Zwischenbericht des Forschungsvorhabens für das Untersuchungsjahr 2011
Februar 2012 Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Teilprojekt Vegetationskunde: Ökohydrologie 3 3
Teilprojekt Zoologie II: Die Laufkäfer auf der Agrarfläche von Hof Ritzerau 9
Teilprojekt Zoologie II: Untersuchungen zur Auswirkung von unterschiedlich alten Grünstreifen auf Ackerflächen 1513
Teilprojekt Zoologie III: Die Entwicklung der Brutvogelwelt auf Hof Ritzerau 30 im Jahr 2011 - Brutvögel der Agrarlandschaft, Bruterfolg und Ressourcennutzung 19
Teilprojekt Zoologie IV: Erfassung der Amphibien unter Einbeziehung 45 der Laich- und Landhabitate – Untersuchungen 2011 36
Teilprojekt Zoologie V: Ergebnisse der Lichtfallenausbeute (nachtaktive 97 Schmetterlinge) und ergänzender Aufsammlungen in 2011 49
Teilprojekt Zoologie V: Einfluss der Waldbeweidung durch Rinder auf die Entwicklung der Schmetterlingszönose 97 109 73
Teilprojekt Pflanzenbau: Energieeffizienz der Fruchtfolgen von Hof Ritzerau im Vergleich zu repräsentativen konventionell bzw. ökologisch wirtschaftenden 123 Betrieben 82
130
Teilprojekt Ökohydrologie und Vegetationskunde
Ökohydrologie
Kirsten Rücker, Joachim Schrautzer, Hui Zhang
1 Einleitung...... 3 2 Ergebnisse der Untersuchungen auf Hof Ritzerau ...... 3 2.1 Langjährige Entwicklung der Phosphat-Konzentrationen im Duvenseebach...... 3 2.2 Sedimentationsuntersuchungen in der Niederung...... 4 2.3 Grundwasserstände in der Duvenseebachniederung...... 5 3 Kooperationen und Publikationen ...... 6 4 Nutzungsempfehlung und Untersuchungskonzepte für die Duvenseebachniederung...... 7 5 Literatur ...... 7
1 Einleitung Im Teilprojekt Ökohydrologie wurde das hydrologisch-chemische Monitoring wie in den vergangenen Jahren fortgesetzt (vgl. RÜCKER & SCHRAUTZER 2011a). Im Vordergrund standen damit weiterhin Untersuchungen zum Fließgewässer-Niedermoor-Komplex in der Duvenseebachniederung ein- schließlich des Hofsees und des Peperlandgrabens mit den einmündenden Drainagen. Zudem wurde die in der Duvenseebachniederung stattfindende Forschung um weitere Projekte von Masterstudenten und Kooperationen bereichert. Die Entwicklung der Duvenseebachniederung steht ebenso weiterhin im Fokus unserer Arbeit. Im Folgenden sollen neue Ergebnisse des zweiwöchentlichen Monitorings, Sedimentationsuntersu- chungen in der Niederung und die aktuelle Entwicklung der Grundwasserstände in der Duvensee- bachniederung vorgestellt werden (Kapitel 2). Einen Überblick über Publikationen, abgeschlossene Master-Arbeiten und erfolgte Präsentationen auf internationalen Tagungen stellt Kapitel 3 dar. Emp- fehlungen für die Nutzung und weitere Untersuchungen der Duvenseebachniederung werden in Kapi- tel 4 gegeben.
2 Ergebnisse der Untersuchungen auf Hof Ritzerau 2.1 Langjährige Entwicklung der Phosphat-Konzentrationen im Duvenseebach In Ergänzung zu den Sedimentationsuntersuchungen (Kapitel 2.2) soll hier die Datenreihe des Ge- samt-Phosphats (TP) im Wasser des Duvenseebaches von 2002 bis 2011 vorgestellt werden. Saisonal folgt der Konzentrationsverlauf weiterhin dem aus den Vorjahren bekannten Muster mit ho- hen Konzentrationen im Sommer sowie sinkenden Konzentrationen im Winter und Frühjahr (Abbil- dung 1). Im Gesamtverlauf der Phosphat-Konzentrationen seit 2004 zeichnen sich deutlich die klimati- schen Gegebenheiten der einzelnen Jahre ab. Ein eindeutiger Trend ist aber nicht erkennbar. Insgesamt fällt bei einem Vergleich der TP-Konzentrationen im Bach am Gebietseingang (IN) und am –ausgang (OUT) auf, dass die Konzentrationen vor dem Bereich der Niederung signifikant höher sind als bachabwärts an der Hofauffahrt (Median 0,36 mg TP/l (IN); 0,32 mg TP/l (OUT); p<0,001, Mann- Whitney U-Test) (vgl. Abbildung 2). Da dies auch für die SRP-Konzentrationen zutrifft (Daten hier nicht gezeigt), geben bereits diese Unterschiede unter den beschriebenen hydrologischen Bedingungen (RÜCKER 2008) Anlass zu der Vermutung, dass ein Teil des Phosphats im Bereich der Niederung zurückgehalten wird. Um diesen Prozess genauer zu untersuchen, wurden 2011 Sedimentationsmat- ten in der Niederung ausgebracht (vgl. Kapitel 2.2).
3 Teilprojekt Ökohydrologie und Vegetationskunde
2,50
2,00
1,50 IN OUT 1,00
0,50
0,00 01.11.02 01.05.03 01.11.03 01.05.04 01.11.04 01.05.05 01.11.05 01.05.06 01.11.06 01.05.07 01.11.07 01.05.08 01.11.08 01.05.09 01.11.09 01.05.10 01.11.10
Abb. 1: Verlauf der Gesamt-Phosphat-Konzentrationen 2002-2010 in mg/l
2 1,8 1,6 1,4 1,2 1 mg TP/l 0,8 0,6 0,4 0,2 0
IN
OUT
Abb. 2: Vergleich der TP-Konzentrationen an der IN- und OUT-Station (Median, Quartile 25%, 75%, Ausreißer sind als Punkte dargestellt)
2.2 Sedimentationsuntersuchungen in der Niederung Auswertungen der internationalen Literatur zur Phosphor-Retention in Flusstälern ergaben, dass Phosphor hauptsächlich in partikulärer Form durch Sedimentation auf Überflutungsflächen zurück- gehalten wird (vgl. RÜCKER 2008, ZHANG 2011). Dabei ist davon auszugehen, dass nur die uferfern sedimentierten Partikel auch dauerhaft zur P-Retention beitragen, während ufernah abgelagertes Ma- terial schneller wieder remobilisiert wird. Die Abnahme der Fließgeschwindigkeiten und die Rauhigkeit
4 Teilprojekt Ökohydrologie und Vegetationskunde
der Vegetation führen hypothetisch zu einer Sortierung des Materials und mit zunehmendem Abstand zum Ufer auch zu abnehmenden Mengen der Ablagerungen. Um den Prozess der P-Sedimentation in der Duvenseebachniederung nachzuweisen und der Frage der flächenhaften Verteilung der Ablage- rungen nachzugehen, führte Frau Hui Zhang im Rahmen ihrer Masterarbeit Versuche in der Niede- rung durch (ZHANG 2011). In drei senkrecht zum Ufer des Baches verlaufenden Transekten wurden vor einem Frühjahrshochwasser Sedimentationsmatten ausgebracht. Nach dem Rückgang des Hochwassers Ende März wurden die darauf festgehaltenen Sedimente beprobt und im Labor analy- siert.
Ups t r e am average sedi ment at i on
1 ) 2 0. 9 ) 2 0. 8 0. 7 0. 6 0. 5 0. 4 0. 3 0. 2 Se di ment at i on r at e ( kg/ m 0. 1 Sedimentationsrate (kg/m Sedimentationsrate 0 37.211.220304050 DistanceAbstand to vomthe stream Ufer ba(m) nk( m )
Abb. 3: Sedimentation in einem Ufertransekt in der Niederung
Insgesamt wurden im Bereich des Ufers etwa 900 g Sediment /m2 abgelagert. Diese Menge nahm mit Abstand vom Ufer deutlich ab und lag ab einer Entfernung von 30 m zum Ufer deutlich unter 100 g Sediment/ m2 (Abbildung 3). Es muss demnach davon ausgegangen werden, dass der größte Anteil wieder remobilisiert wird. Im Mittel wurden mit dem Sediment 0,2 g P/m2 abgelagert, wobei im Nordteil der Niederung höhere Maxima von bis zu 1,6 g TP/ m2 vorlagen. Eine Abhängigkeit der Sedimentation von der Überflutungsdauer war nicht festzustellen.
2.3 Grundwasserstände in der Duvenseebachniederung Die Erfassung der Grundwasserstände wurde wie zuvor fortgeführt. In Abbildung 4 sind die Wasser- stände der Brunnen GW2 im Südteil und GW7 im Nordteil der Niederung dargestellt. Auch im letzten Jahr zeigte sich die starke Abhängigkeit der Wasserstände von den Witterungsbedin- gungen. Das vorangegangene Jahr 2010 war ein sehr niederschlagsreiches Jahr mit hohen Wasser- ständen. Die Grenze der Beweidbarkeit von 30 cm unter Flur wurde bereits 2010 sowohl im Südteil als auch im Nordteil der Niederung nur in den Monaten Juni und Juli erreicht. Wasserstände über Flur stellten sich 2010 mit den hohen Augustniederschlägen und damit unerwartet früh ein. Im Nordteil standen dort phasenweise etwa 20 cm Wasser über Flur. Die hohen Wasserstände hielten bis in den Februar 2011 an. Mit dem trockenen Frühjahr fielen diese jedoch wieder stark ab, im Nordteil der Nie- derung auf bis zu 80 cm unter Flur im Juni. Erst im August 2011 stiegen die Wasserstände mit den zunehmenden Niederschlägen, um dann im September die Flurgrenze zu erreichen. Beweidbar war die Niederung jedoch trotz der starken Absenkung der Wasserstände lediglich von Mai bis in den Au-
5 Teilprojekt Ökohydrologie und Vegetationskunde
gust hinein. Langfristig zeichnet sich damit die prognostizierte geringe Beweidbarkeit der Fläche ab. Im trockenen Frühjahr ist generell eine Mahd und Heuernte nach Beendigung der Vogelbrutzeit emp- fehlenswert, um Nährstoffe zu entziehen.
40
20
0
-20
-40 cm ü. Flur ü. cm -60
-80
-100 1.1.02 1.1.03 1.1.04 1.1.05 1.1.06 1.1.07 1.1.08 1.1.09 1.1.10 1.1.11 1.1.12
Südteil Nordteil Flurhöhe Beweidungsgrenze
Abb. 4: Entwicklung der Grundwasserstände in der Duvenseebachniederung
3 Kooperationen und Publikationen Die Untersuchungen in der Duvenseebachniederung dienen auch weiterhin der Planung und Beglei- tung der Renaturierungsmaßnahmen in Zusammenarbeit mit der unteren Naturschutzbehörde in Rat- zeburg und mit dem Verein Natur Plus e.V. Panten. Im vergangenen Jahr wurde ein wasserbauliches Gutachten durch Dipl.-Ing. Sebastian Stoll, Ingenieurbüro Dr. Lehners & Wittorf, angefertigt, das zur Klärung der Ursachen überstauter Flächen im Oberlauf dienen soll. Wir stellten ihm dafür unsere Da- ten und Expertise zur Verfügung. Ergebnis des Gutachtens waren drei Szenarien, die jedoch auf den unmittelbaren Niederungsbereich beschränkt waren. Auf Vorschlag vieler Beteiligter soll das Gutach- ten räumlich auch auf den unmittelbaren Oberlauf nördlich der Duvenseebachniederung ausgeweitet werden, da sich dort die überflutungsempfindlichen Flächen befinden. Ali Mongol hat seine Masterarbeit zur Modellierung der Gewässergüte im Duvenseebach mit dem Modell NUSWALITE erfolgreich abgeschlossen (MONGOL 2011). Wie wir bereits berichteten (RÜ- CKER & SCHRAUTZER 2011) entstand diese Arbeit im Rahmen einer Kooperation mit Wissenschaft- lern des Instituts „ALTERRA“ aus Wageningen in den Niederlanden. Ebenfalls erfolgreich abgeschlos- sen wurde die Masterarbeit von Frau Hui Zhang zur Sedimentation auf den Überflutungsflächen der Niederung (ZHANG 2011, vgl. Kapitel 2.2). Im März 2011 präsentierten wir unsere Arbeit auf dem Tag der Hydrologie an der Technischen Uni- versität in Wien und im Juli bei der internationalen Tagung der Society of Wetland Scientists (SWS) in Prag (RÜCKER & SCHRAUTZER 2011 c). Ein Beitrag ist in der Schriftenreihe „Forum für Hydrologie und Wasserbewirtschaftung“ der Fachgemeinschaft der Hdyrologischen Wissenschaften an der TU Wien erschienen (RÜCKER & SCHRAUTZER 2011 b). Das Thema der Veröffentlichung ist der Ein- fluss des hydrologischen Austausches zwischen dem Duvenseebach und seiner Niederung auf die Nährstoff-Retention. Eine Publikation mit den Daten der Jahre 2004 bis 2007 steht kurz vor der Einrei- chung bei der internationalen Zeitschrift Ecosystems.
