KulturGeschichtsPfad

21 -Obermenzing Bereits erschienene und zukünftige Inhalt Publikationen zu den KulturGeschichtsPfaden:

Stadtbezirk 01 Altstadt-Lehel Vorwort Christian Ude 5 Stadtbezirk 02 Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt Grußwort Andreas Ellmaier 7 Stadtbezirk 03 Stadtbezirk 04 -West Geschichtliche Einführung 11 Stadtbezirk 05 Au-Haidhausen Stadtbezirk 06 Der »urbane« Pfad Stadtbezirk 07 Sendling-Westpark Pasinger Bahnhof 20 Stadtbezirk 08 Schwanthalerhöhe Pasinger Marienplatz 22 Stadtbezirk 09 Neuhausen-Nymphenburg Pasinger Rathaus 24 Stadtbezirk 10 Stadtbezirk 11 Milbertshofen-Am Hart Am Knie 27 Stadtbezirk 12 Schwabing-Freimann Ebenböckhaus 28 Stadtbezirk 13 Altes Rathaus 29 Stadtbezirk 14 Berg am Institut der Englischen Fräulein 31 Stadtbezirk 15 Trudering-Riem Stadtbezirk 16 Ramersdorf-Perlach Kirche Mariä Geburt 32 Stadtbezirk 17 Steinerweg 33 Stadtbezirk 18 Untergiesing-Harlaching Avenariusplatz 34 Stadtbezirk 19 Thalkirchen-Obersendling- Schulstadt Pasing 35 Forstenried-Fürstenried-Solln Stadtbezirk 20 Anna Croissant-Rust 37 Stadtbezirk 21 Pasing-Obermenzing Der »grüne« Pfad Stadtbezirk 22 Aubing-Lochhausen-Langwied Pasinger Bahnhof 40 Stadtbezirk 23 Allach-Untermenzing Pasinger Fabrik 43 Stadtbezirk 24 Feldmoching-Hasenbergl Stadtbezirk 25 Laim Villenkolonie I 44 Genossenschaftssiedlung 46 Nymphenburger Kanal 47 Einen detaillierten Lageplan zur Orientierung im Durchblickpark 48 Stadtbezirk sowie eine Luftbildkarte mit stadtweiter Dorfkern Obermenzing 51 Übersicht finden Sie im Anhang. Carlhäusl 52 Am Ort selbst sind die Stationen durch Markierungs- Schloss Blutenburg 53 schilder kenntlich gemacht. Pipping 55 Villenkolonie II 56 Literaturauswahl 57 Alle Informationen stehen auch unter Bildnachweis 58 www.muenchen.de/kgp zur Verfügung. Übersichtskarte 59 Vorwort

Die KulturGeschichtsPfade der Landeshauptstadt München sind Rundgänge entlang historisch bedeutsamer Orte und Ereignisse im städtischen Raum. Sie sind nach Stadtbezirken gegliedert und sollen zu einem flächendeckenden topogra- phischen Netzwerk der Geschichte Münchens ausgebaut werden.

Wir laden alle Münchnerinnen und Münchner und alle aus- wärtigen Besucherinnen und Besucher dazu ein, neben den geläufigen Glanzlichtern Münchens auch den weniger bekannten Besonderheiten der Stadtgeschichte auf die Spur zu kommen. Jeder KulturGeschichtsPfad ist als Broschüre erhältlich und im Internet abrufbar. Er führt zu den bedeuten- den Bauwerken, den geschichtsträchtigen Plätzen und den Wohnungen oder Wirkungsstätten bemerkenswerter Persön- lichkeiten des jeweiligen Bezirks. An Ort und Stelle weisen

5 Orientierungstafeln den jeweiligen Pfad und die betreffende Einzelstation aus. Die KulturGeschichtsPfade sind so ange- legt, dass sie zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden können.

Ich wünsche allen Reisenden, die sich zu den historischen Marksteinen vor der eigenen Haustür und jenseits der aus- getretenen Wege aufmachen, anregende, neue Erkenntnisse und dem Projekt der münchenweiten KulturGeschichtsPfade große Resonanz in der Bevölkerung.

Grußwort

Sehr gerne hat unser Bezirksausschuss Pasing-Obermenzing beim Pilotprojekt der Münchner KulturGeschichtsPfade mit- gemacht und sich bei der Routen- und Stationsauswahl aktiv Christian Ude eingebracht. Wir begrüßen diese Initiative gerade in unserem Oberbürgermeister Stadtbezirk, zeichnen sich Pasing und Obermenzing doch seit jeher als besonders kulturträchtige und traditionsreiche Stadtbezirke aus. Deutlich älter und auch reicher als die Landeshauptstadt werden sie 1938 nach München zwangs- eingemeindet, verlieren also ihren Status als selbstständige Gemeinde Obermenzing und Stadt Pasing. Das Selbst- und Traditionsbewusstsein freilich hat sich erhalten und findet seinen überzeugenden Ausdruck in Redewendungen wie »Münchner san ma gewor’n, Pasinger sind ma blieb’n«; in Obermenzing wird noch heute gesungen »Mir san ned von Pasing, mir san ned von Loam, mir san im lustigen Menzing dahoam«.

6 7 Aus alledem war es also keine Überraschung, dass wir uns für die Anlage der beiden KulturGeschichtsPfade in unserem Stadtbezirk ausgesprochen haben. Allen, die jetzt zu den einzelnen Stationen – sei es zu Fuß oder mit dem Fahrrad – aufbrechen, wünsche ich deshalb neue Erkenntnisse und eine interessante Auseinandersetzung mit der hiesigen Ortsgeschichte.

Andreas Ellmaier Bezirksausschussvorsitzender

Pasing-Obermenzing

21 Ein Münchner Stadtbezirk an der Würm

8 Geschichtliche Einführung

Wie die zwei Buchstaben des Alphabets Ausschnitt aus der O und P liegen auch Obermenzing und Großen Karte von Pasing eng nebeneinander und sind Bayern von Philipp Apian, um 1560. doch so verschieden, wie ein Vokal und ein Konsonant es sind.

