mit ähnlichen Altersstrukturen sowohl mit deutlich überdurchschnittlicher als auch mit unterdurchschnittlicher Morbidität vorzufinden sind. Vielmehr können die chronischen Krankheitsspektren der multimorbiden Patienten regional sehr unterschiedlich ausgeprägt sein, und somit die Krankheitslast der Bevölkerung beeinflussen. Bei einer Betrachtung der 12 am häufigsten diagnostizierten chronischen Krankheiten in Rheinland-Pfalz fallen im Kreis Ahrweiler deutliche Unterschiede im Vergleich zum Landesschnitt auf (vgl. Tabelle 12). Die Mehrzahl der betrachteten chronischen Krankheiten wird zum Teil stark unterdurchschnittlich häufig diagnostiziert. Bei diesen Krankheiten ist die dadurch verursachte Krankheitslast sowohl bei allen Patienten als auch bei den multimorbiden Patienten ebenfalls unterdurchschnittlich ausgeprägt. Die multimorbiden Patienten im Kreis Ahrweiler weisen dementsprechend auch unterdurchschnittliche Diagnosehäufigkeiten fast aller dieser chronischen Krankheiten auf (vgl. Tabelle 13). Ausnahmen bilden die Ischämische Herzkrankheit, Vorhofarrythmie, Depression und vor allem Angsterkrankungen, die bei den multimorbiden Patienten im Vergleich zum Landesschnitt zum Teil stark überdurchschnittliche Diagnosehäufigkeiten und Krankheitslasten aufweisen.

56 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

Tabelle 12: Dokumentierte Morbidität im Kreis Ahrweiler: Diagnoseraten der 12 in Rheinland-Pfalz am häufigsten diagnostizierten chronischen Krankheiten im Landesvergleich Patienten mit entsprechender Multimorbide Patienten Diagnose (gesamt) mit entsprechender Diagnose

Rang Chronische Krankheit

RLP

%)

(%) ( (%)

(%) (%)

Anzahl Anzahl

Versicherten Versicherten

Abweichung vom Abweichung vom

Landesschnitt Landesschnitt Landesschnitt

Anteil an den gesetzlich Anteilden an gesetzlich Anteilden an

1 Hypertonie 25.084 23,48 24,45 -3,92 12.131 11,22 -2,89

2 Diabetes mellitus 10.065 9,42 10,17 -7,34 5.980 5,53 -12,45

3 Ischämische Herzkrankheit 7.996 7,48 6,78 10,50 5.545 5,13 10,25

4 Depression 11.919 11,16 10,90 2,35 5.136 4,75 7,55

Osteoarthrose der großen 5 5.617 5,25 5,94 -11,49 2.540 2,34 -15,88 Gelenke

6 Herzinsuffizienz 4.169 3,90 4,10 -4,76 2.835 2,62 -4,37

Emphysem / Chronische 7 5.543 5,19 5,24 -1,02 2.888 2,67 -0,48 obstruktive Bronchitis

Atherosklerose, periphere 8 3.893 3,64 3,91 -6,82 2.205 2,04 -13,35 Gefäßerkrankung

9 Vorhofarrhythmie 3.780 3,53 3,04 16,40 2.507 2,31 16,40

10 Niereninsuffizienz 2.716 2,54 2,61 -2,45 1.861 1,72 -6,10

Erkrankungen der 11 3.429 3,21 3,37 -4,73 1.887 1,74 -1,90 Herzklappen

12 Angsterkrankungen 5.240 4,90 4,35 12,86 2.082 1,92 24,31

Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 57

Tabelle 13: Diagnosehäufigkeiten bei den multimorbiden Patienten im Kreis Ahrweiler Rang Chronische Krankheit Anteil an den Abweichung vom RLP Multimorbiden Landesschnitt (in %) Patienten (in %)

