100 Jahre Schweizerische Neurologische Gesellschaft 100 ans Société Suisse de Neurologie 100 anni Società Svizzera di Neurologia

1908–2008

Schwabe

100 Jahre Schweizerische Neurologische Gesellschaft 100 ans Société Suisse de Neurologie 100 anni Società Svizzera di Neurologia

Herausgegeben von Claudio Bassetti und Marco Mumenthaler

Schwabe Verlag Basel Sonderdruck aus Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie Vol. 159 n Nr. 4 n April 2008 anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft

© 2008 by Schwabe AG, Verlag, Basel Lektorat: Christina Scherer Gesamtherstellung: Schwabe AG, Druckerei, Muttenz/Basel Printed in ISBN 978-3-7965-2452-3 www.schwabe.ch Inhalt Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie Sommaire Archives suisses de neurologie et de psychiatrie Content Swiss Archives of Neurology and Psychiatry

Editorial Editorial 142 n C. L. Bassetti, M. Mumenthaler

SNG-Jubiläum Geschichte der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft im Kontext der nationalen 143 Jubilé SSN und internationalen Entwicklung der Neurologie SSN Jubilee n C. L. Bassetti, P. O. Valko History of neurological contributions in the Swiss Archives of Neurology and Psychiatry 157 n P. Valko, M. Mumenthaler, C. L. Bassetti 100 Jahre Neurologie Basel 171 n A. J. Steck, N. Loeliger, H.-R. Stöckli Geschichte der Neurologie in Bern 176 n C. W. Hess Historique du Service de Neurologie des Hôpitaux Universitaires de Genève 183 n T. Landis, P. R. Burkhard Parcours du service universitaire de neurologie de entre 1954 et 2007 186 n F. Regli, P.-A. Despland Geschichte der Neurologischen Klinik und Poliklinik Zürich 191 n K. Hess Die neurologische Klinik des Kantonsspitals Aarau 198 n U. W. Buettner Storia del Servizio Cantonale Ticinese di Neurologia a Lugano 200 n C. Tosi Die Geschichte der Klinik für Neurologie am Kantonsspital St. Gallen 205 n B. Weder, B. Tettenborn Entwicklung der Elektroenzephalographie und Epileptologie in der Schweiz 209 n K. Karbowski Zur Geschichte der Elektromyographie und der Elektroneurographie in der Schweiz 215 n H.-P. Ludin Ultraschall und Doppler 220 n H. M. Keller Zur Entwicklung der Neuroradiologie in der Schweiz und zur Geschichte 230 der Schweizerischen Gesellschaft für Neuroradiologie n A. Valavanis Die Schweizer Neurochirurgie: ein Rückblick 235 n A. Benini Swiss neurological eponyms 238 n C. L. Bassetti Constantin von Monakow: ein Begründer der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft 247 n E. C. Jagella, H. E. Krestel Robert Bing (8.5.1878–15.3.1956) 252 n M. Mumenthaler, C. Müller Walter R. Hess (17.3.1881–12.8.1973) 255 n C. W. Hess Hugo Krayenbühl (3.12.1902–9.1.1985) 262 n M. Mumenthaler Die Neurologie in der Ausbildung des Schweizer Arztes 265 n M. Mumenthaler Editorial

or 100 Jahren ist die Schweizerische Neuro- Die Neurologie hat in den vergangenen Jahr- logische Gesellschaft (SNG) am 15. Novem- zehnten eine enorme Entwicklung erfahren. Die Vber 1908 in Olten gegründet worden. An- Erkenntnisse über die Grundlagen des Faches lässlich dieses Jubiläums hat der Vorstand der haben durch die Fortschritte der Biochemie, der SNG die Unterzeichnenden beauftragt, einige für Neurophysiologie, der Molekularbiologie und der die schweizerische Neurologie wichtige Aspekte Genetik eine starke Ausweitung erfahren. Die Fort- zusammenzutragen. Im vorliegenden Heft des schritte der bildgebenden Verfahren haben die Schweizer Archivs für Neurologie und Psychiatrie, diagnostischen Möglichkeiten sehr stark erweitert. der offiziellen, 1917 gegründeten Zeitschrift der Fortschritte der Pharmakologie sowie der mikro- SNG, wurde dies nun versucht. Es sind darin auf- chirurgisch tätigen Neurochirurgie und peripheren geführt die Gründung und Entwicklung der SNG, Nervenchirurgie haben die therapeutischen Mög- die Geschichte des Schweizer Archivs für Neuro- lichkeiten wesentlich verbessert. logie und Psychiatrie, die Entwicklung der Neuro- logie an den fünf Universitäten und den drei nicht- Um so wichtiger ist es, sich der Wurzeln unseres universitären neurologischen Zentren der Schweiz, Faches zu erinnern. Das 100-Jahr-Jubiläum der das Wirken einiger Leitfiguren der Neurologie in Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft ist unserem Lande (mit der Vorstellung von einigen hierzu eine gute Gelegenheit, und entsprechende Schweizer Eponymen),die Einführung der wichtig- Beiträge sind in diesem Heft zusammengefasst. sten neurologischen Zusatzuntersuchungen und Möge es die Verbundenheit der gegenwärtigen Fachbereiche in der Schweiz sowie die Entwicklung Vertreter der Neurologie mit ihrer Vergangenheit der Neurologie als Lehrfach der Schweizer Ärzte. stärken. Zeitgleich mit diesem Heft erscheint in einem Sup- plementum des Schweizer Archivs für Neurologie Claudio Bassetti und Marco Mumenthaler, und Psychiatrie eine Arbeit von Nadine Loeliger Zürich und Marco Mumenthaler über die Geschichte der SNG von 1950 bis 2003.

142 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 SNG-Jubiläum Geschichte der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft im Kontext der nationalen und internationalen Entwicklung der Neurologie n C. L. Bassetti, P. O. Valko Neurologische Klinik und Poliklinik, Zürich

Neurowissenschaften und Neurologie beigetragen hat und auch wegen seiner etholo- in der Schweiz vor 1908 gischen Ameisenforschung weltberühmt wurde [3, 4]) in Zürich. Die Schweiz hatte schon lange vor der Gründung Neurophysiologische und experimentelle Arbei- der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft ten wurden schon vom Universalgenie Albrecht (SNG) im Jahr 1908 wesentliche Beiträge zu den von Haller (aus Bern, 1708–1777) in Bern, Daniel klinischen und experimentellen Neurowissen- Bernoulli (aus Groningen,1700–1782) in Basel und schaften geleistet [1, 2]. Charles-Gaspar de la Rive (1770–1834) in Genf Erwähnenswert sind die neuroanatomischen durchgeführt. Von Haller gilt als Wegbereiter der Arbeiten von Johann Jakob Huber (1629–1675), Bioelektrizitätslehre und führte die Begriffe Reiz, Johann Heinrich Glaser (1629–1675), Wilhelm His Reizbarkeit, Sensibilität und Kontraktilität ein. (aus Basel, 1831–1904, Erstbeschreiber von Ner- Wesentliche Beiträge kamen im 19. Jahrhundert venzelle und Nervenfaser als eigenständige Ein- durch den Psychiater Eduard Hitzig (aus Berlin, heit) und Emil Villiger (1870–1931) in Basel; 1838–1907, der mit Gustav Theodor Fritsch (1838– Gabriel Gustav Valentin (aus Breslau, 1810–1883), 1927) 1870 bei einem Hund erstmalig die Erreg- Schüler von Purkinje und erster jüdischer Pro- barkeit der Grosshirnrinde bewiesen und in diesem fessor an einer deutschsprachigen Universität, be- Rahmen den motorischen Kortex entdeckt hat) in schrieb bereits 1836 den Zellkörper von Nerven- Zürich,von Jean-Louis Prévost II.(1838–1927) und zellen) und Ernst Grünthal (1894–1972) in Bern; Moritz Schiff (aus Frankfurt, 1823–1896, Schüler Jean Louis Prévost I. (1790–1850, der über Ner- von Johannes Müller, sein Habilitationsantrag in venregeneration gearbeitet hat) in Genf; Friedrich Göttingen wurde 1855 aus politischen Gründen Arnold (1803–1890), Friedrich Goll (aus Zürich, abgelehnt, statt dessen folgte er im selben Jahr 1829–1903, als Schüler von Claude Bernard und einem Ruf an die Universität Bern) in Genf, und Brown-Séquard der Erstbeschreiber des Fasciculus vom Russen Alexander Herzen (1838–1906) in gracilis), Albert Kölliker (aus Zürich, 1817–1905, Lausanne [2]. der den Begriff Axon einführte und später in Würz- In der klinischen Neurologie gilt das Buch burg der führende Anatom Deutschlands wurde) zur Apoplexie (1658) des Schaffhauser Stadtarztes und die Psychiater Bernhard von Gudden (aus und Anatomen Johann Jakob Wepfer (1620–1695, Kleve, 1824–1886, der das Mikrotom erfand und Abb. 1) als Meilenstein in der modernen zerebro- wichtige Arbeiten über Faserverbindungen im vaskulären Forschung. Wepfer hat als erster den Zentralnervensystem publizierte und Begutachter Schlaganfall als Folge einer Hirngefässerkrankung von Ludwig II. von Bayern war, was zur Absetzung gedeutet und mit seinen anatomischen (Gefäss- des Königs führte und ihm möglicherweise das anatomie), methodologischen (Organsektion, Ge- Leben gekostet hat), Gustav Huguenin (1840– fässinjektion mit Farbstoffen, Tierexperimenten, 1920) und Auguste Forel (aus Neuenburg, 1848– Vergleich von klinischen und autoptischen Befun- 1931,der [mit von Gudden] die erste systematische den) und klinischen Arbeiten (ersten Hinweisen Schnittserie durch das ganze Gehirn angefertigt, auf die gekreuzte Relation zwischen Läsion und wesentlich zur Entwicklung der Neurontheorie Lähmung) entscheidende Beiträge geleistet [5, 6]. André David Tissot (aus Grancy/Waadt, 1728–

Korrespondenz: 1797) als Medizinprofessor in Lausanne schrieb Prof. Dr. med. Claudio L. Bassetti ein umfassendes neurologisches Handbuch in drei Neurologische Klinik und Poliklinik Bänden («Traité des nerfs et de leur maladie», Universitätsspital Zürich 1778–1780) sowie ein «Traité de l’Epilepsie» Frauenklinikstrasse 26 CH-8091 Zürich (1770), in dem noch heute gültige Beobachtungen e-mail: [email protected] zur Klinik von Anfallsleiden zu finden sind [7].

143 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Abbildung 1 Johann Jakob Wepfers Buch «Apoplexie» erschienen 1658. Hitzig (s.o.); in Basel der Internist Fritz Egger (1863–1938) und der Psychiater Gottlieb Burck- hardt (aus Basel, 1836–1907), der sich bereits 1863 in Basel als erster für Neurologie (speziell Nervenkrankheiten, innere Medizin und Syphilis) habilitiert hatte und als Gründer der Psychochir- urgie schon 1891 über den günstigen Effekt von kortikalen Topektomien berichtet hat [9, 10].

Constantin von Monakow (1853–1928): Pionier der Schweizer Neurologie

Constantin von Monakow wurde 1853 im Norden von Russland geboren und kam 1866 in die Schweiz [11, 12]. Er erhielt seine Ausbildung bei damals führenden Internisten, Psychiatern, Neuroanato- men und Neurologen Europas (u.a.bei Griesinger, Hitzig, von Gudden, Dejerine). Nach einem miss- lungenen Versuch, 1877 eine Privatpraxis in Zü- rich zu eröffnen, wurde er Assistenzarzt an der St. Galler Irrenanstalt St. Pirminsberg in Pfäfers. Hier führte er wichtige hirnanatomische Arbeiten (zunächst bei Kaninchen und Katzen, dann beim Menschen) durch, welche die Grundlagen seiner Habilitation (über die zentrale Sehbahn) in Zürich 1885 bildeten [13]. Im gleichen Jahr kehrte von Monakow nach Zürich zurück, um eine Privat- praxis zu eröffnen (diesmal erfolgreich). Mit sei- nen monumentalen Werken «Gehirnpathologie» (1897) und «Die Lokalisation im Grosshirn und Neurologische Patienten wurden bis zu Beginn Abbau der Funktionen durch kortikale Herde» des 20. Jahrhunderts in der Schweiz in der Regel (1914) wurde von Monakow zum Inbegriff der von Internisten und Psychiatern betreut. In Genf «neurobiologischen Zürcher Schule» und zu einem waren es die Internisten Léon Revilliod (1835– der international bedeutendsten Neurowissen- 1918) und seine Nachfolger Louis Bard (1857– schaftler seiner Zeit [12, 14]. 1930) und Maurice Roch (1878–1967) und vor Aus mehreren Gründen kann von Monakow allem der Psychiater Paul-Louis Ladame (aus als Pionier der Schweizer Neurologie betrachtet Neuenburg, 1842–1919, s.u.) und der Neurologe werden. Erstens gründete von Monakow 1886 ein Edouard Long (1868–1929), der sich 1900 für hirnanatomisches Privatlabor, das als erste wissen- Neuropathologie habilitierte [8]; in Bern die Inter- schaftliche Einrichtung für Neurowissenschaft der nisten Heinrich Irenäus Quincke (aus Frankfurt, Schweiz gilt1 und 1910 in ein kantonales Univer- 1842–1922, Ordinarius für Innere Medizin in Bern sitätsinstitut umgewandelt wurde. 1873–1878, der 1891 in Kiel die Lumbalpunktion Zweitens gründete von Monakow 1887 auf einführte), Ludwig Lichtheim (aus Breslau, 1845– eigene Kosten die erste neurologische Ambulanz2 1928, Nachfolger von Quincke, der über Aphasie forschte und als erster die funikuläre Myelose be- 1 1882 hatte Heinrich Obersteiner (1847–1922) in Wien das weltweit erste neurowissenschaftliche Institut gegrün- schrieben hat), Hermann Sahli (1856–1933, Nach- det,das 1900 in Neurologisches Institut umbenannt wurde. folger von Lichtheim und Lehrstuhlinhaber über In Deutschland war es Oskar Vogt (1870–1959), der 1898 41 Jahre bis 1929) und der Psychiater Paul Dubois das erste Forschungsinstitut (zunächst «Neurologische (aus La Chaux-de-Fonds,1848–1918,s.u.);in Zürich Zentralstation», ab 1902 «Neurobiologisches Laboratori- um» genannt) gegründet hatte. der Internist Wilhelm Griesinger (1817–1868, 2 Die zweite neurologische Ambulanz in der Schweiz wurde Gründer des Burghölzli und der Zürcher Schule in Basel von Bing und Villiger 1908 eröffnet,zunächst auch der «Gehirnpsychiatrie») und die drei ersten Lehr- auf privater Basis, ab 1916 offiziell der medizinischen Poli- klinik angegliedert.Auch in Deutschland entstanden gegen stuhlinhaber für Psychiatrie und Direktoren der Ende des 19. Jahrhunderts die ersten neurologischen Am- Heilanstalt Burghölzli von Gudden,Huguenin und bulanzen in Privatpraxen und nicht an Hochschulen.

144 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 der Schweiz. Veraguth (1897–1900, s.u.) und ab lich aber der «Schweizerischen Neurologischen 1905 erstmals auch ein Privatassistent arbeiteten Gesellschaft» der Vorzug gegeben wurde. Die in dieser Ambulanz, welche 1913 mit der Bezeich- Konstituierung der SNG in Bern erfolgte am nung «Universitätspoliklinik für Nervenkranke» 13. März 1909. verstaatlicht wurde. 1928 übernahm Mieczyslaw Unter den genannten zehn Personen befanden Minkowski (aus Warschau,1884–1972) die Leitung sich Spezialisten aus verschiedenen Bereichen. des Instituts und der Poliklinik und wurde zum Otto Veraguth (aus Chur, 1870–1944) arbeitete a.o. Professor der Neurologie ad personam er- zusammen mit von Monakow am Hirnanatomi- nannt, eine Position die er bis 1955 behielt [15]. schen Institut und beschäftigte sich auch mit klini- Drittens wurde von Monakow 1894 in Zürich schen und elektrophysiologischen Fragestellun- zum a.o.Professor für hirnanatomische Fächer und gen.Alfred Ulrich (aus Winterthur,1869–1944) war Nervenpoliklinik (Extraordinarius ad personam) zunächst als Psychiater tätig, beschäftigte sich in und somit zum Inhaber des ersten neurologischen der Folge aber vor allem mit Epileptologie und Lehrstuhles der Schweiz3 ernannt. wurde Leiter der Epileptischen Anstalt in Zürich. Der Weg dahin war von zahlreichen Schwierig- Der in Bern tätige Paul Dubois (aus La Chaux-de- keiten begleitet. Die Medizinische Fakultät in Fonds, 1848–1918) war eng mit Jules Dejerine be- Zürich sträubte sich über längere Zeit gegen eine freundet [18]. Er hatte sich in Bern 1876 für physi- Professur von Monakows und lenkte erst ein, als kalische Diagnostik habilitiert und wurde 1902 a.o. dieser drohte, einem Ruf als Professor für Psych- Professor für Neuropathologie. Dubois prägte den iatrie und Neurologie der Universität Innsbruck Begriff «Psychoneurose» und war einer der Grün- Folge zu leisten. Auch in den folgenden Jahren der der Psychotherapie und der Psychosomatik. wurde er von mehreren Fakultätsmitgliedern als Zu seinen zahlreichen ausländischen Patienten «unerwünschter Eindringling» angesehen. gehörte auch der Schriftsteller Marcel Proust.Paul- Viertens spielte von Monakow bei der Grün- Louis Ladame (aus Neuenburg, 1842–1919), habi- dung der Schweizerischen Neurologischen Gesell- litierte sich in Genf und publizierte Arbeiten zur schaft (SNG) die zentrale Rolle und wurde auch Klinik von Hirntumoren und zur Aphasie, bevor deren erster Präsident (s.u.).Bei der Gründung der er sich vorwiegend der Psychiatrie, der Sozial- und SNG stiess von Monakow erneut auf heftigen der Gerichtsmedizin zuwandte [8]. Er war der er- Widerstand, vor allem auf seiten seines grossen ste Lehrstuhlinhaber für Psychiatrie an der Medi- Widersachers, des Psychiaters Auguste Forel. Die- zinischen Fakultät in Genf. Louis Schnyder (aus ser bezeichnete die SNG als «ganz überflüssigen Neuveville am Bieler See, 1868–1927) habilitierte Konkurrenten neben unserem Schweizerischen sich in Bern 1912, las über Elektrodiagnostik und Irrenärzte-Verein». Elektrotherapie und arbeitete als Psychothera- Fünftens gründete von Monakow 1917 das peut.Emil Villiger (1870–1931) arbeitete als Neuro- Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie anatom, zum Teil aber auch klinisch in der Ambu- [16]. Die Herausgabe einer eigenen, unabhängigen lanz von Bing, in Basel und verfasste mehrere neurologischen Fachzeitschrift als «Sprachrohr» Bücher (zur Anatomie des peripheren Nerven- der SNG war ein wichtiger Etappenerfolg im systems, des Rückenmarks und des Gehirns), die Kampf um Anerkennung als eigenständiges und in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Gustav offiziell anerkanntes Fachgebiet. Wolff widmete sich mehrheitlich der Psychiatrie und Schumann der Psychologie.4 Der eigentliche Initiator der ganzen Bewegung Die Gründung der Schweizerischen war aber der damals gerade erst 30 Jahre junge Neurologischen Gesellschaft (1908) Robert Bing (aus Strassburg, 1878–1956) [17]. Die- ser hatte sich 1908 an der Universität Basel mit Als Gründungstag der SNG gilt der 15. November einer Arbeit über die spinozerebellären Bahnen 1908 [17]. Damals trafen sich im Bahnhofrestau- 3 Die weltweit ersten neurologischen Lehrstühle wurden in rant in Olten 10 Männer zu einer vorberatenden Russland (Moskau, 1869, Kozhevnikov) und Frankreich Versammlung. Zu diesem Initiativkomitee gehör- (Paris,1882,Charcot) geschaffen.Die nächsten Lehrstühle ten Robert Bing,Paul Dubois,Paul-Louis Ladame, für Neurologie in der Schweiz wurden in Basel (1937,Bing, der im Jahre 1918 Extraordinarius und 1934 Ordinarius ad Constantin von Monakow, Louis Schnyder, Schu- personam für Neurologie geworden war) und Genf (1941, mann, Alfred Ulrich, Otto Veraguth, Emil Villiger de Morsier,der 1934 einen Lehrauftrag für Neurologie und und Gustav Wolff. In Olten wurde unter anderem Neuropathologie bekommen hatte) etabliert. über den Namen der neuen Gesellschaft diskutiert, 4 Die Autoren dieser Arbeit konnten keine zusätzlichen Informationen zu diesen Mitgründern der SNG finden, wobei auch die Bezeichnung «Neuro-psychologi- auch nicht im detaillierten Bericht von Prof. Minkowski sche Gesellschaft» in Erwägung gezogen, schliess- zum 50. Jahrestag der Gesellschaft [17].

145 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 habilitiert und im gleichen Jahr im Gebäude der Im Jahre 1907 wurden gleichzeitig die «Gesell- medizinischen Poliklinik die Leitung eines aus schaft deutscher Nervenärzte» und die «Società eigener Initiative eröffneten neurologischen Am- Italiana di Neurologia» (SIN) gegründet. Zu den bulatoriums offiziell übernommen. Es gelang ihm, Initiatoren und ersten Mitgliedern der SIN gehör- Dubois und von Monakow von der Notwendigkeit ten Rossi, Tanzi, der Nobelpreisträger Golgi, einer eigenen Fachgesellschaft zu überzeugen. Bianchi und Mingazzini (der u.a. auch bei von Diese Pionierrolle von Bing wurde allerdings erst Monakow seine Ausbildung bekommen hatte) [21]. 25 Jahre später bekannt. An der 31. Versammlung Der Aufruf, der zur Gründung der «Gesellschaft der SNG am 18. November 1933 erinnerte sich deutscher Nervenärzte» führte, wurde unter ande- nämlich der Sohn von Paul Dubois (Charles Du- rem von Erb,Oppenheim,Nonne,Bruns,aber auch bois, damals SNG-Präsident), dass Bing eines von von Monakow mit unterzeichnet. Von Mona- Abends im Herbst 1908 mit dieser Absicht seinen kow gehörte in der Folge auch zum ersten Vorstand Vater aufgesucht hätte. Die nächsten Schritte zur (als Beisitzer) der in Dresden gegründeten Gesell- SNG-Gründung hätte Bing dann aber seinen älte- schaft Deutscher Nervenärzte. ren Kollegen überlassen, wobei in der Folge sein eigenes Verdienst allmählich in Vergessenheit ge- raten wäre. Die ersten fünf Jahre der SNG (1908–1913)

Die erste Versammlung der SNG fand am 13. und Die SNG-Gründung im historischen, 14. März 1909 in Bern statt. Von den 108 einge- internationalen Kontext schriebenen Mitgliedern waren 64 anwesend. Das erste Hauptreferat in der Geschichte der SNG- Die Bedeutung der Gründung einer eigenen Fach- Tagungen hielt der biologisch-orientierte Genfer gesellschaft lässt sich anhand der langwierigen Psychologe Eduard Claparède über die «Die bio- und beschwerlichen Loslösung der Neurologie aus logische Interpretation in der Psychopathologie». der Zugehörigkeit zur Psychiatrie und zur Inneren Das zweite Hauptreferat wurde von von Monakow Medizin verdeutlichen. Die grossen Fortschritte, über «Neue Gesichtspunkte in der Frage nach der die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Lokalisation im Grosshirn» gehalten.Vorträge wur- in Neuroanatomie und klinischer Neurologie ge- den unter anderem von Tschudy (aus Zürich) über macht wurden, führten in Europa und in Amerika die Chirurgie der Hirntumoren, von P. L. Ladame zu einem zunehmenden Ruf nach Unabhängigkeit. (aus Genf) über posttraumatische spinale Amyo- In zahlreichen Ländern kam es um die Jahrhun- trophie und von P. Dubois (aus Bern) über einen dertwende zur Gründung eigener Fachgesellschaf- Fall von Berührungsfurcht gehalten.Von Monakow ten. wurde auch zum ersten Präsidenten der SNG ge- Die weltweit erste neurologische Fachgesell- wählt (Abb. 2, siehe bildliche Präsentation aller bis- schaft wurde 1875 gegründet,und zwar von William herigen SNG-Präsidenten am Ende des Artikels). A. Hammond in Amerika («American Neurolo- Dubois und Ladame figurierten als Vizepräsidenten, gical Association») [19]. Veraguth als Generalsekretär und Bing wurde zum Auch in England, wo 1878 erstmals die Zeit- Beisitzer gewählt (Tab. 1). An der Versammlung schrift «Brain» erschien, war man diesbezüglich wurden auch die Statuten der neugegründeten Ge- den Kontinentaleuropäern voraus: Die «Neurolo- sellschaft diskutiert und anschliessend genehmigt. gical Society of London» gibt es seit 1885; 1907 Gemäss Paragraph 1 wurden von der SNG folgende wurde sie umbenannt in «Neurological Society of Ziele in den Vordergrund gestellt: the United Kingdom». – Förderung der Neurologie als Wissenschaft Im Jahre 1899 wurde von Jules Dejerine und und Pflege enger Beziehungen zwischen dieser zahlreichen Charcot-Schülern (u.a. Joffroy, Ray- und den Grenzgebieten (Anatomie, Physio- mond, Marie, Meige und Babinski) die «Société de logie, Innere Medizin, Chirurgie des Nerven- Neurologie de Paris» gegründet (1949 wurde diese systems, Psychologie, Psychiatrie usw.); Fachgesellschaft in «Société Française de Neuro- – Pflege der persönlichen Beziehungen zwischen logie» umbenannt). Zum Zeitpunkt der Gründung den Mitgliedern der Gesellschaft; verfügte die «Société de Neurologie de Paris» be- – Förderung und Vertretung der praktischen reits über eine eigene Zeitschrift, nämlich die von Interessen der Neurologie, Ausbau des neuro- Charcot 1893 ins Leben gerufene «Revue Neuro- logischen Unterrichts usw. logique», in der die Statuten der neugegründeten Gemäss Paragraph 4 sollte an der Spitze der Ge- Gesellschaft noch vor ihrer ersten Tagung veröf- sellschaft jeweils ein fünfgliedriger Vorstand ste- fentlicht wurden [20]. hen, der aus einem Präsidenten, zwei Vizepräsi-

146 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 denten, einem Schriftführer/Kassier sowie einem fanden in Genf (3. Tagung), Basel (4., mit dem Beisitzer bestehen und jährlich von der Hauptver- Hauptthema Neurochirurgie, mit der Wahl von sammlung gewählt werden sollte. P. Dubois zum zweiten SNG-Präsidenten), Aarau Die 2. SNG-Tagung fand in Zürich im Novem- (5.), Bern (6.), Lausanne (7.), Luzern (8.), Freiburg ber 1909 statt. Hauptreferate wurden von L.Asher (9.) und Zürich (10.) statt. An diesen Tagungen und P.Dubois (beide aus Bern) und C.Ladame (aus hielten folgende prominente Repräsentanten von Genf) gehalten. anderen Fachgesellschaften Hauptreferate:J.Jadas- Die SNG traf sich, mit einigen Ausnahmen, in sohn (Bern, Dermatologie, Vortrag über Syphilis), der Folge zweimal jährlich zu einer gemeinsamen O. Naegeli (Zürich, Hämatologie, Vortrag über die Versammlung. Die Tagungen vor dem 1.Weltkrieg Bedeutung der Hämatologie in der Neurologie) und

Tabelle 1 Übersicht der SNG-Präsidenten von der Gründung bis heute. Jahr Präsident Vize-Präsident/en Sekretär 1909 C. von Monakow P. Dubois O. Veraguth 1910 P. Dubois P.-L. Ladame L. Schnyder 1916 P.-L. Ladame R. Bing, L. Schnyder O. Veraguth 1919 R. Bing O. Veraguth, L. Schnyder L. Schwarz 1922 O. Veraguth L. Schnyder, F. Naville R. Brun 1924 L. Schnyder F. Naville, R. Brun Ch. Dubois 1927 E. Long F. Naville, R. Brun Ch. Dubois 1930 F. Naville R. Brun, H. Brunnschweiler Ch. Dubois 1933 Ch. Dubois R. Brun, H. Brunnschweiler P. Schnyder 1936 R. Brun H. Brunnschweiler, M. Minkowski F. Lüthy 1939 H. Brunnschweiler M. Minkowski, G. de Morsier K. M. Walthard 1943 M. Minkowski G. de Morsier H. Krayenbühl 1946 G. de Morsier F. Lüthy, K. M. Walthard Th. Ott 1949 K. M. Walthard F. Lüthy, H. Krayenbühl W. Bärtschi-Rochaix 1950 F. Lüthy E. Frauchiger, H. Krayenbühl W. Bärtschi-Rochaix 1953 E. Frauchiger H. Krayenbühl, Th. Ott G. Weber 1956 H. Krayenbühl Th. Ott, W. Bärtschi-Rochaix M. Monnier 1959 Th. Ott W. Bärtschi-Rochaix, G. Weber M. Monnier 1963 W. Bärtschi-Rochaix G. Weber, E. Baasch M. Mumenthaler 1966 G. Weber E. Baasch, M. Mumenthaler R. Wüthrich 1969 M. Mumenthaler M. Jéquier, A. Briellmann R. Wüthrich 1971 M. Jéquier A. Briellmann, R. Wüthrich G. Gauthier 1973 R. Wüthrich A. Meyer, A. Briellmann G. Gauthier 1975 A. Meyer G. Gauthier, E. Zander H.-P. Ludin 1977 G. Gauthier E. Zander, G. Baumgartner Ph. Grandjean 1978 E. Zander G. Baumgartner, H.-P. Ludin Ph. Grandjean 1980 G. Baumgartner H.-P. Ludin, H. Käser S. Hotz 1983 H.-P. Ludin H. Käser, F. Regli S. Hotz 1985 H. Käser F. Regli, K. Hess A. J. Steck 1987 F. Regli N. de Tribolet, H. Spiess A. J. Steck 1989 N. de Tribolet H. Spiess, A. J. Steck A. J. Steck 1991 H. Spiess A. J. Steck, Th. Landis K. Hess 1993 A. J. Steck Th. Landis, K. Hess K. Hess 1995 Th. Landis K. Hess, R. Seiler P.-A. Despland 1997 K. Hess P.-A. Despland, R. Seiler H. R. Stöckli 1999 P.-A. Despland H. R. Stöckli, K. Hess E. Gütling 2001 H. R. Stöckli Ch. W. Hess E. Gütling 2003 Ch. W. Hess C. Bassetti M. Wiederkehr 2007 M. Wiederkehr C. Bassetti Ph. Lyrer

147 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 L. von Muralt (Davos, Vortrag über neuropsychia- Thematisch wurden bei SNG-Tagungen oft trische Manifestationen bei Lungentuberkulose). Schwerpunkte gewählt, so unter anderem Psycho- therapie (1920), Endokrinologie (1920), Encepha- litis lethargica (1921), Epilepsie (1922), vegetatives Die SNG während des 1. Weltkriegs Nervensystem (1923, mit einem Vortrag des späte- (1914–1918) ren Zürcher Nobelpreisträgers W.R.Hess),Reflexe (1924), Kleinhirn (1924), Basalganglien (1925), Bis zum Mai 1916 fanden keine SNG-Tagungen Hypophyse (1928), erneut Encephalitis lethargica mehr statt. Die erste Tagung während des 1.Welt- (1930, mit Vorträgen von H. Steck, G. de Morsier krieges, und die 11. in der SNG-Geschichte, fand und H. Brunnschweiler), Spätfolgen von Schädel- in Bern am 13. und 14. Mai 1916 statt. An dieser Hirn-Traumata (1932) und Aphasie (1934). Tagung traten von Monakow und Dubois vom Die 24. Tagung ist speziell erwähnenswert. Sie Vorstand zurück (beide wurden zu Ehrenprä- wurde 1923 in Zürich dem 70.Geburtstag von Con- sidenten gewählt) und P.-L. Ladame wurde zum stantin von Monakow gewidmet. Die Professoren 3. Präsidenten gewählt. Dies war die letzte SNG- W. R. Hess, M. Bleuler, K. Goldstein (aus Frank- Tagung, deren Sitzungsbericht im Correspondenz- furt), J. Piltz (aus Krakau) und R. von Valkenburg blatt für Schweizer Aerzte veröffentlicht wurde. (aus Amsterdam) waren unter den eingeladenen Die 12. Tagung fand in Neuchâtel zusammen Gästen. Der 5. Präsident der SNG, Otto Veraguth, mit den Psychiatern (Verein Schweizerischer Irren- überreichte dem Jubilar einen Sonderband des ärzte, VSI) statt. Zwischen den beiden Fachgebie- Schweizer Archivs, der redaktionell von O. Vera- ten bestanden – wie oben angedeutet – seit länge- guth, M. Minkowski und R. Brun redigiert worden rem beträchtliche Spannungen und Missverständ- war und 55 Beiträge unter anderem von E. Bleu- nisse. Diese erste gemeinsame Tagung von SNG ler; W. M. Bechterew und W. Pavlow (Russland); und VSI stand jetzt im Zeichen einer gewissen Ramon y Cajal (Spanien); E. Flatau, S. Goldflam Wiederannäherung. Die Tatsache, dass die beiden (Polen); G. Fuse (Japan); K. Goldstein (Deutsch- damaligen Präsidenten von SNG und VSI aus land); H. Head (England); C. Winkler, G. G. J. derselben Familie stammten, gab der 12. Ver- Rademaker (Holland); O. Marburg (Österreich); sammlung ein symbolisches Gepräge. Paul-Louis P. Marie, A. Thomas (Frankreich) und Mingazzini Ladame erinnerte in seiner Ansprache an seinen (Italien) beinhaltete. Lehrer Griesinger (s.o.),der ein Verfechter der Ein- Gemäss einem 1926 gefassten Beschluss wur- heit von Neurologie und Psychiatrie gewesen war. den seither die Herbsttagungen den freien Mittei- Sein Sohn und Präsident des VSI,Charles Ladame, lungen unter Verzicht auf Hauptreferate gewid- brach in seiner Rede ebenfalls eine Lanze für eine met. fruchtbare Zusammenarbeit der beiden grund- Die Mitgliederzahl der SNG wuchs relativ lang- sätzlich selbständigen Fachgesellschaften. Der Sit- sam an und betrug im Jahr 1930 144 Personen. zungsbericht dieser 12. Tagung wurde erstmals im Bis zu diesem Jahr waren schon 45 Mitglieder der «Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie» Gesellschaft verstorben. veröffentlicht, deren Erstausgabe 1917 erschien Ein besonderes Ereignis in der Geschichte (ein Beitrag von Valko, Mumenthaler und Bassetti der SNG ist die Organisation des 1. Internationa- in dieser Festschrift stellt die Gründung der Zeit- len Neurologischen Kongresses (INK)5, der vom schrift und ihre Geschichte vor). 31.August bis 7. September 1931 in Bern stattfand, Die 13. Tagung fand in Luzern im Gebäude nachdem der Vorstand der SNG von der American der SUVA statt und wurde der Kriegsneurologie Neurological Association 1928 kontaktiert worden gewidmet. Die 14. Tagung fand erneut mit den war. Der 1. INK hätte bereits 1914 in Bern statt- Psychiatern (VSI) statt, diesmal in Lausanne. finden sollen,doch waren die damaligen Bemühun- gen wegen des Krieges gescheitert. Die ungünstige Beziehung der Neurologie zur Inneren Medizin Die Geschichte der SNG zwischen 1. und und Psychiatrie war auch am 1. INK ein wichtiges 2. Weltkrieg Thema und wurde lebhaft diskutiert. Darüber berichteten Vertreter der deutschen (M. Nonne), Die erste Tagung nach dem Krieg, die 15. in der französischen (J. Lépine), österreichischen (C. von SNG-Geschichte, fand in Zürich statt. An dieser Economo), tschechischen (L. Haskovec), hollän- Tagung wurde mitgeteilt, dass Jules Dejerine aus dischen (B. Brouwer) und amerikanischen (T. H. Paris eine Stiftung zur Unterstützung von schwei- 5 Dieser Kongress wird auch als der 1. in der Geschichte der zerischen Forschern errichtet habe. Robert Bing World Federation of Neurology betrachtet, die offiziell wurde zum 4. SNG-Präsidenten gewählt. 1957 gegründet wurde.