Das Würmtal von der Eiszeit bis ins Mittelalter Ihre verbindende Ader ist die Würm, der schmale Fluss, der vom Starnber- ger See aus in Süd-Nord-Richtung die Schotterebene durchzieht, die das Ver- schwinden des eiszeitlichen Würm- gletschers hinterlassen hat. Zahlreiche Hügelgräberfunde zeigen, dass eine intensive Besiedelung des Würmtals in der Bronzezeit stattgefunden hat. So reicht die Geschichte Pasings bis in das zweite Jahrtausend vor Christus zurück und wurde später von der keltischen und römischen Epoche mitgeprägt. 11 Die ing-Endungen der Ortsnamen deuten auf die für die bajuwarische Epoche typische enge Bindung an einen Grund- herren hin. Als Orte belegt sind Pasing und Menzing erst durch Urkunden, die aus der Herrschaftszeit des Agilolfinger- Herzogs Tassilo III. (748 – 788) bzw. vom Beginn des 9. Jahr- hunderts stammen. Bei Menzing wird zu dieser Zeit noch nicht zwischen Ober- und Untermenzing unterschieden. Die beiden Hofmarken Ebenso wie Pasing wird es immer wieder in Tausch- und Menzing und Pasing Schenkungsurkunden genannt. Dabei begegnet regelmäßig in der Herrschaftszeit der Bischof von Freising als bedeutender Lehensherr. Die der Familie Berchem; durch Verkäufe und Schenkungen häufig wechselnden besitz- Kupferstiche von Michael Wening um rechtlichen Strukturen des Mittelalters münden zu Beginn 1700. der Neuzeit in einen festeren herrschaftsrechtlichen Status.

Die Hofmark Menzing 1442 wird Menzing zur Hofmark deklariert. Die Orte Ober- und Untermenzing, Pipping »unnd was zu pasing her dißhalb der strass gegen menntzing gelegen ist« gehören zur Hof- mark Menzing. Seit 1467 ist Herzog Sigismund Schlossherr, der für die Beschaulichkeit des Lebens auf Schloss Bluten- burg freiwillig auf die Mitregentschaft in Bayern verzichtet hat.

Die Hofmark Pasing Wohl schon früher hatte Pasing hofmarksähnliche Strukturen, doch erst 1596 erhält die Familie Neuburger das förmliche Zeitweilige Einigung Hofmarksprivileg für Pasing. Adelige Lehensträger üben von unter den Berchems ihrem Sitz im Wasserschloss aus die niedere Gerichtsbarkeit Die bekannteste Adelsfamilie sind die im Dorf aus. Der Bischof von Freising und die Wittelsbacher Berchems: 1676 erwirbt Anton v. Ber- Landesherren teilen sich die Lehenshoheit über wesentliche chem die Hofmark Menzing, 1686 die Teile Pasings. Hofmark Pasing. Hier können sich die Berchems bis ins 19. Jahrhundert fest- setzen, während sie Menzing schon 1702 an den bayerischen Hof zurück- geben müssen. 12 13

Das Zeitalter der Industrialisierung Eingemeindung Im 19. Jahrhundert werden Pasing und 1938 werden Pasing und Obermenzing Obermenzing der Verwaltung des König- nach München eingemeindet und ver- reichs Bayern eingegliedert. Seit 1818 lieren ihren Status als selbstständige gilt für sie die Gemeindeverfassung. Gemeinden. Die zahlreichen Eingemein- Das Zeitalter der Industrialisierung för- dungen der Jahre 1938 und 1942 folgen dert die Auseinanderentwicklung der den monumentalen und zentralistisch beiden Gemeinden. Pasing liegt an der orientierten Ausbauplänen für die Bahnlinie München – Augsburg und »Hauptstadt der Bewegung«. vollzieht daran anknüpfend eine beacht- Während von den umfassenden stadt- liche gewerbliche Entwicklung. Nach planerischen Konzepten Hitlers und einer relativ langen Anlaufphase kommt seiner Münchner Architekten fast nichts Vorherige Seiten: Pasings Expansion im der Industrialisierungsboom allerdings zur Ausführung kommt, führt der Einge- 19. Jahrhundert: erst im letzten Jahrzehnt des 19. Jahr- meindungsschub dieser Jahre zu einer Zwischen Anfang und hunderts so richtig in Schwung. 1905 flächenmäßigen Vergrößerung des Ende des Jahrhun- wird die Gemeinde zur Stadt erhoben. Münchner Stadtgebiets um die Hälfte. derts hat sich das Bild völlig gewandelt. Obermenzing bleibt dörflicher und wird Nördlich der Bahnlinie weiterhin stark durch die Landwirtschaft (auf der ersten Karte geprägt, entwickelt sich aber auch zu von 1812 nachträglich einer Garten- und Villenvorstadt eingefügt) sind die Münchens. Die Einladung zur Villenkolonien ent- Feier am 1. Dezem- standen, im Süden ber 1938 anlässlich auch einige Gewerbe- der Eingemeindung ansiedlungen wie die der genannten Papierfabrik an der Gemeinden. Pasing Würm. Die Anfänge war zusammen mit der Waldkolonie im Feldmoching und spitzwinkligen Dreieck Großhadern bereits zwischen Maria-Eich- am 1. April 1938 ein- Straße und Stadtpark gemeindet worden. sind auf der zweiten Karte ebenfalls zu erkennen.

16 17 Stadtbezirk 21 Seit 1992 sind Pasing und Obermenzing (mit Pipping) im Stadtbezirk 21 vereint. Den Bezirk zeichnet ein vielseitiges sozialökonomisches Profil aus: naturna- hes Wohnen ebenso wie konstante Überlastung durch Verkehrsprobleme, dörfliche Strukturen und Traditionen ebenso wie ein urbanes Gewerbe- und Pasing Dienstleistungszentrum. Die teilweise widersprüchlichen Strukturen des Stadt- bezirks haben auch zur Entwicklung einer regen Diskussionskultur beigetra- gen. So beteiligen sich viele Bürger an den Debatten über die Stadtplanungs- und Verkehrskonzepte für die Entwick- lungsachse Hauptbahnhof – Laim – Obermenzing Pasing. Der »urbane« Pfad Im Folgenden werden zwei KulturGe- schichtsPfade vorgestellt: Der »urbane« Pfad erschließt das südliche Pasing vom Zentrum bis zur Waldkolonie. Der »grüne« Pfad führt durch das nördliche Pasing bis in den alten Dorfkern von Auch nach der Ver- Obermenzing, an Schloss Blutenburg einigung im Stadt- vorbei nach Pipping und zurück. Wegen bezirk 21 behielten der größeren Distanzen schlagen wir die beiden ehemals vor, den Weg auf dem Fahrrad zurück- selbstständigen Ge- Vom Pasinger Bahnhof zur Waldkolonie. meinden ihre Wap- zulegen. pen bei, die auf die 21 Gewerbe- und Dienstleistungszentrum, Tradition der Hof- die alte »Hofmark«, die Schulstadt. marken Bezug neh- men.

