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H.-U. WILI: GIUSEPPE VERDI (1813-1901) Messa da Requiem (1868-1874) 1 31.12.2015, 16.30h/huw (VerdiRequiem2016z.docx) Konzert des Singkreises Wohlen vom 29. Mai 2016 im Kulturcasino Bern: GIUSEPPE VERDI (1813-1901): Messa da Requiem (1868-1874) Inhaltsübersicht Nr. Bst. Inhalt S. Rz. I. Einleitung 3-4 1-4 II. GIUSEPPE FRANCESCO FORTUNINO VERDI (1813-1901) 4-125 5-168 A. Lebensabriss und Charakterisierung 4-83 5-156 a. Herkunftsfamilie, Jugend und Bildung 4-9 5-20 1. Geistliche und weltliche Frühkompositionen VERDIS 5-8 7-12 2. Oberto, conte di San Bonifacio 8 13 3. Un giorno di regno ossia il finto Stanislao 9 14 b. VERDIS „Galeerenjahre“ 9-13 15-20 c. VERDI – Dramatiker par excellence 13-50 21-102 4. Nabucco 15-16 25-26 5. I Lombardi alla prima crociata 16-17 27-29 6. Ernani 18-19 30-33 7. I due Foscari 19 34-35 8. Giovanna d’Arco 19-20 36 9. Alzira 20 37 10. Attila 20-21 38-39 11. Macbeth 21-22 40-41 12. I masnadieri 22-23 42-44 13. Jérusalem 23-25 45-47 14. Il corsaro 25-26 48-50 15. La battaglia di Legnano 26-28 51-54 16. Luisa Miller 28 55-56 17. Stiffelio 29-30 57-59 18. Rigoletto 31-32 60-63 19. Il trovatore 32-34 64-67 20. La traviata 34-37 68-71 21. Les vêpres siciliennes 37-38 72-73 22. Simon Boccanegra I 38 74-75 23. Aroldo 39 76 24. Un ballo in maschera 39-40 77-79 25. La forza del destino 41-42 80-82 26. Inno delle nazioni 42 83 27. Don Carlo 42-44 84-88 28. Aida 44-45 89-91 29. Streichquartett 45-46 92 30. Simon Boccanegra II 46 93 31. Otello 46-48 94-97 32. Ave Maria auf eine scala enigmatica 48 98 33. Falstaff 48-49 99-102 34. Quattro pezzi sacri 50 103 d. VERDI – Komponist und Kosmopolit zu Beginn des 50-51 104-105 Eisenbahnzeitalters e. VERDI wird zum Grossverdiener, Grossgrundbesitzer und 52-60 106-119 Unternehmer f. VERDI als Verteidiger seiner Freiheit und Unabhängigkeit 60-63 120-124 H.-U. WILI: GIUSEPPE VERDI (1813-1901) Messa da Requiem (1868-1874) 2 Nr. Bst. Inhalt S. Rz. g. VERDI als Politiker 63-71 125-139 h. Politische Verhältnisse in Italien zu VERDIS Lebenszeit: 71-76 140-148 Entstehen des Nationalstaates i. VERDI und das Urheberrecht 76-79 149-151 j. VERDI als Wohltäter 79-80 152-153 k. VERDI jenseits seines kokettierenden Eigenbildes 80-83 154-156 B. VERDIS Werke 83-125 157-168 a. Opern 83-122 157-162 b. VERDIS geistliche Werke 122-123 163 c. Lieder 123-124 164-166 d. Übrige Werke 124-125 167-168 III. Requiem 125-132 169-177 a. Begriff und Entstehung 125-126 169 b. Musikalische Entwicklung 126-127 170-171 c. Speziell die Sequenz Dies irae 127 172 d. Von der frühmittelalterlichen absolutio super tumulum zum Libera 127 173 me e. Requiemsvertonungen 127-128 174 f. Erweiterung musikalischer Requiemsformen im 19. und 20. Jahr- 129-131 175-177 hundert IV. VERDIS Requiem 131-142 178-204 a. VERDIS Religiosität 131 178 b. VERDIS Antiklerikalismus 131-137 179-186 c. VERDIS verheimlichte Heirat 137-138 187-191 d. Würdigung von VERDIS Requiem 138-139 192-193 e. VERDI – agnostischer Requiemskomponist?! 