148 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Weisenburg) Neurologie. Der 1. INK wurde als ein Die Geschichte der SNG im 2. Weltkrieg weiterer Schritt zur Festigung der Stellung der (1939–1945) Neurologie als eigenes Fach angesehen, bei dem der Schweiz als Veranstalterin, Organisatorin und Die SNG-Tagungen (48.–56.) fanden auch während aktiver Teilnehmerin eine wichtige und ehrenvolle des 2. Weltkriegs regelmässig statt, davon einmal Rolle zufiel.6 mit den Psychiatern (1943) und einmal mit den Nachdem schon an der 33. SNG-Tagung in Ba- Veterinärmedizinern (1944). An der 53. Tagung sel (1930) das Thema des neurologischen Unter- wurde Prof. M. Minkowski zum Präsidenten richts im Medizinstudium diskutiert worden war, gewählt. Die Wahl eines Juden wurde als Beweis hielt M. Minkowski an der 35. SNG-Tagung in von «Unerschrockenheit, Unabhängigkeit» kom- Zürich (1932) ein Referat mit dem Titel «Die Stel- mentiert [17]. lung der Neurologie im medizinischen Unterricht», Wegen der Verfolgungen in Deutschland fan- in dem die Anerkennung der Neurologie als selb- den vor und während des 2.Weltkriegs eine Reihe ständiges und obligatorisches Fach im Medizin- prominenter deutscher Neurologen (u.a. K. Gold- studium erneut beansprucht wurde.7 Gegen diese stein, O. Löwenstein und W. Riese) Asyl in der Position wurde vom Internisten Prof. L. Michaud Schweiz. (Lausanne) schriftlich opponiert, während sein Eine besondere Rolle konnte das Archiv wäh- Zürcher Kollege Prof. O. Naegeli Unterstützung rend des 2. Weltkriegs einnehmen, indem es als zeigte. Folgende von R. Bing vorgeschlagene Re- wohl einzige europäische neurologische Zeitschrift solution wurde angenommen:«Die Schweizerische weiterhin Artikel in deutscher Sprache von ver- Neurologische Gesellschaft hält es für dringend schiedenen, zum Teil jüdischen, ausländischen wünschenswert, dass der Besuch eines zweistündi- Autoren publizierte. gen (sei es klinischen oder poliklinischen) neuro- logischen Kurses für die Dauer von zwei Seme- stern im Medizinstudium für obligatorisch erklärt Die Geschichte der SNG werde». Im Jahre 1933 beschloss der Ausschuss nach dem 2. Weltkrieg10 für die eidgenössischen Medizinalprüfungen, die Neurologie ab 1935 als selbständiges Fach im Die erste Tagung nach dem Krieg, die 57. in Medizinstudium einzuführen. Die Neurologie der SNG-Geschichte, fand in Sion statt. An die- wurde allerdings erst im Jahr 1967 obligatorisches ser Tagung war das Hauptthema die «zerebrale Prüfungsfach (im Rahmen der Inneren Medizin). Thrombendangiitis obliterans». Im Jahr 1932 wurden im Zentralvorstand der Die zweimal jährlich stattfindenden SNG- Verbindung der Schweizer Ärzte auch die Ausbil- Tagungen wurden ab 1950 oft mit ausländischen dungsbedingungen für den Spezialarzt Neurologie neurologischen Gesellschaft durchgeführt.Die erste bestimmt (2,5 Jahre Neurologie an einer Univer- solche gemeinsame Versammlung fand im Juli 1950 sitätsklinik, 6 Monate Psychiatrie und 1 Jahr «Vor- zusammen mit der Italienischen Neurologischen studium», davon mindestens 6 Monate Innere 6 Folgende von O. Foerster vorgeschlagene Stellungnahme 8 Medizin). Die Bedingungen zu einer gemein- wurde einstimmig angenommen: «Die Neurologie stellt samen Ausbildung in den Spezialgebieten Neuro- heute ein vollkommen selbständiges Fach dar. Dieser logie und Psychiatrie wurden auch festgelegt (über Tatsache wird aber leider in verschiedenen Ländern nicht gebührend Rechnung getragen.Der Kongress äussert den insgesamt 5,5 Jahre).Diese Bestimmungen wurden Wunsch,dass die zuständigen Behörden der betreffenden durch die Schweizerische Ärztekammer im Jahre Staaten der Neurologie eine möglichst weitgehende Für- 1939 festgelegt. sorge zuwenden mögen». An der 45. Tagung in Genf (1938), die mit der 7 Zu dieser Zeit war die Neurologie in Europa nur in Russ- land, Bulgarien, Estland, Rumänien und Norwegen ein Schweizerischen Dermatologischen Gesellschaft selbständiges und obligatorisches Fach im Medizinstu- abgehalten wurde, wurden erstmalig Ehren- und dium. Korrespondierende Mitglieder ernannt.Unter den 8 Dass nebst dem 1 Jahr Innere Medizin auch eine Tätigkeit von bis zu 6 Monaten in Neuropathologie, Neuroanato- 9 Ehrenmitgliedern sind W. R. Hess, L. van Bogart mie oder Neurophysiologie angerechnet wurden. Im (Belgien), H. Cushing und B.Sachs (USA), H. Hol- Jahre 1980 wurden 6 Monate Weiterbildung in Neuro- mes und C. S. Sherrington (England), J. Lhermitte chirurgie als obligatorisch erklärt. 9 Unter den korrespondierenden Mitgliedern kann man (Frankreich), M. Nonnen (Deutschland) und O. u.a. O. Foerster, O. Marburg, L. de Lisi, B. Boruwer, Marburg (Österreich) erwähnenswert. André-Thomas,K.Krabbe,D.Denny-Brown,W.Penfield, Die letzte Tagung vor dem 2. Weltkrieg, und L. van Bogaert und M. Critchley erwähnen. 47. der SNG-Geschichte, fand erstmals im Tessin 10 Ein Beitrag von Loeliger und Mumenthaler, der 2008 als Supplementum des Schweizer Archivs veröffentlicht (Lugano) statt und wurde dem Thema der «ge- wird, stellt detailliert die Geschichte der SNG von 1950 werblichen Vergiftungen» gewidmet. bis 2003 dar.

149 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Gesellschaft in Lugano statt. In den Jahren 1975 seits der 100.Geburtstag von Constantin von Mona- (Stresa) und 1980 (Sion) tagte die SNG erneut mit kow, andererseits die Verleihung des Doktors der ihrer italienischen Schwestergesellschaft. Zu den Medizin honoris causa durch die Universität Zürich weiteren Ländern, mit deren neurologischen Ge- an Oskar Vogt (Deutschland), Jean Lhermitte sellschaften die SNG tagte, gehörten Grossbritan- (Frankreich) und Macdonald Critchley gefeiert wur- nien (1954 Interlaken, 1978 Montreux, 2000 Lon- den. An der 81. SNG-Tagung in Basel wurden die don), Belgien (1955 Vevey, 1955 Ostende, 1972 50 Jahre der Gesellschaft gefeiert.An der 131.SNG- St. Gallen, 1979 Brüssel), Holland (1956 Bern, Tagung 1984 in Winterthur wurde der 100. Geburts- 1981 Amsterdam), Deutschland (1960 Zürich, 1982 tag von M. Minkowski (geboren in Warschau) mit Hamburg, 1992 Bonn), Frankreich (1963 Montreux, der polnischen Gesellschaft gefeiert. An der 178. 1965 Paris, 1994 Lausanne), Österreich (1968 Bad Tagung 2007 in Lugano wurde mit Rednern aus Ragaz, 1982 Hamburg), Polen (1983 Winterthur) der Schweiz (C. W. Hess), Italien (M. Manfredi), und Schweden (1990 Interlaken, 1992 Lund). Frankreich (M.Clanet) und Österreich (W.Grisold) Die Hauptthemen der Tagungen widerspiegeln die Zukunft der Neurologie besprochen. die Entwicklung des Faches über Jahrzehnte. So Zwischen 1930 und 1960 kam es zu keinem wurden unter anderem folgende Themen gewählt: wesentlichen Wachstum der Mitgliederzahl. Im extrapyramidale Physiologie und Erkrankungen Jahre 1964 zählte man nämlich 166 Mitglieder, d.h. bzw. Parkinson-Syndrom (1946, 1959, 1985, 1992, nur 22 weitere Mitglieder als im Jahre 1930. Erst 1998, 2002, 2006); Hypothalamus (1948, mit den infolge einer schrittweisen Angliederung von ande- Psychiatern), periphere Nervenverletzungen/iatro- ren Gesellschaften (s. unten) kam es ab den 1960er gene Schäden am Nervensystem (1950, 1982); Kör- Jahren zu einem deutlichen Anstieg der SNG-Mit- perschema und die Rechts-/Linkshändigkeit, Neu- glieder. Im Jahr 1987 waren es bereits 295 Mitglie- ropsychologie, Verhaltensneurologie (1951, 1970, der (davon hatten 45 den FMH für Neurochirurgie) 1975, 1988, 1996, 1997, 1999, 2002, 2004); Epilep- und im Jahr 2003 420 Mitglieder (davon 254 or- sie (1954, 1994, 2004, 2005); Neuroinfektiolo- dentliche, 89 ausserordentliche, 51 freie, 21 korre- gie (Streptomycin 1946, Encephalitiden Mittel- spondierende und 5 Ehrenmitglieder). europas 1952, Toxoplasmose 1955, zeckenübertra- Die erste Gesellschaft, die sich der SNG an- gene Krankheiten 1986, AIDS 1987); embryonale schloss, war die «Vereinigung der Schweizer Neuro- und frühkindliche Erkrankungen/Neuropädiatrie chirurgen» (der Name wurde 1984 in «Schweizeri- (1956,1971);Neuropharmakologie (1957),zerebrale sche Gesellschaft für Neurochirurgie» umgeändert). Enzymologie/Neurochemie/metabolische Erkran- Diese Angliederung der beiden Gesellschaften fand kungen (1962,1970,1994,2005);Vestibularissystem/ im Jahr 1954 statt. Der damalige Präsident der Otoneurologie (1964, 1989); Neurorehabilitation «Vereinigung der Schweizer Neurochirurgen» war (1967, 1991, 1997, 2001, 2007); Altersneurologie H. Krayenbühl, der 1937 in Zürich die erste schwei- (1969); Demenzen (1994, 2001); Diabetes und Neu- zerische Neurochirurgische Klinik gegründet hatte, rologie (1972); Kollagenosen (1973); Kopfschmer- von 1956 bis 1959 SNG-Präsident und von 1959 bis zen/Schmerzen (1974, 1990, 2000, 2005); Myopa- 1971 Chefredaktor des neurologischen Teils des thien/neuromuskuläre Erkrankungen (1975, 1994, Schweizer Archivs war. Krayenbühl hatte sich 1941 1998, 2005); zerebrovaskuläre Erkrankungen, zere- mit seinem Standardwerk «Das Hirnaneurysma» brale Venenthrombosen (1954, 1974, 1985, 2000, habilitiert, das im Schweizer Archiv publiziert wurde. 2002, 2005, 2007); Neuroophthalmologie (1975); Auf Anregung von Krayenbühl wurde in der Zeit Bewusstseinsstörungen/Koma (1978, 2005); Hirn- 1959–1986 der Name des Schweizer Archivs zu tumoren/Neuroonkologie (1980, 1992, 1997, 2005); «Schweizer Archiv für Neurologie, Neurochirurgie Neuroimmunologie/Vaskulitiden (1981, 1983, 2001, und Psychiatrie» ausgedehnt.Im Jahre 1998 beschlos- 2003, 2005); Schädel-Hirn-/HWS-Verletzungen sen die Neurochirurgen aus der SNG auszutreten. (1984, 1993); Polyneuropathien (1985, 2001); Multi- Seit 1959 hatte sich auch die «Schweizerische ple Sklerose (1991, 1996, 1997, 2000, 2001, 2003, Arbeitsgemeinschaft für Elektroenzephalographie» 2007);Neurogenetik/hereditäre Leiden (1995,2000, der SNG angeschlossen. Diese war 1948 in Bern 2002, 2003), Schlaf/Schlafstörungen (1996, 2003); durch das Ehepaar W. und F. Bärtschi-Rochaix ge- somatoforme Störungen (1998);konsiliarische Neu- gründet worden (im Jahre 1951 zählte die Mitglie- rologie/Gutachten (1999, 2004); Neuroplastizität derliste 14 Mitglieder).Im Laufe der Zeit umfasste (1999); Prionenerkrankungen (1999, 2003); Neuro- diese Gesellschaft zudem auch die Elektromyo- radiologie (1968, 2004); vegetative Neurologie graphie (in der Schweiz 1954 durch F. Lehnen ein- (2006); Notfallneurologie (2007). geführt) und die Neurosonographie. Der Name Einige Tagungen sind speziell erwähnenswert. wurde 1967 entsprechend («Schweizerische Gesell- Die 73. SNG-Tagung 1953 in Zürich, an der einer- schaft für Klinische Neurophysiologie») angepasst.

150 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Auch diese Gesellschaft verselbständigte sich von Luzern (zunächst nur halbamtlich durch Karl (?) der SNG (1990). Vinzenz, dann Anton Meyer, ab 1983 vollamtlich Die Neuropathologen trennten sich von der durch Oton Bajc) eröffnet. SNG im Jahre 1967, währen die Neuropädiater im Jahre 2003 eine Assoziation mit der SNG be- Literatur schlossen. 1 Mumenthaler M. Medizingeschichtliches zur Entwicklung der Neurologie in der Schweiz. Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 1987;38:15–30. Entwicklung der akademischen und klinischen 2 Akert K. Vierhundert Jahre Hirnforschung in der Schweiz. Neurologie in der Schweiz nach 1908 Zürich: Naturforschende Gesellschaft in Zürich; 1997. 3 Akert K. Auguste Forel – cofounder of the neuron theory. Brain Pathology. 1993;3:425–30. In der ganzen Schweiz existierten 1908 zwei neuro- 4 Parent A. Auguste Forel on ants and neurology. logische Ambulanzen auf privater Basis, und zwar Can J Neurol Sci. 2003;30:284–91. in Zürich und Basel, jedoch (noch) keine neurolo- 5 Karenberg A. Johann Jakob Wepfers Buch über die gischen Bettenstation. Die meisten Internisten Apoplexie. Nervenarzt. 1998;69:93–8. (u.a. Sahli und Hadorn in Bern sowie Michaud 6 Karenberg A. Johann Jakob Wepfer. in Lausanne, ein Ausnahme bildete Otto Naegeli J Neurol. 2004;251:501–2. in Zürich) und die Psychiater (u.a. Forel in Zürich) 7 Karbowski K. Aus der Geschichte der Epileptologie und Elektroenzephalographie mit besonderer Berück- waren Gegner einer Verselbständigung der Neuro- sichtigung schweizerischer und polnischer Beiträge. logie in der Schweiz. Die stationäre Betreuung Schweiz Rundsch Med Prax. 1990;79:3–8. von neurologischen Patienten und die Lehre der 8 de Morsier G. Historie de la psychiatrie et de la neuro- Neurologie wurden deswegen bis zur Mitte des logie à Genève. Gesnerus. 1977;34:186–202. 20. Jahrhunderts an den meisten Schweizer Uni- 9 Gross D. Der Beitrag Gottlieb Burckhardts (1836–1907) zur Psychochirurgie in medizinhistorischer und ethischer versitätskliniken von Internisten (und Psychia- Sicht. Gesnerus. 1998;55:221–48. tern) – mit der Zeit zunehmend mit Hilfe von 10 Stone JL. Dr. Gottlieb Burkhardt – the pioneer of psycho- neurologischen Konsiliarärzten – übernommen [1]. surgery. J Hist Neurosci. 2001;10:79–92. Dies waren Mieczyslaw Minkowski, Rudolf Brun, 11 Minkowski M. Constantin von Monakow 1853–1930. Fritz Lüthy und Ernst Baasch in Zürich; Fritz Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 1931;27:1–63. Egger,Emil Villiger,Robert Bing und Felix Georgi 12 Jagella C, Isler H, Hess K. 100 Jahre Neurologie an der Universität Zürich – 1894 bis 1994 – Constantin in Basel; Edouard Long und François Naville in von Monakow (1853–1930) Hirnforscher – Neurologe – Genf [8]; Hermann Brunnschweiler und Theodor Psychiater – Denker. Ott in Lausanne [22]; Fritz Lotmar (der lange mit Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 1994;145(Suppl I):5–60. Binswanger gearbeitet hat [23]), Sandro Bürgi, 13 Kesselring J. Constantin von Monakow’s formative years in Pfäfers. J Neurol. 2000;247:200–5. Rudolf Stähli, Robert Isenschmid und Werner 14 Koehler PJ, Jagella C, Isler H. Zur Rezeption von Bärtschi-Rochaix in Bern. Monakows Werk. Die erste selbständige neurologische Bettensta- Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 1995;146:31–9. tion11 (12 allgemeine und zwei Privatbetten) und 15 Mumenthaler M, Akert L. Nachruf für Mieczyslav Minkowski. somit neurologische Klinik der Schweiz wurde Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 1973;113:9–16. 1952 in Zürich unter Mieczyslaw Minkowski eröff- 16 Valko P, Mumenthaler M, Bassetti C. Zur Geschichte net. Zunächst noch als Teil der Medizin wurden neurologischer Beiträge im Schweizer Archiv für Neuro- neurologische Bettenstationen in Basel 1951 (Felix logie und Psychiatrie. Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 2005;156(7):343–57. Georgi, selbständig 1962), Genf 1953 (Georges de 17 Minkowski M. 50 Jahre Schweizerische Neurologische Morsier,selbständig 1961),Lausanne 1954 (Michel Gesellschaft. Jéquier, selbständig 1962) und Bern 1958 (Rolf Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 1958;82:4–181. Magoun, selbständig im gleichen Jahr) eröffnet. 18 Bassetti CL, Jagella EC. Joseph Jules Dejerine (1849– Nichtuniversitäre neurologische Kliniken (mit 1917). J Neurol. 2006;253:823–4. Bettenstation) wurden 1972 in St. Gallen (Eber- 19 Goetz CG, Churn TA, Lanska D. The history of 19th- century neurology and the American Neurological hard Ketz), 1974 in Aarau (Erlo Esslen), 1980 in Association. Ann Neurol. 2003;53:S2–26. Lugano (Carlo Tosi, zunächst nur Poliklinik, ab 20 Bonduelle M. History of the Société Française de Neuro- 1981 mit Bettenstation) und 1954 bzw. 1983 in logie: 1899–1974. Rev Neurol. 1999;155:785–801.

11 Weltweit wurden die ersten neurologischen Bettenstatio- 21 Salomone G, Arnone R, Zanchin G. The Società Italiana di Neurologia: origins. Ital J Neurol. 1996;17:311–9. nen in England (1859, London, National Hospital for the Paralyzed and Epileptics in Queen’s square), Frankreich 22 Jéquier M. Neurologie Lausannoise. Rev Méd Suisse (1862, Paris, Salpêtrière) und in den USA (1871, Penn- Romande. 1974;94:873–85. sylvania) eröffnet. In Deutschland entstand die erste 23 Fuchs WJ. Der Binswanger-Lotmar-Disput über Aphasie neurologische Bettenstation (und Klinik) in Hamburg (1926–1963). 1925 auf Initiative von Max Nonne (1861–1959). Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 2007;168:322–30.

151 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Abbildung 2 Die Präsidenten der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft.

Constantin von Monakow (1853–1930) SNG-Präsident: 1909–1910 Erster Schweizer Lehrstuhl- Otto Veraguth inhaber für Neurologie (1870–1944) (Zürich, 1894) SNG-Präsident: 1922–1924

Paul Dubois Louis Schnyder (1848–1918) (1868–1927) SNG-Präsident: 1910–1916 SNG-Präsident: 1924–1927

Paul-Louis Ladame Edouard Long (1842–1919) (1868–1929) SNG-Präsident: 1916–1919 SNG-Präsident: 1927–1930

Robert Bing (1878–1956) SNG-Präsident: 1919–1922 Zweiter Schweizer Lehrstuhl- François Naville inhaber für Neurologie (1883–1968) (Basel, 1937) SNG-Präsident: 1930–1933

152 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Die Präsidenten der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft.

Georges de Morsier (1894–1982) SNG-Präsident: 1946–1949 Charles Dubois Dritter Schweizer Lehrstuhl- (1887–1943) inhaber für Neurologie SNG-Präsident: 1933–1936 (Genf, 1941)

Rudolf Brun Karl Max Walthard (1885–1969) (1895–1971) SNG-Präsident: 1936–1939 SNG-Präsident: 1949–1950

Hermann Brunnschweiler Fritz Lüthy (1879–1968) (1895–1988) SNG-Präsident: 1939–1943 SNG-Präsident: 1950–1953

Mieczyslaw Minkowski Ernst Frauchiger (1884–1972) (1903–1975) SNG-Präsident: 1943–1946 SNG-Präsident: 1953–1956

153 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Die Präsidenten der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft.

Hugo Krayenbühl Marco Mumenthaler (1902–1985) (1925) SNG-Präsident: 1956–1959 SNG-Präsident: 1969–1971

Theodor Ott Michel Jéquier (1909–1991) (1909–1996) SNG-Präsident: 1959–1963 SNG-Präsident: 1971–1973

Werner Bärtschi-Rochaix Rudolph Wüthrich (1911–1994) (1924) SNG-Präsident: 1963–1966 SNG-Präsident: 1973–1975

Gerhard Weber Anton Meyer (1914) (1917–1993) SNG-Präsident: 1966–1969 SNG-Präsident: 1975–1977

154 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Die Präsidenten der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft.

Gérard Gauthier Heinrich Käser (1923) (1924–2006) SNG-Präsident: 1977–1978 SNG-Präsident: 1985–1987

Eric Zander Franco Regli (1918–1982) (1931) SNG-Präsident: 1978–1980 SNG-Präsident: 1987–1989

Günter Baumgartner Nicolas de Tribolet (1924–1991) (1942) SNG-Präsident: 1980–1983 SNG-Präsident: 1989–1991

Hans-Peter Ludin Hans Spiess (1936) (1932) SNG-Präsident: 1983–1985 SNG-Präsident: 1991–1993

155 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Die Präsidenten der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft.

Andreas J. Steck Hans Rudolf Stöckli (1942) (1945) SNG-Präsident: 1993–1995 SNG-Präsident: 2001–2003

Theodor Landis Christian W. Hess (1945) (1946) SNG-Präsident: 1995–1997 SNG-Präsident: 2003–2007

Klaus Hess Max Wiederkehr (1942) (1958) SNG-Präsident: 1997–1999 SNG-Präsident: 2007–

Paul-André Despland (1942) SNG-Präsident: 1999–2001

156 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 SSN Jubilee History of neurological contributions in the Swiss Archives of Neurology and Psychiatry n P. Valko, M. Mumenthaler, C. L. Bassetti Department of Neurology, University Hospital,

Summary the Swiss Archives and contributed greatly to the quality of the journal, not least through their con- Valko P, Mumenthaler M, Bassetti CL. History of tacts with scientists from all over the world. It was neurological contributions in the Swiss Archives in the Swiss Archives that M. Minkowski published of Neurology and Psychiatry. Schweiz Arch Neurol his well-known work on the course of the optic Psychiatr. 2008;159:157–70. nerve fibres (1920) and studies on the reflexes of the human foetus (1924, 1925). The Swiss Archives of Neurology and Psychiatry The 1st International Neurological Congress, were founded in 1917 by Constantin von Monakow. which took place in Berne in 1931, was an impor- The main motivation was the growing need for tant event in the history of Swiss neurology and an independent Swiss journal. Previously Swiss formed the subject of a commentary in the Swiss neurologists had had to submit their scientific con- Archives. At the end of the congress all the partic- tributions to German or French journals, with the ipants received a presentation copy of the most result that they were often insufficiently informed recent volume of the Swiss Archives. of their own compatriots’ work. For the Swiss During the years preceding World War II the Neurological Society,established in 1908,the foun- Swiss Archives played a remarkable international dation of the Swiss Archives was also a milestone role by continuing to publish foreign papers, in its battle to be accepted as an independent med- despite growing nationalism and racism in the ical faculty. surrounding countries of Europe. The journal also While the papers were mainly Swiss authored, appeared regularly during the war. the Swiss Archives also occupied a significant in- In 1959 the neurosurgeon H. Krayenbühl, who ternational position from the outset, as witness the in 1941 had published his classic work on cerebral regular contributions from well-known European aneurysm in the Swiss Archives, became editor-in- neurologists. chief. During his editorship the journal’s name was Constantin von Monakow remained editor-in- expanded to Swiss Archives of Neurology, Neuro- chief until his death in 1930. Most of the famous surgery and Psychiatry (until 1986). (neuro-)scientific-philosophical works written dur- The most cited papers since 1945 have been ing the last 15 years of his life were published in those of R. Adams (on normopressive hydro- the Swiss Archives. Certainly the most outstanding cephalus) and B. Roth (on narcolepsy and hyper- volume was No 13 (1923), which contains 52 arti- somnia). Several contributions have come from cles by the most renowned neurologists, psychia- related specialities, e.g. the physiologist and Nobel trists, neuroanatomists and physiologists of that Prizewinner W. Hess wrote on the autonomic time as a festschrift for Constantin von Monakow’s nervous system, the anatomist G. Töndury on 70th birthday. foetopathies and the paediatrician G. Fanconi on After Constantin von Monakow’s death, R. poliomyelitis. Bing (Basel) and M.Minkowski (Zurich) took over Keywords: Swiss Archives of Neurology and as editors of the neurology section. Both neurolo- Psychiatry; Swiss Neurological Society; C. v. Mona- gists published a considerable number of papers in kow; R. Bing; M. Minkowski

Correspondence: Claudio L. Bassetti, MD Founding of an independent neurological Department of Neurology journal University Hospital Frauenklinikstrasse 26 CH-8091 Zurich The first issue of the Swiss Archives of Neurology e-mail: [email protected] and Psychiatry was published in 1917 by the Zurich

157 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Figure 1 Front-page of the first issue of the Swiss Archives personal contact with contemporary leading psy- of Neurology and Psychiatry. chiatrists and neuroanatomists, and for a year was assistant to E. Hitzig (1838–1907), director of Burghölzli Psychiatric Clinic. Other decisive encounters were with W. Griesinger (1817–1875) and his “Gehirnpsychiatrie”, and B. Gudden (1824–1886) with his celebrated microtome. Von Monakow laid the foundations of his work on neuropathology, neurophysiology and neuroanat- omy during his year-long period as assistant in remote St Pirminsberg in the St Gall region (1878–1885) [3,4].His monumental studies Gehirn- pathologie (1897) and Die Lokalisation im Gross- hirn und der Abbau der Funktion durch kortikale Herde (1914) made von Monakow world famous, and Zurich, where he had held an associate pro- fessorship since 1894 (the first chair of neurology in Switzerland), became a world byword for the “Zurich neurobiology school” or the “Monakow clinical-anatomical movement” [5–8]. As early as 1905–1916 the Arbeiten aus dem Hirnanatomischen Institut in Zürich were pub- lished – also with von Monakow as editor – although by a foreign publisher (I. F. Bergmann in Wiesbaden); these included, from 1909 to 1910, his celebrated monograph on the red nucleus, the tegmentum of midbrain and the subthalamic region [9–11]. After a total of 10 issues the flow of publi- cations dried up – a consequence of the First World publisher Orell Füssli (fig. 1).The initiative for this War. Von Monakow had further reasons to press originated with Constantin von Monakow (1853– for the founding of a new journal. In those days 1930), who first suggested the idea of an indepen- Swiss papers were mainly published in neighbour- dent Swiss neurological journal to the management ing countries – Germany or France, depending committee of the Swiss Neurological Society (SNS) on the language. Von Monakow complained that (founded at Olten in 1908) at its meeting in Neu- in German-speaking Switzerland little notice was châtel on 12th November 1916 [1]. taken of papers by French-speaking compatriots, C. von Monakow (fig. 2) was born in Vologda and vice versa (“… nous ne nous rencontrons et ne Government, Russia, in 1853 and arrived in Zurich faisons première connaissance qu’au moyen de la in 1866 (after a 3-year stay in Germany) [2].While presse étrangère”) ([1], p. 3). In addition, growing still pursuing his medical studies, he came into nationalism in war-torn Europe was making it in- creasingly difficult to bring out Swiss publications in other countries [10]. The need for an independent, unifying national journal may also have been sharpened by the fact that in other European countries during the last quarter of the 19th century several neurological journals had come into being. In Germany, for example,three important new publications (Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten, Central- blatt für Nervenheilkunde and Neurologisches Cen- tralblatt) were founded between 1868 and 1882. This was also the case in France, where, under the editorship of J. M. Charcot (1825–1893) the jour- Figure 2 nals Archives de Neurologie and Nouvelle Icono- Constantin von Monakow graphie de la Salpêtrière were founded in 1880 and (1853–1930). 1888 respectively, followed in 1893 by La Revue