18 östlich des 1873 entstandenen Neu- baus steht. Es soll auch erhalten blei- ben, wenn im Zuge der Umgestaltung des Bahnhofsplatzes ein großes Termi- nalgebäude hinter der jetzigen Schalter- halle entsteht. Der Bahnhofsplatz ist Teil eines Verkehrsberuhigungskonzepts für das Pasinger Zentrum, das derzeit ausgearbeitet und zur Diskussion ge- stellt wird. Vom Bahnhof aus gelangt man durch eine der zentralen Ge- schäftsstraßen Pasings, die Gleich- mannstraße, zum Marienplatz.

Pasinger Bahnhof

Der neue Pasinger Die Einrichtung der Bahnlinie München Bahnhof von 1873. – Augsburg und die Eröffnung einer Haltestation in Pasing im Jahr 1840 waren für die Entwicklung des Ortes von ausschlaggebender Bedeutung. Dadurch wurden die Voraussetzungen Das Neuplanungskonzept für den Pasinger für Industrieansiedlungen, für den Bahnhof: Die historischen Bauten sollen erhal- Pendel- und Naherholungsverkehr, für ten bleiben – dahinter ist ein transparenter die Schulstadt und nicht zuletzt für Neubau vorgesehen, der die Verbindung zum den Erfolg der Villenkolonien als Wohn- hier erhöhten Straßenniveau der geplanten »Nordumgehung« herstellt. gebiet geschaffen. 1847/48 baute der Münchner Bahnhofsarchitekt Friedrich Bürklein das erste richtige Bahnhofs- gebäude Pasings, das noch heute

20 21 An der Westseite des Marienplatzes gehört die »Pappschachtel«, ein nach dem Ersten Weltkrieg provisorisch errichteter Geschäfts- und Verwaltungs- bau, inzwischen zum Traditionsbestand. Seinen ländlichen Charakter verlor der Marienplatz erst zu Beginn des 20. Jahr- hunderts mit der Einrichtung der Straßenbahnlinie und der Errichtung des Kopfmiller-Hauses. Auch heute noch kann man aber nur wenige Meter ab- seits dieses pulsierenden Verkehrs- und Geschäftsknotenpunktes seine Kartoffeln vom Bauernhof holen. Pasinger Marienplatz Vom Marienplatz aus kann man den Der Bachbauernhof Der Pasinger Marienplatz ist das histori- Weg mit der Straßenbahn zum »Knie« am Manzingerweg. sche Ortszentrum, an dem die Handels- fortsetzen. Der älteste noch straße München – Landsberg und die bewirtschaftete Bauernhof Pasings vom Starnberger See Richtung Norden ist bereits 1604 erst- verlaufende Straße sich kreuzten. Hier Auf dem Bild von mals erwähnt (Auf- befand sich die erste Ortstaferne, die 1907 ist noch die nahme von 1936). nach einem Brandunglück 1842 zwar Mariensäule zu sehen, die 1908 der auf die gegenüberliegende Straßenseite Straßenbahnschleife verlegt wurde, aber noch heute als weichen musste und »Hotel und Gasthof zur Post« besteht. 1980 schließlich auf Ein anderes Traditionshaus, das Textil- einem neuen Sockel wiedererrichtet kaufhaus »Kopfmiller«, musste dagegen wurde. 1992 nach 80 Jahren seinen Betrieb einstellen. Das Gebäude an der Ecke zur Gleichmannstraße steht unter Denk- malschutz und wird weiterhin als Geschäftshaus genutzt.

22 23 Pasinger Rathaus

Das 1936/37 gebaute Rathaus an der Landsberger Straße zeugt vom Selbst- bewusstsein der jungen Stadt. Während die Nationalsozialisten noch den imposanten Neubau zugelassen hatten, holten sie schon zum Schlag gegen die kommunale Selbstverwaltung Pasings aus. Die erst 1905 zur Stadt erhobene Gemeinde Pasing verlor 1938 ihre Selbstständigkeit und wurde nach München eingemeindet. Bis zu diesem Zeitpunkt war Alois Wunder Pasinger Oberbürgermeister, der schon seit 1914 die Geschicke der Stadt leitete. Er trat nie der NSDAP bei, trug den nationalsozialistischen Umbruch von 1933 aber weitgehend genug mit, um Die Einweihung des neuen Pasinger Rathauses an der Stadtspitze zu bleiben. Zur natio- am 14. November 1937. Uniformierte beherr- nalsozialistischen »Machtergreifung« schen das Bild. Zu diesem Zeitpunkt gab es nur noch eine Partei in der Stadtvertretung, die gehörte auch die Gleichschaltung des NSDAP. Als erste waren nach dem Reichstags- Stadtrats und die Zerschlagung der brand vom 27. Februar 1933 die zwei kommu- Parteien, deren Mitglieder häufig ver- nistischen Mandatsträger vertrieben und im folgt wurden. Eventuell wollte Wunder Konzentrationslager inhaftiert worden, es folg- ten die SPD-Vertreter. Bekannte Exponenten mit seinem Verbleib im Amt noch der Arbeiterbewegungsparteien in Pasing wie schlimmere Folgen der »Machtergrei- der Kommunist Franz Stenzer und der Sozial- fung« für Pasing abwenden. demokrat Hans Nimmerfall mussten für ihre Einstellung mit dem Tod bezahlen. Im Juni 1933 wurde auch die Bayerische Volkspartei aus dem Pasinger Rathaus vertrieben. Vertreter der katholisch-bürgerlichen Opposition wie der BVP-Stadtrat und Chefredakteur des »Bayeri- schen Kurier«, Josef Osterhuber, wurden in »Schutzhaft« genommen.