139-142 194-200 f. Fehlende Teile in VERDIS Requiem 142 202 g. Richtige Stimme und Rezitieren in VERDIS Requiem 142 203-204 V. Literatur 143-152 - Übersicht über die Tabellen Nr. Inhalt Rz. Fn. - Wiederkehrende Vertonung von Opernstoffen im 18./19. Jahrhundert. Beispiele 29 1 VERDIS sechs Opern für Bühnen ausserhalb Italiens 20 - 2 VERDIS 27 Reisen an Ziele ausserhalb Italiens 104 - 3 VERDIS Zweitwohnsitz in Genua 106 - 4 VERDIS Einkommenssteigerung im Vergleich zu ROSSINI, BELLINI und seiner 107 - eigenen Karriere 5 Vergleichsgrösse: Jahresgagen anderer Berufe in den gleichen Jahren 108 - 6 „Il Paesano delle Roncole“: Grossgrundbesitzer VERDIS Grundstückkäufe 118 - 7 VERDIS Aktionen zugunsten des Ausbaus des Urheberrechts 150 - 8 Auszeichnungen VERDIS 156 - 9 Kanon des Opernschemas seit ROSSINI 157 - 10 GIUSEPPE FORTUNINO FRANCESCO VERDI (1813-1901: Werkübersicht 160 - 11 VERDIS Charakterisierung von Stimmungen durch Tonarten 161 - 12 Zum Vergleich: Stark frequentierte Bedeutung der Tonarten in der neueren 162 - Musikgeschichte 13 Vertonungen von GOETHE-Gedichten durch SCHUBERT und durch VERDI 164 - 14 Messa per Rossini 181 - - Werkliste der partizipierenden 13 Komponisten der Messa per Rossini - 424 15 Aufführungen des Requiems unter VERDIS eigenem Dirigat 186 - H.-U. WILI: GIUSEPPE VERDI (1813-1901) Messa da Requiem (1868-1874) 3 I. Einleitung 1 Mit VERDIS Requiem führt der Singkreis Wohlen 2016 das „geistliche“ Hauptwerk des heute mit grossem Abstand rund um den Erdkreis meistgespielten Opernkomponisten überhaupt auf. Dass ein Bühnendramatiker par excellence ausgerechnet einen vorgegebenen klerikalen Text vertonen will, mag zunächst erstaunen. Das Werk hat denn auch eine ganz eigene, überaus merkwürdige Geschichte, die zu studieren sich vor der Aufführung lohnt. Denn VERDI hat seinem Requiem ein Gemeinschaftswerk mit andern Komponisten vorausgeschickt und seinen Beitrag zu dieser Pasticcio-Messe – das Libera me – in überarbeiteter Form in sein Requiem übernommen. Pikanter Weise aber gehört das Libera me gar nicht zum Kernbestand des Requiemstextes. Die Genese der Pasticcio-Messe lässt Rückschlüsse zu auf VERDIS Motivation, ein Requiem zu schreiben. Beide Male hat VERDI selbst die Komposition angeregt: Zunächst nach GIOACHINO ROSSINIS, später nach ALESSANDRO MANZONIS Tod. Und beide Male war die Anregung nach demselben Plan inszeniert: Am ersten Todestag sollte die Uraufführung an einem zentralen Wirkungsort des Verstorbenen stattfinden. VERDI hat also auch die Tonschöpfung einer Totenmesse mit dem ihm eigenen Sinn für Dramatik inszeniert. 2 Eine genauere Analyse zeigt: VERDI hat sich nicht auf die Anregung zur Pasticcio- Messe für ROSSINI und auf die Komposition seines Teils beschränkt. Als ihre Uraufführung genau am ersten Todestag ROSSINIS scheiterte, hat er seine jahrzehntelange Freundschaft mit dem dafür vorgesehenen Dirigenten ANGELO MARIANI unwiderruflich abgebrochen und ihm bis zu dessen Tod jegliches Gespräch verweigert. Das dramatische Scheitern des ersten Plans ist VERDI also unter die Haut gegangen. Aber auch ein genauerer Blick auf die Liste der Mitautoren der Pasticcio-Messe zeigt: VERDIS Handschrift war viel intensiver, als nach aussen sichtbar gemacht wurde. Es kann kein Zufall sein, dass – abgesehen vom bereits erblindeten SAVERIO MERCADANTE, den sich VERDI vergeblich als Mitkomponisten gewünscht hatte – sämtliche Mitautoren heute nurmehr durch ihren Beitrag zur Pasticcio-Messe eine bescheidene Bekanntheit geniessen. VERDI hatte aber gewünscht, dass die bekanntesten und bedeutendsten Komponisten Italiens an der Messe mitschreiben sollten. Geht man die Liste der Mitautoren durch, so fallt auf, dass sie allesamt mit VERDI gemeinsame Berührungspunkte hatten und mit ihm längst bekannt gewesen sein mussten, dass die meisten von ihnen weniger Kirchenmusik als vielmehr Opern geschrieben hatten, dass manche von ihnen dafür Librettisten hatten, welche auch VERDI hatte, und vor allem: Dass die meisten von ihnen wie VERDI mit spezifisch patriotischen Werken hervorgetreten waren, welche beim Klerus des 1869 noch bestehenden Kirchenstaates alles andere denn positiv aufgenommen worden sein konnten. Anders ausgedrückt: Mitautoren, die dem reaktionären päpstlichen Regime kaum mehr als VERDI abgewinnen mochten. Eine Messe also von kirchenkritischen Komponisten. 