158 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 neurologique.The English review Brain had existed summaries of the papers given at the meetings.Von since 1878 [12]. Monakow’s proposals were approved unanimous- In the history of Swiss neurology the founding ly, as were the decisions concerning annual sub- of the Swiss Archives of Neurology and Psychiatry scriptions (CHF 600 for the SNS and CHF 400 for constituted a milestone: in the struggle for accep- the SSP). The treasurer also drew attention to the tance as an independent and officially recognised extra strain on financial resources, whereupon an speciality neurology had taken a decisive step extraordinary contribution of CHF 4 per member forward. If for no other reason, the Swiss Archives was decided. must also have been a source of keen perso- Von Monakow was not only the founder of nal satisfaction for von Monakow, who had for Swiss Archives, but subsequently assumed the decades – and in the face of stubborn resistance mantle of editor-in-chief. The editorial board also to the very end – fought to lead neurology out included P. Dubois from Berne (psychotherapist from under the wing of internal medicine and and neuropathologist), R. Weber from Geneva psychiatry. (psychiatrist), B. Manzoni from Mendrisio (psy- M. Minkowski (1884–1972), one of the first chiatrist, from 1906 to 1944 director of the present- assistants in Zurich’s Brain Anatomy Institute day Clinica Psichiatrica in Mendrisio [17]) and under von Monakow,and his successor as Director H.W.Maier from Zurich (psychiatrist). Numerous of the University Neurological Clinic (1928), well-known Swiss were contributors, honoured him in his 1958 festschrift to mark the including, among others, E. Bleuler (psychiatrist), SNS’s 50-year jubilee as the “eigentlichen Pionier R.Brun (neurologist),E.Claparède (psychologist), der Verselbständigung der Neurologie als medi- M. Egger (neurologist), C. Ladame (psychiatrist), zinisches Fach” ([10], p. 5). P. Ladame (neurologist), E. Long (neurologist), As its name makes clear, the Swiss Archives of C. de Montet (neurologist), F. de Quervain (sur- Neurology and Psychiatry is not only the official geon), H. Sahli (internist) and A. Ulrich (epi- organ of the SNS, but also of the Swiss Society of leptologist). Also among the contributors was Psychiatry (SSP).The journal reflects a rapproche- T.Kocher (1841–1917), though he died in the foun- ment of the two disciplines, between which there dation year. had been considerable animosity in the past, not At this point it is worth recalling that Kocher, least of a personal nature between von Monakow a Nobel Prizewinner, not only did revolutionary and A. Forel (1848–1931). The latter was highly work in the field of thyroid surgery,but also took a sceptical about the founding of the SNS and de- close interest in neurology. Among other achieve- scribed it as a “ganz überflüssigen Konkurrenten ments, he was among the first, even before Henry neben unserem Schweizerischen Irrenärzte-Verein” Head (1861–1940), to create a complete table of ([13], p. 70). the human dermatomes [18, 19]. Kocher was also However, in the other Swiss university towns among the pioneers of neurosurgery, and his many (Basel, Berne, Geneva and Lausanne) the position students included Harvey Cushing (1869–1939) of neurology was equally unsatisfactory [9, 14]. from Baltimore, who in 1900/01 was pursuing In Berne, for example, the renowned internist further studies in Berne and at that time wrote a H. Sahli (1856–1933) vehemently opposed inde- paper on intracranial pressure [20]. pendent status for neurology, an attitude in which his own interest in neurological diseases no doubt played a considerable role [10]. In Basel neurology The early years to von Monakow’s death was long represented only in the form of an office in 1930 in the medical outpatient clinic. In the university hospitals of Lausanne and Geneva neurology could The first contribution to the first number was by boast a department of its own only in the second P. Dubois (1848–1918) (“Somatogène ou psycho- half of the 20th century [9, 15, 16]. gène?”, [1917;1:8–18]). It was to be Dubois’ sole In von Monakow’s view the articles published paper, since he died a year after Swiss Archives in Swiss Archives should (1) originate chiefly from was founded. Dubois was reputed as a psycho- Switzerland, but if possible also leave room for therapist far beyond the country’s borders and foreign contributions, (2) be devoted to the anat- influenced, among others, J. J. Dejerine (1849– omy, physiology, pathological anatomy and clini- 1917), with whom he had had a personal friend- cal features of the nervous system, together with ship since early youth. In view of his outstanding psychiatry, (3) be written in the three national success patients flocked to Berne from all over languages. A regular feature should also be the Europe to consult him;his most famous patient was congress reports of the SNS and SSP, as well as none other than the novelist Marcel Proust (1871–

159 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 1922). From 1902 Dubois was also associate pro- number exceeded all the others.For Swiss Archives fessor of neuropathology [21, 22]. alone he wrote a score of articles from 1917 to his The aftermath of the First World War,which had death, not infrequently substantial contributions contributed indirectly to the founding of Swiss spread over two volumes. The new orientation is Archives, was perceptible in the contents of the already clear from the choice of titles: “Versuch publication’s early years. Despite Switzerland’s einer Biologie der Instinktwelt” (1921, 1922), “Be- neutrality in both world wars, many Swiss doctors trachtungen über Gefühl und Sprache” (1922), were thrown into direct contact with the medical “Grundlagen der biologischen Psychiatrie” (1925), fallout from war, either through their work in the “Die Syneidesis, das biologische Gewissen” (1927), belligerent nations’ army medical centres or in “Recht, Verbrechen und Zurechnungsfähigkeit in treating war victims transferred to Swiss hospitals. biologischer Beleuchtung” (1928), “Wahrheit, Irr- Numerous contributions to Swiss Archives and pa- tum und Lüge (Menschliches und Biologisches)” pers delivered at SNS congresses dealt with prob- (1930), “Religion und Nervensystem (Biologische lems of war neurology and psychiatry.Probably the Betrachtungen)” (1930). leading Swiss institution was the Lucerne Army Volume 13 (1923) of Swiss Archives is undoubt- Medical Institute (AMI), which included an auto- edly the finest and most valuable. Under the direc- nomous neurological department (in total contrast tion of O. Veraguth, M. Minkowski and R. Brun, to all Swiss university hospitals!). O.Veraguth and a festschrift was compiled to honour von Mona- H. Brun, two of von Monakow’s co-workers from kow’s 70th birthday,bringing together, in the space Zurich, reported on the methods employed there of 700 pages, a total of 52 papers from the pens not for cranio-cerebral topography in cranial injuries, only of Swiss authors but also the leading inter- the systematic investigation of motor and sensory national names in neurology, brain anatomy and abnormalities in peripheral nervous lesions, and physiology. Nearly all were papers with a more the diagnosis and therapy of spinal bullet wounds or less direct connection to von Monakow’s [1918;2:160–7]. The Basel neurologist R. Bing, a work. Veraguth, for example, wrote a contribution co-founder of the SNS with von Monakow and entitled “Die Lehre von der Diaschisis”, P. von P. Dubois in 1908 [23], discussed, in his paper Monakow (his son) wrote on “Urämie und Plexus “‘Akrodystonie’ als Folgezustand von Kriegs- chorioidei”,R.Bing on “Das ‘Zahnrad-Phänomen’ verletzungen der oberen Extremitäten”, two cases und die antagonistische Innervation” and R. Brun involving unusual traumatic contracture of the (a renowned myrmecologist and C.von Monakow’s hand,which in his view corresponded to none of the first assistant [27]) on “Vergleichende Untersu- classic palsy types (radial, ulnar, median) or mixed chungen über Insektengehirne, mit besonderer forms of these, but whose pathogenesis was “dis- Berücksichtigung der pilzhutförmigen Körper turbed tonal balance” [1918;2:40–7]. L. Schnyder, (Corpora pedunculata Dujardini)”. who was president of the SNS from 1924 to 1927, Also represented were E. Bleuler (“Halluzi- wrote a lengthy contribution entitled “La question nationen und Schaltschwäche”) and E. Claparède des troubles nerveux fonctionnels de la guerre” from Geneva (“Quelques remarques sur le Sub- [1918;2:116–29], and E. Long of Geneva, later a conscient”). However, the majority of papers were successor of L. Schnyder as president of the SNS, from foreign countries, of which only those by the wrote on “Les plaies des nerfs dans les blessures de most celebrated authors will be mentioned here: guerre” [1918;2:130–42]. W. M. Bechterew from St Petersburg (“Studium The horrors of war also brought a fundamental der Funktion der Präfrontal- und anderer Gebiete reorientation in von Monakow’s scientific activi- der Hirnrinde vermittelst der assoziativ-motori- ties. Brain anatomy and neurological studies schen Reflexe”), S. Ramon y Cajal of Madrid abruptly receded into the background,since “… die (“Quelques méthodes simples pour la coloration de Zeit des unseligen Krieges die Aufmerksamkeit auch la Névroglie”), E. Flatau (Warsaw), S. Goldflam des Neurologen mit Macht und von neuem wieder (Warsaw), K. Goldstein (Frankfurt am Main), auf die allgemeinen, ewigen Probleme des Lebens H. Head (London), R. Magnus and G. G. J. Rade- und speziell auf die menschliche Seele hinlenkt, mit macher (Utrecht), O. Marburg (Vienna), P. Marie deren Not und Pein gerade er so viel zu tun hat” and H. Bouttier from Paris (“Sur un cas de Plano- ([10], p. 30). Until his death in 1930 his interest topokinésie”), G. Mingazzini (Rome), I. P.Pawlow centred increasingly on ethical, philosophical and from St Petersburg (“Die Charakteristik der also religious issues, which he attempted to ap- Rindenmasse der Grosshirnhemisphären vom proach from a scientific, neurobiological perspec- Standpunkt der Erregbarkeitsveränderungen ihrer tive [24–26]. Since the founding of Swiss Archives einzelnen Punkte”), C. Winkler (Utrecht) and his contributions had been omnipresent and in others.

160 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 It is not possible here to do justice to the abun- theorists [10,30–32].In 1926 his paper “Über Apha- dance of important papers published in Swiss sie”was published in Swiss Archives [1926;19:3–38] Archives and their authors. However, in what and in 1934 “Kritisches und Tatsächliches zu eini- follows at least some articles of particular interest gen Grundfragen der Psychopathologie, im Beson- from the early years of Swiss Archives may be deren zum Aphasieproblem” [1934;34(1):69–93; mentioned. In 1917 F. Naville (1883–1968) from 34(2):230–43]. Geneva published the paper “Etude anatomique du A particular merit of Swiss Archives was in névraxe dans un cas d’Idiotie familiale amaurotique regularly making important work by leading de Sachs” [1917;1:286–313]; this was probably neurologists in Eastern Europe and Russia acces- the first observed case in Switzerland of familial sible to readers in Western Europe. One example Tay-Sachs disease (in a Jewish family from Poland). of work published in Swiss Archives is “Frühkon- F. Naville, who had studied with J. J. Dejerine in traktur und Abwehrreflexe bei Cerebralparalysen” Paris among others, served as president of the by S. N. Dawidenkow (1880–1961) [1928;23:308– SNS from 1930 to 1933 and was an editorial asso- 13/1929;24:105–33]. Dawidenkow, a pioneer in the ciate of Swiss Archives from the beginning until field of neurogenetics, is among Russia’s most his death in 1968 [28]. He took up a professorship important 20th century neurologists [33]. In the of forensic medicine in 1925.In this function he was, West he is almost exclusively known for his work incidentally,requested by the German consulate in on scapulo-peroneal amyotrophy [34, 35]. He 1943 to serve on the international expert commis- devoted himself more than almost anyone else to sion to investigate the Polish victims of the Katyn the problem of “tonic attacks” (originally termed massacre [29]. “convulsions” by Nothnagel in 1868 [36]), not At that time a highly topical issue was the infrequently observed during the acute phase of phenomenon of aphasia, on which numerous con- cerebrovascular events in the paralysed body tributions from noted neurologists appeared in parts. Specifically for these attacks Dawidenkow Swiss Archives. A. Pick (1851–1924) from Prague, coined the term “Hormetonie” (after the Greek for example, wrote on “Sprachpsychologische und ρμ = attack, and τνς = tension). The term andere Studien zur Aphasielehre” [1923;2(1):105– “Dawidenkowsche Hormetonie” has remained in 35/2(2):179–200], focusing particular interest on use until today in Russia, where Dawidenkow the influence of aphasia on thought. Two papers published much work on the subject, though on aphasia came from Rome, from G. Mingazzini without gaining a foothold in world neurological (1859–1929): “Contributo clinico ed anatomopato- literature [37–39]. The article quoted is of special logico allo studio delle afasie musicali e transcor- interest because, apart from anything else, it is ticali” [1918;3:210–33] and “Weitere klinische und probably the fullest non-Russian paper by Dawi- pathologisch-anatomische Beiträge zum Studium denkow on the subject. der Aphasien” [1923;13:447–57]. One widely no- ticed article was by M.Minkowski,“Klinischer Bei- trag zur Aphasie bei Polyglotten, speziell im Hin- Contributions from neighbouring disciplines blick auf das Schweizerdeutsche” [1927;21:43–72], in which he reports on a Swiss German with total It had been von Monakow’s original wish that aphasia subsequent to cranial trauma who, after Swiss Archives regularly publish articles from some time, unexpectedly began first to speak High neighbouring disciplines. Thus, for example, the German and only considerably later the dialect he Zurich physiologist and later Nobel Prizewinner had previously much preferred. Also worth men- W. R. Hess (1881–1973) contributed some of his tioning is the paper by H. Head (1861–1940), studies to Swiss Archives [40–42]. The following “A case of acute verbal aphasia followed through papers may be instanced: “Zur Physiologie der the various stages of recovery” [1923;13:313–24], in Vasomotoren” [1924;14:20–9] and “Vegetatives Ner- which the detailed time course in a case of post- vensystem. Fragen der Organisation, der Begriffe operative aphasia is discussed in the light of von und Bezeichnungen” [1943;50:88–92]. Monakow’s diaschisis theory. Of particular signif- G. Fanconi (1892–1979), senior consultant of icance in aphasia research are the contributions Zurich Children’s Hospital from 1929 to 1962, who of K.Goldstein (1878–1965).He was one of a group is regarded as the first to describe cystic fibrosis of noted neurologists who had to leave Germany and other diseases (e.g. Fanconi anaemia) [43], in the 1930s and found temporary asylum in Swit- contributed a paper on poliomyelitis (“Beiträge zur zerland. During this time Goldstein played an Klinik, Epidemiologie und Differentialdiagnose active part in SNS meetings and afterwards became der Poliomyelitis” [1944;53:169–86]). In this paper one of the leading American scientific and medical Fanconi, who in 1949 published the book Die

161 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 research and experimenting with chicken embryos (F. Visintini, R. Levi-Montalcini, “Relazione tra differenziazione strutturale e funzione dei centri e delle vie nervose nell’embrione di pollo” [1939; 43:381–93 and 44:119–50]). Swiss Archives also published numerous contri- butions from the field of neurosurgery (H.Krayen- bühl, M. G. Yas¸argil), which will be dwelt on in more detail below.

Figure 3 New editors: R. Bing and M. Minkowski Robert Bing (1878–1956). After von Monakow’s death R. Bing and M. Minkowski took over the editorship of the neurological section of Swiss Archives of Neuro- logy and Psychiatry. Their importance for the journal and for Swiss neurology in general was for many decades so great that they will now be briefly introduced. Robert Bing, who was born in Strasbourg in 1878 but grew up in Basel (fig.3),acquired a world- wide reputation as a clinical neurologist and the author of several outstanding textbooks which were translated into six or seven languages. His teachers included the neurophysiologist H. Munk (1839–1912) in Berlin,the neuroanatomist L.Edin- Figure 4 ger (1855–1918) in Frankfurt am Main, the neuro- Mieczyslaw Minkowski surgeon V.Horsley (1857–1916) in London as well (1884–1972). as the renowned French neurologists J. J. Dejerine (1849–1917) and J. Babinski (1857–1932). In 1907 he wrote a postdoctoral thesis on the spinocere- bellar afferents;in 1918 he was appointed associate Poliomyelitis und ihre Grenzgebiete in conjunction professor and in 1932 full professor of neurology in with H. Zellweger and A. Botsztejn, reviewed the Basel (the first full professorship of neurology at a epidemiological and clinical aspects of the disease Swiss university) [50, 51]. and concluded with a mention of the severe polio- One of the first papers he published in Swiss myelitis epidemic in the city of Zurich in Septem- Archives was an in-depth study of the various ber 1941, the sudden outbreak of which prompted mechanisms triggering the Babinski reflex [1918; him to investigate a possible connection with the 3:89–94].He had previously described the so-called weather. paradoxical ankle reflex, which bears his name A paper worthy of mention in the field of (bending movement of the passive dorsally flexed anatomy was by the young G. Töndury (1906– foot on tapping of the dorsum at ankle level) 1985). Töndury, who for more than three decades [52]. Several of his articles in Swiss Archives are directed Zurich University’s Institute of Anatomy, devoted to the interdisciplinary field of neuro- acquired an international reputation through his ophthalmology; they were ultimately incorporated work on embryo- and foetopathies [44]. An early into his famous book Gehirn und Auge (edited in contribution appeared in the 1939 volume of Swiss collaboration with the ophthalmologist R. Brück- Archives (“Normale und abwegige Entwicklung ner). However, his best known work was to be the des zentralen Nervensystems im Lichte neuerer Kompendium der topischen Gehirn- und Rücken- Amphibienexperimente” [1939;43:360–80]). marksdiagnostik, which went through innumerable The same issue also contains a paper by R.Levi- editions and is sometimes described as the succes- Montalcini, discoverer in 1952 of the nerve growth sor to Oppenheim’s classic neurology textbook. factor (NGF) for which she received the 1986 Bing was editor of Swiss Archives until 1951 and Nobel Prize for Medicine and Physiology [45–49]. remained a member of the editorial board until At the time she was already engaged in cancer his death in 1956.

162 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Mieczyslaw Minkowski (fig. 4) was born in In 1954 Minkowski celebrated his 70th birth- Warsaw in 1884. He came from a highly gifted day, and among many other tributes mention family whose members included the mathemati- should be made here of the paper by 29-year-old cian H. Minkowski (1864–1909), Albert Einstein’s M. Mumenthaler “Über die Brachialgia para- teacher,and O.Minkowski (1858–1931),discoverer esthetica nocturna. Herrn Prof. Dr. M. Minkowski of the connection between diabetes mellitus and zum 70. Geburtstag gewidmet” [1954;74:362–81]. pancreatic function [53–55]. Minkowski obtained It was Mumenthaler’s first publication in Swiss his doctorate with A. Strümpell (1853–1925) and Archives. completed his training with I. P. Pawlow (1849– 1936) in St Petersburg, A. Alzheimer (1864–1915) in Munich as well as M.Rothmann (1868–1915) and The 1st International Neurological Congress, T. Ziehen (1862–1950) in Berlin. He did post- Berne 1931 doctoral work under C. von Monakow in 1913 and in 1928 succeeded him as Director of the Neurolog- An event of major importance was the 1st Inter- ical Outpatient Clinic. Like R. Bing, Minkowski national Neurological Congress (INC) in Berne was a founding editor of Swiss Archives, to whose from 31st August to 4th September 1931; it was high standing he decisively contributed for over to have been held there as far back as 1914, but half a century (1930–1960 as editor) and, in par- owing to the war it had not taken place. It was ticular, promoted the lively scientific exchanges attended by 700–800 neurologists from 42 coun- between Swiss and foreign neurologists. His last tries. How intensive the preparations were can be contribution dates from 1969 [103:93–106]. learned from Vol. 25 of Swiss Archives [1930;25: In 1920 his important study “Über den Verlauf, 316–26].B.Sachs of the USA was elected president die Endigung und die zentrale Repräsentation von of the INC; the vice-presidents included, alongside gekreuzten und ungekreuzten Sehnervenfasern bei G. Guillain of France and Sir Charles Sherrington einigen Säugetieren und beim Menschen” was pu- of Britain, R. Bing.The 1st INC was a great success blished in Swiss Archives [1920;6:201–52/1920;7: and as a gift from the SNS every participant re- 268–303].Minkowski had already produced a post- ceived a special number of the Swiss Archives of doctoral thesis on the optical system, in which he Neurology and Psychiatry [1931; volume 27, issue investigated the effects of enucleation of an eye 2]. The last evening of the congress included, on on the ensuing visual centres and took a particular the initiative of M. Minkowski, a discussion of the interest in the “Endverteilung der aus beiden then burning topic “Die Beziehungen der Neuro- Augen stammenden, d.h. gekreuzten und unge- logie zur allgemeinen Medizin und zur Psychiatrie kreuzten Sehnervenfasern im corpus geniculatum an der Universität und Spitälern der verschiedenen externum”. The discovery that the projections of Länder” [see 1933;30:159–77]. Minkowski himself the homonymous retinal halves in the layers of recalled that in Switzerland as early as the years the corpus geniculatum externum (laterale) end 1907–1910 “die Verselbständigung der Neurologie alternately was of historical importance for the von verschiedenen Seiten mit ernster Argumentation understanding of binocular vision [56]. gefordert wurde”. Nevertheless, in 1931 he was Equally remarkable were his investigations into obliged to note that Switzerland was one of a the “Bewegungen und Reflexe des menschlichen minority of countries in which neurology still Fötus während der ersten Hälfte seiner Entwick- had “keine selbständige, offizielle Vertretung im lung” [1924;15(1):239–59/1925;16(1):133–52 and medizinischen Fachstudienplan” (just as in Bel- 1925;16(2):266–84]. gium, Denmark, Finland, Germany, Great Britain, At the 85th meeting of the Swiss Society for Hungary and Spain). He considered “obligato- Psychiatry in Berne in 1934 he vehemently criti- rischen neurologischen Unterricht” in universities cised a law passed in Germany in 1933 which de- of particular importance, since he noted that in clared persons with hereditary mental illness to be many countries this led to the creation of inde- “a threat to society”, and called for schizophrenics pendent neurological clinics (Bulgaria, Czecho- to be compulsorily sterilised (M. Minkowski: slovakia, Estonia, France, Netherlands, Norway, “Diskussionsvotum zum Referat von E. Rüdin” Poland, Portugal, Romania, Soviet Union, USA). [1935;35:368–71]). In the middle of the Second In Switzerland at that time there were only two World War Minkowski,a Jew,was elected president neurological outpatient clinics (Basel and Zurich). of SNS, which he regarded as an honour and an At the INC in Berne the German O. Foerster “eindrucksvollen Beweis von Unerschrockenheit, (1873–1941) advocated this idea with particular Unabhängigkeit des Geistes und echter demokra- energy and proposed a resolution which was un- tischer Gesinnung” [1958;82:94]. animously adopted.

163 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 International role In a very long 1944 article he described the so- called “Acromegalo-epileptisches Syndrom”, also As early as 1917 P. Dubois, marked by the expe- called, after him, “de Morsier’s syndrome I” (dien- rience of the First World War, voiced his convic- cephalic pathology, associated with behavioural tion that Swiss Archives not only had a national anomalies, disorders of sensitivity and premature role to play but should also provide a free, neutral sexual development) (“Pathologie du diencéphale. platform for colleagues from the belligerent for- Les syndromes psychologiques et syndromes sen- eign countries. In the dark years before the Second sorio-moteurs” [1944;54:161–226]). World War Swiss Archives did indeed play a sig- 1959 saw not only a change of editor but – nificant role on the international plane. A glance temporarily – of Swiss Archives’ name. Under at the Swiss Archives volumes of the final years H. Krayenbühl (1902–1985), editor-in-chief of the before the Second World War shows a marked neurology section from 1959 to 1971, the journal increase in foreign contributions, particularly was expanded to Swiss Archives of Neurology, from Eastern Europe. During the war the foreign Neurosurgery and Psychiatry (in 1986 neuro- voices fell silent, and the papers now came almost surgery was dropped from the title again). In 1937 exclusively from Swiss pens. It is remarkable, Krayenbühl had founded the first Swiss neuro- however, that Swiss Archives continued to be surgical clinic in Zurich. Before that he had under- published throughout the war and has lasted until gone further education in London under Hugh the present. Cairns (1896–1952), a former pupil of Cushing [40, 59]. In 1941 he published a postdoctoral thesis, his standard work “Das Hirnaneurysma”, which The period after the Second World War appeared in Swiss Archives [1941;47:155–236]. to the present Apart from vascular neurosurgery, his interests also included neurosurgery of epilepsy and thus in- Contributions from other countries were also fluenced his student and successor M. G. Yas¸argil, published regularly after World War II. Examples who later introduced the method of selective amyg- worthy of mention are the numerous papers by dalohippocampectomy [60].To mark Krayenbühl’s the well-known Czech sleep researcher B. Roth. 70th birthday a festschrift was published in Swiss From 1949 Roth contributed decisively through Archives to which leading neurosurgeons from all many articles to more precise clinical definition over the world contributed and thus underscored and diagnostic differentiation of illnesses such as the esteem in which Krayenbühl was held inter- narcolepsy and idiopathic hypersomnia,describing nationally. At least some of the 25 papers may inter alia “Hypersomnie mit Schlaftrunkenheit” be cited here: W. Penfield (Montreal): “All Hail to (1972) [57,58].In 1959 Swiss Archives published his a Master Neurosurgeon” [1972;111:221–2]; P.Bucy article “Beiträge zum Studium der Narkolepsie. and T. Stilp (Chicago): “Metastatic Choriocarci- Analyse eines persönlichen Beobachtungsgutes noma of the Brain” [111:237–42]; R. Hess: “Das von 155 Kranken” [1959;84:180–210], summarising Elektroenzephalogramm nach Entlastungsopera- a book-length study published by the author in the tionen bei erhöhtem intrakraniellem Druck” [111: then CSSR two years earlier. The book’s German 285–97]; T. Rasmussen, G. Mathiesen, F. Le Blanc translation appeared belatedly in 1962, i.e. three (Montreal): “Surgical Therapy of a Typical and a years after the publication in Swiss Archives.At Forme Fruste Variety of the Sturge-Weber Syn- that time it was probably the biggest mono- drome” [111:393–409]; E. Tolosa (Barcelona): graph on this theme, also containing interesting “Hematomas of the Brain Stem. Case Report” research results from the Communist bloc other- [111:447–52]; M. G. Yas¸argil: “Die klinischen Er- wise scarcely accessible to the Western reader. fahrungen mit der Mikrotechnik” [111:493–504]. It Further publications with classic status are “Here- should also be mentioned here that the beginnings dofamilial aspects of narcolepsy and hypersomnia” of neuropsychiatry in Zurich can also be traced (with S. Nevsimalová-Bruhová) [1972;110:45–54] back to H. Krayenbühl. and “Narcolepsy and Hypersomnia: Review and From 1971 to 1988 G.Baumgartner (1924–1991) Classification of 642 Personally Observed Cases” occupied the editor’s chair,though without himself [1976;119:31–41]. having published in Swiss Archives. Baumgartner – From 1952 the Geneva neurologist G. de director of Zurich’s Neurological Clinic and Out- Morsier (1894–1982) succeeded R. Bing as editor patient Clinic from 1967 to 1991 – was already in conjunction with M. Minkowski. From 1934 famed as a young doctor for his electrophysiolog- to 1964 de Morsier was director of Geneva Uni- ical work on the visual system; the discovery (in versity Neurological Clinic [9, 15]. conjunction with R. Jung) of cortical cells which

164 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Table 1 Editors-in-chief of the Swiss Archives of Neurology and Psychiatry. year editor(s)-in-chief year editor(s)-in-chief (neurology section) (psychiatry section)

1917–1930 C. von Monakow 1917–1930 C. von Monakow 1930–1951 R. Bing 1930–1945 H. W. Maier M. Minkowski H. Steck 1951–1959 M. Minkowski 1945–1964 J. E. Staehelin G. de Morsier H. Steck 1959–1971 H. Krayenbühl 1964–1987 P. Kielholz Chr. Müller 1971–1988 G. Baumgartner 1987–1991 W. Pöldinger Chr. Müller 1988–1995 H. P. Ludin 1991–1994 W. Pöldinger H. Dufour 1995–1998 A. J. Steck 1994–1998 D. Hell F. Regli 1998–2006 A. J. Steck 1998–2007 D. Hell J. Bogousslavsky F. Ferrero since 2006 A. J. Steck since 2008 J. Küchenhoff C. L. Bassetti F. Ferrero

react to stimuli from both eyes was a revolutionary 7 Haymaker W. The founders of Neurology. finding in the neurobiology of binocular vision [61, Springfield, Illinois: C. C. Thomas; 1953. 62]. 8 Minkowski M. Constantin von Monakows Beiträge und He was succeeded as editor in 1988 by H. P. Impulse zur Entwicklung der neurologischen Grund- probleme des Aufbaus der nervösen Funktionen. Ludin (until 1995). Since 1995 A. J. Steck (Basel) Schweiz Arch Neurol Psychiatr 1954;74:27–59. is editor-in-chief for the neurology section,initially 9 Mumenthaler M. Medizingeschichtliches zur Entwicklung in conjunction with F.Regli (1995–1998), then with der Neurologie in der Schweiz. J. Bogousslavsky (1998–2006) and since 2006 with Schweiz Arch Neurol Psychiatr 1987;138:15–30. C. L. Bassetti (Zurich). 10 Minkowski M. 50 Jahre Schweizerische Neurologische The journal’s publishers have also changed Gesellschaft. Schweiz Arch Neurol Psychiatr 1958;82:3–181. several times in its history. Until 1992 Swiss Archives remained with the Zurich publisher Orell 11 Von Monakow C. Der rote Kern, die Haube und die Regio hypothalamica bei einigen Säugetieren und beim Füssli, before transferring to Zürichsee-Verlag Menschen. Arbeiten aus dem Hirnanatomischen Institut for 2 years and then J. Bäbler publishing house in in Zürich 1909;3:49–267 und 1910;4:103–226. Berne from 1994 to 1997. Since June 1997 Swiss 12 Bonduelle M, Lhermitte F, Gautier JC. La revue neuro- Archives has been published by Schwabe Verlag in logique, 1893–1993. Rev Neurol (Paris) 1993;149:91–112. Basel. 13 Meier R. Auguste Forel (1848–1931), Arzt, Naturforscher Sozialreformer. Eine Ausstellung der Universität Zürich, References Herbst 1986. Zürich: Berichthaus AG; 1986. 14 Mumenthaler M. Neurology as an independent specialty. 1 Von Monakov C. Création d’un Journal suisse de Neuro- Ther Umsch 1993;50:725–6. logie et Psychiatrie. 15 De Morsier G. Histoire de la psychiatrie et de la neuro- Schweiz Arch Neurol Psychiatr 1917;1:3–7. logie à Genève. Gesnerus 1977;34:186–202. 2 Jagella C, Isler H, Hess K. 100 Jahre Neurologie an 16 Jequier M. Neurology in Lausanne. der Universität Zürich 1894 bis 1994. Constantin von Rev Méd Suisse Romande 1974;94:873–85. Monakow (1853 bis 1930). Hirnforscher – Neurologe – Psychiater – Denker. 17 Callegari R. La minaccia di un destino. 1898–1998 Schweiz Arch Neurol Psychiatr 1994;145(Suppl):1–61. Casvegno da manicomio-villaggio a quartiere. Organizzazione sociopsichiatrica cantonale Casvegno- 3 Koehler PJ, Jagella C. Constantin von Monakow Mendrisio 1998. (1853–1930). J Neurol 2002;249:115–6. 18 Tröhler U. Theodor Kocher und die neurotopographische 4 Kesselring J. Constantin von Monakow’s formative years Diagnostik: Angewandte Forschung mit grundlegendem in Pfafers. J Neurol 2000;247:200–5. Ergebnis um 1900. Gesnerus 1983;40:203–14. 5 Pearce JM. Von Monakow and diaschisis. 19 Boschung U. Theodor Kocher (1841–1917). J Neurol Neurosurg Psychiatry 1994;57:197. Bern: Huber; 1991. 6 Akert K. Constantin von Monakow (1853–1930) als 20 Yonekawa Y, Fandino J. Theodor Kocher, Hayazo Ito, Hirnanatom. and Harvey Cushing in Berne, Switzerland. Schweiz Arch Neurol Psychiatr 1995;146(Suppl 1):9–15. Neurol Med Chir (Tokyo) 1998;38:301–3.

