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» c.v ~ c.... III ....~ Z (Q III _::I (J)(Q :r: (J). Zl\) 00 0 » <0~I\) o· 'I r-- 0) co ~:4' ...., co I\) Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt

39. Jahrgang · 2002 · Heft 2 · ISSN 0940-6638

Inhaltsverzeichnis

O. Arndt Die Entwicklung der Kulturlandschaft auf der Querfurt-Merseburger Platte seit dem Mittelalter A. Kätzel Die Veränderung der dörflichen Ruderalvegetation der Gemeinde Langenstein H. Kugler; H. Nagel; S. Szekely Kennzeichnung und Typisierung der Landschaftseinheiten Sachsen-Anhalts auf der Grundlage von Satellitendaten O. Wüstemann; U. Eichler Die Schaffung der ökologischen Durchgängigkeit im Zillierbach – ein Beitrag zur Umsetzung des Arten- und Biotopschutzprogramms Mitteilungen Ehrungen Informationen K. Hartenauer Wiederfund der in Sachsen-Anhalt verschollen geglaubten Mantelschnecke C. Funkel, K. George Die „Teufelsmauer“ – eines der frühesten Schutzobjekte in Deutschland – älter als gedacht C. Funkel Übersicht über die im Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt vorliegenden Pflege- und Entwicklungspläne, Studien sowie Gutachten zu Schutzgebieten Recht K. Pulz Rechtmäßigkeit einer naturschutzrechtlichen Beseitigungsverfügung Veranstaltungen J. Müller Vogel-Beringer tagten in der Vogelschutzwarte Steckby P.Wenzel Ausstellung zum Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz K. George Museum der Naturschutzgeschichte Deutschlands Schrifttum

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Geschützte und gefährdete Pflanzen, Tiere und Landschaften des Landes Sachsen-Anhalt

Zu den Abbildungen 2. und 3. Umschlagseite (Texte: V. Schmidt; V. Neumann, Fotos: D. Frank; K.-J. Hofer)

Mauer-Zimbelkraut 1966), die in Deutschland auf die Flach- und Hügellän- der beschränkt ist, die Gefährdungskategorie 3 erhalten Wenn man in unserer Heimat dem Mauer-Zimbelkraut musste. (Cymbalaria muralis) an alten Mauern und in Felsen- Als anspruchloser Bodendecker kann das Zimbelkraut spalten begegnet, so mag man kaum glauben, dass für naturnahe Gärten und Parkanlagen empfohlen wer- diese Pflanze erst mit dem Menschen in viele Teile des den, mit der Maßgabe, dass die Pflanze vor Austrock- heutigen Verbreitungsgebietes eingewandert ist, wo es nung bewahrt wird. heute überwiegend im Bereich seiner Siedlungen vor- kommt. Früher hatte es vor allem Bedeutung als Zier- pflanze, aber es soll auch als Heilpflanze gegen die V. S. Krätze angewendet worden sein. Diese Pflanze ist ursprünglich im Umkreis der Po-Adria- Feldhase Senke (Illyrische Gebirge, Zentralapennin, Südalpen) beheimatet. Heute hat das Zimbelkraut in der meridio- Der Feldhase (Lepus europaeus), Familie Hasentiere nalen bis temperaten Klimazone West-, Mittel- und Sü- oder Lagomorpha, gehört zu den volkstümlichsten Säu- deuropa erobert. Zum Weltareal gehören auch die getieren. Sein Gewicht beträgt bis zu sieben Kilo- ozeanisch getönten Bereiche Nordamerikas. gramm, die Körperlänge bis ca. 80 cm und die Länge Das Zimbelkraut, das als einjährige oder nur kurz aus- der sprichwörtlichen „Langohren“ („Löffel“) mit den dauernde Pflanze auf eine hohe Samenproduktion an- schwarzen Spitzen 15 cm. Mit Hilfe der langen Hinter- gewiesen ist, sichert seine Fortpflanzung durch einen beine kann er kurzfristig eine Geschwindigkeit von ca. seltenen Trick. Die Blütenstiele wenden sich aktiv dem 80 km/h erreichen, die ihn durch zusätzliches Haken- Licht zu, um eine eventuelle Insektenbestäubung zu er- schlagen so manchen Verfolger abschütteln lässt. möglichen. Nach erfolgter Samenreife kehren sich die Die Gattung Lepus ist fast weltweit verbreitet. Der Feld- Stiele vom Licht ab, krümmen sich ein und bringen die hase bewohnte ursprünglich die Steppen- und Wald- Samenkapseln auf diese Weise in die Felsenspalten steppenzone der Westpaläarktis bevor er sich, auch mit hinein. Das Zimbelkraut ist also Selbstpflanzer (boleo- Hilfe des Menschen, ausbreitete. Er bewies dabei seine autochor). Die Samen keimen nur im Dunklen – eine ökologische Anpassungsfähigkeit, indem er sich sowohl weitere Anpassung an den Standort. Da eine Insekten- in Gebüsch- und Waldzonen, als auch in der aus- bestäubung die Ausnahme ist, sorgt das Zimbelkraut geräumten Agrarsteppe der Ebene bis hin zu montanen außerdem durch Selbstbestäubung für eine hohe Sa- und subalpinen Bereichen ansiedelte. Als besonders menproduktion. So ist auch zu erklären, dass Charles geeignet für den Hasenbestand erwiesen sich Gebiete Darwin in seinem Werk „Die Wirkungen von Fremd- und mit landwirtschaftlich abwechslungsreicher, kleinstruk- Selbstbestäubungen im Pflanzenreich“ (1876) feststel- turierter Nutzung und einer Vielfalt von Wildkräutern auf len konnte: „Ich beobachtete zwei Wochen lang mehr- Feldrainen und Ödflächen. Ein sommerwarmes, winter- mals täglich eine Mauer, die mit Zimbelkraut bedeckt mildes Klima mit geringen Niederschlägen ist beson- war, das in voller Blüte stand, und erblickte niemals eine ders günstig. Hasen, die in trockenen Gebieten leben, Biene, die danach sah. Dann kam ein heißer Tag, und sind meist heller gefärbt als solche, die in feuchten Ha- plötzlich waren einige Bienen auf den Blüten an der Ar- bitaten wie Wäldern leben. Der dunklere „Waldhase“ ist beit. Es scheint eine gewisse Wärme für die Nektarpro- aber keine Rasse. duktion erforderlich zu sein.“ Der Feldhase gehörte zu dem meist bejagten Wild in Da das Zimbelkraut als kalkstete Pflanze bei uns auf Deutschland. So betrug z.B. im Abschussjahr 1936/37 mäßig frische bis feuchte Mauerfugen an alten Bauwer- die „Hasenstrecke“ 2 948 839 Tiere. Noch im Jahre ken und auf Felsen im Siedlungsbereich angewiesen 1966 wurden allein im ehemaligen StFB Ballenstedt 11 ist, musste diese ansonsten anspruchlose und sich 254 Hasen geschossen, doch bereits im Jahre 1984 leicht vermehrende Pflanze in der Roten Liste von waren es nur noch 47 Stück. Ein ähnlicher Rückgang Sachsen-Anhalt in die Gefährdungskategorie 3 aufge- zeigte sich für weite Teile seines Verbreitungsgebietes. nommen werden, da diese Standorte gegenwärtig stark Diese Abnahme der Feldhasen erfolgt trotz dessen bedroht sind. Das bedeutet ferner, dass auch die Zim- sprichwörtlicher Fruchtbarkeit. Die Häsin hat einen Ute- belkraut-Gesellschaft (Cymbalarietum muralis GÖRS rus bicornis, so dass eine zweiseitige Trächtigkeit mög-

2 Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 39. Jahrgang • 2002 • Heft 2 Die Entwicklung der Kulturlandschaft auf der Querfurt-Merseburger Platte seit dem Mittelalter Oliver Arndt

1 Einleitung tersuchungen zur historischen Landnutzung mit umweltrelevanter Zielsetzung durchgeführt. Durch die Entwicklung der Produktivkräfte im Während bei den meisten naturschutzbezogenen 19.Jh. und besonders durch die Intensivierung planungsrelevanten historischen Studien Land- der Landwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. schaften bearbeitet wurden, die eine besondere Jh. erreichte die Dynamik der Landschaftsverän- Bedeutung für den Naturschutz besitzen, handelt derungen auch im Agrarraum ein sehr hohes es sich im Fall der Querfurt-Merseburger Platte Tempo. Um die Veränderungen der Kulturland- um ein strukturarmes Agrarintensivgebiet mit Bö- schaft als historischen Prozess zu begreifen und den höchster Bonität innerhalb des mitteldeut- Spezifika der regionalen Entwicklung bei räumli- schen Schwarzerdegebietes (Abb. 1). chen Planungen berücksichtigen zu können, Zur Rekonstruktion historischer Landschaftszu- werden in Deutschland seit etlichen Jahren Un- stände auf der Querfurt-Merseburger Platte wur-

Abb. 1: Ackerzahlenklassen für die Gemeinden des Untersuchungsgebietes

3 de neben den kartographischen Quellen weite- 2 Rodung und Beweidung in der durch res Material herangezogen. Dem Ziel einer mög- Waldreichtum geprägten Landschaft des lichst flächendeckenden historischen Landnut- Mittelalters zungsanalyse stand jedoch die Tatsache ge- genüber, dass viele Quellen einschließlich der Aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte und historischen Karten zu weiter zurückliegenden der noch nicht abgeschlossenen Siedlungsgrün- Zeitebenen keine oder nur lokale Aussagen er- dungen ist davon auszugehen, dass die Quer- möglichten. Um hier die vorhandenen Erkennt- furt-Merseburger Platte zum Beginn des Mittelal- nislücken zu schließen, kam den Landschafts,- ters von ausgedehnten Waldflächen bedeckt Orts- und Geländenamen, die nahezu flächen- war. Noch im 12.Jh. wurde die Gegend im Be- deckend verfügbar waren, unter Beachtung der reich von Albersroda und Schnellroda in alten besonderen Problematik namenkundlicher Ana- Urkunden als waldreich bezeichnet (Naumann lysen eine besondere Bedeutung zu. 1922). Die Ortsnamenendung „-roda“ und zahl- Im Ergebnis der systematischen Auswertung hi- reiche Flurnamen weisen auf historische Wald- storischer Karten und der Analyse der Flurna- flächen hin. Ausläufer großer Wälder erstreckten men erfolgt die Rekonstruktion historischer sich als „Lohholz“ bis in die Gemarkungen Obe- Landschaftszustände, wodurch die Kulturland- resperstedt und Döcklitz (GÖRCKE 1889). SACHT- schaftsentwicklung mit ihrer Spezifik für die LEBEN (1930) schließt aufgrund zahlreicher Wald- Querfurt-Merseburger Platte deutlich wird. Die flurnamen wie „Der Wald“, „Auf dem Raden“ „Die entstandene Kartenfolge mit generalisierter Dar- Stangeläcker“ und „Brommerode“ auf historische stellung wird der unterschiedlichen Quellenlage Waldflächen bei Schafstädt. Weiterhin vermutet gerecht und garantiert trotzdem eine Vergleich- er historische Waldareale entlang der Schwarz- barkeit der einzelnen Darstellungen. eiche sowie auf der Muschelkalkstufe parallel

Abb. 2: Rekonstruktion der Landnutzung ca. 15./16. Jh.

4 zum Unstruttal, die bei Albersroda und Schnellro- biet der Querfurt-Merseburger Platte offensicht- da weit auf die Lössplatte übergriffen. Waldflurna- lich bevorzugt im Bereich solcher historischer men wie „Holzberg“, „Rottig“ oder „Stummeln am Waldstandorte (Abb. 3). Römischen Rain“ im Gebiet der Gemeinde Lan- Seit der Karolingerzeit zwang der Mangel an geneichstädt führt Glass (1992) an (Abb. 2). Ackerland zu verstärkter Rodungstätigkeit, die Nach KOERNER (1954) wurden bei der Grenzzie- bis zum 14.Jh. die Ausdehnung des Waldes er- hung im Mittelalter ausgedehnte, noch nicht ge- heblich reduzierte. Es erfolgte je nach Bedarf rodete Wälder als trennende Schranken bevor- bzw. Bevölkerungswachstum eine Umwandlung zugt. NEUSS (1935, 1971, 1995) vermutet, dass des Waldes in landwirtschaftlich genutzte sich im Bereich der Grenze zwischen der Graf- Fläche. Die oft geäußerte Annahme, dass die schaft Mansfeld, der Grafschaft Querfurt und Waldfläche bis zu dieser Zeit, auf Mitteleuropa dem Merseburger Hochstift ein großer Grenz- bezogen, ihr Minimum erreichte (z.B. BORK et al. waldstreifen befand (vgl. auch Scherer 2000). Er 1998), kann für die Querfurt-Merseburger Platte weist auf die im betreffenden Gebiet vorkom- nicht bestätigt werden. menden Flurnamen „Holzweg“, „der Wald“, „am Ausgedehnte Markwälder blieben über das Mit- Walde“ „Haidhof“ und „Brommerode“ hin. In die- telalter hinaus insbesondere auf der Wasser- sem Zusammenhang werden die südlich des scheide zwischen Laucha/Schwarzeiche und Untersuchungsgebietes noch heute vorhande- Querne/Weida erhalten. So erstreckte sich nach nen Waldstandorte bei Freyburg im Landschafts- NAUMANN (1922) der mittelalterliche Markwald rahmenplan für den Landkreis Merseburg-Quer- von Albersroda und Schnellroda in Richtung furt ( F.UMWELT U.NATURSCHUTZ... 1997) als Öchlitz. Reste alter Grenzwälder interpretiert. Die mittel- Das Grünland war im Mittelalter kaum vom Wald alterlichen Herrschaftsgrenzen verliefen im Ge- zu trennen. Infolge der praktizierten Waldweide

Abb. 3: Spätmittelalterliche Wald- und Gehölzflächen sowie historische Herrschaftsgrenzen

5 hatte sich ein Übergangssaum zwischen Wald Allmendewäldern statthaft. Das Anwachsen der und Offenland entwickelt, so dass keine scharfe Bevölkerung verlangte eine Zunahme der Nah- Waldgrenze vorhanden war. Die ursprünglich rungsmittelproduktion, die damals nur durch die größere Bedeutung des Waldes als Weideland Ausdehnung landwirtschaftlich genutzter Flä- für das Vieh trat erst mit seiner Rodung in der chen erreicht werden konnte (BERTHOLD 1986). Neuzeit hinter die des Grünlandes zurück. In Als Besonderheit ist auf die große Verbreitung den feuchten Bachauen bildeten Grünland- des Weinbaus im Mittelalter hinzuweisen, des- flächen im ortsnahen Bereich bereits eine wichti- sen erste urkundliche Erwähnung bei Querfurt ge Futtergrundlage für das Gemeindevieh, was nach COBURGER (1996/97) schon aus dem 10.Jh. z.B. zahlreiche Flurnamen auf „-wiese“ belegen. stammt. Nach VOIGT (1928) sind die Querfurter Zum Ende des Mittelalters sollte mit der Ein- Bürger große Liebhaber des Weins gewesen, führung von Forstordnungen eine gewisse Re- weshalb sie auch in benachbarten Dörfern zahl- gulierung im Forstwesen erreicht werden. Bei- reiche Weinberge besaßen. Um 1500 erreichte spielsweise die Einschränkung der Waldweide, der Weinbau in Deutschland seine größte Ver- des Holzsammelns und die Sicherung der Wald- breitung, so dass er selbst in klimatisch ungün- verjüngung zielten auf den Schutz der noch vor- stigen Gebieten praktiziert wurde (Schulze handenen Wälder hin (HOCHFÜRSTLICH... 1728, 1995). STISSER 1737), was aber die Umwandlung der im Untersuchungsgebiet noch vorhandenen Ge- meindeforsten in Weide- oder Ackerland kaum verhinderte. So war aus der Sicht der Bauern das Roden insbesondere in den Gemeinde- und

Abb. 4: Rekonstruktion der Landnutzung Mitte des 18. Jh.

6 3 Die Entwicklung einer vielfältig struktu- reits nahezu waldfreien östlichen Teil des Unter- rierten Agrarlandschaft in der Neuzeit bis suchungsgebietes noch einen Restwald südlich zur Separation im 19.Jh. von Schadendorf, der durch den Flurnamen „Vo- 3.1. Restwälder als Zeugen einstigen Wald- gelherd“ lokalisierbar ist. Um die Wende vom 18. reichtums zum 19.Jh. waren von den einstigen Waldflächen auf der Querfurt-Merseburger Platte nur noch Der im siedlungsfreien Raum auf der Wasser- geringe Reste vorhanden. Die zu Beginn des scheide zwischen Weidenbach-Weida und Lau- 19.Jh. vor der Separation noch vorhandenen cha-Schwarzeiche vorhandene zusammenhän- Restwälder hatten jedoch immer noch etwa den gende Wald- und Gehölzkomplex wurde erst im doppelten Umfang der Waldflächen, die Mitte 18.Jh. bis auf kleine Reste gerodet (GENERAL- des 20.Jh. existierten, als die geringste Waldbe- CARTE... 1740, CAMPAGNE-AUFNAHME... 1808). Vor- deckung im Untersuchungsgebiet erreicht wurde. her erstreckte sich zwischen Langeneichstädt und Albersroda nach SCHENK (1754) das „Jüden- dorfer Hölzchen“, das „Merseburger Holz“, das 3.2. Gehölze, Triften, Hutungen und Weiden – „Ziegenholz“, das „Mittelholz“, das „Krähenholz“ Arten- und Biotopvielfalt in der und das „Müchelsche Holz“ in zusammenhän- sich entwickelnden Agrarlandschaft gendem Komplex (Abb. 4). Die noch ausgedehn- ten Waldflächen hatten entsprechende Bedeu- Im Verlauf des 18. Jh. waren die Waldflächen tung als Weideland für das Vieh, die mit zuneh- des Untersuchungsgebietes zum größten Teil mendem Waldschwund abnahm. Neben der verschwunden. Im überwiegenden Teil des Ge- Viehhütung unterlag der Wald einer vielfältigen bietes dominierte damit die von zahlreichen Dör- Nutzung, z.B. durch das Lohschälen in Eichen- fern und den drei Kleinstädten durchsetzte wäldern oder das Sammeln der Bodenstreu (KÄP- Agrarlandschaft. Hitschke (1938, S.20) hebt für LER 1776; vgl. auch FÜRSTLICH ANHALT... 1801). das nördliche Harzvorland die stark ausgeprägte Dem Schwerpunkt der Waldverbreitung im Unter- Gliederung des Agrarraumes vor der Separation suchungsgebiet zu Beginn der Neuzeit entspre- hervor, was für das Untersuchungsgebiet eben- chend, existierten in Jüdendorf und Schnellroda falls Gültigkeit besitzen dürfte. Er schreibt: „Die Forsthäuser (SCHENK 1754). Nach NEUSS (1935) damalige Landwirtschaft hatte ihr Gepräge im teilten sich 1784 Preußen und Kursachsen die Landschaftsbild durch die Gemengelage erhal- Koppeljagd im „Teutschenthaler Forste“, der nörd- ten, die ein buntscheckiges Bild darbot.“ BLANCK lich an das Untersuchungsgebiet angrenzte. Ein (1826, S.33-34) stellt Ähnliches fest und hebt Ausläufer dieses Waldkomplexes erstreckte sich dabei besonders den hohen Anteil von Wildkräu- noch im 17. Jh. bis in die Nähe von Asendorf, wo tern hervor, wenn er den Zustand der landwirt- selbst noch zu Beginn des 19. Jh. ein Restwald schaftlich genutzten Fluren in folgender Weise existierte. Die Lokalität trägt den Flurnamen beschreibt: „Man betrachte die Stücke einer Flur, „Ober- und Unterstümmelchen“ (GENERAL-CAR- in welcher viele, verschiedenen Besitzern TE... 1740, CHARTE DES KÖNIGREICHS... 1831-1836). gehörende, schmale Stücke nebeneinander lie- Die Erhaltung der Restwälder auf der Querfurter gen, sie gleichen der Probekarte eines Schnit- Platte ist nach EINBECK (1929) auf die jagdlichen thändlers, in der sich die grellste Farbschattie- Interessen der Großgrundbesitzer zurückzu- rung findet. Ein Stück ist von Kornblumen blau, führen, worauf auch SCHICK (1985) hinweist. So das andere von Klatschrosen und sogenannten waren Meerschel- und Grochholz vor der Sepa- Feuerblumen roth, das dritte von Wucherblumen ration Rittergutsbesitz. gelbgefärbt.“ TIETZE und GROSSER (1985) weisen Die in den Gemarkungen Öchlitz und Jüdendorf darauf hin, dass der bei der Dreifelderwirtschaft bis Anfang des 19.Jh. bestehenden Restwälder praktizierte Wechsel zwischen Hackfrucht-Halm- Locken- und Mittelholz waren aber bereits vor frucht-Brache zu einer Stabilisierung von Flora der Separation verschwunden. KÜSTERMANN und Fauna führte. Außerdem waren durch den (1894) erwähnt im um die Mitte des 18.Jh. be- etwa ein Drittel des Kulturlandes umfassenden

7 Bracheanteil ausreichende Regenerationszen- auch Hundt 2001). Deshalb zog die Erweiterung tren vorhanden. der Ackerflächen eine Reduktion der sich bis da- Der Grünlandanteil war vor der Separation im hin oft in Gemeinschaftseigentum befindlichen Untersuchungsgebiet insgesamt umfangreicher. Weideflächen, also Wald und Grünland, nach Reste einstiger ausgedehnterer Grünlandflächen sich. waren im 18.Jh. in weiter von den Ortslagen ent- Mit der nahezu vollständigen landwirtschaftli- fernten Lagen, insbesondere denen der zuletzt chen Erschließung des Untersuchungsgebietes gerodeten Wälder, noch zahlreicher vorhanden. während des 18.Jh. stellte sich die heute be- Eine solche Hutungsfläche, als „der Fücken“ be- kannte Trennung von Grünland und Ackerland zeichnet, erstreckte sich beispielsweise auf der einschließlich der damals noch umfangreichen Hochfläche zwischen Obhausen und Esperstedt Ackerbrachen ein (Abb. 5). Das Grünland unter- (Karte der Fluren... 1734, Karte der QUERFURTER lag einer gezielten Beweidung. Wiesen, Weiden STADTFLUR... 1752). und Hutungen hatten vor der Separation Anfang Auch wurden teilweise die meist sickerwasser- des 19. Jh. noch einen deutlich höheren Anteil bestimmten und weniger fruchtbaren Flächen an der Agrarfläche. Das Grünland konzentrierte mit dem Flurnamen „Lehden“, der in mehreren sich besonders in den Bachauen und bildeten Gemeinden vorkommt, als Weide genutzt. Dabei hier zusammenhängende Areale entlang der ist zu beachten, dass es sich beim Weideland Bachläufe und trat darüber hinaus als Raine für auch noch in der frühen Neuzeit oft um Über- die Viehtrifft in Erscheinung. In vielen Gemar- gangsformen zwischen Wald und Offenland han- kungen befanden sich noch die Änger wüst ge- delte und eine strikte Trennung von Wald und wordener Dörfer (s. Neuss 1971, SEPARATIONS- Grünlandflächen vielfach nicht möglich war (vgl. KARTEN... 1838-1855).

Abb. 5: Landnutzung um 1800

8 Nach ROSSBERG (1937) erhielt der Gleinaer För- schaftsweise und besitz- und nutzungsrechtli- ster Anfang des 18. Jh. als Lohn Schießgeld für cher Gegebenheiten vergleichsweise hoch (vgl. die Jagd auf Hasen, Raubvögel, Rebhühner, SEPARATIONSKARTEN... 1838-1855). So waren z.B. Wildenten, Waldschnepfen, Füchse, Dachse, Bi- trotz des Fehlens von Wäldern in der Nähe von ber und Fischotter, womit der Artenreichtum der Lauchstädt zahlreiche Gehölze vorhanden. Es damaligen Fauna der Querfurt-Merseburger gab Linden, Ulmen und Weiden in der grünland- Platte und ihrer Umgebung deutlich wird. Das zu reichen Lauchaaue, aber auch mit Obstbäumen, Beginn der Neuzeit noch gut ausgeprägte Bio- Pappeln und Weiden bepflanzte Hügel (KOCH topmosaik mit den noch in größerem Umfang 1813). vorhandenen Waldgebieten prägte wesentlich Wenn auch die Vegetationsstruktur der zahlrei- die Artenstruktur, was z.B. die Existenz zahlrei- chen im 18. bis Mitte des 19. Jh. vorhandenen cher heute ausgestorbener Greifvogelarten nach Raine und sonstiger extensiv genutzter Flächen sich zog. So wird in der Sachsen-Querfurtischen des Untersuchungsgebietes nicht genau rekon- Forst- und Jagdordnung des 18. Jh. (Hochfürst- struierbar ist, kann doch zumindest für einen Teil lich... 1728) von den Jagd- und Forstbedienste- dieser Strukturen von einem Gehölzbewuchs ten die Regulierung der Bestände von Steinad- ausgegangen werden. So waren nach GARCKE ler, Uhu, Habicht, Fisch- und Gänsegeier sowie (1848) die Ackerraine teils mit Gehölzen wie z.B. Reiher und Rohrdommel gefordert (STISSER Holunder und Rosenarten bewachsen. NEUSS 1737). (1935) hebt den Reichtum an kleinen Gehölzen Die weiten und relativ siedlungsfernen Teile der und Buschwerk hervor, den die Fluren in der er- bis zur Separation nur wenig intensiv genutzten sten Hälfte des 19. Jh. noch besaßen. Die im Agrarflächen boten einer faunistischen Beson- Landschaftsrahmenplan für den Landkreis Mer- derheit gute Lebensbedingungen. So gehören seburg-Querfurt (AMT F.UMWELT U.NATUR- nach KOCH (1813) zu Beginn des 19. Jh. neben SCHUTZ...1997) für die Ackerebene bei Schaf- Hasen, Rebhühnern, Enten und Gänsen auch städt/Bad Lauchstädt genannten gegenwärtig Großtrappen zum Wildbestand der Umgebung vorhandenen Remisen sind erst im 20. Jh. ent- von Lauchstädt. ROSSBERG (1937) weist auf die standen. Weiterhin ist von einer gewissen Ver- Bejagung von Trappen im Umfeld des zwischen breitung von Einzelgehölzen bzw. Baumgruppen Albersroda und seiner Nachbargemeinde Gleina besonders im Bereich ehemaliger Wälder auszu- gelegenen Lohholzes im Jahre 1726 hin. MEIS- gehen, die als Restgehölze überdauert hatten SNER (1969) und WITTE (1969) bezeichnen den oder z.B. der Grenzmarkierung dienten. So er- Raum Schafstädt – Langeneichstädt – Bad wähnt KRÜMMLING (1933) für die Mitte des 19. Jh. Lauchstädt als traditionelles historisches Brut- am nördlich des Untersuchungsgebietes liegen- bzw. Einstandsgebiet der Großtrappe (vgl. auch den Süßen See 40-50 einzeln stehende alte Ei- RYSSEL & SCHWARZ 1981). Nach TASCHENBERG chen im Bereich des ehemaligen Badendorf- (1909) kam bei Querfurt auch die Zwergtrappe schen Holzes. Auch RIPPEL (1958), der die Kult- vor. DREYHAUPT (1749, zit. bei TASCHENBERG urlandschaft am westlichen Harzrand untersuch- 1909) schießlich nennt das Vorkommen des te, weist darauf hin, dass vor den Flurneuord- Hamsters im Territorium des Hochstiftes Merse- nungen des 19. Jh. innerhalb der Feldfluren burg. noch zahlreiche Busch- und Baumgruppen vor- Ausgedehnte und zusammenhängende Areale handen waren. mit Wiesen und Weiden existierten besonders Das Landschaftsbild bewerten Autoren dieser entlang der Fließgewässer und betonten den Zeit sehr unterschiedlich. So wird die Gegend Auencharakter der Bachtäler des Untersu- bei Lauchstädt nach HIMBURG (1786, S.31) als chungsgebietes. Hier kamen zusammen mit an- „ziemlich mager und flach“ und insgesamt als deren Grünlandarten auch zahlreiche Arten von wenig reizvoll beschrieben. KOCH (1813, S.1) Orchideen vor (GARCKE 1848, VOIGT 1928). hebt dagegen die landschaftlichen Vorzüge die- Die Biotopdichte war im Agrarraum vor der Se- ses Landstrichs hervor und lobt in der Manier ei- paration infolge einer relativ extensiven Wirt- nes Werbefachmanns die „gesunde und ausge-

9 zeichnete Lage in einer freien, weder durch Platz mehr vorhanden...“ (STISSER 1737, S. 254). Wasser, noch Waldungen, oder Berge koupirten Die Bepflanzung sollte entlang von Fließgewäs- Ebene“. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in sern, Straßen und Feldwegen mit Obst- oder an- der damaligen Zeit eine Landschaft oft als schön deren Bäumen wie Weiden, Pappeln und Erlen empfunden wurde, wenn sie einem bestimmten erfolgen. Auch eine Gehölzetablierung auf er- Nutzungsschema sowie künstlerischen bzw. ar- tragsschwachen Standorten wurde hier gefor- chitektonischen Gestaltungskriterien entsprach dert. Durch diese landespflegerischen Bemü- (WEISS 1985). Eine durch menschliche Aktivitä- hungen werden erste Ansätze zu einer integrier- ten geprägte Kulturlandschaft, wozu sich die ten Landnutzung deutlich (vgl. BUCHWALD 1968). Querfurt-Merseburger Platte bis zu dieser Zeit entwickelt hatte, wurde deshalb oft besser beur- teilt als ein nach heutigen Kriterien landschaft- 4 Die Entwicklung zu einer hochprodukti lich reizvolleres durch Wälder und sonstige stär- ven Ackerbaulandschaft seit der Separa- ker naturbetonte Elemente geprägtes Gebiet tion (vgl. auch JOB 1999). 4.1 Die Separation – Umgestaltung der histo- Besonders hervorzuheben ist, dass der landes- risch gewachsenen Kulturlandschaft kulturelle Wert der Gehölze im Agrarraum schon im 18. Jh. bekannt war. In der Sachsen-Querfur- Da sich Flurzwang, Gemengelage, Weiderechte tischen Forst- und Jagdordnung (HOCHFÜRST- und Allmende als Hemmnisse für die Entwick- LICH... 1728) wurden differenzierte Anweisungen lung der Landwirtschaft erwiesen, kam es in den zur Pflanzung von Gehölzen gegeben. So soll- ersten Jahrzehnten des 19. Jh. im Zuge der be- ten die Untertanen dazu bewegt werden: „...daß reits im 18. Jh. eingeleiteten Agrarreformen zu die Bäume wohl gedinget, zu rechter Zeit aufge- den Gemeinheitsteilungen und Zusammenle- graben, vermachet und überhaupt wohl gewar- gungen, in Preußen als Separation bezeichnet. tet, auch mit Setzung der Bäume nicht allein in Sie bewirkten eine völlige Neustrukturierung der denen Gärten, Wiesen, Gräben, Reinen, Ge- Fluren bäuerlich geprägter Gemeinden. Für das meinde-Plätze, sondern auch an denen Wegen Untersuchungsgebiet wurden die betreffenden und Feldern, so viel, als ohne Schaden des Gra- Katasterpläne meist zwischen 1838 und 1855 ses und Getreyden oder Schmählerung der angefertigt. Durch die Separation wurden nicht Strassen geschehen kann, so lange biß gar kein nur die Gemengelage beseitigt, die lagemäßige

Abb. 6: Die Entwicklung der landwirtschaftlichen Nebenflächen, insbesondere Grünland, auf der Querfurt-Merseburger Platte im 19. Jh.