24 25 Am Knie

Die Eröffnung der Straßenbahnlinie München – Pasing im Jahr 1908 bedeu- tete für die wirtschaftliche Entwicklung einen weiteren Aufschwung. Die Münchener Straße (heute Landsberger Straße) zwischen Marienplatz und Knie und ihr »Hinterhof« bis zu den Bahn- gleisen wurden zentraler Standort des Reklamemarken gewerblichen Pasing. Dazu gehörten zu von Pasinger Beginn des 20. Jahrhunderts etwa das Unternehmen Telegrafenzeugamt, die Münchener Leistenfabrik, die Kuvertfabrik Pasing (Kupa), die Chemische Waschanstalt Arnold oder die Elektrische Schweiß- maschinenfabrik PECO. Fast alle Firmen Aufnahme der Situa- Nach dem jetzigen Stand der Neuplanungen sind längst Geschichte; die branchen- tion am Knie von für das Gebiet Hauptbahnhof-Laim-Pasing bekannten Namen wie PECO wurden 1921. Hinten links am wird am Knie die Nordumgehung abzweigen, von anderen Unternehmen gekauft. Bahngelände das die den Straßenverkehr auf eine neue, neben Telegrafenzeugamt, der Bahnlinie geführte Trasse bis zur etwa in der Mitte des Lortzingstraße leitet. Die Straßenbahn fährt Bildes die Kuvertfabrik weiterhin auf der Landsberger Straße ins Pasing. Zentrum Pasings, das wesentlich fußgänger- freundlicher gestaltet wird. Das ehemalige »Stückgutgelände« der Bahn soll zu einem Wohnquartier entwickelt werden.

26 27 Altes Rathaus

Ein Stück weiter westlich an der Ecke Ebenböck-/Bäcker- straße befindet sich das alte Rathaus: Seine Geschichte ist eng mit der nationalsozialistischen Machtdurchsetzung in Pasing verknüpft, weil es im Dritten Reich seine Funktion als Rathaus verlor und seit 1938 als »Haus der Partei« den Zwecken der NSDAP diente. Stadträte, die als gewählte Mandatsträger hier am demokratischen Willensbildungs- prozess in der Gemeinde teilgenommen hatten, waren mitt- lerweile im Exil, inhaftiert oder bereits ermordet worden. Das Haus beherbergt jetzt die Volkshochschule-West sowie das Alten- und Servicezentrum. Ebenböckhaus

Nach Abbruch Kehrt man zurück in Richtung Ortskern, Als »Haus der Partei« der Wachsbleiche ist die nächste Station das Ebenböck- wurde das alte Rat- 1918 wurde das haus, das ebenfalls für den Produktions- haus 1938 von den Ebenböckhaus zu Nationalsozialisten in einem Schlösschen standort Pasing steht. Es handelt sich Besitz genommen, umgestaltet (Auf- um die ehemalige Wachszieherei nachdem die Stadt- nahme um 1925). Ebenböck, die vom letzten Mitglied der verwaltung in den Weitere Grundstücke Familie – getreu der familiären Tradition Neubau an der der 1905 stillgelegten Landsberger Straße Firma wurden u.a. des Mäzenatentums – der Stadt umgezogen war. für den Bau der München für gemeinnützige Zwecke Eine Gedenktafel am Knabenschule und vermacht wurde. Heute ist hier u.a. das Gebäude erinnert an eines Sportplatzes »Pasinger Archiv e.V.« untergebracht, seine Erbauung am Schererplatz um die Jahrhundert- genutzt. das sich der Erforschung der Orts- wende. Es wurde geschichte ehrenamtlich widmet und gleichzeitig als eine rege Publikationstätigkeit aufweist. Gemeindehaus und Seine Gründer Helmut Ebert und Feuerwache genutzt. Thomas Hasselwander erhielten im Jahr 2000 die Medaille »München leuchtet«.

28 29 Institut der Englischen Fräulein

Gegenüber dem westlichen Ende der Ebenböckstraße an der Planegger Stra- ße steht das Institut der Englischen Fräulein, das mit seinem im 19. Jahr- hundert errichteten Mädchenpensionat ein bekanntes Beispiel für die Schul- stadt Pasing ist. Das Internat zeugt bereits von dem durch die Industriali- sierung veränderten Charakter Pasings. Es war auf die Bedürfnisse des Bil- dungsbürgertums ausgerichtet, das seit der Errichtung der Eisenbahnlinie und stärker noch durch den Bau der Villen- kolonien Ende des 19. Jahrhunderts die bäuerlichen Bevölkerungsstrukturen abzulösen begann. Symptomatisch für diesen Strukturwandel ist auch die Gesamtansicht des Instituts der Planegger Straße selbst, an der man- An der Planegger Englischen Fräulein auf einem che Gebäude noch die giebelständigen Straße 5 (St. Jakobs- Stich des französischen Graveurs Bauernhäuser erkennen lassen, andere Apotheke) steht das Benoit um 1900. Der große Elternhaus des Verle- Gebäudekomplex entstand ab wiederum den modernen Stadthäusern gers und Wegberei- 1863 bis zur Jahrhundertwende. des 19. und 20. Jahrhunderts entspre- ters des Expressionis- Zuletzt wurde das Mädchenschul- chen. mus in München haus gegenüber der Institutskirche Heinrich F.S. Bachmair gebaut. Heute nutzen die Engli- (1889–1960). schen Fräulein nur noch einen Aufnahme von 1932. kleinen Teil der Gebäude, die zum größeren Teil an Arztpraxen, die Polizei und andere Einrichtungen vermietet sind.