6 Teilprojekt Ökohydrologie und Vegetationskunde
4 Nutzungsempfehlung und Untersuchungskonzepte für die Duvenseebachniede- rung Die Entwicklung der Hydrologie und Vegetation in der Niederung zeigt, dass die Beweidung nur noch kurzzeitig möglich ist. Wir empfehlen daher, von einer Beweidung, die bei derart hohen Wasserstän- den auch mit erheblichen Trittschäden verbunden ist, abzusehen. Während der Niedrigwasserstände im Frühsommer ist aber die Durchführung einer Mahd durchaus denkbar. Um die Effizienz der in der Duvenseebachniederung durchgeführten Vernässungsmaßnahmen um- fassend ökologisch beurteilen zu können, sind weitere Untersuchungen zum Wasser- und Nährstoff- haushalt erforderlich. Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Messung klimarelevanter Spurengase zu. Hierzu erstellen wir in Zusammenarbeit mit Prof. Taube ein Konzept zur flächenhaften Ableitung der Spurengasemissionen sowie standorts- und damit nutzungsbezogener Nährstoffbilanzen. Ziele der angestrebten Untersuchung sind: - flächenhafte Bilanzierung des Global Warming Potentials - Erstellung einer kompletten Bilanz der Nährstoffausträge auf Standortsebene - Nutzungsoptimierung auch hinsichtlich der Klimawirksamkeit.
Tab. 1: Klimawirksame Spurengasemissionen aus unterschiedlich genutzten Niedermoorböden (nach DRÖSLER ET AL.2011)
Nutzung/ Vegetation Tonnen CO2-Äquivalent/ha/a Wasserstand cm Grünland extensive nass 10,3 -11 Naturnah/ renaturiert 3,3 -10 Überstau (permanent) 28,3 14
In Anlehnung an die Untersuchungen von DRÖSLER ET AL. (2011) (vgl. Tabelle 1) ergeben sich als Untersuchungsstandorte Teilflächen der Niederung, die phasenweise überstaute Flutrasen, Großseg- genrieder mit überwiegend hohen Wasserständen nahe der Geländeoberfläche und extensiv genutz- te, aber nicht überstaute Bereiche repräsentieren. Die Innovation des Forschungsansatzes liegt im Vergleich unterschiedlicher hydrologischer Bedin- gungen und unterschiedlicher Entwicklungsstadien der Vegetation. Darüberhinaus sollen die Ergeb- nisse mit den Nährstoffretentionsraten der hydrologischen Phasen gekoppelt werden. Deshalb sind ergänzende Untersuchungen zum Stickstoff- und Kohlenstoffhaushalt auf Standortsebene notwendig. Eine übergreifende Zusammenführung der Daten soll mit dem Ecosystem Services-Konzept in Zu- sammenarbeit mit Marion Kandziora, Dr. Benjamin Burkhard und Prof. Dr. Felix Müller vom Institut für Natur- und Ressourcenschutz erfolgen.
5 Literatur DRÖSLER, M., FREIBAUER, A., ADELMANN, W., AUGUSTIN, J., BERGMAN, L., BEYER, C., CHOJNICKI, B., FÖRSTER, C., GIEBELS, M., GÖRLITZ, S., HÖPER, H., KANTELHARDT, J., LIEBERSBACH, H., HAHN-SCHÖFL, M., MINKE, M., PETSCHOW, U., PFADENHAUER, J., SCHALLER, L., SCHÄGNER, P., SOMMER, M., THUILLE, A., WEHRHAN, M. (2011): Klima- schutz durch Moorschutz in der Praxis. Ergebnisse aus dem BMBF-Verbundprojekt „Klimaschutz - Moornutzungsstrategien“ 2006-2010. Braunschweig, Berlin, Freising, Jena, Müncheberg, Wien MONGOL, I. A. K. (2011): Modeling Instream Nutrient Retention to Help Assess Water Quality for Sustainable Management in a Wetland Stream Complex- Duvenseebach, North Germany. Mas- terarbeit im Studiengang „Applied Ecology“ an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
7 Teilprojekt Ökohydrologie und Vegetationskunde
RÜCKER, K. (2008): Zeitlich hoch aufgelöste Untersuchung der Nährstoffretention in einem Fließge- wässer-Niedermoor-Komplex. Dissertation im Fach Ökologie an der Christian-Albrechts- Universität zu Kiel RÜCKER, K. & SCHRAUTZER, J. (2010): Nutrient retention function of a stream wetland complex - a high frequency monitoring approach. Ecological Engineering RÜCKER, K. & SCHRAUTZER, J. (2011a): Teilbericht Ökohydrologie und Vegetationskunde. Jahres- bericht 2010 - Projekt Hof Ritzerau RÜCKER, K. & SCHRAUTZER, J. (2011b): Die Bedeutung des Wasseraustausches für die Nährstoff- retention in einem Fließgewässer-Niedermoor-Komplex. In: Forum für Hydrologie und Wasserbe- wirtschaftung, Wien RÜCKER, K. & SCHRAUTZER, J. (2011c): Nutrient Retention in the Duvenseebach Stream Wetland Complex. Proceedings of the Joint Meeting of the Society of Wetland Scientist, WETPOL and Wetland Biogeochemistry Symposium. Prag ZHANG, H. (2011): Sedimentation and Phosphorus Deposition in a Wetland Stream Complex (Duven- seebachniederung, Ritzerau). Masterarbeit im Studiengang „Environmental Management“ an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
8 Teilprojekt Zoologie II - Laufkäfer
Die Laufkäfer auf der Agrarfläche von Hof Ritzerau
Lars Schröter
1 Tätigkeitsbericht ...... 9 2 Weitere Ergebnisse...... 9
1 Tätigkeitsbericht Seit dem 12. Oktober 2011 sind wieder Bodenfallen auf den Äckern und in den naturnahen Flächen ausgebracht. Mit der Probennahme wurde zu der aktuellen Untersuchungsphase einen Monat später begonnen als in den Jahren zuvor, da die Felder aufgrund der langanhaltenden Niederschläge im August und September 2011 so wassergesättigt waren, dass die Bodenbearbeitung nur verzögert durchgeführt werden konnte, was wiederum die zeitige Ausbringung der Bodenfallen verhinderte. Auf Teilen der Felder Dachsberg und Hellberg und einem Areal auf Peperland und Stutenkoppel konnte mit der Probennahme erst im November, bzw. Dezember begonnen werden, da dort noch spät im Jahr gegrubbert wurde. Auf dem Koppelbusch wurden die Bodenfallen erst im November ausgebracht, da die Fläche durch Schafe beweidet wurde. Anschließend verzögerte das Verlegen neuer Drainagen mittels Kettenbagger die Probennahme. Die Bestimmung der 2009/10 erfassten Laufkäfer ist noch nicht ganz beendet, so dass zum Zeitpunkt dieses Zwischenberichtes leider keine neuen Daten bekannt gegeben werden können. Die Ergebnisse und Auswertung werden im Frühjahr 2012 vorliegen.
2 Weitere Ergebnisse Mit der noch nicht abschließend ausgewerteten Probennahme 2009/10 sind in der Monitoring-Phase 124 Bodenfallen im Einsatz; 98 auf den Äckern und 26 in den naturnahen Flächen der Knicks und am Rand der Sölle. Im ersten Monitoring-Jahr 2005/06 (2 Jahre nach der Umstellung) wurden noch 167 Bodenfallen, wie während der Umstellungsphase, genutzt und ausgewertet. Im Jahr 2007/08 (vier Jahre nach der Umstellung) waren es 125 Bodenfallen. Von diesen wurde ein Ackerstandort im Winter 2007/08 aufgegeben, da der Bereich des Ackers zu Weideland umgewandelt worden ist. Um nun den Zeitraum der Umstellung exakt vom Monitoring abzugrenzen und um ein besseres Verständnis für eingereichte und zukünftige Publikationen zu erreichen, wurden rückwirkend für das Monitoring einheitlich nur noch die aktuell bestehenden 124 Bodenfallen-Standorte ausgewertet. Diese Änderung hätte sich am stärksten auf die bereits präsentierten Ergebnisse des Untersuchungsjahrs 2005/06 auswirken können, tatsächlich kam es nur zu geringfügigen Änderungen und alle bisher getroffenen Aussagen sind unverändert gültig. Bei der Ergebnis-Präsentation 2011 wurde berichtet, dass das Untersuchungsjahr 2007/08 vor allem durch die niedrige Aktivitätsdichte von Laufkäfern auf den Feldern gekennzeichnet war. Desweiteren waren die mittleren Artenzahlen 2007/08 auf dem Acker so niedrig wie im zweiten Jahr der Umstellung 2003/04, andererseits war die durchschnittliche Artenvielfalt unter ökologischer Bewirtschaftung in den Jahren 2007/08 und 2005/06 signifikant höher war als unter konventionellem Anbau und während der zwei Umstellungsjahre. An diesen Aussagen hat sich durch die vereinheitlichte Anzahl an Fallen- Standorten keine Änderung ergeben und auch hinsichtlich der mittleren Artenzahlen kann über keine Abweichungen von den bisher ermittelten Werten früherer Jahre berichtet werden (Tabelle 1). Die absolute Artenzahl hat sich zwar von 99 auf 98 Arten verringert, sie blieb damit aber auf dem Niveau der Vorjahre. Die korrigierten Fallenzahlen ließen einen erneuten Vergleich der Artenzahlen für die Umstellungsphase und dem sich anschließenden Zeitraum mit ökologischem Anbau auf der Basis 9 Teilprojekt Zoologie II - Laufkäfer
einer gleich hohen Anzahl an Bodenfallen der Agrarfläche sinnvoll erscheinen. Dazu wurde mit der Rarefaction-Methode auf der Basis von 98 Acker-Standorten, das ist die Anzahl an Standorten, die in allen fünf Jahren mindestens auf der Ackerfläche genutzt wurden, die Anzahl an Laufkäfer-Arten bei gleichem Probenumfang berechnet (Abbildung 1). Das Ergebnis der Berechnung zeigte, dass die unterschiedlichen absoluten Artenzahlen nicht auf die reduzierte Probennahme zurück zuführen waren. Die geringste Artenzahl mit 72,0 ± 2,8 Arten 98 Standorte-1 war für das Jahr 2005/06, zwei Jahre nach erfolgter Umstellung, festzustellen. Mit 80,8 ± 4,1 Arten 98 Standorte-1 kamen 2007/08, vier Jahre nach der Umstellung, die meisten Arten vor, während für den Zeitraum der Umstellung 78,1 ± 3,8 Arten, 79,8 ± 3,9 Arten und 73,7 ± 4,1 Arten pro 98 Standorte durch die Rarefaction-Methode kalkuliert wurden. Nach dem Ergebnis der Rarefaction-Analyse kann festgestellt werden, dass die geringere Fallenmenge des Monitorings bislang keine Auswirkung auf die Anzahl der nachgewiesenen Laufkäfer-Arten hatte. Tab. 1: Arten- und Individuenzahlen der Laufkäfer aus Bodenfallen auf der Hoffläche während der Hauptuntersuchung und des Monitorings. MW ± SA: Mittelwert ± Standardabweichung; konv. / ökol.: Anzahl der Ackerstandorte unter konventioneller bzw. ökologischer Bewirtschaftung.