10 Zersplitterung des Landbesitzes der Hofstellen (2000, S. 5) die Gemeinden der Verwaltungsge- stark vermindert und ein systematisches Wege- meinschaft Würde-Salza betreffend folgendes: netz für die Bewirtschaftung der Produktions- „In der Region ... hatte in den Jahrhunderten des flächen angelegt, sondern auch die Vielzahl der wirtschaftlichen Ringens die Landschaft, hatte Raine, des kleinflächigen Grünlandes und des das Flurbild an Ursprünglichkeit verloren. Ganze Gehölzbestandes beseitigt (Abb. 6). Der erstma- Hügel wurden abgetragen, Teiche wurden ver- lig vermessene und planmäßig angelegte Agrar- füllt, Quellen versiegten oder wurden zugeschüt- raum wurde nunmehr durch geradlinige Struktu- tet, Altwege verloren irgendwann ihre Bedeu- ren bestimmt, die sich allenfalls noch in ihrer tung; Raine, in der Regel Rasenwege, dienten grundsätzlichen Ausrichtung an einem historisch als Weideland oder der Viehtrift, oder sie waren gewachsenen Rahmen orientierten. einfach die Begrenzung einer Mark – sie wurden Der Anteil des Ackerlandes erhöhte sich folglich in den Jahren 1844 bis 1851 weitgehend besei- trotz der zusätzlichen Flächenbeanspruchung tigt bzw. fielen der großflächig arbeitenden Land- durch das neue Wegenetz. Statt der Dreifelder- wirtschaft zum Opfer.“ WINTZINGERODA-KNORR wirtschaft wurde nun im Zuge der Reformen des (1903, zit. bei Emmerich 1985) beschreibt die Agrarsystems die leistungsfähigere Fruchtwech- Folgen der Separation im Eichsfeld sehr an- selwirtschaft eingeführt, wobei abwechselnd schaulich in folgender Weise: „Die großen Änger Blatt und Halmfrüchte angebaut und durch den und Triften, welche sich früher in den Fluren fan- Verzicht auf die Brache die Anbaufläche ver- den, die vielen Hecken, Raine und Obstbäume, größert wurden. Infolge dieser Flurneuordnung welche die einzelnen Flurteile, oft die einzelnen wurde der bisher herrschende Flurzwang been- Äcker von einander schieden, die kleinen, inmit- det und eine „einzelbäuerliche“ Bewirtschaftung ten des Ackerlandes gelegenen Baumgruppen, separat für jede Hofstelle ermöglicht. In den Feldhölzchen und Wäldchen... sind ebenso ver- nächsten Jahrzehnten stieg die landwirtschaftli- schwunden wie die in vielfachen Windungen die che Produktion, insbesondere durch die nun Flur durchziehenden, meist mit Bäumen und Ge- realisierbaren Intensivierungsmaßnahmen, er- büschen dicht besetzten Bäche und Flüsse...“. heblich an. Wenn auch das Untersuchungsgebiet aufgrund Durch diese erste planmäßig vollzogene Flur- seiner naturräumlichen Struktur unmittelbar vor neuordnung verarmte die Kulturlandschaft an der Separation nicht die von WINTZINGERODA- Landschaftselementen. So schreibt SCHERER KNORR beschriebene landschaftliche Vielfalt be-

Abb. 7: Die Entwicklung der Dichte linearer Strukturen in den Gemeinden Barnstädt und Nemsdorf- Göhrendorf

11 saß, sondern bereits den Charakter einer durch Maßnahme nur noch in geringem Umfang. Auch Ackerflächen dominierten Agrarlandschaft hatte, die Dichte der linearen Strukturen blieb im We- so vermittelt die Beschreibung doch einen Ein- sentlichen konstant. druck vom Umfang des Eingriffs, den die Sepa- WENDENBURG (1931, S. 9) beschreibt die Quer- ration für eine Agrarlandschaft prinzipiell dar- furter Platte als „weite, fast ebene, baumlose stellte. Die Dichte der linearen Landschaftsele- Kultursteppe mit endlosen fruchtbaren Rüben- mente verringerte sich im Gebiet während der und Weizenfeldern...“. NEUSS (1935) weist am Separation von durchschnittlich 65 m/ha auf die Beispiel der Aue des Würdebaches bei Steuden Hälfte dieses Wertes. Im Einzelfall fielen die Ver- auf das Fehlen von Grünland und Gehölzen hin, änderungen noch deutlicher aus (Abb. 7). was er neben der Absenkung des Grundwasser- standes durch den Braunkohlentagebau auch auf die Intensivierung der Landnutzung zurück- 4.2 Die Entwicklung bis zum Ende des führt. Winckler und HAASE (1928) betonen das zweiten Weltkrieges Fehlen von Siedlungen und die ausgedehnten Ackerflächen auf dem „Höhenrücken“ südlich Da die Flurneuordnung im Zuge der Separation von Dornstedt. bereits den Erfordernissen einer unabhängigen Vereinzelte kleinflächige Gehölzpflanzungen tru- landwirtschaftlichen Produktion der einzelnen gen in der ersten Hälfte des 20. Jh. zu einer Ver- Betriebe angepasst und zukünftig notwendige besserung der Biotopstruktur und des Land- Umstrukturierungen im Zuge der Marktanpas- schaftsbildes bei. So beschreibt NEUSS (1935) sung für die einzelnen Betriebe möglich waren, die durch den Gutsbesitzer von Etzdorf vorge- veränderte sich die Flurstruktur nach dieser nommene Bepflanzung einer ehemaligen Braun-

Abb. 8: Landnutzung um 1930-1945

12 kohlengrube, die insbesondere zahlreichen Vo- und der Parzellierung, wobei die Agrarraum- gelarten einen neuen Lebensraum bot. Waldro- strukturierung grundsätzlich beibehalten wurde. dungen dagegen erfolgten noch im Bereich des Nach der Bildung der Landwirtschaftlichen Pro- Müchelholzes bei Albersroda, worauf auch duktionsgenossenschaften (LPG) und der nun HENTSCHEL (1969) hinweist (vgl. Abb. 8). folgenden Großflächenbewirtschaftung wurden Nach ZAUFT (1932) besaß das stark verdichtete Schlaggrößen dominierend, die selbst die Ver- Verkehrsnetz, besonders die Eisenbahnlinien hältnisse der ehemaligen Gutswirtschaften, wo und Chausseen, eine große Wirkung und fügte 20 ha-Schläge schon als groß empfunden wur- sich harmonisch in das Landschaftsbild ein. den, überstiegen. Die damit verbundene Aus- Zahlreiche Straßen und Wege wurden von Obst- dünnung des Wegenetzes führte in einigen Ge- baumreihen gesäumt, die für diese Zeit typische markungen zu einer Reduzierung auf weniger Landschaftselemente der Querfurt-Merseburger als 50 % der Wegelänge, die vor der LPG-Zeit Platte darstellten. So beschreibt NEUSS (1935) bestand. die Querfurter Landstraße als mit prächtigen ge- Zwarg (1964, S.35) beschreibt das Landschafts- sunden Kirschbäumen bepflanzten Verkehrsweg. bild nach der LPG-Bildung in der Umgebung von Großtrappen, die TASCHENBERG (1909) besonders Bad Lauchstädt als wenig reizvoll: „Weite Rü- für den Raum Schafstädt erwähnt, waren in der ben-, Kartoffel- und Getreidefelder, die von LPG Agrarlandschaft noch ebenso vertreten wie zahl- bewirtschaftet werden, dehnen sich hier aus, nur reiche andere Offenlandarten (NEUSS 1935). Das hin und wieder unterbrochen von kleineren Untersuchungsgebiet bot der Großtrappe als Art Baum- und Gehölzgruppen, die sich in der der Offenlandschaft um 1900 weiterhin günstige Hauptsache am Lauchabach entlangziehen.“ Lebensbedingungen und diente ihr als Brut- und Allerdings hatten die artenreicheren Fruchtfol- Einstandsgebiet. Nach REY (1871, zit. bei TA- gen und die höheren Ernteverluste während der SCHENBERG 1909) wurden im Winter 1870/71 bei DDR-Zeit gewisse positive Effekte hinsichtlich Schafstädt über 30 Trappen geschossen. WANGE- der Artenstruktur in der Agrarlandschaft, was je- LIN (1889) wird mit folgenden Worten zitiert: „Die doch bei der insgesamt zunehmenden Intensi- Umgegend von Schafstädt bildet, wie ich noch vierung der Landwirtschaft nur eine untergeord- besonders hervorheben will, einen Lieblingsauf- nete Rolle spielte (vgl. AMT F.UMWELT U.NATUR- enthalt der Trappen: so sah ich in diesem Jahre SCHUTZ... 1997, STERN 1990). am 7. September auf einer Gebreite gelegentlich Die Intensivierung in Agrarökosystemen führte der Rebhühnerjagd 42 Stück dieses herrlichen nach KÖRSCHENS und MAHN (1995) zu einer Ver- Vogels“ (Ryssel & Schwarz 1981). drängung der ökologisch anspruchsvollen Tier- Als Ursachen für die trotz des Wegfalls der Bra- arten. Sowohl die Beseitigung von Landschafts- cheflächen infolge der Einführung der Frucht- strukturen im Rahmen der Großraumbewirt- wechselwirtschaft noch recht vielfältige Agrar- schaftung als auch der Einsatz von Pflanzen- fauna nennen TIETZE U.GROSSER (1985) schutzmitteln haben zum Artenrückgang und zur • die Kleinflächigkeit der Felder mit großer Man- Verringerung der Biodiversität geführt. Durch die nigfaltigkeit der Kulturen, Intensivierung der landwirtschaftlichen Produkti- • die starke Aufgliederung der Feldflächen durch on, insbesondere in den letzten Jahrzehnten, verschieden strukturierte Refugialhabitate, sind Faunenelemente der Agrarlandschaft redu- • den hohen Durchmischungsgrad der Kulturen ziert worden (ÖKOLOGIE + UMWELT & ALAND-AR- mit Konkurrenzpflanzen, d.h. Unkräutern. BEITSGEMEINSCHAFT LANDSCHAFTSÖKOLOGIE 1996, s. auch Stern 1990), was z.B. durch den Rück- gang der Hamsterbestände deutlich wird. So 5 Intensivierung und Großflächenbewirt- hatte die besonders auf Ertragssteigerungen schaftung in der zweiten Hälfte des 20. Jh. ausgerichtete Intensivierung der landwirtschaftli- chen Produktion schwerwiegende ökologische Mit der Bodenreform kam es zu großen Um- und landeskulturelle Folgen. PRETZSCHEL und brüchen in der Struktur des Bodeneigentums BÖHME (1989) stellen fest, dass in den Territorien

13 der LPG Albersroda und Querfurt der Anteil der Zusammenhang mit den im ehemaligen Braun- Flurelemente je Flächeneinheit, im Gebiet über- kohlenbergbaugebiet Geiseltal entstehenden wiegend als lineare Strukturen entwickelt, für Wasserflächen zu sehen ist (TRIOPS 1998). Spe- diese Standort- und Produktionsbedingungen zialisierte Waldarten kommen nur vereinzelt in sehr gering und der Anteil der Flurelemente mit den noch vorhandenen Restwäldern vor (AMT F. erosionsmindernder Funktion sogar völlig unbe- UMWELT U.NATURSCHUTZ... 1996, ÖKOLOGIE + UM- deutend ist. Somit bezeichnete CARLSEN (1989) WELT & ALAND-ARBEITSGEMEINSCHAFT LAND- die Querfurter Platte als ein Musterbeispiel einer SCHAFTSÖKOLOGIE 1997). ausgeräumten, biologisch nivellierten Land- Heute dominieren im Untersuchungsgebiet schaft, in der die natürlichen Regulationsmecha- meist strukturarme Ackerfluren mit wenigen nismen weitestgehend durch menschliche Ein- straßenbegleitenden Obstbaumpflanzungen und griffe ersetzt werden müssen (s. auch SCHRÖDER Windschutzstreifen als neuem Landschaftsele- 1986). Nach HELLWIG (1995) war durch die Aus- ment (vgl. DIEMANN et al. 2000, EICHSTÄDT & räumung der Fluren auf der Querfurter Platte MAHN 1993). Offene, intensiv ackerbaulich ge- neben der Zunahme der Bodenerosion und von nutzte Bereiche mit großen Schlägen werden Winderosionsschäden an Kultupflanzen wie z.B. von wenigen landschaftsgliedernden Strukturen Zuckerrüben auch ein dramatischer Rückgang wie Baumreihen oder Hecken nur vereinzelt un- der Niederwildbestände zu verzeichnen. terbrochen. Nach Diemann et al. (2000) stam- Aus diesem Grunde wurden schon seit 1980 in men die als Windschutzstreifen konzipierten Fl- der LPG Barnstädt erste Gehölzpflanzungen urgehölze auf der Querfurter Platte aus den vorgenommen und nach der Erstellung einer 1950er und den 1980er Jahren. Dadurch erhielt Flurholzkonzeption (vgl. auch Böhme & Pretz- das Untersuchungsgebiet eine relativ weitständi- schel 1989) planmäßig Flurgehölzstreifen ange- ge „Durchgrünung“, die in bestimmten Schwer- legt. Der in Nemsdorf-Göhrendorf ansässige punktbereichen wie z.B. nördlich von Schafstädt LPG-Nachfolgebetrieb will diese Maßnahmen oder bei Barnstädt eine günstigere Landschafts- auch gegenwärtig weiterführen, was durch For- gliederung bewirken (s. auch PRETZSCHEL et al. schungsprojekte unterstützt wird (vgl. GRABAUM 1987, PRETZSCHEL & BÖHME 1989). Diese weitge- et al. 1999, MÜHLE 2001). hend aus nichtstandortsgemäßen Hybridpap- Ende der 1960er Jahre wurde die Großtrappe peln bestehenden Windschutzstreifen werden je- noch sporadisch im Bereich der Eichstädter doch altersbedingt zunehmend brüchig (LANDGE- Warte beobachtet (MEISSNER 1969, RYSSEL & SELLSCHAFT SACHSEN-ANHALT 1995). SCHWARZ 1981). Dann verschwand diese Art je- Mehrere Hochspannungsleitungen durchschnei- doch vollständig aus dem Untersuchungsgebiet. den insbesondere den östlichen Teil des Unter- Nach FLADE (1994) ist das Aussterben dieser suchungsgebietes. In den letzten Jahren wurden Leitart für den hier vorherrschenden Lebens- mehrere Windkraftanlagen errichtet so z.B. bei raumtyp „Gehölzarme Felder“ vor allem auf die Langeneichstädt, Schafstädt und Barnstädt. Da- Monotonisierung der Fruchtfolgen und beson- bei tritt aufgrund der auf der Querfurt-Mersebur- ders auf den Rückgang der Winterzwischen- ger Platte weiträumigen Sichtbarkeit der Anla- früchte sowie den Mangel an ungestörten Ruhe- gen eine erhebliche negative Beeinflussung des zonen zurückzuführen. Andere typische Arten Landschaftsbildes auf (s. z.B. TRIOPS 1998). der offenen Feldflur wie Rebhuhn und Fasan, Einige Gemeinden wie Bad Lauchstädt, Schaf- deren Vorkommen durch Buschremisen geför- städt und Klobikau verfügen über wertvolle länd- dert wird, kommen in der Agrarlandschaft des liche Parkanlagen (RAT DES KREISES MERSEBURG Untersuchungsgebietes mit mehreren Brutpaa- 1989), die in den strukturarmen Ackerfluren das ren vor (GNIELKA & ZAUMSEIL 1997, MEISSNER Landschaftsbild aufwerten. Differenziertere 1969). Seit Anfang der 1990er Jahre gewinnen Landnutzungsmosaike treten besonders in Orts- Ackerareale im Raum Schafstädt als Rast- und nähe auf. Einzelne Gewerbe-, Industrie- und Ver- Äsungsflächen für durchziehende nordische sorgungsflächen, die bei Querfurt und zwischen Gänsearten an Bedeutung, was besonders im Bad Lauchstädt und Delitz am Berge auch

14 großflächiger ausgeprägt sind, ändern den an- Querne und Weida sowie in den Bachtälern von sonsten durch intensive landwirtschaftliche Pro- Laucha und Schwarzeiche sind kleinflächig duktion geprägten Charakter kaum. Grünlandflächen und andere extensive Nut- Auch die Täler von Laucha und Schwarzeiche zungsformen vorhanden (DIEMANN et al. 2000, beeinflussen diesen Landschaftscharakter auf- AMT F.UMWELT U. NATURSCHUTZ... 1996, ÖKOLOGIE grund der gering ausgeprägten Hangbereiche + UMWELT & ALAND-ARBEITSGEMEINSCHAFT LAND- und nur partiell vorhandener Wiesen und Wei- SCHAFTSÖKOLOGIE 1997). den sowie lückenhafter gewässerbegleitender In wenigen Restvorkommen existiert noch die Gehölzstrukturen nur wenig, besitzen jedoch im relativ naturnahe Vegetation des winterlindenrei- engeren Bereich aufgrund eines differenzierte- chen Traubeneichen-Hainbuchen-Waldes wie im ren Landnutzungsmosaiks einen eigenen auen- Müchelholz, Grochholz, Merschelholz und betonten Charakter. Stärker landschaftsbildprä- Kuckenburger Hagen. Am westlichen Plateau- gend sind hingegen die durch ausgeprägte rand der Muschelkalkplatte bei Steigra er- Hangneigungen und zahlreiche kleinflächig vor- strecken sich xerotherme Wald- und Gebüsch- handene Landschaftslemente geprägten Täler bereiche sowie an den Trockenhängen Streu- und Talhänge an Querne und Weida sowie im obstwiesen und Weinberge (Abb. 9). Einzugsgebiet der Stöbnitz. In dieser Hinsicht Die nur noch kleinflächig vorhandenen Restwäl- besonders vielfältig strukturiert ist die Muschel- der haben sich in ihrer Ausdehnung seit Beginn kalkstufe am westlichen Rand des Untersu- des 20.Jh. kaum verändert. Es handelt sich chungsgebietes (vgl. LANDESAMT F.UMWELT- überwiegend um mesophilen Laubwald sowie SCHUTZ... 1999, 2001). Im Bereich der Gründe artenreichen Trockenhangwald z.B. bei Steigra bei Langeneichstädt und Öchlitz, im Talraum von und um Bachauenwald z.B. bei Obhausen (AMT

Abb. 9: Landnutzung um 1995

15 F.UMWELT U.NATURSCHUTZ... 1996). Dazu ist fest- den. Die Aufforstung vorher ackerbaulich genutz- zustellen, dass die Biotope des im Untersu- ter Rodungsinseln erfolgte östlich Albersroda. chungsgebiet vorherrschenden Edellaubholzwal- Die jüngste Neuetablierung von Wald wurde in des und des Eichen-Hainbuchenwaldes mit ihrer den 19 90er Jahren am Rand des Kalkstein- speziellen Nutzungsgeschichte (MEUSEL 1954) bruchgeländes Karsdorf realisiert (vgl. LANDGE- besonders wertvoll sind. Als charakteristische SELLSCHAFT SACHSEN-ANHALT 1995). Elemente des Vegetationskomplexes der waldar- men Querfurt-Merseburger Platte besitzen sie einen beträchtlichen Dokumentationswert, stel- 6 Zusammenfassung len wesentliche Biotope für ökologisch wertvolle Pflanzen- und Tierarten dar und sind Objekte für Man muss davon ausgehen, dass im Mittelalter die Sukzessionsforschung in naturnahen Wald- auf der Querfurt-Merseburger Platte ein noch er- gesellschaften (DIEMANN et al. 2000, LANDGESELL- heblicher Wald- bzw. Gehölzbestand, meist in SCHAFT SACHSEN-ANHALT 1995). Form von Grenzwäldern, vorhanden war. Bis Das Müchelholz, der größte zusammenhängen- zum Beginn des 18. Jh. war im größten Teil des de Restwald, in der Gemeinde Albersroda und Gebietes die Kulturlanderschließung, verbunden außerhalb des Untersuchungsgebietes in der mit einer fast vollständigen Beseitigung des Wal- Gemeinde Mücheln gelegen sowie der Kucken- des, abgeschlossen. Besonders im Bereich der burger Hagen nordöstlich der Ortslage Kucken- Wasserscheiden befanden sich jedoch noch bis burg besitzen als Gebiete gemäß der FFH- ins 18. Jh. hinein ausgedehnte zusammenhän- Richtlinie europaweite Bedeutung (MINISTERIUM F. gende Restwälder. RAUMORDNUNG, LANDWIRTSCHAFT U.UMWELT D.LAN- Die Sachsen-Querfurtische Forst- und Jagdord- DES SACHSEN-ANHALT 2000). nung des 18. Jh. weist durch die Nennung zahl- Die im Zuge der bergbaulichen Entwicklung ent- reicher heute ausgestorbener Arten wie z.B. standenen am nördlichen und südlichen Rand Steinadler und Uhu auf den Reichtum der dama- des Untersuchungsgebietes liegenden Bergbau- ligen Fauna der Querfurt-Merseburger Platte folgelandschaften wirken durch ihren Hochkip- und ihrer Umgebung hin. pencharakter stark landschaftsbildprägend. Sie Bis zum Beginn des 19. Jh. hatte sich die wald- wurden teilweise aufgeforstet und besitzen aus freie Agrarlandschaft herausgebildet. Die Naturschutzsicht z.T. wertvolle Bereiche wie z.B. Großtrappe, eine Leitart der offenen Agrarland- ein Areal auf der Asendorfer Kippe im Braunkoh- schaft, kam mit großen Beständen vor und wur- lenbergbaugebiet Amsdorf (OEKOKART & CUI de regelmäßig bejagt. Diese faunistische Beson- 1996). Der Waldanteil nahm dadurch im Unter- derheit des Gebietes ist hier seit den 60er Jah- suchungsgebiet um etwa 200 ha zu. Hierbei ren des 20. Jh. ausgestorben. handelt es sich jedoch meist um Aufforstungen Die im Zuge der Reformierung der Landwirt- mit Arten, die entweder schnellwüchsig oder an schaft um die Mitte des 19. Jh. durchgeführten die besonderen Substratbedingungen der Auf- Separation bewirkte eine völlige Neustrukturie- schüttungsflächen angepasst sind z.B. Pappel, rung der Fluren bäuerlich geprägter Gemeinden. Robinie, Schwarzerle, und die nicht der potenzi- Der Anteil des Ackerlandes erhöhte sich trotz ellen Vegetation des Untersuchungsgebietes der zusätzlichen Flächenbeanspruchung durch entsprechen. Da diese Flächen aber langfristig das neue Wegenetz. Die auch auf der Querfurt- ein gewisses Potenzial zur Entwicklung von na- Merseburger Platte vor der Separation häufigen turnahen Waldbeständen besitzen, haben sie für Landschaftselemente wie z.B. Raine und klein- den Naturschutz durchaus Bedeutung (AMT F. flächige Hutungen spielten danach nur noch ei- UMWELT U.NATURSCHUTZ... 1997). ne untergeordnete Rolle. Der planmäßig neu HENTSCHEL (1969) weist darauf hin, dass im Be- strukturierte Agrarraum, der nun eine unabhän- reich des Müchelholzes einige in die Waldfläche gige einzelbäuerliche Bewirtschaftung ermög- vorgetriebene Ackerflächen vor den 1970er Jah- lichte, war im Gegensatz zu vorher durch gerad- ren mit Lärchen und Roteichen bepflanzt wur- linige Strukturen geprägt.