1 Hypertonie 74,52 -1,45

2 Diabetes mellitus 36,51 -11,19

3 Ischämische Herzkrankheit 33,85 11,85

4 Depression 31,36 9,11

5 Osteoarthrose der großen Gelenke 15,51 -14,66

6 Herzinsuffizienz 17,31 -2,99

Emphysem / Chronische obstruktive 7 17,63 0,95 Bronchitis

8 Atherosklerose, periphere Gefäßerkrankung 13,46 -12,10

9 Vorhofarrhythmie 15,31 18,09

10 Niereninsuffizienz 11,36 -4,75

11 Erkrankungen der Herzklappen 11,52 -0,49

12 Angsterkrankungen 12,71 26,11

Da die an dieser Stelle zugrunde gelegte Definition von Multimorbidität eine Patientenpopulation mit mindestens 3 chronischen Krankheiten umfasst, soll abschließend untersucht werden, ob sich in der Betrachtung der 10 häufigsten 3-fach- Kombinationen an chronischen Krankheiten Bestätigungen bisher gemachter Beobachtungen in den chronischen Krankheitsspektren finden lassen. Die häufigste 3-fach-Kombination chronischer Krankheiten in Rheinland-Pfalz lautet Diabetes mellitus - Ischämische Herzkrankheit - Hypertonie und wird im Kreis Ahrweiler bei 11,99 Prozent der multimorbiden Patienten diagnostiziert. Diese Kombination liegt damit fast im Landesschnitt, während die anderen meist deutlich darunter oder darüber liegen. Am unterdurchschnittlichsten von den 10 häufigsten 3-fach-Kombinationen wird bei den multimorbiden Patienten Ischämische Herzkrankheit - Hypertonie - Atherosklerose, periphere Gefäßerkrankung bzw. Osteoarthrose der großen Gelenke diagnostiziert, was an der stark unterdurchschnittlichen Krankheitslast der Atherosklerose, periphere Gefäßerkrankung oder Osteoarthrose der großen Gelenke liegen dürfte. Am häufigsten über dem Landesschnitt liegen all jene 3-fach Kombinationen chronischer Krankheiten, bei denen insbesondere die Ischämische Herzkrankheit oder Depression diagnostiziert wurde. Diese chronischen Krankheiten weisen zusammen mit der Vorhofarrythmie auch die überdurchschnittlichsten Krankheitslasten auf.

58 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

Tabelle 14: Krankheitsspektren der multimorbiden Patienten im Kreis Ahrweiler Rang Kombination chronischer Krankheiten Anteil an den Abweichung vom RLP Multimorbiden Landesschnitt (in %) Patienten (in %)

Diabetes mellitus - Ischämische Herzkrankheit - 1 11,99 -1,59 Hypertonie

2 Diabetes mellitus - Depression - Hypertonie 6,91 -6,83

Herzinsuffizienz - Ischämische Herzkrankheit - 3 6,85 4,17 Hypertonie

4 Diabetes mellitus - Herzinsuffizienz - Hypertonie 6,58 -12,38

Diabetes mellitus - Hypertonie - Atherosklerose, 5 6,08 -30,88 periphere Gefäßerkrankung

Diabetes mellitus - Osteoarthrose der großen 6 5,85 -26,69 Gelenke - Hypertonie

Diabetes mellitus - Hypertonie - 7 5,44 -19,79 Niereninsuffizienz

Ischämische Herzkrankheit - Hypertonie - 8 5,44 -11,92 Atherosklerose, periphere Gefäßerkrankung

Depression - Ischämische Herzkrankheit - 9 5,05 22,71 Hypertonie

Diabetes mellitus - Hypertonie - Emphysem / 10 4,94 -7,75 Chronische obstruktive Bronchitis