30 31 Steinerweg

Über die Würm führt die kleine Brücke Der Mühlenbesitzer am Steinerweg. Auf der gegenüberlie- Blasius Steiner er- genden Seite steht flussabwärts das richtete 1853/54 das erste Würmbad, das zum Appartementhaus umgebaute Ge- unter seinem Sohn bäude der Hallermühle (»am Wasser- Joachim in den schloss«), in der es einen modernisier- 1870er Jahren erheb- ten Mühlenbetrieb noch bis in unsere lich modernisiert wurde. Hauptkonkur- Zeit gab. Flussaufwärts beginnt der rent war das Reichl- große Komplex des Pasinger Kreiskran- bad nur wenig ent- kenhauses. Dort war bis 1959 auch fernt flussabwärts. das hundert Jahre zuvor errichtete Die Aufnahme stammt von 1925, Steinerbad – eines der populärsten als das Steinerbad Würmbäder. Um am Krankenhausge- bereits von der Stadt Kirche Mariä Geburt lände vorbeizukommen, ist es besser, Pasing übernommen auf dieser Seite der Würm zu bleiben worden war. »Unserer Lieben Auf der Würminsel im Klostergarten und sie erst an der Avenariusstraße zu Frau in Pasing«: der Englischen Fräulein sind die Über- überqueren. Erstmals erwähnt reste des ersten Schlosses (wohl einer wurde sie 1315 als Aubinger Filialkirche. Fluchtburg) zu finden: ein Kellergewöl- Vom Ursprungsbau be, das nicht öffentlich zugänglich ist. ist nichts mehr erhal- Das daneben gelegene zweite Pasinger ten. Die frühesten Schloss aus dem 14. Jahrhundert hatte erhaltenen Teile der mehrfach um- und mit dem Ende der bischöflichen Lehns- ausgebauten Kirche hoheit über Pasing in der Säkularisation datieren aus dem ausgedient und wurde 1817 restlos 15. Jahrhundert. abgerissen. Für den Wittelsbacher Prinzen Carl entstand weiter südlich ein modernes Landschlösschen. Es ist seit 1869/70 Teil der »Gatterburg«. Dazwischen liegt die alte Pasinger Pfarr- kirche Mariä Geburt, die gotischen Ursprungs ist. 32 Schulstadt Pasing

Die ehemalige Lehrerbildungsanstalt, spätere Pädagogische Hochschule und jetzige Fachhochschule für Sozialwesen, am Stadtpark sowie das gegenüberlie- gende Gymnasium (seit 1963 Karlsgym- nasium) bilden Schwerpunkte der Schul- stadt Pasing. Ihre Anfänge gehen auf das Jahr 1910 zurück, als man nach der Das humanistische Stadterhebung mit qualitätvollen päda- Gymnasium mit gogischen Einrichtungen die Attraktivi- sämtlichen 126 tät Pasings weiter steigern wollte. Bis Schülern und der dahin hatten nur die Englischen Fräulein Lehrerschaft beim Abschied des Avenariusplatz höhere Schulbildung in Pasing ver- Gründungsrektors mittelt. Otto Kronseder, 1913. »SA marschiert« – Am Beginn des Stadtparks liegt der vor der Lehrerbil- Avenariusplatz. Der Platz wurde gleich dungsanstalt 1934. nach der »Machtergreifung« in Pasing vom nationalsozialistischen Stadtrat in »Adolf-Hitler-Platz« umbenannt. Die Nationalsozialisten nutzten das weiträu- mige Gelände mit der »erzieherisch« günstigen Lage vor der Lehrerbildungs- anstalt für Feiern und Aufmärsche, die ihre ganze Stärke demonstrieren sollten.

34 Blick über den Ausläufer der Waldkolonie mit den Schulgebäuden; im spitzen Winkel der »Adolf-Hitler-Platz«; Aufnahme von 1935. Die Lehrerbildungsanstalt wurde in diesem Jahr nach dem gerade verstorbenen nationalsozia- listischen Kultusminister in Bayern in »Hans- Schemm-Hochschule für Lehrerbildung« um- benannt und erhielt einen bevorzugten Rang Anna Croissant-Rust in der nationalsozialistischen Bildungspolitik. (1860 –1943) mit Ihren Expansionsansprüchen musste auch das ihrem Ehemann benachbarte humanistische Gymnasium wei- Hermann Croissant, chen, das in das Gebäude am Schererplatz um 1910. einquartiert wurde. Während der Großteil der Lehrerschaft sich nach der »Machtergreifung« Anna Croissant-Rust mit den neuen Verhältnissen arrangierte, ragen einige Pädagogen heraus, die sich persönlich und in ihrer Arbeit der neuen Ideologie ver- Die pädagogischen Einrichtungen liegen weigerten. Dazu gehörten der Oberstudienrat bereits am Eingang der Waldkolonie, Hugo Fey, der auch Stadtrat der Bayerischen der südlichen Pasinger Villenkolonie, die Volkspartei war, und Dr. Paul Diehl. Für ihre allerdings wegen ihrer schlechteren resistente Haltung mussten sie viele Schikanen unter dem Regime erleiden. Verkehrsanbindung nicht so erfolgreich wie ihre beiden nördlichen Schwestern (vgl. S. 44) war. Den Endpunkt unseres Pfades bildet das Wohnhaus der Schriftstellerin Anna Croissant-Rust in der Maria-Eich-Straße 49, die einen Künstlerkreis um sich bildete und stell- vertretend für eine Generation von Schriftstellern stehen kann, die zu Anfang des 20. Jahrhunderts in den Pasinger Villenkolonien die richtige Atmosphäre für ihre Arbeit fand. Dazu gehörten u.a. Otto Julius Bierbaum, Hans Brandenburg und Waldemar Bonsels, Autor der von Generationen von Kindern geliebten »Biene Maja«.

37 Das Wohnhaus (seit Der »grüne« Pfad 1904) der Naturalistin Croissant-Rust, die einen bodenständig- unverblümten Stil in ihren Erzählungen und Romanen pflegte. Sie ist auf dem Pasinger Friedhof beerdigt.

Ein Radweg vom nördlichen Pasing 21 nach Obermenzing und zurück. Villenkolonien und Genossenschafts- bauten, Dorfstrukturen und mittelalter- liches Schloss. 38 Es soll auch erhalten bleiben, wenn im Zuge der Neuplanungen für den Bahn- hofsplatz ein großes Terminalgebäude hinter der jetzigen Schalterhalle ent- steht. Der Bahnhofsplatz ist Teil eines Verkehrsberuhigungskonzepts für das Pasinger Zentrum, das derzeit ausge- arbeitet und zur Diskussion gestellt wird.