16 Abb. 1: Agrarlandschaft zwischen Schafstädt und Langeneichstädt (Foto: O. Arndt, 2000)

Abb. 2: Am Etzdorfer Bach südlich des Armsdorfer Tagebaus (Foto: O. Arndt, 2000)

17 Die Struktur der Agrarlandschaft erfuhr vor allem DIEMANN, R.; Hundt, R.; Arndt, O. et al. (2000): Naturschutz und Landschaftsentwicklung im Agrarraum des subhercynen mit der Durchsetzung der Großflächenbewirt- Schwarzerdegebietes unter Berücksichtigung der Ergebnisse schaftung nach 1970 eine weitere, wesentliche der Agrarstrukturellen Vorplanung (AVP) „Querfurter Platte“. - Veränderung. Heute dominieren meist struktur- Berichte über Landwirtschaft. - Bonn 78 (1): 138-171 arme Ackerfluren. Neben den negativen Effekten DREYHAUPT v., J. C. (1749): Pagus Neletici et Nudici, oder Aus- der Intensivierung der Landnutzung, die z.B. führliche diplomatisch-historische Beschreibung des... Saal- Creyses. 1. Teil. - durch einen erheblichen Artenrückgang deutlich werden, erfolgte insbesondere durch die Pflan- EICHSTÄDT, U.; MAHN, E.-G.(1993): Vergleichende vegetations- zung von Windschutzstreifen und die Aufforstun- kundliche Untersuchungen an Windschutzhecken und anderen Heckentypen auf der Querfurter Platte (Mitteldeutsches gen infolge der Sanierung der Bergbaufolgeland- Trockengebiet). - Phytocoenologia. - Berlin; Stuttgart 23: 519- schaft auch eine positive Entwicklung der Land- 537 schaftsstruktur. EINBECK, E. (1929): Die Ursachen der heutigen Waldverbrei- tung in Thüringen. - Mitteilungen des sächsisch-thüringischen Vereins für Erdkunde zu Halle a.S. - Halle 53: 1-102

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20 Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 39. Jahrgang • 2002 • Heft 2 Die Veränderung der dörflichen Ruderal- vegetation der Gemeinde Langenstein

Anke Kätzel

1 Einleitung 2 Das Untersuchungsgebiet

Ruderalpflanzen („rudus“ (lat.) = Schutt, Gesteins- Langenstein liegt am nördlichen Harzrand zwi- trümmer) sind seit vielen Jahrhunderten ein steti- schen den Städten und ger Begleiter des Menschen. Wir finden sie meist und hat ca. 2 000 Einwohner. Seine Lage im Na- auf eutrophierten Flächen mit gestörten Bodenver- turraum Nördliches Harzvorland zeigt sich im hältnissen wie Wegrändern, Bahndämmen, Lager- bewegten Relief des Ortskernbereichs, das im plätzen, Misthaufen usw. (vgl. GUTTE & HILBIG Norden von weitgehend eben auslaufenden 1975, KLOTZ 1992 u.a.). Ihre Standorte werden be- Siedlungsrändern abgelöst wird. Hier beginnt treten, beweidet, gemäht, gehackt oder durch Um- bereits der Übergangsbereich zum Bördegebiet. lagerung (an)organischer Stoffe verändert. Das Klima ist, im Regenschatten des Harzes, In unseren Dörfern waren Ruderalpflanzen lange vergleichsweise trocken und warm. Der mittlere Zeit ein wichtiger Bestandteil des täglichen Le- Jahresniederschlag liegt bei 495 mm. Die Umge- bens, denn sie wurden auf vielfältige Weise ge- bung wird durch eine insgesamt wärmeliebende nutzt. Während der letzten Jahrzehnte haben sich Vegetation gekennzeichnet. Auf den Höhenzü- die Lebensbedingungen für die Dorfpflanzen je- gen stocken trockene Laubmischwälder, auf ar- doch stark verändert, wodurch ehemals allgegen- men Standorten wurden meist Kiefern aufgefor- wärtige Arten selten geworden sind (im Einzelnen stet. Teilweise sind noch naturnahe Eichen- siehe hierzu KNAPP et al. 1982, RAABE 1989 u.a.). mischwälder zu finden. Gebüschreiche Trocken- Der Wunsch nach einer zukunftsorientierten Ent- und Steppenrasen sowie Streuobstwiesen sind wicklung und Gestaltung der Dörfer steht sowohl ebenfalls für das Gebiet bezeichnend. in Sachsen-Anhalt als auch bundesweit einem Von Südwesten nach Nordosten wird der Ort Verlust an Lebensraumvielfalt und einer dement- vom Goldbach durchflossen, der zum Teil noch sprechend zunehmenden Gefährdung typischer naturnahe Abschnitte aufweist. Dorfpflanzen gegenüber. Es stellt sich die Frage, Der größte Teil der Gemeindefläche wird intensiv ob die Erhaltung der Pflanzen des historischen landwirtschaftlich genutzt. Im Ort gibt es mehre- Dorfes unter heutigen Bedingungen überhaupt re landwirtschaftliche Betriebe mit Großviehhal- möglich und erwünscht ist und welche Mittel dafür tung. Privat werden vereinzelt noch Hühner, eingesetzt werden können. Im Mittelpunkt des fol- Gänse oder Schafe gehalten. genden Beitrags steht die Veränderung der Ru- Der geologische Untergrund ist Kreidesandstein, deralvegetation der Gemeinde Langenstein im der an einigen Stellen im Dorf als Felsen zu Ta- nördlichen Harzvorland im Zuge einer modernen ge tritt. Das Ortsbild wird sehr stark durch dieses Dorfentwicklung. Dabei werden Bedeutung, Be- Gestein geprägt, das vor allem im historischen einflussung sowie Probleme und Möglichkeiten Ortskern als Baumaterial für Straßen und Mau- der Erhaltung dieser Pflanzengruppe näher be- ern verwendet wurde. leuchtet. Ausgangspunkt hierfür bildet eine Di- plomarbeit zur Ruderalvegetation Langensteins an der Hochschule Anhalt (KÄTZEL 1999).

21 3 Die Ruderalvegetation Langensteins Es handelt sich hier hauptsächlich um Garten- 3.1 Untersuchungsmethodik wildkrautgesellschaften (Fumario-Euphorbion Th. Müll. in Görs66) und kurzlebige Ruderalflu- Die Erfassung der Ruderalvegetation erfolgte von ren wie Kompaß-Lattich- und Mäusegerste-Flur Juli bis September 1997 mittels pflanzensoziolo- (Erigeronto-Lactucetum serriolae Lohm. in gischer Vegetationsaufnahmen nach der Metho- Oberd. 57; Hordeetum murini Libbert 33). de von Braun-Blanquet. Die Aufnahmen wurden Auch Trittpflanzengesellschaften sind einjährig. auf vorab ausgewählten Flächen der öffentlich Sie zeigen eine besondere Anpassung an extre- zugänglichen Bereiche innerhalb der bebauten me Belastungen durch Betreten und Befahren Ortslage und deren Ränder vorgenommen. Zu- und sind auf stark verdichteten, nährstoffreichen sätzlich wurde eine Gesamtartenliste erstellt. Böden zu finden. Nur wenige kleinwüchsige Ar- Privatgrundstücke wie Gärten und Höfe, Gewer- ten sind den ständigen Belastungen gewachsen. beflächen, Parks und landwirtschaftliche Nutz- Ihre Gesellschaften wie die Mastkraut-Pflasterrit- flächen wurden nicht in die Erfassung einbezo- zengesellschaft (Saginio procumbentis-Bryetum gen. argentei Diem. et al. 40) und die Trittgesellschaf- Das Untersuchungsgebiet wurde in die Bereiche ten von Vogelknöterich und Einjährigem Rispen- „historischer Ortskern“ (Bebauung älter als ein- gras (Polygono arenastri-Matricarietum discoide- hundert Jahre) und „jüngere Ortsbereiche“ un- ae Th. Müll. in Oberd. 71; Poetum annuae Fel- terteilt, wodurch ein direkter Vergleich der Vege- földy 42) sind in Langenstein am häufigsten ver- tation beider Gebiete möglich wird. treten. Eine erneute Überprüfung der Ruderalvegetati- Trittrasen zeigen oftmals Übergänge zu Grün- on Langensteins fand im September 2001 statt. landgesellschaften oder ausdauernden Hochs- Dabei wurden lediglich Vorhandensein und Ent- taudenfluren und treten ebenfalls gehäuft im hi- wicklungstendenz der 1997 erfassten Pflanzen- storischen Ortskern auf. Eine sehr stark den Trit- bestände geprüft. trasen ähnelnde Grünlandgesellschaft ist die Gänsefingerkraut-Gesellschaft (Potentilletum an- serinae Pass. 64). Sie wird oft als typische Dorf- 3.2 Ergebnisse gesellschaft der Gänseanger bezeichnet und ist in Langenstein selten. In Langenstein konnten 30 unterschiedliche ru- Ausdauernde Ruderalfluren entwickeln sich derale und ruderal beeinflusste Pflanzengesell- bei nachlassender Beeinflussung je nach Stan- schaften nachgewiesen werden. Die Heteroge- dort. Nitrophile Säume besiedeln bevorzugt nität bzw. besondere Ausprägung vieler Bestän- nährstoffreiche, schattige Standorte, Beifuß- und de ließ oftmals nur eine grobe Einordnung (Ord- Distelgesellschaften (Arctietum lappae Felföldy nung oder Verband) bzw. Benennung von Domi- 42) dagegen trockenere und stärker besonnte nanzgesellschaften zu. Flächen. Die Gesellschaften lassen sich zunächst prinzi- Nitrophile Säume werden von verschiedenen piell in zwei Gruppen unterteilen: Dominanzgesellschaften mit starker Präsenz der Einjährige Ruderalgesellschaften treten in Gemeinen Brennessel (Urtica dioica) gebildet. Langenstein recht selten und meist im histori- Auch der Brennessel-Giersch-Saum (Urtico dioi- schen Ortskern auf. Sie besiedeln offene, stick- cae-Aegopodietum podagrariae (R.Tx. 63) stoffreiche Böden und sind auf ständige Oberd. 64 in Görs 68) und der Schöllkraut-Saum menschliche Eingriffe (Bodenablagerung, Hak- (Chelidonium majus-Saum) sind hier einzuord- ken) angewiesen (vgl. SUKOPP & WITTIG 1998). nen. Sie sind im historischen Ortskern häufiger Die aufbauenden Arten stellen häufig Begleitar- zu finden, da sie auf schattenspendende Ge- ten anderer Pflanzengesellschaften dar, wenn hölzbestände angewiesen sind. Solche Flächen eine Störung im Bodengefüge erfolgt ist wie sind in den jüngeren Ortsteilen eher selten. z.B.: Weißer Gänsefuß (Chenopodium album) Die Pflanzengesellschaften der zweiten Gruppe und Garten-Wolfsmilch (Euphorbia peplus). sind überwiegend durch eingewanderte Arten

22 gekennzeichnet. Die häufigste Art ist der Gemei- on des Umlandes sehr gut widerspiegelt. ne Beifuß (Artemisia vulgaris), der innerhalb Die Auswertung der Daten ergab, dass der Ver- hochwüchsiger Staudenfluren überwiegend am breitungsschwerpunkt von 70 % der ruderalen Ortsrand auftritt. Die Rainfarn-Beifuß-Gesell- Pflanzengesellschaften im historischen Ortskern schaft (Tanaceto-Artemisietum vulgaris Siss. 50) liegt. Gründe hierfür sind ein geringer Versiege- ist hier häufig zu beobachten. lungsgrad und eine niedrige Pflegeintensität. Auch die stark stickstoffliebenden Pflanzenge- Außerdem bieten zahlreiche Strukturen, wie un- sellschaften, hier unter Schwarznessel-Gesell- genutzte Restflächen, Natursteinpflaster, schaften zusammengefasst, werden dieser Gehölzbestände und die (ehemals) landwirt- Gruppe zugeordnet. Kennzeichnende Arten sind schaftliche Nutzung den verschiedensten Ge- Schwarznessel (Ballota nigra), Herzgespann sellschaften Wuchsorte. (Leonurus cardiaca), Weg-Malve (Malva neglec- In den jüngeren Ortsbereichen sind, meist in ta) und Guter Heinrich (Chenopodium bonus- Übergangsbereichen zur freien Landschaft, Bei- henricus). Die Gesellschaften (Leonuro cardia- fußfluren und ruderalisierte Wiesengesellschaf- cae-Ballotetum nigrae Slavni 51; Balloto-Malve- ten verbreitet. Zwei Drittel der insgesamt erfas- tum sylvestris Gutte 66 und Balloto-Chenopodie- sten Gesellschaften zeigen hier Vorkommen was tum boni-henrici Lohm. in R. Tx. 50 p.p.) werden verdeutlicht, dass für viele Pflanzengesellschaf- aufgrund ihrer Bindung an landwirtschaftliche ten durchaus geeignete Wuchsplätze zur Verfü- Nutzungen als „dorftypisch“ bezeichnet und sind gung stehen. Hier ist also faktisch ein Potenzial daher auch in Langenstein fast ausschließlich im vorhanden. historischen Ortskern zu finden. Grünlandgesellschaften, Felsgrusgesellschaften und Pflanzengesellschaften an Gewässern 3.3 Bestandsentwicklung zählen zu den ruderal beeinflussten Beständen, auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangen Die erneute Überprüfung der Ruderalvegetation werden soll. Erwähnenswert ist allerdings die Langensteins ergab zwar keine rapide Abnahme Ausbildung von ruderalisierten Schiller- und Sil- der Pflanzenbestände und Wuchsorte, jedoch ei- bergras-Pionierfluren auf Sandsteinfelsen und ne deutlich erkennbare Veränderung. Insgesamt nährstoffarmen, trockenen Pflasterbereichen im zeichnet sich hinsichtlich des Fortbestandes ru- Ortskern, was die Verknüpfung mit der Vegetati- deraler (insbesondere dorftypischer) Pflanzenbe-

Abb. 1: Verteilung der ruderalen Pflanzengesellschaften eingeteilt in Gruppen auf die beiden Berei- che des Untersuchungsgebietes

23 stände eine ähnliche Entwicklung ab, wie sie be- 4 Gefährdung und Maßnahmen reits von mehreren Autoren beschrieben wurde (vgl. Brandes & Brandes 1996; Lienenbecker & Der starke Rückgang ruderaler Pflanzenbestän- Raabe 1993; ...).Der historische Ortskern ist hier- de in Dörfern ist das Ergebnis eines über 100 von besonders betroffen. Vielfach sind zwar die Jahre andauernden Strukturwandels. Dabei kam Wuchsorte erhalten geblieben, jedoch führen in- es neben der wünschenswerten Verbesserung tensive Eingriffe auf den Flächen (z.B. Mahd oder der Lebensbedingungen für die Bewohner zu- Hacken) zur Beeinträchtigung der ruderalen Ve- nehmend auch zu übertriebenen Gestaltungs- getationsbestände bis hin zu deren Beseitigung. und Pflegemaßnahmen. Der Ansatz der Dorfent- Dorftypische Pflanzengesellschaften wie die wicklungsplanung, die verschiedenen fachlichen Schwarznessel-Käsepappel-Gesellschaft (Ballo- Planungsbereiche eines Dorfes einer abge- to-Malvetum sylvestris Gutte 66) und die Gänse- stimmten Entwicklung zuzuführen, ist grundsätz- fingerkraut-Gesellschaft (Potentilletum anse- lich positiv. Allerdings lassen allgemeine ökologi- rinae Pass. 64) werden dadurch in Langenstein sche Defizite und zusätzliche Verluste dörflicher immer stärker zurückgedrängt. Ruderalstandorte durch Straßenbau- und Ge- Bei zwei besonders wertvollen dorftypischen staltungsmaßnahmen berechtigte Kritik zu (vgl. Pflanzengesellschaften ergaben sich kaum Be- OSTERMANN 1990, KÄTZEL 1999). standsveränderungen. Die Herzgespann- Der Handlungsspielraum für den Natur- und Ar- Schwarznesselgesellschaft (Leonuro cardiacae- tenschutz innerhalb der Dorfentwicklungspla- Ballotetum nigrae Slaviè 51) besiedelt noch vier nung ist aufgrund des engen Zeit- und Finanz- der ursprünglich fünf Standorte, die sich weitge- rahmens und mangelnder Integration dieser Be- hend an „versteckten“ Stellen im Ort befinden. lange in die Dorferneuerungsrichtlinien (vgl. Die Bestände sind allerdings sehr lückig. Das DORFERNEUERUNGSRICHTLINIE DES LANDES SACH- einzige Vorkommen des Guten Heinrich (Balloto- SEN-ANHALT 1991) zu gering. Dadurch wird die Chenopodietum boni-henrici Lohm. in R. Tx. 50 Berücksichtigung der dörflichen Pflanzenwelt auf p.p.) konnte sich sogar leicht ausbreiten. Die die Betrachtung von „Großgrün“ und gestalteri- derzeit geringe Pflegeintensität wirkt sich hier sche Aspekte reduziert. In Langenstein wurden bestandsfördernd aus. Allerdings geschieht dies die Ergebnisse der Diplomarbeit (KÄTZEL 1999) in Erwartung der für 2003 geplanten Umgestal- hinsichtlich der Ruderalvegetation vom beauf- tung der Dorfstraße, nach deren Verwirklichung tragten Planungsbüro in die Dorfentwicklungs- der Bestand dann unwiederbringlich verloren planung eingearbeitet (GEMEINDE LANGENSTEIN / sein dürfte. BÖHNSHAUSEN 2001). Allerdings finden sich diese In den jüngeren Ortsbereichen sind hauptsäch- lediglich in der Bestandsaufnahme wieder, in der lich dynamische Veränderungen der Vegetati- Planung der Neugestaltungen wurden sie nicht onsbestände zu verzeichnen. Je nach Pflegein- integriert. tensität etablieren sich einjährige oder ausdau- Die Dorfentwicklungsplanung trägt somit auch in ernde Gesellschaften. Bestandsverluste treten Langenstein nicht zur Erhaltung dörflicher Ru- vor allem bei Beifuß- und Distelgesellschaften deralpflanzen bei. Sie geht jedoch sensibel mit auf wenn die Flächen in Rasen umgewandelt der dörflichen Struktur und Eigenart um, bei- werden. spielsweise durch den weitgehenden Verzicht Als Besonderheit der Ortsrandbereiche ist das auf städtische Elemente wie Betonverbundpfla- Echte Eisenkraut (Verbena officinalis) zu nen- ster und Ziergehölze. nen, das in Sachsen-Anhalt gefährdet ist. Die Durch die Wiederverwendung des historischen Art ist in Langenstein in mehreren lockeren Be- Sandsteinpflasters in den Randbereichen der ständen an Böschungen und auf verdichteten Straßen ist zumindest die Möglichkeit einer Wie- Lagerflächen zu finden, zeigt sich im Ortskern derbesiedelung mit ruderalen Pflanzenarten ge- jedoch selten. geben. Dieses wird jedoch vermutlich nur für Trittpflanzengesellschaften und kurzlebige Ru- deralfluren in Frage kommen. Für viele andere

24 Abb. 1: Friedhofstraße vor der Umgestaltung mit ruderalen Pflanzenbeständen entlang der Straßenräder (Foto: A. Käzel)

Abb. 2: Friedhofstraße nach dem Neubau im Rahmen der Dorfentwicklungsplanung, das historische Pflaster wurde teilweise wiederverwandet, rechts neue Bäume mit Raseneinsaat (2001) (Foto: A. Kätzel)

25 Tabelle 1: Aktuelle Gefährdung ausgewählter Ruderalpflanzen nach Roten Listen

Art Gefährdungsgrad Gefährdungs- Hauptverbreitung in folgenden nach Rote Liste grad nach Rote Liste Pflanzengesellschaften Sachsen-Anhalt* Deutschland** (gefährdet!) Guter Heinrich Balloto-Chenopodietum boni- (Chenopodium bonus- –3henrici henricus) Lohm. in R. Tx. 50 p.p. Herzgespann Leonurocardiacae-Ballotetum (Leonurus cardiaca) 33nigrae Slavicˇ51 Mauer-Zimbelkraut Cymbalarietum muralis (Cymbalaria muralis) 3–Görs 66

* FRANK et al. (1992), ** KORNECK et al. (1996)

Pflanzengesellschaften fehlen wichtige Voraus- schaft und somit auch dem historischen Orts- setzungen wie offene Bodenflächen, organische kern verbunden sind, betroffen. Ablagerungen, Pfützen und ungeordnete Regen- Dies spiegelt sich auch in den Roten Listen wi- abflüsse sowie geringe Pflege. der, deren Auswertung allerdings nur bedingt Weiterhin werden in hohem Maße Baumpflan- Aufschluss über den tatsächlichen Gefährdungs- zungen als Gestaltungselement eingesetzt, was grad von Pflanzengesellschaften gibt. BRANDES in dem ohnehin intensiv eingegrünten Dorf Lan- (1981) stellte nach jahrelanger Bestandsbeob- genstein weder ortstypisch ist, noch erforderlich achtung von Ruderalgesellschaften in Nieder- scheint. Bäume bewirken durch Beschattung sachsen einen wesentlich höheren Gefähr- und Wasserentzug in ihrem Einflussbereich die dungsgrad fest, als es eine Einschätzung nach Verdrängung von krautigem Bewuchs. Diese Tat- der Roten Liste des Landes ergibt. sache lässt sich bei den bereits vorhandenen Für Langenstein zeigt sich ein ähnliches Ergeb- Bäumen im Straßenraum gut beobachten. Zu- nis. Alle dorftypischen Pflanzengesellschaften, dem werden große Teile der Straßenrandberei- also alle Schwarznessel-Gesellschaften wie che durch Rasenansaat „kultiviert“ und damit auch die Gänsefingerkraut-Gesellschaft sind in der Ruderalvegetation traditionelle Standorte ihrem Fortbestand als gefährdet bis stark ge- entzogen. fährdet einzustufen, wobei die namengebenden Insgesamt wird deutlich, dass eine Beeinträchti- Arten allgemein oftmals nicht gefährdet sind. Die gung der Wuchsorte ruderaler Pflanzenarten Gesellschaft des Guten Heinrich ist in Langen- erst durch deren „Beplanung“ unmittelbar wird. stein vom völligen Verschwinden bedroht. Eine Erhaltung dorftypischer Vegetation, vor al- Die Erhaltung dieser Pflanzengesellschaften ist lem im Rahmen der Dorfentwicklungsplanung, aufgrund deren Bindung an landwirtschaftliche kann also nur durch deren Integration in die Pla- Nutzungen nur im historischen Ortskern mög- nung oder eine bewusste Abgrenzung unbeplan- lich. Hier kommt der Förderung einer traditions- ter Bereiche erfolgen. gebundenen Landwirtschaft eine hohe Bedeu- Die beschriebenen Bestandsverluste der Ru- tung zu. In Langenstein existieren mit dem Land- deralvegetation in Langenstein sind nicht allein schaftspflegeverband Harz e.V., der regionaltypi- Ergebnis der Dorfentwicklungsplanung, werden sche Schafe und Ziegen sowie Hühner hält, gute jedoch durch die bevorstehende Ausführung Voraussetzungen dafür. Die zufällige Ablagerung weiterer Baumaßnahmen noch verstärkt. Allge- von Tierkot in Randbereichen kann dann sogar mein ist die mit dem dörflichen Struktur- und eine wichtige Artenschutzmaßnahme darstellen. Wertewandel verbundene Entwicklungstendenz Auch Hühner außerhalb der Hofstellen gehörten mit der anderer Dörfer und Regionen vergleich- früher wie selbstverständlich zum Ortsbild. War- bar. Von einem starken Rückgang sind insbeson- um sollte das heute im Rahmen einer ökologi- dere die stickstoffliebenden „dorftypischen“ schen Landwirtschaft nicht auch hin und wieder Pflanzen, die eng mit der traditionellen Landwirt- so sein?

26 Abb. 3: Eine Gartenwildkrautgesellschaft hat Abb. 4: Das einzige Vorkommen der Gesell- sich am Abfluss einer Dachrinne entwickelt schaft von Gutem Heinrich und Schwarznessel (Foto: A. Kätzel, 1998) im Ortskern (Foto: A. Kätzel, 1998)

Abb. 5: Nitrophiler Saum an einer Mauer mit Abb. 6: Das liegende Mastkraut ist eine Kenn- Schöllkraut und Gemeiner Brennessel zeichnende Art der Trittrasen (Foto: A. Kätzel, 1998) (Foto: A. Kätzel, 1998)

27 Abb. Wichtige Ruderalpflanzengesellschaften Langensteins und deren Bindung an bestimmte dörfliche Strukturen (Stand 1998) Zeichnung: A. Kätzel

In diesem Zusammenhang ist es besonders maßnahmen und der Entwicklung von Krautsäu- wichtig, mehr Aufklärungsarbeit zu leisten und men entlang von Wegen und Gebüschen sollte somit die erforderliche Akzeptanz für die traditio- eine allgemeine Verringerung der Pflegeinten- nelle dörflicher Vegetation zu erreichen. Dabei sität öffentlicher Flächen angestrebt werden. kommt wiederum der Dorfentwicklungsplanung aufgrund ihrer intensiven Bürgerbeteiligung eine besondere Bedeutung zu. Flächen für Ruderal- 5 Schlussbetrachtung pflanzen sollten in Planungen eingefügt werden, andererseits sollten sensible Bereiche, wenn Die Abhängigkeit der Ruderalvegetation von den möglich, bewusst unbeplant bleiben. Eingriffen und Nutzungen des Menschen macht In Langenstein bietet sich die Anlage eines dor- deren Erhaltung mit herkömmlichen Methoden fökologischen Lehrpfades zur Information der (z.B. gezielte Pflegeeingriffe) nahezu unmöglich. Bevölkerung geradezu an. Das Konzept dazu Es muss davon ausgegangen werden, dass es wurde in die Dorfentwicklungsplanung integriert. zumindest regional zum Aussterben einiger Ar- Hier sollten ruderale Pflanzenbestände intensiv ten kommen wird. einbezogen werden, wodurch gleichzeitig ihre Er- Gesamtziel sollte jedoch sein, die Ruderalvege- haltung als „Anschauungsobjekt“ gesichert wird. tation als festen Bestandteil unserer Dörfer, de- In den jüngeren Ortsbereichen kommt vor allem ren kulturhistorischer Entwicklung und somit als der Neuschaffung von Pflanzenstandorten eine Ausdruck dörflicher Identität zu erhalten. Dafür besondere Bedeutung zu. Neben Entsiegelungs- ist die stärkere Einbeziehung ökologischer As-

28 Abb. 7: Das Herzgespann ist eine archäophyti- Abb. 8: Der Gelbe Lerchensprung an einer Mau- sche Heilpflanze er am Goldbach ist eine alte Zierpflanze (Foto: A. Kätzel, 2001) (Foto: A. Kätzel, 1998)

Abb. 9: In einem Bauerngarten im historischen Ortskern finden zwischen den alten Kulturpflanzen auch Ruderralpflanzen Lebensraum (Foto: A. Kätzel, 1998)

29 pekte und deren rechtliche Verankerung in der LIENENBECKER, H.; RAABE, U. (1993): Die Dorfflora Westfalens. - Dorfentwicklungsplanung eine grundlegende Bonn: Vorstand des Naturwissenschaftlichen Vereins für Biele- feld und Umgegend e.V., 307 S. Voraussetzung. Einen mindestens ebenso ho- hen Stellenwert muss in diesem Zusammen- OSTERMANN, O. (1990): Aufgaben und Ziele des Niedersächsi- hang die Öffentlichkeitsarbeit einnehmen. Nur schen Modellvorhabens „Dorfökologie in der Dorferneuerung“. - Mitteilungen aus der Norddeutschen Naturschutzakademie. - durch einen sensiblen Umgang aller Einwohner Schneverdingen 1(1): 18-23 mit dem Lebensraum Dorf können Teile der ehe- mals typischen Pflanzen- und Tierwelt auch für RAABE, U. (1989): Dorfpflanzen - vom Aussterben bedroht? - Seminarberichte, Naturschutzzentrum Nordrhein-Westfalen. - kommende Generationen erhalten werden. Recklinghausen 3(8): 22-24

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30 Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 39. Jahrgang • 2002 • Heft 2 Kennzeichnung und Typisierung der Landschaftseinheiten Sachsen-Anhalts auf der Grundlage von Satellitendaten Hans Kugler; Heiner Nagel; Steffen Szekely