Das aufgrund dieser Betrachtungen der Multimorbidität für den Kreis Ahrweiler identifizierte Muster der regionalen Krankheitslast lässt sich wie folgt zusammenfassen: . Insgesamt weist der Kreis Ahrweiler eine leicht unterdurchschnittliche Krankheitslast durch chronische Krankheiten und multimorbide Patienten auf. . Insbesondere die multimorbiden Patienten weisen überdurchschnittliche Diagnosehäufigkeiten der Ischämischen Herzkrankheit, Vorhofarrythmie, Depression und Angsterkrankungen auf. Daraus kann abgeleitet werden, dass trotz des prognostizierten Rückgangs von Bevölkerung und Hausarztpatientenzahl, aufgrund der altersstrukturell bedingten Zunahme von multimorbiden Patienten und ihres Behandlungsbedarfes, auch zukünftig im Kreis Ahrweiler weiterhin ein hoher Bedarf an Vertragsärzten zur Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung bestehen wird. Dies sicherzustellen wird eine Herausforderung darstellen, die ein hohes Engagement vor Ort erfordern wird, die aber nicht ohne die Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen auf Landes- und Bundesebene bewältigt werden kann.

Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 59

7 Verzeichnisse

7.1 VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN

Abbildung 1: Übersichtskarte ...... 9 Abbildung 2: Siedlungs- und Verwaltungsstruktur ...... 11 Abbildung 3: Bevölkerungsentwicklung 2005 bis 2012 ...... 14 Abbildung 4: Bevölkerungsentwicklung 2005 bis 2012 nach Altersklassen und Geschlecht im Kreis Ahrweiler ...... 15 Abbildung 5: Bevölkerungsentwicklung 2005 bis 2012: Kreis Ahrweiler und Rheinland-Pfalz ...... 15 Abbildung 6: Altersgruppenanteile 2012 und 2030: Kreis Ahrweiler und Rheinland-Pfalz ...... 16 Abbildung 7: Bevölkerungsprognose 2012 bis 2030: Kreis Ahrweiler und Rheinland-Pfalz ...... 16 Abbildung 8: Bevölkerungsprognose 2030 für Rheinland-Pfalz (Mittlere Variante) ...... 18 Abbildung 9: Bevölkerungsprognose 2030 für Rheinland-Pfalz: Unter 18-Jährige (Mittlere Variante) ...... 19 Abbildung 10: Bevölkerungsprognose 2030 für Rheinland-Pfalz: Über 80-Jährige (Mittlere Variante) ...... 20 Abbildung 11: Altersstrukturen: Haus- und Fachärzte, Psychotherapeuten im Kreis Ahrweiler ...... 26 Abbildung 12: Räumliche Verteilung der Vertragsärzteschaft im Kreis Ahrweiler ...... 28 Abbildung 13: Hausärztliche Versorgungsebene in der neuen Bedarfsplanung ...... 32 Abbildung 14: Fachärztliche Versorgungsebenen in der neuen Bedarfsplanung ...... 33 Abbildung 15: Bereitschaftsdienstorganisation in Rheinland-Pfalz ...... 35 Abbildung 16: Durchschnittliche PKW-Fahrdistanzen zur nächstgelegenen Bereitschafts- dienstzentrale für die Bevölkerung im Kreis Ahrweiler ...... 36 Abbildung 17: Räumliche Verteilung des altersbedingten Nachbesetzungsbedarfes bis 2020 im Kreis Ahrweiler ...... 39 Abbildung 18: Erreichbarkeiten der Hausarztpraxen im Kreis Ahrweiler ...... 41 Abbildung 19: Gegenüberstellung der PKW-Fahrdistanzen in der hausärztlichen Versorgung im Kreis Ahrweiler ...... 42 Abbildung 20: Geschlechterstrukturen in der hausärztlichen Versorgung im Kreis Ahrweiler ...... 44 Abbildung 21: Behandlungshäufigkeiten der Hausärzte in Rheinland-Pfalz 2013 (Quartalsschnitt) ... 47 Abbildung 22: Behandlungsbedarf der Hausärzte in Rheinland-Pfalz 2013 ...... 48 Abbildung 23: Multimorbidität in Rheinland-Pfalz 2011 ...... 54

