SÜDWESTRUNDFUNK SWR2 Wissen – Manuskriptdienst Fährt
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SÜDWESTRUNDFUNK SWR2 Wissen – Manuskriptdienst Fährt die Bahn aufs Abstellgleis? Autor: Helmut Frei Redaktion: Detlef Clars Regie: Andrea Leclerque Sendung: Montag, 14. Oktober 2013, 8:30 Uhr, SWR2 Wissen Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Mitschnitte auf CD von allen Sendungen der Redaktion SWR2 Wissen/Aula (Montag bis Sonntag 8.30 bis 9.00 Uhr) sind beim SWR Mitschnittdienst in Baden-Baden für 12,50 € erhältlich. Bestellmöglichkeiten: 07221/929-26030 SWR 2 Wissen können Sie ab sofort auch als Live-Stream hören im SWR 2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/wissen.xml Manuskripte für E-Book-Reader E-Books, digitale Bücher, sind derzeit voll im Trend. Ab sofort gibt es auch die Manuskripte von SWR2 Wissen als E-Books für mobile Endgeräte im so genannten EPUB-Format. Sie benötigen ein geeignetes Endgerät und eine entsprechende "App" oder Software zum Lesen der Dokumente. Für das iPhone oder das iPad gibt es z.B. die kostenlose App "iBooks", für die Android-Plattform den in der Basisversion kostenlosen Moon-Reader. Für Webbrowser wie z.B. Firefox gibt es auch so genannte Addons oder Plugins zum Betrachten von E-Books. http://www1.swr.de/epub/swr2/wissen.xml Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de Dieses Manuskript enthält Textpassagen in [Klammern], die aus Zeitgründen in der ausgestrahlten Sendung gekürzt wurden. 1 MANUSKRIPT Cut 1: (Telefongeräusch) Guten Tag. Sie sind verbunden mit dem Zentralstellwerk in Mainz Hauptbahnhof. Leider rufen Sie außerhalb unserer Besetztzeiten an. Das Stellwerk ist von Montag bis Freitag besetzt von acht bis zwölf Uhr und von 14 Uhr bis 17 Uhr. An Wochenenden ist das Stellwerk geschlossen. Der einzige Zug, der in Mainz pünktlich fährt, ist der Rosenmontagszug. Aufwiederhören. (Pieps). Sprecherin: Es darf gelacht werden – bei diesem Rückblick auf ein Ereignis, das die Spitze der Deutschen Bahn selber als Blamage bezeichnete. Mitte August 2013 standen im Mainzer Hauptbahnhof zeitweise alle Räder still. Ein Notfahrplan wurde ausgearbeitet, weil drei Eisenbahner, die zur Mannschaft des Mainzer Zentralstellwerks gehören, in Urlaub und fünf krank waren. Acht von 15 Eisenbahnern, die normalerweise rund um die Uhr und alle Tage des Jahres dafür sorgen, dass in der Landeshauptstadt Mainz Züge fahren können. Mit dem Witz auf dem Anrufbeantworter machte Thilo Böhmer seinem Ärger Luft. Der Lokführer fährt Güterzüge einer privaten Eisenbahngesellschaft durch Deutschland. Und er gehört zu den Kritikern einer – wie er sagt – falschen Bahnpolitik. Der Stillstand in Mainz sei nicht zuletzt das Ergebnis einer fatalen Weichenstellung: der Bahnreform. Sie startete vor zwanzig Jahren, im Januar 1994. Eigentlich sollte sich die Staatsbahn gesundschrumpfen. In Wirklichkeit präsentiert sie sich nach Ansicht Thilo Böhmers heute mehr denn je als chronisch krank. Cut 2: (Kurze Auftaktatmo zum Blenden) Bei Reisezügen wurde den Reisenden im Zug immer erklärt, dass es sich hierbei um eine Signalstörung handelt. Es geht aber nicht um die Signalstörung, es geht einfach um die Stellwerkstörung, die gar keine ist eigentlich. Wenn einfach zu wenig Leute da sind und wenn die ihren Arbeitsplatz verlassen, dann melden die sich ab an der Betriebszentrale, beim Zuglaufdisponent. Und die Pause steht ihnen auch zu, bzw. die muss gemacht werden. Es ist also nicht nur in Mainz so, dass die Fahrdienstleiter fehlen. Es gibt noch viele andere Standorte in Deutschland. Bei Güterzügen is es genau das Gleiche: die Züge müssen umgeleitet werden, die müssen stehen bleiben, die brauchen andere Fahrpläne, Umleitungsfahrpläne. Es geht auch um Zulaufstrecken, die das Stellwerk halt auch überwacht und steuert, und da können diese Züge natürlich dann in diesen Zeiten auch nicht lang fahren. (Atmo zum Blenden) Ansage: Fährt die Bahn aufs Abstellgleis? Von Helmut Frei Cut 13: (Kurze Autaktatmo / 12 Sekunden/ zum Einblenden über die letzten Worte der Ansage b) Meine Damen und Herrn, um voraussichtlich um 18.54 Uhr erreichen wir Ulm Hauptbahnhof auf Gleis drei mit einer Verspätung von neun Minuten. Der ICE 512 nach Münster wartet leider nicht auf uns. Und Fahrgäste in andere Richtung zum Beispiel Berlin und Hannover wenden sich bitte in Ulm an den Servicepoint. 