1 Anlass und Zielstellung Der vorliegende Beitrag stellt am Beispiel des Bundeslandes Sachsen-Anhalt eine Methode Während der letzten Jahre gab es auf dem Ge- zur Kennzeichnung und Typisierung von Land- biet des Naturschutzes, der Landschaftsplanung schaftseinheiten nach der Bodennutzung und und anderer tangierender Fachbereiche einen der Ausstattung mit naturnahen Landschaftstei- Erkenntniszuwachs, der eine inhaltliche Überar- len auf der Grundlage von Satellitenbildern vor. beitung der im Landschaftsprogramm des Lan- Für die Kennzeichnung und die Abgrenzung der des Sachsen-Anhalt (MINISTERIUM FÜR UMWELT Landschaftseinheiten wurden neben der naturrä- UND NATURSCHUTZ DES LANDES SACHSEN-ANHALT umlichen Ausstattung der Landschaftsräume 1994) veröffentlichten Landschaftsgliederung mit auch Merkmale der Flächennutzung berücksich- den dort 38 ausgewiesenen Landschaftseinheiten tigt. dringend notwendig machte. Neben vielen ande- Die Bodennutzung ist zugleich landschaftsprä- ren Grundlagen trugen auch Ergebnisse neuerer gender Faktor und wichtiges Indiz für den Zu- Untersuchungen zur Bestimmung der Potenziel- stand, insbesondere für die „Naturnähe“ von len Natürlichen Vegetation (PNV) zur Qualifizie- Landschaften (vgl. auch LANDESAMT FÜR UMWELT- rung der Landschaftsgliederung bei (LANDESAMT SCHUTZ SACHSEN-ANHALT 2000, BURSIAN & CHUDY FÜR UMWELTSCHUTZ SACHSEN-ANHALT 2000). Die 2000, DIEMANN & ARNDT 2000). Die Kenntnis und überarbeitete Landschaftsgliederung (Stand: die Berücksichtigung der aktuellen Bodennut- 01.01. 2001) weist nunmehr 49 Landschaftsein- zungsverhältnisse sind unumstritten wichtig für heiten (LE) aus, die den Haupteinheiten die Formulierung von Leitbildern der Land- • Landschaften am Südrand des Tieflandes, schaftseinheiten und Maßnahmen zur Entwick- • Landschaften der Talauen und Niederungen, lung der Landschaftseinheiten. • Landschaften der Ackerebenen, Eine Zugrundelegung der Flächennutzung als • Landschaften der Hügelländer, Schichtstufen „Hauptkriterium“ (KRÖNERT 1999) für die Abgren- und Mittelgebirgsvorländer, zung und Typisierung der Landschaftseinheiten • Landschaften der Mittelgebirge, wäre im Rahmen der Zielstellung des Land- • Stadtlandschaften und schaftsprogramms ungeeignet, denn für natur- • Bergbaulandschaften schutzfachliche Fragestellungen sind vorrangig zugeordnet werden können. Die kartographische die natürlichen Potenziale und Schutzgüter der Darstellung der Landschaftseinheiten liegt in Landschaften als landschaftsbestimmende Merk- den Maßstäben 1:200 000 und 1:50 000 (zur male wichtig. Untersetzung für die kommunale Ebene) vor. Die Bei der vorliegenden Kennzeichnung und Typi- überarbeiteten Beschreibungen und Leitbilder sierung der Landschaften wird im Sinne der na- folgen der bewährten inhaltlichen Gliederung turschutzfachlichen Aufgabenstellung über neu- des Landschaftsprogrammes. Zusätzlich wurde ere Forschungsansätze zur Boden- und Flä- für jede der 49 Landschaftseinheiten eine zu- chennutzung (vgl. GUNREBEN et al. 1996, BURSIAN sammenfassende Kurzcharakteristik erstellt & CHUDY 2000, DIEMANN & ARNDT 2000) hinaus- (REICHHOFF & KUGLER 2001). gegangen. Die Kennzeichnung der Landschaften

31 erfolgt unter Berücksichtigung der Ausstattung festgelegten 44 Arten der Bodenbedeckung (vgl. der Landschaftseinheiten mit naturnahen, exten- STATISTISCHES BUNDESAMT 1997) beruhen auf den siv genutzten oder nicht genutzten Landschafts- mit den Fernerkundungsmethoden sicher erfas- teilen als großräumig zusammenfassendes er- sbaren und interpretierbaren spektralen, geome- stes Indiz für die Naturnähe der Landschaften trischen und temporalen Eigenschaften und und für den Bedarf an Maßnahmen für die Revi- Merkmalen der nutzungsgeprägten Bodenbe- talisierung und die Entwicklung des ökologi- deckung. Ähnlich wie beim Statistischen Infor- schen Verbundsystems. mationssystem zur Bodennutzung STABIS (BUN- Die beschriebene Methode geht von der Nut- DESMINISTER FÜR RAUMORDNUNG, BAUWESEN U. zung leicht zugänglicher, ständig aktualisierbarer STÄDTEBAU 1991) besteht der Vorteil der CORI- satellitengestützter Flächendaten der Bodennut- NE-Daten für die Lösung der hier dargestellten zung aus. Sie dient vorrangig der landesweiten Aufgabe vor allem in der breiter gefächerten Dif- Information über den Zustand und den Hand- ferenzierung der Bodennutzung und Vegetati- lungsbedarf in den Landschaftseinheiten. onsbedeckung im unbebauten Freiraum. Da- durch unterscheiden sich die CORINE-DATEN auch von den Daten und Klassen der amtlichen 2 Die Methodik zur Kennzeichnung und Landesstatistik sowie von den Darstellungen in Typisierung der Landschaftseinheiten den Bauleitplänen gemäß BAUGESETZBUCH 2.1 Die Ausgangsdaten (1997) §5 und §9 und der Planzeichenverord- nung zum BauGB (VERORDNUNG ÜBER DIE AUSAR- Als geeignete Ausgangsdaten für die Typisie- BEITUNG DER BAULEITPLÄNE... 1990). Die gegebene rung und Kennzeichnung der Landschaftseinhei- räumliche Auflösung der CORINE-Daten (Erfas- ten hinsichtlich ihrer Prägung durch die Boden- sungsuntergrenze 25 ha) gewährleistet eine nutzung und ihrer Ausstattung mit naturnahen ausreichend genaue Kennzeichnung der 49 Landschaftsteilen boten sich die „Daten zur Bo- Landschaftseinheiten des Landes Sachsen-An- denbedeckung für die Bundesrepublik Deutsch- halt. land“ (STATISTISCHES BUNDESAMT 1997) an, die Die „CORINE Land Cover Nomenklatur der Bo- durch Auswertung von Satellitendaten des Sen- denbedeckungen“ fasst die ausgewiesenen 44 sors Landsat Thematic Mapper in den Jahren Arten der Bodenbedeckungen in 15 Gruppen 1989-1992 gewonnenen wurden. Sie ermögli- zusammen. Diese bilden – mit Ausnahme der chen die gewünschte Kennzeichnung der Land- Meeresgewässer und der Feuchtflächen an der schaftseinheiten hinsichtlich ihrer Flächenanteile Küste – die 13 Ausgangsgruppen für die Kenn- von bebauten Flächen der Siedlungen und Ab- zeichnung und Typisierung der Landschaftsein- bau- und Bergbaufolgeflächen als Indizien für heiten (siehe Tab. 1, Spalte 1). Bei der weiteren den Grad anthropogener Überprägungen und Verarbeitung dieser Daten (z. B. „Städtisch ge- Veränderungen und erlauben die Differenzie- prägte Flächen“, „Industrie- und Gewerbeflä- rung der ländlichen Offenlandschaften. Darüber chen, ...“, „Abbauflächen, ...“, „Ackerland“) wur- hinaus liefern sie wichtige Anhaltspunkte für die de grundsätzlich davon ausgegangen, dass die- Ausstattung der Landschaftseinheiten mit ökolo- se die Formen der realen Bodennutzung und der gisch und naturschutzfachlich wertvollen Land- nutzungsabhängigen Beeinflussung und Prä- schaftselementen und Biotopstrukturen. gung der Landschaftseinheiten repräsentieren. Die methodische Konzeption zur Erhebung die- Sie werden deshalb im Folgenden als Bodennut- ser Bodenbedeckungsdaten des Statistischen zungen interpretiert und behandelt. Bundesamtes nach der „CORINE Land Cover Nomenklatur der Bodenbedeckung“ stellt eine Ableitung aus dem Programm CORINE (CoOR- dination of INformation on the Envirement) der Europäischen Gemeinschaft dar. Die Klassen- grenzen und Begriffsbestimmungen für die dort

32 2.2 Datenaufbereitung und Darstellung der die prozentualen Flächenanteile der in Tabelle 1 Landschaftseinheiten nach den aufgeführten Zielgruppen an ihrer Gesamtfläche Flächenanteilen der Bodennutzungen ermittelt. Beispiel: Flächenanteile der gegenwärtigen Bo- In einem ersten Bearbeitungsschritt, der Daten- dennutzungen (Zielgruppenanteile) für das „Hal- aufbereitung, werden, wie in Tabelle1 darge- lesche Ackerland“ (LE 3.4): Siedlungsflächen (S) stellt, auf der Grundlage der Ausgangsgruppen = 13,9 %, Bergbauflächen (B) = 4,1 %, Acker- [1] die Zielgruppen der Bodennutzungen [2] ge- flächen (AS) = 79,9 %, Grünlandflächen (GL) = bildet. Zu diesen Zielgruppen gehören die Sied- 0,1 %, Waldflächen (WL) = 1,4 %, Wasser- lungs- (S), Bergbau- (B), Acker- (AS), Grünland- flächen (WS) = 0,4 % (GL), Wald- (WL) und Wasserflächen (WS). Das Flächenverhältnis der Zielgruppenanteile Die Zielgruppe „Flächen unter extensiver land- bildet die Grundlage für die nachfolgend be- wirtschaftlicher Nutzung, ungenutzte Flächen schriebene Methode zur bodennutzungsdefinier- und andere naturnahe Grünflächen“ (N) wird bei ten Typisierung der Landschaftseinheiten. Die der Formulierung der Nutzungstypen zunächst ermittelten Flächenanteile wurden gleichzeitig in vernachlässigt. Sie dient später der Differenzie- die Beschreibung der gegenwärtigen Bodennut- rung der Nutzungstypen der Landschaftseinhei- zung in den Kurzcharakteristiken der Land- ten hinsichtlich deren Ausstattung mit naturna- schaftseinheiten (REICHHOFF & KUGLER 2001) hen Landschaftsteilen. aufgenommen. Für jede der neu bearbeiteten 49 Landschafts- einheiten des Landschaftsprogramms wurden

Tab. 1: Ausgangs- und Zielgruppen für die Kennzeichnung der Landschaftseinheiten nach ihrer Bodennutzung

Ausgangsgruppen Zielgruppen entsprechend CORINE Land Cover der Bodennutzungen Nomenklatur der Bodenbedeckungen [1] [2] 1.1 Städtisch geprägte Flächen 1.4 Städtische Grünflächen, Sport- und Freizeit- anlagen Siedlungsflächen (S) 1.2 Industrie- und Gewerbeflächen, Verkehrs- flächen, Hafengebiete, Flughäfen 1.3 Abbauflächen, Deponien und Baustellen Bergbauflächen (B) 2.1 Ackerland Dominant ackerbaulich genutzte Flächen (ASA) Ackerflächen (AS) 2.4 Landwirtschaftliche Flächen heterogener Struktur 2.2 Dauerkulturen Flächen mit Sonderkulturen (ASS) 2.3 Grünland Grünlandflächen (GL) 3.1 Wälder Waldflächen (WL) 5.1 Wasserflächen im Landesinneren Wasserflächen (WS) 3.2 Strauch- und Krautvegetation 3.3 Offene Flächen ohne/mit geringer Vegetation Flächen unter extensiver landwirtschaft- 4.1 Feuchtflächen im Landesinneren licher Nutzung, ungenutzte Flächen und (Sümpfe, Moore, Salzwiesen u.a.) andere naturnahe Grünflächen (N)

33 2.3 Bodennutzungsdefinierte Typisierung teile liegen z. B. die Landschaftseinheiten 5.1 der Landschaftseinheiten „Hochharz“ (SB: 0,5 %, L: 0,6 %, W: 98,9 %) und 3.5 „Querfurter Platte“ (SB: 16,8 %, L: 80,2 %, In einem zweiten Bearbeitungsschritt erfolgte die W: 3,0 %) in den entgegengesetzten Basisecken Bildung der drei Bodennutzungsklassen, mit de- des Dreieckes. Die vertikale Entfernung der La- ren Hilfe eine ebenso einfache wie aussagekräf- geposition der Landschaftseinheiten von der Ba- tige, zusammenfassend typisierende Charakteri- sislinie des Dreieckdiagramms repräsentiert die stik der Landschaften unter dem Aspekt ihrer Flächenanteile an Siedlungs- und Bergbauf- Bodennutzungen vorgenommen werden kann: lächen. Dadurch unterscheidet sich zum Beispiel • die erste Bodennutzungsklasse (SB) entsteht die Landschaftseinheit „Hallesches Ackerland“ durch die Zusammenfassung der Siedlungs- (LE 3.4) wegen ihres höheren Anteils an Sied- und Bergbauflächen (S+B) als stark denatu- lungs- und Bergbaufolgeflächen deutlich von der rierte Flächen, ländlich geprägten Landschaftseinheit „Zerbster • die zweite Bodennutzungsklasse (L) ergibt Ackerland“ (LE 3.1). Auf die beschriebene Weise sich aus der Zusammenfassung der Acker- unterscheiden sich charakteristisch die Land- flächen (AS) und der Grünlandflächen (GL), schaften des Harzes von den Harzvorländern, • die dritte Bodennutzungsklasse (W) bilden die Altmarkplatten von den lössbestimmten die Waldflächen (WL). Ackerebenen oder die stärker durch Siedlungen Im nächsten Bearbeitungsschritt werden die und Bergbaufolgelandschaften betroffenen Tal- Summen der Flächenanteile der drei Bodennut- landschaften (z. B. das Weiße-Elster-Tal) von zungsklassen (W+L+SB) an den Land- den mehr naturnahen Auenlandschaften der El- schaftseinheiten mit 100 % angenommen und be oder des Fiener Bruchs. die prozentualen Flächenanteile an den Land- Mit der Analyse der Flächenanteile der Sied- schaftseinheiten errechnet. lungs- und Bergbauflächen werden die im Land- Beispiel: Berechnung der Anteile der drei Bo- schaftsprogramm zu formulierenden Aussagen dennutzungsklassen für das „Hallesche Acker- über den Grad der nutzungsbedingten anthropo- land“ (LE 3.4): genen Beeinflussung der Landschaften, zum ge- Von den Bodennutzungsklassen genwärtigen Zustand der Schutzgüter und zum SB (= Zielgruppenanteile S+B = 18,0 %), Schutz- und Entwicklungsbedarf der Ökosyste- L (= Zielgruppenanteile AS+GL = 80,1 %) und me unterstützt. W (= Zielgruppenanteil WL = 1,4 %) wird die Die Typenbildung und Zuordnung der Land- Summe gebildet. schaftseinheiten zu diesen bodennutzungsdefi- Die Summe der drei Bodennutzungsklassen ent- nierten Landschaftstypen im beschriebenen spricht beim Halleschen Ackerland 99,5 %. Die dreidimensionalen Merkmalsraum erfolgt durch restlichen 0,5 % betreffen andere Flächennut- die Einführung empirisch definierter Wertegren- zungen, die in diesem Zusammenhang nicht zen einerseits für das Wald-Offenland-Verhältnis berücksichtigt werden. Betrachtet man die Bo- (Waldflächenanteil auf der W-L-Achse im Drei- dennutzungsklassen für sich, d.h. bilden die eckdiagramm) und andererseits für die jeweili- Flächenanteile der Bodennutzungsklassen 100 gen Siedlungs- und Bergbauflächenanteile (W- %, dann ergeben sich folgende Proportionen: SB- bzw. L-SB-Achse im Dreieckdiagramm). SB = 18,1 % / L = 80,5 % / W = 1,4 %. Die das Wald-Offenland-Verhältnis bestimmen- Die Bodennutzungsklassen bilden einen dreidi- den Waldflächenanteile werden in folgende An- mensionalen Merkmalsraum SB / L / W, in dem teilsgruppen untergliedert (vgl. Tab. 2, Spalte 1): jede Landschaftseinheit eine bestimmte Lage • Gruppe I: 0 – 10 % Waldflächenanteil einnimmt. Die Position der Landschaftseinheiten „Landwirtschaftlich bestimmte im dreidimensionale Merkmalsraum kann im waldarme Offenlandschaft“ Dreieckdiagramm (Abb. 1) anschaulich darge- • Gruppe II: >10 – 50 % Waldflächenanteil stellt werden. „Landwirtschaftlich bestimmte Wegen ihrer unterschiedlichen Waldflächenan- Wald-Offenland-Landschaft“

34 • Gruppe III: >50 – 75 % Waldflächenanteil Da die CORINE-Klasse „2.2 Dauerkulturen“ „Waldbestimmte Wald-Offenland- deutlich mehr als die Nutzungen in Streuobst- Landschaft“ wiesenflächen umfasst, wurde diese Ausgangs- • Gruppe IV: >75 % Waldflächenanteil gruppe nicht in die Sammelgruppe „naturnahe „Waldlandschaft“ Landschaftsteile“ einbezogen. Die Flächenanteile der Siedlungs- und Bergb- Die Flächenanteile „naturnaher Landschaftstei- auflächen werden in die beiden Anteilsgruppen le“ an der Gesamtfläche der Landschaftseinhei- 0 – 10 % und >10 % unterteilt, mit deren Hilfe ten werden differenziert in die Anteilsklassen: die in Spalte 1 genannten Gruppen I-IV unter- • Gering: 0 - 10 % gliedert werden (vgl. Tab. 2, Spalte 2). Damit er- • Mäßig hoch: >10 - 25 % und geben sich acht Klassen, die begrifflich und typi- • Hoch >25 % sierend durch einfache nutzungsdefinierte Land- Nach ihrem Anteil an naturnahen Landschafts- schaftsbezeichnungen benannt werden. Von den teilen ergeben sich somit zu jedem bodennut- acht möglichen nutzungsdefinierten Land- zungsdefiniertem Landschaftstyp bis zu drei schaftstypen kommen in Sachsen-Anhalt nur Subtypen (vgl. Tab. 2). sechs vor, da „Waldlandschaften“ und „Waldbe- Beispiele: Flächenanteil an „naturnahen Land- stimmte Wald-Offenland-Landschaften“ als schaftsteilen“ in den Landschaftseinheiten: Landschaften mit geringen Siedlungs- und/oder „Hallesches Ackerland“ (LE 3.4): 2,0 % (gering), Bergbauflächenanteilen mit maximal 10 % auf- „Hochharz“ (LE 5.1.1): 99,5 % (hoch). treten. Das Ergebnis dieser Bearbeitungsschritte Die Tabelle 2 zeigt zusammenfassend die Zuord- zur Typisierung ist in Tabelle 2 und Abbildung 1 nung aller Landschaftseinheiten des Landes dargestellt. Sachsen-Anhalt zu den nutzungsdefinierten Ty- Der dritte Bearbeitungsschritt hat die typisierte pen und Subtypen der Landschaftseinheiten. Kennzeichnung der Landschaftseinheiten nach Ausgehend vom Extremtyp IU-g: Waldarme Of- ihrem Anteil an „naturnahen Landschaftsteilen“ fenlandschaften mit höherem Anteil von Sied- zum Ziel. Diese Kennzeichnung soll vor allem lungs- und/oder Bergbauflächen und geringerem die Aussagen des Landschaftsprogrammes zu Anteil an naturnahen Landschaftsteilen (z.B. LE Aufgaben des Naturschutzes unterstützen, ins- 3.4 „Hallesches Ackerland“) kann für die Typen besondere zum Erhalt und zur Entwicklung von IIR-h und IIIR-h bis zum Extremtyp IVR-h: Wald- Lebensräumen wertvoller Tier- und Pflanzenar- landschaften mit geringerem Anteil an Sied- ten, zur Weiterentwicklung des Biotopverbundsy- lungs- und/oder Bergbauflächen und hohem An- stems und zur Aufwertung des Schutzgutes teil an naturnahen Landschaftsteilen (z.B. LE „Landschaftsbild“ sowie des Erholungswertes 5.1.1 „Hochharz“) eine zunehmende „Na- der Landschaften. turnähe“ festgestellt werden. In entgegengesetz- Zur Kennzeichnung der Landschaftseinheiten ter Richtung kann ein tendenziell zunehmender nach ihrem Anteil an naturnahen Landschaftstei- Bedarf an Revitalisierungs- und Entwicklungs- len werden die folgenden Gruppen der Tabelle 1 maßnahmen abgeleitet werden. zur Sammelgruppe „naturnahe Landschaftsteile“ Das Ergebnis der bodennutzungsdefinierten Ty- zusammengefasst: pisierung geht in die Textbeschreibung und Kurz- • Grünlandflächen (Ausgangsgruppe 2.3 = Ziel- charakteristik der einzelnen Landschaftseinhei- gruppe GL), ten ein (REICHHOFF & KUGLER 2001). • Waldflächen (Ausgangsgruppe 3.1 = Ziel- gruppe WL) und • Wasserflächen (Ausgangsgruppe 5.1 = Ziel- gruppe WS). • Flächen unter extensiver landwirtschaftlicher Nutzung, ungenutzte Flächen und andere natur- nahe Grünflächen (Ausgangsgruppen 3.2, 3.3 und 4.1 = Zielgruppe N),

35

3 Darstellung und Interpretation der Ergeb- der und Dessauer Elbetäler als „Landwirtschaft- nisse in der Übersichtskarte der Bodennut- lich bestimmte Wald-Offenland-Landschaften“ zung und naturnahen Landschaftsteile in den zusätzlich hohe Siedlungs- und/oder Bergbauf- Landschaftseinheiten lächenteile typisch. Im Nordosten Sachsen-An- halts, nordöstlich der Linie Drömling – Ohrenie- Die Übersichtskarte der Bodennutzungstypen derung – Elbetal scheint die Differenzierung der und Flächenanteile naturnaher Landschaftsteile Landschaftseinheiten deutlich geringer zu sein (Abb. 2) zeigt deutlich die quantitativen Unter- als südwestlich davon. Dominierend ist hier der schiede der Bodennutzung in den Land- Landschaftstyp „Landwirtschaftlich bestimmte schaftseinheiten des Landes Sachsen-Anhalt in Wald-Offenland-Landschaft“ mit überwiegend ihrer räumlichen Verteilung sowie deren unter- hohem Anteil an naturnahen Landschaftsteilen. schiedliche Ausstattung mit naturnahen Land- Ausnahmen bilden insbesondere die Östlichen schaftsteilen. Altmarkplatten und das Zerbster Ackerland. Im Folgenden sollen einige Interpretationsbei- Die angewandte Methode der Typisierung ge- spiele zur Karte gegeben werden. stattet auch eine Differenzierung des Harzes. Die „Waldlandschaften“ des Harzes, des Kyff- Während der Hochharz, der Mittelharz und die häusers, der Dübener Heide und des Hochflä- Harzränder „Waldlandschaften“ sind, gehört der mings heben sich aus ihrer überwiegend land- Unterharz aufgrund seines höheren Offenlan- wirtschaftlich geprägten Umgebung heraus. danteiles zum Landschaftstyp „Waldbestimmte Deutlich zeichnet sich der Bereich der Schwarz- Wald-Offenland-Landschaften“. erderegion in Gestalt der „Landwirtschaftlich be- Mit allen datenabhängigen Unschärfen der Aus- stimmten waldarmen Offenlandschaften“ ab. Der gangsklassen und allen gebotenen Einschrän- Anteil an „naturnahen Landschaftsteilen“ ist ge- kungen der Aussagegültigkeit können die „Wald- ring, nimmt aber vom zentralen Bereich in nord- landschaften“ und die „Waldbestimmten Wald- westlicher und südöstlicher Richtung zu. Auch Offenland-Landschaften“ sowie die Landschaf- die eingeschlossenen Flusstäler und Niederun- ten mit höheren Anteilen an naturnahen Land- gen wie das Halle-Naumburger Saaletal, das schaftsteilen tendenziell als stärker naturnah Große Bruch und Bodeniederung, die Fuhnenie- und mit guten Voraussetzungen für einen funk- derung und das Weiße-Elster-Tal gehören we- tionierenden regionalen und überregionalen Bio- gen ihrer Waldarmut diesem nutzungsdefinierten topverbund bezeichnet werden. Im Gegensatz Landschaftstyp an, treten aber durch ihren dazu müssen die siedlungs- und bergbauf- höheren Anteil an naturnahen Landschaftsbe- lächenreichen Ackerlandschaften mit geringerer standteilen hervor, was meist auf ihren hohen Ausstattung an biotopverbundwirksamen Struk- Grünlandanteil zurückzuführen ist. Sie ziehen turen als stärker anthropogen geprägt, denatu- sich wie Lebensadern durch die großen land- riert und als Räume vorrangiger Entwicklungs- wirtschaftlich bestimmten waldarmen Offenland- bedürftigkeit gelten. schaften und sind das verbindende Element zu den naturnäheren Landschaftstypen am Rand der Schwarzerderegion. Dies unterstreicht ihre 4 Ausblick besondere Bedeutung für den regionalen Bio- topverbund. Das Elbetal weist auf allen in Sach- Die beschriebene Methode der Typisierung und sen-Anhalt vorkommenden Abschnitten einen Kennzeichnung von Landschaftseinheiten ist un- hohen Anteil an naturnahen Landschaftsteilen ter zwei Aspekten entwicklungsfähig. Erstens von über 25 % auf. Hinsichtlich der Anteile an können bereits in diesem Übersichtsmaßstab Waldflächen sowie Siedlungs- und/oder Bergb- der zusammenfassenden Typisierung und Kenn- auflächen treten aber deutliche Unterschiede zeichnung der Landschaftseinheiten durch ver- auf. Während das Werbener Elbetal als „Land- gleichende Auswertung jüngerer Satellitendaten wirtschaftlich bestimmte waldarme Offenland- – etwa in Jahresintervallen von fünf bis zehn schaft“ klassifiziert ist, sind für die Tangermün- Jahren – landschaftsrelevante Veränderungen der

37 Abb. 1: Dreieckdiagramm der Bodennutzungstypen und Flächenanteile naturnaher Landschaftsteile für die Landschaftseinheiten des Landes Sachsen-Anhalt

38 Abb. 2: Übersichtskarte der Bodennutzungstypen und Flächenanteile naturnaher Landschaftsteile in den Landschaftseinheiten des Landes Sachsen-Anhalt

39 Bodennutzungen oder der Ausstattung mit natur- BUNDESMINISTER FÜR RAUMORDNUNG, BAUWESEN UND STÄDTEBAU (1991): Pilotstudie Statistisches Informationssystem zur Bo- nahen Landschaftsteilen festgestellt und bewertet dennutzung (STABIS).Voruntersuchung. – Bonn: Schriftenrei- werden. Zweitens können in größeren Bearbei- he Forschung tungsmaßstäben durch den Bezug der Satelliten- BURSIAN, G.; CHUDY, T. (2000): Externe Lösungsansätze zur daten auf Teile der Landschaftseinheiten, die z.B. Verschneidung von PCMap-Karten. - Kartographische Nach- bei Landschaftsrahmenplanungen im Maßstab richten. – (2): 73-76

1:50 000 als Bezugsflächen notwendig sind, so- DIEMANN, R.; ARNDT, O. (2000): Regionale Bodennutzungstypen wie durch eine gleichzeitig stärkere Differenzie- und Richtwerte für den Biotopverbund im Agrarraum des Lan- rung der Bodennutzungsklassen detailliertere des Sachsen-Anhalt. - Hercynia N.F. – Halle 33: 43-61