60 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

7.2 VERZEICHNIS DER TABELLEN

Tabelle 1: Kreis Ahrweiler im sozio-demographischen Vergleich ...... 13 Tabelle 2: Sozioökonomische Regionalindikatoren auf Kreisebene im Vergleich ...... 22 Tabelle 3: Vertragsärztezahl und Versorgungsaufträge (Stand 31.12.2013): Kreis Ahrweiler ...... 24 Tabelle 4: Anzahl der Ärzte (Kopfzahlen) nach Organisations-, Praxis- und Statusform im Kreis Ahrweiler (Stand 31.12.2013) ...... 24 Tabelle 5: Anzahl der Praxen nach Organisationsform und Art der Betriebsstätte im Kreis Ahrweiler (Stand 31.12.2013) ...... 25 Tabelle 6: Systematik der neuen Bedarfsplanung im Kreis Ahrweiler...... 31 Tabelle 7: altersbedingter Nachbesetzungsbedarf an Hausärzten bis 2020 ...... 38 Tabelle 8: Patientenzahlen nach Altersklassen und Inanspruchnahmeraten im Kreis Ahrweiler ...... 44 Tabelle 9: Prognose der Hausarzt-Patientenzahlen 2030 im Kreis Ahrweiler ...... 45 Tabelle 10: Stationäres Versorgungsangebot im Kreis Ahrweiler ...... 50 Tabelle 11: Anbieter und Einrichtungen medizinisch-pflegerischer Leistungen ...... 51 Tabelle 12: Dokumentierte Morbidität im Kreis Ahrweiler: Diagnoseraten der 12 in Rheinland-Pfalz am häufigsten diagnostizierten chronischen Krankheiten im Landesvergleich ...... 56 Tabelle 13: Diagnosehäufigkeiten bei den multimorbiden Patienten im Kreis Ahrweiler...... 57 Tabelle 14: Krankheitsspektren der multimorbiden Patienten im Kreis Ahrweiler ...... 58

Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler 61

7.3 QUELLENVERZEICHNIS

Bedarfsplanungsrichtlinie vom 19.12.2013: www.g-ba.de > Informationen > Richtlinien

Bundesinstitut für Bau- Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBSR) (Hrsg.) (2014): INKAR 2013 – Indikatoren zur Stadt- und Raumentwicklung Ausgabe 2014. Selbstverlag. Bonn

Klauber/Geraedts/Friedrich/Wasem (Hrsg.) (2012): Krankenhaus-Report 2012. Stuttgart.

Mitgliederstatistik der gesetzlichen Krankenversicherung 2011: www.bmg.bund.de > Krankenversicherung > Zahlen und Fakten > Mitglieder und Versicherte

Morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA), Krankheitsauswahl für das Ausgleichsjahr 2011: www.bundesversicherungsamt.de > Risikostrukturausgleich > Festlegungen

Raumgliederungen auf Regionsbasis: www.bbsr.bund.de > Themen > Raumbeobachtung > Downloads

Regionaldaten des Statistischen Landesamtes: www.statistik.rlp.de > Regionaldaten > Meine Heimat

Rheinland-Pfalz 2060 - dritte regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Landesamtes: www.statistik.rlp.de > Staat und Gesellschaft > Demografischer Wandel

62 Kreisatlas zur vertragsärztlichen Versorgung: Kreis Ahrweiler

Impressum

Herausgeber Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz (KV RLP) Isaac-Fulda-Allee 14 55124 Mainz

Konzeption & Text Markus Steinmetz und Thomas Christ Ressort Versorgungsforschung, Abteilung Sicherstellung

Kontakt Telefon: 06131 326-326 Fax: 06131 326-327 E-Mail: [email protected] Internet: www.kv-rlp.de

Hinweise Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in den Texten auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Die männliche Form schließt die weibliche mit ein.

Für den – auch teilweisen – Nachdruck von Texten, Grafiken und dergleichen ist das schriftliche Einverständnis der KV RLP Voraussetzung

Stand November 2014