Pasinger Bahnhof

Der erste Pasinger Die Einrichtung der Bahnlinie München Bahnhof von – Augsburg und die Eröffnung einer Friedrich Bürklein Haltestation in Pasing im Jahr 1840 (Aufnahme um 1930). waren für die Entwicklung des Ortes von ausschlaggebender Bedeutung. Dadurch wurden die Voraussetzungen für Industrieansiedlungen, für den Pendel- und Naherholungsverkehr, für die Schulstadt und nicht zuletzt für den Erfolg der Villenkolonien als Wohngebiet geschaffen. 1847/48 baute der Münch- ner Bahnhofsarchitekt Friedrich Bürklein Die 1903 eröffnete Fußgängerunterführung das erste richtige Bahnhofsgebäude zur Villenkolonie I. Pasings, das noch heute östlich des 1873 entstandenen Neubaus steht. 40 41 Pasinger Fabrik

Auf dem Gelände der Haushaltsma- schinenfabrik Franz Ritter stand bis 1938 die markante, im neoromanisch- gotischen Stil gebaute »Storchenburg« von August Exter, die die Nationalsozia- listen im Zuge ihrer Bahnerweiterungs- Dem nationalsozialis- pläne abreißen ließen. Ritter gründete tischen Planungs- die Fabrik 1905, um seinem Erfinder- wahn fiel die »Stor- chenburg« auf dem geist und seiner Innovationsfreudigkeit Gelände der Fa. Ritter eine Produktionsstätte zu geben. Es 1938 zum Opfer. scheint, als würde der Genius loci in Ihre Nähe zu den veränderter Form im Kulturzentrum Bahnanlagen, die völlig umgebaut wer- »Pasinger Fabrik« weiterleben. Wo einst den sollten, wurde Flaschenreinigungs- und Messerputz- ihr zum Verhängnis. maschinen entwickelt und hergestellt Aufnahme um 1936. wurden, hat sich heute ein produktiver und experimentierfreudiger Kultur- betrieb herausgebildet. Theater, Musik, bildende Kunst, Literatur, historische und gesellschaftskritische Ausstellun- gen, ein Kinder- und Jugendprogramm und Angebote für Senioren finden hier ihren Platz.

43 Eine Mädchenschule besonderer Art entstand 1920 in dem von Richard Riemerschmid erbauten Gebäude an der Osel- straße 21 (früher Richard-Wagner-Straße). Die Baltendeut- sche Martha von Grot (1867–1962) gründete und leitete das sechsklassige Privatlyzeum bis 1927. Christliche Werte eben- so wie Liberalität und Toleranz prägten die Mädchenerziehung dort. Es entstand eine vertrauensvolle Gemeinschaft zwi- schen Lehrerinnen und Schülerinnen, die beiden Seiten half, die Anfechtungen durch das nationalsozialistische Regime zu überstehen. In den 1950er Jahren wurde die Grotschule in das neue Elsa-Brandström-Gymnasium an der Ebenböck- str. 1 integriert. Im Gebäude an der Oselstraße ist jetzt eine Villenkolonie I Grundschule.

Häuser an der Peter- In den 1890er Jahren begann der Archi- Vischer-Straße auf tekt August Exter mit der Errichtung Schülerinnen der einer Postkarte um der ersten Villenkolonie in Pasing. Der Grotschule mit ihrer 1910. relativ kostengünstige Grund ermög- Direktorin Luise Hess, um 1934/35. lichte eine großzügige gartenstädtische Anlage, die den zeitgenössischen Vor- stellungen des Bürgertums vom gesun- den Wohnen entsprach. Der zweite Standortvorteil war die durch die Eisen- bahnstation unterstrichene Nähe zu München. Pasing nördlich der Bahnlinie wurde erst durch Exters Villenkolonien entwickelt. Das erforderte umfangreiche Das Gebäude der Erschließungsarbeiten, z.B. durch eine Grotschule in den eigene Kanalisation, die eine Verunreini- 1920er Jahren. gung des Nymphenburger Kanals ver- hindern sollte. Sozialer Mittelpunkt der Villenkolonie I waren der Wensauer Platz (früher Marktplatz) und die Gaststätte »Luisengarten« an der Orthstraße. 44 45 Nymphenburger Kanal

An der Stelle, an der sich nach dem Bau des Nymphenburger Schlossparks die Wege von Pasing nach Moosach und von Obermenzing nach Laim kreuzten, lag früher das Nymphenbad. Über den im 18. Jahrhundert angelegten Kanal ist Obermenzing mit dem Schloss in Nymphenburg verbunden. Er stellte die sichtbare Achse zu St. Wolfgang in Genossenschaftssiedlung Pipping her. Für die Obermenzinger hatte die Nähe zu Nymphenburg neben Die Antwort der Ein Abstecher nach Südosten bringt uns dem ästhetischen auch einen hohen Arbeiterschaft auf den in die Genossenschaftssiedlung: Zum ideellen Wert. Anlässlich der Errichtung »Luisengarten«: Die bürgerlichen Wohnen in den Villenkolo- der Villenkolonien und der dadurch auf- 1926/27 errichtete Genossenschaftsgast- nien bot das Wohnen in der nahegele- tretenden Baubelästigungen wurde stätte »Lindenplatzl« genen Genossenschaftssiedlung an der etwa darauf hingewiesen, dass Prinz- am heutigen Georg- Friedrich-Ebert-Straße (im Dritten Reich regent Luitpold wie schon die Kurfürs- Deschler-Platz. Das Horst-Wessel-Straße, heute Nimmerfall- ten im 18. Jahrhundert im Kanal zu Lokal erfreut sich noch immer großer straße) einen Kontrastpunkt. Die zwan- baden pflege. Beliebtheit. ziger Jahre waren überall die Auf- schwungzeit des gemeinnützigen Woh- nungsbaus. In der Arbeiterbevölkerung Die Postkarte zeigt des »Sporer-Blocks« fand die sozialisti- das Nymphenbad sche Arbeiterbewegung Unterstützung. mit angeschlosse- nem Café und Gast- Die Nationalsozialisten leisteten nach der stätte, um 1925. »Machtergreifung« auch in der »roten« Genossenschaft »Gleichschaltungs- arbeit«. Der ehemalige Vorsitzende der Genossenschaft Hans Nimmerfall starb an den Folgen der Misshandlungen im Konzentrationslager Dachau.