Aussagen zur Bodennutzung und zur Ausstattung VERORDNUNG ÜBER DIE AUSARBEITUNG DER BAULEITPLÄNE UND DIE mit naturnahen Landschaftsteilen relativ einfach DARSTELLUNG DES PLANINHALTS (PLANZEICHENVERORDNUNG 1990- PLANZV 90) (1990): Vom 18.12.1990. - Bundesgesetzblatt I Nr. erreicht werden. Mit dieser stärkeren „räumlichen“ 3 vom 22. Januar 1991 und „sachinhaltlichen“ Auflösung der Daten und deren Bezug auf mikrochorische Landschaftsein- GUNREBEN, M. et al. (1996): Kriterienkatalog für die Bewertung von Nutzungsartenänderung. - Halle: Martin-Luther-Univ. Hal- heiten können unter anderen die Siedlungs- und le-Wittenberg, Institut für Geographie, Forschungsbericht im Bergbaugebiete nach der oben beschriebenen Auftrag des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung des Landes Sachsen-Anhalt Methode als eigene nutzungsdefinierte Land- schaftstypen schärfer erfasst und hinsichtlich ihrer KUGLER, H.; EID, S. (1998): Neue methodische Ansätze zur the- makartographischen Modellierung von Natur und Landschaft. - Ausstattung mit naturnahen Landschaftselemen- Petermanns Geographische Mitteilungen. - Gotha; Stuttgart ten gekennzeichnet werden. 133 (3): 203-221 Die Bearbeitung auf dieser Ebene kann zur Un- KRÖNERT, R. (1999): Zum Landschaftsparadigma der Geogra- tersetzung bzw. Ergänzung der Landschaftsrah- phie mit Beispielen aus der Region Leipzig-Halle-Dessau. - In: menplanung und der Selektiven Biotopkartie- Mannsfeld, K.; Neumeister, H. (Hrsg.): Ernst Neefs Land- schaftslehre. - Petermanns Geographische Mitteilungen. - Go- rung oder zur Entwicklung des Ökologischen tha; Stuttgart (Ergänzungsheft 294): 107-128 Verbundsystems genutzt werden. Darüber hin- aus können detaillierte Aussagen zum Zustand LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ SACHSEN-ANHALT (Hrsg.) (2000): Karte der Potentiellen Natürlichen Vegetation. Erläuterungen zur und zum naturschutzfachlichen Handlungskon- Naturschutz-Fachkarte M 1:200.000. - Berichte des Landesamtes zept, insbesondere zu konkreteren Maßnahmen, für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. – Halle (Sonderheft 1): 230 S. abgeleitet werden. MINISTERIUM FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ DES LANDES SACH- Im Rahmen des Aufbaus von Umweltinformati- SEN-ANHALt ( Hrsg.) (1994): Landschaftsprogramm des Landes onssystemen bietet sich auch die Aufnahme al- Sachsen-Anhalt. - ler wichtigen Daten zur Kennzeichnung der REICHHOFF, L; KUGLER, H. (Bearb.) (2001): Die Landschaftsglie- Landschaftseinheiten des Landes in das Geo- derung Sachsen-Anhalts (Stand: 01.01.2000). Ein Beitrag zur Fortschreibung des Landschaftsprogrammes des Landes graphische Informationssystem (GIS) an. Dazu Sachsen-Anhalt. - Halle: Landesamt für Umweltschutz Sach- sollten auch die Daten zur Bodenbedeckung und sen-Anhalt. Mskr. Bodennutzung gehören. Aus solchen Daten kön- STATISTISCHES BUNDESAMT (1997): Informationsblatt zur CD- nen objektiv nachvollziehbare Klassifikationen ROM „Daten zur Bodenbedeckung für die Bundesrepublik und computergestützte kartographische Darstel- Deutschland“ mit CORINE Land Cover Nomenklatur der Bo- denbedeckungen. lungen der Landschaftseinheiten einschließlich qualifizierter Angaben über Ähnlichkeit und Kon- Prof. Dr. Hans Kugler trast der Landschaftseinheiten oder Teilen davon Büro für Landschafts- und Regionalplanung sowie über die Grenzschärfe an den Grenzen Wacholderweg 23 und Übergangsbereichen abgeleitet werden (vgl. 06118 Halle/Saale KUGLER & EID 1998). Heiner Nagel, Steffen Szekely 5 Quellen Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt BAUGESETZBUCH (BAUGB) (1997): In der Neufassung vom 27. Reideburger Str. 47 August 1997. - Bundesgesetzblatt I Nr. 61 vom 03. Sept. 1997: 2142-2212 06116 Halle/Saale

40 Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 39. Jahrgang • 2002 • Heft 2 Die Schaffung der ökologischen Durch- gängigkeit im Zillierbach – ein Beitrag zur Umsetzung des Arten- und Biotop- schutzprogramms Harz Otfried Wüstemann; Ulrich Eichler

Einleitung Stadt getragenen Programms zur „Schaffung der ökologischen Durchgängigkeit Im Arten- und Biotopschutzprogramm Sachsen- der und des Zillierbaches im Stadtge- Anhalt: Landschaftsraum Harz (1997), kurz AB- biet von Wernigerode“ (1999, 2000) gezeigt und SP Harz, ist im Kapitel „Fische und Rundmäuler“ Vorgehensweise und Erfahrungen erläutert. als eine wesentliche Zielstellung die Wiederher- stellung der „Passierbarkeit“ von Fließgewäs- sern durch Beseitigung von Migrationshindernis- Ausgangssituation sen wie zum Beispiel Verrohrungen, Sohlabstür- ze, Kaskaden oder durch Installation von Der Zillierbach entspringt im Hochharz in einer Fischaufstiegshilfen genannt. So wird u.a. für Höhenlage von ca. 600 m ü. NN und mündet den Zillierbach und die Holtemme im Landkreis nach ca. 12 km Fließstrecke im Stadtgebiet von Wernigerode die Wiederherstellung der Passier- Wernigerode in die Holtemme. Eine zusätzliche barkeit gefordert. Der Zillierbach beherbergt als Wasserzuführung bekommt er über einen am einer der wenigen Bäche des Harzrandes noch Anfang des 12. Jahrhunderts künstlich angeleg- gute, sich selbst reproduzierende Bestände von ten Graben aus der Wormke. Ein erheblicher Teil Westgroppen (Cottus gobio) und autochthonen des abfließenden Wassers wird über die 1936 Bachforellen (Salmo trutta fario). fertiggestellte Zillierbachtalsperre der Trinkwas- Insbesondere das Vorkommen der Westgroppe sernutzung zugeführt. Infolge der Wasserablei- bewirkte, dass große Abschnitte des Zillierba- tung kann es in Trockenperioden zu Wasserdefi- ches zum Vorschlagsgebiet nach FFH-Richtlinie ziten direkt unterhalb der Talsperre kommen. erklärt wurden und demzufolge in das Schutzge- Durch die Einleitung unzureichend gereinigter bietssystem NATURA 2000 des Landes Sach- Abwässer aus einem Pharmabetrieb war der Zil- sen-Anhalt aufgenommen werden sollen (NATU- lierbach im Stadtgebiet von Wernigerode über RA 2000). Außerdem ist der Zillierbach ein we- Jahrzehnte ohne ständige Fischbesiedlung. Mit sentliches Genreservoir für die Wiederbesied- der Auslagerung des Betriebes 1995 in das am lung der bis zur Wende stark durch Abwässer Stadtrand gelegene Gewerbegebiet verbesserte beeinträchtigten Holtemme. sich die Situation erheblich. Durch die Verbesse- Das ABSP Harz darf nicht nur eine theoretische rung der Gewässergüte konnte sich der Zillier- Willensbekundung zum Schutz spezieller Arten bach in der Folgezeit auch im innerstädtischen und Biotope sein, sondern muss in der Endkon- Bereich wieder zu einem Lebensraum für die sequenz auch dazu führen, dass die vorgeschla- hier autochthonen Westgroppen und Bachforel- genen naturschutzfachlichen Maßnahmen mit- len entwickeln. Allerdings zeigte sich, dass eine tel- bis langfristig in die Praxis umgesetzt wer- Verbesserung der Gewässergüte allein nicht den. Die Umsetzung von speziellen Biotop- ausreicht, um ideale Lebensbedingungen für Fi- schutzmaßnahmen im Landkreis Wernigerode sche der Forellenregion nachhaltig zu gewährlei- werden am Beispiel des durch den Wildfisch- sten. Wichtig ist auch die Passierbarkeit des Ge- und Gewässerschutz e.V.Wernigerode und der wässers. Aber das natürliche Bachbett des Zil-

41 lierbaches wurde im Stadtbereich durch zahlrei- Bestandskontrollen vor und nach der Umsetzung che Querbauwerke zerteilt, die jegliche Wande- des Vorhabens sollten dokumentieren, wie sich rungen von Wasserorganismen innerhalb des der „Lebensraum Fließgewässer“ veränderte. Fließgewässers verhinderten. Die Bachforellen Dabei wurden nicht nur die Wanderbewegungen konnten zur Laichzeit im Herbst ihre angestamm- der Fische betrachtet, sondern auch die verbes- ten Laichplätze im Oberlauf nicht erreichen. Die serten Lebensbedingungen für das Makrozoo- Tiere versammelten sich im Unterwasser der benthos. Wehre und laichten notgedrungen hier ab. Es ka- Ein nicht zu unterschätzendes Ziel des Vorha- men aber kaum Jungfische auf, da diese Stellen bens war auch eine breitenwirksame Öffentlich- als Laichplätze ungeeignet sind. Zwar wurden die keitsarbeit. Deshalb sollte für die Bürger und Be- laichreifen Bachforellen zum Teil mit Hilfe von sucher der Stadt Wernigerode ein Naturlehrpfad Elektrofischgeräten an den Wehren abgefangen entlang des Gewässers angelegt werden, der und zum Laichen in den Oberlauf umgesetzt, Auskunft über das Leben im Fließgewässer und was aber auf Dauer nicht praktikabel ist. Die die unterschiedlichen Bauweisen von Fischauf- Westgroppen konnten sich durch Abdrift nur sehr stiegshilfen gibt. langsam und in Fließrichtung ausbreiten. Der notwendige genetische Austausch flussaufwärts, zum Beispiel durch kurze Kompensationswande- Umsetzung des Zielkonzeptes in die Praxis rungen, war nicht möglich, da für diese klein- wüchsigen Bodenfische schon minimale Sohlab- Die wichtigste Voraussetzung für die praxiswirk- stürze unüberwindbare Hindernisse darstellen. same Umsetzung des Projektes zur Schaffung Ein wesentliches Mittel zur Verbesserung dieser der Durchgängigkeit von Holtemme und Zillier- Situation konnte nur die im ABSP Harz geforderte bach war die Identifizierung der Mitglieder des Schaffung der ökologischen Durchgängigkeit sein. ortsansässigen „Wildfisch- und Gewässer- schutzvereins“ und der des örtlichen Angelver- eins „Angler und Naturfreunde“, des Pächters Zielkonzept des Gewässers, mit den Zielen des Arten- und Biotopschutzprogramms. Die Zielstellung bestand darin, den Zillierbach Als erster Schritt wurde von den Mitgliedern des von der Talsperre bis zur Mündung in die Hol- Wildfisch- und Gewässerschutzvereins Wernige- temme auf ca. 8 km Fließstrecke ökologisch rode versucht, die Bevölkerung der Stadt Werni- durchgängig zu gestalten. Dazu war es erforder- gerode mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit für die lich, insgesamt sechs größere und mehrere klei- Probleme des Fischartenschutzes zu sensibilisie- ne Querbauwerke zu entfernen oder fischdurch- ren. Die gemeinsamen Aktionen mit den Mitglie- gängig zu gestalten. Aufgrund der verschiede- dern des Angelvereins wie eine Müllberäumung nen morphologischen, hydrologischen und was- an den städtischen Fließgewässern, die Umset- serrechtlichen Gegebenheiten war es notwen- zung abgedrifteter Bachforellen aus belasteten dig, für jedes einzelne Wanderhindernis auf der Gewässerabschnitten oder die Umsetzung von Grundlage verschiedenster biotechnischer Prin- Fischen, die sich zur Laichzeit im Unterwasser zipien eine objektspezifische Lösung zu erarbei- der Wehre sammelten, in geeignete Abschnitte ten. Nach dem Umbau der Wehre und Sohlab- der Oberläufe und die Arterfassung der vorkom- stürze sollten für alle hier vorkommenden Was- menden Fische und Rundmäuler wurden mit Hilfe sertiere Wanderungen, auch ökologisch beding- der örtlichen Presse einer breiten Öffentlichkeit te Kurz- und Kompensationswanderungen (z.B. bekannt gemacht. Diese Pressemitteilungen und zur Nahrungssuche), möglich sein. Zur Gewährlei- viele persönliche Gespräche trugen dazu bei, stung der Funktionstüchtigkeit der Fischaufstiegs- dass das Thema Fischartenschutz zum Stadtge- anlagen in Trockenperioden war die Sicherung ei- spräch wurde. Vielen Bürgern wurde klar, dass nes gewässerspezifischen Mindestwasserabflus- die Fische ein wichtiger Bioindikator für den Zu- ses zur Niedrigwasseraufhöhung notwendig. stand von Gewässerökosystemen sind.

42 Abb. 1: Zillierbach in der Gemarkung Wernige- Abb. 2: Vor Beginn der Bauarbeiten werden die rode – naturnaher Bachverlauf Fische elektrisch abgefischt und in den Oberlauf (Foto: U. Eichler) umgesetzt (Foto: 1 U. Eichler; 2+3 K. Böttcher)

Abb. 3: Schaffung der ökologischen Durchgän- Abb. 4: Schaffung der ökologischen Durchgän- gigkeit durch Einbau eines Rauhgerinne- gigkeit im Stadtbereich von Wernigerode durch Beckenfischpasses (Foto: U. Eichler) Anlage einer Sohlgleite (Foto: U. Eichler)

43 Nicht zuletzt weil die Bachforelle das Wernigerö- desstiftung Umwelt durch ein in der Region an- der Wappentier ist und aufgrund der Bedeutung gesiedeltes Fachplanungsbüro realisiert. Diese der Fische und ihrer Lebensräume allgemein Planung ist die Voraussetzung für die Erteilung entschieden sich der Stadtrat und die Stadtver- der notwendigen wasserrechtlichen Genehmi- waltung dafür, den Fischartenschutz zu fördern. gungen. Aufgrund der jahrelangen Erfahrungen, die der Die Objektliste bestehender Querbauwerke wur- ortsansässige Wildfisch- und Gewässerschutz- de Punkt für Punkt mit einem Maßnahmepro- verein, der seit 1985 den Fischartenschutz im gramm untersetzt, welches aufzeigt, wie jedes Landkreis Wernigerode fördert, gesammelt hat- einzelne Objekt behandelt werden soll. Dazu war te, konnten der Stadt relativ schnell praxiswirk- vielfach die Klärung der gegenwärtigen bzw. same Lösungen für ein mehrstufiges Fischarten- zukünftigen Nutzung erforderlich, was in den schutzprogramms vorschlagen werden (WÜSTE- meisten Fällen Auswirkungen auf die Konstrukti- MANN 1988, 1989a, 1989b, WÜSTEMANN;KAMMER- on der Wanderhilfen hat. AD 1991, WÜSTEMANN;EICHLER 1997). Nach ein- In einem weiteren Arbeitsschritt wurden über- gehender Diskussion im Bau- und Umweltaus- schlägig sowohl die Kosten für die Veränderung schuss der Stadt Wernigerode wurden dem des baulichen Zustandes der Gewässer als auch Stadtrat konkrete Maßnahmen zur Umsetzung für die Herstellung eines ökologisch gestalteten des Fischartenschutzes empfohlen, die in den Umfeldes aufgelistet. Nach der Festlegung abge- Landschaftsplan der Stadt Wernigerode aufge- stimmter Arbeitsschritte ergab sich das vorlie- nommen wurden. gende materiell-finanzielle Arbeitsprogramm. Für Als Grundlage für die Durchführung dieser Maß- den Zillierbach wurden rund 360 000 DM veran- nahmen wurden umfangreiche Gewässerkartie- schlagt. Da weder die beteiligten Vereine noch rungen zur ökologische Bewertung des Zustan- die Stadt Wernigerode in der Lage waren, das des der Fließgewässer durchgeführt (Ökologi- vorliegende Programm finanziell umzusetzen, sche Bestandsaufnahme „HOLTEMME“...1992). begann die Suche nach Finanzierungskonzepten Daraus wurden Schritte zur Gewässerrenaturie- und möglichen Sponsoren. Allen Beteiligten war rung abgeleitet. Die Mitglieder des Wildfisch- klar, dass eine kurzfristige Realisierung des Ge- und Gewässerschutzvereins erfassten die Ge- samtprojektes nicht möglich ist, insbesondere wässergüte, sammelten historische Daten zur deshalb nicht, weil weder der Zillierbach noch die Fischfauna und kartierte die aktuelle Fischbe- Holtemme Bestandteile des Fließgewässerpro- siedlung. Auf der Grundlage dieses Datenmate- gramms des Landes Sachsen-Anhalt waren und rials konnte das Artendefizit ermittelt werden. so der gezielte Einsatz von Landesmitteln zum Gleichzeitig wurde eine Studie über den mor- Umbau der Wehre aus der Sicht der zuständigen phologischen Gewässerzustand, der maßgeb- Landesstellen keine Priorität hat. lich von der Anzahl und vom Zustand der Quer- Die Realisierung des Baus des ersten Fischauf- bauwerke bestimmt wird, angefertigt. Die aus stieges erfolgte im Herbst 1996 im Rahmen ei- diesen Erhebungen abgeleiteten Maßnahmen ner notwendigen Wehrsanierung. Mit Mitteln der zum Fischartenschutz wurden in einer Prioritä- Stadt und eines anliegenden Betriebes wurde tenliste zusammengefasst, die nach und nach ein Wehr in der Holtemme, unmittelbar am Zu- realisiert werden sollte. sammenflusses mit dem Zillierbach, saniert und Es wurde ein Stufenprogramm für die Renaturie- gleichzeitig ökologisch durchgängig gestaltet. rung des Zillierbaches und der Holtemme erar- Dies war der Startschuss für weitere Maßnah- beitet, welches auch Fernziele enthält, die nur men. Bei den weiteren Planungen gingen alle langfristig zu verwirklichen sind. Dazu wurde ei- Beteiligten davon aus, dass der Zillierbach als ne Genehmigungs- und Ausführungsplanung er- potenzielles Laichgewässer für die Bachforellen arbeitet, was nicht im Rahmen ehrenamtlicher der Holtemme und als Lebensraum der West- Arbeit geleistet werden konnte. Deshalb wurde groppe (FFH-Art) sowie als FFH-Gebiet vorran- diese im Auftrag der Stadt Wernigerode und mit gig zu sanieren ist. finanzieller Unterstützung der Deutschen Bun- Der Stadt Wernigerode gelang es gemeinsam

44 mit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, dem Arbeitsamt, einer Arbeitsförderungsgesellschaft Abb. 5: Schaffung der ökologischen Durchgän- und dem Wildfisch- und Gewässerschutzverein gigkeit durch Rückbau eines nicht mehr genutz- Wernigerode aufgrund des schlüssigen Konzep- ten Wehres in eine Sohlgleite tes die Finanzierung für die Schaffung der ökolo- (Foto: U. Eichler) gischen Durchgängigkeit des Zillierbaches zu si- chern. Eine ABM-Vergabemaßnahme, die durch Abb. 6: Naturlehrpfad zum Thema Fließgewäs- das Arbeitsamt gefördert und durch die Deut- ser- und Fischartenschutz sche Bundesstiftung Umwelt mit erheblichen fi- (Foto: U. Eichler nanziellen Mitteln unterstützt wurde, ermöglichte es, die vorhandenen sechs größeren Wander- hindernisse im Zillierbach fischdurchgängig zu gestalten. Der Wildfisch- und Gewässerschutz- verein verpflichtete sich, die kleineren Hindernis- se in eigener Regie zu entfernen, was ein erheb- liches ideelles und finanzielles Engagement vor- aussetzte. So konnten in den Jahren 2000 bis 2001 alle Wehre und Sohlabstürze im Zillierbach fischdurchgängig gestaltet werden. Ein Wehr, welches aufgrund seiner Ableitfunktion nicht in eine Sohlgleite umgewandelt werden konnte, musste mit einem relativ aufwendigen Rauhge- rinne-Beckenfischpass versehen werden. Die notwendige ständige Betreuung des Fischpas- ses zur Gewährleistung der Funktionstüchtigkeit übernahm der Wildfisch- und Gewässerschutz- verein. Zum heutigen Zeitpunkt ist der gesamte Zillier- bach von der Talsperre bis zur Mündung in die Holtemme wieder für alle Wassertiere voll durch- gängig passierbar. Erste Effizienzkontrollen ha- ben ergeben, dass sowohl die Fische als auch die wirbellosen Gewässerbewohner die Sohlglei- ten und den Rauhgerinne-Beckenfischpass an- nehmen und ohne Probleme durchwandern. Bisher nicht umfassend gelöst ist das Problem der Gewährleistung des ökologischen Mindest- wasserabflusses aus der Zillierbachtalsperre zur Niedrigwasseraufhöhung. Die auf Trinkwasser- nutzung orientierte Talsperre und die nachgeord- nete Trinkwasseraufbereitungsanlage der Stadt- werke Wernigerode sind aufgrund der bis dato fehlenden rechtlichen Regelungen nicht bereit, einen Mindestwasserabfluss zu gewähleisten. Eine Lösung des Problems wird angestrebt. Bis- her besteht lediglich die Möglichkeit, in Niedrig- wasserperioden über einen mit einer Stauvor- richtung versehenen alten Bergwerksstollen zu- sätzlich Wasser in den Zillierbach abzuleiten.

45 Nach dem Abschluss des Renaturierungsvorha- und 12. März 1988 in Wernigerode „Ökonomische und Ökolo- bens wurde damit begonnen, einen Fließgewäs- gische Entwicklung einer Landschaft“: Vorträge, Berichte, Empfehlungen. - Magdeburg: Kulturbund der DDR; Rat des serlehrpfad zu errichten. Eine Schülerarbeitsge- Bezirkes Magdeburg: 93-96 meinschaft der Wernigeröder Sekundarschule „Harzblick“ lieferte dazu die Vorlagen. Es wurden WÜSTEMANN, O. (1989a): Biotopschutz für Fische im Kreis Wer- nigerode - aus der Arbeit der Fachgruppe Wildfische. - In: Ma- bereits die ersten Informationstafeln an den ehe- terial zur II. Zentralen Tagung des Zentralen Arbeitskreises maligen Wehrstandorten aufgestellt. Damit wird Ichthyofaunistik der Gesellschaft für Natur und Umwelt: 66-69 den Einwohnern und Besuchern der Stadt Wer- WÜSTEMANN, O. (1989b): Die Fischfauna des Harzes - ökolo- nigerode die Problematik des Fischarten- und gisch betrachtet. - In: Der Harz - Eine Landschaft stellt sich Fließgewässerschutzes nahe gebracht. Ein Ge- vor. - Wernigerode: Harzmuseum: 12-16. - (Harzmuseum; 21) wässerlehrpfad in dieser praxisnahen Form, der WÜSTEMANN, O.; KAMMERAD, B. (1991): Die Fischfauna der es interessierten Beobachtern ermöglicht, mitten Fließgewässer des Landkreises Wernigerode. - Fischökologie in der Stadt Wernigerode den Bachforellen bei aktuell 5: 14-18 der Nahrungsaufnahme und im Herbst beim WÜSTEMANN, O.; EICHLER, U. (1997): Beispiele – Thema: Laichaufstieg zuzuschauen, dürfte wohl in Sach- Fischartenschutz in der Stadt Wernigerode Sachsen-Anhalt. – sen-Anhalt einmalig sein. Beispielhafte Umweltmaßnahmen in Städten und Gemeinden. Für die nächsten Jahre liegen bereits konkrete - Eine Veröffentlichung des Projekts Kommunalwettbewerb der Deutschen Umwelthilfe e. V. - Ausgabe 1: 4 S. Planungen vor, auch die gesamte Holtemme in der Gemarkung Wernigerode ökologisch durch- gängig zu gestalten, so dass diese spezielle Zielstellung des ABSP Harz in absehbarer Zeit Otfried Wüstemann realisiert ist. Försterbergstr. 5 A 38875 Sorge

Ulrich Eichler Humboldtweg 25 Literatur 38855 Wenigerode

ARTEN- UND BIOTOPSCHUTZPROGRAMM SACHSEN-ANHALT: Land- schaftsraum Harz (1997). - Berichte des Landesamtes für Um- weltschutz Sachsen-Anhalt. - Halle (SH 4): 364 S.

NATURA 2000 Besondere Schutzgebiete Sachsen-Anhalts nach der Vogelschutz-Richtlinie und der FFH-Richtlinie gemäß Kabi- nettsbeschluß vom 28./29. Februar 2000. – Magdeburg: Mini- sterium für Raumordnung, Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachen-Anhalt: 246 S.

ÖKOLOGISCHE BESTANDSAUFNAHME „HOLTEMME“ IM LANDKREIS WERNIGERODE – ZUSTANDSBERICHT (1992). - Wernigerode: Büro für Umweltplanung Dr. Friedhelm Michael; Wildfisch- und Ge- wässerschutz 1985 e.V.: 39 S. - Mskr.

SCHAFFUNG DER ÖKOLOGISCHEN DURCHGÄNGIGKEIT DER HOLTEMME UND DES ZILLIERBACHES IM STADTGEBIET VON WERNIGERODE – TEIL B ZILLIERBACH (1999). - Wernigerode: Ingenieurgesellschaft Hygdroprojekt Blankenburg. - (Genehmigungsplanung im Auf- trag der Stadt Wernigerode)

SCHAFFUNG DER ÖKOLOGISCHEN DURCHGÄNGIGKEIT DER HOLTEMME UND DES ZILLIERBACHES IM STADTGEBIET VON WERNIGERODE – TEIL B ZILLIERBACH (2000). - Wernigerode: Ingenieurgesellschaft Hygdroprojekt Blankenburg. - (Ausführungsplanung im Auftrag der Stadt Wernigerode)

WÜSTEMANN, O. (1988): Der Schutz bestandesbedrohter Fische in den Harzgewässern. - In: 4. Landschaftstag Harz am 11.

46 Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 39. Jahrgang • 2002 • Heft 2

Mitteilungen

Ehrungen

Ehrung für verdienstvolle Naturschutz- Bernd Ohlendorf, Stecklenberg, mitarbeiter Eckhard Schwarze, Roßlau Dietrich Wahl, Magdeburg Folgende Damen und Herren, die sich um den Naturschutz im Land verdient gemacht haben, Wir gratulieren zu dieser Auszeichnung und wurde im Mai 2002 die Ehrennadel des Minster- wünschen den so Geehrten alles Gute und wei- präsidenten das Landes Sachsen-Anhalts verlie- terhin eine erfolgreiche Tätigkeit für die Verwirkli- hen. chung der Ziele des Naturschutzes.