165 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 21 Müller Ch. «Sie müssen an Ihre Heilung glauben!» 42 Waser PG. Walter Rudolf Hess. His life and activities Paul Dubois (1848–1918). Ein vergessener Pionier der at the University of Zurich Medical School centennial Psychotherapie. Basel: Schwabe; 2001. celebration of his birth: 14 March 1981. Gesnerus 1982;39:279–86. 22 Bassetti C, Jagella C. Joseph Jules Dejerine (1849–1917). J Neurol 2005 (in press). 43 Stevens RF, Meyer S. Fanconi and Glanzmann: the men and their works. Br J Haematol 2002;119:901–4. 23 Swiss Neurological Society: 75th anniversary. 100th birthday of M. Minkowski. 6–7 May 1983 44 Gian Töndury. Nachruf von Wolfgang Zenker. Sonder- in Winterthur. Schweiz Arch Neurol Neurochir Psychiatr abdruck aus dem Almanach der Österreichischen 1983;133:205–22. Akademie der Wissenschaften. Wien: 1986. 24 Akert K. The 50th anniversary of Constantin von 45 Allen GE. 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166 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Annexe

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Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie 1923;12(1): Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie 1923;13: 105–35. 187–93.

167 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie 1923;13: Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie 1923;13: 313–24. 568–74.

Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie 1923;13: Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie 1927;21(1): 428–39. 43–72.

168 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie 1941;47: Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie 1944;53(2): 155–236. 169–86.

Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie 1943;50(1): Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie 1952;68(2): 88–92. 342–70.

169 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie 1952;69: Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie 1960;86: 213–35. 34–48.

Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie 1959;84: Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie 1975;116(1): 180–210. 7–16.

170 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 SNG-Jubiläum 100 Jahre Neurologie Basel n A. J. Steck, N. Loeliger, H.-R. Stöckli Neurologische Klinik, Universitätsspital Basel

Einleitung sich 1907 dort als Neurologe niederzulassen. Dies geschah in einer Zeit, in der, wie Georgi in sei- Die Neurologie in Basel hat sich rückblickend aus ner Ansprache zum 50-Jahr-Jubiläum der SNG so der allgemeinen Anatomie entwickelt. Erstmals schön formulierte, «… in Basel, wie fast überall ungefähr achtzig Jahre nach der Gründung der in der Schweiz, die Neurologie noch eng mit der Universität im Jahr 1460 – übrigens der ältesten Inneren Medizin verknüpft war, die dieses, ihr in der Schweiz – hat sich der Gelehrte Vesal unter Kind, mit starken und nicht immer ganz sanften anderem mit neurologischen Strukturen beschäf- Mutterarmen festzuhalten suchte». Genau in tigt. Die Anatomie des Gehirns und des übrigen dieser schwierigen Zeit hatte Bing den Mut, mit Nervensystems hat er ausführlich mit Beschrei- Villiger zusammen ein Nervenambulatorium zu bungen und Illustrationen dargestellt. Auch Felix gründen.Man gestand der Neurologie zwar nur ein Platter (1536–1614) und später Johann Heinrich kleines Kämmerlein in der Medizinischen Poli- Glaser (1629–1675) haben als Anatomen in Basel klinik zu, welches Bing zweimal in der Woche 1 in ihren grossen Werken das Nervensystem berück- während 1 ⁄2 Stunden benutzen durfte – und das sichtigt. Im 19. Jahrhundert war Gottlieb Burck- 45 Jahre lang. Die Poliklinik wurde sehr an- hardt (1836–1907), der sich in Innerer Medizin, spruchslos und unter schwierigen räumlichen Be- Nervenkrankheiten und Syphilis habilitiert hat, dingungen geführt, hatte aber als Institution eine an der Universität als Dozierender neurologischer grosse soziale Bedeutung inne. Arme und mittel- Themata tätig. Spezialisiert in Neurologie haben lose Patienten wurden dort fast gratis von Spe- sich danach hauptsächlich Ärzte, die aus der In- zialärzten behandelt, nachdem sie von Ärzten aus neren Medizin, der staatlichen Poliklinik kamen, der Stadt zugewiesen worden waren. Bing war wie z.B. Fritz Egger (1863–1938) und Emil Villiger also dort nicht als offizieller Konsiliarius der (1870–1931). Egger hat als späterer Poliklinik- Medizinischen Universitätsklinik tätig;einen Lehr- direktor Neurologie betrieben,jedoch eher hobby- stuhl für Neurologie gab es noch nicht. Bing hatte mässig und als Spezialität im Rahmen der Inneren sich schon damals bemüht, seine Erfahrungen mit Medizin [1]. den Kranken in ordentlicher und übersichtlicher Form festzuhalten, indem er Krankengeschichten führte und ein einfaches Archiv anlegte. Bing Robert Bing (1878–1956) war es auch, der 1909 das erste eigentliche neuro- logische Lehrbuch in deutscher Sprache geschrie- Mit Robert Bing (Abb. 1a) fand die moderne Neu- ben hat [3], das in der Folge mehrmals aufgelegt rologie in Basel ihren Anfang [2]. Bing wurde zwar und in mehrere Sprachen übersetzt wurde. End- in Strassburg geboren und ist im zweisprachigen lich, elf Jahre nach der Eröffnung des Nerven- Elsass aufgewachsen, seine Eltern jedoch zogen ambulatoriums, wurde Bing zum Extraordinarius früh nach Basel, wo er seine gesamte medizinische für Neurologie ernannt, 1932 zum Ordinarius ad Ausbildung bis zur Promotion absolvierte. Seine personam und 1937 erhielt er den ersten Lehrauf- starken Wurzeln zur Stadt Basel veranlassten ihn, trag für Neurologie in Basel. Damals gab es noch keine neurologischen Praktika und keine Patien- ten im Unterricht, wodurch das neurologische

Korrespondenz: Fachgebiet auf die Studenten wohl eher trocken Prof. Dr. med. Andreas J. Steck und theoretisch wirken musste. Bing war es, der Neurologische Klinik die Gründung der SNG initiiert hat. Etwa gleich- Universitätsspital Basel zeitig mit Horton hat er den Cluster-Kopfschmerz Petersgraben 4 CH-4031 Basel beschrieben, der in der Folge in der Literatur als e-mail: [email protected] Bingscher Kopfschmerz oder Bing-Horton-Syn-

171 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Abbildung 1 Die vier ordentlichen Professoren der Neurologie in Basel: aberkannt.Aus seiner erfolgreichen Existenz blieb Robert Bing (a), Felix Georgi (b), Heinrich Käser (c) und ihm als akademischer Titel lediglich der Doktor- Andreas Steck (d). titel.Mit unerschöpflichen Kräften hat er die kleine psychiatrische Privatklinik Bellevue in Yverdon in ein modernes psychiatrisches Zentrum umorgani- siert, ein Forschungslaboratorium neu aufgebaut und das Insulinkoma als moderne Therapie ein- geführt. Nun Schweizer Bürger geworden, berief ihn Prof. J. Staehelin 1946 als Sekundärarzt nach Basel an die Psychiatrische Universitätsklinik Friedmatt.Er führte das dortige Forschungsinstitut und betrieb seine frühere Forschung der Körper- säfte intensiv weiter [6]. Georgi vollzog damit einen bedeutsamen Wech- a b sel von der Neuropsychiatrie hin zur hauptsächlich somatisch orientierten neurologischen Tätigkeit. Mit seiner Habilitation über humorale Abnor- mitäten bei neurologischen Krankheiten wurde er der erste klinische Neurobiologe in Basel. Seine Theorien haben ihm Skepsis und Kritik einge- bracht. Er behauptete, dass der Urin von Schizo- phrenen einen Faktor beinhalte,der die Geometrie des Spinnennetzes durcheinanderbringen würde. Auch die Annahme, mit Tränendrüsen-Extrakten die biochemischen Störungen von Depressiven normalisieren zu können, konnte nicht bestätigt

c d werden.Trotz aller Widrigkeiten war er stets seinen Ideen treu und konnte durch seine unermüdlichen Forderungen ein Institut errichten, welches sich drom Eingang fand [4].Robert Bing starb als Jung- im Vergleich zu Bings Zeiten erheblich durch Aus- geselle im Jahr 1956 und vermachte sein gesamtes bau und Expansion kennzeichnete, bis es schliess- Vermögen der Schweizerischen Akademie für Me- lich am 30. Januar 1962 den ehrwürdigen Namen dizinische Wissenschaften. Aus dieser Schenkung «Neurologische Universitätsklinik und Poliklinik» wird bis heute noch der bedeutsame Bing-Preis annehmen durfte. verliehen.

Heinrich Käser (1924–2006) Felix Georgi (1893–1965) Heinrich Käser (Abb. 1c), der 1965 Georgis Nach- 1948 wurde Felix Georgi (Abb. 1b), dem 2. Ordi- folge antrat, hat sich in klinischer Elektrophysio- narius für Neurologie in Basel, Bings Lehrauftrag logie spezialisiert.Er weilte an der Mayo-Klinik bei übergeben, 1951 übernahm Georgi Bings Nach- Dr. Edward Lambert, mit dem er experimentelle folge als Vorsteher der nun selbständigen staatli- Untersuchungen bei neuromuskulären Krankhei- chen Neurologischen Poliklinik. Seine Ausbildung ten durchführte. Heinrich Käser hatte zur Zeit wie auch sein Medizinstudium absolvierte Georgi seiner Wahl 1965 bereits entscheidende Arbeiten zum Teil in Zürich, zum Teil in verschiedenen über Polyneuropathien und elektrophysiologische deutschen Städten und schloss das Staatsexamen Untersuchungen am peripheren Nerv publiziert in Freiburg im Breisgau ab. Er hat sich vorwiegend [7]. Als stellvertretender Chefarzt und Leiter der mit neuropsychiatrischen Forschungsgebieten, mit Poliklinik wurde Prof.R.Wüthrich gewählt,bereits Grundlagen- und Ursachenforschung auseinan- damals ein sehr bekannter Multiple-Sklerose-For- dergesetzt [5].Er wurde stellvertretender Direktor scher [8]. Die Neurologische Klinik befand sich der Neuropsychiatrischen Klinik Breslau, ausser- immer noch als separate Klinik unabhängig vom ordentlicher Professor in Breslau und habilitierte Kantonsspital an der Socinstrasse. Die neurolo- dort in Neurologie und Psychiatrie. Der National- gische Versorgung am Kantonsspital wurde durch sozialismus zwang ihn, in die Schweiz auszuwan- einen eigenen Konsiliardienst durch Prof. Hans- dern, das Extraordinariat in Breslau wurde ihm ruedi Müller, den Pionier der Neurosonologie [9],

172 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Abbildung 2 EMI-Team Basel mit EMI-Erfinder Godfrey Hounsfield Andreas J. Steck (1942) (28. November 1975). R. Hunig, J. Ulrich, G. Hounsfield, H. R. Müller, R. Elke, H. Käser und R. Wüthrich (von links nach rechts ). Ab Januar 1993 übernahm Andreas J. Steck (Abb. 1d) das anspruchsvolle Amt des Vorstehers und Chefarztes der Neurologischen Universitäts- klinik im Kantonsspital Basel, beide Ämter leitete er bis Juni 2007. Als Sohn des bekannten Psych- iaters und Neurologen Hans Steck hat er sich nach Abschluss des Medizinstudiums in Bern für das neurologische Fachgebiet anlässlich eines längeren Aufenthaltes in den USA entschieden. Im Jahre 1982 erhielt er von der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften den Robert- Bing-Preis für seine wissenschaftliche Tätigkeit auf dem Gebiet der demyelinisierenden Erkrankun- gen. Auf diese Weise wurde mit ihm die Tradition des Schwerpunkts Neuroimmunologie weiterge- führt, denn bereits Georgi hat sich für die Multiple Sklerose interessiert. Andreas J. Steck war von 1994 bis 1995 Präsident der Schweizerischen Neu- rologischen Gesellschaft und von 1996 bis 1997 Präsident der European Neurological Society. Er und Dr. Ernst Stricker garantiert. Unter Heinrich ist seit 1994 Co-Chefredaktor des Schweizer Ar- Käser wurden an der Socinstrasse die Subspezia- chivs für Neurologie und Psychiatrie. Andreas J. litäten ausgebaut,insbesondere das EEG unter der Steck vollzog mit dem Aufbau einer Stroke-Unit Leitung von Prof. Giuseppe Scollo-Lavizzari [10]. einen Wechsel zur Akutneurologie; damit konnten Ein Grossereignis war 1972 am Kantonsspital die die Schlaganfallpatienten unter Einbezug modern- Anschaffung des ersten EMI-Scans in Kontinen- ster Entwicklung durch bildgebende Verfahren taleuropa, ein Meilenstein in der Geschichte der optimal behandelt werden. Leiter der Stroke-Unit Neurologie,wobei besonders Hansruedi Müller die ist Prof. Ph. Lyrer. Chefarztstellvertreter und Lei- treibende Kraft dazu gewesen war (Abb. 2). Im ter der Neurologischen Poliklinik, die seit 1994 ge- Jahre 1977 erfolgte der Umzug der Neurologie von meinsam mit den Neurochirurgen als Neurolo- der Socinstrasse ins Kantonsspital.Auf diese Weise gisch-Neurochirurgische Poliklinik geführt wird, konnte die Neurologie mit allen anderen Kliniken ist Prof.L.Kappos,der 1998 ein Extraordinariat für zusammenarbeiten, vor allem auch die unmittel- klinische Neuroimmunologie erhielt. Die beiden bare Nähe der Intensivstation war ein wichtiger Labors EMG und EEG wurden in eine Abteilung Schritt für die Weiterentwicklung der Neurologie, Klinische Neurophysiologie unter der Leitung von insbesondere auf dem Gebiet der zerebrovasku- Prof. P. Fuhr zusammengefasst. Die Forschungs- lären Erkrankungen. Die Einführung der Neuro- laboratorien unter der Leitung von Frau Prof. psychologie respektive der Verhaltensneurologie N. Schären-Wiemers wechselten zusammen mit war ein weiteres Verdienst von Heinrich Käser und anderen neurobiologischen Forschungsgruppen Thierry Ettlin.Von 1968 bis zu seiner Emeritierung vom alten Standort im Departement Forschung 1992 amtete er als Herausgeber der Zeitschrift in die modernen Räumlichkeiten des Pharmazen- European Neurology, eine Zeitschrift, die von trums. Auf dem wichtigen Gebiet der Neuropsy- Wernicke im Jahre 1897 als Monatszeitschrift chologie wurde die Zusammenarbeit im Rahmen für Psychiatrie und Neurologie gegründet worden des Neuropsychologie-Zentrums unter der Leitung war. Die Eröffnung des Zentrums für Lehre und von Prof.A. Monsch institutionalisiert. Die Neuro- Forschung im Jahre 1978, unter der Leitung von logie wurde 2003 in den Bereich Medizin integriert. Prof. A. Pletscher, ermöglichte es, Räumlichkeiten 2004 wurde das Kantonsspital Basel in Universi- für die neurologische Forschung zu schaffen. Zu- tätsspital Basel (USB) umbenannt. sammen mit Prof. C. G. Honegger sind Arbeiten Der interessierte Leser wird in den drei Jah- über die experimentelle Autoimmunenzephalo- resberichten, die in der Ära Steck herausgegeben myelitis entstanden [11]. wurden, wichtige Informationen zu der rasanten Entwicklung der Neurologie in den letzten 15 Jah- ren finden. Der erste Fünfjahresbericht (1993– 1997) stellt die Neustrukturierung der Neurolo-

173 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 gie vor [12]. Der stationäre Bereich wurde an die Fazit neuen Anforderungen der Akutneurologie ange- passt und ein Konzept zur koordinierten interdis- Die Geschichte der Neurologie Basel begann 1907 ziplinären Schlaganfallbehandlung (Stroke-Unit) mit Robert Bing, und zum Anlass des 100-Jahr- geschaffen.Das Neurobiologie-Labor im Departe- Jubiläums der Neurologie fand am 9. Juni 2007 am ment Forschung diente als Plattform für den Auf- Universitätsspital Basel ein Symposium in Anwe- bau der wissenschaftlichen Arbeit auf dem Gebiet senheit der universitären und Spital-Behörden der Neurobiologie und der Neuroimmunologie. statt, an dem Gäste aus der Regio, der Schweiz Der zweite Sechsjahresbericht (1998–2003) gibt und dem Ausland teilnahmen. Die Neurologie des den Lesern einen detaillierten Einblick in die kli- dritten Millenniums ist ohne Beitrag der bild- nischen und wissenschaftlichen Sparten der Neu- gebenden Verfahren,neuroimmunologischer, neu- rologischen Klinik [13]. Er spiegelt den starken robiologischer und neurogenetischer Kenntnisse Ausbau der Klinik und den Aufbau folgender nicht vorstellbar. Dennoch bleibt die klassische wissenschaftlicher Arbeitsgruppen wider:Zerebro- neurologische Lehre von Robert Bing, mit dem vaskuläre Erkrankungen, Bewegungsstörungen, Aufblühen der topischen Diagnostik, im Mittel- Epilepsie, Multiple Sklerose, Klinische Neurophy- punkt der klinischen Tätigkeit des Neurologen. siologie, Neurobiologie, Klinische Neuroimmuno- Die Basler Neurologie hat unter der Leitung der logie und Neuromuskuläre Erkrankungen. Der letzten vier ordentlichen Professoren ihren Tätig- letzte Bericht umfasst die Dreijahresperiode 2004– keitskreis und ihre Ausstrahlung immer weiter ent- 2006 [14]. Dieser Zeitraum wurde durch folgende wickelt, und die wissenschaftlichen Arbeiten, die Ereignisse geprägt: in der Basler Klinik auf dem Gebiet der Hirnfor- 1. Mit der Etablierung der Assistenzprofessur in schung, der Neurophysiologie und der klinischen der Multiple-Sklerose-Forschungsgruppe,deren Neurologie entstanden, erhielten nicht nur natio- Inhaber Prof.A.Gass ist,wurde die Kooperation nale, sondern auch internationale Anerkennung. mit der Neuroradiologie intensiviert. Die Schweizer Neurologie kann auf eine lange 2. Mit dem Bezug des 7. Stockwerks des Pharma- und erfolgreiche publizistische Tradition zurück- zentrums durch die Forschungsgruppen der schauen. Seit Robert Bings Lehrbuch der Ner- Neurologischen und Neurochirurgischen Kli- venkrankheiten, dem 1909 erschienenen ersten nik wurde die räumliche Zusammenführung schweizerischen Neurologielehrbuch, ist eine des Departements Klinisch-Biologische Wis- Reihe von erfolgreichen Neurologielehrbüchern senschaften (DKBW), Schwerpunkt Neurobio- veröffentlicht worden, die weit über die Grenzen logie, realisiert. Damit bietet der DKBW- unseres Landes bekannt wurden. Die Herausgabe Schwerpunkt Neurobiologie eine ideale Platt- eines Schweizer Vielautoren-Neurologie-Lehr- form für einen regen Austausch zwischen buchs 2002, worin Spezialisten aller fünf Neuro- Grundlagenforschern und klinischen Forschern. logischen Universitätskliniken und der Neurolo- 3. Im Januar 2006 fand das Kick-off-Meeting des gischen Kliniken Aarau und St. Gallen vertreten Klinischen Hirnzentrums statt. Das Klinische sind, entstand aus der Überlegung, das gewal- Hirnzentrum (KHZ) wurde ins Leben gerufen, tig akkumulierte neurologische Fachwissen der um die Zusammenarbeit der klinisch-neuro- Schweizer Neurologischen Kliniken den Studie- wissenschaftlich tätigen Kliniken und Institute renden und Neurologen deutscher und französi- am Universitätsspital Basel zu fördern. Mit- scher Muttersprache zu vermitteln [15]. Dieses glieder des Klinischen Hirnzentrums sind die Buch widerspiegelt auch die Einheit und Zusam- Neurochirurgische Klinik, das Memory-Clinic- menarbeit,welche die Schweizerischen Neurologi- Neuropsychologiezentrum, die Neuroradiolo- schen Kliniken und ihre Mitarbeiter untereinander gie, die Psychiatrische Universitäts-Poliklinik pflegen. Die Schweizer Neurologie ist mit denjeni- und die Neurologische Universitäts-Klinik und gen aller Länder seit Jahrzehnten eng verbunden, -Poliklinik sowie die Neuropathologie.Das Kli- und die Basler Neurologie konnte sich mit ihrer nische Hirnzentrum hat sich zum Ziel gesetzt, Schlüsselposition über all die Jahre als Binde- interdisziplinäre Forschungsveranstaltungen zu glied zwischen dem deutschen und französischen organisieren. Sprachraum behaupten,eine Rolle,die die Schwei- 4. Zur Verbesserung der Betreuung von Patienten zer Neurologie und besonders die Schweizerische mit neuromuskulären Erkrankungen wurde in Neurologische Gesellschaft dank ihrer Multikul- Kooperation mit der Schweizerischen Gesell- turalität seit ihrer Gründung 1908 in Europa ge- schaft für Muskelkranke (SGMK) ein interdis- spielt haben [16, 17]. ziplinäres Neuromuskuläres Zentrum (NMZ) für Erwachsene und Kinder gegründet.

174 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Literatur

1 Loeliger N. Aus der Geschichte der Schweizerischen 9 Müller HR. The diagnosis of internal carotid artery Neurologischen Gesellschaft von 1950–2003. occlusion by directional Doppler sonography of the Universität Zürich: Dissertation; 2005. ophthalmic artery. Neurology. 1972;22:816–23. 2 Mumenthaler M. Medizingeschichtliches zur Entwicklung 10 Scollo-Lavizzari G, Hess R. Sensory precipitation der Neurologie in der Schweiz. of epileptic seizures. Report on two unusual cases. Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 1987;138:15–30. Epilepsia. 1967;8:157–61. 3 Bing R. Kompendium der topischen Gehirn- und Rücken- 11 Honegger CG, Langemann H. Some pathophysiological marksdiagnostik. aspects of experimental autoimmune encephalomyelitis. Berlin, Wien: Urban und Schwarzenberg; 1909. Schweiz Rundsch Med Prax. 1989;78(36):964–6. 4 Heyck H. On Bing’s Headache Syndrome 12 Steck AJ, Radziwill AJ. Arbeitsbericht 1993–1997. (Erythroprosopalgia). Neurologische Universitätsklinik Kantonsspital Basel; Deutsch Med Wochenschr. 1962;87:1942–7. 1998. 5 Georgi F, Rieder HP, Weber R, Fischer R. Remarks on 13 Steck AJ, Rüegg S. Arbeitsbericht 1998–2003. Fischer’s article, Stress and the toxicity of schizophrenic Neurologische Universitätsklinik, Kantonsspital Basel; serum. Science. 1954;120:504–6. 2004. 6 Georgi F, Rieder HP. Über körpereigene Amine bei 14 Czaplinski A, Rüegg S, Steck AJ. Jahresbericht Gesunden und Schizophrenen. 2004–2006, Neurologie. Universitätsspital Basel; 2007. Acta Psychiatrica Scandinavica. 1961;36(1):98–110. 15 Hess K, Steck AJ, Herausgeber. Neurologie-Kompendium. Bern: Hans Huber; 2002. 7 Kaeser H. Function tests of peripheral nerves in experimental polyneuritis and in wallerian degeneration. 16 Valko P, Mumenthaler M, Bassetti CL. Zur Geschichte Dtsch Z Nervenheilkd. 1962;183:268–304. neurologischer Beiträge im Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie. 8 Rieder HP, Ritzel G, Wüthrich R. Demonstration of brain Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 2005;156:343–57. antibodies in the serum of demyelinating diseases and modified experimental allergic encephalitis with the 17 Mumenthaler M. Zur Geschichte der Schweizerischen agar diffusion test. Neurologischen Gesellschaft [Referat]. Z Immunitäts Allergieforsch. 1964;126:53–8. Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 2000;151:168–72.

175 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 SNG-Jubiläum Geschichte der Neurologie in Bern n C. W. Hess Neurologische Universitätsklinik, Inselspital Bern

Die Anfänge der Neurologie in Bern für Innere Medizin und besorgte die neurologi- schen Konsilien auf der chirurgischen Klinik bis Einige neurologisch interessierte prominente In- 1949. Rudolf Stähli (1904–1994) war von 1971 bis ternisten wirkten schon früh am Inselspital und an 1974 als Lektor und während vieler Jahre als der Universität Bern. Heinrich Irenäus Quincke neurologischer Konsiliarius an der Medizinischen (1822–1922) hatte als erster eine Lumbalpunktion Universitätsklinik tätig.Der Berner Jurist und Arzt am Menschen durchgeführt [1]. Er hatte sich 1870 Sandro Bürgi (1904–1974) war Assistent bei W. R. an der Berliner Charité habilitiert und war von Hess (1881–1973) an der Physiologie Zürich, habi- 1873 bis 1878 Ordinarius für Innere Medizin an der litierte sich 1947 in Bern für «Innere Medizin, Berner Medizinischen Fakultät.Ludwig Lichtheim speziell Neurologie» und hielt bis 1958 die für (1845–1928), der sich 1876 in Breslau habilitiert lange Zeit einzige obligatorische neurologische hatte,kam 1878 von Jena als Ordinarius nach Bern, Vorlesung «Neurologischer Untersuchungskurs bis er 1888 einem Ruf nach Königsberg folgte und für Anfänger». Er wurde 1958 zum Honorarpro- vom Berner Internisten Hermann Sahli (1856– fessor ernannt und trat 1971 in den Ruhestand. 1933) abgelöst wurde. Lichtheim hatte die ersten Ernst Frauchiger (1903–1975) habilitierte sich Fälle von funikulärer Myelose beschrieben und in als Schüler von Otto Veraguth (1870–1944) 1933 Bern auf dem Gebiet der Aphasie geforscht [2]. zuerst in Zürich, dann 1934 an der veterinärmedi- Die Gründung einer neurologischen Einheit am zinischen Fakultät Bern für vergleichende Neuro- Inselspital Bern stiess lange Zeit auf Widerstand, logie und Tierpsychologie,und wurde 1944 zum a.o. und das Fach Neurologie blieb «in festen interni- Professor für vergleichende Neurologie ernannt. stischen Händen» [2]. Der Direktor der medizini- Von 1948 bis 1974 war er zudem als praktizierender schen Klinik von 1883 bis 1929, Hermann Sahli Neurologe tätig. Werner Bärtschi-Rochaix (1911– (1856–1933), behandelte die Neurologie in seinem 1994) betrieb ebenfalls eine neurologische Praxis Lehrbuch «Klinische Untersuchungsmethoden» in Bern, wo er als einer der ersten in der Schweiz (1894, 7. Aufl. 1932) selbst sehr eingehend und auch einen EEG-Apparat einsetzte. In seinen Pra- zeigte in seiner Vorlesung häufig auch neurolo- xisräumen an der Sulgeneggstrasse wurde 1948 die gische Patienten [3, 4]. Im Jahre 1876 habilitierte Schweizerische EEG-Vereinigung (später Schwei- sich der Neuenburger Paul Dubois (1848–1918) zerische Gesellschaft für klinische Neurophysiolo- für «Physikalische Diagnostik» und wurde 1902 gie) gegründet. Er machte an der medizinischen ad personam zum ausserordentlichen Professor für Poliklinik des Inselspitals Konsilien, hatte aber «Neuropathologie» in Bern ernannt. Er las über zu seinem ehemaligen Vorgesetzten und späteren Elektrodiagnostik und Elektrotherapie und wurde Ordinarius für Innere Medizin, Walter Hadorn später als psychotherapeutische Kapazität inter- (1898–1986), ein gespanntes Verhältnis. Seinem national bekannt. Anfang des 20. Jahrhunderts Gesuch auf Habilitation an der Medizinischen wirkten auch verschiedene neurologisch interes- Fakultät wurde in der Fakultätssitzung vom 1. De- sierte Internisten als Dozenten und Konsiliarärzte. zember 1948 nicht entsprochen. Erst sein Wieder- Der ursprünglich aus München stammende Fritz erwägungsgesuch wurde am 3. März 1949 positiv Lotmar (1878–1964) habilitierte sich 1912 in Bern verabschiedet, so dass er am 17. März 1949 die Venia docendi für Neurologie zuerkannt bekam, aber vergeblich auf einen neurologischen Lehr- Korrespondenz: stuhl für sich an der Fakultät hoffte. Prof. Dr. med. Christian W. Hess Neurologische Universitätsklinik Inselspital CH-3010 Bern e-mail: [email protected]

176 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Erste neurologische Einrichtungen eine «Poliozentrale» mit dem Psychiater Paul am Inselspital Walther (*1921) als Leiter in einem U-förmigen einstöckigen Pavillon eingerichtet [5], wo die lang- Als erste neurologische Einrichtung am Inselspital zeitbeatmeten Poliomyelitis-Patienten betreut wurde 1952 vom neurologisch interessierten Inter- wurden. Ab 1971 als «Rehabilitation II» im Bet- nisten Robert Georg Isenschmid (1882–1964), seit tenhochhaus (BHH-J) untergebracht, entstand 1930 a.o. Professor für Innere Medizin, kurz vor 1987 unter der Neurologin Ellen Markus daraus seiner Emeritierung ein EEG-Labor eingerichtet die Abteilung für Neuropsychologische Rehabili- (Tab. 1). Vom damaligen internistischen Direktor tation (Tab. 2). und Ordinarius Walter Frey (1884–1972) wohlwol- Im Jahre 1958 wurde schliesslich im ersten lend unterstützt, war Isenschmids Assistenzarzt Stock des Hauses 12 in der sogenannten «Ab- René Monteil (*1920) damit beauftragt, die ange- teilung Schüpbach» (Abb. 1) eine neurologische lieferten Komponenten des EEG-Apparats der Abteilung der medizinischen Klinik (mit Walter Firma Grass zusammenzusetzen, das Gerät in Be- Hadorn, seit 1954 als Direktor) als erste univer- trieb zu nehmen und sich auch gleich mit dessen sitäre neurologische Einheit in Bern etabliert. Rolf klinischer Anwendung auseinanderzusetzen. Zu Magun (1916–1960) (Abb. 2) wurde als deren diesem Zwecke ging Monteil für einige Wochen als Leiter und erster vollamtlicher ausserordentlicher Volontär an die EEG-Station des Kantonsspitals Professor für Neurologie von Hannover-Nordstadt Zürich zu Rudolf M. Hess (1913–2007), wo er in nach Bern berufen (Tab. 2). Er leitete eine selb- die basalen Grundsätze der EEG-Diagnostik ein- ständige neurologische Poliklinik, verfügte über geführt wurde.Weil er sich dann aber nicht für die 12 neurologische Betten und führte die Elek- Ausbildung zum Neurologen entschliessen konnte, tromyographie ein [2, 5]. Aus Platzgründen blieb übernahm Werner Bärtschi-Rochaix nebenamtlich die EEG-Station ausserhalb des Hauses 12, das die Betreuung des EEG-Labors am Inselspital bis Kinder-EEG ab 1968 im Jennerspital (damalige Anfang 1956, als er einem Ruf als Professor nach Kinderklinik) und das Erwachsenen-EEG im er- Alexandria in Ägypten folgte. Er wurde in dieser sten Stock des «Hauses 14c» (heute Sahli-Haus 1). Funktion für kurze Zeit vom 1955 habilitierten Nach dem unerwarteten Tod von Magun im Jahre Psychiater Theodor Spoerri (1924–1973) abgelöst. 1960 wurde der Lehrstuhl nach einer Interimspe- 1957 übernahm Marc Eichenberger (*1923) die riode am 1.4.1962 mit Marco Mumenthaler (*1925) EEG-Auswertungen, die er bei W. A. Cobb am (Abb. 2) als Extraordinarius und ab 1966 als Ordi- National Hospital in London erlernt hatte. narius besetzt. Er hatte 1957 unter Fritz Lüthy Unabhängig davon wurde 1957 als (nicht-uni- (1895–1988) in Zürich habilitiert. versitäre) Einheit wegen der damaligen Polio- Unter der 28 Jahre dauernden Leitung von myelitis-Epidemie auf dem Areal der ehemaligen Mumenthaler erlebte die Klinik einen bemerkens- Inselgärtnerei (heute Standort des Kinderspitals) werten Aufstieg und wurde zu einer Vorzeigeklinik