Jahr 2001/02 2002/03 2003/04 2005/06 2007/08
Arten [n] 108 101 99 98 98
Individuen [n] 30052 48991 25640 22581 13777
Aktivitätsdichte 0.69 ± 0.35 1.02 ± 0.55 0.69 ± 0.39 1.02 ± 0.73 0.42 ± 0.27 [MW ± SA]
Standorte Feld: konv. / ökol. 133 / - 95 / 44 88 / 51 - / 98 - / 98 nnF 30 28 28 26 26
Abb. 1: Artenzahlen der Laufkäfer auf der Ackerfläche von Hof Ritzerau in den Jahren 2001/02 (konv. Anbau), 2002/03 und 2003/04 (konv. und ökol. Anbau) sowie 2005/06 und 2007/08 (ökol. Anbau), ermittelt durch die Rarefaction-Methode.
10 Teilprojekt Zoologie II - Laufkäfer
Im Unterschied zu den Arten- und Individuenzahlen, die im bisherigen Untersuchungsverlauf schwankten und keinen eindeutigen Trend erkennen ließen, zeigte die Artenvielfalt eine positive Entwicklung. Während die naturnahen Flächen über einen Zeitraum von sieben Jahren durch gleichbleibend hohe Diversitäts-Werte zwischen 2,17 und 2,46 gekennzeichnet waren, war die Ackerfläche zu Beginn der Untersuchung durch geringe Werte des Shannon-Weaver-Index charakterisiert (Abbildung 2). Im Vergleich über den bisher untersuchten Zeitraum war die Artenvielfalt auf den Feldern im ersten Untersuchungsjahr 2001/02 mit konventioneller Bewirtschaftung ohne weitere Unterscheidung entlang des Entfernungsgradienten mit HS-Werten von 1,79 bis 1,25 am geringsten. Die Feldgröße war ohne Auswirkung auf die Artendiversität, der konventionell bewirtschaftete Acker wirkte als Ganzes wie eine Barriere auf nahezu alle im Untersuchungsraum nachgewiesenen Carabiden. Die naturnahen Flächen unterschieden sich von allen Entfernungsklassen der Felder durch signifikant höhere Artenvielfalt. Diese Barrierewirkung verminderte sich im weiteren Verlauf der Untersuchung umso stärker, je mehr Feldfläche auf ökologischen Anbau umgestellt wurde und je länger die Bereiche ökologisch bewirtschaftet wurden. Direkt mit der Umstellung im Jahr 2002/03 war ein Anstieg der Biodiversität auf den Feldern zu verzeichnen. Die Steigerung der Artenvielfalt wirkte sich an den randnahen Standorten bis 30 m Feld-
Abb. 2: Entwicklung der Artendiversität der Laufkäfer (Shannon-Weaver-Diversitäts Index) in Abhängigkeit von der Entfernung zum Feldrand über einen Zeitraum von sechs Jahren nach der Umstellung zum ökologischen Anbau. Jahre: 0. Jahr mit konventionellem Anbau, 1, 2: Jahre der Umstellung, 4 bis 6: Jahre nach Beginn der Umstellung.
11 Teilprojekt Zoologie II - Laufkäfer
tiefe am stärksten aus, denn diese erreichten das Niveau der naturnahen Flächen, während der übrige Acker eine signifikant geringere Artendiversität aufwies. Vier Jahre nach dem Beginn der Umstellung, im Jahr 2005/06, war die Artenvielfalt an allen Standorten des Ackers (HS: 2,06 - 2,28) ohne weitere
Differenzierung so hoch wie in den naturnahen Habitaten (HS: 2,27). Im Jahr 2007/08, sechs Jahre nach dem Beginn der Umstellung, erreichte die Artendiversität sowohl in den naturnahen Flächen (HS:
2,43) wie in allen Entfernungsklassen der Ackerfläche (HS: 1,99 - 2,25) dasselbe Niveau wie 2005/06, auch wenn in den Klassen bis 30 m, 60 m und 120 m ein nicht signifikanter Rückgang der Werte im Vergleich zu 2005/06 zu beobachten war (Abbildung 2). Ursache für die Steigerung der Artenvielfalt im Feldbereich war eine Verschiebung innerhalb der Dominanzverhältnisse. Die Anzahl von Arten, die benötigt wurden, um 75 % aller Laufkäfer in einer der Entfernungsklassen zu erreichen, nahm mit der Anzahl der Jahre, die seit der Einführung der ökologischen Betriebsweise vergangen sind, linear zu (Abbildung 3). Im ersten Untersuchungsjahr, noch vor der Umstellung, gehörten 75 % aller Individuen in den Entfernungsklassen 30 m, 60 m, 120 m und 240 m zu 4, 3, 3 und 2 Laufkäfer-Arten. Diese einseitige Dominanzstruktur wandelte sich bis 2007/08, denn dann waren neun Arten erforderlich, um im Feldrandbereich bis 30 m Feldtiefe 75 % der Laufkäfer abzubilden. In den weiter vom Feldrand entfernten Distanzklassen bis 60 m, 120 m und 240 m verteilten sich 75 % Dominanz auf jeweils acht Arten. Innerhalb der naturnahen Flächen veränderte sich die Dominanzstruktur dagegen nicht und es wurde für den siebenjährigen keine lineare Korrelation nachgewiesen (y = 911 – 0.45*Jahre, r² = 0.15, p > 0.05). 17 Arten stellten 2001/02 75 % aller Individuen, in den folgenden Jahren waren es zwischen 10 und 14 Arten. Die linear korrelierte Zunahme der Artenzahlen für 75 % Dominanz in allen Entfernungsbereichen der Ackerfläche zeigt, dass sich der Prozess der Umstellung auch vier Jahre nach dem Ende der Umstellung immer noch auf die Artenverteilung innerhalb der Felder auswirkt.
Abb. 3: Lineare Korrelation der Anzahl von Laufkäfer-Arten, um 75 % aller Individuen zu erreichen, in naturnahen Flächen < 0 m und in verschiedenen Entfernungsklassen der Ackerfläche (< 0 m: r² = 0.15, p = n.s.; 30 m: r² = 0.89, p < 0.02; 60 m: r² = 0.95, 120 m: r² = 0.96, 240 m: r² = 0.97, jeweils p < 0.01).
12 Teilprojekt Zoologie II - Grünstreifen
Untersuchungen zur Auswirkung von unterschiedlich alten Grünstreifen auf Ackerflächen
Mazhar Ranjha und Ulrich Irmler
1 Einleitung...... 13 2 Standorte und Methoden...... 13 3 Ergebnisse ...... 14 3.1 Artenzusammensetzung und -gemeinschaften ...... 14 3.2 Vergleich Grünstreifen, Felder und Feldränder ...... 14 3.3 Effekt der Distanz zu den Feldrändern ...... 16 3.4 Auswirkung der Grünstreifen auf die Ernährungsgilden ...... 16 4 Diskussion ...... 16 5 Literatur ...... 18
1 Einleitung Die naturnahen Habitate in der Nachbarschaft zu Äckern sind wichtige Quellen für eine artenreiche Fauna der Agrarökosysteme (SMITH et al. 2008), da die Ackerfauna nach der Ernte und der Neuein- saat von einer jährlichen Kolonisierung aus der Nachbarschaft abhängt (TSCHARNTKE & KRUESS 1999). Grünstreifen sind wichtige Korridore für die Ausbreitung von Pflanzen und Tieren (THOMAS et al. 1991). Sie dienen als Nahrungsressourcen (BOMMARCO 1998), als Rückzugsraum (ASTERAKI et al. 1995) und Überwinterungshabitat für Nutzinsekten (FRANK & REICHHART 2004). Ihre Vegetation unterstützt die Insekten-Diversität (VARCHOLA & DUNN 2001). Bisherige Untersuchungen fanden im konventionellen Landbau statt. Aus dem ökologischen Landbau sinbd bisher in dieser Richtung keine Untersuchungen bekannt. Unter Berücksichtigung der bisher bekannten Ergebnisse, wurden in der folgenden Untersuchung das Alter von Grünstreifen und ihre Wirkung im ökologischen Landbau analysiert. Dabei standen folgende Fragen im Vordergrund: (1) Führen Grünstreifen auch im ökologischen Landbau zu einer höheren Biodiversität in den benachbar- ten Ackerbereichen? (2) Hat das Alter der Grünstreifen einen Effekt auf ie Artenvielfalt? (3) Wie ver- ändert sich die Artengemeinschaft vom Feldrand zum Ackerzentrum? (4) Welche Auswirkungen ha- ben die Grünstreifen auf seltene Arten und die verschiedenen Nahrungsgilden der Laufkäfer?
2 Standorte und Methoden Die Untersuchung wurden auf je zwei Äckern in Panten und Hof Ritzerau von September 2009 bis Oktober 2010 durchgeführt. Die Standorte wurden nach dem Alter ihrer Grünstreifen ausgewählt. Die 2 und 4 Jahre alten Streifen lagen in Panten, der 9 Jahre alte Streifen ebenso wie der Kontrollstreifen (0 Jahre, ohne Grasstreifen) auf Hof Ritzerau. Die Laufkäfer wurden mit Bodenfallen, die mit 90 % Glykol und einem Tensionsmittel gefüllt waren, erfasst. Insgesamt waren 150 Fallen im Einsatz. Je drei Fallen lagen in den Randstreifen, je 2 Fallen in den Grünstreifen und im Ackerbereich in 30 m Entfernung vom Grünstreifens. In beiden Transekten waren die Fallengruppen in je 30 m Distanzen angeordnet, z.B. 30 m, 60 m, 90 m usw. Das gesamte Transekt war von der Länge des Grünstreifens abhängig (Abbildung 1).
13 Teilprojekt Zoologie II - Grünstreifen
Abb. 1. Fallenanordnung in dem Grünstreifenexperiment
Die Distanzen von den Feldrändern varierten in den Feldern: 60, 150 und 180 m in den 4, 2 und 9 Jahre alten Grünstreifen. Für die Statistik wurde das Programm PAST (HAMMER et al. 2001) verwendet. One Way ANOVAs wurden für den Vergleich der verschieden alten Streifen verwendet und anschließend ein LSD (Fisher) post hoc-Test durchgeführt Die Effekte der Streifen, Alter der Streifen und Distanzen von den Feld- rändern wurden mit einem non-parametric ANOVAs Kruskal-Wallis-Test durchgeführt. Die Bestim- mung der Artenvielfalt wurde auch mit der Rarefaction-Methode bestimmt. Außerdem wurde die Detrended Correspondenz-Analyse angewandt, um die Veränderrung in der Artengemeinschaft zu analysieren.
3 Ergebnisse 3.1 Artenzusammensetzung und -gemeinschaften Im Untersuchungszeitraum wurden 23.146 Individuen (11.068 in Panten, 12.078 in Hof Ritzerau) er- fasst, die zu 89 Arten gehörten (67 in Panten und 74 in Hof Ritzerau). Die Standorte ließen sich mit der Detrended Correspondenz-Analyse in folgende Gruppen unterteilen (Abbildung 2): (1) Feldränder des 9 Jahre alten Grünstreifens; (2) 9 Jahre alter Grünstreifen mit Äckern und die Feldränder des Kontrollstreifens; (3) Grünstreifen und Feldränder des 4 Jahre alten Streifens; (4) Grünstreifen, Feldränder und Ackerflächen des 2-Jahre alten Streifens und die Ackerflächen des 4 Jahre alten Streifen sowie (5) der Kontrollstreifen (0 Jahre). Das Alter der Streifen hatte auf die Artengemeinschaft nur einen geringen Einfluß. Allerdings unter- schieden sich die Artengemeinschaften insgesamt kaum, wie aus dem geringen Eigenwert von 0.24 ersichtlich wird.
