(1931) Sp. 161 Ff., 30. Jgg. (1932) Sp. 15 Ff., 31. Jg
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Familiengeschichtliche Blätter, 29. Jgg. (1931) Sp. 161 ff., 30. Jgg. (1932) Sp. 15 ff., 31. Jg. (1933) Sp. 13 ff., 32. Jg. (1934) Sp. 29 ff.. Der Banner der freiwilligen Sachsen von 1813. Von Sigfrid H. STEINBERG , Leipzig. In magnis voluisse sat est. Die äußere Geschichte des „Banners der freiwilligen Sachsen“ ist schnell erzählt. Das einige Tage nach der Völkerschlacht bei Leipzig von den Verbündeten ein- gesetzte Generalgouvernement unter dem russischen FÜRSTEN REPNIN erließ am 31. Oktober 1816 einen Aufruf zur Bildung eines Freiwilligenkorps, der sich an die entsprechenden preußischen Verfügungen vom 3. und 27. Februar desselben Jahres anschloß. Leiter des sich im nächsten Halbjahr bildeten Truppenkörpers wurde der sächsische Generalmajohr Karl Adolf VON CARLOWITZ . Als der Banner im März 1814 ins Feld rückte, über- nahm jedoch, da CARLOWITZ erkrankt war, der bis dahin im Generalgouvernement tätige Dietrich VON MILTITZ als Oberst der Kavallerie die Führung. Am 24. März brach die Truppe von Sangerhausen, wo sie nach einer Besichtigung durch REPNIN am 20. März auf den ZAREN ALEXANDER vereidigt war, nach dem westlichen Kriegsschauplatz auf. In Darmstadt wurde am 19. April der Banner dem 5. deutschen Armeekorps unter HERZOG Ernst VON GOTHA unterstellt und beteiligte sich an der Einschließung der Festung Mainz, in die er schon am 4. Mai nach erfolgter Übergabe mit einziehen konnte. Am 16. Juni trat die Truppe den Rückmarsch an, wurde am 17. Juli in Wurzen von ihrem obersten Kriegsherrn ALEXANDER besichtigt und marschierte am 24. Juli in Dresden ein, wo sie aufgelöst wurde. So ist die Geschichte des Banners ohne jedes be- merkenswerte Ereignis abgelaufen. Ohne dem Feind je Auge in Auge gegenüber gestanden zu haben ist er nach nur viermonatiger Tätigkeit ruhmlos in die Hei- mat zurückgekehrt. Die einzigen Verluste, die der Ban- ner erlitten hat, sind durch Leichtsinn oder Fahrlässig- keit herbeigeführt worden: Auf dem Marsch ins Feld ertranken beim Übergang über den Main am 12. April 62 Mannschaften in der Nähe von Miltenberg; hier ließ ihnen Dietrich VON MILTITZ einen einfachen, würdigen Grabstein setzen. Mit welch hochfliegenden Hoffnungen hatten da- gegen die Führer des Banners noch vor kurzem seine Gründung begrüßt und von ihm eine günstige Wen- dung für das Schicksal ihres sächsischen Vaterlandes erhofft! Es ist nicht nur für die Geschichte Sachsens, sondern darüber hinaus für die innere Geschichte Deutschlands bis auf die Gegenwart hinab ein Verhängnis geworden, daß, ebenso wie der „Banner der freiwilligen Sachsen“ selbst für die militärischen Ereignisse der Freiheitskriege bedeutungslos geblieben ist, auch die Pläne und Erwartungen, die seine Schöpfer und Führer auf in setzten, nicht zur Auswirkung gelangt sind. Dietrich VON MILTITZ , der fähigste Kopf des deutsch- gesinnten sächsischen Adels, der Freund des roman- tischen Dichters Friedrich VON HARDENBERG , des FREIHERRN VOM STEIN , GNEISENAUs und der deutschen Freiheitsbewegung, hatte schon im April 1813 dem FREIHERRN VOM STEIN eine Denkschrift über die Bewaffnung des sächsischen Volkes vorgelegt. Damals hoffte er