Tabelle 1 Strukturelle und räumliche Neuerungen und Erweiterungen. Einheit Jahr der Inbetriebnahme

EEG-Labor innerhalb der Inneren Medizin im «Haus 14c» 1952 «Polio-Zentrale» in den Räumen der ehemaligen Gärtnerei 1957 Gründung einer neurologischen Abteilung mit 12 Betten 1. Stock «Haus 12» 1958 Kinder-EEG im Jennerspital 1965 Umzug der Neurologie vom «Haus 12» ins Bettenhochhaus (Stock L, ’ B&M) 1970 Schlaflabor im BHH-B180 Eingangstrakt 1990 EEG-Telemetrie Labor BHH-L (gemeinsam mit Neurochirurgie) 1994 Neurovaskuläre Abklärungsstation BHH-B (gemeinsam mit Neurochirurgie) 1995 Neuromorphologisches Labor im Sahli-Haus (= «Haus 14») 1996 Erweiterung des Schlaflabors im BHH-B Eingangstrakt (mit Pneumologie) 1996 Umzug der Abteilung Neuropsychologische Rehabilitation ins Anna-Seiler-Haus 1997 Interdisziplinäre Überwachungsstation (IMC) des DKNS im BHH-L 2003 Forschungslabor für Perzeption und Okulomotorik (mit DKF) im Pavillon 52 2003 Neurovegetatives Labor (im ENMG, BHH-M) 2003

177 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Tabelle 2 Inhaber leitender Funktionen an der Neurologie Bern. Inhaber leitender Funktionen von bis

Klinikdirektion Rolf Magun (1952 PD Hamburg, 1958 a.o. Prof.) 1958 1960 Marco Mumenthaler (1957 PD ZH, 1962 a.o. Prof., 1966 o. Prof.) 1962 1990 Christian W. Hess (1987 PD, 1990 o. Prof.) 1990 im Amt

Neurologisch-Neurochirurgische Poliklinik Albert Bischoff (1963 PD ZH, 1971 tit. Prof., 1972 a.o. Prof.) 1972 1981 Hans-Peter Ludin (1973 PD, 1977 a.o. Prof.) 1983 1989 Heinrich Mattle (1990 PD, 1996 n.a.-a.o. Prof.) 1991 im Amt Bettenstation BHH-M Mathias Sturzenegger (1995 PD, 2001 tit. Prof.) 1996 im Amt

EMG-Station Hans-Peter Ludin (1973 PD, 1977 n.a.-a.o. Prof., 1986 a.o. Prof.) 1970 1989 Kai M. Rösler (1996 PD, 2004 tit. Prof.) 1990 im Amt

EEG-Stationen/Epileptologie Werner Bärtschi-Rochaix (1957 PD)* 1953 1956 Theodor Spoerri (1955 PD, 1964 a.o. Prof., 1970 o. Prof.)* 1956 1957 Marc Eichenberger als OA 1957 1967 Kazimierz Karbowski (1970 PD, 1972 a.o. Prof.) 1968 1990 Johannes Mathis (Abt. klin. Neurophysiologie; 1998 PD) 1999 im Amt

Neuropathologie / Neuromorphologisches Forschungslabor F. W. R. K. Rolf Kraus-Ruppert (in der Pathologie, im Etat Neurologie) 1966 1987 Joachim Weis (1995 PD Aachen, 1999 tit. Prof.; in der Pathologie)* 1997 2004 Neuromorph. Forschungslabor von Marco Mumenthaler etabliert 1970 Albert Bischoff (1963 PD ZH, 1971 tit. Prof., 1972 a.o. Prof.) 1972 1981 Claus Meier (1977 PD, 1987 nebenamtl. a.o. Prof.) 1981 1990 Jean-Marc Burgunder (1994 PD, 2000 tit. Prof.) 1990 2001 Kai Rösler (Dienstleistung) und Alain Kaelin (Forschung) 2002 beide im Amt

Neurovaskuläres Labor BHH-B-142 (vor 1995 innerhalb der Neurochirurgie) Heinrich Mattle (1990 PD, 1996 n.a.-a.o. Prof.) 1995 im Amt

Schlaflabor (neurologische Leiter) von Christian W. Hess etabliert 1990 Johannes Mathis (1998 PD) 1992 1995 Claudio Bassetti (1998 PD, 2001 a.o. Prof. ZH) 1995 2000 Johannes Mathis (1998 PD) 2000 im Amt

Neuro-ophthalmologische Labors / Labor für Perzeption und Okulomotorik Otmar Meienberg (1988 PD BS, 1999 tit. Prof. BS) 1980 1984 René Müri (1997 PD, 2005 tit. Prof.) 1991 im Amt

Forschungslabor Motorik Mario Wiesendanger (1968 PD ZH, 1970 assist. Prof. ZH, 1972 assoc. Prof. CAN, 1994 2002 1975 a.o. Prof. FR, 1977 o. Prof. FR) Alain Kaelin (2004 PD) 2002 im Amt

Rehabilitation II / Neuropsychologische Rehabilitation Paul Walther* «Polio-Zentrale» 1957 1987 Ellen Markus (ab 1996 innerhalb der Neurologie) 1987 2002 René Müri (1997 PD, 2005 tit. Prof.) 2004 im Amt * ausserhalb der Neurologie

178 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Abbildung 1 In der Bildmitte das ehemalige «Haus 12» (früher nicht- Strukturelle und personelle Entwicklung universitärer «Medicinischer Block»), wo im ersten Stock von 1958 bis 1970 die Neurologie untergebracht war und das dem Polikliniktrakt 1 weichen musste. Im Sahli-Haus 2 Im Jahre 1964 wurden die neurologische und die («Haus 14») sind heute das neuromorphologische und experi- neurochirurgische Poliklinik unter der Leitung von mentell-motorische Labor der Neurologie untergebracht. Marco Mumenthaler zusammengelegt (Tab. 3), ein Das ehemalige Verwaltungsgebäude (mit Patientenaufnahme) und die dahinter stehende Zentralküche (mit Kamin) und Modell das später von anderen Universitätsspi- Lingerie mussten dem Bettenhochhaus weichen. tälern übernommen wurde. Nach dem Rücktritt vom internistischen Direktor Walter Hadorn 1966 schliesslich wurde aus der neurologischen Abtei- lung eine selbständige neurologische Universitäts- klinik mit einem neurologischen Ordinariat.Im Jahre 1970 konnte die Neurologie die zwei Stock- werke B und M im neuen Bettenhochhaus (BHH) beziehen, so dass nun eine Bettenstation mit 31 Betten,die Neurologisch-Neurochirurgische Poliklinik, eine EEG- und EMG-Station sowie ein morphologisches Forschungslabor im gleichen Gebäude waren.Diese ideale räumliche Nähe ging später freilich wieder verloren:Mit dem Wachstum der letzten zwei Jahrzehnte konnte der vermehrte Raumbedarf nur noch sehr beschränkt im Betten- hochhaus gedeckt werden, so dass sukzessive auf im In- und Ausland. Für die Schlüsselfunktionen inzwischen sieben weitere Standorte auf dem Insel- EEG und EMG, die vom Oberarzt und Interims- Campus ausgewichen werden musste! So konnte Chef Marc Eichenberger betreut worden waren, noch unter Leitung von Kazimierz Karbowski und später auch die Poliklinik, konnte er hervor- Ende der 1970er Jahre das Kinder-EEG im 2.Stock ragende Kaderneurologen gewinnen, welche die des Kinderspitals Quartier beziehen (während Klinik entscheidend mitprägten: 1968 Kazimierz vieler Jahre mit Frau Dr. Eva Pavlincova als Karbowski (*1925),1970 Hans-Peter Ludin (*1936) Spezialistin für Kinder-EEG), womit den kleinen und 1972 Albert Bischoff (1921–1981). Als Pionier Patienten und dem Pflegepersonal auch viele Hin- und Leiter der diagnostischen Neuroradiologie und Hertransporte erspart blieben. Mit dem 1971 spielte Peter Huber (1926–1999; 1963 PD, 1968 a.o. habilitierten,in der Pädiatrie angesiedelten Neuro- Prof., 1971 o. Prof.) ebenfalls eine wichtige Rolle. pädiater Franco Vassella (*1932, 1975 a.o. Prof.) Mit seinem unermüdlichen Einsatz für die neuro- entwickelte sich eine sehr enge Zusammenarbeit logische Weiter- und Fortbildung und seinen zahl- zwischen der Neuropädiatrie und der Erwachse- reichen Lehrbüchern machte Mumenthaler die nenneurologie, die unter seiner Nachfolgerin Maja Neurologie Bern im ganzen deutschsprachigen Steinlin (2001 PD) weiterwährt. Sprachraum bekannt. Acht Chefärzte und zahl- In die Amtszeit von Hess als Klinikdirektor fällt reiche praktizierende Neurologen gingen aus der der Beginn einer atemberaubenden Entfaltung der Schule Mumenthaler hervor. Am 1. Oktober 1990 Neurofächer. Die Magnetresonanztechnik, inter- übernahm Christian W. Hess (*1946) (Abb. 2), der ventionelle Neuroradiologie, Neuroimmunologie, sich 1987 bei Mumenthaler habilitiert hatte, als Schlafmedizin,klinische Neurophysiologie,Neuro- Nachfolger eine bestens organisierte Klinik. psychologie und funktionelle Neurochirurgie er-

Abbildung 2

Die drei Klinikdirektoren (von links) R. Magun, M. Mumenthaler und C. W. Hess ungefähr zur Zeit ihrer Wahl.

179 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 öffnen neue diagnostische und therapeutische weg über das Otzheim vom Bettenhochhaus-J in Möglichkeiten. Das rief nach strukturellen An- das geräumige Anna-Seiler-Haus umziehen,wo sie passungen und Erweiterungen und vor allem nach seither 20 Betten betreibt und sich besser entfal- einer starken interdisziplinären Vernetzung mit ten konnte (Memory Clinic, ambulante Neuro- den benachbarten Bereichen (Tab. 3). Der Eta- rehabilitation). Die früher hauptsächlich den blierung 1990 und späteren Erweiterung gemein- Schädelhirntraumatikern gewidmete Abteilung sam mit den Pneumologen eines interdisziplinären übernimmt heute viele Hirnschlagpatienten zur Schlaflabors – damals innerhalb der Neurologie Frührehabilitation und hat sich zu einer sehr for- eine Premiere – folgte die Einrichtung gemeinsam schungsaktiven Abteilung der Klinik entwickelt. mit den Neurochirurgen des EEG-Telemetrie-La- Mehrere wichtige betriebliche Neuerungen bors (epilepsiechirurgische Abklärung) und des (Tab. 3) wurden mit substantiellen projektbezo- neurovaskulären Labors. Letzteres fungiert als genen, staatlich besoldeten und Drittmittel-besol- Heimbasis der gemeinsam mit der Neuroradiolo- deten Stellen verwirklicht und gelten folgenden gie (Leiter: Gerhard Schroth, *1949, 1992 a.o. Zielen: den immun-modulierenden Behandlungen Prof., 1997 o. Prof.) und Neurochirurgie 1999 der MS (MS-Sprechstunde),der tiefen Hirnstimula- (Leiter:Rolf Walter Seiler,*1943,PD 1981,1988 n.a. tion zur Behandlung extrapyramidal-motorischer a.o. Prof., 1991 o. Prof.) eingerichteten interdiszi- Krankheiten (Kompetenzzentrum Bewegungs- plinären Stroke Unit. Letztere dient der Akutbe- störungen), der Langzeitbetreuung neuromus- handlung des Hirnschlags und führt zur Zeit am kulärer Krankheiten und ALS (Neuromuskulärer meisten endovasale arterielle Rekanalisationen Stützpunkt), der Abklärung und Behandlung (Katheter-Lysen, mechanische Embolus-Retrak- neuro-ophthalmologischer Affektionen (Zentrum tionen) in der Schweiz durch. Die 2003 erweiterte Seh- und Wahrnehmungsstörungen), der Abklä- und als interdisziplinäre Überwachungsstation des rung von Störungen des autonomen Nervensystems Neuro-Departements etablierte Einheit im Nord- (neurovegetatives Labor mit Kipptisch etc.) und kopf BHH-L bildet seither einen wichtigen Bau- der ambulanten Neurorehabilitation (Tab. 1). Eine stein der Stroke Unit. Mit grösserer Entfaltung Tagesklinik für Infusionsbehandlungen steht un- wird die zunehmende räumliche Enge nun immer mittelbar vor der Verwirklichung. mehr zum limitierenden Faktor. Der staatlich besoldete Personaletat musste Ein entscheidender Schritt für die Entwicklung über die Jahre stetig erhöht werden, um den An- der Neurologie in Bern war die 1996 auf Antrag forderungen gerecht zu werden, und umfasst Ende ihrer Chefärztin erfolgte Eingliederung der Neuro- 2007 (zum Vergleich: Ende 1988) 21 (9) Kader- rehabilitation in die Neurologie als eine der letz- ärzte/-innen, 22 (15) Assistenzärzte/-innen und ten nicht-universitären «Insel-Abteilungen». Die 46 (15,6) Pflegefachpersonen. Neurorehabilitation konnte 1996/97 mit dem Um-

Tabelle 3 Wichtige betriebliche Erweiterungen und Modifikationen. Einheit (andere beteiligte Kliniken) Jahr

Zusammenlegung der neurologischen und neurochirurgischen Poliklinik 1964 Neurologische Abteilung wird eigenständige Universitätsklinik 1966 Abteilung für Epileptologie und Elektroenzephalographie 1986–1990 Abteilung für klinische Neurophysiologie mit Erwachsenen- & Kinder-EEG & ENMG 1990 MS-Sprechstunde 1995 Zusammenschluss mit der Neurorehabilitation (Abt. für Neuropsychologische Rehabilitation) 1996 Gedächtnissprechstunde / Memory Clinic (Psychiatrische Poliklinik) 1996 Zentrum für Schlafmedizin Inselspital (Pneumologie, Psychiatrische Poliklinik) 1996 Interdisziplinäre Stroke Unit (Neuroradiologie, Neurochirurgie, Allgemeine Innere Medizin) 1999 Ambulante Neurorehabilitation im Anna-Seiler-Haus 2002 Kompetenzzentrum Elektroneuromyographie mit Sprechstunde in Biel 2002 Zentrum für Seh- und Wahrnehmungsstörungen (Ophthalmologie) 2003 Kompetenzzentrum für Bewegungsstörungen (Neurochirurgie) 2004 Neuromuskulärer Stützpunkt im ENMG (Pneumologie, Neuropädiatrie) 2004 Tagesklinik für Infusionsbehandlungen 2007

180 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Forschung und Lehre Mit der Einführung der transkraniellen korti- kalen Magnetstimulation durch C.W.Hess 1987 und M. Mumenthaler, später auch A. Bischoff und 1990 des Schlaflabors wurden die zentrale Motorik C. Meier begründeten und betrieben in Bern in und die Schlafmedizin zu neuen wissenschaftli- den 1970er und 1980er Jahren schwerpunktmässig chen Schwerpunkten, die seither von K. Rösler, ein Forschungsfeld, das den Erkrankungen der J. Mathis, M. Wiesendanger, C. Bassetti und peripheren Nerven und Muskeln galt,wozu mit Un- A. Kaelin mitgetragen wurden und noch werden. terstützung der Fakultät und des Schweizerischen Parallel dazu wurden von R. Müri neuro-ophthal- Nationalfonds ein morphologisches Forschungs- mologische und neurokognitive wissenschaftliche labor etabliert wurde. Dort leistete auch ein Elek- Fragestellungen zusammen mit C. Gutbrod, zur tronenmikroskop wertvolle Dienste (z.B. für die Zeit ebenfalls unter Anwendung der Magnetsti- Gefrieräztechnik zur Darstellung von Membra- mulation, kombiniert bearbeitet.Ab 1995 schliess- nen), das Albert Bischoff 1972 vom Fürsten von lich wurde die zerebrovaskuläre Forschung unter und zu Liechtenstein Franz Joseph II. geschenkt Leitung von H. Mattle zu einem wichtigen Fokus worden war. In den 1980er Jahren wurde die der Klinik. Die zahlreichen Forschungsaktivitä- peripher-neurologische Forschungsrichtung noch ten unter Hess manifestierten sich bis heute in durch H.-P. Ludin verstärkt, der als Buchthal- 13 Habilitationen und 2 Ph.D.-Dissertationen Schüler die moderne klinische Elektrophysiologie (Tab. 4). einführte. Gleichzeitig gesellten sich sukzessive Die Forschungsinfrastruktur konnte unter Hess weitere Klinik-nahe wissenschaftliche Felder, wie massgeblich erweitert und optimiert werden: Nach zum Beispiel die Epileptologie (K. Karbowski) der Einrichtung der neurovaskulären Abklärungs- oder Parkinson (H.-P. Ludin), hinzu. Acht Neu- station 1995 in den ehemaligen Räumen der rologen habilitierten sich unter Mumenthaler endokrinologischen Forschung des vormaligen (Tab. 4). internistischen Ordinarius Hugo Studer fand das

Tabelle 4 Neurologische Habilitanden an der Medizinischen Fakultät Bern (bis 2007). Name Jahr PD/Prof. BE spätere Funktionen

Karbowski, Kazimierz 1970/1972 Chefarzt der Abt. Epileptologie / EEG an der Neurologischen Klinik Bern Spiess, Hans 1971 Neurologische Praxis in Zürich Ludin, Hans-Peter 1973/1977 Chefarzt der Neurologischen Klinik St. Gallen Meier, Claus † 1977/1987 Chefarzt der Neurorehabilitation Walenstadtberg Hess, Christian Walter 1987/1990 Klinikdirektor der Neurologischen Klinik Bern Mertin, Jürgen 1989 Chefarzt an der Kiliani-Klinik Bad Windsheim Kesselring, Jürg 1990/1996 Chefarzt der Neurorehabilitation Valens Mattle, Heinrich 1990/1996 stv. Chefarzt an der Neurologischen Klinik Bern Burgunder, Jean-Marc 1994/2000 Leiter Neurogenetik am National Neuroscience Institute, Singapur Sturzenegger, Mathias 1995/2001 leitender Arzt an der Neurologischen Klinik Bern Rösler, Kai 1996/2004 leitender Arzt an der Neurologischen Klinik Bern Schnider, Armin 1996 ord. Prof., Chefarzt Neurorehabilitation, HCUG Müri, René 1997/2005 Abt.-Leiter an der Neurologischen Klinik Bern Baumgartner, Ralph 1997 tit. Prof., leitender Arzt an der Neurologischen Klinik Zürich Mathis, Johannes 1998 leitender Arzt an der Neurologischen Klinik Bern Bassetti, Claudio 1998 a.o. Prof., stv. Chefarzt Neurologische Klinik Zürich Weder, Bruno 2002 leitender Arzt an der Neurologischen Klinik St. Gallen Kaelin, Alain 2004 Oberarzt I an der Neurologischen Klinik Bern Nirkko, Arto 2006 Oberarzt an der Neurologischen Klinik Bern Arnold, Marcel 2007 Oberarzt an der Neurologischen Klinik Bern Nedeltchev, Krassen 2007 Oberarzt an der Neurologischen Klinik Bern Pflugshaupt, Tobias 2007* Neuropsychologe an der Neurologischen Klinik Bern Jäggli, Susanne M. 2007* Neuropsychologin an der Neurologischen Klinik Bern * PhD: Dr. phil. in Neurowissenschaften.

181 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Neuromorphologische Labor 1996 grosszügige gie immer grosses Gewicht beigemessen. Auch Laborräumlichkeiten im Sahli-Haus 2 (Haus 14). die Fortbildung der niedergelassenen Ärzte wurde Die in der Psychiatrischen Poliklinik und Oph- mit regelmässigen Tagungen immer stark gepflegt. thalmologie verstreuten okulomotorischen For- schungslabors konnten 2003 mit Hilfe des Depar- Danksagung: Prof. Urs Boschung, Ordinarius für Medizin- geschichte, Universität Bern, danke ich für seine grosse tements klinische Forschung (DKF) der Fakul- Hilfe.Wertvolle Hinweise verdanke ich ferner Frau Christine tät im «Pavillon 52» (Baracke der ehemaligen Guggisberg, Prof. Kazimierz Karbowski, Prof. Hans-Peter Medizinischen Poliklinik) in ein modern ausge- Ludin,Dr.René Monteil,Prof.Marco Mumenthaler und Frau rüstetes Labor für Perzeption und Okulomotorik Elisabeth Pfund. zusammengefasst werden. Ein ausserordentlicher Glücksfall war 1994 die acht Jahre dauernde Gast- professur des renommierten Physiologen Mario Literatur Wiesendanger (*1931) aus Freiburg i.Ue., der die 1 Loeliger ND. Aus der Geschichte der Schweizerischen im EMG beheimatete motorische Forschung durch Neurologischen Gesellschaft von 1950–2003. ein eigenes motorisches Forschungslabor dort Universität Zürich: Dissertation; 2005. markant verstärkte und sehr wertvolle Impulse 2 Mumenthaler M. Medizingeschichtliches zur Entwicklung gab. Ein tierexperimentelles motorisches For- der Neurologie in der Schweiz. schungslabor konnte inzwischen auch im Sahli- Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 1987;138:15–30. Haus 2 untergebracht werden. Die Klinik wurde 3 Mumenthaler M. Zur Geschichte der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft. seit ihren Anfängen kontinuierlich vom Schweize- Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 2000;151:168–72. rischen Nationalfonds und vielen anderen Stiftun- 4 Rennefahrt H, Hintzsche E. Sechshundert Jahre Insel- gen unterstützt. spital 1354–1954. Bern: Hans Huber; 1954. In der Lehre wurde, neben der Ausbildung der 5 Leu F, Herausgeber. Das Inselspital. Geschichte des Medizin- und Psychologie-Studenten, der opti- Universitätsspitals Bern 1954–2004. malen Weiterbildung seit Bestehen der Neurolo- Thun-Gwatt: Weber AG; 2006.

182 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Jubilé SSN Historique du Service de Neurologie des Hôpitaux Universitaires de Genève n Th. Landis, P. R. Burkhard Service de Neurologie, HUG, Genève

Lorsque la Faculté de Médecine de l’Université de Genève fut créée, en 1876, l’enseignement de la neurologie fut assuré par le Professeur L.Revilliod, médecin-chef de la clinique médicale. Le Professeur L. Bard qui lui succéda en 1900 fit aussitôt appel à la collaboration du Docteur Edouard Long, élève de Dejerine et interne des Hôpitaux de Paris. Le Docteur Long fut nommé privat-docent de neuropathologie (1900). Il se fit rapidement remarquer par la qualité de ses leçons anatomo-cliniques mais ce n’est qu’en 1919 qu’il fut admis comme Professeur extraordinaire de neuropathologie avec la réserve que cette chaire Figure 1 n’entraînerait pas l’organisation d’un service hos- Georges de Morsier, pitalier indépendant mais qu’elle resterait attachée 1894–1982. à la clinique médicale [1]. La direction de celle-ci fut reprise en 1920 par le Professeur M.Roch après Dans ses travaux G. de Morsier aborda presque la démission du Professeur Bard. Le Professeur tous les sujets de la neurologie avec cependant Long continua ses leçons anatomo-cliniques jus- une prédilection pour les malformations de l’axe qu’en 1929 date de son décès. cérébro-spinal. Si l’on en croit l’hommage que lui La chaire de Neuropathologie resta vacante rendit le Professeur Ott «… G. de Morsier fut pen- jusqu’en 1934 date à laquelle le Docteur G. de dant un quart de siècle, la personnalité dominante Morsier, privat-docent de neurologie et de psy- la plus active et la plus brillante, mais aussi la plus chiatrie, fut désigné par la Faculté comme chargé contestée de la Neurologie suisse ...». de cours de neurologie dispensant ainsi une heure Très tôt dans sa carrière il avait pressenti l’inté- d’enseignement par semaine pendant toute l’année rêt de la neuropsychologie et fut amené à colla- (fig. 1). borer avec le Professeur E. Claparède avant de Georges de Morsier (1894–1982) [2] fut nommé fonder à l’hôpital le laboratoire de psychologie Professeur extraordinaire de neurologie en 1941. clinique: nom choisi par Claparède, dont la direc- Toutefois la faculté spécifia à nouveau que la tion fut confiée à un élève de Claparède: le Profes- neurologie ne jouirait pas d’un service hospitalier seur A. Rey. indépendant et resterait attachée à la clinique Le Professeur de Morsier prit sa retraite en médicale [1]. Ce n’est qu’en 1953 que le Professeur 1964. La période intérimaire fut assurée par le Bickel consentit à détacher de la clinique médicale Dr G. Roth jusqu’en 1966, année durant laquelle un service de neurologie indépendant. En 1960, le Prof. G. Gauthier fut nommé à la chaire de Georges de Morsier fut nommé Professeur ordi- Neurologie. naire et en 1961 directeur de la clinique univer- Le Professeur G.Gauthier (fig.2) fut le premier sitaire de neurologie. titulaire d’une chaire de Neurologie complètement indépendante de la médecine. Elève de de Morsier il poursuivit sa formation Correspondance: à la Salpêtrière (Paris) où il travailla deux ans dans Professeur Theodor Landis le service du Professeur P. Castaigne. Il profita de Service de Neurologie son séjour parisien pour s’initier à l’usage des HUG CH-1211 Genève 14 isotopes radioactifs en pathologie neurologique e-mail: [email protected] (Hôpital de la Pitié) et pour mieux en connaître

183 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Au début des années septante le Professeur Gauthier se vit confier,avec d’autres collègues,une expérimentation clinique par l’industrie pharma- ceutique. Celle-ci désirait que fût déterminé le rapport idéal et respectif de deux molécules que le fabricant voulait commercialiser dans une seule capsule.L’ensemble des cliniciens participant à l’étude s’entendirent sur un rapport 4/1; ainsi naquit le Madopar 125. Le hasard de cette étude fut à l’origine de l’in- térêt particulier que porta dès lors le Professeur Gauthier aux maladies extrapyramidales, intérêt Figure 2 partagé plus tard par le Professeur P. Burkhard. Gérard Gauthier, 1923. L’enseignement occupa un temps considérable dans l’activité du Professeur Gauthier. Les étu- les propriétés et les dangers; il fit encore un stage diants avancés apprécièrent particulièrement la à l’Institut National des Sciences et Techniques possibilité qui leur fut donnée d’examiner un nucléaires de Saclay. malade dont le cas serait discuté au cours du D’abord Professeur extraordinaire G. Gauthier lendemain. fut rapidement promu Professeur ordinaire (1970). C’est à son instigation qu’un examen de Neu- Pendant près de trois décennies (1966–1992) il rologie devint obligatoire à Genève pour tous dirigea la clinique avec une grande rigueur,justifiée les candidats au diplôme de médecin, examen par l’objectif poursuivi:créer un centre de référence qui se déroulait dans le cadre de l’examen de diagnostique et thérapeutique pour les affections médecine. neurologiques et former des neurologues. G. Gauthier regretta toujours de n’avoir pu L’un de ses premiers pôles d’intérêt fut celui regrouper les laboratoires d’EEG et d’EMG qui des accidents cérébro-vasculaires. Afin d’essayer vécurent longtemps en dehors de la clinique. Ce de mieux en comprendre la genèse il convenait de développement séparé de deux techniques neuro- créer des unités équipées d’appareils modernes. physiologiques essentielles ne fut pas l’effet du Ainsi naquirent: hasard mais bien la conséquence d’une décision – L’unité de neuroradiologie dont l’équipement de la Faculté. fut fourni par un mécène (Fondation Sylvano). Ainsi le laboratoire d’EEG fut créé en 1952 – L’unité d’investigation isotopique qui fut d’une mais le préavis de la Faculté spécifiait qu’il devait très grande utilité dans deux secteurs: d’une être indépendant de la Neurologie [1].La direction part en permettant la mesure du débit sanguin en fut confiée d’abord au Docteur M. Monnier cérébral après inhalation de Xénon 133,d’autre qui devint chargé de cours. A son départ en 1956 part en facilitant la détection des tumeurs céré- le Docteur F. Martin lui succéda jusqu’à l’arrivée brales avant l’apparition du scanner. de la Docteure A. Beaumanoir. – L’unité de neurosonologie développée par la Le Docteur M. Tchicaloff pratiqua les pre- Docteure J. Le Floch-Rohr démontra très rapi- mières études électromyographiques à la clinique dement sa grande utilité. de pédiatrie en 1960. Le Centre d’EMG fut à son Dans un deuxième temps l’intérêt de G. Gauthier tour créé en 1964, sous l’influence du Professeur se porta sur la sclérose en plaques et le conduisit G. H. Fallet, dans le cadre de l’Institut de Méde- à organiser un laboratoire du liquide céphalorachi- cine Physique et de rééducation et installé à dien. D’abord géré par Mme Bellinazzo ce labo- Beau-Séjour. Le Centre fut dirigé par le Docteur ratoire servit ensuite de socle au développement J. Moody de 1964 à 1989. de recherches neuro-immunologiques et fut confié Entre 1980 et 1990 des modifications succes- au Docteur M. Chofflon. sives des structures hospitalo-universitaires fini- Quant à l’unité de neuropsychologie clinique rent par aboutir à l’intégration de ces laboratoires. héritée du Professeur A. Rey elle fut enrichie par En 1981 fut créé le Département de Neurologie l’intégration du laboratoire d’étude des troubles qui rassemblait les cliniques de Neurologie, de du langage créé par le Professeur R. Tissot. Cette Neurochirurgie, d’Ophtalmologie et le laboratoire unité fut animée dès l’origine par le Docteur P. d’EEG. Messerli, chargé de cours et élève de A. Rey. Lors En 1988 l’intégration au département de Neu- de son départ la relève fut prise par le Professeur rologie de la clinique d’Oto-rhino-laryngologie J.-M. Annoni. donna naissance au Département OTONO.