3 Aber warum dann eine Messe? Und warum nach dem Scheitern ihrer Uraufführung an dem einzigen, von VERDI selbst diktierten Datum anschliessend noch ein ganzes Requiem? Zwischen der gescheiterten Pasticcio-Messe für ROSSINI und VERDIS Requiem lagen drei bedeutsame Ereignisse: Erstens fand das I. Vatikanische Konzil statt, welches auf Betreiben des intransigenten Papstes PIUS IX. am 18. Juli 1870 den päpstlichen Jurisdiktionsprimat und die päpstliche Unfehlbarkeit dogmatisierte. Zum Zweiten brach der Deutsch-französische Krieg aus, der Frankreich nötigte, seine 1849 zum Schutz des Kirchenstaates stationierten Truppen abzuziehen, welche über ein Jahrzehnt lang verhindert hatten, dass Rom zur Hauptstadt eines laizistischen Italien hatte gemacht werden können. Anfangs September 1870 verlor Frankreich die entscheidende Schlacht bei Sedan, und Kaiser NAPOLEON III. geriet in deutsche Kriegsgefangenschaft. Und drittens hatten daraufhin italienische Truppen Rom eingenommen und zur Hauptstadt Italiens gemacht. Papst PIUS IX. lehnte jede Aussöhnung ab und bestritt dem laizistischen Italien jegliche Legitimität. H.-U. WILI: GIUSEPPE VERDI (1813-1901) Messa da Requiem (1868-1874) 4 4 Als Reaktion auf die apodiktische Verdammung der Grundrechte im Syllabus errorum Papst PIUS‘ IX. vom 8. Dezember 1864 hatte VERDI seine antiklerikale Haltung bereits im Don Carlos 1867 und danach in der Aida 1871 mit jeder Deutlichkeit kundgemacht. Mit der Messa per Rossini und nach deren Scheitern mit seinem Requiem wollte VERDI als Agnostiker Religiosität dramatisch statt fromm ausdrücken. Dies hat Auswirkungen auf die Interpretation: Ihr hat VERDI immer höchste Aufmerksamkeit geschenkt. VERDIS Requiem ist – entgegen HANS VON BÜLOWS ursprünglichem Vorurteil – keine Oper im Kirchengewand. Es ist allenfalls eine „Meta-Oper“, eine ins allumfassende1 gehobene Summa von VERDIS Bühnenschaffen. Kein Einzelschicksal mehr, sondern die Vertonung jeglicher menschlichen Angst vor dem Ende, dem Scheitern. So schrieb VERDI denn seinem Freund und Verleger RICORDI kurz vor der Uraufführung des Requiems auch folgenden Satz: „Gewiss wissen Sie besser als ich, dass man dieses Werk nicht wie eine Oper singen darf, daher hätte ich an Phrasierungen und Dynamik, die in ein Theater gehören, nie und nimmer Freude.“2 II. GIUSEPPE VERDI (1813-1901) A. Lebensabriss und Charakterisierung a. Herkunftsfamilie, Jugend und Bildung 5 Am 10. Oktober 1813 als erstes Kind und einziger Sohn CARLO VERDIS (1785-1867) und von dessen Gattin LUIGIA VERDI-UTTINI (1787-1851) in Le Roncole nördlich der lombardischen Stadt Parma geboren, war es für VERDIS Prägung wohl ein Omen, dass er inmitten der Wirren nach NAPOLÉON BONAPARTES (1769-1821) gescheitertem Russlandfeldzug zur Welt kam, eine Woche vor der bis anhin grössten Schlacht der Geschichte, der Völkerschlacht bei Leipzig, in der die vereinigten Truppen Russlands, Schwedens, Preussens und Österreichs NAPOLÉONS eilends neu ausgehobene französische Truppen besiegten.