3.2 Vergleich Grünstreifen, Felder und Feldränder Der Vergleich der Grünstreifen unterschiedlichen Alters hatte folgendes Ergebnis. Die höchste Aktivi- tätsdichte wurde in der Kontrolle ohne Grünstreifen gefunden (Tabelle 1). Die Artendiversität war in
14 Teilprojekt Zoologie II - Grünstreifen
A2_E4 2-year-old field edges, 180 A2_E6 strips and 4-year-old field A2_E5 A2_F1 A4_E3 A2_F3 160 A2_E3 A4_S1 A2_F4 A2_F2 A4_S2 A4_E5 A2_S1 A2_E2 A4_F2 140 A2_S2 A4_F1 Ctrl_F2 A2_E1 A4_E2 4-year-old field edges 120 Ctrl_F1 Control field A4_E4 and strips A4_E1 A9_F1 Ctrl_E1 100 Ctrl_E2 A9_F2
80 A9_S2
2 (eigenvalueAxis 0.12) 9-year-old field A9_S1 and strips Ctrl_E3 60 A4_E6
Control field edges A9_E1 40 9-year-old field edge
20 A9_E2 A9_E3 0 0 30 60 90 120 150 180 210 240 270
Axis 1 (eigenvalue 0.24)
Abb. 2: Ergebnis der Detrended Correspondenz-Analyse: Ctrl (Kontrolstreifen); A2, A4 und A9: 2, 4 und 9 Jahre alter Streifen; S (Streifen) und F (Feld) Suffix 1 und 2 Parallelefallen, E ( Feldrand).
Tab. 1: Mittlere Aktivitätsdichten (Ind. Falle-1 100 Tage-1), Artenvielfalt (H), Evenness und Artenzahl pro Falle in den Grünstreifen, im Acker und in den Feldrändern; verschiedene Exponenten zeigen einen signifikanten Unterschied nach dem LSD Test at p < 0.05; DF = 3
Alter 0 2 4 9 Mittel S.A. Mittel S.A. Mittel S.A. Mittel S.A. F In Grünstreifen N 32 20 8 12 Aktivitätsdichte a 93,5 44,2 c 28,1 15,2 c 13,2 5,6 b 40,1 9,9 21,7 Shannon (H) b 2,03 0,22 a 2,31 0,14 b 2,09 0,42 a 2,31 0,16 9,2 Evenness b 0,45 0,10 a 0,65 0,06 a 0,67 0,19 b 0,51 0,07 21,9 Artenzahl b 17,6 2,3 c 15,8 2,6 d 13,0 3,3 a 20,1 1,3 16,5 Im Acker N 32 40 8 12 Aktivitätsdichte a 93,5 44,2 b 55,4 20,3 b 37,6 8,6 b 64,1 24,2 10,3 Shannon (H) c 2,03 0,22 b 2,21 0,15 b 2,30 0,18 a 2,46 0,17 18,7 Evenness b 0,45 0,10 a 0,57 0,09 a 0,60 0,07 a 0,58 0,08 13,2 Artenvielfalt b 17,6 2,3 b 16,6 2,8 b 17,0 2,8 a 20,4 2,7 6,7 Feldrand N 3 6 6 3 Aktivitätsdichte a 33,7 13,3 b 11,3 3,1 b 5,4 1,3 b 12,3 2,0 18,4 Shannon (H) b 2,15 0,12 b 2,23 0,28 b 2,05 0,20 a 2,67 0,13 5,6 Evenness b 0,49 0,05 a 0,68 0,10 a 0,78 0,09 a 0,70 0,10 6,6 Artenzahl a 17,7 0,6 b 14,0 2,4 c 10,2 1,6 a 20,7 1,5 26,1
15 Teilprojekt Zoologie II - Grünstreifen
Tab. 2: Mittlere Artenzahlen und –diversitäten (Shannon H) im benachbarten Ackerbereich der ver- schieden alten Grünstreifen; Standardabweichung (SA), unterschiedliche Exponenten zeigen Signifi- kanzen an mit p < 0.05.
Alter 2 4 9 Mittel S.A. Mittel S.A. Mittel S.A. F n 32 4 10 Artenzahl b 16.97 2.76 ab18.75 2.06 a 20.7 2.83 7.3 Shannon (H) b 2.20 0.16 a 2.41 0.18 a 2.47 0.17 11.4
den Ackerändern insgesamt am höchsten, am niedrigsten in den Äckern. Die Grünstreifen zeigten mittlere Werte. In den Grünstreifen waren keine signifikanten Unteschiede hinsichtlich des Alters zu erkennen. Die Grünstreifen hatten keinen signifikanten Effekt auf die Aktivitätsdichte der Laufkäfer im benachbar- ten Ackerbereich (Kruskal-Wallis-Test, H = 4.2; DF = 2; N = 46; p > 0.05). Im Gegensatz dazu war ihr Einfluß auf die Artenvielfalt und Artenzahl sehr deutlich (Tabelle 2). Der 9 Jahre alte Streifen hatte den stärksten Einfluß auf die Artenvielfalt des benachbarten Ackerbereichs. Die Unterschiede zu den 4 und 2 Jahre alten Streifen waren signifikant. Dies traf auch auf die Artendiversität (Shannon H) zu.
3.3 Effekt der Distanz zu den Feldrändern Im nächsten Schritt wurde der Effekt der Entfernung von den Feldrändern untersucht (Abbildung 3). Die Beziehung zwischen der log-transformierten Aktivitätsdichte und der Entfernung vom Feldrand war sowohl in den Ackerbereichen (r = 0.51; p < 0.05; n = 56) als auch in den Grünstreifen (r = 0.66; p < 0.05; n = 76) signifikant. In der One-Way ANOVA wurden die Distanzklassen unabhägig vom Alter analysiert. Die Feldränder waren von allen übrigen Distanzklassen einschließlich der 30 m Klasse signifikant unterschieden. Die Artenzahl zeigte in den Grünstreifen keine Unterschiede mit ansteigen- der Distanz vom Feldrand (F (5, 50) = 1.31, p > 0.05)), wies aber in den Ackerbereichen im Zentrum höhere Werte auf als am Rand. Im Gegensatz zu der Artenzahl/Falle und der Artenvielfalt, wurde mit der Rarefaktion-Methode eine höhere Artenvielfalt am Rand als im Feldzentrum gefunden.
3.4 Auswirkung der Grünstreifen auf die Ernährungsgilden Die Klassifikation nach den Ernährungsgilden ergab 7 Arten, die sich omnivor enähren, 20 Arten mit phytophager und 45 Arten mit karnivorer Ernährung. Da die karnivoren Arten vor allem als Nützlinge im Ackerbereich wichtig sind, sollen die Ergebnisse diese Gilde hier kurz dargestellt werden. Ihre Aktivitätsdichte war in den Äckern höher als in den Feldrändern und den Grünstreifen. Die Fallen Rarefaction-Kurven zeigten aber, dass in den Feldrändern eine höhere Artenvielfalt vorhanden war als in den Grünstreifen und den Ackerbereichen.
4 Diskussion Die geringen Eigenwerte der Detrended Correspondenz-Analyse zeigen, dass sich die Artenzusam- mensetzung der Laufkäfer in den verschiedenen Agrarbereichen kaum unterscheidet. Nach TER BRAAK (1987) geben erst Eigenwerte von mehr als 0.5 eine zuverlässige Separierung von Artenge- meinschaften. Die geringen Unterschiede in der Artenzusammensetzung wurden bereits von IRMLER (2003) herausgestellt. Eine mögliche Ursache für die hohe Ähnlichkeit kann im ökologischen Anbau liegen, der die Unterschiede zwischen Ackerbereichen und Randbereichen ausgleicht.
16 Teilprojekt Zoologie II - Grünstreifen
Abb. 3: Aktivitätsdichten in den unterschiedlichen Distanzklassen der Grünstreifen ( ), F (5, 50) = 4.51; p < 0.01) und Ackerbereichen ( ), F (5, 70) = 14.3, p < 0.0001) (A); Artenzahl pro Falle (▼), F (5, 70) = 3.24, p < 0.05) (B); Fallen-Rarefaktion der Artenzahlen in den unterschiedlichen Distanzklas- sen in den Grünstreifen (C) und den Ackerbereichen (D); Legende in (C) gilt auch frür (D); unteschied- liche Buchstaben in (A) und (B) zeigen Signifikanzen nach LSD mit p < 0.05.
Abb. 4: Aktivitätsdichten der karnivoren Arten (Kruskal-Wallis-Test: H = 87.2, DF = 2, N= 150, P < 0.001 (A) und Fallen Rarefaction für die Artenzahl (B); unterschiedliche Buchstaben zeigen Signifikan- zen nach dem LSD post hoc Test mit p < 0.05.
17 Teilprojekt Zoologie II - Grünstreifen
Naturnahe Habitate fördern die Nahrungsbedingungen für Laufkäfer (FRANK et al. 2007) und erhöhen damit ihre Reproduktion (VAN DIJK 1994; BOMMARCO 1998). Die höhere Aktivitätsdichte in Acker- flächen gegenüber Grünstreifen wurde bereits in in zahlreichen Untersuchungen nachgewiesen (z.B. KROMP & STEINBERGER 1992). Nach unseren Untersuchungen fördern alte Grünstreifen die Artenvielfalt in den benachbarten Acker- bereichen. Auch LYS et al. (1994) fanden eine höhere Artenvielfalt in Ackerflächen mit Grünstreifen als ohne Grünstreifen. Im Gegensatz dazu konnten SMITH et al. (2008) keinen Einfluß der Grünstrei- fen auf die Makrofauna des nahen Feldbereichs finden.
5 Literatur ASTERAKI, E.J., HANKS, C.B., CLEMENTS, R.O. (1995): The influence of different types of grassland field margin on carabid beetle (Coleoptera, Carabidae) communities. Agriculture, Ecosystems & Environment 54, 195-202. BOMMARCO, R. (1998): Reproduction and Energy Reserves of a Predatory Carabid Beetle Relative to Agroecosystem Complexity. Ecological Applications 8, 846-853. FRANK, T., KEHRLI, P., GERMANN, C. (2007): Density and nutritional condition of carabid beetles in wildflower areas of different age. Agriculture, Ecosystems & Environment 120, 377-383. FRANK, T., REICHHART, B., 2004. Staphylinidae and Carabidae overwintering in wheat and sown wildflower areas of different age. Bulletin of Entomological Research 94, 209-217. HAMMER, Ø., HARPER, D.A.T., RYAN, P.D. (2001): PAST: Paleontological statistics software package for education and data analysis. Palaeont. Electronica 4 1-9. IRMLER, U. (2003): The spatial and temporal pattern of carabid beetles on arable fields in northern Germany (Schleswig-Holstein) and their value as ecological indicators. Agriculture, Ecosystems & Environment 98, 141-151. KROMP, B., STEINBERGER, K.-H. (1992): Grassy field margins and arthropod diversity: a case study on ground beetles and spiders in eastern Austria (Coleoptera: Carabidae; Arachnida: Aranei, Opiliones). Agriculture, Ecosystems & Environment 40, 71-93. SMITH, J., POTTS, S.G., WOODCOCK, B.A., EGGLETON, P. (2008): Can arable field margins be managed to enhance their biodiversity, conservation and functional value for soil macrofauna? J Appl Ecol 45, 269-278. TER BRAAK, C.J.J. (1987): Ordination. In: JONGMANN, R.H.G., TER BRAAK, C.J.F., VAN TONGEREN, O.F.R. (eds.) Data analysis in community and landscape ecology. Pudoc, Wagenin- gen. THOMAS, M.B., WRATTEN, S.D., SOTHERTON, N.W. (1991): Creation of 'Island' Habitats in Farmland to Manipulate Populations of Beneficial Arthropods: Predator Densities and Emigration. Journal of Applied Ecology 28, 906-917. TSCHARNTKE, T., KRUESS, A. (1999): Habitat fragmentation and biological control. In: Hawkins, B.A., Cornell, H.V. (Eds.), Theoretical Approaches to Biological Control. Cambridge University Press, Cambridge, pp. 190-205. VAN DIJK, T.S. (1994): On the relationship between food, reproduction and survival of two carabid beetles: Calathus melanocephalus and Pterostichus versicolor. Ecol Entomol 19, 263-270. VARCHOLA, J.M., DUNN, J.P. (2001): Influence of hedgerow and grassy field borders on ground beetle (Coleoptera: Carabidae) activity in fields of corn. Agriculture, Ecosystems and Environment 83, 153-163.