184 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 complémentaires de la cognition et de l’émotion. A cet égard,on citera notamment le Laboratoire de Neurologie et Imagerie de la Cognition du Profes- seur P.Vuilleumier, le Laboratoire de Neuroimage- rie du Sommeil et de la Cognition de la Docteure C. Schwartz, le Laboratoire de Neuropsychologie Expérimentale du Docteur A. Pegna, ainsi que la recherche menée parallèlement aux investigations de routine au sein de l’Unité de Neuropsychologie dirigée par le Professeur J.-M. Annoni. D’autres ponts entre la neurologie clinique et la recherche fondamentale se développeront avec la création Figure 3 d’une Unité des maladies extrapyramidales dirigée Theodor Landis, 1945. par le Professeur P. Burkhard et son groupe de Neuroprotéomique, au sein du Département de Enfin en 1989 au départ de la Docteure A.Beau- Biologie Structurale et Bioinformatique du CMU. monoir la responsabilité de l’Unité d’EEG et de Le Laboratoire de neuroimmunologie, de longue l’Epilepsie fut confiée au Professeur P. Jallon; et date sous l’autorité du Docteur M. Chofflon, sera également en 1989 au départ du Docteur J. Moody renforcée par un Laboratoire de recherche fonda- la responsabilité de l’Unité d’EMG et des affec- mentale sur la sclérose en plaques dans le dépar- tions neuromusculaires fut confiée au Professeur tement de Pathologie et Immunologie au CMU, M. Magistris. dirigé par le Docteur P. Lalive. Le soutien à la Ces deux unités et une unité de recherche for- formation de chercheurs-cliniciens aboutira à mèrent la Division de Neurophysiologie Clinique plusieurs nominations professorales en sciences dirigé par le Professeur C. Bader. fondamentales de collaborateurs qui tous garde- Le Professeur Gauthier prit sa retraite, en 1992 ront une affiliation clinique avec le service de ce qui donna lieu à une période d’intérim de neurologie. Ainsi, le Professeur C. Luescher, sera 14 mois, assuré par la Docteure J. Le Floch-Rohr. nommé au Département des Neurosciences Fon- C’est en mars 1994 que le Professeur Th. Lan- damentales où il développera un programme de dis (fig. 3) prit ses fonctions comme médecin- recherche sur les mécanismes de l’addiction, le chef de ce qui sera rebaptisé plus tard le Service Professeur R. du Pasquier sera nommé en Immu- de Neurologie des Hôpitaux Universitaires de nologie au CHUV à Lausanne, et le Professeur Genève (HUG) et auquel, la même année, ont été O. Blanke sera nommé à l’EPFL à la direction du rattachées les unités d’EEG et d’EMG. D’origine Laboratoire de Neuroscience Cognitive. zurichoise, le Professeur Th. Landis avait dirigé Après le départ de la Docteure J.Le Floch-Rohr l’unité de Neuropsychologie et la Policlinique l’Unité de Neurosonologie sera dirigée par le de Neurologie à Zurich. Elève du Professeur Docteur R. Sztajzel et après le départ du Pro- G. Baumgartner, célèbre neurophysiologiste du fesseur P. Jallon en 2007 la responsabilité de système visuel et excellent clinicien, ce dernier l’Unité d’EEG et de l’épilepsie fut confiée à la lui transmit la tradition de la recherche transla- Professeure M. Seeck. Finalement, avec la restruc- tionelle allant de la clinique au fondamental et vice turation des HUG en 2006, le Service de Neuro- versa. Dans cette optique le Professeur Landis logie gagnera des surfaces et des lits (actuellement créera et soutiendra dès son entrée en fonction, 55 lits) ce qui permettra la création d’une Unité dans le cadre du Programme Vaud-Genève, le Neurovasculaire («stroke unit») comprenant 5 lits Laboratoire qui deviendra l’Unité d’Evaluation de soins continus. Cette restructuration permettra Préchirurgicale de l’Epilepsie, dirigée par la Pro- aussi, en début 2008, la création d’une policlinique fesseure M. Seeck. Cette unité sera complémentée commune de Neurologie et de Neurochirurgie. par un programme de recherche fondamentale menée au Laboratoire de Cartographie Cérébrale, dirigé par le Professeur C. Michel, où l’EEG et les Références potentiels évoqués de haute résolution seront développés. Conformément à ses domaines d’in- 1 Bujard E. La Faculté de Médecine de 1914 à 1956. Dans: Histoire de l’Université de Genève – annexes. térêt il soutiendra le développement des neuro- p. 205/206. sciences cognitives tant au niveau clinique au 2 Portrait de Georges de Morsier par Oscar Lazar. sein même du service, que fondamental, au CMU, Dans: «Personnalités genevoises», 1939, Dessin au tous deux orientés sur des aspects diversifiés mais crayon. Rec. Est. 302/88.

185 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Jubilé SSN Parcours du service universitaire de neurologie de Lausanne entre 1954 et 2007 n F. Regli, P.-A. Despland Epalinges

Période du 1954 au 31 mars 1975: décembre 1969 la policlinique de neurologie avait Chef de service Prof. Michel Jéquier été installée dans un Pavillon rapproché à l’Hôpi- tal de Beaumont. Création du service de neurologie

La division de neurologie liée initialement à la Période du premier avril 1975 au 31 août 1996: Clinique Médicale Universitaire de l’Hôpital Can- Chef de service Prof. Franco Regli tonal avait été ouverte le 4 août 1954 dans le Pavil- lon Bourget et avait été officiellement inaugurée Développement du service de neurologie le 14 septembre 1954. A la fin du rapport pour ces 5 premiers mois le professeur Michel Jéquier était Le professeur Franco Regli, précédemment fon- heureux que les cas de maladies nerveuses avaient dateur et directeur de la clinique de neurologie pu être regroupés: les patients y trouvaient leur de l’Université Johannes Gutenberg de Mayence avantage et l’enseignement en était facilité.Toute- en Allemagne, a pris ses fonctions de chef de ser- fois pendant les premières années le recrutement vice de neurologie en avril 1975. Grâce à l’aug- des internes et des stagiaires restait l’attribution du mentation des médecins assistants et des chefs de professeur de la Clinique Médicale. clinique le service a été réorganisé. Au début de Le professeur Jéquier signalait 6 ans plus tard cette période la responsabilité de la policlinique que en date du premier juillet 1962 la division était avait été assumée par le Dr Gérard de Crousaz devenue autonome et disposait d’un poste de chef nommé professeur associé. Deux chefs de clinique de clinique et de trois postes d’assistants. s’occupaient des admissions des patients et du tra- Le professeur Ray Adams de l’Université Har- vail sur la division des lits, respectivement des vard de Boston y avait passé deux mois en été et consultations dans les autres services de l’Hôpital malgré son activité bénévole le Conseil d’Etat lui Cantonal. avait reconnu l’attribution d’un poste de médecin Après la retraite du professeur Théodor Ott adjoint. survenue au 31 août 1976 le Centre EEG-EMG En 1965 on avait mis au point des nouvelles avait été rattaché au Service de Neurologie comme méthodes d’examens cytologiques du liquide cé- prévu lors de l’engagement du professeur Franco phalo-rachidien. En avril 1969 la division de neu- Regli sous la dénomination de Centre EEG-EMG rologie s’était installée à l’Hôpital de Beaumont et et de diagnostics neurophysiologiques.Le Dr Paul- à l’occasion de ce déménagement la division auto- André Despland médecin-adjoint de retour d’un nome avait été élevée au rang de Service Univer- stage d’un an à l’Université de Saint Diego en sitaire au même titre que les autres services clini- Californie, où il avait appris les techniques des ques de l’Hôpital Cantonal. Dans le cadre de ce enregistrements des potentiels évoqués avait assu- transfert on avait organisé pour les patients hospi- mé la direction du Centre EEG-EMG avec la col- talisés en urgence et avec une maladie neurolo- laboration du Dr Claude Schneider, médecin ad- gique aiguë sévère une chambre pour une sur- joint qui s’occupait, après avoir renoncé à son veillance continue de leur état de santé. Il s’agit cabinet médical en ville, des investigations électro- du premier service de neurologie suisse qui avait myographiques. reconnu l’importance d’une telle structure. Fin Le Dr Andreas Steck engagé en 1980 de retour de la Duke University de la Caroline du Sud avait réorganisé le laboratoire du liquide céphalo-rachi- Correspondance: dien et avait créé en même temps le laboratoire Prof. Dr méd. Franco Regli de recherche en immunologie dans des locaux qui 9, chemin de la Crausaz CH-1066 Epalinges lui avaient été mis à disposition à l’ISREC du pro- e-mail: [email protected] fesseur Henry Isliker à Epalinges.

186 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Au cours de l’année 1980 le service de neuro- Quant à la formation des assistants on a tou- logie avait déménagé en plusieurs étapes dans le jours envisagé de leur offrir la chance en premier nouveau bâtiment du CHUV (Centre hospitalier lieu d’approfondir leur expérience dans le cadre universitaire vaudois).Les rapports annuels depuis de la neurologie générale. ce transfert résument bien le développement du A la policlinique les consultations avaient dé- service de neurologie. La spécialité de neurologie passé en 1995 le cap des 4000 patients et on avait avait fait des énormes progrès. Ceci était dû en effectué 1694 consultations dans les autres services particulier à l’introduction de instruments toujours du CHUV et au service des Urgences. plus performants pour les examens de électro- Au cours des 3–4 derniers ans de l’activité du neuro-physiologie combinés à des vidéocaméras. professeur Franco Regli au CHUV on avait crée Les examens neuro-physiologiques comprenaient des consultations spécialisées de la douleur, des entre autres le Doppler transcrânien à deux sondes céphalées, de l’épilepsie, des maladies cérébro- automatiques.Au cours de 1995 on avait enregistré vasculaires, de la sclérose en plaques, des maladies 510 patients pour mesurer les potentiels évoqués. neurodégénératives dans le cadre de la policli- Le nombre d’examens EEG était de 2092; 926 exa- nique. Les assistants en formation avaient appris mens d’électromyoneurographie avaient été effec- à formuler les rapports d’expertises sollicités par tués au cours de la même année sous la supervision les compagnies d’assurance. du Dr Thierry Kuntzer. L’introduction des examens avec scanner et la résonance magnétique statique et fonctionnelle Enseignements aux étudiants avait permis de déterminer plus rapidement des diagnostics précis, en éliminant plusieurs investi- L’enseignement aux étudiants n’avait pas subi des gations radiologiques (pneumoencéphalographies, modifications entre 1975 et 1996. On tenait pour myélographies). les étudiants de 3e année un cours au lit du malade Les examens dans les laboratoires du liquide et un cours coordonné de neurologie fondamen- céphalo-rachidien étaient en 1995 de 1725 examens tale (sémiologie, examens complémentaires) de comprenant la cytologie, l’immunochimie et le do- 37 heures réparties sur 3 par semaine. Un cours sage des anticorps anti-ganglioside comme le GM1. clinique de 26 heures était donné pendant la pre- On avait à disposition pour les admissions 41 lits mière moitié de l’année académique aux étudiants dans la division d’hospitalisation. Une unité de de 6e année. Ce cours était présenté sous forme de 6 lits pour les soins continus était appareillée avec dialogue entre enseignants et étudiants. Les étu- des monitorages de l’électroencéphalographie, diants étaient invités d’examiner quelques jours l’électrocardiographie, la tension artérielle, l’élec- auparavant sur la division les patients, qu’on pré- trocardiographie,l’oxymétrie pour tous les patients sentait au cours. hospitalisés en urgence avec des situations cli- niques instables (accidents vasculaires cérébraux, méningoencéphalites, états de mal convulsives, Formation des neurologues coma d’autres origine, polyradiculonévrites, etc.). Une telle prise en charge des patients avait été L’enseignement post-gradué était donné sous possible grâce à l’excellence du personnel soignant forme de colloques hebdomadaires, colloques et des physiothérapeutes. Le nombre des patients interdisciplinaires (colloques de neuroradiologie, hospitalisés et des patients vu en consultation à la confrontations clinico-pathologiques, etc.). On policlinique et dans les autres services du CHUV avait organisé progressivement des colloques avec avait sensiblement et constamment augmenté au la clinique universitaire de neurologie de Genève, cours des années depuis 1980. Au total le nombre des réunions annuelles entre les cliniques de de patients hospitalisés 1995 avait été de 1540 ma- neurologie de Lausanne, Berne et Lugano et des lades avec une durée moyenne d’hospitalisation de colloques annuels franco-romands en rotation 8,14 jours. avec le service de neurologie de Besançon, Lyon, La grande visite sur la division des lits qui avait St. Etienne, Grenoble et Dijon. lieu deux fois par semaine était suivie par les médecins du service de neurologie et très souvent par le professeur G. Assal, neuropsychologue res- Promotion des médecins du service ponsable de la division de neuropsychologie, spécialité qui avait été introduite à Lausanne Les médecins pressentis pour une position cadre par le professeur Eric Zander chef de service du dans le service et pour un avancement académique service de neurochirurgie. étaient sollicités de suivre une formation de au

187 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 moins un an dans des centres neurologiques re- – les maladies neuro-immunologiques et la sclé- nommés de l’étranger. On avait à disposition deux rose en plaques (Prof. associé R. Du Pasquier fondations privées pour soutenir les frais de ces et PD & MER Dresse M. Schluep), stages à l’étranger. – les maladies neuromusculaires (Prof. titulaire T. Kuntzer), – les consultations d’épileptologie et troubles Période du premier septembre 1996 du sommeil (Prof. ordinaire Paul-André Des- au 31 août 2007: pland), Prof. ordinaire J. Bogousslavsky remplacé – la neurologie du comportement (PD Dr J. M. dès le 26 avril 2006 par le Prof. ordinaire Annoni), P.-A. Despland – les consultations des céphalées (Dr Bernard Nater) à temps partiel, Après le départ du professeur F.Regli en août 1996, – la consultation des démences (Prof. associé la direction du service de neurologie a été momen- J. Ghika) à temps partiel. tanément pendant 4 ans bicéphale (Prof. J. Bo- Parallèlement à cette importante activité de la gousslavsky et Prof. A. Albanese). Par la suite, le policlinique,l’unité des explorations fonctionnelles Prof. Bogousslavsky fut l’unique chef de service (EEG/EMG) a développé dès 1997 en collabora- de neurologie, remplacé, dès le 26 avril 2006, par tion avec le Service universitaire de Neurologie le Prof. ordinaire P.-A. Despland, chef de service de Genève un programme commun d’évaluation ad intérim jusqu’au moment de son départ à la préchirurgicale des épilepsies, aboutissant chaque retraite le 30 septembre 2007. semaine à une vidéo-conférence, à la sélection Au cours de cette période, l’activité neurolo- très spécifique de patients pouvant bénéficier d’un gique s’est ultérieurement développée aussi bien traitement chirurgical des épilepsies sous l’égide dans le domaine hospitalier que dans les consul- du professeur Jean-Guy Vuillemure, chef du ser- tations ambulatoires. La division des lits avec les vice de neurochirurgie. hospitalisations en urgence et celles programmées, L’unité des examens neurosonologiques (Dop- inclue l’unité d’hospitalisation de jour dirigée par pler) s’est considérablement développée grâce le professeur associé François Vingerhoets,respon- aux programmes de recherche nationaux et inter- sable de la supervision des malades ambulatoires, nationaux. pour des patients qui viennent pour des examens Aussi bien dans l’activité EEG, EMG que complémentaires et pour des traitements intra- neurosonologique, plus de 3000 patients hospita- veineux spécifiques. Plus de 1500 patients séjour- lisés dans les différents services du CHUV ou am- nent chaque année, correspondant à environ 8000 bulatoirement ont été examinés. Il en est de même journées d’hospitalisation. d’autres activités neurophysiologiques telles que Plus de la moitié des patients sont admis en les EEG ambulatoires d’épilepsie et de sommeil, urgence. Les deux tiers de ces patients séjournent les potentiels évoqués, en particulier pour la néo- d’abord dans l’unité des soins continus de neurolo- natologie, plus récemment avec la création d’une gie, devenue une des premières Stroke Unit suisse, unité de stimulation transcrânienne magnétique, permettant ainsi d’introduire les programmes de technique médicale utilisée dans le diagnostic des thrombolyse. Depuis 2004 c’est développée au sein maladies neurologiques et comme traitement cli- de cette unité des soins continus, une surveillance nique de certaines affections. neurophysiologique et Doppler pour les accidents Dès lors ce centre des explorations fonction- cérébro-vasculaires aigus avec ou sans thrombo- nelles a collaboré à la création d’un nouveau centre lyse. multidisciplinaire indépendant, nommé le centre La policlinique rassemble l’ensemble des d’investigations de recherche du sommeil (CIRS), consultations ambulatoires. Les dernières années, en collaboration étroite avec le service de pneu- le nombre des consultations annuelles, compre- mologie du CHUV, de génétique de l’université, naient des consultations non seulement de neuro- dirigé par le professeur Tafti. Cette unité permet logie générale, dirigées avant tout vers l’hôpital ainsi des enregistrements quotidiens nocturnes des de jour, mais des consultations spécialisées, super- syndromes d’apnée, d’étudier différentes dyssom- visées par des médecins cadres: nies, de confirmer l’impatience des jambes, autres – les maladies neurodégénératives et les mou- parasomnies aussi bien chez l’adulte que chez l’en- vements anormaux (Prof. associé F. Vinger- fant. hoets), Parallèlement aux activités ambulatoires, le – les maladies cérébrovasculaires (Prof. J. Bo- professeur associé F.Vingerhoets dirige l’important gousslavsky), programme, pour les traitements de stimulation

188 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 intracérébrale des maladies de Parkinson pharma- – Le Dr Carlo Tosi a créé et dirige depuis 1980 co-résistantes. la Clinique cantonale de Neurologie de l’Ospe- dale Civico de Lugano, en étroite collaboration avec d’autres neurologues qui ont suivi leur Laboratoire de recherche formation lausannoise, tels que le Dr Pierluigi Pedrazzi, chef de service de la Division de Neu- Le PD & MER Dr Lorenz Hirt, qui a reçu le rologie de l’Hôpital San Giovanni de Bellin- prix en 2005 pour ses recherches en neuro- zone et le Dr Claudio Staedler, chef de service sciences fondamentales, est responsable du labo- à Lugano. ratoire de recherche de neurologie et a développé – Le Dr Philippe Vuadens, ancien médecin une unité sur l’ischémie cérébrale expérimentale adjoint de notre service, dirige actuellement permettant d’étudier la mort neuronale, la neuro- l’unité de réadaptation des maladies neurolo- protection grâce à plusieurs fonds (Fonds National giques dans l’Institut de réadaptation de la Suisse de Recherche, Fondation de Cardiologie, CNA à Sion. Fondation Biaggi, Fondation Novartis). La formation des neurologues poursuit l’enseigne- L’Unité nerf-muscle dirigée par le professeur ment post-gradué rigoureux donné sous forme titulaire T. Kuntzer effectue également des recher- de colloques hebdomadaires, de colloques inter- ches en laboratoire chez l’adulte et l’animal, pour la disciplinaires, de vidéo-conférences. régénérescence nerveuse et périphérique, l’électro- physiologie membranaire chez l’homme, sur les dif- férents mécanismes des neuropathies périphériques. Intégration de chercheurs fondamentalistes Cette unité est en relation avec d’importants centres internationaux français, belges et de l’EPFL. L’intégration de chercheurs fondamentalistes sous Grâce à cette activité hospitalière et ambu- la direction du professeur Pierre Magistretti, au latoire de recherche fondamentale, différents col- sein du service dès 1995, a été une réussite signi- laborateurs du service de neurologie publient ficative. Il a été important de faire percevoir aux plusieurs articles par année dans des revues de chercheurs fondamentalistes les difficultés de la haut renom. recherche clinique et de leur faire part de nos Du fait de l’importante activité pluridisci- attentes diagnostiques, physiopathologiques et plinaire de nos consultations spécialisées,le service thérapeutiques et de renforcer ainsi la cohérence de neurologie a permis de former de nombreux des travaux respectifs et faciliter la naissance neurologues, qui sont installés non seulement en d’ensembles thématiques. Suisse romande, mais dans le Jura, au Tessin et qui ont quitté notre service pour accéder à des postes universitaires suisses ou étrangers. Publications scientifiques du service de neurologie

L’Ecole lausannoise a essaimé en Suisse On a publié chaque année en moyenne entre 50 et et à l’étranger 60 articles scientifiques, des chapitres de livres, des monographies. On cite spécialement: – Le PD Dr Andreas Steck, expert en neuro- immunologie et dans la recherche de la sclérose Conclusions latérale amyotrophique, nommé professeur ordinaire et directeur de la clinique de Neuro- Que de chemin parcourus depuis l’existence logie de l’Université de Bâle à partir de 1998. de la neurologie lausannoise – Le MER Dr Giovanni Foletti,nommé directeur médical de l’Institution de Lavigny depuis de On a crée une école neurologique lausannoise re- nombreuses années, qui dirige l’unité de neuro- connue dans tant de domaines. Plusieurs médecins réhabilitation,de suivi des patients épileptiques de nations européennes (France, Belgique,Yougo- réfractaires. Son activité de vacataire maintient slavie, Turquie pour en citer quelques unes) et un lien étroit entre le service de neurologie du du Mexique ont suivi une formation sur plusieurs CHUV et son institution. semestres dans le service de neurologie. – Le professeur associé Joseph Ghika, a été nom- Plusieurs neurologues suisses ont parcouru une mé dès le 12 octobre 2006, chef de la Division carrière académique à Lausanne, se sont spécia- de Neurologie de l’Hôpital régional de Sion. lisées en des sous-disciplines de la neurologie et ont

189 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 entrepris des études de recherche de leur spécialité La pathologie des mouvements et la maladie de choisie. Parkinson sont du domaine du professeur associé L’épilepsie et la recherche en électrophysio- Dr François Vingerhoets. logie et ultrasonographie est depuis 1995 la disci- Les maladies neurovasculaires, spécialité prin- pline principale du professeur ordinaire Dr Paul- cipale dans toutes les cliniques neurologiques, André Despland. sont représentées depuis 2006 par le PD Dr Patrick Le professeur associé Thierry Kuntzer est res- Michel. ponsable de l’Unité des maladies neuromusculaires Des démences s’occupe le professeur associé et enseigne l’interprétation des examens d’électro- André-Joseph Ghika. neuromyographie. Des maladies neuro-immunologiques et la sclé- rose en plaques s’occupent le professeur associé Du Pasquier et la PD Dresse M. Schluep.

190 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 SNG-Jubiläum Geschichte der Neurologischen Klinik und Poliklinik Zürich n K. Hess Aarau

Die Zürcher Neurologie ist vor allem in der prägen sollte, wobei er die gestörte Funktion als Anfangszeit wesentlich durch ihre Hauptrepräsen- Bindeglied ins Zentrum seiner Forschung stellte: tanten an der Universität geprägt, weshalb diese Klinik und Neuropathologie in funktioneller Kor- Übersicht entsprechend gegliedert ist. Neurologie relation. Es war dieses Bindeglied, das er zunächst und Neuropathologie in funktioneller Korrelation im Tierexperiment und dann in der Humanpatho- kann als charakterisierende Überschrift für die logie eingehend untersuchte, welches sein Gedan- ersten drei Lehrstuhlinhaber gelten. kengut später zunehmend gegen die Psychiatrie abgrenzte und schliesslich die Neurologie als eigen- ständiges Fachgebiet entstehen liess. Constantin von Monakow, der Begründer Von Monakow eröffnete 1887, nur zwei Jahre der Neurologie in Zürich (1885–1927) nach der Habilitation und dem Umzug von St. Pir- minsberg nach Zürich, eine Nervenpoliklinik auf Constantin von Monakow (1853–1930) ist der privater Basis. Neben seiner Privatpraxis und Begründer der Neurologie als eigener Disziplin in seinem ebenfalls privaten Labor betrieb er die Zürich. Nervenkrankheiten wurden an der Uni- Poliklinik über Jahre mit einem von ihm bezahlten versität Zürich in der zweiten Hälfte des 19. Jahr- Assistenzarzt. Erst ab 1894, anlässlich der Er- hunderts zwar bereits eingehend erforscht und nennung zum ausserordentlichen Professor für gelehrt. Friedrich Goll machte um 1860 seine be- Neurologie, bezahlte der Kanton einen jährlichen rühmten Rückenmarkstudien.Wilhelm Griesinger, Unkostenbeitrag von 700 Franken an die Polikli- der Initiator der Heilanstalt Burghölzli, lehrte nik. Und erst 1913 stellte der Kanton Räume im an der Universität Innere Medizin und Psychia- Haus Belmont und eine Assistenzarztstelle für die trie und schuf das Konzept der «Hirnpsychiatrie» Nervenpoliklinik zur Verfügung, womit diese Teil («Nervenkrankheiten sind Hirnkrankheiten»). des Kantonsspitals Zürich wurde. Zudem konnte Gudden, Huguenin und Hitzig, die drei ersten von Monakow jetzt im Haus Belmont ein beschei- Direktoren der Heilanstalt Burghölzli, waren denes Institut für Hirnanatomie einrichten. bedeutende Hirnforscher. So hatten Bernhard von Eine neurologische Bettenstation war zu jener Gudden im Rahmen seiner Degenerationsexpe- Zeit undenkbar. Zu gross war der Widerstand der rimente am Hirn das Mikrotom erfunden, Eduard Internisten, die um die Einheit ihres Faches fürch- Hitzig zusammen mit Gustav Fritsch 1870 die teten. Es blieb bei einer kleinen Privatklinik, wo elektrische Erregbarkeit der Hirnrinde experi- von Monakow ab 1893 Patienten betreute. mentell nachgewiesen und Gustav Huguenin 1873 Neben Poliklinik, Lehrtätigkeit und Privat- den ersten Teil einer «Allgemeinen Pathologie praxis arbeitete von Monakow unermüdlich im der Krankheiten des Nervensystems» publiziert Labor. Die zum Teil bahnbrechenden experimen- (blieb unvollendet).Mit diesem Gedankengut kam tellen Forschungsarbeiten und später vor allem Constantin von Monakow während des Medizin- seine Monographien machten ihn international studiums in Zürich und 1876 an seiner ersten Assi- bekannt, er bekam Besuche aus der ganzen Welt. stentenstelle im Burghölzli bei Hitzig in Kontakt. 1923 trat er als Extraordinarius zurück und 1927, Daraus entstand diese Suche nach Korrelationen bereits 74jährig,als Direktor des hirnanatomischen zwischen Nervenkrankheit und Hirnpathologie, Instituts und der Nervenpoliklinik. die von Monakows wissenschaftliche Laufbahn Von Monakow gründete 1917 das Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie, das über Korrespondenz: Jahrzehnte zu den führenden Neurologie- und Prof. Dr. med. Klaus Hess Psychiatrie-Fachzeitschriften zählte. In einem Binzenhofstrasse 12 CH-5000 Aarau dieser Hefte, erschienen zur Hundertjahrfeier e-mail: [email protected] der Ernennung von Monakows zum Extraordina-

191 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 rius für Neurologie an der Universität Zürich, ist neuropathologischem Befund Hauptthema der sein Leben und Wirken übersichtlich zusammen- Forschung, und er führte die Zürcher Tradition des gefasst (C. Jagella, H. Isler und K. Hess 1994). hirnanatomischen Instituts und der Nervenpoli- klinik unter einem Dach im Haus Belmont fort. Die Regierung hatte Minkowski schon bei Mieczyslaw Minkowski, Neuroanatom Amtsantritt eine Bettenstation in Aussicht gestellt. und Nervenarzt (1928–1954) Aber erst mit dem Bau des neuen Kantonsspitals kam es schliesslich am 10.März 1952 zur Eröffnung Nachfolger Constantin von Monakows wurde des- einer selbständigen neurologischen Bettenstation sen Schüler Mieczyslaw Minkowski (1884–1972; und damit zur ersten neurologischen Klinik in der Abb. 1). Der Regierungsrat ernannte ihn 1928 zum Schweiz, mit 12 allgemeinen und zwei Privatbetten. Extraordinarius für Neurologie und Leiter der Auf diese Weise war ein weiterer Schritt der Lö- Nervenpoliklinik und des Hirnanatomischen In- sung von der Inneren Medizin getan. Die Leitung stituts. Auch für ihn waren die funktionelle Kor- der Klinik überliess Minkowski seinem Oberarzt relation zwischen neurologischer Krankheit und Erich Katzenstein und später Ernst Baasch, während er selbst mehr seinen hirnanatomischen Interessen nachging. Abbildung 1 Klinikdirektoren der Neurologie Zürich (von links oben In die Amtszeit Minkowskis fallen die Grün- nach rechts unten): Mieczyslaw Minkowski (1928–1954), Fritz Lüthy (1955–1967), Günter Baumgartner (1967–1991), dung der Zürcher Neurochirurgie durch Hugo Volker Henn (1991–1994), Klaus Hess (1994–2007), Krayenbühl (1937), aber auch die Etablierung von Claudio Bassetti (2007). zwei wichtigen neurologischen Untersuchungs- techniken am Kantonsspital. Zum einen begrün- dete Rudolf M. Hess am 8. Oktober 1948 mit der Ableitung des ersten Elektroenzephalogramms in der Neurochirurgischen Klinik die klinische Neu- rophysiologie in Zürich und in der Schweiz. Zum anderen führte der Assistenzarzt Fritz H. Lehner im Januar 1954 die klinische Elektromyographie ein, ebenfalls als erster in der Schweiz. Auf An- raten von Minkowskis Oberarzt Ernst Baasch (1910–1997) hatte Lehner im Herbst 1953 in Stock- holm bei Kugelberg die Technik erlernt. Minkowski trat Ende Oktober 1954 als 70jäh- riger zurück, nahm aber weiterhin rege an der Forschung und vor allem an den Kolloquien teil. Seine ausholenden vielminütigen Kommentare waren legendär. – Der Schreibende, dazumal Pri- vatassistent von Prof. Frick, durfte Minkowski bei seiner finalen Erkrankung in der Medizinischen Klinik des Kantonsspitals betreuen, wo er 88jährig am 20. Juli 1972 starb.

Fritz Lüthy, Neuropathologe und Kliniker aus der Privatpraxis (1955–1967)

Der Regierungsrat tat sich schwer mit Minkowskis Nachfolge und wählte schliesslich den 60jährigen Fritz Lüthy (1895–1988; Abb. 1) aus der Privat- praxis zum Extraordinarius für Neurologie und Direktor der Neurologischen Klinik. Gleichzeitig wurde das Hirnanatomische Institut als selbstän- dige Abteilung aufgelöst und als Forschungsabtei- lung der Neurologischen Klinik angegliedert. Da Zürichs Hirnforschung unter von Monakow und Minkowski eine international führende Stellung

192 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 hatte, wehrte sich die Fakultät vehement dagegen. Gegensatz zu Minkowski beschäftigte er sich nach Die Gesundheitsdirektion war jedoch nicht gewillt, seiner Emeritierung nicht mehr intensiv mit Neu- Räumlichkeiten des neuen Kantonsspitals für ein rologie, führte aber seine Praxis noch für mehrere theoretisches Institut abzugeben. Diese Ausein- Jahre weiter. Er starb 92jährig am 13. Januar 1988. andersetzung mit der Fakultät zog sich über meh- rere Jahre hin und fand erst 1961 eine Lösung mit dem neuen Hirnforschungsinstitut unter Leitung Systemphysiologie, Schlüssel zum klinischen von Konrad Akert. Verständnis: Günter Baumgartner und Fritz Lüthy war in erster Linie Kliniker. Er Volker Henn war Schüler und später Oberarzt des Zürcher Internisten Otto Nägeli, spezialisierte sich früh in Günter Baumgartner (1967–1991): Neurologie und habilitierte sich 1931 mit einer Elektrophysiologie in Experiment und Klinik neuropathologischen Arbeit über die Wilsonsche Krankheit. Er hatte ab 1932 den Facharzt FMH für Günter Baumgartner (1924–1991;Abb. 1), Schüler innere Medizin und für Neurologie und eröffnete von Richard Jung in Freiburg im Breisgau, brachte eine eigene Praxis, war aber bis 1954 Konsiliarius die Dimension des neurophysiologischen Denkens an der Medizinischen Poliklinik. Seine Wahl war als neuen Zugang zum Verständnis neurologischer wohl eine Reaktion auf die bedächtige, etwas rea- Krankheiten nach Zürich. Baumgartner kam auf litätsfremde Art Minkowskis. Lüthy trat sein Amt das Sommersemester 1967 als Extraordinarius für am 16. Oktober 1955 an. Er pflegte gegen 9 Uhr Neurologie und Direktor der Neurologischen zu kommen, machte um 10 Uhr Visite, ging um Klinik und Poliklinik nach Zürich. Zuerst galt es, 11 Uhr in sein Labor zum Studium von Muskel- die klinischen Strukturen zu verstärken. Die bei- und Hirnpräparaten und führte nachmittags seine den Bettenstationen mit zusammen 29 Betten Privatpraxis. Die Bettenstation und damals noch waren mit über 900 Neuaufnahmen (1969) bald am bescheidene Poliklinik führten seine hervorragen- Limit, ebenfalls die Poliklinik mit über 6000 Erst- den Oberärzte Ernst Baasch und später Albert untersuchungen (1969). Die noch unter Lüthy von Bischoff. Wegen der zunehmenden Bedeutung der Hansruedi Isler eingerichtete erste Spezialsprech- Elektroenzephalographie richtete Lüthy noch 1955 stunde der Poliklinik, die Kopfweh-Sprechstunde, ein eigenes Elektroenzephalographie-Labor ein, sowie Spezialuntersuchungen (Elektroenzephalo- als Ergänzung zur EEG-Station der neurochirur- graphie, Elektromyographie, Liquor-Diagnostik) gischen Klinik. Unter seiner Leitung wuchs die förderte Baumgartner nachhaltig. Zu den zwei Neurologische Klinik weiter, und wegen rasch organisatorisch und klinisch sehr erfahrenen Ober- steigender Patientenzahlen musste die Bettensta- ärzten, Albert Bischoff und Franco Regli, musste tion schon per 1. Januar 1958 mit einer Aussensta- zusätzlich jüngeres Kader gewonnen werden. Es tion an der Pestalozzistrasse erweitert werden, auf kamen Hans Rau, dann Erlo Esslen, Felix Jerusa- nun insgesamt 27 Betten. lem und Manuel Meyer dazu.Als der Oberassistent Lüthy war ein hervorragender Neuropathologe. Jürg Ulrich 1971 als Extraordinarius für Neuro- Er führte die Tradition der klinisch-neuropatholo- pathologie nach Basel berufen worden war, ging gisch-funktionellen Korrelation, Kennzeichen der das neuropathologische Labor fliessend in ein Zürcher Schule, weiter. Entsprechend profilierten Labor für Myopathologie unter Leitung von Jeru- sich auch zwei seiner Schüler in der Neuropatho- salem über. logie: Bischoff entwickelte die Elektronenmikro- Systemphysiologie als Grundlage für die Inter- skopie des peripheren Nerven, und Jürg Ulrich pretation neurologischer Funktionsstörungen soll- wurde ein bekannter Erforscher der Leukodystro- te dem Kliniker stets präsent und zugänglich phien und Alzheimerschen Erkrankung. sein, und deshalb gehörten experimentelle Neuro- Eine Spezialität Lüthys war auch die periphere physiologie und Klinik unter ein Dach. 1971 kam Neurologie. So beschrieb er das «Flaschenzei- Volker Henn vom Mount Sinai-Hospital New York, chen» bei Medianuslähmung. Er förderte die kli- dem damaligen Mekka der neurophysiologischen nische Elektromyographie ganz besonders; neben Primaten-Forschung (Bernhard Cohen), nach Zü- Lehner arbeiteten Mario Wiesendanger, Marco rich. Hier baute er eine Primaten-Forschungsein- Mumenthaler sowie später Erlo Esslen und Ma- heit auf, die bald zu den weltweit führenden nuel Meyer daran. gehören sollte. Hauptrepräsentanten der experi- Lüthys Vorlesungen waren recht trocken, aber mentellen Neurophysiologie neben Volker Henn inhaltlich konzentriert und reich, und sie zeugten waren Ulrich Buettner, Csaba Adorjani, Walter von grosser klinischer Erfahrung.Lüthy trat 72jäh- Waespe, Max Dürsteler, Rüdiger von der Heydt, rig Ende des Wintersemesters 1966/67 zurück. Im Esther Peterhans und später Bernhard Hess.