noch, daß sein Vaterland tätig an der allgemeinen Erhebung teilnehmen und sich durch eigene Kraft die Gleichberechtigung mit den übrigen Freiheitskämpfern erstreiten würde. Die Furcht der legitimistischer Herrscher vor jeglicher eigener Regung der Untertanen, die dem in gleicher Richtung wie MILTITZ tätigen BLÜCHER einen scharfen Verweis wegen seines Aufrufs an die Sachsen eintrug, und der Umschwung nach der Schlacht bei Großgörschen, der die Verbündeten zur Räumung des linkselbischen Sachsens zwang, vereitelte diesen Plan. Als nach der Schlacht bei Leipzig der Französling FRIEDRICH AUGUST gefangen genommen war und seines Thrones verlustig gegangen zu sein schien, da stellten sich MILTITZ und seine Freunde sofort dem FREIHERRN VOM STEIN zur Verfügung, der mit der Errichtung des sächsischen Generalgouvernements den ersten Schritt zu einer neuen großzügigen Mediatisierung der kleinen und mittleren deutschen Fürstlichkeiten zu tun hoffte. Die politischen Pläne der deutschen Patrioten in Sachsen waren zunächst keineswegs klar; nur eins stand ihnen fest: die Einheit und Zusammengehörigkeit Sachsens mußte erhalten bleiben. Und das sollte der politische Hauptzweck des Banners im Sinne der MILTITZ , CARLOWITZ , OPPEN sein: Durch freiwillige kriegerische Leistungen dem sächsischen Volke das Maß von Achtung zurückzugewinnen, das sein König zugunsten des Landesfeindes verspielt hatte, und damit weiter dem sächsischen Volke das Recht auf Mitwirkung an seinem künftigen Schicksal zu sichern, das dem entthronten Herrscher nicht mehr zugestanden werden konnte. Aus diesen Erwägungen heraus kam dann die Stellung des Banners unter den russischen Oberbefehl zustande: Man wollte sich einerseits in Deutschland selbst zunächst noch an keine der Mächte binden, man wollte sich andrerseits in dem Haupt der Verbündten einen gewichtigen Fürsprecher sichern. Indessen entsprach weder der Banner den auf ihn gesetzten Erwartungen, noch gingen die Hoffnungen der sächsischen Patrioten auf die ungeteilte Erhaltung Sachsens in Erfüllung. Den zeitweilig von MILTITZ genährten Wünschen des Weimarer Großherzogs auf den sächsischen Königsthron fehlte der Hintergrund realer Macht; die dann von MILTITZ als Vertrautem HARDENBERGs und STEINs auf dem Wiener Kongreß mit Feuereifer betriebene Einverleibung des ganzen Sachsens in den preußischen Staat scheiterte an der Eifersüchtelei der Großmächte, den Umtriebenen TALLEYRANDs und der von diesem geschickt ausge- nützten Agitation FRIEDRICH AUGUSTs und der säch- sischen Partikularisten. Spielt auch in diesen politischen Machenschaften der „Banner der freiwilligen Sachsen“ keine Rolle mehr, so mußten sie doch kurz skizziert werden, weil in den Plänen der Einverleibung ganz Sachsens in Preußen, dem letzten unerreichten Ziel der Bannerführer, erst die eigentliche Bestimmung des Banners zum Ausdruck kommt. Über die Gestaltung der vorliegenden Ausgabe ist folgendes zu sagen: Das Archiv der Familie FRH. V. MILTITZ auf Siebeneichen enthält aus dem Nachlaß Dietrichs VON MILTITZ unter den Bannerakten das vollständige „Stammbuch sämmtlicher Freywilligen des Banners“ sowie ein „Alphabetisches Namens- Verzeichniß sämmtlicher Freywilligen des Banners“. Dieser letzte Band wurde für die Anordnung