18 Teilprojekt Zoologie III - Brutvögel
Die Entwicklung der Brutvogelwelt auf Hof Ritzerau im Jahr 2011 Brutvögel der Agrarlandschaft Bruterfolg und Ressourcennutzung
Bernd Koop
1 Einleitung...... 19 2 Methoden ...... 19 2.1 Erfassungsmethoden und Erfassungstermine...... 19 2.2 Witterung...... 20 2.3 Anbau 2011...... 20 2.4 Phänologische Daten...... 20 3 Ergebnisse ...... 22 3.1 Allgemeine Ergebnisse ...... 22 3.2 Brutbestände der einzelnen Arten ...... 22 4 Diskussion ...... 29 4.1 Welchen Beitrag kann Biolandbau im Artenschutz leisten? ...... 29 4.2 Perspektiven für Feldvögel in der Agrarlandschaft...... 32 4.3 Welche Rahmenbedingungen sind für den Vogelartenschutz im Biolandbau notwendig? .... 33 4.4 Ausblick: Offene Fragen ...... 34 5 Zusammenfassung...... 34 6 Literatur ...... 34
1 Einleitung In einem biologischen Monitoring steigt mit der Zahl der Untersuchungsjahre die Sicherheit, tatsächli- che Veränderungen von von Jahr zu Jahr auftretenden Schwankungen zu trennen, die bei Tierpopula- tionen weit verbreitet sind. Mit der Dauer des Monitorings wird es zunehmend möglich, auch Langzeit- veränderungen zu erkennen. Das elfte Untersuchungsjahr zu den Auswirkungen der Betriebsumstel- lung auf die Vogelwelt der Ackerfluren schließt an die Untersuchungen von 2001 bis 2010 an.
2 Methoden 2.1 Erfassungsmethoden und Erfassungstermine Um die langjährige Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten, erfolgt die Erfassung der Brut- vögel standardisiert nach der Methode der Original-Siedlungsdichte (BIBBY et al. 1995). Auf elf Bege- hungen des gesamten Geländes zur Brutzeit (16. März bis 13. Juli) wurden alle Vogelvorkommen mit Revier- oder Brutverhalten in Karten eingetragen, aus denen anschließend über die „Papierreviere“ Bestände und Verteilung abgeleitet wurden. Die hier dargestellte Artenauswahl beschränkt sich wiederum auf die Brutvögel der Ackerflächen, um- fasst also folgende Vogelarten: Wachtel, Rebhuhn, Kiebitz, Feldlerche, Wiesen-Schafstelze, Wiesen- pieper, Braunkehlchen, Sumpfrohrsänger, Dorngrasmücke und Rohrammer, ergänzt um Registrierung seltenerer Arten wie Neuntöter oder Grauammer. Der Bruterfolg von Feldlerche und Schafstelze wurde zumeist über Futter tragende Altvögel ermittelt. Damit kann im günstigsten Fall der Anteil erfolgreicher Bruten insgesamt ermittelt werden. Bei beiden
19 Teilprojekt Zoologie III - Brutvögel
Arten erfolgte die Ermittlung des Bruterfolgs anhand von Teilpopulationen (Feldlerche) oder anhand des gesamten Bestandes (Wiesen-Schafstelze). Alle Daten wurden in das Fundpunktprogramm WinArt des LANU Schleswig-Holstein eingegeben, wodurch alle Reviere exakt georeferenziert sind. Definitionen: Als „wahrscheinlich brütend“ (schwarze Punkte der Artkarten) wird ein Vorkommen ge- wertet, wenn es so lange bestand, dass eine Brut rechnerisch stattfinden konnte, also etwa vier Wo- chen. Als „länger besetzt“ (rot) werden Vorkommen bezeichnet, in denen zumindest ein Brutversuch stattfinden konnte, also über mindestens zwei Wochen/ auf zwei nacheinander erfolgten Kartierdurch- gängen. Hier sind theoretisch Brutversuche möglich. „Kurzfristig besetzt“ (weiß) sind einmalige Regist- rierungen, wahrscheinlich ohne Brutversuch. Erfassungstermine: 16.3., 29.3., 16.4., 26.4., 12.5., 19.5., 19.6., 16.6., 27.6., 5.7., 13.7.2011.
2.2 Witterung Auch 2010/2011 ist als strenger Winter im Grenzbereich zwischen Normalwinter und Kältewinter ein- zustufen. Somit entwickelte sich das Frühjahr 2011 zwar früher als 2010, aber deutlich später als 2009. Während im März durch die Schneeschmelze und Regen Überschwemmungen entstanden, waren die Monate April und Mai trockener als das langjährige Mittel. Ab Juni gab es vielfach Nieder- schläge, z.T. mit Starkregen. Sommerliche Phasen blieben kurz, so dass der Vegetationsdichte in den Schlägen für die Besiedelbarkeit durch Arten der offenen Landschaft eine besondere Bedeutung zu- kommen muss.
2.3 Anbau 2011 2011 wuchs auf den Schlägen Koppelbusch, Seekamp 1 und Fuchsberg Kleegras, welches von März bis Mai beweidet und Ende Juni gemäht wurde. Auf diesen Teilflächen siedelten sich erst spät Brutvö- gel an (Abbildung 1). Brachen gab es keine, Auf dem Dachsberg und auf dem Grenzstreifen zwischen Peperland (südlicher Schlag) und Stutenkoppel wurde ein Blühstreifen von mehreren m Breite angelegt und bis in den Herbst hinein stehen gelassen.
2.4 Phänologische Daten 29.3.: Wintergetreide wurde gestriegelt, somit recht früh. Das Sommergetreide wurde Mitte Mai ge- striegelt. Das Kleegras auf dem Fuchsberg wurde bis Anfang Mai beweidet. Nach Ende der Beweidung blieb die Fläche bis Mitte Juli ungemäht. Das Kleegras auf den Flächen Seekamp 1 und Koppelbusch wur- de Ende Juni gemäht. Aufwuchs des Winterroggens (Dachsberg): 19.5. 0,80 - 1 m, 27.6. 1,5 bis > 1,8 m.
20 Teilprojekt Zoologie III - Brutvögel
Abb. 1: Anbaukulturen auf Hof Ritzerau Frühjahr 2011
21 Teilprojekt Zoologie III - Brutvögel
3 Ergebnisse 3.1 Allgemeine Ergebnisse 2011 wurden insgesamt 134 Brutpaare von Vogelarten der Ackerhabitate ermittelt (Tabelle 1). Der höchste Bestand der Feldlerche mit maximal 46 gleichzeitig besetzten Revieren wurde am 19.5. er- reicht, der Gesamtbestand erreichte wiederum 52 Revierpaare. Der Bestand der Schafstelze hat sich mit 44 Revieren auf hohem Niveau des Vorjahres gehalten und erreichte wiederum den höchsten Bestand im gesamten Untersuchungszeitraum. Mit maximal 12 gleichzeitig rufenden Wachtel- Männchen wurde bei dieser Art in einem überregionalen Einflugjahr ein überdurchschnittlicher Be- stand ermittelt. Der Bestand des Neuntöters blieb mit einem Vorkommen gering, allerdings gab es 2011 eine sehr verzögerte Rückkehr und lokal geringere Bestände als Folge einer anhaltenden Dürre in den Überwinterungsgebieten (Tabelle 1).
Tab. 1: Maximale Revierzahlen der Brutvögel auf den Ackerflächen von Hof Ritzerau 2001-2011.
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Rebhuhn 2 1 1 1 1 1 0 0 1 2 1 Wachtel 1 5 3 4 2 6 3 3 4 2 12 Kiebitz 0 2 3 2 2 3 3 4 2 0 0 Feldlerche 9 13 17 35 33 36 52 64 51 52 52 Wiesen-Schafstelze 21 26 38 26 19 9 17 23 30 44 44 Wiesenpieper 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Braunkehlchen 10 0 0 2 2 1 1 0 0 0 0 Sumpfrohrsänger 0 1 1 1 1 2 2 2 3 5 5 Dorngrasmücke 1 2 2 1 3 2 2 2 8 9 9 Neuntöter 2 2 3 1 1 Grauammer 0 0 0 0 0 1 0 0 1 0 0 Goldammer 5 4 6 4 5 Rohrammer 4 4 2 4 4 3 4 1 2 2 5 49 54 67 76 67 64 91 105 111 121 134
3.2 Brutbestände der einzelnen Arten
Wachtel Coturnix coturnix 2011 war landesweit ein auffallendes Einflugjahr mit den bisher höchsten registrierten Anzahlen (OAG-SH). Am 16.6.2011 wurden morgens zwischen 3:00 und 5:00 Uhr 11 gleichzeitig rufende Männchen ermittelt, insgesamt bestanden 12 Reviere auf der Untersuchungsfläche sowie 1 angren- zendes Revier. Wachteln konnten bisher in jedem Jahr nachgewiesen werden, was sich auch 2011 fortsetzte. Wachteln nutzten die Kleegrasfläche samt Randstreifen zur Nahrungssuche, doch auch in den neu angelegten Blühstreifen wurden regelmäßig Wachteln festgestellt.
Rebhuhn Perdix perdix Auch nach dem zweiten strengen Winter ist das Vorkommen nicht erloschen, ein Revier bestand die gesamte Brutzeit im Süden des Untersuchungsgebietes, doch Bruterfolg wurde bis September nicht beobachtet. Das Gebiet weist aber für das Rebhuhn gut geeignete Lebensbedingungen auf. Daher wurden seitens der Jägerschaft im Herbst 8 junge Rebhühner mit Herkunft aus der Umgebung von Berlin ausgesetzt.
22 Teilprojekt Zoologie III - Brutvögel
Abb. 2: Reviere der Wachtel auf den Flächen von Hof Ritzerau am 16.6.2011
23 Teilprojekt Zoologie III - Brutvögel
Kiebitz Vanellus vanellus Auch 2011 siedelten sich keine Kiebitze mehr auf den Ackerschlägen an. Ein Revier bestand wieder- um kurzzeitig in der Duvenseebachniederung, wurde aber bereits am 26.4. vorzeitig aufgegeben, so dass keine Bruten stattfanden.
Feldlerche Alauda arvensis Bestand und Habitatwahl Der Feldlerchenbestand erreichte 2011 mit 52 Revieren einen dem Vorjahr entsprechenden Bestand. Am 19.5. wurden 41 Reviere bestätigt und 5 neue gefunden, also gleichzeitig 46 besetzte Reviere kartiert, und noch am 13.7. waren 33 Reviere besetzt. (Abbildung 3). Die Verteilung der Reviere kon- zentrierte sich anfangs auf die bereits bestockten Ackerflächen, die beweideten Kleegrasflächen blie- ben unbesiedelt bis nach dem Schafabtrieb. Feldlerchen besiedeln die Fläche, und weniger die Randstrukturen und erreichen ihre Nester über die Pflegespuren. Zum Wald wurde ein Streifen von ca. 200 m gemieden, unbesiedelt blieben auch die stark geneigten Hänge zur Duvenseebachniederung. Die Besiedlung begann wieder wie in den vorangegangenen Jahren auf den mit kurzer Vegetation bestockten Flächen, vor allem im Wintergetreide und im Kleegras mit insgesamt 18 Revieren am 16.3.. Sommergetreideschläge sowie Erbsenschläge wurden erst im Mai und Juni mit Erreichen einer Deckung spendenden Vegetation besiedelt, die beweideten Kleegrasflächen erst spät im Mai. Bedingt durch die anfängliche Meidung und später nur spärliche Besiedlung der beweideten Kleegras- flächen blieb die Lebensraumkapazität auch in diesem Jahr unter dem Angebot 2009. Vermutlich hat sich die Lebensraumkapazität bei diesem Flächenangebot bei ca. 50 Brutpaaren eingependelt.