Reinhard Gnielka, Halle/Saale Die Schriftleitung Dr. Dietrich Heidike, Halle/Saale Ute Michaelis, Gatersleben

Informationen

Wiederfund der in Sachsen-Anhalt verschol- Schleswig-Holstein, WIESE 1991). Von einigen len geglaubten Mantelschnecke Autoren wurde ihr Vorkommen sogar als verbrei- tet angegeben (z.B. Geyer 1909). Heute wird sie Katrin Hartenauer in der Roten Liste Deutschlands als „stark ge- fährdet“ oder sogar als „ausgestorben/verschol- len“ geführt (JUNGBLUTH & KNORRE 1998). Für Einleitung Sachsen-Anhalt wird die Mantelschnecke als „verschollen bzw. ausgestorben“ angegeben Die Mantelschnecke (Myxas glutinosa, O.F. Mül- (KÖRNIG 1998). Der letzte publizierte Fund geht ler, 1774) ist eine der seltensten Süßwasser- auf REGIUS (1930) zurück, der sie in der Ehle – schnecken Europas. Sie ist eine Art der Ebene in einem rechten Zufluss zur – nachwies. und besitzt innerhalb ihres von den Alpen bis Bei der Erarbeitung eines Pflege- und Entwick- zum Polarkreis reichenden Areals nur sehr loka- lungsplanes für das Naturschutzgebiet (NSG) le Vorkommen. Ihre Habitatansprüche sind rela- „Jeggauer Moor“ (RANA 2000), die im Jahr 2000 tiv unspezifisch, trotzdem sind viele Populatio- im Auftrage des Ministeriums für Raumordnung, nen im Rückgang begriffen (WHITFIELD et al. Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sach- 1998). Früher war sie in Deutschland zumindest sen-Anhalt und unter fachlicher Begleitung gebietsweise regelmäßig zu finden (z.B. in durch die Verwaltung des Naturparks Drömling

47 erfolgte, wurden neben verschiedenen anderen dem Gewässerverzeichnis des Unterhaltungs- Artengruppen auch probestellenweise das Ma- verbandes „Obere Ohre“) in einem Übergangs- krozoobenthos erfasst. Den Hauptuntersu- bzw. Zwischenmoor gefunden. Dieser Graben chungsgegenstand bildeten dabei Köcherfliegen befindet sich nordwestlich des Birken-Moorwal- (Trichoptera), Eintagsfliegen (Ephemeroptera), des im Trippiglebener Moor, wo die Moormäch- Egel (Hirundinea), Strudelwürmer (Turbellaria), tigkeit mit 0,12-0,20 m innerhalb des NSG am Krebstiere (Crustacea) und Libellen (Odonata). größten ist. Im Bereich der Probestelle ist der Von den Weichtieren (Mollusca) wurden lediglich Graben ca. 3-4 m breit und 0,40 m tief. Die Gra- die Beifänge ausgewertet, so dass die Ergebnis- bensohle ist schlammig und hat eine starke De- se nur als Nebenbeobachtungen gewertet wer- tritusauflage mit anaeroben Milieu (Schwefel- den können. Dabei gelang jedoch der Einzel- wasserstoff-Geruch). Der Graben zeichnet sich nachweis eines lebenden Tieres der Mantel- durch eine permanente Wasserführung und eine schnecke. geringe Verkrautung mit wenigen sub- bzw. emerse Makrophyten wie z.B. Weiße Seerose (Nymphaea alba), Schwimmendes Laichkraut Methode (Potamogeton natans) und Untergetauchte Was- serlinse (Lemna trisulca) aus, was möglicherwei- Die Beprobungen zur Erfassung des Makrozoo- se mit dem relativ sauren Milieu aufgrund der benthos erfolgten von April bis August 2000 Nachbarschaft zum Moorwald zusammenhängt. durch Herrn Dipl.-Ing. Bodo Plesky. Beim Abke- Die Wasserfläche wird teilweise durch die begin- schern der Gräben mit einem Handnetz (Ma- nende beidseitige Erlensukzession beschattet. schenweite 0,5 mm) wurde dabei Anfang Juni Die angrenzenden Moordämme stellen stark die Mantelschnecke festgestellt. Der Nachweis vernässte Grünlandbereiche dar, in denen als erfolgte anhand eines lebenden Tieres, welches physiognomisch dominante Arten vor allem sich jetzt als Beleg in der Zoologischen Samm- Teich-Schachtelhalm (Equisetum fluviatilis), lung der Universität Halle befindet. Schnabel-Segge (Carex rostrata), Sumpf-Blutau- ge (Potentilla palustris), Grau-Segge (Carex ca- nescens) und Flatter-Binse (Juncus effusus) mit Charakteristik des Fundortes wechselnden Dominanzverhältnissen vorkom- men. Gelegentlich ist auch Breitblättriger Rohr- Das NSG „Jeggauer Moor“ liegt am Nordostrand kolben (Typha latifolia) stärker aspektbildend. des Drömlings zwischen den Ortschaften Jeg- Den moorigen Charakter zeigen Arten wie Was- gau, Quarnebeck und Trippigleben (Altmarkkreis sernabel (Hydrocotyle vulgaris), Strauß-Gilbwei- Salzwedel). Der Drömling war eine versumpfte derich (Lysimachia thyrsiflora) und Sumpf-Blut- und vermoorte und daher kaum zugängliche auge (Potentilla palustris) an. Die Nutzung der Niederungslandschaft, deren meliorative Urbar- Moordämme wurde infolge der niedrigen Grund- machung Ende des 18. Jh. begann. Zur Ablei- wasserflurabstände in diesem Bereich schon in tung der Wassers wurde ein Grabensystem mit den 1970er Jahren stark eingeschränkt und Vorflutgräben angelegt, an die parallel zueinan- 1979 aufgegeben. Das hoch anstehende Stau- der verlaufende Stichgräben (Moordammgrä- wasser ist auf die hier lagernden tiefgründigen ben) angeschlossen wurden. Deren Wasser- Muddeschichten zurückzuführen. Die wasserge- führung unterliegt starken und teilweise sehr sättigte Mudde bildet eine hochanstehende kurzzeitigen Schwankungen, die vor allem durch Stauwassersohle und reagiert auf Stauverände- Niederschläge verursacht werden. Die Moor- rungen (Graben- und Grundwasserstände) sehr dammkultur mit der traditionellen Grünlandwirt- träge, wodurch kurzfristige Wasserabsenkungen schaft ist bis heute für den Drömling land- abgepuffert werden, was in anderen Bereichen schaftsprägend. des NSG nicht der Fall ist. Das aktuelle Staure- Die Mantelschnecke wurde in einem Moor- gime wird seit der NSG-Ausweisung im Jahre dammgraben (Graben Wz 19f entsprechend 1978 bis heute nahezu unverändert praktiziert.

48 Nach WHITFIELD et al. (1998) sind die Habitatan- sprüche der Mantelschnecke nicht nur relativ un- Abb. 1: Mantelschnecke (Myxas glutinosa) spezifisch, sondern z.T. sogar widersprüchlich (Foto: K. Hartenauer, 2002) (z.B. Kalzium-Gehalt, pH-Wert, Nährstoffverhält- nisse, Substrat). Meist wird sie jedoch in eutro- phen Gewässern mit hohem Kalziumgehalt, spärlicher submerser Vegetation im Uferbereich, schlammigem Untergrund mit hohem organi- schen Anteil und permanenter Wasserführung gefunden. Diese Charakteristika treffen für den Fundort im NSG „Jeggauer Moor“ weitestge- hend zu wie oben beschrieben wurde. Zum Wasserchemismus liegen keine konkreten An- gaben vor, jedoch zeigt die Vegetation gut die Standortverhältnisse wie z.B. den Trophiegrad, pH-Wert und Basenversorgung an. Die Wasser- pflanzen Untergetauchte Wasserlinse (Lemna trisulca) und Schwimmendes Laichkraut (Pota- mogeton natans) deuten auf eher mesotrophes, mild bis mäßig saures Wasser hin (nach OBER- DORFER 1994). Auch die dominanten Pflanzenar- ten der angrenzenden Grünlandbereiche bevor- zugen eher nährstoffarme bzw. mäßig nährstoff- reiche Standorte mit relativ geringem pH-Wert. Sowohl einige Arten der Wasser- als auch der Ausblick und Handlungsbedarf Landpflanzen weisen auf einen Kontakt zu mine- ralhaltigem Grundwasser hin (OBERDOrfer 1994, Aufgrund des aktuellen Vorkommens der in Sach- COLDITZ 1994). Der Fundort lässt sich folglich als sen-Anhalt als verschollen bzw. ausgestorben ge- mesotroph, mäßig sauer und mineralstoffhaltig glaubten Mantelschnecke besteht zunächst die beschreiben. Notwendigkeit einer detaillierten Bestandserfas- Die Probestelle am Graben Wz 19f zählt unter sung. Der Fund im Jahr 2000 erfolgte zufällig im Berücksichtigung aller untersuchten Taxa zu der Rahmen der stichprobenartigen Erhebung. Aus- artenreichsten. Die Makrozoobenthos-Zönose sagen zur Verbreitung der Art im NSG sind daher setzt sich zum großen Teil aus Pflanzenbesied- bislang ebenso wenig möglich wie Angaben zur lern des Stillwassers zusammen. Als Begleitar- Populationsgröße, weshalb nun kurzfristig alle ten unter den Mollusken treten Scharfe Teller- Gräben des NSG auf eine Besiedlung durch die schnecke (Anisus vortex), Riementellerschnecke Art überprüft werden sollten. In eine erweiterte (Bathyomphalus contortus), Quellblasenschne- Suche sollten später sowohl das nähere und wei- cke (Physa fontinalis), Glänzende Tellerschnecke tere Umfeld des NSG als auch weitere geeignete (Segmentina nitida), Sumpfschnecke (Stagnico- Habitate des Drömlings und der Ohreniederung la turricula) und die Spitze Sumpfdeckel- einbezogen werden. Die günstigste Nachweiszeit schnecke (Viviparus contectus) auf. Bei einer sy- der Art liegt im Mai, da die Tiere zu dieser Zeit stematischen Erfassung des Gesamtartenspek- zum Zwecke der Paarung an die Wasserober- trums sind weitere Arten zu erwarten. Insbeson- fläche kommen. Die speziellen Untersuchungen dere die Muscheln sind bislang stark unterreprä- zu Verbreitung und Bestand sollten deshalb im sentiert. Frühjahr durchgeführt werden. In der Literatur liegen zur Biologie und Ökologie der Art nur wenige und zum Teil widersprüchli- che Angaben vor. Auch die Rückgangsursachen

49 sind nahezu unbekannt, wobei den Nährstoffver- RANA – Büro für Ökologie und Naturschutz Frank Meyer (2000): Pflege- und Entwicklungsplan für das Naturschutzge- hältnissen – vor allem dem Phosphatgehalt – die biet NSG0048M_ „Jeggauer Moor“ (). - größte Bedeutung beigemessen wird. Ursprüng- Halle: 163 S. - unveröff. lich scheint die Art nährstoffärmere Gewässer REGIUS, K. (1930): Die Weichtiere in der Nähe und Umgebung zu besiedeln, die in den letzten 50 Jahren in Eu- von Magdeburg. – Abhandlungen u. Berichte aus d. Museum f. ropa stark im Rückgang begriffen sind (WHIT- Naturkunde u. Heimatkunde. - Magdeburg 6 FIELD et al. 1998). Die Art ist außerdem sehr WHITFIELD, M.; CARLSSON, J.; BIGGS, J. et al. (1998): The ecolo- empfindlich gegenüber starken Wasserstands- gy and conservation of the glutinous snail Myxas glutinosa schwankungen. Artspezifische Schutzmaßnah- (Müller) in Great Britain: A Review. - J. of Conchology Special Publication 2: 209-222. men zielen deshalb im Wesentlichen auf eine hohe Wassergüte und Habitatstabilität ab. WIESE, V. (1991): Atlas der Land- und Süßwassermollusken in Schleswig-Holstein. - Kiel: Landesamt f. Naturschutz u. Land- Aus den starken Kenntnisdefiziten resultiert wei- schaftspflege Schleswig-Holstein: 251 S. terer Forschungsbedarf. Aus den dabei gewon- nenen Erkenntnissen sollten spezielle Arten- Danksagung schutzmaßnahmen, sofern erforderlich, abgelei- tet werden. Bis zur Bestätigung möglicher weite- Für die Revision des Tieres danke ich den Her- rer Funde sollte innerhalb des NSG oder in des- ren Dr. G. KÖRNIG (Halle) und Dr. U. BÖßNECK sen unmittelbarer Umgebung einer möglichen (Erfurt). Verschlechterung der Habitatqualität entgegen- gewirkt werden und auf jegliche Veränderungen Katrin Hartenauer am einzigen bisher bekannten Fundort verzich- RANA – Büro für Ökologie und Naturschutz tet werden. Schutzmaßnahmen zielen vorerst im Frank Meyer Wesentlichen auf die Absicherung einer perma- Am Kirchtor 27 nenten Wasserführung, den Erhalt des offenen 06108 Halle/Saale Wasserkörpers sowie eine hohe Wassergüte ab. www.rana-halle.de Hierzu soll die im Pflege- und Entwicklungsplan empfohlene Entnahme des Erlenaufwuchses am Grabenrand im nächsten Winterhalbjahr erfol- Die „Teufelsmauer“ – eines der frühesten gen, um den ansonsten schnell steigenden Schutzobjekte in Deutschland – älter als ge- Nährstoffeintrag durch Falllaub zu unterbinden. dacht

Christiane Funkel; Klaus George

Literatur Eine im Naturschutz nicht alltägliche Absicht ei- COLDITZ, G. (1994): Auen, Moore, Feuchtwiesen. - Basel; Bo- ston; Berlin: Birkhäuser Verl., 1994: 199 S. ner Gemeinde war der Anlass für eine Anfrage durch den Landrat des Landkreises Quedlin- GEYER, D. (1909): Unsere Land- und Süßwassermollusken. burg, Herrn Wolfram KULLIK, an das Landesamt Einführung in die Molluskenfauna Deutschlands. – K.G. Lutz Verlag, Stuttgart, 1909. – 155 S. für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (LAU) im Mai 2001: „... die Gemeinde Weddersleben wolle im JUNGBLUTH, J. H.; KNORRE, D. v. (1998): Rote Liste der Binnen- mollusken [Schnecken (Gastropoda) und Muscheln (Bivalvia)]. Juni 2002 das 150 jährige Jubiläum der Unter- - In: Binot, M.; Bless, R.; Boye, P.et al.: Rote Liste gefährdeter schutzstellung der „Teufelsmauer“ mit einer Tiere Deutschlands. - Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz. - Bonn-Bad Godesberg (55): 283-289. Festwoche und einer Festschrift begehen ... ob das Landesamt da unterstützen könne?“ KÖRNIG, G. (Bearb.) (1998): Rote Liste der Wassermollusken Das Landesamt sagte eine Unterstützung in des Landes Sachsen-Anhalt. - In: Rote Listen Sachsen-Anhalt Teil IV. - Berichte des Landesamt für Umweltschutz Sachsen- Form einer Festschrift zu. Als geeignete Publika- Anhalt. - Halle (30): 24-27 tionsmöglichkeit wurde ein Sonderheft der Reihe

OBERDORFER, E. (1994): Pflanzensoziologische Exkursions- „Berichte des Landesamtes für Umweltschutz flora. - 7. Aufl. – Stuttgart: Verl. E. Ulmer: 1050 S. Sachsen-Anhalt“ gewählt.

50 Abb. 1: Acta der Ortsbehörde zu Weddersleben Abb. 2: Rundschreiben aus der „Acta ...“ an die betr. das Steinebrechen an der Teufelsmauer Ortsbehörden zu Thale, Neinstedt, Weddersle- (Foto: K. George) ben und zu Warnstedt (Foto: K. George)

Das Sonderheft lag pünktlich zur Festveranstal- Nach den Grußworten des Landrates, des Re- tung am 08. Juni 2002 vor (Landesamt für Um- gierungspräsidenten, des Abteilungsleiters für weltschutz Sachsen-Anhalt 2002) und enthält Naturschutz im Ministerium für Landwirtschaft auf 80 Seiten sowohl spannende Aufsätze des und Umwelt sowie des Bürgermeisters von Wed- Ortschronisten von Weddersleben als auch dersleben wurden die über 100 Teilnehmer mit Fachbeiträge über die Geologie, die ur- und einer bedeutsamen Neuigkeit überrascht: Die frühgeschichtlichen Funde und über die jüngere Teufelsmauer wurde nicht, wie bisher angenom- Geschichte der Teufelsmauer. Weiterhin wurden men, 1852 erstmals unter Schutz gestellt, son- die floristische und faunistische Ausstattung des dern bereits im Juni 1833! Gebietes beschrieben und natürlich die Historie In Vorbereitung des Jubiläums wurde im Archiv der Unterschutzstellung sowie die Entwicklung des Landratsamtes nach dem Original der Allge- bis zur Gegenwart beleuchtet. Einige dieser meinverfügung aus dem Jahr 1852 gesucht. Ge- Themen wurden durch die Autoren der Beiträge funden wurde die Akte Nr. 9: „Acta der Orts- des Sonderheftes in Vorträgen auf der anlässlich behörde zu Weddersleben betr. das Steinebre- der Festveranstaltung einberufenen Kreisnatur- chen an der Teufelsmauer“ (Abb. 1). Sie beginnt schutzkonferenz der unteren Naturschutzbehör- mit einem Rundschreiben an die Ortsbehörden de im Gasthaus „Weißer Schwan“ zu Thale, zu Neinstedt, zu Weddersleben und zu in Weddersleben vertieft. Warnstedt, das folgenden Inhalt hat (Abb. 2):

51 “Ich finde mich durch mehrfache Beschwerde Somit bezeichnete der Landrat Weyhe sein im Veranlaßt, das Brechen der Steine an der Teu- Juni 1833 verhängtes Verbot selbst als „Verord- felsmauer bei Vermeidung einer Strafe von 2 bis nung“ und stellte klar, dass die Verordnung den 5 rthlr zu untersagen. Sie haben dieses Verbot Erhalt der Teufelsmauer selbst zum Ziel hatte. in Ihren Gemeinden durch Ausruf und Anschlag sofort bekannt machen zu lassen und über des- sen Befolgung sowohl selbst zu wachen als Schlussfolgerung durch die Feldhüter und Gemeinde-Diener auf etwaige Centra... vigilieren zu lassen. Die oben genannte Entdeckung hat zur Folge, Sollte irgend einer ein Recht behaupten wollen, dass das Datum der ersten Unterschutzstellung an der Teufelsmauer Steine brechen zu dürfen, der Teufelsmauer von 1852 auf 1833 korrigiert so erwarte ich darüber ungesäumt gutachtlichen werden muss. Damit nähert es sich zeitlich dem Bericht. im Mai 1828 durch den Regierungspräsidenten in Quedlinburg, den 2ten Juny 1833. Köln und nochmals 1829 durch den preußischen Königl. Preuß. Landrath König FRIEDRICH WILHELM III durch allerhöch- W e y h e“. ste Kabinettsorder (GUNDERMANN 2002) erlasse- nen Verbot des Gesteinsabbaus am Drachenfels. Am 11. Dezember 1833 berichtete dann Bürger- Die erste aktenkundige Schutzverordnung vom meister Bauling (Schulze zu Weddersleben) 10. April 1668, erlassen von Rudolf August, Her- dem Landrat von unbefugtem Steinebrechen. zog zu Braunschweig und Lüneburg, für die Bau- Dieser schrieb darauf hin an Herrn Bauling unter mannshöhle im Harz (FUNKEL 1998, LANDESAMT Bezugnahme auf das am 02. Juni 1833 verhäng- FÜR UMWELTSCHUTZ SACHSEN-ANHALT 1997) ist un- te Verbot Folgendes: seren Erachtens nach wie vor die älteste nach- “Auf Ihren Bericht vom 11.d.Mts. betreffend das weisbare Unterschutzstellung „eines sonderba- unbefugte Steinebrechen von der Teufelsmauer ren Wunderwerkes der Natur“. Die zumeist als daselbst, veranlasse ich Sie, die betreffende älteste Unterschutzstellung geltende Sicherung Verordnung, wodurch das Brechen von Steinen des Drachenfelses mit der Wolkenburg im Sie- an der Teufelsmauer untersagt worden, von bengebirge am Rhein erfolgte wie oben genannt Neuem zu jedermanns Kenntnis zu bringen und erst 1828/29, der Ankauf dieser schutzwürdigen auf deren Befolgung mit Strenge zu halten, in- Flächen durch den preußischen Staat dann im dem es nicht geduldet werden kann, daß die Jahr 1836. Die jetzt aufgefundene Verordnung Teufelsmauer, welche der ganzen Gegend zur zum Schutz der Teufelsmauer aus dem Jahr Zierde gereicht, durch Abbrechen der Steine 1833 reiht sich nunmehr auf Platz drei in diese von derselben zerstört werde. wichtigen, Zeichen setzenden Ereignisse ein. Was das Graben von Sand betrifft, so ist dazu nicht allein die Erlaubnis des Eigenthümers des Literatur Ackers, auf dem derselbe gegraben werden soll nöthig, sondern auch die der Ortsbehörde. FUNKEL, C. (1998): Die Entwicklung der Schutzgebiete im Land Sachsen-Anhalt. – Berichte des Landesamtes für Umwelt- Sie können daher den Einwohnern zu Neinstedt schutz Sachsen-Anhalt. - Halle (SH3): 6-12 das Graben von Sand in der Wedderslebener GUDERMANN, R. (2002): Die Geschichte des Naturschutzes in Feldmark auf den Grund einer in der Halber- Deutschland – So kam der Naturschutz in Bewegung. – Die städter Feld-Ordnung enthaltenen Bestimmung NRW-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege. - Düs- bei Strafe untersagen und haben deshalb dem seldorf (1): 3-11

Schulzen Koch das Nöthige zugehen zu lassen. LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ SACHSEN-ANHALT (Hrsg.) (1997): Quedlinburg, den 13. December 1833. Die Naturschutzgebiete Sachsen-Anhalts. - Jena; Stuttgart; Lübeck; Ulm: Fischer Verlag Königl. Preuß. Landrath W e y h e.“ LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ SACHSEN-ANHALT (2002): 150 Jahre Schutz der Teufelsmauer, Tagung und Festveranstaltung am 08.06.2002 in Weddersleben. -Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. - Halle (SH1): 80 S.

52 Christiane Funkel den. Sie kann aber per E-Mail von folgender Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Adresse abgerufen werden: „[email protected] Reideburger Straße 47 net.de“ und wird außerdem in Kürze in der Inter- 06116 Halle/Saale netpräsentation des LAU zur Verfügung stehen. Eine vollständige Übersicht der „Pläne“ mit Klaus George Stand 31.12.2001 wird auch im Ergänzungs- Untere Naturschutzbehörde band zu den Schutzgebieten (Naturschutzgebie- Landkreis Quedlinburg te, Landschaftsschutzgebiete) des Landes Heiligegeiststraße 7 Sachsen-Anhalt veröffentlicht, der 2003 erschei- 06484 Quedlinburg nen soll. Alle nach dem 01.01.2002 im LAU eingegange- nen und eingehenden „Pläne“ werden künftig in der jährlich im Heft 1 dieser Zeitschrift erschei- Übersicht über die im Landesamt für Umwelt- nenden „Statistischen Übersicht der nach Natur- schutz Sachsen-Anhalt vorliegenden Pflege- schutzrecht geschützten Gebiete und Objekte und Entwicklungspläne, Studien sowie Gut- Sachsen-Anhalts“ aufgelistet. Diese Statistik achten zu Schutzgebieten wird weiterhin durch eine kurze Beschreibung der im Berichtszeitraum neu ausgewiesenen Christiane Funkel Schutzgebiete ergänzt. Damit wird eine umfas- sendere Information als bisher zur Verfügung stehen. Die im Heft 1/2001 dieser Zeitschrift angekün- digte Fortsetzung der im Jahr 1998 veröffentlich- Christiane Funkel ten Liste aller im Landesamt für Umweltschutz Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt (LAU) vorliegenden Pflege- und Reideburger Str. 47 Entwicklungspläne, Studien sowie Gutachten zu 06116 Halle/Saale Schutzgebieten, im Folgenden „Pläne“ genannt, Email: [email protected] kann aus Platzgründen nicht veröffentlicht wer-

Recht

Rechtmäßigkeit einer naturschutzrechtlichen selbst oder aus der auf deren Grundlage ergan- Beseitigungsverfügung genen Verordnungen oder Satzungen ergeben, Grenzen gesetzt. Die Vorschriften des Natur- Karina Pulz schutzes stellen eine zulässige Inhaltsbestim- mung des Eigentums i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) dar. Das Grundeigentum um- 1 Einleitung fasst in seinem verfassungsrechtlich geschütz- ten Kern nicht alle Befugnisse, die von der Sa- Immer dann, wenn der Durchsetzung von Belan- che her möglich sind. Der Gesetzgeber kann zur gen des Naturschutzes und der Landschaftspfle- Wahrnehmung überragender Gemeinwohlbelan- ge entgegengesetzte Nutzungsabsichten der Ei- ge im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG ein- gentümer von betroffenen Grundstücken ge- zelne Befugnisse vom Eigentum ausklammern, genüberstehen, führt das zu Konflikten. Dem ohne die Institutsgarantie des privaten Eigen- Handeln der Eigentümer sind durch die Ge- und tums anzutasten. Maßnahmen des Natur- und Verbote, die sich aus den Naturschutzgesetzen Landschaftsschutzes sind regelmäßig verfas-

53 sungsrechtlich unbedenkliche Inhaltsbestimmun- weder einen Eingriff im Sinne des Naturschutzge- gen des Eigentums. Sie konkretisieren die Sozi- setzes noch eine Gefährdung des Wassers dar- algebundenheit des Eigentums, die dem Grund- stelle. Der besondere Schutz des Schilfgürtels stück aufgrund seiner Lage und seines Zustan- und die Genehmigungsbedürftigkeit der Trocken- des bereits anhaftet und die es prägt (Bundes- legung seien ihm nicht bekannt gewesen. verwaltungsgesetz (BverwGE) 49, 365). Nachfol- Der Widerspruch wurde durch das Regierungs- gend wird eine Entscheidung des Verwaltungs- präsidium Halle zurückgewiesen, worauf der gerichts Halle (Urteil vom 26. März 2002, Az. 3 A Kläger Anfechtungsklage vor dem erkennenden 1659/98 HAL) dargestellt. In diesem Rechtsstreit Verwaltungsgericht erhob. Diese stützte er im begehrte der Kläger die Aufhebung einer gegen Wesentlichen auf die Begründung seines Wider- ihn ergangenen naturschutzrechtlichen Beseiti- spruchs und führte ferner aus, dass sich der gungsverfügung wegen illegaler Ablagerung und Schilfgürtel inzwischen vollständig regeneriert Befestigung seines am Ufer des Süßen Sees habe. Eine Entfernung des Material bedeute so- gelegenen Grundstücks mit Bauschutt. mit eine erneute Zerstörung des besonders ge- schütztes Biotops „Schilfgürtel“. Das Verfahren hinsichtlich der sofortigen Vollzie- 2 Der Sachverhalt hung der Beseitigungsverfügung zog das dem Rechtsstreit beigeladene Regierungspräsidium Der Kläger war Eigentümer eines im Land- an sich. Nach Antrag des Klägers auf Wieder- schaftsschutzgebiet „Süßer See“ direkt am See- herstellung der aufschiebenden Wirkung beim ufer gelegenen Grundstücks, welches er im Lau- erkennenden Gericht hob der Beigeladene die fe des anhängigen Rechtstreits veräußerte. Bei Anordnung der sofortigen Vollziehung auf. einer Ortsbegehung stellten Mitarbeiter des Um- Im Rahmen des zur Beweisaufnahme durch In- weltamtes des jetzt beklagten Landkreises fest, augenscheinnahme des streitgegenständlichen dass durch eine Firma im Auftrag des Klägers Grundstücks anberaumten Vororttermins einig- der auf seinem Grundstück befindliche Schilfgür- ten sich die Beteiligten, einen Teil der befestig- tels gerodet und eine ca. 1 m dicke Füllschicht ten Fläche, auf dem sich bereits wieder Schilf abgelagert und eingearbeitet wurde. Mittels Be- herausgebildet hatte, in diesem Zustand zu be- probung wurde ein erhebliches Gefährdungspo- lassen. Die obere Naturschutzbehörde äußerte tenzial des verwendeten Material festgestellt, zwar ihre Auffassung, dass der Schilfgürtel nicht worauf der Beklagte (der Landkreis) die Beseiti- die Qualität des durch die Bauschuttablagerung gung der auf dem Grundstück abgelagerten zerstörten aufweise, im Sinne einer Kompromis- Stoffe sowie die Erbringung des Nachweises slösung hob der Beklagte dennoch seine Verfü- über deren ordnungsgemäße Verwertung bzw. gung diesbezüglich teilweise auf. Nachdem die Entsorgung sowie die sofortige Vollziehung der Parteien der Rechtsstreit übereinstimmend für Verfügung anordnete und die Zwangsgeldesfest- teilweise erledigt erklärt hatten, wurde das Ver- setzung androhte. Der Landkreis begründete fahren insoweit abgetrennt und eingestellt. seine Verfügung damit, dass der Kläger einen ungenehmigten Eingriff verübt habe und zudem eine Eingriffsgenehmigung, eine Ausnahme 3 Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts bzw. Befreiung nach Naturschutzrecht sowie ei- ne wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung Im Übrigen hatte die Klage keinen Erfolg. Das nicht erteilt werden könnten. Verwaltungsgericht (VG) Halle begründete seine Der Kläger legte gegen diese Verfügung Wider- Entscheidung damit, dass die Klage bereits un- spruch ein, welchen er damit begründete, dass zulässig sei. Dem Kläger fehle die gemäß § 42 die Trockenlegung des Grundstücks aufgrund des Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) er- Wasserstandes für den Erhalt seines Bungalows forderliche Klagebefugnis, da die angefochtene erforderlich sei. Zudem handle es sich um ord- grundstücks- und anlagenbezogene (dingliche) nungsgemäßes Füllmaterial, dessen Verwendung Beseitigungsverfügung auf den Käufer des