zugrunde gelegt, das „Stammbuch“ für die eigentlichen Angaben benutzt; aus diesem wurden auch die im Registerband ausgelassenen Namen ergänzt. In der Schreibweise der Familiennamen bin ich dem Register gefolgt; die sehr zahlreichen Abweichungen des Stammbuchs sind in Klammern hinzugefügt. Schon aus ihnen geht her- vor, da die Freiwilligen fast durchweg ohne Papiere sich eingestellt haben müssen, und ferner, daß sowohl sie wie der Schreiber ein unverfälschtes Sächsisch ge- sprochen haben. Dagegen sind alle übrigen Angaben in moderner Schreibweise wiedergegeben; ein bei den Ortsnamen recht schwieriges Geschäft, wo etwa Gautzsch mit „Kautsch“, Pegau mit „Bega“ ausge- drückt ist - Irrtümer müssen hier als durchaus möglich offengelassen bleiben; jedoch habe ich in Zweifels- fällen immer die Schreibweise des Textes stehen gelassen. In den Fällen, wo der Geburtsort nicht ange- geben ist, habe ich den derzeitigen Aufenthaltsort in Klammern eingefügt; in den meisten Fällen dürfte er sich mit dem Geburtsort decken. Sonst ist die An- gabe des Aufenthaltsorts als für Familiengeschichts- forscher minder wichtig fortgelassen, ebenso die Spalten „Ob er sich selbst equipirt“, „Wahl der Truppen“ und „Zu welcher Compagnie oder Escadron er getheilt“. Da die überwiegende Mehr- zahl der Freiwilligen der evangelischen Konfession angehört, ist dies als Regelfall unterstellt, und nur Ausnahmen davon (reformiert, katholisch) sind verzeichnet. Dagegen sind alle übrigen Anmer- kungen in Kürze aufgeführt worden. Es handelt sich dabei um Angaben über Beförderungen, Ver- setzungen zur Landwehr, Tod (die im Main Er- trunkenen!), Mitteilungen über den Ort der Meldung (in den Fällen, wo Geburts- und Auf- enthaltsort fehlen, ein Anhalt für weitere Nach- forschungen) oder den aufnehmenden Werbeoffi- zier; ferner sind durchweg angeführt die Stifter von Equipierungen für die Freiwilligen, die auch ihr bescheidenes Teil für Deutschlands Befreiung beigesteuert haben. Für den im Banner herrschen- den Geist rühmlicher als für die Betroffenen sind die Anmerkungen, die für die Mannszucht und den kamaradschaftlichen Geist der Truppe zeugen: Ausstoßung wegen „inkorrigibler Conduite“, wegen Dieberei und anderer Vergehen, aber auch wegen militärischer Untüchtigkeit zeigen an, daß der Banner an wackerer Gesinnung keineswegs hinter andern Freiwilligentruppen, wie etwa den Lützower Jägern, zurückstand. Im übrigen sei auf die gründliche und für die Tat- sachenangaben zuverlässige Arbeit von R. MÜLLER , Das Banner der freiwilligen Sachsen (Schriften des Vereins für die Geschichte Leipzigs, IX, 1909, S. 113-141) verwiesen. Eine gewisse Ergänzung bietet das Werk von H. V. PETERSDORFF , General J. A. FRH. V. THIELMANN (Leipzig 1894). In den Geist Sachsens von 1813 würde gut einführen O. E. SCHMIDT , Aus der Zeit der Freiheitskriege. 87 ungedruckte Briefe und Urkunden aus sächsischen Adelsarchiven (Leipzig 1914), wenn das Buch nicht von falschen Lesarten und unrichtigen Datierungen wimmelte und die Zwischen- bemerkungen des Herausgebers in ihrer sächsisch-parti- kularen Einstellung nicht dem Geist der von ihm darge- botenen Schriftstücke völlig widersprächen. Zum Schluß habe ich noch die angenehme Pflicht, dem FREIHERRN Carl Ludwig