193 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Auch neue klinische Labors und Untersu- In der ganzen Schweiz wuchs der Bedarf an chungstechniken waren zu verwirklichen: Nach neurologischer Expertise.Zürcher Schüler wurden Freiburger Vorbild wurde ein Nystagmographie- Chefärzte an den neugegründeten Neurologischen Labor mit Drehstuhl installiert («Labor für Hirn- Kliniken in Aarau (1973, Erlo Esslen), St. Gallen stammdiagnostik»). Der Schreibende, 1970 Assi- (1975, Eberhard Ketz) und Lugano (1980, Carlo stenzarzt im ersten Neurologie-Jahr, wurde zum Tosi). 1983 wurde der Oberarzt Albert Wettstein Erlernen der Nystagmographie-Technik nach Frei- Zürcher Chefstadtarzt. burg im Breisgau geschickt. Ebenfalls 1970 unter- Die EEG-Abteilung der Neurochirurgie wurde suchte der damalige Assistenzarzt Hans Heinrich nach dem Rücktritt von H. Krayenbühl 1972 ein Brunner die ersten Patienten mittels Ophthal- selbständiges Institut unter Leitung von Rudolf modynamographie und Doppler-Sonographie. Das M. Hess, Extraordinarius für Neurologie, beson- waren Pioniertechniken zur Detektion von hoch- ders neurologische Physiologie, seit 1962. Es war gradigen Stenosen oder Verschlüssen der Karo- sein hervorragender Leitender Arzt, Christoph tiden, womit sich die gefährliche Arteriographie Bernoulli, dem 1974 bei Stereoelektroenzephalo- vermeiden liess. 1971 kam der ETH-Ingenieur graphien bei Patienten mit schwerster Epilepsie Herbert Keller an die Neurologie und baute in den die fatale Übertragung der Jakob-Creutzfeldt- folgenden Jahren ein Ultraschalldiagnostik-Labor Erkrankung über Tiefenelektroden auf zwei Pa- auf. tienten widerfuhr. Ebenfalls ab 1971 arbeitete eine Psychologin, Baumgartner wollte ein eigenes EEG-For- Marianne Regard,in der Neurologie,um Patienten schungslabor. Er gewann dazu Dietrich Lehmann mit Hirnerkrankungen qualitativ und quantitativ aus San Francisco. Er leistete von 1971 bis 1994 be- auf Hirnleistungsdefizite zu untersuchen. Mit dem deutende EEG-Grundlagenforschung (Feldanaly- Rücktritt von Krayenbühl kam dann im November sen, «microstates»), führte schon 1974 die visuell 1973 die neuropsychologische Einheit der Neuro- evozierten Potentiale ein und war für viele der chirurgie unter der Leitung von Etienne Perret zur Forschungsmentor par excellence. Seit 1988 war Neurologie. Damit hatte die Zürcher Neurologie er nebenamtlicher Extraordinarius; nach seiner eine eigenständige neuropsychologische Abteilung, Emeritierung eröffnete er 1995 ein eigenes «Key- die unter den späteren Leitern Theodor Landis Institute» für «Brain-mind»-Forschung. (1986–1994), Marianne Regard (1994–2003) und Mit dem Rücktritt von Rudolf M. Hess 1981 Peter Brugger (seit 2003) ein starker Forschungs- kam die EEG-Abteilung zur Neurologie. Leiter bereich der Neurologie wurde, vor allem auch in wurde Heinz-Gregor Wieser, der zusammen mit Zusammenarbeit mit der Abteilung für Elektro- G. Yasargil die selektive Amygdala-Hippokamp- enzephalographie. ektomie bei mesialer Temporallappen-Epilepsie Die fantastisch anmutende klinische und (1975) entwickelt hatte. Er erfand die semiinva- wissenschaftliche Diversifikation der Neurologie sive Foramen-ovale-Elektrodentechnik (1984) und innerhalb weniger Jahre war nur möglich mit einer in enger Zusammenarbeit mit der Neuropsycholo- stetigen personellen und finanziellen Erweiterung, gie den selektiven Temporallappen-Amobarbital- von der heutige Klinikdirektoren nur träumen Gedächtnistest (1986). Er richtete mobile Lang- können. In derselben Zeit wuchsen auch Klinik zeitkassetten-Ableitungen für das Stereo-EEG und Poliklinik weiter. 1972 waren bereits über (1984) sowie die Videodoppelbild-Telemetrie ein. 6600 Patienten zur Erstuntersuchung in der Poli- Seit 1989 nebenamtlicher Extraordinarius, wurde klinik, und 1975 waren 1049 Klinikeintritte zu ver- er in Anerkennung seiner Verdienste um die Epi- zeichnen. Die riesige administrative Arbeit leiste- lepsie-Forschung 2001 zum Ordinarius ad per- te und leitete die Chefsekretärin, Frau Elisabeth sonam ernannt. Anliker-Haag, mit Bravour. Schon Sekretärin Die Dominanz elektrophysiologischer Untersu- bei Lüthy, ist sie weiterhin unentbehrliche Chef- chungsmethoden in den 1970er und 1980er Jahren sekretärin. drohte zeitweilig klinisches Denken und Erfahrung Auch auf der akademischen Ebene gab es Fort- zu verdrängen. Baumgartner selbst erlag dieser schritte: 1970 ernannte die Zürcher Regierung Gefahr niemals; immer und unerschütterlich ver- Günter Baumgartner zum Ordinarius für Neuro- wies er auf das Primat von Anamnese und Be- logie, und 1976 schuf sie ein Extraordinariat für fund. Auch wusste er um die Bedeutung anderer, Neurologie mit Leitender Arzt-Position für die der Neurologie inzwischen entwachsener neuro- Poliklinik. Erster Amtsinhaber war Felix Jerusa- wissenschaftlicher Disziplinen. Er setzte sich für lem; nach seiner Wahl zum Ordinarius und Klinik- selbständige Zürcher Lehrstühle in Neuropatho- direktor in Bonn (1981–1996) folgte Volker Henn logie und in Neuroradiologie ein und förderte die (1983–1997). oto- und ophthalmo-neurologische interdiszipli-

194 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Abbildung 2 Die Neurologische Klinik des Universitätsspitals Zürich, unbestechlich und unangreifbar. Eigentlich war seit 1985 (ursprünglich Frauenklinik, erbaut 1915–1918). er scheu, gesellschaftlich unbeholfen und erfri- schend, manchmal auch brüskierend spontan. Obwohl von härtesten familiären Schicksalsschlä- gen getroffen, blieb er immer gefasst und auf eine feine Art humorvoll.

Volker Henn und die schwierige Aufgabe des interimistischen Klinikchefs (1991–1994)

Schon während der Erkrankung von Günter Baumgartner im Herbst 1990 übernahm Volker Henn (1943–1997; Abb. 1) die Klinikleitung. Wäh- rend sich die Wahlgeschäfte dahinschleppten, führte Henn sozusagen mit gebundenen Händen interimistisch die Klinik. Er richtete 1992 das Liquorlabor wieder ein, das während einiger näre Zusammenarbeit. Als erster berichtete er in Jahre einem Labor für die Neurowissenschaftlerin Zürich von der Computertomographie (1973),wel- Victoria Chan-Palay gewichen war. Und er bildete che die diagnostische Revolution in der Neurologie eine starke Gruppe für klinische vestibulo-okulo- einleitete und zusammen mit der Magnetreso- motorische Forschung. nanztomographie (1983) und den Ultraschallver- Ein für die Neurologie Zürich erstrangiges Er- fahren zur modernen schmerzfreien nicht-invasiven eignis war 1993 die Konstitution und Inauguration Diagnostik führte. Nur wer – wie der Schreibende der Betty and David Koetser Stiftung für Hirnfor- noch als stellvertretender Oberarzt – den quälen- schung durch Volker Henn und Nachkommen der den, schwierigen und oft unergiebigen Abklä- Donatoren. rungsgang der Vor-Computer-Ära erlebt hat, kann ermessen, was das für die Patienten bedeutet. In Zürich hatte Hans Spiess Ende 1975 das erste CT- Umsetzen in klinische Forschung: Gerät, noch vor dem Kantonsspital. Klaus Hess (1994–2007) und Claudio Bassetti Mit dem stetigen Wachsen platzte die Neuro- (2001–2007) logie, die auf Orte im Hauptgebäude sowie an der Pestalozzi-, Haldenbach- und Vogelsangstrasse Klaus Hess (geb. 1942; Abb. 1) war seit 1986 Chef- verteilt war, bald einmal aus den Nähten. Als der arzt der Neurologischen Klinik des Kantonsspitals Regierungsrat die alte Frauenklinik (erbaut 1915– Aarau, als er auf Vorschlag der Regierung aufs 1918) am Haldenbach (Abb. 2) der Neurologie Wintersemester 1994 als Ordinarius für Neurologie zuteilte, war die Planung von Umbau und Renova- und Klinikdirektor nach Zürich kam, wo Perso- tion zu einer Neurologischen Klinik mit 40 Betten nalstop und Kürzungsmentalität herrschten. und viel Labor- und Forschungsraum eine neue Neben Teilrenovation des Gebäudes, struktu- attraktive Aufgabe für Klinikdirektor und Kader. reller (Informatik, Poliklinik, Tagesklinik) und Einzug war im März 1985. Der schöne Hörsaal personeller Reorganisation war der Aufbau einer blieb bis auf kleine modernisierende Eingriffe Stroke Unit und der Schlaganfallforschung an die ursprünglich erhalten. Hand zu nehmen. Bereits ab 1998 war ein Stroke- Günter Baumgartner erkrankte im Herbst 1990 Team unter Leitung des Sonographie- und Schlag- an einem Leberkarzinom, dem er schon am anfall-Spezialisten Ralf Baumgartner aktiv, aber 11. August 1991 erlag. Die grossartige Abschieds- erst ab 2001 konnten Schlaganfallpatienten in der vorlesung («Gehirn und Bewusstsein») des Tod- neueröffneten interdisziplinären Überwachungs- kranken vom 28. Juni bleibt vielen unvergessen. station vom Stroke-Unit-Team behandelt werden; Baumgartner war ein intellektuell überragen- ab 2003 stiegen die Thrombolysezahlen steil an. der Neurowissenschaftler, ein erfahrener, vorbild- Die klinische vestibulo-okulomotorische For- licher Kliniker und eine integre, ethisch sehr sen- schung war unter Volker Henn und Dominik Strau- sible Persönlichkeit. Er frappierte immer wieder mann fest etabliert. Dank Berufungsgeldern und durch kühne Ideen, verblüffende Beobachtungen Koetser-Foundation konnte nun die Konstruktion und scharfsinnige Bemerkungen. Er war allseits eines 3D-Drehstuhls (Bewegungsmonitor mit drei hoch geachtet, sicher auch etwas gefürchtet, da Freiheitsgraden) realisiert werden, ein langgeheg-

195 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 tes Projekt von Volker Henn, dessen Inauguration Prof. Jürg Kesselring (Valens) konnte das 1998 er leider nicht mehr erleben sollte. Erst Pharmaunternehmen Serono dafür gewinnen, 54jährig starb er Ende 1997 plötzlich. Das war ein während sechs Jahren an der Universität Zürich schockierender und schwerer Verlust für die Zür- eine unabhängige klinische und eine experimen- cher Neurologie. Bernhard Hess als Leiter der telle Professur für Multiple Sklerose zu finanzie- experimentellen neurophysiologischen Abteilung ren. Dies erlaubte der Neurologischen Klinik, ab und Dominik Straumann als Leiter der klinischen 2003 ein MS-Zentrum unter Leitung der Profes- vestibulären Forschungsabteilung führten die soren N. Goebels und B. Becher zu führen. vestibulo-okulomotorische Forschung weiter.2004 Die grossen technischen Fortschritte, aber auch konnte zusammen mit Stefan Schmid und Ste- der ökonomische Druck hatten in den letzten 10 fan Hegemann von der ORL-Klinik das seither Jahren zur Folge, dass Patienten immer rascher, äusserst erfolgreiche interdisziplinäre Schwindel- und auch häufiger ambulant, abgeklärt und be- zentrum gegründet werden, und 2005 konnte das handelt werden. Entsprechend konnten die Auf- Zentrum als weiteren Höhepunkt einen Linear- enthaltsdauer in der Bettenstation verkürzt und beschleuniger in Betrieb nehmen. Als eines der die Bettenzahl reduziert werden, auf gegenwärtig weltweit wenigen Zentren kann die Einheit jetzt etwa 8 Tage bzw.30 Betten.Dennoch ist die Anzahl das Gleichgewichtsorgan des Menschen im ganzen der jährlichen Eintritte stetig gewachsen, auf Funktionsbereich quantitativ erforschen. zuletzt über 1150. Das Assistentenwesen ist ent- 2001 übernahm Claudio Bassetti (geb. 1958; akademisiert worden (Gesamtarbeitsvertrag seit Abb.1) als Nachfolger von Volker Henn das Extra- 2001), und die explosiv wachsenden administrati- ordinariat und die Leitende Arzt-Position der ven Ansprüche im Rahmen der Ökonomisierung Poliklinik. Mit ihm kam die neurologische Schlaf- der Kliniken machten den Zuzug eines Klinik- forschung nach Zürich. 2002 konnte in der Klinik managers (Hugo Bossi, ab 2002) nötig. ein modernes Schlaf-Wach-Labor eröffnet werden. Wie die Entwicklung der Zürcher Hirnfor- Ein tierexperimentelles Schlaflabor folgte zwei schung zeigt, wurde die experimentelle System- Jahre später. Bassetti verstärkte zudem die kli- physiologie seit den 1980er Jahren schrittweise nische Schlaganfall-Forschung und gründete ein zugunsten der zell- und molekularbiologischen tierexperimentelles Ischämie-Labor (mit Dirk Forschung aufgegeben, die zunehmend thera- Hermann). Auch widmete er sich intensiv der peutisch umsetzbare Resultate produziert. Vor- Reorganisation der neurologischen Notfallorgani- aussetzung für die wirksame klinische Anwendung sation sowie der Poliklinik mit weiterem Ausbau neuer Forschungsergebnisse ist die exakte Erfas- der Spezialsprechstunden, speziell der Parkinson- sung und Beschreibung neurologischer Funktions- Sprechstunde. Am 1. März 2007 übernahm er vom störungen und Krankheiten. Dies wiederum ver- Schreibenden die interimistische Klinikleitung. langt differenziertes neurologisches Können und Die Poliklinik, der wachsenden Konkurrenz klinische Quantifizierungsverfahren. Beides zu durch gute praktizierende Neurologinnen und Neu- erreichen und zu bewahren, ist die anspruchsvolle rologen ausgesetzt, nutzt Spezialistenkompetenz Aufgabe der modernen Neurologie. Denn nur in Form von Spezialsprechstunden. Bereits Tradi- im Kontext mit erstklassiger Neurologie ist Spit- tion haben Epilepsie-Sprechstunden unter Heinz- zenforschung der Neurowissenschaften klinisch Gregor Wieser sowie Kopfweh- und Schmerz- fruchtbar. sprechstunden,seit 1991 auch eine interdisziplinäre Nachtrag: Neuer Klinikdirektor und Ordinarius Schmerzsprechstunde unter damaliger Leitung von für Neurologie seit dem 1.1.2008 ist Prof. Michael Hansruedi Isler. Neu dazugekommen sind Sprech- Weller aus Tübingen. stunden für Bewegungsstörungen bzw. Parkinson (Klaus Leenders, später Claudio Bassetti und Daniel Waldvogel), für Multiple Sklerose, für Literatur Schwindel, für Schlaf und für Neurogenetik. Die Abteilungen für Epileptologie und EEG Hitz F. Der Neurologe Mieczyslaw Minkowski 1884–1972. unter Leitung von Heinz-Gregor Wieser, für Diss. med. Zürich, Juris, 1991. (Zürcher Medizingeschicht- Kopfweh und Schmerz unter Hansruedi Isler und liche Abhandlungen Nr. 227). jetzt Peter Sandor, für Neuropsychologie unter Jagella C, Isler H, Hess K. 100 Jahre Neurologie an der Universität Zürich. Marianne Regard und jetzt Peter Brugger sowie Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 1994; Suppl 1. für Elektroneuromyographie unter Hans Schnyder Jahresberichte des Kantonsspitals/Universitätsspitals Zürich und jetzt Ansgar Studer konnten erfolgreich wei- 1950–1998. tergeführt werden. Eine neurogenetische Einheit Mumenthaler M. Mieczyslaw Minkowski. wurde von Hans Jung aufgebaut. Schweiz Ärztezeitung. 1983;64:1116–8.

196 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Die Universität Zürich 1933–1983. Festschrift zur keta Hajek (W98), Ralf W. Baumgartner (Um- 150-Jahr-Feier der Universität Zürich. Hrsg. vom Rektorat habilitation W98), Peter Brugger (W02), Hans der Universität Zürich. Zürich; 1983. S. 365f., 407f. H. Jung (S03), Adrian Siegel (W03), Dimitris Universitätsarchiv Zürich. Georgiadis (Umhabilitation W04), Peter Sandor Zürcher Spitalgeschichte. 2 Bände. Hrsg. vom Regierungsrat (W06), Dominik Zumsteg (S07). des Kantons Zürich: Berichthaus; 1951. Zürcher Spitalgeschichte. Band 3. Hrsg. vom Regierungsrat Habilitationen unter Claudio Bassetti des Kantons Zürich. Zürich; 2000. Ramin Khatami (W07).

Anhang: Habilitationen und Berufungen Berufungen von Zürcher Schülern (Neurologische Klinik) an andere Universitäten Habilitationen unter Fritz Lüthy Ordinarii und Extraordinarii für Neurologie Marco Mumenthaler (1960), Albert Bischoff – Marco Mumenthaler (Bern) (1963), Franco Regli (1966). – Franco Regli (Mainz, Lausanne) – Albert Bischoff (Bern) Habilitationen unter Günter Baumgartner – Felix Jerusalem (Bonn) – Theodor Landis (Genf) Jürg Ulrich (W69), Felix Jerusalem (S71), Dietrich – Heinrich Mattle (Bern) Lehmann (S72), Erlo Esslen (W75), Volker Henn – Klaus L. Leenders (Groningen) (S77), Herbert Keller (W77), Ulrich W. Buettner (W80), Heinz-Gregor Wieser (W81), Klaus Hess Andere Lehrstühle (W82), Hans Spiess (Umhabilitation S83), Walter – Jürg Ulrich (Neuropathologie, Basel) Waespe (W85), Theodor Landis (S87), Rüdiger – Otto Spörri (Neurochirurgie, Göttingen) von der Heydt (W88),Victoria Chan-Palay (W89), – André Haynal (Psychiatrie, Genf) Manuel Meyer (W90). – Mario Wiesendanger (Physiologie, Fribourg) Eberhard Ketz (Umhabilitation S69) und Meinrad – Ulrich W. Buettner (Neurophysiologie, Egli (S80) haben sich am EEG-Institut habilitiert. München) – Claus Buddeberg (Psychiatrie, Zürich) Habilitationen unter Volker Henn – Rüdiger von der Heydt (Neuroscience, Johns Hopkins Baltimore) Marianne Regard (S92),Bernhard J.M.Hess (S93).

Habilitationen unter Klaus Hess

Ulrich W. Buettner (Umhabilitation W96), Urs Schwarz (S97), Dominik Straumann (S97), Mar-

197 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 SNG-Jubiläum Die Neurologische Klinik des Kantonsspitals Aarau n U. W. Buettner Neurologische Klinik, Kantonsspital Aarau

Geschichte besitzt so wenig einen Anfang wie ein und personell an ihre Grenzen gelangte. PD Dr. Ende. Dieses Motto könnte als Untertitel für die Klaus Hess hatte seinen wichtigsten klinischen Neurologie am Kantonsspital Aarau verwendet und wissenschaftlichen Schwerpunkt auf dem werden. Gebiet des vestibulären Systems, vertrat darüber Mit dem 1.10.1979 wurde aus einer neurolo- hinaus jedoch die gesamte klassische Neurologie. gischen Abteilung die Neurologische Klinik des 1990 wurde PD Dr. Klaus Hess zum Titularprofes- Kantonsspitals Aarau, das seinerseits auf seine sor an der Universität Zürich ernannt.Er baute die Gründung im Jahr 1887 zurückblicken kann. Am Klinik langsam, aber stetig aus. 1994 wurde er zum 1.10.2009 wird die Neurologische Klinik voraus- Ordinarius für Neurologie an der Universität Zü- sichtlich ihr 30jähriges Bestehen feiern dürfen. rich berufen. Die Neurologische Klinik umfasste Die Anfänge liegen jedoch viel weiter zurück, zu dieser Zeit neben dem Chefarzt 3 Oberärzte, 1 obwohl sie schlecht dokumentiert sind. Meist wird 3 ⁄2 Assistenten, drei technische Assistentinnen die Neurologie als Abteilung der Inneren Medizin und zwei Sekretärinnen. Die Bettenzahl auf der gesehen. 1964 wurde jedoch zunächst der erste Abteilung betrug etwa 13 Betten. konsiliarisch tätige Neurologe am Kantonsspital angestellt. Es brauchte 10 Jahre, bis die Absicht, eine Spezialdisziplin Neurologie aufzubauen, zum 1.1.1974 mit der Berufung von Dr. Erlo Esslen (Abb. 1) zum leitenden Arzt realisiert werden konnte. Zuvor im Jahr 1973 wurde der neurologi- sche Dienst vom frisch gewählten leitenden Arzt für Neurochirurgie, PD Dr. Ch. Probst, ad interim übernommen.Dr.Erlo Esslen stand zunächst einer neurologischen Abteilung der inneren Medizin vor. Erst 1979 wurde aus der neurologischen Ab- teilung eine Neurologische Klinik. Dr. Erlo Esslen habilitierte in Zürich und wurde 1981 zum Titular- Abbildung 1 professor ernannt. Seine Hauptarbeitsgebiete wa- Erlo Esslen 1922–1986, ren die Elektromyographie und die Fazialisdia- Kantonsspital Aarau. gnostik. Er leitete eine Klinik, die er mit einem Oberarzt (1. Oberarzt Dr. F. Farago) und einem Assistenten (seit 1986 zwei Assistenten) führen musste. Im Jahr vor seinem unerwarteten Tod 1986 wurden 400 stationäre und über 4000 Konsilien und ambulante Untersuchungen durchgeführt. PD Dr. Klaus Hess (Abb. 2) wurde zu seinem Nachfolger gewählt. Er übernahm eine Klinik, die in den folgenden Jahren immer wieder räumlich

Korrespondenz: Prof. Dr. med. Ulrich W. Buettner Neurologische Klinik Kantonsspital Abbildung 2 CH-5001 Aarau Klaus Hess *1942, e-mail: [email protected] Kantonsspital Aarau.

198 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Abbildung 3 Klinik, die bis aktuell noch nicht abschliessend gelöst ist. Die letzten Hindernisse bis zur Schaf- fung einer Stroke-Unit im eigentlichen Sinne müs- sen noch überwunden werden. 2006 umfasste das Kader der Neurologischen Klinik neben dem Chef- arzt und Leitenden Arzt 5 Oberärzte.Hinzu kamen 10 Assistenten. Es wurden 1124 Spitalaustritte bei einer mittleren Liegezeit von 8,4 Tagen gezählt. Hinzu kamen über 7000 ambulante Behandlungen. Die Neurologische Klinik wird im Hinblick auf die Weiterbildung zum FMH-Neurologen als B-Klinik geführt und besitzt die Weiterbildungsermächti- Ulrich Buettner *1947, gung für sämtliche klinisch-neurophysiologischen Kantonsspital Aarau. Techniken. Mit der Einrichtung einer neuropsy- chologischen Abklärungsambulanz wird das letzte Bis zum Antritt von Prof. Dr. U. W. Buettner Mosaiksteinchen im Kriterienraster zur Erlangung (Abb. 3) am 1.1.1995 als Nachfolger von Prof. Dr. des sogenannten A-Klinik-Status erreicht. K. Hess leitete ad interim Dr. H. Hungerbühler Die Schwerpunkte der klinischen Arbeit der (ab 1.7.1995 Leitender Arzt) die Geschicke der Neurologischen Klinik bestehen aktuell ohne Klinik. In den folgenden Jahren ist es zu einer wei- Zweifel in der Behandlung des Schlaganfalles, der teren stetigen Entwicklung der Neurologischen Epilepsien, der Multiplen Sklerose, der Bewe- Klinik gekommen,die zumindest zum Teil auch der gungsstörungen, wobei Spezialambulanzen für raschen technisch-revolutionären Entwicklung mit Schwindel, Schmerz, Kopfschmerz, Neuroonkolo- Computertomographie,Magnetresonanztomogra- gie,Neuroimmunologie und Neuropsychologie das phie, Positronen-Emissionstomographie und zahl- Bild abrunden. reichen weiteren diagnostischen und therapeuti- Die Neurologische Klinik des Kantonsspitals schen Neuerungen zu verdanken ist. Aarau ist im Verlauf seiner kurzen Geschichte Schrittmacher der später rasanten Entwicklung immer ein Ort steter intensiver Arbeit am Patien- der Neurologie in Aarau war ohne Zweifel das ten gewesen. Der Patient stand im Vordergrund Engagement der Neurologie für neurologische und erst in zweiter und dritter Linie konnten Leh- Notfallpatienten und damit auch das zunehmende re und Forschung ein wenig Raum beanspruchen. Interesse für den Schlaganfall. Die Spitalpolitik Hierin ähneln sich meines Erachtens alle bisheri- förderte diese Entwicklung durch die konsequen- gen Verantwortlichen der Neurologischen Klinik. te Duldung von Notfallaufnahmen ohne Bindung Highlights in Form ausserordentlich guter Fort- an gewachsene Abteilungsstrukturen. Für Aarau und Weiterbildungen und Tagungen der verschie- ist die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwi- denen Fachgesellschaften, denen sich die Neuro- schen Neurologen, Internisten, Neurochirurgen, logie verbunden fühlt (SNG, SGKN, SKG, SGSS Neuroradiologen und Intensivmedizinern gerade- und SGNR), fanden in Aarau statt, wie auch zahl- zu kennzeichnend.Ein durchstrukturiertes Neuro- reiche Publikumsveranstaltungen (z.B.die jährlich zentrum oder Kopfzentrum konnte jedoch nicht wiederkehrende Brainweek), die sicher mehr als aufgebaut werden, obwohl es von den Beteiligten früher Neurologie und Hirnforschung in das Zen- ernsthaft angestrebt wurde. Die interdisziplinäre trum des Interesses eines breiten Publikums ge- Versorgung des akuten Schlaganfalls war schliess- rückt haben. lich eine zentrale Aufgabe der Neurologischen

199 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 SSN giubileo Storia del Servizio Cantonale Ticinese di Neurologia a Lugano n C. Tosi Servizio Cantonale di Neurologia, Ospedale Regionale Lugano

Fino al 1971 il Ticino non aveva neurologi. Due Sociali, aveva difficoltà a coordinarne le attività e, psichiatri, il Dr. L. Bolzani (clinica Viarnetto) e il per promuovere le specialità evitando doppioni, Dr F. Quadri (Ospedale neuropsichiatrico canto- nel 1970 consultò alcuni esperti universitari, per nale), negli anni 60–70 praticavano l’elettroence- la neurologia il Prof. M. Mumenthaler. Sulla base falografia. Nel 1971 il Dr. Bruno Simona, forma- delle sue proposte fu chiesta la creazione di un tosi a Ginevra, si stabilì a Locarno e fu consulente reparto di neurologia di 10 letti all’Ospedale Civico all’Ospedale La Carità. Per anni dedicò un giorno di Lugano, con un primario a tempo pieno, oltre ad alla settimana ai consulti negli altri Ospedali del un reparto di neurochirurgia. Ciononostante nel Cantone. Il Dr. G. Morniroli, neurochirurgo, si 1976 il Municipio di Lugano,indisse il concorso per occupava pure di neurologia e, nell’era pre TAC, un neurologo consulente. Il candidato prescelto, di esami invasivi: radiculo e mielografie, pneumo- promosso a livello universitario, rinunciò all’inca- encefalografie,angiografie carotidee con punzione rico. Seguì nel 1978 il concorso per un primario di diretta al collo. A partire dal 1975 grazie al Prof. Neurologia a tempo parziale e la scelta cadde sul G. Noseda, primario di medicina, e a donazioni Dott. Carlo Tosi. Cosciente del grande lavoro che private, l’Ospedale di Mendrisio acquisì dapprima lo aspettava chiese ed ottenne un primariato a un scintigrafo che permise scintigrafie cerebrali, tempo pieno. Iniziò nel settembre 1980 in ambula- poi un encefalografo – gli EEG venivano letti alla torio (piano terra) e nel gennaio 1981 sul reparto. clinica neurologica di Berna dalla Dr.ssa F.Borna- Disponeva di un medico assistente, di un’infra- tico! – e all’inizio degli anni 80 il primo tomografo struttura minima per ambulatorio, EEG, ENG e assiale computerizzato (TAC) del cantone. Nel Doppler e, come oggi, di 12 posti-letto. Purtroppo 1979 il prof. M. Mumenthaler trascorse parte di un non fu accolta la sua richiesta di una camera di anno sabbatico nel Luganese ed ebbe una nutrita cure continue, con cui alla clinica neurologica del consultazione settimanale all’Ospedale Italiano CHUV,con il Prof.F.Regli aveva fatto l’esperienza di Lugano. Nel frattempo, nel decennio 1970–1980 di una Stroke Unit ante litteram. Questo mise a fu costruito il nuovo Ospedale Civico (fig. 1), una lungo la neurologia in difficoltà perché l’Ospedale torre di 16 piani lungo la strada per Tesserete, in non aveva cure continue e le cure intensive, gestite sostituzione del vecchio Ospedale Civico (ora sede dalla medicina, erano costantemente occupate dell’Università) risalente al 1909 e non più fun- da pazienti con problemi coronarici. Il Servizio di zionale. La storia del nostro servizio si inserisce Neurologia avrebbe dovuto aprire con uno di neu- in questo contesto di bisogno di neurologia e rochirurgia ma il neurochirurgo prescelto rinunciò dell’apertura di un nuovo Ospedale di interesse all’incarico e fino al 1989 il neurologo dovette cantonale. occuparsi anche di patologie neurochirurgiche non La medicina pubblica ticinese si basava su traumatiche e di buona parte dei 150–200 pazienti 4 ospedali principali per i 4 distretti maggiori del ticinesi operati fuori cantone. I primi due anni Cantone, l’ospedale Italiano di Lugano e 3 ospe- furono particolarmente difficili anche perché solo dali minori. Accanto alla medicina pubblica si è nel 1982 l’Ospedale ebbe la TAC e un radiologo sviluppata in Ticino un’attività ospedaliera privata con buona formazione in neuroradiologia. Nel concentrata a Lugano e a Locarno, che ha pochi 1983 arrivò in aiuto del primario la Dr.ssa F. Bor- riscontri in Svizzera. Il Dipartimento delle Opere natico-Valsangiacomo quale capo clinica a metà tempo, con funzione di vice primario e responsa- Corrispondenza: bile dell’elettrofisiologia clinica. Il servizio trasse Dott. Carlo Tosi grande vantaggio dalle sue competenze. Servizio Cantonale di Neurologia Gli Ospedali pubblici del Cantone vennero Ospedale Regionale CH-6903 Lugano assorbiti dall’Ente Ospedaliero Cantonale, isti- e-mail: [email protected] tuito con lo scopo di amministrarne e coordinarne