Abb. 3: Entwicklung des Bestandes der Feldlerche von 2001 bis 2011 auf Hof Ritzerau. Bereits mit Beginn der Umstellung (2002) steigt der Anteil länger besetzter Reviere
24 Teilprojekt Zoologie III - Brutvögel
Abb. 4: Reviere der Feldlerche auf Hof Ritzerau 2011. Schwarz: mutmaßliche oder nachgewiesene Brutreviere, grau: zeitweise besetzt. Auf der Fläche Seekamp 2 erfolgte eine kleinräumige Umsiedlung von drei Paaren.
25 Teilprojekt Zoologie III - Brutvögel
Bruterfolg In mindestens 27 Revieren wurden Fütterungen von Jungen registriert, in mindestens 11 Revieren wurden ausgeflogene Junge nachgewiesen, In einem Revier erfolgte definitiv eine zweite Brut mit Fütterung in der ersten Juli-Hälfte, nachdem hier bereits am 19.5. fütternde Lerchen, am 9.6. 1 Familie registriert worden sind.
Wiesen-Schafstelze Motacilla flava Bestand und Habitatwahl Der Bestand der Schafstelze ist nach dem Tiefpunkt 2006 bis 2010 deutlich auf maximal 44 Reviere angestiegen und hat 2011 mit 44 Brutpaaren erneut den höchsten Bestand seit 2001 erreicht. Maxi- mal konnten am 27.6. 42 Reviere gleichzeitig erfasst werden, am 15.7. bestanden noch 28 Reviere. Sowohl Feldlerchen als auch Schafstelzen landeten wiederholt in den Pflegespuren, liefen zu Fuß in die Vegetation und flogen nach der Fütterung aus der Vegetation heraus. Auch die Schafstelze meidet als Offenlandbrüter eine zu große Waldnähe und eine Besiedlung starker Hanglagen.
Tab. 3: Anzahl der Reviere und erfolgreichen Bruten der Schafstelze bis 2011
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 maximale Revierzahl 21 26 38 26 19 9 17 23 30 44 44 erfolgreiche Brut 11 13 18 14 12 3 9 12 15 15 12 zumindest länger besetzt 7 4 15 11 6 4 7 10 13 40 39 3 9 5 2 1-2 (4- 2 5 aufgegebene Reviere (14%) (34%) (13%) 1 (4%) 1 (5%) (22%) 1 (6%) 8%) (6,6%) 4 (9%) (12,5%)
Abb. 5: Die Bestandsentwicklung der Schafstelze auf den Flächen von Hof Ritzerau 2001 bis 2011. Nach dem starken Bestandsrückgang ist die Wiederzunahme auffällig, die Ursachen dafür aber un- klar.
26 Teilprojekt Zoologie III - Brutvögel
Abb. 6: Verteilung der Reviere der Schafstelze auf Hof Ritzerau 2011. Schwarz: mutmaßliche oder nachgewiesene Brutreviere, grau: zeitweise besetzt.
27 Teilprojekt Zoologie III - Brutvögel
Brutphänologie und Bruterfolg Die erste fütternde Schafstelze wurde am 16.6. beobachtet, die erste ausgeflogene Brut am 27.6. registriert. Am 5.7. wurden 5 Familien mit ausgeflogenen Jungen erfasst, am 13.7. 4 weitere, so dass bis zum Erntebeginn die meisten Bruten abgeschlossen waren.
Neuntöter Lanius collurio Es bestand nur 1 Revier (Tabelle 1). Diese Brut war mit mindestens 3 Jungen erfolgreich. Zwei weite- re Paare siedelten am Rand zur angrenzenden Duvenseebachniederung, eben außerhalb des Unter- suchungsgebietes.
Sumpfrohrsänger Acrocephalus palustris Trotz überregional stark verzögerter Rückkehr und lokal niedrigen Beständen hat sich im Untersu- chungsgebiet ein Bestand von 5 Revieren entwickelt (Tab. 1), während die Art in der konventionell genutzten Landschaft stark zurückgeht.
Dorngrasmücke Sylvia communis Seit Beginn der Untersuchungen im Jahr 2001 hat der Bestand im Untersuchungsgebiet von 1 auf 9 Revierpaare zugenommen (Tabelle 1). 2011 wurden zwei wahrscheinlich erfolgreiche Bruten (Fütte- rungen von Jungvögeln) in Erbsen gefunden. Brutvorkommen in Raps sind wiederholt aufgetreten, doch Bruten in den vergleichsweise niedrigen Erbsen sind bisher aus Schleswig-Holstein nicht be- kannt gewesen.
Goldammer Emberiza citrinella 2011 konnten 5 Vorkommen in Knicks ermittelt werden (Tabelle 1).
Rohrammer Emberiza schoeniclus 2011 wurden 5 Brutpaare vor allem im Winterroggen gefunden (Tabelle 1). Diese Vogelart, die sich in den 1980er und 1990er Jahren landesweit in Getreide- und Rapsfeldern erheblich ausgebreitet hatte (Berndt et al. 2002), hat sich inzwischen aus diesen Habitaten erheblich zurückgezogen. Die nächsten Jahre werden zeigen, in wie weit sich die Rohrammer in den Biolandbauflächen etablieren kann.
Grauammer Emberiza calandra Auch 2011 bestand kein Gesangsvorkommen. In den Jahren 2010 und 2011 waren die Bestände nach jahrelangem Aufwärtstrend gering, möglicherweise aufgrund von Winterverlusten im vorange- gangenen Kältewinter (OAG-Archiv).
Brutvorkommen in angrenzenden Flächen In der Duvenseebachniederung wurden am 20.5.2011 3 rufende Wachtelkönige Crex crex registriert, in den Tagen zuvor und danach mindestens 2 (P. ALDENHOFF, Schutzgebietsbetreuungsbericht).
28 Teilprojekt Zoologie III - Brutvögel
4 Diskussion Die auch 2011 anhaltende Wiederzunahme der Wiesen-Schafstelze weist darauf hin, dass die Be- standsentwicklungen nicht von der Umstellung des Betriebes und die dadurch bedingte Änderung in Anbaufrüchten und Strukturen abhängen, sondern wahrscheinlich von externen Faktoren. Möglicher- weise waren die Jahre 2004-2006 großräumig Jahre mit geringeren Beständen, wie dies zumindest lokal in Ostholstein ebenfalls bemerkbar war. Einjährige Untersuchungen in diesem Zeitraum können daher zu Fehlschlüssen führen. So weisen NEUMANN et al. (2007) darauf hin, dass Schafstelzen in konventionell bewirtschafteten Flächen häufiger sind als in Ökolandbauflächen. Im zugrunde gelegten Untersuchungsjahr 2006 hatte die Schafstelze ein Bestandstief, welches sich auch auf Ritzerau zeig- te. Dies belegt einmal mehr die Notwendigkeit langfristiger Bestandsaufnahmen, wie sie nur selten erfol- gen. Inzwischen ist der Bestand der Schafstelze im zweiten Jahr höher als in der Zeit vor und wäh- rend der Umstellung. Sollte sich dieses hohe Niveau längerfristig einstellen, wäre dies ein Hinweis auf ökologische Bedingungen, die sich längerfristig für die Art günstig entwickelt haben, z.B. das Nah- rungsangebot. Aufgrund des hohen Blütenangebotes und des Verzichtes auf Insektizide ist mit einer höheren Insektendichte zu rechnen.
4.1 Welchen Beitrag kann Biolandbau im Artenschutz leisten? Seit 1980 sind in der EU Vogelarten der Wälder um 9% zurückgegangen, Arten der Agrarlandschaft hingegen um 48% (SUDFELDT et al. 2009, FLADE & SCHWARZ 2011). Ende 2011 hat die Landes- regierung Schleswig-Holstein die Beibehaltungsprämie im Ökolandbau gestrichen. Während im konventionellen Landbau zahlreiche Förderungsprogramme stattfinden, die den Erhalt von Ackerwildkräutern oder bestimmten Tierarten sichern sollen, finden etliche dieser Arten in ökolo- gisch bewirtschafteten Flächen tatsächlich hinreichende Lebensbedingungen trotz intensiver Nutzung. Ein typisches Beispiel hierfür ist das Programm „Lerchenfenster“, um dieser typischen Vogelart der offenen Landschaft auch im Wintergetreide Brutmöglichkeiten zu bieten. In diesem freiwilligen Pro- gramm lassen Landwirte bei der Einsaat ca. 20 qm große, rechteckige Flächen unbestellt, die dann Feldlerchen als Brutplatz dienen sollen. Auf den Britischen Inseln haben Bestand und Bruterfolg um bis zu 40% gegenüber Vergleichsflächen mit Wintergetreide ohne Lerchenfenster zugenommen (CI- MIOTTI & JOEST 2009). In zahlreichen Studien zu Ökolandbau und Vogelwelt ist gerade die Feldler- che diejenige Art, die am stärksten profitiert, insbesondere durch die lückigere Vegetation, eine höhe- re Fruchtartenvielfalt und längere Grenzlinien (HÖTKER et al. 2004). In den „Lerchenfenstern“ besteht darüber hinaus das Risiko, dass Beutegreifer lernen, solche Strukturen gezielt abzusuchen, da hier kleinräumig günstige Lebensbedingungen herrschen, die das potentielle Beuteangebot erhöhen. Großräumig scheint der Bestand der Feldlerche in der „Normallandschaft“ weiter zurückzugehen. Im TK 1728 (Selent) erfolgte 2011 als Stichprobe eine erneute Erfassung des Feldlerchenbestandes. Die Fläche ist vergleichsweise waldarm und wird vor allem durch ausgedehnte Gutslandschaften der Gü- ter Lammershagen, Wittenberg, Rixdorf und Lepahn geprägt. 1987 erfolgte die erste Erfassung durch R.K. Berndt und B. Koop für die Feldarbeiten zum Brutvogel- atlas (BERNDT et al 2003), 2005 die Feldarbeit für das Atlasprojekt ADEBAR und 2011 wurde die Feldlerche erneut auf der Gesamtfläche von ca. 120 qkm erfasst (B. Koop). Die Entwicklung offenbarte, was sich kleinräumig bereits zeigte: Während vom ersten zum zweiten Durchgang der Bestand vielfach gestiegen ist, erfolgte seitdem eine deutliche Abnahme um im Mittel 50%, auf Teilflächen um > 80%. Ursache dürfte der Wegfall der ehemals dicht besiedelten Marktord- nungsbrachen sein. Die Zunahme des Maisanbaus auf großen Flächen verringert die für die Feldler- che nutzbaren Flächen noch weiter (Tabelle 4).