54 Grundstücks als Einzelrechtsnachfolger überge- ten verletze. Rechtsgrundlage der Verfügung sei gangen und nunmehr grundsätzlich gegen die- der § 12 Abs. 2 S. 1 Naturschutzgesetz des Lan- sen zu vollziehen sei. Die Verfügung regele den des Sachsen-Anhalt (NatSchG LSA), welcher öffentlich rechtlichen Status einer Sache rechts- die untere Naturschutzbehörde ermächtige, die verbindlich, entfalte deshalb Rechtswirkungen Einstellung anzuordnen und die Wiederherstel- gegenüber jedem (neuen) Eigentümer oder lung des ursprünglichen Zustandes zu verlan- sonst an der Sache Berechtigten und gehe bei gen, wenn Eingriffe im Widerspruch zu öffent- jedem Berechtigtenwechsel – sofern dies nicht lich-rechtlichen Vorschriften begonnen oder spezialgesetzlich ausgeschlossen sei – mit der durchgeführt werden. Der Bescheid des Beklag- Sache als „Annex“ über (BVerwG, Urteil vom 22. ten sei in formeller und materieller Hinsicht Januar 1971 – IV C 62.66 –, Neue Juristische rechtmäßig. Der Kläger habe einen Eingriff i.S.d. Wochenschrift 1971, S. 1624). Die angefochtene § 8 NatSchG LSA vorgenommen. Als solcher Verfügung sanktioniere zwar ein Verhalten des komme insbesondere die Herstellung baulicher Klägers, was jedoch allein keine höchstpersönli- Anlagen aller Art (§ 8 S. 2 Nr. 1 NatSchG LSA) che, nicht übertragbare Verhaltenspflicht zu be- und die Beseitigung oder Veränderung der Bo- gründen vermag. Kern der streitigen Verfügung dendecke oder deren Versiegelung auf nicht be- sei eine grundstücksbezogene Nutzungs- und wirtschafteten Grundflächen im Außenbereich (§ Zustandsregelung, indem eine bestimmte Nut- 8 S. 2 Nr. 9 NatSchG LSA) in Betracht. Dabei zung des Grundstücks untersagt werde. Auf- geht das erkennende Gericht davon aus, dass grund des materiell-rechtlichen Übergangs der dem Naturschutzrecht der Anlagenbegriff der Beseitigungsverfügung und der damit korrespon- Bauordnung zugrunde zu legen sei. Das Aufbrin- dierenden verfahrensrechtlichen Stellung fehle gen der Schicht auf das Grundstück stelle eine dem Kläger nunmehr die Klagebefugnis. Auch Aufschüttung dar, welche gemäß § 2 Abs. 1 S. 3 eine entsprechende Anwendung der §§ 173 Vw- Nr. 1 Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt GO, 265 Abs. 2 S. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) (BauO LSA) als bauliche Anlage gelte. Zudem ändere daran nichts. Diese Vorschrift sei für die habe der Kläger durch das Aufbringen zumin- fragliche verwaltungsrechtliche Fallgestaltung dest die natürliche Bodendecke verändert. Auch nicht sachgerecht, da sie zu einer dem § 42 beeinträchtige die von dem Kläger vorgenomme- Abs. 2 VwGO widersprechenden Prozessstand- ne Aufschüttung die Funktionsfähigkeit des Na- schaft des Veräußerers für den Erwerber führe turhaushalts und des Landschaftsbildes erheb- und die Schutzbedürftigkeit der Behörde als Pro- lich und nachhaltig in Sinne des § 8 Abs. 1 S. 1 zessgegner nicht gegeben sei, da die Verpflich- NatSchG LSA. Durch die nachgewiesenen tung auf den Einzelrechtsnachfolger übergegan- Schadstoffe bestünde die Gefahr einer Gewäs- gen sei (Hess. VGH, Urteil vom 17.Juni 1997 – serverunreinigung, welche zu einer andauern- 14 TG 2673/95). den Schädigung der im und auf dem Gewässer Hilfsweise führt das Gericht aus, dass die Klage lebenden Pflanzen und Tiere geführt habe. Ins- zudem auch unbegründet wäre. Zunächst fehle besondere gefährde der abgelagerte Bauschutt dem Klägers trotz der Veräußerung des Grund- die Regeneration des Schilfgürtels, da dieser bis stücks nicht die Aktivlegitimation. Der Prozess sei heute nicht vollständig nachgewachsen sei und mit den bisherigen Beteiligten fortzuführen, solan- nicht Qualität und Umfang des durch den Kläger ge der Rechtsnachfolger nicht den Rechtstreit als entfernten Schilfgürtels habe. Ein dichter unbe- Hauptpartei übernommen habe. Zwar falle die lasteter Schilfgürtel sei aber als Lebensgrundla- Sachbefugnis weg, der Veräußerer dürfe jedoch ge für die in ihm lebenden Pflanzen und Tiere den Prozess im eigenen Namen in Prozessstand- sowie als Schutz- und Filterfunktion erforderlich. schaft weiterführen (KOPP & SCHENKE 2000). Nach dem vom Gericht eingeholten Gutachten Die Klage habe in der Sache jedoch keinen Er- sei zu erwarten, dass sich das Schilf nach Ent- folg, da der Bescheid des Beklagten in der Fas- fernung des Bauschutts vollständig regeneriere. sung des Widerspruchsbescheids rechtmäßig Der Kläger habe den Eingriff, der einer Geneh- sei und den Kläger daher nicht in seinen Rech- migung bedurfte, im Widerspruch zu öffentlich-

55 rechtlichen Vorschriften durchgeführt. Die verfü- ser beseitigt werden könne. Auch sei es gungsbetroffene Aufschüttung habe sich nicht grundsätzlich nicht als unzumutbare Sanktion nur formell, sondern mit Blick auf die natur- anzusehen, wenn die Verursacher ungenehmig- schutzrechtlichen Bestimmungen auch als mate- ter Eingriffe im Rahmen der Wiederherstellung riell illegal erwiesen (Saarl. OVG, Urteil v. 08.Juli des früheren Zustandes eine Situation herbeizu- 1988 – 2 R 101/86). Der Eingriff sei – da gemäß führen haben, die zwar zunächst nicht die ökolo- § 12 Abs. 1 NatSchG LSA unzulässig – nicht gischen Vorteile des alten Zustandes mit sich nach § 10 Abs. 1 NatSchG LSA genehmigungs- bringe, sie aber auf längere Sicht besser zu si- fähig. Die als dessen Folge eingetretenen oben chern verspreche, als dies bei dem ursprüngli- bereits dargestellten Schädigungen und Gefähr- chen Zustand der Fall gewesen wäre. dungen des Naturhaushalts seien weder ver- Der Kläger sei als Zustand- und Handlungsstö- meidbar noch ausgleichbar. Insbesondere die rer der richtige Adressat der Verfügung gewe- Gefahr der Schadstoffbelastung des Bodens sen, die sich auch als verhältnismäßig erweise, und des Grundwassers könne nur durch Entfer- da ein den Kläger weniger belastendes Mittel nung des Bauschutts beseitigt werden. In Abwä- zur Behebung des beanstandeten Gesetzesver- gung aller Anforderungen an Natur und Land- stoßes nicht ersichtlich sei. Auch bestünden an schaft untereinander überwögen die Belange der Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung des Naturschutzes und der Landschaftspflege. keine Zweifel. Zudem habe der Kläger gegen das Verbot des § 30 Abs. 2 NatSchG LSA verstoßen, da es sich bei dem ehemaligen Grundstück um ein beson- 4 Urteilszusammenfassung ders geschütztes Biotop gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 1 NatSchG LSA handle. Eine Ausnahme von 1. Die Aufschüttung eines Seegrundstücks mit dem Verbot gemäß § 30 Abs. 5 NatSchG LSA Bauschutt ist genehmigungspflichtig. Insbe- käme nicht in Betracht, da die Beeinträchtigun- sondere bedarf sie einer naturschutzrechtli- gen nicht ausgleichbar und das private Interesse che Eingriffsgenehmigung gemäß § 10 Abs. 1 des Klägers an der Nutzung des Grundstücks zu NatSchG LSA. Erholungszwecken gegenüber dem Interesse 2. Die Genehmigungsfähigkeit des Eingriffs ist der Allgemeinheit am Schutz des Biotops und bei Erlass einer Beseitigungsverfügung zu seiner Pflanzen- und Tiervielfalt nachrangig sei- berücksichtigen. en. Ebenso scheide eine Befreiung gemäß § 44 3. Der mit der Aufschüttung einhergehende Ein- NatSchG LSA mangels der tatbestandsmäßigen griff in den Naturhaushalt ist nicht genehmi- Voraussetzungen aus. Das Gericht hebt dabei gungsfähig, wenn als Folge der Schadstoffbe- insbesondere das überwiegende Interesse des lastung des verwendeten Materials die Ge- Allgemeinwohl an der Erhaltung unbelasteten fahr einer Gewässerverunreinigung mit Schä- Grundwassers hervor, da sich Eingriffe in dieses digung der im und auf dem Gewässer leben- intensiv auf die Umgebung auswirken. den Pflanzen und Tiere einhergeht und die Das VG Halle stellt ferner klar, dass die Beseiti- vollständige Regeneration des durch die Auf- gungsanordnung nicht gegen das Verbot des § schüttung geschädigten Schilfgürtels nur bei 30 Abs. 2 NatSchG LSA verstoße. Zwar sei der Entfernung des abgelagerten Bauschutts zu Schilfgürtel inzwischen zum Teil nachgewachsen erwarten ist. und mit dem abgelagerten Bauschutt fest ver- 4. Der aufgrund der §§ 30 Abs. 1 und 30 Abs. 2 wurzelt, jedoch greife hier die Befreiung gemäß NatSchG LSA vorhandene Schutz des schüt- § 44 S. 1 Nr. 2 NatSchG LSA bzw. die Ausnah- teren, nicht an die Qualität des eigentlichen me gemäß § 30 Abs. 5 Nr. 2 NatSchG LSA ein. Schilfgürtels heranreichenden Bewuchses Hier lägen überwiegende Gründe des Allge- der Aufschüttung mit Schilfpflanzen überwiegt meinwohls vor, da nur durch Entfernung eine die Gründe der §§ 44 Satz 1 Nr. 2 bzw. 30 vollständige Regeneration des Schilfgürtels zu Abs. 5 Nr. 2 NatSchG LSA für eine Beseiti- erwarten sei und die Gefahr für das Grundwas- gungsverfügung nicht.

56 5. Eine die Entfernung des Bauschutts anord- KOPP;SCHENKE (2000): Verwaltungsgerichtsordnung. - 12. Aufl. nende Verfügung ist grundstücksbezogen, - München, § 90 Rz. 2

d.h. sie wirkt ungeachtet der personenbezo- NATURSCHUTZGESETZ DES LANDES SACHSEN-ANHALT (NatSchG genen Umstände zustandsregelnd auf den LSA) vom 11.02.1992. - Magdeburg. - Gesetz- und Verord- nungsblatt des Landes Sachsen-Anhalt: 108, zuletzt geändert Bestand oder die Benutzung des Grund- durch Art. 90 3. RechtsbereinigungsG v. 07.12.2001 (GVBl. stücks. Bei dessen Veräußerung gehen die LSA: 540) aus ihr resultierenden Verpflichtungen auf Karina Pulz den Erwerber über, so dass die Verfügung Regierungspräsidium Halle grundsätzlich gegenüber diesem vollzogen Obere Naturschutzbehörde werden kann. Willy-Lohmann-Str. 7 06114 Halle/Saale 5 Literatur

BAUORDNUNG DES LANDES SACHSEN-ANHALT (BauO LSA) vom 9. Februar 2001. – Magdeburg. – Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Sachsen-Anhalt: 50

Veranstaltungen

Vogel-Beringer tagten in der Vogelschutz- ropäisch-afrikanischen Singvogelzug-Projekt“ warte Steckby mit, das 1994 von EURING ins Leben gerufen wurde und von der Europäischen Forschungsge- Joachim Müller meinschaft unterstützt wird. Es soll detaillierten Aufschluss über die Zugstrategien europäischer Singvogelarten bringen. In Sachsen-Anhalt wer- Am 23. Februar 2002 tagten in der Staatlichen den von den hiesigen Vogelberingern alljährlich Vogelschutzwarte Steckby des Landesamtes für im Durchschnitt etwa 30 000 Vögel mit kleinen Umweltschutz Sachsen-Anhalt die 50 ehrenamt- Metallringen und in speziellen Programmen ein- lichen Vogelberinger des Landes. Sie sind mit zelne Arten mit Kunststoff-Farbringen markiert. Genehmigung des Ministeriums für Raumord- Die meist seit vielen Jahren tätigen Amateur-Or- nung, Landwirtschaft und Umwelt des Landes nithologen leisten damit wertvolle wissenschaftli- Sachsen-Anhalt zugleich als Mitarbeiter der Vo- che Arbeit zur Erforschung der vielfach noch rät- gelwarte Hiddensee an Forschungsprogrammen selhaften faszinierenden Wanderungen und zur der europaweit koordinierenden Dachorganisati- Feststellung von Veränderungen in den heimi- on EURING (The European Union for Bird Rin- schen und den durchziehenden Vogelpopulatio- ging) tätig. EURING knüpft als die Europäische nen. Derartige Forschungsergebnisse führen zu Union für die wissenschaftliche Vogelberingung Rückschlüssen für gezielte Schutzmassnahmen ein wissenschaftliches Netzwerk, in welchem die an den Brut- oder auch Rastplätzen. nationalen Beringungszentralen Europas effektiv Neben aktuell bearbeiteten Forschungsprogram- zusammenarbeiten. Für die ostdeutschen Bun- men liegen aber auch noch große Datenberge in desländer werden die Beringungsarbeiten durch den Vogelwarten (in Deutschland in den Vogel- die Beringungszentrale der Vogelwarte Hidden- warten auf Helgoland, Hiddensee und in Radolf- see in Greifswald koordiniert, die in Steckby zell), die einer gezielten Auswertung harren. - Im durch deren Leiter Dr. U. KÖPPEN vertreten war. Verlauf des vergangenen Jahrhunderts sind in Neben eigenen Zielstellungen arbeiten sachsen- Europa mehr als 115 Millionen Vögel beringt anhaltische Beringer gegenwärtig am „Eu- worden, wovon über zwei Millionen wiedergefun-

57 den wurden, deren Daten wertvolle Aussagen Ausstellung zum Biosphärenreservat Karst- lieferten. landschaft Südharz Auf der Tagung in Steckby berichteten z.B. I. TODTE (Aken) und M. Harz (Aken) über die Peter Wenzel neuerliche Populationsentwicklung des Neubür- gers in der heimischen Vogelwelt, des Bienen- Im Jahr 1999 nahm die Projektgruppe „Aufbau- fressers, der offensichtlich in Folge einer Klima- stab Biosphärenreservat Karstlandschaft Süd- veränderung in Sachsen-Anhalt eine kleine Po- harz“ ihre Arbeit auf, 2001 erfolgte auf der pulation von etwa 70 Brutpaaren bildet. Diese ist Grundlage eines Kabinettsbeschlusses die Um neben der schon länger bestehenden Ansied- wandlung dieser Projektgruppe in die „Bios- lung am wärmebegünstigten Kaiserstuhl in Ba- phärenreservatsverwaltung Karstlandschaft den-Württemberg inzwischen im warmen mittel- Südharz i.G“. deutschen Trockenklima Sachsen-Anhalts die Eine der letzten Aufgaben der Projektgruppe zweite stabile Ansiedlung in Deutschland. war es, am Standort Roßla eine Ausstellung Außerdem wurde in Steckby über ein Farbberin- über das künftige Schutzgebiet „Biosphären- gungsprogramm beim Fischadler (D. SCHMIDT, reservat Karstlandschaft Südharz“ zu gestalten. Mössingen) und bei der Rohrweihe (T. Diese Ausstellung ist Teil einer breitenwirksa- SUCKOW, Magdeburg), über 50 Jahre Weiß- men Öffentlichkeitsarbeit, die notwendig ist, um storch-Beringung an der Mittelelbe (H. GRAFF, bei der Bevölkerung des Gebietes Akzeptanz für Dessau-Alten) und einen langjährigen (1974- das geplante Biosphärenreservat zu erreichen. 1985) Winterschlafplatz von ca. 100 Rotmilanen Große Unterstützung bei der Gestaltung erhielt (W. GLEICHNER, Trado) berichtet. die Projektgruppe durch Herrn Dr. Peter SA- Derartige Studien bilden einen wertvollen Be- CHER vom Nationalpark Hochharz. Dieser standteil eines Monitorings, d.h. der gezielten brachte seine vielseitigen Erfahrungen und Umweltbeobachtung zur Überwachung der Um- Ideen in das Konzept mit ein, wofür ihm an die- welt für die Berichtspflichten der Länder gegenü- ser Stelle herzlich gedankt sei. ber der Europäischen Kommission im Rahmen Am 03. Dezember 2001 wurde nach nur dreimo- der FFH-Richtlinie (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie natiger Vorbereitung die Ausstellung „Wir hier Nr. 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992) –Leben in/mit einer Landschaft“ vom Abteilungs- einschließlich der Vogelschutzrichtlinie (79/ leiter Naturschutz und Forsten des Ministeriums 409/EWG vom 2. April 1979). Dazu liefert auch für Raumordnung, Landwirtschaft und Umwelt, das Greifvogelmonitoring des Zoologischen Insti- Herrn MDgt. Peter WENZEL, eröffnet. Auf 2 tuts der Martin-Luther-Universität Halle umfang- 186 m Fläche wird dem Besucher die Karstland- reiche und äußerst wertvolle Beiträge. Der Leiter schaft Südharz aus der Weltraumperspektive dieser internationalen Forschungsinitiative, Pro- und als 3D-Modell gezeigt. Am Beispiel ver- fessor Dr. M. STUBBE, informierte über die aktu- schiedener Lebensräume – Wälder, Offenland ellen Markierungen an Greifvögeln. Über die neu- und Siedlungsbereiche – wird die reiche Aus- en Medien sind weitere Informationen zur Vogel- stattung dieses Gebietes dargestellt. Der Süd- beringung bei den Vogelwarten Hiddensee harz ist aufgrund seiner geologischen Besonder- (http://www.hnm.de/vv/beringung/homepage.htm) heiten, seiner Vielfalt naturnaher Strukturen und , Helgoland (http://vogelwarte-helgoland.de) und der hervorragenden landschaftlichen Schönheit Radolfzell (http: //vowa.ornithol. mpg.de) abrufbar. ein europaweit bedeutsames Gebiet. Die Karst- landschaft ist mit überwiegend naturnaher Laub- waldbestockung und großen extensiv genutzten Dr. Joachim Müller Flächen wie z.B. Streuobstwiesen ausgestattet. Frankefelde 3 Sie ist Lebensstätte einer Vielzahl von seltenen 39116 Magdeburg Tier- und Pflanzenarten Dieses Gebiet ist aber auch Lebensstätte des Menschen – eine alte Kulturlandschaft, deren Eigenheiten es zum

58 Ausstellung zum Biosphärenreservat Karstland- Museum der Naturschutzgeschichte schaft Südharz (Foto: P.Wenzel 2002) Deutschlands

Klaus George

Zur Geschichte des Naturschutzes in Deutsch- land gibt es viele Fragen: Welches ist das älteste Naturschutzgebiet in Deutschland? Wie organi- sierten sich die Natur- und Heimatschützer? Wer hat eigentlich den Begriff „Naturschutz“ geprägt? Wo kann man sich darüber informieren, ohne sich den Gesamtüberblick mühsam aus einer Vielzahl von Büchern und Zeitschriftenaufsätzen erarbeiten zu müssen? Der Naturschutz entwickelt sich aber auch stän- dig weiter. Das wirft die Fragen auf: Wer trägt das Material zusammen, bewahrt und bereitet Wohle und zum Nutzen der Bevölkerung zu be- zentral auf, was vielleicht nachfolgende Genera- wahren gilt. tionen über die Geschichte des Naturschutzes Der Schutz und die nachhaltige Nutzung dieser interessiert? Landschaft kann am besten durch den Status Antworten auf diese Fragen findet man im „Biosphärenreservat“ gewährleistet werden. Die Schloss Drachenburg in Königswinter bei Bonn. Erläuterung der Biosphärenreservatsidee ist Hier, unmittelbar an der Grenze eines der älte- gleichfalls ein Bestandteil dieser Ausstellung, die sten Naturschutzgebiete Deutschlands im mittle- montags bis freitags von 7 bis 15 Uhr bzw. nach ren Teil des Drachenfels gelegen, eröffnete Bun- Vereinbarung besichtigt werden kann. despräsident Johannes RAU feierlich am 12. Außerdem stehen zur Durchführung von Projekt- März 2002 in der Vorburg des Schlosses ein Mu- tagen für Schulen oder von Vereinstagungen seum zur Naturschutzgeschichte. Auch die Um- und für thematische Sonderausstellungen Rä- weltministerin des Landes Nordrhein-Westfalen umlichkeiten zur Verfügung. In einem dieser Bärbel HÖHN und der Kuratoriumsvorsitzende Räume wurden zur Ausstellungseröffnung Land- Prof. Dr. Hans TIETMEYER für die Deutsche schaftsbilder einer Stolberger Malerin gezeigt. Bundesstiftung Umwelt ergriffen das Wort. Die Biosphärenreservatsverwaltung ist als An- Im Museum wird eine Dauerausstellung der Stif- sprechpartner für jedermann zu allen Fragen tung Archiv, Forum und Museum zur Geschichte und Hinweisen zum Thema unter nachstehender des Naturschutzes in Deutschland gezeigt . Die- Anschrift zu erreichen: se Stiftung, die am 6. Dezember 1996 gegründet Biosphärenreservatsverwaltung Karstlandschaft wurde, hat seit dem Jahr 2000 ihren Sitz in der Südharz i.G. Vorburg von Schloss Drachenburg. Gründungs- Hallesche Straße 68 mitglieder sind die Länder Nordrhein-Westfalen 06536 Roßla und Brandenburg sowie die Nordrhein-Westfa- Tel.: 03 46 51/29 88 90 len-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpfle- ge. Was können Museumsbesucher erwarten? Die Peter Wenzel wenigen Räume verleiten zur eiligen Betrach- Biosphärenreservatsverwaltung Karstlandschaft tung. Doch Vorsicht! Wer das Anliegen der Aus- Südharz i.G. stellung verstehen will, braucht sehr viel Zeit. Hallesche Str. 68 Das Museum ist auch keine Stätte der Besin- 06536 Roßla nung. Lüfter von Projektoren und Computern

59 rauschen, dazu kann man Geräusche des Naturschutz, ausgehend von der Flurbereini- frühen Industriezeitalters hören. Man muss sich gung seit Anfang des 19. Jh., sehr breiter Raum diese Kulisse erst erschließen. Dabei hilft eine gewidmet. Nach Meinung des Autors wird dage- im Fußboden eingelassene sich drehende gen der Geschichte der deutschen Naturparke, Scheibe, auf die man sich am Beginn des Rund- die auch bereits Anfang des 20. Jh. begann, als gangs stellen kann. Dort wird der Besucher beim der 1909 gegründete „Verein Naturschutzpark“ Betrachten der verschiedenen Bilder auf eine zwischen 1910 und 1920 in der Lüneburger Hei- multimediale Ausstellung zur Geschichte des de 4 000 Hektar aufkaufte, keine ausreichende Naturschutzes, die auch eine Geschichte der In- Würdigung zuteil. Weitere Lücken wären ange- dustriellen Revolution und der Industrialisierung sichts teilweise verschwenderischen Umgangs der Landwirtschaft Deutschlands ist, einge- mit der knappen Ausstellungsfläche zu kritisie- stimmt. Je nachdem, wie viel Zeit man sich neh- ren. Als Symbol heutiger ehrenamtlicher Natur- men möchte, kann man während des ansch- schutzarbeit werden am Ende des Rundgangs in ließenden Rundgangs die Tafeln der Ausstellung einer Glasvitrine verschmutzte Stiefel präsen- lesen oder Seiten umblättert, entweder virtuell tiert. im Computer oder materiell im „Bauchladen“ von Das Museum ist von April bis Oktober täglich Personen der Naturschutzgeschichte. Nicht nur außer montags von 11.00 bis 18.00 Uhr und im das Abbild der Grande Dame des Vogel- Zeitraum November bis März an den Wochenen- schutzes, Emilie Karolina HÄHNLE (1851-1941), den von 12.00 bis 16.00 Uhr geöffnet. Der Be- ist anzutreffen. Nahe bei ihr steht das des such kann mit einer Wanderung durch das Na- Großwildjägers und Schriftstellers Carl Georg turschutzgebiet Drachenfels verbunden werden SCHILLINGS (1865-1921), der eine Kampagne oder man nutzt die Zahnradbahn, deren Bau gegen die Federmoden führte. Eine zu diesem den Schöpfer des Wortes „Naturschutz“, Ernst Thema gestaltete Vitrine gehört zu den beson- RUDORFF (1840-1916), seinerzeit sehr verär- ders gelungenen Details der Ausstellung. Er- gerte. wähnt werden soll auch Paul RUTHKE (1882- 1945), der vielleicht eher bekannt ist unter sei- nem Pseudonym Paul ROBIEN, ein Publizist, Klaus George Ornithologe und der Gründer einer Beobach- Untere Naturschutzbehörde tungsstation auf der Halbinsel Mönne bei Stettin. Landkreis Quedlinburg Man erfährt von der wichtigen Rede, in der Wil- Heiligegeiststraße 7 helm WETEKAMP (1859-1945) am 30. März 06484 Quedlinburg 1898 im preußischen Abgeordnetenhaus staatli- chen Schutz für die bedrängte Natur forderte. Wenige Jahre später entstand 1906 die Staatli- che Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen, die Hugo CONWENTZ (1855-1922) leitete. Man trifft auf Hermann GÖRING (1893-1946), den führende Naturschützer dieser Zeit aufgrund sei- ner Jagdleidenschaft für den Naturschutz inter- essieren konnten und der dann 1935 das Reich- snaturschutzgesetz durchsetzte. Aber es bleibt auch nicht unerwähnt, dass der als Beauftragter für die kriegsvorbereitenden „Vierjahrespläne“ zuständige GÖRING die Naturschutzinteressen den Zielvorgaben der Kriegsvorbereitung ein- deutig unterordnete. Im Verhältnis zum Themenkreis Forstwirtschaft – Naturschutz wird dem Konflikt Landwirtschaft –