2 Sprecherin: Und dort werden sie dann erfahren, dass sie den Nachtzug nicht mehr erreichen, für den sie Plätze reservieren mussten. Alltag auf deutschen Schienen. Ob bei der Fahrt vom Bodensee über Ulm nach Stuttgart oder im Mannheimer Hauptbahnhof. Cut 14: (Atmo Auftakt bis 0:08) Information zum ICE nach Stuttgart. Abfahrt 15.56 Uhr. Heute circa 30 Minuten später. (Atmo ab 0:17 zum Blenden). Sprecherin: Bahnkunden sind verärgert. Immer öfters ist ein ICE nur mit einem Zugteil statt mit zweien unterwegs. Viele Fahrgäste finden deshalb keinen Sitzplatz, selbst wenn sie eine Platzkarte gekauft haben. Sie werden nicht wie Gäste behandelt, sondern wie Ware. Manchmal fallen Züge komplett aus, bleiben Bistro und Zugrestaurant geschlossen, weil das Personal nicht an Bord ist. Nach wie vor streiken Klimaanlagen in Zügen. Cut 22: (Vorlauf Atmo bis 0:09. Soll schon unter dem vorhergehenden Text beginnen) Einen recht schönen Tag meine Damen und Herrn und herzlich willkommen im ICE der Deutschen Bahn nach München. Und wir wünschen eine angenehme Fahrt. Im Wagen acht im Bordbistro und Bordrestaurant ist leider unsere Klimaanlage ausgefallen. In diesem Wagen dürfen sich auch leider keine Fahrgäste heute aufhalten. Bitte nehmen Sie in der ersten wie auch in der zweiten Wagenklasse Plätze ein, Vielen Dank. (Atmo ab 0:34 bis Schluss zum Blenden) Sprecherin: Rückblende. Februar 2001. Bundesparteitag der Grünen in Stuttgart. Endlich rückt der Schienenverkehr in den Blickpunkt der Politik. Bei der anstehenden Landtagswahl in Baden-Württemberg wollen sie punkten. Fritz Kuhn, heute Stuttgarter Oberbürgermeister und damals noch Parteichef der Grünen, begrüßt Kurt Bodewig. Der SPD-Politiker kommt als Bundesverkehrsminister und wird von Kuhn hofiert: Cut 15: Ich darf Sie nochmal begrüßen bei der Bahnpartei der Bundesrepublik Deutschland: Bündnis 90 – Die Grünen (Beifall) Hier gehören Sie hin, lieber Herr Bodewig, auch wenn Sie Mitglied der SPD sind. Sprecherin: Inzwischen würden sich viele Grüne dagegen verwahren, als Angehörige der „Bahnpartei“ bezeichnet zu werden. Sie setzen andere Zeichen. Wenige Tage vor der Bundestagswahl und in Begleitung von Kabinettskollegen besucht der baden- württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Automesse IAA in Frankfurt. Ein Zeitungsfoto zeigt den grünen Regierungschef und seinen Verkehrsminister Winfried Hermann, wie sie andächtig den Ausführungen des Porsche- Chefs lauschen. Wie Buben stehen sie vor einem neuen superstarken Porsche, der sowohl mit einem Benzin- als auch mit einem Elektromotor ausgerüstet ist. Porsche feiert das Fahrzeug als Beitrag zur angeblichen E-Moblität. Eine ähnlich publikumswirksame Lobby hat die Bahn nicht. Dabei misst zum Beispiel der Verkehrsgeograph Heiner Monheim, auf den sich grüne Kritiker der aktuellen 3 Bahnpolitik gerne berufen, der Eisenbahn eine Schlüsselrolle in der Umweltpolitik zu. Monheim lehrt an der Uni Trier und wohnt in Bonn: Cut 8: Wenn der Auftrag der Bahn is – und ich würde sagen, es muss der Auftrag sein, das wichtigste Instrument in der Klimapolitik zu sein. Und wenn wir außerdem auf den Verkehrsmarkt gucken und uns immer nochmal klar machen, dass 80 Prozent aller Personenmobilität Nah-Mobilität ist, also das bewegt sich im Bereich des Regionalverkehrs, dann ist klar: wir brauchen ganz viel Investitionen in die Kapazitäten der S-Bahnen. Wir haben viel zu wenig S-Bahn-Systeme und die S-Bahn-Systeme, die wir haben, sind viel zu wenig ausgebaut worden. Also Bonn und Köln – wir sitzen jetzt hier in Bonn – haben keine S-Bahn-Verbindung. Das ist absurd. Also wir sind mitten im Ballungsraum. In den großen Metropolen der Welt würde hier ein Fünfminuten-Takt auf der Schiene fahren und wir fahren hier mit Regionalbahn und Regionalexpress mit Ach und Krach im Halbstundentakt. Sprecherin: Tatsächlich ist der Ballungsraum Köln-Bonn ein Musterbeispiel der zunehmenden Verstädterung. Zwar gibt es eine Straßenbahn, die beide Städte verbindet, aber ihre Kapazität ist begrenzt. Und im Großraum Köln droht der Straßenverkehr immer wieder zum Erliegen zu kommen, weil sich LKW-Schlangen über die Autobahnen winden. Das war auch Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig klar. Er schwärmte von der künftigen Rolle der Bahn. Cut 16: Zentraler Bestandteil unseres Reformkonzeptes ist die Erhöhung des Verkehrsanteils an der Schiene. Und da hab ich mich eindeutig festgelegt: Wir werden bis zum Jahr 2015 den Güterverkehr auf der Schiene verdoppeln. Das ist ein verdammt ehrgeiziges Ziel. (Beifall an 0:16) Sprecherin: Klingt phantastisch. Aber die Konkurrenz von der Straße ist der Eisenbahn längst davongefahren, im Personen- wie im Güterverkehr. Zwischen 2000 und 2012 nahm die Verkehrsleistung der Güterbahn auf deutschen Strecken viel weniger zu als erhofft. In wirtschaftsschwachen