29 Teilprojekt Zoologie III - Brutvögel
Tab. 4: Bestandsentwicklung der Feldlerche auf 120 qkm „Normallandschaft“, TK 25 Blatt Selent (1728)
1987 2005 2011
1728-1 25 35 20
1728-2 10 18 3
1728-3 38 47 17
1728-4 50 32 24
123 132 64
Damit bestätigt sich die bisherige Einschätzung, dass die Feldlerche durch die Marktordnungsbrachen vorübergehend profitiert hat. Diese Flächen sind aber seit 2006 wieder weitgehend verschwunden. Tab. 4 offenbart zusätzlich die vergleichsweise sehr geringe Revierdichte der Feldlerche in der Nor- mallandschaft. Sie lag 1987 bei 1 Reviere/100 ha, 2005 bei 1,1 Reviere/100 ha und sank bis 2011 auf 0,53 Reviere/100 ha. Auf Hof Ritzerau liegt sie mit 33 Revieren/100 ha (2011) um ein Mehrfaches höher! Selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass nicht die gesamte Fläche des TK 1728 für die Feldlerche besiedelbar ist, ist dieser Unterschied in der Siedlungsdichte eindrucksvoll: Die Ackerfläche im TK 1728 beträgt 58%, der Grünlandanteil 21%. Da das Grünland stark durch Knicks gegliedert ist, ist vor allem die Ackerfläche für die Feldlerche nutzbar. Bei 58% Flächenanteil liegt die Siedlungsdichte bei 0,93 Revieren/100 ha Ackerland, somit ist die Dichte auf Ritzerau immer- hin mehr als 30 mal so hoch wie in der zu Vergleichszwecken kontrollierten „Normallandschaft“. Das Brutvogelatlasprojekt ADEBAR bietet für Schleswig-Holstein die Möglichkeit, Bestandsverände- rungen der vergangenen 20-25 Jahre darzustellen. Nach der erneuten Erfassung 2011 wird deutlich, dass die Bestandszunahme im TK 1728 darauf zurückzuführen ist, dass hier die Bestandserfassun- gen noch bei Bestand der Marktordnungsbrachen durchgeführt worden sind. Die deutlichen Zunahmen im TK 2329 (Abbildung 8) sind hingegen auf die Biolandbaubedingungen insbesondere auf Hof Ritzerau zurückzuführen.
Wie Tabelle 5 zeigt, ist die Siedlungsdichte der Feldlerche im Ökolandbau deutlich höher als im kon- ventionellen Anbau. Im derzeit im konventionellen Anbau sehr eingeschränkten Fruchtwechsel liegt die Siedlungsdichte bei zumeist unter 0,5 Brutpaaren/10 ha, während es im Biolandbau bis zu 9 Re- viere/10 ha sein können, auf Ritzerau großflächig > 3 Reviere/10 ha. Bei einer landwirtschaftlich genutzten Ackerfläche in Schleswig-Holstein von ca. 668.000 ha (Stand 2009, MLUR 2010) wäre unter ökologischen Anbaubedingungen, wie sie auf Gut Ritzerau bestehen, ein Feldlerchenbestand in der Ackerlandschaft von 240.000 Paaren möglich, der aktuelle Landesbe- stand beträgt einschließlich der dichten Vorkommen in naturnahen Habitaten tatsächlich nur 30.000 Brutpaare (KNIEF et al. 2010). Diese Größenordnungen machen deutlich, dass auch eine in Schles- wig-Holstein denkbare und auf den britischen Inseln belegte Zunahme der Feldlerche durch das An- gebot sog. Feldlerchenfenster um bis zu 40% nicht annähernd so effizient ist wie der ökologische Landbau.
Neuere Studien zum flächenhaften Maisanbau belegen ferner, dass nicht eine einzelne spezifische Feldfrucht, sondern die Großflächigkeit bei schlagübergreifendem Anbau derselben Kulturart die stärkste Meidung hervorruft (TILLMANN & KRUG 2010).
30 Teilprojekt Zoologie III - Brutvögel
Abb. 8: Veränderungen von Bestand und Verbreitung der Feldlerche in Schleswig-Holstein seit 1985. Während landesweit Abnahmen (rot) überwiegen, gibt es im Kreis Lauenburg Zunahmen (blau) u.a. auf Ökolandbauflächen (Gut Trenthorst, Hof Ritzerau, grün hinterlegt). Die Zunahme im unmittelbaren Grenzbereich zu Mecklenburg bzw. Hamburg ist z.T. auf vermehrte Naturschutzbrachen, z.T. auf me- thodische Gründe zurückzuführen: Im ersten Durchgang wurden Rasterflächen nur bis zur Landes- grenze bearbeitet, im ADEBAR-Projekt hingegen die vollständigen Rasterflächen.
31 Teilprojekt Zoologie III - Brutvögel
Tab. 5: Siedlungsdichten der Feldlerche in Schleswig-Holstein unter verschiedenen Anbaubedingun- gen (NEUMANN & KOOP 2004, ULLRICH 2001, ZIESEMER 1996, KOOP, diverse und diese Unter- suchungen). Max. Ort Jahr Kultur Fläche (ha) Revierzahl Rev/10 ha Ritzerau konv 2001 Wintergetreide, Winterraps 179 18 1 Ritzerau ökol 2003 So-, Wi-Getreide, Erbsen, Kleegras 177,9 23 1,3 Ritzerau ökol 2008 So-, Wi-Getreide, Erbsen, Kleegras 177 64 3,6 Trenthorst konv 2001-2003 Winterweizen, 3 Schläge 62,5 9-24 1,3-3,4 Trenthorst ökol 2002-2003 11 Schläge/10 Kulturen 10,9 8-10 7,3-9,2 Lindhof ökol 2001-2003 13 Kulturarten 105,8-109,1 23-27 2,1-2,5 Rixdorf konv 2006 Wintergetreide, Winterraps 1000 5 0,05 Helmsdorf konv 2007 Wintergetreide, Winterraps 1000 1 0,01 Winterraps, -weizen, -gerste, 18% Grün- Krems II konv 2001 land 80 10 1,3 Bauersdorf konv 1991, 1992 Winterweizen, Winterraps 100 0-1 0,0-0,1
4.2 Perspektiven für Feldvögel in der Agrarlandschaft Die Landwirtschaft erlebt eine weitere Intensivierungsstufe: Durch die sich verschärfende Flächenkon- kurrenz durch den stark zunehmenden, hoch subventionierten Anbau von Energiepflanzen droht der ökologische Landbau zu einer Nischenwirtschaft zu werden, der im Subventionswettlauf zu unterlie- gen droht. 2010 beschloss u.a. die schleswig-holsteinische Landesregierung, Zuschüsse für den öko- logischen Landbau zu kürzen. Dies zieht zusätzlich eine Kürzung der EU-Zahlungen nach sich, so dass ökologischer Landbau im Vergleich zu anderen Anbauformen zunehmend benachteiligt wird. Im Dezember 2011 wurde nachfolgend die Beibehaltungsprämie im Ökolandbau gestrichen. In Deutsch- land sind 2011 bereits 6000 „Biogas“anlagen in Betrieb oder genehmigt, die etwa 2.000.000 ha Acker- flächen benötigen (bei 250 ha je Anlage). Diese Flächen rekrutieren z.T. aus den inzwischen gestri- chenen Flächen der Marktordnungsbrachen, aber auch aus dem zunehmenden Umbruch von Grün- land, deutschlandweit alleine 2005 und 2006 insgesamt 47.000 ha (VÖSSING 2007), in mehreren Bundesländern in einer Größenordnung von > 5% (DRV et al. 2011, DZIEWIATY & BERNADY 2011) und zunehmend auf Kosten des Futterbaus. Auf diesen Flächen wird vorrangig Mais angebaut. Diese Entwicklung wird bereits in wenigen Jahren unübersehbar negative Folgen für Brutvögel der Acker- landschaften haben, denn Mais ist für Brutvögel durch die späte Bestellung der Flächen Anfang Mai und durch den extrem schnellen Aufwuchs für die meisten Vogelarten nicht besiedelbar. Allenfalls in Licht beeinflussten Randbereichen oder bei stärker ausgeprägter, nicht chemisch bekämpfter Sege- talflora können Arten wie das Rebhuhn zeitweise leben (TILLMANN & KRUG 2010). Für den Erhalt lebensfähiger Brutvogelpopulationen in der Kulturlandschaft ist es daher wesentlich, dass ein ausreichend großes, von den typischen Arten erfolgreich besiedelbares Flächenangebot vorhanden ist. Aus Vogelschutzsicht ist daher ein möglichst großes Mosaik von Anbaufrüchten ne- beneinander günstiger als die Entwicklung, möglichst viel Wintergetreide oder Mais schlagübergrei- fend anzubauen. Zur Absicherung der bisherigen Erfolge bzw. positiven Ergebnisse müssen Instru- mente bzw. Vorgaben formuliert werden, bei deren Einhaltung der Ökolandbau auch zukünftig positive Auswirkungen auf die Brutvogelwelt behalten kann (DRV et al. 2011). Etwaige Wirtschaftsnachteile müssen jedoch agrarpolitisch ausgeglichen werden, um ein für den Naturschutz nachteiliges „Wett- rennen“ um maximale Gewinne aus der Landbewirtschaftung zu vermeiden. Positive Auswirkungen des Ökolandbaus auf die Populationen von Tier- und Pflanzenarten der Kulturlandschaft müssen da- her als Kennzeichen in der Definition einer „Guten fachlichen Praxis“ festgeschrieben werden. In den Statusberichten „Vögel in Deutschland“ (SUDFELDT et al. 2007, 2008, 2009, 2010) werden genau definierte Vogelartengemeinschaften als Indikatoren für die Nachhaltigkeit dargestellt.
32 Teilprojekt Zoologie III - Brutvögel
Die Artengemeinschaft der Arten der Agrarlandschaft umfassen dabei: Braunkehlchen, Feldlerche, Goldammer, Grauammer, Heidelerche, Kiebitz, Neuntöter, Rotmilan, Steinkauz und Uferschnepfe (SUDFELDT et al. 2008). Die Situation für die Vögel der Agrarlandschaft ist derzeit deutlich ungünstiger als der Gesamtartenindikator, die Landwirtschaft entspricht insgesamt derzeit nicht den Vorgaben für eine nachhaltige Nutzung und es ist kein Trend hin zum Zielwert für 2015 erkennbar. Die Feldlerche hat beispielsweise als gut untersuchte Vogelart europaweit seit 1980 um über 1/3 abgenommen, deutschlandweit ebenfalls um 1/3 – seit 1990 - und damit ist die Abnahme in Deutschland stärker als im europäischen Schnitt (CIMIOTTI & JOEST 2009).
4.3 Welche Rahmenbedingungen sind für den Vogelartenschutz im Biolandbau notwendig? In den Richtlinien zum Ökolandbau sind keine Vorgaben zum Vogelschutz enthalten. Die bisher posi- tiven Auswirkungen auf die meisten Brutvögel sind vermutlich die Folge einer höheren Fruchtvielfalt, damit verbunden langen Grenzlinien und den Verzicht auf synthetischen Dünger und Pestizide. Es ist aber zu befürchten, dass auch im Ökolandbau der Anpassungsdruck zu weiteren Ertragssteigerun- gen zunehmen wird. Eine intensivere Beikrautbekämpfung oder kürzere Mähintervalle im Kleegras könnten den bisher hohen Bruterfolg verringern, so dass für Vögel zunächst optisch attraktive Flächen bei zu geringem Bruterfolg zur ökologischen Falle werden können.
Fruchtfolge, Grenzlinien Auf Ritzerau bestehen 10-12 Schläge mit 5-6 unterschiedlichen Kulturen, die sich strukturell und phänologisch deutlich voneinander unterscheiden. Neben Kleegras als geschlossene Pflanzendecke im Winterhalbjahr bestehen Winterungen und Sommerungen nebeneinander. Diese Fruchtfolgevielfalt ist per se bereits positiv, könnte durch konsequente Anlage von Saum- und Blühstreifen zwischen den Kulturen noch optimiert werden.
Ackerbegleitvegetation Positiv ist ferner die ausgeprägte Segetalflora. Das Striegeln zur Beikrautbekämpfung sollte in der Vegetationszeit so früh wie möglich erfolgen. Das Striegeln als mechanische Boden- /Vegetationsbearbeitung verursacht vermutlich weitgehende Nestverluste. Eine Rückrechnung des Legebeginns geschlüpfter Bruten von Feldlerchen weist darauf hin, dass die Bruten allesamt nach dem Striegeln begonnen wurden. Tatsächlich wäre für Mitteleuropa aber ein früherer Brutbeginn ty- pisch, so dass die Bruten vermutlich im wesentlichen Nachgelege sind.