60 Schrifttum

Arten- und Biotopschutzprogramm Sachsen- Im Kapitel Landschaftsraum werden Lage, Stan- Anhalt. Landschaftsraum Elbe Teil 1-3. - Be- dortfaktoren, insbesondere die Dynamik und In- richte des Landesamtes für Umweltschutz teraktion der Elbe und ihrer Aue (inklusive Mul- Sachsen-Anhalt. - Halle (2001)Sonderheft 3. - de, Saale, Schwarze Elster und Havel) sowie die 781 Seiten. - 117 Tabellen. - 124 Abbildungen. - kulturräumlichen Bedingungen besprochen. Im 49 Farbfotos. - 5 Farbkarten. - ISSN 0941-7281 Kapitel Lebensräume werden landschaftsraum- bedeutsame Lebensräume sowohl allgemein als auch an einigen Beispielen dargestellt. Behan- Das Arten- und Biotopschutzprogramm Sach- delt werden die zugehörigen Vegetationstypen, sen-Anhalt. Landschaftsraum Elbe (ABSP Elbe) der Erfassungsstand, die FFH-Relevanz, die Ge- ist ein Naturschutzfachprogramm zur Erhaltung, fährdung und die Nutzungsgeschichte. Kritisch zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung der anzumerken ist, dass beispielsweise bei den biologischen Vielfalt. Die Schutzgüter Arten und Ausführungen zum Grünland Veröffentlichungen Populationen, Lebensgemeinschaften sowie Le- aus den 1980er Jahren, die in der Bibliographie bensräume werden im Zusammenhang gesehen enthalten sind, bei den Quellen nicht zitiert wer- und gemeinsam betrachtet, wobei auch abioti- den. Diese beiden Kapitel und die Einführung sche Umweltmedien und das Landschaftsbild bilden den ersten Teil des ABSP. Der gesamte einbezogen werden. Das ABSP Elbe ist nach zweite Teil mit 368 Seiten Umfang ist der Doku- denen für den Harz und die Stadtregion Halle mentation der Pflanzen und Tiere gewidmet. und Umgebung das dritte für einen Landschafts- Diese beinhaltet Angaben zu Algen, Großpilzen, raum im Land Sachsen-Anhalt, womit die Hoff- phytoparasitischen Kleinpilzen, Flechten, Moo- nung geweckt wird, dass die Bearbeitung weite- sen, Farn- und Blütenpflanzen sowie 42 ver- rer Landschaftsräume die Vorbildwirkung dieser schiedenen Tiergruppen. Das Kapitel ist reich Programme stärken kann. mit Verbreitungskarten (Abbildungen) illustriert. 2 Der Landschaftsraum Elbe mit 2 050 km Fläche Im dritten Teil werden Leitbilder für das Elbetal, und ca. 300 km Fließstrecke des Flusses wurde die Untere Mulde und die Untere Havel formu- ausgewählt, weil hier ein einzigartiges Naturerbe liert. Weiterhin wird an Beispielen das Arten- und erhalten geblieben, aber durch verschiedene Biotopinventar bewertet (Auengewässer, Weich- Nutzungsinteressen gefährdet ist. Die Elbe ist holzauenwälder, Farn- und Blütenpflanzen, Li- ein wichtiger Bestandteil des europaweiten Net- bellen, Schmetterlinge, Lurche und Fische), Nut- zes „Natura 2000“, das die Europäische Kom- zungen, Nutzungsansprüche und Konflikte wer- mission schützen will. Mit dem Arten- und Bio- den aufgezeigt (Landwirtschaft, Forstwirtschaft, topschutzprogramm wurden sowohl Gebiete mit Trinkwassergewinnung, Fischerei und Erho- nach der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie zu schüt- lungsnutzung, Kies- und Sandabbau, Schifffahrt zenden Lebensraumtypen ausgewiesen als und Gewässerunterhaltung, Hochwasserschutz). auch Strategien für einen modernen, nutzungs- Im Kapitel sieben werden Ziele, Anforderungen integrierten Naturschutz aufgezeigt. und Maßnahmen erläutert. Dabei werden vier Das ABSP wurde von 50 Autoren bearbeitet und Naturschutzstrategien (Artenschutz, Biotop- weist folgende neun Gliederungspunkte auf: Ein- schutz, Prozessschutz, Ressourcenschutz) zu führung; Landschaftsraum; Lebensräume; Pflan- einem Zielkonzept verknüpft und differenziert für zen und Tiere; Leitbild und Bewertung; Nutzun- zehn Auenabschnitte im Landschaftsraum Elbe gen, Nutzungsansprüche und Konflikte; Ziele, eingesetzt. Maßnahmen werden vorwiegend in Anforderungen und Maßnahmen; Bibliographie; das Unterkapitel Arten- und Biotopschutz im Anhang. Rahmen naturschutzfachlicher Aufgaben einge-

61 bunden. Ein kurzer Überblick über Monitoring, Auhagen, Axel; Ermer, Klaus; Mohrmann, Ri- naturschutzrechtliche Sicherung und Förderpro- ta (Hrsg.): Landschaftsplanung in der Praxis. gramme rundet dieses Kapitel ab. - Stuttgart: Verl. E. Ulmer, 2002. - 416 S. - 133 Die einzelnen Kapitel bzw. Unterkapitel schlie- Abb. - 85 Tab. - ISBN 3-8001-3283-4. - 69,90 e ßen jeweils mit einem Literaturverzeichnis, wo- bei auch unveröffentlichte Quellen berücksichtigt werden. Allerdings scheinen Umweltverträglich- Die Landschaftsplanung hat den Auftrag, die Er- keitsuntersuchungen nur begrenzt ausgewertet fordernisse und Maßnahmen des Naturschutzes worden zu sein – hier hätte die Datengrundlage für den jeweiligen Planungsraum darzustellen. für die Tierwelt vervollständigt werden können Sie ist seit mehr als 25 Jahren ein fester Be- (z.B. Heuschrecken). standteil des Bundesnaturschutzgesetzes. In In der Bibliographie zu den Arten und Lebens- dieser Zeit erweiterte sich das fachlich-methodi- räumen im Landschaftsraum Elbe sind ca. 700 sche Instrumentarium stark, aber es fehlte lange Titel aufgelistet. Unveröffentlichte Quellen wie eine Publikation, welche die zur Verfügung ste- Pflege- und Entwicklungspläne, Schutzwürdig- henden Methoden übersichtlich und praxisorien- keitsgutachten und Umweltverträglichkeitsunter- tiert darstellt. Wie das zuvor erschienene Buch suchungen sind nicht enthalten. von Riedel und Lange (Hrsg.) „Landschaftspla- Der Anhang beinhaltet das Gesamtverzeichnis nung“, erschienen 2001 im Spektrum Akademi- der im Landschaftsraum Elbe nachgewiesenen scher Verlag GmbH wirkt das vorliegende Werk Pflanzen- und Tierarten (Stand 31.10.2000 mit diesem Defizit entgegen. ca. 8 400 Arten). Nach einer Darstellung von Gegenstand und Mit ausgewählten Luftaufnahmen wird die Aufgaben der Landschaftsplanung vermittelt das Textaussage, dass die Elbe der einzige mitteleu- Fachbuch anhand von zwölf abgeschlossenen ropäische Fluss ist, der in den letzten Jahrzehn- Planungen die Methoden und Arbeitsweisen der ten weitgehend unverbaut geblieben ist, ein- Planungspraxis. Die zwölf Beispiele erfolgreicher drucksvoll untermauert. Es bleibt zu hoffen, dass Landschaftsplanung sollen einen Eindruck von diese umfangreiche Dokumentation der Schätze der thematischen Breite der Landschaftsplanung des natürlichen und nutzungsbedingten Erbes und der Verknüpfung landschaftsplanerischen im Landschaftsraum Elbe dazu beitragen kann, Beiträge zu anderen Fachplanungen geben. So die Vielfalt der Landnutzungstypen und die Bi- werden neben einem beispielhaften Land- odiversität zu erhalten und einen ökologisch be- schafts- und einem Grünordnungsplan auch denklichen Ausbau der Elbe zu verhindern. Projekte aus dem Straßen- und Bahnbau, dem Das Arten- und Biotopschutzprogramm für den Bodenabbau, der Gewässerrenaturierung und Landschaftsraum Elbe kann als CD zum Preis aus dem Landwirtschafts- und Tourismusbereich von 13,50 _ netto per Fax (03 45/5 17 07 78), vorgestellt. Die einzelnen Autoren greifen bei per E-Mail ([email protected]) oder ihren Ausführungen auf den Erfahrungsschatz schriftlich beim Druckhaus Schütze GmbH Re- ihrer Planungsbüros zurück. Dies garantiert eine procenter, Am Steintor 23 in 06112 Halle (Saale) konsequente Ausrichtung an der Planungspra- angefordert werden. xis. Dementsprechend informativ, beispielhaft und anschaulich fallen die Praxisbeispiele aus. Besonders hervorzuheben sind dabei die zahl- W. Böhnert reichen Abbildungen und informativen Grafiken, die den Text ergänzen. Im Zusammenhang mit der Methodik der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), der Eingriffsregelung und der FFH-Ver- träglichkeitsprüfung wird allerdings ein Wertstu- fenverfahren vorgestellt, welches in dieser Form aus fachlicher Sicht aufgrund der Verrechnung von Wertstufen nicht empfohlen werden kann.

62 Außerdem wird der eigenständigen Betrachtung linformationen findet, zu empfehlen. Aber da nur der FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht so ausrei- eine Auswahl von Taxa behandelt wird, kann es chend Beachtung beigemessen, wie es für die kein Bestimmungsbuch ersetzen. anstehenden Fragen in der Planungs- und Alle gesetzlich geschützten und nach der Roten Behördenpraxis notwendig wäre. Liste Deutschlands gefährdeten Arten werden Bei der Lektüre des Werkes ist außerdem zu be- aufgelistet und in Bild und Text vorgestellt. Eine achten, dass sich mit der Novelle des Bundes- ausführliche Einleitung geht in allgemeinver- naturschutzgesetzes und des UVP-Gesetzes ständlicher Weise auf die komplizierten gesetzli- wichtige rechtlichen Grundlagen geändert ha- chen Grundlagen ein, definiert die Gefährdungs- ben. Dies betrifft nicht nur die grundsätzlichen kategorien der Roten Liste und kommentiert ak- Aussagen zur Landschaftsplanung und Eingriffs- tuelle Gefährdungsursachen. Erfreulicherweise regelung, sondern auch einzelne Fallbeispiele beschränken sich die Autoren nicht auf die klas- (z.B. Kap. 4.6 zur Windenergie). Trotzdem kann sischen Artenschutzinstrumente „Schutzstatus“ das Buch aufgrund der dargestellten Fallbeispie- und „Rote Liste“ – obwohl schon allein deren Er- le all denen empfohlen werden, die in ihrer be- läuterung und Abgrenzung für viele Naturfreun- ruflichen oder ehrenamtlichen Tätigkeit mit der de und Naturnutzer mitteilenswert ist. Fokussiert Landschaftsplanung befasst sind. Es ist zum wird zusätzlich auf jene Arten für deren langfri- Preis von 69,90 _ im Buchhandel erhältlich. stigen Erhalt Deutschland besondere Verant- wortlichkeit hat. Aus solch naturwissenschaftlich begründeter Verantwortlichkeit lässt sich – ne- D. Weihrich ben dem juristisch definierten Schutzstatus – oft besonders dringender Schutz- oder gar Hand- lungsbedarf ableiten. Von den 64 unter dem Ver- antwortlichkeitsaspekt für das Gebiet von Baumann, Helmut; Müller, Theo: Farbatlas Deutschland „wichtigsten“ Arten sind aus der Geschützte und gefährdete Pflanzen. - Stutt- Sicht Sachsen-Anhalts besonders zu erwähnen: gart: Ulmer Verlag, 2001. - 317 S. - 535 Farbfo- Armeria maritima ssp. hornburgensis, Biscutella tos. - 1 Tab. - ISBN 3-8001-3533-7. - 24,90 e laevigata ssp. gracilis, Carex bigelowii ssp. rigida, Coleanthus subtilis und Prunus fruticosa. Die 527 für eine Beschreibung ausgewählten Mit diesem handlichen Buch gelingt es den Au- Pflanzenarten werden mit Hilfe anschaulicher toren, den Leser anhand ansprechender Fotos Farbfotos vorgestellt. Der Text gibt eine Ein- und einer kurzen Auflistung wichtiger Informatio- führung in die Biologie, das Vorkommen sowie nen für den Schutz der heimischen Pflanzenar- den Gefährdungs- bzw. Schutzstatus. Besonders ten zu sensibilisieren. Es wird nicht der An- ausführlich sind die Gefährdungsursachen dis- spruch erhoben, alle geschützten bzw. gefährde- kutiert. In einer Tabelle werden auf 35 Seiten alle ten Pflanzenarten Deutschlands vorzustellen. geschützten bzw. gefährdeten Arten aufgelistet. Vielmehr konzentrieren sich die Autoren bei- Leider wird dieses 2001 erschienene Werk nicht spielhaft auf typische Vertreter gefährdeter taxo- dem Anspruch einer vollständigen und aktuellen nomischer bzw. ökologischer Gruppen. Dadurch Darstellung der Artenschutzrechtslage gerecht. gelingt es, unter Verzicht auf wiederkehrende Einige Rechtsgrundlagen haben sich schon lan- grundsätzliche Erläuterungen, die wichtigsten ge vor der Herausgabe des Buches geändert. Im Artenschutzinformationen in Taschenbuchformat 1998 neugefasste Bundesnaturschutzgesetz zu vereinen. Das Buch ist sowohl dem interes- wurde insbesondere der § 20a, welcher die Re- sierten Naturfreund , der nicht von einem Über- gelungen für den speziellen Artenschutz fest- fluss an speziellen Informationen oder eine schi- schreibt, neu formulierte. Dieser Paragraph (ab er unübersehbare Artenvielfalt verunsichert wird, 2002 § 10) schreibt u.a. die nationale Umset- als auch dem Fachbotaniker, der für ausgewähl- zung internationaler Vereinbarungen fest. Da- te Arten instruktive Fotos und kompakte Schnel- nach haben z.B. Arten der FFH-Richtlinie oder

63 des Washingtoner Artenschutzabkommens auch rungsschritten Naturräume unterschiedlicher Di- ohne Aufnahme in die Bundesartenschutzver- mension ausgeschieden worden. ordnung einen direkten nationalen Schutzstatus. Den kleinsten Naturraum bildet die forstliche Dieser Umstand wird im Buch nicht berücksich- Standortsform, die in langjähriger intensiver Kar- tigt. Neu festgeschrieben wurde im Bundesar- tierungsarbeit von vielen Standortserkundern tenschutzgesetz auch die Unterscheidung von vor Ort im Maßstab 1:10 000 in den Komponen- besonders geschützten bzw. streng geschützten ten Bodenform mit Nährkraft- und Feuchte- Arten. Die Bundesartenschutzverordnung wurde Kennzeichnung, Humusform, Klimaform, Relief- gleichfalls seit 1989 fortgeschrieben. Umfangrei- form und Vegetationsform erfasst wurde, wobei chere Änderungen erfolgten noch einmal 1999. der Boden eine zentrale Stellung einnimmt. Die- Da das Washingtoner Artenschutzabkommen se kleinsten, in sich weitgehend homogenen und seit 1996 in europäisches Recht umgesetzt wur- nicht mehr teilbaren Naturraumeinheiten wurden de, sollte man heute nicht mehr dessen Anlage durch Zusammenfassungen nach Ähnlichkeit C zitieren, sondern die entsprechende Verord- und räumlichem Kontakt in einem nächsten nung (EG) Nr. 338/97 und deren Anhänge. Auch Schritt zu forstlichen Mosaikbereichen verknüpft, dort gibt es einen Anhang C – aber mit anderen deren weitere Aggregation zu forstlichen Wuchs- Inhalten. Die Anhänge der Berner Konvention bezirken führte. Letztere wurden nach ähnlicher wurden 1998 ergänzt. Landschaftsgenese zu den größten Naturrau- Trotzdem veraltete rechtliche Bezüge verwendet meinheiten, den forstlichen Wuchsgebieten, zu- wurden ist das Hauptanliegen des Werkes, bei sammengefasst. einem breiten Leserkreis Verständnis für ge- Diese zunächst für Waldflächen erhobenen In- schützte und gefährdete Pflanzenarten sowie formationen sind durch Auswertung geologi- deren zumeist nutzungsbedingten Gefährdungs- scher Bodenkarten und der mittelmaßstäbigen ursachen zu wecken bzw. zu festigen, durchaus landwirtschaftlichen Bodenkartierung (MMK) so gelungen! aufbereitet worden, dass sie flächendeckend auf Das Buch kann zum Preis von 24,90 _ im Buch- die gesamte Landesfläche übertragen werden handel bezogen werden. konnten. So wurden für das Land Sachsen-Anhalt, das in Mitteleuropa zu den Gebieten mit der höchsten D. Frank standörtlichen Vielfalt zählt, 962 Mosaikberei- che, 66 Wuchsbezirke und 13 Wuchsgebiete ausgeschieden. Diese sind auf drei Karten im Maßstab 1:200 000 dargestellt. Eine textlich Naturraumerkundung des Landes Sachsen- kurzgefasste instruktive Erläuterung zu den Mo- Anhalt auf der Grundlage der Forstlichen Mo- saikbereichen enthält neben allgemeinen stan- saikbereiche. - Standortsregion Tiefland. - dortskundlichen Informationen Benennungen 344 S. - 1 Kt.; – Standortsregionen Hügel- von Stamm-Standortsgruppen, Bestandeszielty- land/Mittelgebirge. - 100 S. - 1 Kt. - Schriften- pen und Stamm-Vegetationsformen. Bei letzte- reihe der Forstlichen Landesanstalt Sach- ren wäre ein Vergleich mit den Einheiten bzw. sen-Anhalt. - Gernrode (2001)1 ein Bezug zu der Karte der Potentiellen Natürli- chen Vegetation Sachsen-Anhalts (veröffentlicht in: Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Diese Abhandlung stellt für das Land Sachsen- Sachsen-Anhalt, Sonderheft 1/2000) nützlich ge- Anhalt langjährige Forschungsergebnisse von wesen, um den praktischen Anwender beider renommierten Forstwissenschaftlern, Geogra- Karten unnötige Fragen zu verschiedenen Na- phen und Geoökologen zur Naturraumerkun- men für gleiche Sachverhalte zu ersparen. dung Ostdeutschlands vor. Auf einheitlicher und Im Text (Heft Hügelland/Mittelgebirge, S. 98) wissenschaftlich moderner methodischer Basis wird darauf verwiesen, dass für Waldflächen des sind in vier aufeinander aufbauenden Gliede- Landes noch tiefergehende Themenkarten zu

64 Bodensubstraten, Nährkraftstufen, Feuchtestu- lung, zur Historie und zur Methodik der Floristik fen, Relieftypen und Stamm-Vegetationsformen und der Vegetationskunde auf Siedlungsstandor- nahezu flächendeckend vorliegen. ten sowie zur Herkunft und zur Entwicklung der In zunehmendem Maße erfordern Problem- und Flora und der Vegetation. Der Hauptteil des Bu- Fragestellungen bei Forst- und Naturschutzfach- ches beschäftigt sich mit der Zusammensetzung planungen, Landschaftsrahmenplanungen, der der spontanen und der subspontanen Flora und Erarbeitung landschafts-pflegerischer Begleitplä- Vegetation der Siedlungen und mit angepflanz- ne, der Planung von Aufforstungen sowie bei ten Arten. Charakteristische Biotope werden be- weiteren umweltbezogenen Planungen und Akti- schrieben und auch Anwendungsaspekte vitäten auf Kreis- und Gemarkungsebene fun- berücksichtigt. dierte Informationen über Zustand und Potenzia- Die Extremlebensräume der Siedlungen stellen le der Umwelt. Hierzu liefert die vorgelegte Bear- besondere Ansprüche an die Vegetation, da hier beitung einen wertvollen Beitrag. die stofflichen Belastungen und die anthropoge- Die Schriftenreihe kann bei der Forstlichen Lan- nen Störungen nicht konstant sind und auch kei- desanstalt Sachsen-Anhalt, Haferfeld 1 in 06507 ner erkennbaren Periodik unterliegen. Die Verän- Gernrode bezogen werden. Die Schutzgebühr derungen der abiotischen Standortfaktoren wie für das Heft Standortsregion Tiefland beträgt Klima (einschließlich Luftverschmutzung), Bö- 25,00 _ und die für das Heft Standortsregionen den, Wasserhaushalt und Nutzung werden ein- Hügelland/Mittelgebirge 13,00 _. leitend umfassend dargestellt. Die bisher in der Literatur vorliegenden Bestand- saufnahmen der Flora und der Vegetation in G. Hofmann Siedlungen sind uneinheitlich, was die Auswer- tung und den Vergleich der Daten erschwert. Die Probleme werden vom Autor erläutert, und es werden Lösungen angeboten. Wittig, Rüdiger: Siedlungsvegetation. - Stutt- Im Gegensatz zum Titel des Buches werden im gart: Ulmer Verl., 2002. - 252 S. - 125 Farbfo- Hauptteil sowohl Flora als auch Vegetation nach tos. - 7 s.-w. Abb. - 48 Zeichn.. - 40 Tab. - Herkunft, Entwicklung und Zusammensetzung (Ökosysteme Mitteleuropas aus geobotani- umfassend abgehandelt. Die Ausführungen be- scher Sicht). - ISBN 3-8001-3693-7. - 69,90 ‚ ziehen sich im wesentlichen auf Flora und Vege- tation von Städten, charakteristische Biotope der Dörfer werden gesondert beschrieben, da sie Das Buch über die Siedlungsvegetation in Mitte- sich vom Umland weniger unterscheiden. leuropa erschien in der neuen Reihe des Ulmer Die Beschreibung der Flora enthält Aussagen zu Verlages „Ökosysteme Mitteleuropas aus ge- Samenpflanzen, Farnen, Moosen und Flechten. obotanischer Sicht“. Die Grundidee dieser Reihe Interessant sind die Beschreibung der Anpas- ist es, einerseits sowohl natürliche und naturna- sung der Samenpflanzen an das Stadtleben und he Ökosysteme (ursprüngliche Naturlandschaf- die Auswertungen hinsichtlich Artenzahlen, Zu- ten) als auch andererseits sekundäre Ökosyste- gehörigkeit zu Pflanzenfamilien, morphologisch- me (Kulturlandschaften) vorzustellen. Nach den anatomischer und physiologischer Eigenschaf- Veröffentlichungen über Moore und über Fließ- ten und ökologischer Zeigerwerte. Dabei zeigt gewässer des Binnenlandes als primäre Ökosy- sich, dass die Samenpflanzen offenbar am be- steme folgt nun mit dem Werk über die Sied- sten an das Stadtleben angepasst sind. Vor al- lungsvegetation die Beschreibung eines sekun- lem in Städten mit mehr als 50 000 Einwohnern dären Ökosystems. liegt die Artenzahl der Stadtflora höher als im Das Buch gibt eine umfassende Übersicht über Umland. die umfangreiche Thematik der Siedlungsvege- Die Beschreibung der Vegetation umfasst so- tation. Dazu gehören Ausführungen zu den wohl Aussagen zur spontanen als auch zur sub- Siedlungstypen und ihrer historischen Entwick- spontanen Vegetation. Die spontane Vegetation

65 der Städte ist eine „Vegetation der oft gestörten Plätze“, wo Gehölzgesellschaften kaum eine Rolle spielen. Unter subspontaner Vegetation werden diejenigen Pflanzengesellschaften ver- standen, die zwar ursprünglich vom Menschen angesät oder angepflanzt worden sind, in denen sich inzwischen aber ein Gleichgewicht der Ar- ten einstellen konnte. Die am weitesten verbrei- teten Gruppen von Pflanzengesellschaften (Tritt- pflanzengesellschaften, einjährige Wildkrautge- sellschaften und ausdauernde ruderale Hochs- taudengesellschaften) werden unter den Ge- sichtspunkten des Lebensraumes Stadt im Überblick erläutert. Die einzelnen Pflanzenge- sellschaften werden genannt und zum Teil be- schrieben sowie in Tabellen und auf Fotos dar- gestellt. Interessant ist die Zusammenstellung der Erkenntnisse zum Verhalten der einzelnen Gesellschaften in Abhängigkeit von den äußeren Einflüssen und von den morphologischen und physiologischen Eigenschaften der Arten. In einem gesonderten Teil werden die charakte- ristischen Biotope der Siedlungen in Abhängig- keit von der Nutzung (insbesondere von der Be- bauung) beschrieben. Die praktische Anwendung des Wissens über die Flora und die Vegetation von Siedlungen fin- det ihren Niederschlag beispielsweise bei der Begrünung von Bauwerken, Straßenrändern, Halden und Deponien, in der Bioindikation, bei der Verbesserung der Umweltsituation, bei der Erhöhung der Lebensqualität und im Rahmen des Naturschutzes in der Stadt. Auf diese Aspekte wird in einem abschließenden Kapitel eingegangen. Ein umfangreiches Literaturverzeichnis rundet das informative Werk ab. Das Buch ist zum Preis von 69,90 _ im Buch- handel erhältlich.

C. Röper

66 Impressum

ISSN 0940-6638 Hinweise für Autoren: Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt Für unverlangt eingereichte Manuskripte wird keine Haftung, insbesondere keine Verpflichtung Herausgeber: zur Veröffentlichung übernommen. Grundsätzlich Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, werden nur bisher unveröffentlichte Beiträge an- Abteilung Naturschutz, PF 200841, genommen. Es wird gebeten, die Manuskripte, 06009 Halle/S., wenn möglich mit einem Textverarbeitungspro- Telefax 03 45/5 70 41 90 gramm auf Diskette gespeichert, an die Redakti- on einzureichen. Der Umfang des Manuskriptes Redaktion: sollte zehn Schreibmaschinenseiten (1,5zeilig Dr. Ursula Ruge, geschrieben) nicht überschreiten. Die Autoren Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, sind für den fachlichen Inhalt ihrer Beiträge Reideburger Str. 47, selbst verantwortlich. Die von ihnen vertretenen 06116 Halle/S., Ansichten und Meinungen müssen nicht mit de- Telefon 03 45/5 70 46 11 nen des Herausgebers übereinstimmen. Eine re- daktionelle Überarbeitung wird abgestimmt. Die Schriftleitung: Beiträge können nicht honoriert werden, es wer- den zehn Exemplare des jeweiligen Heftes zur Peter Andrä, Ministerium für Landwirtschaft und Verfügung gestellt. Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt, Dr. Wolf- gang Böttcher, Regierungspräsidium Magde- Vertrieb: burg; Dr. Matthias Jentzsch, Regierungspräsidi- Naturschutz- und andere Behörden und Dienst- um Halle; Dr. Ulrich Lange, Landesamt für Um- stellen sowie haupt- und nebenamtliche Natur- weltschutz Sachsen-Anhalt; Dr. Lutz Reichhoff, schutzmitarbeiter/innen im Land Sachsen-Anhalt LPR Landschaftsplanung Dr. Reichhoff GmbH; erhalten die Zeitschrift kostenlos. Alle kostenlos Robert Schönbrodt, Landesamt für Umwelt- abgegebenen Hefte dürfen auch nur kostenlos schutz Sachsen-Anhalt; Dr. Uwe Thalmann, Re- weitergegeben werden. Käuflicher Bezug gegen gierungspräsidium Dessau eine Schutzgebühr über Bestellung bei NATURA- Fachbuchhandlung, Ernst-Thälmann-Str. 102, Gestaltung und Satz: 14532 Kleinmachnow, Telefon: 033203/22468. Rainer Sauerzapfe, Grafik-Design und Illustration, Schutzgebühr: 2,50 _ Waldweg 52, 06846 Dessau Nachdrucke – auch auszugsweise – sind nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Herausgebers Druck: gestattet. Repromedia Leipzig AG, Gedruckt auf Papier mit 50 % Altpapieranteil. Johannisplatz 21, 04103 Leipzig

Der Nachdruck von Karten erfolgt mit Genehmi- gung des Landesamtes für Landesvermessung Titelbild: und Datenverarbeitung Sachsen-Anhalt. Eichstädter Warte auf der Querfurt-Merseburger (Genehm. Nr. LvermD/V/0046/98) Platte (Foto: O. Arndt)

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