46 47 Durchblickpark

Von den barocken Blickbeziehungen zwischen Nymphenburg und Obermen- zing kann man im Durchblickpark noch einen Eindruck erhalten. Freilich liegt nur noch der Blick auf Schloss Bluten- burg frei, während er Richtung Nym- phenburg durch den Bahndamm ver- baut ist. Nördlich des Durchblickparks liegt die Siedlung der »Baugenossenschaft mitt- lerer Verkehrsbeamten e.G.«. 1909 begonnen und 1912 im wesentlichen Die Aufnahme aus fertiggestellt, galt die Bauform und Die Postkarte von dem Jahr 2003 macht Ausstattung dieser Ein- und Zweifami- 1931 zeigt die Bauge- augenscheinlich, lienhäuser nach damaligen Maßstäben nossenschaftssied- warum die 20 Jahre lung an der Kreuzung alte Parkanlage als vorbildlich. Die »Genossen« haben der Bahnlinie »Durchblickpark« ihre Häuser, die nicht unter Denkmal- München – Ingolstadt heißt. schutz stehen, dennoch bis heute nahe- und der heutigen Straßenplanungen zu unverändert gelassen. Verdistraße; für ein neues Dorf- im Hintergrund der zentrum Obermen- heutige Durchblick- zing, die den Park park. durchschnitten hätten, konnten verhindert werden.

48 49 Dorfkern Obermenzing

Über die Dorfstraße gelangt man zum alten Zentrum Obermenzings, das vor allem durch die St. Georgskirche und das benachbarte Gasthaus »Zum Alten Wirt« geprägt wird. Es zählt zu Bayerns ältesten Wirtshäusern. Auch die Schmiede, der Zehentstadel und die umliegenden Höfe gehören zum ensemblegeschützten Dorfkern. Die steinerne Kirche wurde wohl schon Ende des 14. Jahrhunderts im gotischen Das um 1900 ent- Stil erbaut; im 17. Jahrhundert erfuhr standene Foto zeigt sie durch den barocken Turmbau eine den alten Fußgänger- steg über die Würm grundlegende Umgestaltung. Als Ober- oberhalb der Ross- menzing in den zwanziger Jahren eine schwemme. selbstständige Pfarrei wurde, galt die Das Gemälde in Mischtechnik des alte Dorfkirche als zu klein und verlor Münchner Malers nach dem Neubau einer Stadtpfarrkirche Josef Wahl von 1992 für den religiösen Alltag an Bedeutung. zeigt das sonntägli- che Obermenzing.

50 Schloss Blutenburg

Das alte Zentrum der Hofmark Menzing ist das gotische Schloss Blutenburg, auf dem die herzoglichen, später kurfürst- lichen Erben inmitten ausgedehnter Wälder residierten. 1977– 83 wurde die Blutenburg für die Zwecke der Internationalen Jugendbibliothek (IJB) grundlegend renoviert und umgestaltet. Heute beherbergt sie neben der IJB den Carlhäusl »Verein der Freunde Schloß Blutenburg e.V.«, der, unter Leitung von Wolfgang Das Carlhäusl ist Beim Carlhäusl an der Würm handelt Vogelsgesang, die Initiative zur Renovie- Schloss Blutenburg seit 1998 das es sich um ein Tagelöhnerhaus aus der rung maßgeblich mittrug. spiegelt sich im See. Prunkstück und ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Vereinsheim des Heimat- und Direkt gegenüber stand zuvor eine Volkstrachtenvereins Tuchmanufaktur und Färberei, deren »D’Würmtaler« Abbruchmaterial wohl für das Haus Menzing e.V. verwendet wurde. Der Heimat- und Volkstrachtenverein »D’Würmtaler« Menzing e.V. unter- nahm es von 1996 bis 1998, das Haus von Grund auf zu renovieren und rich- tete es als sein Vereinsheim ein. Auf dem Gelände war bis 1974 das Fami- lienbad Obermenzing, das wegen der schlechten Wasserqualität der Würm aufgelassen werden musste. Inzwischen gibt es intensive Bestrebun- gen, die Würm zu renaturieren und auch ihre Wasserqualität wieder entschei- dend zu verbessern.

52 Pipping

Weitere Stationen Die Kirche St. Wolfgang ließ Herzog Die Zeichnung des Todesmarsches Sigismund Ende des 15. Jahrhunderts eines unbekannten Richtung Alpen im Weiler Pipping, der zur Hofmark Künstlers zeigt waren die Orte Pipping um 1880. Allach, Pasing, Menzing gehörte, errichten. Eine kleine Planegg, Krailling Kapelle in einem der Schlosstürme war und Gauting, in kein adäquates Gotteshaus für den denen seit 1989 Schlossherrn von Blutenburg. Bis zur gleichartige Bronze- plastiken als »Weg- Erbauung der Blutenburger Schloss- streckendenkmal« kapelle etwa 10 Jahre später nutzte errichtet wurden. Sigismund St. Wolfgang als »Hof- kirche«.

An Schloss Blutenburg führte im April 1945 auch der Todesmarsch der Dachauer KZ-Häftlinge vorbei. Die Zahl seiner Opfer ist nicht genau belegt, liegt aber bei mehreren Tausend. Das Denkmal des Bildhauers Hubertus von Pilgrim erinnert daran.