Nahrungsangebot Der Verzicht auf Insektizide im Biolandbau ermöglicht ein höheres Nahrungsangebot, insbesondere auch für Nestlinge/Jungvögel. Dies ist ein weiterer Beitrag, den Biolandbau grundsätzlich leistet. Wich- tig wäre darüber hinaus eine lange Beibehaltung der Herbststoppel nach der Ernte des Getreides, da diese das entscheidende Nahrungsangebot für Feldvögel darstellen. Ein frühzeitiger Umbruch verur- sacht lokalen Nahrungsmangel, der sich in der konventionellen Landwirtschaft mit wenigen Winterun- gen als großräumiger Nahrungsmangel negativ auf die Vogelbestände insbesondere der Jahresvögel auswirkt.
Mahdtermine Kleegras als Gründüngung bietet bereits im zeitigen Frühjahr Deckung und Möglichkeiten zur Nestan- lage. Wird Kleegras beweidet, wie 2010 und 2011, fällt es weitgehend als Brutlebensraum aus, da die Schafe die Fläche sehr kurz beweiden. Sofern Kleegras zur Gründüngung angebaut wird, sollten Mahdintervalle von zumindest 7 Wochen eingehalten werden (NEUMANN et al. 2007). Die späte Mahd 2011 insbesondere auf dem Fuchsberg ermöglichte erfolgreiche Bruten, die Mahd auf den Schlägen Koppelbusch und Seekamp 1 lagen sehr früh, ermöglichten lediglich für frühe Bruten der Feldlerche geeignete Bedingungen.
33 Teilprojekt Zoologie III - Brutvögel
Positiv ist weiterhin eine längere Phase mit vorhandenen Stoppeln nach der Ernte. Solche Flächen ohne Bodenwendung sind erheblich nahrungsreicher und damit attraktiver als bereits neu eingesäte Winterungen. Im September 2011 rasteten noch Trupps Kiebitze, über 60 Feldlerchen und größere Trupps Goldammern auf Ritzerau, während in der konventionell genutzten Umgebung mit bereits ge- keimten Wintersaaten keine Rastbestände von Arten der Agrarlandschaft bestanden.
4.4 Ausblick: Offene Fragen Um die Vergleichbarkeit der Daten über die Jahre zu gewährleisten, soll die Methode bei der Fortset- zung des Brutbestandsmonitorings beibehalten werden. Zunehmend lassen sich kurzfristige Schwan- kungen von tatsächlichen Veränderungen unterscheiden, was den Wert eines langfristigen Monito- rings unterstreicht. Die hier aufgeführten Rahmenbedingungen für Vogelartenschutz im Biolandbau sollen in den nächs- ten Jahren präzisiert werden. Sie könnten dann als artenschutzrelevante Vorgabe Eingang in die Be- triebsplanung und -führung finden. 2011 ist es nicht gelungen, die angrenzenden Flächen des Öko-Betriebs Lämmerhof Panten zu unter- suchen. Dies soll 2012 nachgeholt werden, um weitere aktuelle Siedlungsdichteangabe aus Bioland- bauflächen zu erhalten.
5 Zusammenfassung Im 11. Untersuchungsjahr auf Hof Ritzerau haben sich insbesondere die Bestände der Schafstelze weiter erholt und erreichten den höchsten Bestand seit der Betriebsumstellung. Der Bestand der Feld- lerche lag weiterhin auf einem hohen Niveau. Herausragend war das Vorkommen von 11-12 Männchen der Wachtel. Die Kleegrasflächen konnten erst nach Beendung der Beweidung besiedelt werden, so dass hier er- heblich weniger Bruten stattfanden als in den Vorjahren. Eine parallel zur Erfassung auf Hof Ritzerau durchgeführte Bestandserfassung der Feldlerche auf 120 qkm „Normallandschaft“ (TK 1728, Selent) erbrachte gegenüber 2005 einen deutlichen Bestandsrück- gang um ca. 50%, während auf der Wirtschaftsfläche des Hofes Ritzerau der Bestand seit 2006 eher noch gestiegen ist. Die Bestandsentwicklung und der Bruterfolg von Brutvogelarten der Ackerflächen sollen als Monitoring langfristig weiter erfasst werden. Unter den aktuellen Bewirtschaftungsbedingungen leistet der ökolo- gische Landbau einen erheblichen Beitrag zum Artenschutz bei der Feldlerche, wie ihn auch Pro- gramme wie „Lerchenfenster“ und andere Agrarumweltprogramme nicht annähernd erbringen können. Biolandbau ist daher geeignet, in der Agrarlandschaft zum Erhalt der Biodiversität entsprechend der EU-Biodiverstitätsstrategie beizutragen. Ziel ist die Formulierung von Rahmenbedingungen, unter denen Ökolandbau einen Beitrag zum Na- turschutz leistet und die Standard für die Definition einer „guten fachlichen Praxis“ sein sollten.
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35 Teilprojekt Zoologie IV - Amphibien
Erfassung der Amphibien unter Einbeziehung der Laich- und Landhabitate – Untersuchungen 2011
Christian Winkler
1 Einleitung...... 36 2 Untersuchungsgebiet und Methoden ...... 36 3 Ergebnisse ...... 38 3.1 Amphibienbestände ...... 38 3.2 Reproduktionsbedingungen ...... 41 4 Diskussion ...... 42 4.1 Amphibienbestände ...... 42 4.2 Reproduktionsbedingungen ...... 43 5 Literatur ...... 46
1 Einleitung Seit dem Jahr 2007 werden die Kleingewässer auf Hof Ritzerau im zweijährigen Turnus auf ihre Am- phibienbestände hin untersucht. Im Jahr 2011 erfolgte erneut eine entsprechende Kartierung. Die Ergebnisse werden im Folgenden dargestellt. Darüber hinaus wurde im Jahr 2011 an einer Auswahl von Gewässern die Gewässergüte bestimmt, um die Bedeutung der sanierten und neu angelegten Gewässer als Reproduktionshabitat für Amphibien einschätzen zu können.
2 Untersuchungsgebiet und Methoden Das Untersuchungsgebiet (UG) umfasste die ca. 240 Hektar großen Ackerflächen des Hofes Ritzerau unter besonderer Berücksichtigung der dortigen Kleingewässer. Zu Vergleichszwecken wurde darüber hinaus das Kleingewässer G09 in der Duvenseebach-Niederung in die Untersuchungen einbezogen. Im Vergleich zum Untersuchungsjahr 2009 wurden zwei Gewässer nicht erneut kartiert. Zum einen handelte es sich um den Grünland-Graben G17, der bereits stark verlandet war und abseits der Ackerflächen in der Duvenseebach-Niederung gelegen ist. Zum anderen handelte es sich um die ehe- malige Nassstelle G24 auf dem Ackerschlag Seekamp.
Die Amphibienbestände wurden im Jahr 2011 an 12 Kleingewässern erfasst (s. Tabelle 1). Die Kon- trollen fanden an folgenden Terminen statt: 05.04.2011, 14:45 - 18:45 h; ca. 14-15°C; Schwerpunkt frühlaichende Arten (Adulte, Laich) 11.04.2011, 09:30 - 11:30 h; ca. 10-12°C; Schwerpunkt frühlaichende Arten (Adulte, Laich) 21.04.2011, 21:00 - 00:00 h; ca. 14-11°C; Schwerpunkt spätlaichende Arten („Rufer“, Adulte) 13.05.2011, 21:45 - 00:15 h; ca. 8-11°C; Schwerpunkt spätlaichende Arten („Rufer“, Adulte) 14.06.2011, 10:30 - 17:15 h; ca. 18-20°C; Schwerpunkt Larven und juvenile Amphibien Die Kartierung der Arten erfolgte nach gängigen Methoden, wobei die Gewässer jeweils ganz umrun- det wurden (s. GLANDT 2011, SCHLÜPMANN & KUPFER 2009). Die Froschlurche wurden durch visuelles Absuchen und durch nächtliches Ableuchten der Gewässer sowie durch Verhören rufaktiver Männchen (unter Einsatz von Klangattrappen) erfasst. Zusätzlich wurde nach Laichballen von Braun- und Grünfröschen gesucht und nach Larven gekeschert. Die Schwanzlurche und ihre Larven wurden durch Keschern und soweit möglich durch nächtliches Ableuchten der Gewässer kartiert. Bei der letz- ten Begehung wurde nahe der Uferlinie nach juvenilen Frosch- und Schwanzlurchen gesucht. Die
36 Teilprojekt Zoologie IV - Amphibien
Anzahl von Individuen sowie Laichballen und -schnüren wurde soweit möglich gezählt, bei größeren Ansammlungen auch geschätzt. Bei den Schwanzlurchen erlauben die angewandten Methoden nur eingeschränkt Aussagen über die realen Bestandsgrößen (s. SCHLÜPMANN & KUPFER 2009). Als Reproduktionshabitat werden die Gewässer angesehen, in denen Laich, Larven oder frisch meta- morphosierte Jungtiere erfasst wurden. Als potenzielles Reproduktionshabitat werden die Gewässer angesehen, die im Jahr 2011 für eine Fortpflanzung strukturell in Frage kamen und in denen zur Laichzeit paarungsbereite Alttiere beobachtet wurden.
Tab. 1: Übersicht der im Jahr 2011 auf Hof Ritzerau untersuchten Kleingewässer; Erklärung: Biotop- typ: FKr: nährstoffreiches Kleingewässer, FTa: Tümpel in landwirtschaftlich genutzter Fläche
Nr. Biotop- Vegetations- Pflegemaßnahme Jahr der Gewässer- typ stadium Durchführung umgebung (LANU (MIERWALD 2003) 1988) G06 FKr Röhricht Gehölzrückschnitt, 2007 Acker Uferabflachung G07 Fkr Röhricht - - Acker G08 FKr Röhricht Gehölzrückschnitt 2008/2009 Brache, Wald (Ostufer) G09 FKr Laichkraut Neuanlage ca. 2000 Brache G10 FKr Röhricht Gehölzrückschnitt 2008/2009 Acker (Südhälfte) G11 FTa Röhricht, Ver- - - Acker landung G12 FKr Laichkraut Gehölzauflichtung, 2005/2006 Acker, Brache- Absenkung Wasser- bzw. Gehölz- spiegel saum G13 FKr Röhricht Gehölzrückschnitt; 2008/2009 Acker, Brache Uferabflachung (Ost- teil) G14 FKr Laichkraut Vollständige 2008/2009 Acker, Brache- Entschlammung, bzw. Gehölz- Gehölzauflichtung saum G15 FTa Gehölz Gehölzrückschnitt 2005/2006 Acker
G19 FKr nicht typisierbar Neuanlage (Tümpel 2007 Brache (geschlossene ausgebaggert und Lemna-Decke) stark vergrößert) G25 FKr Röhricht Gehölzrückschnitt 2008/2009 Acker
Im Jahr 2011 wurden an fünf Kleingewässern des UG strukturelle und hydrochemische Parameter aufgenommen, um Hinweise auf die dortigen Reproduktionsbedingungen für Amphibien zu erhalten. Einbezogen wurde dabei eine Auswahl an strukturell möglichst unterschiedlichen Gewässern: Gewässer G13 als tiefes, nährstoffreiches Kleingewässer, an dem die dichten Grauweidenge- büsche am Ufer vollständig entfernt wurden (Typ 1b, s. WINKLER 2009) Gewässer G15 als flaches, nährstoffreiches Kleingewässer, an dem die Grauweiden im Zent- rum und am Ufer zwischenzeitlich vollständig entfernt worden waren, die Gehölze jedoch in- zwischen wieder ihre frühere Ausdehnung erreicht haben (Typ 2, s. WINKLER 2009) Gewässer G14 als flaches, nährstoffreiches Kleingewässer, das vollständig entschlammt wur- de und an dem die Ufergehölze aufgelichtet wurden (Typ 3a, s. WINKLER 2009)
37 Teilprojekt Zoologie IV - Amphibien