54 Literaturauswahl: - Bauer, Richard/Gerhard Bauer: Pasing. Stadt vor der Stadt, München 21996 - Baumann, Günther/Andreas Heusler: Aufwachsen in Pasing, München 1994 - Das Carl-Häusl in Obermenzing. Festschrift 1998, hrsg. vom Heimat- und Volkstrachtenverein »D’Würmtaler« Menzing e.V. - Geschichtswerkstatt Arbeiten und Leben in Pasing e.V. (Hrsg.): Spuren. Beiträge zur Pasinger Geschichte, München 1989 - Marchand, Gertrud/Irmgard Schmidt: Die Grotschule in Pasing, in: Wie wir wurden, was wir sind. Zur Geschichte der Erziehung in München. Lesebuch zur Geschichte des Münchner Alltags. Geschichtswettbewerb 1997/98, München 2001, S. 78 – 87 - Mayer-Zaky, Renate/Reinhard Bauer: Pasing. Das Stadtteilbuch, München 1996 - Möllmann, Bernhard: Bilder vom alten Pasing. Band 1 und 2, München 2002 und 2004 - Oberhofer, Betty: Pasing, einst eine Stadt an der Würm, Villenkolonie II München 1980 - Obermenzinger Bilder, hrsg. von der Bürgervereinigung Obermenzing e.V., versch. Ausgaben Auf der Luftaufnahme Die Rundfahrt endet in Pasing am - Ongyerth, Gerhard: Die Würm. Im Fluß der Geschichten, der Villenkolonie II ist Eingang zur Villenkolonie II. Hier steht München 21997 links vorne der Kamin das frühere Baubüro August Exters, - Pasinger Archiv, hrsg. von Helmut Ebert/Thomas Hasselwander, der Brennerei Riemer- versch. Ausgaben schmid zu erkennen, das jetzt als SPD-Bürgerbüro genutzt - Pasinger Fabrik (Hrsg.): Architekt August Exter – Villenkolonien weiter zur Bildmitte wird. Auch das Gelände, auf dem die Pasing, München 1993 hin die Himmelfahrts- protestantische Himmelfahrtskirche - Schaehle, Franz: Die Geschichte der Gemeinde Obermenzing, kirche, um 1930. gelegen ist, wurde von Exter und dem Obermenzing 1927 Fabrikbesitzer Riemerschmid gestiftet, - Ders.: Pasing in Geschichte und Gegenwart, Pasing 1921 dessen Spiritusbrennerei neben der - Stadt und Vorstadt, fotografiert von Georg Pettendorfer, hrsg. von Richard Bauer, München 1990 Kolonie II lag. Das Bedürfnis nach einer - Thurner, Adolf: Zu unserer Lieben Frau in Pasing. Die Kirche Mariä protestantischen Kirche entstand erst Geburt, München 2000 mit dem Zuzug vieler »Auswärtiger« in - Ders.: Die St. Georg-Kirche zu Obermenzing, München 1993 die Villenkolonien. 1904 wurde der - Ders.: Die Sankt Wolfgang-Kirche zu Pipping, München 1990 neubarocke Bau eingeweiht. - Vogelsgesang, Wolfgang: Obermenzing. Geschichte und Geschichten, München 1990 - Zeugnisse. Das Humanistische Gymnasium in Pasing 1910 – 1955, von Doris Barth, Bernhard Möllmann und Bernd-Michael Schülke, München 1992 56 57 Bildnachweis:

- Bauer, Richard/Bauer, Gerhard, Pasing: S. 14, 15, 20, 22, 25, 26, 27, 28, 29, 32, 33, 35, 36, 40, 41, 42, 46, 56

- Bayerisches Landesvermessungsamt: S. 10, 13

- Haerendel, Ulrike: S. 48, 54

- Möllmann, Bernhard: Bilder vom alten Pasing (Band 1 und 2): S. 23, 30, 35, 44, 45 (oben), 47

- Pasinger Archiv e.V.: S. 31, 37, 38, 45 (unten)

- Planungsreferat der Landeshauptstadt München: S. 21

- Schuster, Thomas: S. 53

- Stadtarchiv München: S. 17, 18, 34

- Thurner, Adolf: S. 49, 50, 51, 52, 55

58 Impressum:

Landeshauptstadt München Kulturreferat Direktorium

Ansprechpartnerin: Dr. Angelika Baumann [email protected]

Konzept & Inhalt: Dr. Ulrike Haerendel

Inhaltliche Beratung: Franz Adam Almuth David Thomas Hasselwander Bernd-Michael Schülke Adolf Thurner Bezirksausschuss 21

Redaktion: Dr. Bernd Landau Dr. Angelika Baumann

Grafische Gestaltung: Heidi Sorg & Christof Leistl, München

Druck & Bindung: J. Gotteswinter GmbH 2005 www.muenchen.de/kgp Dorfkern Obermenzing S. 51

Carlhäusl S. 52

Schloss Blutenburg S. 53

Durchblickpark S. 48

Nymphenburger Kanal S. 47 Pipping S. 55

Villenkolonie II S. 56

Villenkolonie I S. 44

Pasinger Fabrik S. 43

Pasinger Bahnhof S. 20 & S. 40

Genossenschaftssiedlung S. 46

Pasinger Rathaus S. 24 Pasinger Marienplatz S. 22

Inst. Engl. Fräulein S. 31

Steinerweg S. 33 Ebenböckhaus S. 28 Altes Rathaus S. 29 Am Knie S. 27 Kirche Mariä Geburt S. 32

Avenariusplatz S. 34

Schulstadt Pasing S. 35

Anna Croissant-Rust S. 37 KulturGeschichtsPfad

S S-Bahn 19 Tram/Bus 51 19 Endstation Tram/Bus 21 Pasing-Obermenzing Kartengrundlage: Amtlicher Stadtplan der Landeshauptstadt München, © 2004 LH München Kommunalreferat Vermessungsamt Übersichtsplan München

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Stadtbezirk 01 Altstadt-Lehel Stadtbezirk 02 Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt 15 Stadtbezirk 03 Maxvorstadt 07 Stadtbezirk 04 Schwabing-West 20 06 Stadtbezirk 05 Au-Haidhausen Stadtbezirk 06 Sendling Stadtbezirk 07 Sendling-Westpark Stadtbezirk 08 Schwanthalerhöhe Stadtbezirk 09 Neuhausen-Nymphenburg 17 Stadtbezirk 10 Moosach 16 Stadtbezirk 11 Milbertshofen-Am Hart Stadtbezirk 12 Schwabing-Freimann 18 Stadtbezirk 13 Bogenhausen Stadtbezirk 14 Stadtbezirk 15 Trudering-Riem Stadtbezirk 16 Ramersdorf-Perlach Stadtbezirk 17 Obergiesing 19 Stadtbezirk 18 Untergiesing-Harlaching Stadtbezirk 19 Thalkirchen-Obersendling- Forstenried-Fürstenried-Solln Stadtbezirk 20 Hadern Stadtbezirk 21 Pasing-Obermenzing Stadtbezirk 22 Aubing-Lochhausen-Langwied Stadtbezirk 23 Allach-Untermenzing Stadtbezirk 24 Feldmoching-Hasenbergl Stadtbezirk 25 Laim