200 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Figura 1 Ospedale Regionale di Lugano, Sede Civico. daliero approvò la fondazione, all’ospedale di Bellinzona, di un servizio ambulatoriale e di con- sulenza interna in neurologia,con EEG ed ENMG, quale secondo polo di un servizio cantonale di neurologia. Il Dr. P. L. Pedrazzi, che ne è capo servizio, ha regolari contatti con Lugano per i pazienti, la formazione e il servizio di picchetto. A partire dallo stesso anno il Dr. A. Marx, chirurgo vascolare, rafforzò la chirurgia carotidea, prima praticata dal Dr. L. Rondi, consulente ester- no, con una media di 30 interventi all’anno e risultati molto soddisfacenti. Dopo alcuni anni fruttuosi con formazioni, rapporti radiologici e neurooncologici comuni, ed anni problematici, nel 1998 la neurologia uscì dal Dipartimento comune con la Neurochirurgia. Nello stesso anno il Dr. G. P. Ramelli, neuropediatra, diventò Primario di Pediatria all’Ospedale di Bellinzona. Questo per- mise a Lugano di ridurre l’impegno nei casi pedia- trici. Con il suo arrivo nel 1999 il Dr. C. Staedler iniziò una proficua collaborazione con il CHUV per la chirurgia del M. di Parkinson e del tremore e all’ORL rafforzò la collaborazione con la clinica medica, il pronto soccorso e le cure intensive (CI). Nel 2000 fu aperto il Cardiocentro Ticino, struttura di punta attigua al Civico, con proprie CI, dedi- l’attività. L’Ospedale Civico e l’Ospedale Italiano cata alla cardiologia invasiva e alla cardiochirur- costituirono l’Ospedale Regionale di Lugano gia. Questo creò maggiori disponibilità nelle CI (ORL). Nel 1989 fu finalmente aperto un servizio dell’ORL per la neurologia permettendo una mi- di neurochirurgia di ottimo livello, sia nella chi- glior presa a carico dei pazienti con problemi rurgia cerebrale che del rachide (Prof. R. Renella). neurologici acuti, in particolare cerebrovascolari. Nel 1992 arrivò al Civico il primo apparecchio di Fu istituita una visita giornaliera del neurologo in risonanza magnetica. Interessi comuni portarono CI. Nel 2002 si poté ampliare l’attività ambulato- alla costituzione di un Dipartimento di Neuro- riale con 2 letti di Ospedale di Giorno. logia/Neurochirurgia/ORL con un picchetto unico Nel 2003 prime chiusure percutanee dei difetti dei medici assistenti. Il Laboratorio di Elettro- del setto interatriale al Cardiocentro, su indica- fisiologia Clinica fu ampliato e grazie a donazioni zione del neurologo. Nel 2005 il Prof. Marx fu dotato di un video-elettroencefalografo per EEG sostituito dal Prof. R. Rosso quale primario di di lunga durata e di un polisonnografo. La Dr.ssa chirurgia e chirurgo vascolare. Il coinvolgimento Bornatico (dal 1989 vice primario) diede così il via del neurologo nel trattamento chirurgico o endo- ad uno dei primi Centri di medicina del Sonno vascolare delle stenosi carotidee fu ulteriormente accreditati in Svizzera. Iniziò pure una collabora- rafforzato. I risultati del team che si è nel frattem- zione per le malattie e biopsie muscolari con il Cen- po formato, sono molto favorevoli. tro specializzato dell’Ospedale Maggiore (Policli- Nell’autunno 2006 la Dr.ssa F. Bornatico-Val- nico) di Milano. Nel 1994 vi furono i primi esami sangiacomo, responsabile del servizio di elettro- di stimolazione magnetica, le prime applicazioni di fisiologia clinica e dal 1989 vice primario, ha la- C-PAP, e le prime terapie con tossina di botulino sciato questi incarichi, continuando l’attività nel da parte della Dr.ssa Bornatico. Il Prof. Martinoli servizio quale medico aggiunto e responsabile e il Dr. Kuhrmeier fecero le prime timectomie del Centro di medicina del Sonno. Il suo posto è endoscopiche svizzere. stato assunto dal Dr. C. Gobbi, con il ruolo di capo Gli Ospedali di Locarno e Mendrisio dispone- servizio, coadiuvato dalla Dr.ssa M. Raimondi, vano di un neurologo consulente. Quello di Bellin- capo clinica. Sono responsabili, con il dr. G. P. zona non aveva neurologi e i distretti di Bellinzo- Ramelli, neuropediatra, del Centro per le malattie na e valli ne erano sprovvisti. La neurologia di muscolari della Svizzera Italiana, promosso dalla Lugano non era in grado di soddisfare le necessità ASRIM e dalla SGMK, in fase di realizzazione dei colleghi di Bellinzona. Nel 1997 l’Ente Ospe- con sede all’Ospedale di Bellinzona per i giovani

201 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Figura 2 Attività Servizio Cantonale di Neurologia (dal 1997 Lugano ed a Lugano per gli adulti. Il Dr. Gobbi ha inol- e Bellinzona). tre istituito dall’ottobre 2007 una consultazione specializzata per la sclerosi multipla. Fu inoltre attuato con i neurochirurghi, un programma per la terapia intratecale della spasticità con Baclofene. Nell’ottobre 2007 il progetto «Stroke Unit Ticino» dell’Ente Ospedaliero Cantonale, elaborato da una commissione interospedaliera guidata dal Dr. Staedler, è stato approvato dalle autorità com- petenti. Sarà operativo nel corso del 2008, con un ruolo centrale attribuito all’Ospedale e al servizio di neurologia di Lugano. La neurologia è ora inserita, con un posto di rilievo, nel dipartimento di medicina. Vi sono un gran numero di pazienti e di problemi in comune con la medicina e c’è la necessità di una buona col- laborazione in Pronto Soccorso. Questo abbina- mento è molto positivo per un Ospedale di queste dimensioni. Figura 3 Attività Servizio Cantonale di Neurologia (dal 1997 Lugano e Bellinzona). L’evoluzione quantitativa delle principali atti- vità del servizio cantonale di neurologia, che copre un’utenza di 350 000 persone, è indicata nelle figure 2–5, quella del corpo medico nella tabella 1. Fin dai primi anni 80 il reparto ha curato in media 450 pazienti all’anno (fig.2) con una degenza media di 8,5–9 giorni e un’occupazione superiore al 90%. La casistica è cambiata nel corso degli anni per diversi motivi: l’apertura del servizio di neuro- chirurgia che ha assorbito a partire dal 1989 i pazienti con problemi degenerativi del rachide, i sanguinamenti e i tumori cerebrali; una neuro- radiologia diagnostica sempre meno invasiva; il rafforzamento dell’ambulatorio e l’Ospedale di Giorno che favoriscono il trattamento ambula- toriale dei pazienti non così gravi da essere ospe- dalizzati; l’affermazione del ruolo centrale del neurologo nelle affezioni cerebrovascolari. Di conseguenza, a parità di pazienti trattati, la casis- tica di degenza è divenuta più impegnativa, sono diminuite le degenze programmate ed aumentate le urgenze e semiurgenze. Nel corso degli anni vi Figura 4 Attività Servizio Cantonale di Neurologia (EEG ed ENMG dal 1997 Lugano e Bellinzona). è stato un progressivo aumento dell’attività am- bulatoriale (fig. 3), a partire dal 1999, un forte aumento dei consulti ospedalieri (fig. 2), in parte dovuto al fatto che sovente i letti di neurologia sono insufficienti e pazienti con problemi neuro- logici devono essere seguiti dai neurologi quali consulenti sui reparti di medicina. Negli ultimi anni vi è stato un netto aumento degli esami neurosonologici e degli ENMG (fig. 4). Questo incremento di attività è avvenuto nonostante l’au- mento del numero di neurologi in pratica privata da 2 nel 1981, a 3 nel 1983, a 4–5 tra il 1989 e il 1997, a 6–7 in seguito e l’arrivo di 2 neurologi nel 2002–2003 alla Clinica Hildebrand di Brissago (tab.2). Fin dalla sua apertura il servizio di Lugano

202 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Figura 5 Attività Servizio Cantonale di Neurologia. neurologia, e per la formazione in elettrofisiologia clinica e in neurosonologia. Ha un posto centrale nella cura dei pazienti della Svizzera Italiana con problemi neurologici e nella formazione. 130 can- didati medici e 69 medici assistenti, per lo più ticinesi, hanno lavorato nel servizio di Lugano, 13 di loro per la formazione FMH in neurologia e neurofisiologia clinica, di cui 4 dei 7 neurologi attualmente attivi in pratica privata nel cantone. Il servizio ha contribuito ai corsi di formazione dell’Ordine dei Medici e dei vari Circoli Medici e istituzionalizzato un incontro mensile con i neuro- logi del cantone basato sulla casistica o su confe- renze monotematiche.A partire dal 2000 il servizio ha coadiuvato il Prof. F. Regli e il Dr. F. Donati, nelle manifestazioni della Settimana del Cervello. Il servizio collabora strettamente per la neuro- dovette comunque battersi per l’adeguamento riabilitazione con la clinica Hildebrand di Brissago, del personale medico (tab. 1) (ma anche tecnico e potenziata dal Dr. F. Conti, direttore medico dal di segretariato) alle crescenti necessità. Negli anni 2002.Ha buoni rapporti con le altre cliniche neuro- 80 il problema era soprattutto quantitativo: due logiche svizzere. Dal 1995 al 2004 ebbe riunioni specialisti con una buona formazione di base pote- annuali di casistica con le cliniche neurologiche di vano ancora garantire un’attività clinica ed elettro- Berna e di Losanna. Il Dr. Staedler ha contatti fisiologica di buon livello. Da una decina d’anni, regolari con il servizio di neurologia del CHUV di senza un minimo di specialisti con formazione Losanna quale medico aggiunto e il Dr. Gobbi, complementare questo non è più possibile. Nono- nello stesso ruolo, con il servizio di neurologia stante i progressi diagnostici e terapeutici, far neu- di Basilea. La collaborazione con la clinica neuro- rologia, e medicina in genere, è ora più complicato logica del Policlinico di Milano per le malattie e richiede più risorse. Sono stati particolarmente muscolari, inaugurata nel 1993 dal Prof. N. Bre- duri gli anni 2000–2005 durante i quali nonostante solin, che ne è divenuto direttore, continua con il il forte aumento del lavoro e ripetute richieste ba- Prof. Giacomo Comi e la Dr.ssa Raimondi. Il ser- sate sui confronti con le altre cliniche neurologiche vizio Luganese ha partecipato all’organizzazione svizzere, il personale medico non è stato poten- dei 3 congressi che la Società Svizzera di Neurolo- ziato. La situazione si è sbloccata a partire dal gia ha tenuto al Palazzo dei Congressi di Lugano 2005 anche grazie alla legge delle 50 ore dei capi nel maggio 1984 e 2000 e dal 30.5. al 2.6.07, gli ulti- clinica e medici assistenti.Ora il servizio di Lugano mi due con la Società Svizzera di Neurofisiologia dispone,tra quadri e medici assistenti,di un gruppo Clinica. di collaboratori consistente, ma ancora insufficien- La Dr.ssa Bornatico è presidente della Com- te per coprire le necessità.L’aumento del personale missione di accreditamento della Società Svizzera medico,tecnico e amministrativo lo ha sempre con- di Medicina del Sonno (SGSSC). Quale membro frontato con la difficoltà di trovare nuovi spazi. del comitato della Società Svizzera per lo studio Furono ottenuti alcuni studi medici in più nel delle Cefalee partecipò all’organizzazione della piano dell’ambulatorio ma l’Ospedale ora non riunione italo-svizzera sulle cefalee di Lugano ha più riserve. Si spera di migliorare la logistica del 1992 e al Congresso Svizzero delle cefalee di con la ristrutturazione dell’Ospedale prevista nel Lugano del 1995. Quale membro del consiglio corso del prossimo decennio. La tabella 2 elenca i medico della Società Svizzera di Sclerosi Multipla, neurologi attivi in Ticino. si è occupata dei 2 gruppi ticinesi di pazienti con Il Servizio Cantonale di Neurologia è ricono- questa malattia. Questo ruolo è ora assunto dal sciuto quale clinica B per la formazione FMH in Dr. Gobbi, che l’ha sostituita nel consiglio medico.

Tabella 1 Numero dei medici del servizio cantonale di neurologia dalla fondazione (dal 1997 Lugano e Capo Servizio Bellinzona). 1981 1983 1986 1993 1995 1997 1998 2005 2006 2008

specialisti FMH 1 11⁄2 13⁄4 13⁄4 34455*5* assistenti 1123223345 * + 1 medico aggiunto dall’ottobre 2006

203 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Il Dr. Staedler è nel comitato del gruppo svizzero cantone, 5 degli 8 di questo servizio. Loro ed altri di lavoro per le malattie cerebrovascolari e nel neurologi ticinesi, il Prof. C. Bassetti, che continua consiglio medico dell’Associazione Svizzera M. a tener alto il nome del Ticino in ambito accade- di Parkinson, ed è riferimento per il gruppo dei mico, il Dr. F. Donati, medico capo della neuro- pazienti ticinesi. La Dr.ssa Raimondi è referente logia di Bienne, il Dr. G. Foletti, direttore della medico per gli adulti affetti da malattie muscolari. clinica epilettologica di Lavigny,i dott. M. Siccoli e Con questo testo, i dati statistici e le tabelle che A. Rossetti delle cliniche neurologiche di Zurigo e ne sono parte integrante, si è voluta tracciare una Losanna hanno partecipato alla formazione conti- cronistoria del servizio cantonale di neurologia nua dei neurologi, degli internisti e dei generalisti con uno sguardo sul passato e sul presente della del cantone. Dal Prof. Regli il sottoscritto, dal Prof. neurologia ticinese. Ne emerge il ruolo sempre Mumenthaler la Dr.ssa Bornatico,che condivide la più importante ed insostituibile che la neurologia storia del servizio Luganese,ebbero negli anni della ha assunto anche nella medicina ticinese negli ulti- formazione la costante dimostrazione dell’impor- mi 30 anni. A questa evoluzione della neurologia tanza dell’approfondimento clinico che nonostan- in una specialità importante sia per condizioni te lo sviluppo tecnologico, resta fondamentale. Il rare che per la medicina di tutti i giorni, hanno primariato dell’autore di questo rapporto termi- molto contributo il Prof. F.Regli, ticinese, e il Prof. nerà entro fine 2008. E da sperare che il successore M. Mumenthaler, legato al Ticino.Appartengono a continui a valorizzare questo tipo di neurologia questa storia. Hanno formato 12 dei 19 neurologi e lo spirito di servizio su cui fu sempre impostata che hanno svolto o svolgono la loro attività nel l’attività del servizio di neurologia di Lugano.

Tabella 2 Neurologi attivi in Ticino nel presente e nel passato. specialisti FMH del Servizio di neurologia, qualifica e mansioni principali

Dr. Carlo Tosi, primario dalla fondazione. Neurologia clinica sul reparto e ambulatorio. Dr.ssa Fiammetta Bornatico-Valsangiacomo, responsabile elettrofisiologia clinica. Capo clinica 1983–1988, vice primario 1989–2006. Ora medico aggiunto e responsabile del Centro di medicina del Sonno. Sonnologia clinica ed esami strumentali di lunga durata. Dr. Claudio Staedler, Capo clinica 1999–2002, poi Capo Servizio. Medico aggiunto Clinica neurologica di Losanna. Pronto soccorso, cure intense, ambulatorio, neurosonologia, malattie del movimento. Reparto in mia assenza. Progetto «Stroke Unit Ticino». Dr. Claudio Gobbi, Capo Servizio di elettrofisiologia clinica dall’ottobre 2006. Medico aggiunto alla Clinica neurologica di Basilea. Elettrofisiologia clinica, ambulatorio, neurosonografie, consulti ospedalieri, polineuropatie, neuroimmunologia, sclerosi multipla. Dr.ssa Monika Raimondi, Capo clinica dal 2004. Elettrofisiologia clinica. Ambulatorio, malattie muscolari, sonnologia. Dr. Pierluigi Pedrazzi, Capo Servizio nella sede di Bellinzona dal 1997. Ambulatorio, consulti ospedalieri, EEG, EMG. Dr. Luca Bernasconi, Capo clinica 1996–1997. Ambulatorio, elettrofisiologia clinica. Dr. Giorgio Bianchi, Capo clinica 1997–1999. Ambulatorio, elettrofisiologia clinica.

neurologi della Clinica Hildebrand

Dr. Fabio Conti, Direttore medico dal 2002. Dr. Daniel Zutter, Capo Servizio dal 2003.

neurologi in pratica privata

Dr. Bruno Simona†, Locarno. Consulente Ospedale Locarno 1971–1995 Dr. Renzo Solari†, Lugano 1981–1986 Dr. Claudio Bonetti, Mendrisio e Bellinzona. Consulente Ospedale Mendrisio dal 1983 Dr.ssa H. Wolf Pagani, Lugano 1987–2000 Dr. Giampiero Pagani, Lugano 1989–2000 Dr. Marco Ferrazzini, Locarno. Consulente Ospedale Locarno dal 1990 Dr. René Wullimann, Lugano dal 1996 Dr. Luca Bernasconi, Mendrisio. Consulente Ospedale Mendrisio dal 1997 Dr. Marc Emmenegger, Agno dal 1997 Dr. Giorgio Bianchi, Lugano dal 1999 Dr. Jörg Karau, Giubiasco dal 2003 Dott. Pamela Agazzi e Chiara Zecca, medici assistenti dal 2005 e 2007. Specialità Italiana con riconoscimento FMH.

204 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 SNG-Jubiläum Die Geschichte der Klinik für Neurologie am Kantonsspital St. Gallen n B. Weder, B. Tettenborn Neurologische Klinik, Kantonsspital St. Gallen

Die Stadt St. Gallen hat eine lange Spitaltradition, mit Abteilungen für Innere Medizin, Chirurgie, wie dem legendären Klosterplan aus dem Jahre Gynäkologie und Augenkrankheiten sowie «Ab- 820 zu entnehmen ist. In diesem Klosterplan ist sonderungsstellen» für infektiös Erkrankte.Später eine bis ins einzelne skizzierte Spitalabteilung im kamen eine Ohren-Nasen-Halsklinik und ein In- Innern des Klosterareals mit angeschlossenem stitut für Pathologie, ursprünglich als Prosektur Arzneikräutergarten enthalten. Abt Otmar (719– bezeichnet, hinzu. Die klinische Neurologie trat 759) erbaute nicht weit vom Kloster ein Spital und in dieser Zeit wenig in Erscheinung. Sie hatte legte gemäss Schilderung in «Vita Sancti Otmari» ihre Vertreter an den Medizinischen Fakultäten, selbst Hand in der Pflege der Kranken an. Diese wenngleich ihre Position auch dort als eigen- Spitaltradition wurde von der mittelalterlichen ständiges Fach lange und zum Teil heftig bestritten Stadt fortgeführt. Primär fühlte sich die Stadt zu wurde. einer Institution für ihre Bürger verpflichtet. In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts Einerseits führte diese Tradition zum aktuellen setzte eine zunehmende strukturelle Differenzie- Bürgerspital, welches im Besitz der Ortsbürger- rung in der Inneren Medizin ein, welche auch die gemeinde der Stadt verblieb, mit heute ange- theoretischen und praktischen Aspekte der Neu- schlossener Geriatrischer Klinik. Andererseits rologie berührte. 1954–1958 war Robert Hegglin ergab sich die Notwendigkeit für den Unterhalt Chefarzt der Medizinischen Klinik am Kantons- einer Krankenanstalt für Fremde, die sich in der spital St. Gallen, der Begründer des Standardwer- Stadt niedergelassen hatten,sowie für Dienstboten kes «Differentialdiagnose innerer Krankheiten». der Bürger. Die Gründung des Kantonsspitals Die erste Auflage (1952) enthält bereits ein neuro- St. Gallen im Jahr 1873 steht in dieser Tradition logisches Kapitel über «Bewusstseinsverlust», spä- als Spital, welches auch Nicht-Stadtbürgern offen ter kam eines über «Lähmungen der willkürlichen steht. Der junge Kanton hatte sich nach seiner Bewegungen» hinzu. Es war die Zeit des Über- Gründung im Jahre 1803 mit dem Aufbau einer ganges zum eigenständigen Fach, als die klinische solchen Institution schwergetan. Die Realisierung Neurologie in der Praxis weitgehend von der In- war letztlich ein Hauptverdienst von Laurenz Son- neren Medizin vertreten wurde. Theodor Weg- deregger, Landarzt und Präsident des kantonalen mann, 1958 Nachfolger von Robert Hegglin, war Ärztevereins, der sich vehement für eine adäquate während seiner Ausbildung in Zürich durch Kon- Versorgung der Landbevölkerung einsetzte und takte mit Mieczyslaw Minkowski und Fritz Lüthi unermüdlich auf bestehende Defizite hinwies.Lau- für neurologische Fragestellungen sensibilisiert renz Sonderegger war auch auf eidgenössischer worden. Sein besonderes Interesse galt den infek- Ebene aktiv, Präsident des ärztlichen Central tiös-entzündlichen Erkrankungen des zentralen Vereins, der Vorläuferorganisation der FMH, Nervensystems. 1961 wurde von ihm zur Erwei- und in dieser Funktion Initiant für die Schaffung terung der diagnostischen Möglichkeiten am eines Gesundheitssekretärs im Departement des Kantonsspital die Elektroenzephalographie ein- Innern. geführt. Die Befundung erfolgte durch auswärtige Die Struktur des Kantonsspitals war in den Fachärzte. Die differenzierte Auswertung der ersten 80 Jahren seines Bestehens relativ einfach Hospitalisation von Patienten, kategorisiert nach klinischen Problemen, ergab zu jener Zeit noch eine Liegedauer von 35 Tagen für Patienten mit Korrespondenz: neurologischen Krankheitsbildern. Prof. Dr. med. Barbara Tettenborn Ende der 1960er Jahre befasste sich der Re- Neurologische Klinik gierungsrat eingehend mit Strukturfragen des Kantonsspital CH-9007 St. Gallen Kantonsspitals und beschloss in diesem Zusam- e-mail: [email protected] menhang die Erweiterung des medizinischen An-

205 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 gebotes durch die Gründung einer Neurochirur- OPOS, der Ostschweizerischen Pleoptik- und gisch-Neurologischen Klinik. Somit erhielt die Orthoptikschule. Diese primär von einer privaten Ostschweiz erstmalig ein eigenständiges Neuro- Trägerschaft geführte Institution wurde 1987 im zentrum.Die neugeschaffene Klinik nahm den Be- Rahmen einer strukturellen Redimensionierung trieb am 1.1.1970 unter der Leitung von Gerhard von der Augenklinik übernommen und wird seither Weber – erster Oberarzt der Neurochirurgischen als Abteilung für Schielbehandlung und Neuro- Klinik des Universitätsspitals Zürich unter Hugo ophthalmologie geführt. Krayenbühl – auf. Ihr Schwerpunkt lag auf der Unter Eberhard Ketz hatte die Klinik für Neu- neurochirurgischen Versorgung von Patienten mit rologie unter anderem einen Schwerpunkt in der Hirnverletzungen, Hirntumoren und Diskusher- klinischen Epileptologie.Zur gleichen Zeit wurden nien. Die Aufgaben umfassten entsprechend der wesentliche Fortschritte in der immunologischen Klinikbezeichnung auch die Diagnostik und The- und serologischen Diagnostik erzielt. Die Instal- rapie neurologischer Leiden. Zur Stärkung dieses lation eines Ganzkörpertomographen 1981 im Teilbereiches wurde 1972 ein Institut für Elek- Institut für Radiologie war für die Neurofächer troenzephalographie, Elektromyographie und kli- von besonderer Bedeutung. Die Evozierte-Poten- nische Neurophysiologie der Klinik angegliedert tiale-Technik wurde etabliert und hatte damals und der Leitung des Neurologen Eberhard Ketz einen wichtigen Stellenwert, vor allem in der Dia- anvertraut. Das Institut war die logische Fortset- gnostik der Multiplen Sklerose. Es wurde das erste zung und Erweiterung der bis dahin in die Medi- Dopplerlabor eingerichtet, mit Integration des zinische Klinik integrierten EEG-Station, wel- gepulsten Dopplers in die Diagnostik des extra- che zu jenem Zeitpunkt nebenamtlich von Oscar und intrakraniellen Hirnkreislaufes. 1986 wurde Stähli, einem in der Stadt niedergelassenen Neu- die erste Ganznachtpolysomnographie bei einem rologen, geleitet wurde. Auch die klinisch-neuro- Patienten mit schwerem Schlafapnoesyndrom logische Tätigkeit wurde mit der Bildung dieses abgeleitet. Institutes im Rahmen der stationären und ambu- Auf den 1.1.1989 trat der aus Bern kommende lanten Konsiliartätigkeit intensiviert. Die verbes- Hans-Peter Ludin die Nachfolge von Eberhard serte apparative Diagnostik von peripher-neuro- Ketz in der Klinikleitung an. Als international logischen Krankheitsbildern ermöglichte den ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der kli- Aufbau eines damals neuen Arbeitsgebietes, der nischen Elektrophysiologie baute er diesen Zweig chirurgischen Versorgung peripherer Nervenläsio- mit der Einführung der transkraniellen Magnet- nen durch den Neurochirurgen Arnaldo Benini. stimulation und Erweiterung der elektromyo- 1976 trat Gerhard Weber von der Leitung graphischen Diagnostik aus. Das Neurosonogra- der Neurochirurgischen-Neurologischen Klinik phie-Labor erhielt durch die Anschaffung eines zurück.Ihm wurde vom Regierungsrat die Aufgabe Farbduplexgerätes 1990 optimierte Untersu- übertragen, die Frage des Aufbaus einer Medizi- chungsmöglichkeiten. Eine entscheidende Neue- nischen Akademie am Kantonsspital St. Gallen zu rung für die neurologische Diagnostik war 1991 prüfen. Aufgrund der rasanten Entwicklung und die Aufschaltung des Ganzkörper-Kernspintomo- der fachlichen Ausweitung der Aufgaben erfolgte graphen im Institut für diagnostische Radiologie. die Aufteilung in eine Klinik für Neurologie und Diese Aufzählung suggeriert eine ungebremste eine Klinik für Neurochirurgie. Die Leitung der Ausweitung diagnostischer Leistungen durch den Klinik für Neurologie übernahm Eberhard Ketz, Einsatz moderner Untersuchungsmethoden.Hans- jene für Neurochirurgie Friedbert Scharfetter. Der Peter Ludin begegnete diesen Intentionen durch Zeitpunkt fiel mit der Fertigstellung des markan- Betonung der Wichtigkeit des von klinischen Deu- ten Hochhauses 04 zusammen, in das die Kliniken tungen geleiteten Untersuchungsganges. für Augenkrankheiten,Hals-Nasen-Ohren-Krank- Die therapeutischen Fortschritte in der klini- heiten und Gesichtschirurgie sowie die neugegrün- schen Neurologie signalisierten schon seit langem deten Kliniken für Neurochirurgie und Neurologie einen Paradigmawechsel in der klinischen Neuro- einzogen. Es war bei dieser Fachkonstellation ein logie: Aus einem primär diagnostisch ausgerich- Kopfklinikum entstanden, das eine enge interdis- teten Fach mit von Angehörigen anderer Fach- ziplinäre Kooperation mit sich brachte und auch disziplinen oft angeprangertem therapeutischem spätere departementale Restrukturierungen inner- Nihilismus wurde immer mehr ein Fachgebiet mit halb des Kantonsspitals überstand. Eine Logopä- zahlreichen auf den Ergebnissen logischer Dia- die war bereits seit 1973 in der Abteilung für gnostik beruhenden therapeutischen Optionen. Gehör-, Sprach- und Stimmheilkunde integriert. Fortschritte in den Behandlungsmöglichkeiten Auf dem Gebiet der gestörten Okulomotorik be- zeigten sich praktisch in allen Bereichen. Bei- stand seit längerem eine Kooperation mit der spiele dafür sind die zerebrovaskulären Krank-

206 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 heiten, die Parkinsonsche Krankheit, die Multiple urgie werden in der Sprechstunde für Parkinson Sklerose, die Myasthenia gravis, die Epilepsie, die und Bewegungsstörungen Patienten für die Tie- verschiedenen Kopfschmerzsyndrome und die fenhirnstimulation ausgewählt und nachbetreut. Schlafstörungen. Die stetige Orientierung an den Wachstum von Institutionen beinhaltet aber auch therapeutischen Fortschritten war ein besonde- die Tendenz zur Abgrenzung neuer Zweige. Mit res Anliegen von Hans-Peter Ludin, vor allem in der Verselbständigung einer «ALS-Clinic» für die seinem präferierten Spezialgebiet des Parkinso- Betreuung der Patienten mit amyotropher Late- nismus. Dies schloss auch die Professionalisierung ralsklerose hat die Klinik im Jahre 2006 dies auch des Pflegedienstes sowie die Integration von Phy- schon erlebt. siotherapie und Ergotherapie mit ein. Anfang Immer wichtiger wird die interdisziplinäre der 1990er Jahre wurde die Behandlung fokaler Zusammenarbeit mit den angrenzenden Kliniken Hyperkinesien mittels lokaler Botulinustoxin-Be- und Fachbereichen.Neben der täglich integrierten, handlung eingeführt. Schliesslich kam die Integra- sehr engen Kooperation mit der Radiologie/ tion der klinischen Neuropsychologie mit konti- Neuroradiologie haben sich zahlreiche gemein- nuierlichem Ausbau dieses spezialisierten Fach- same Besprechungen und Fortbildungsveranstal- bereiches hinzu. tungen fest etabliert, unter anderem mit der Die Digitalisierung der Untersuchungsbefunde Rheumatologie, der Orthopädie und Sportmedi- und die elektronische Datenverarbeitung verän- zin, der Neuro-Ophthalmologie, der Kardiologie, derten die Untersuchungsgänge und den Umgang der Anästhesie,der Neurochirurgie,der Logopädie mit den erhobenen Befunden nachhaltig. Dies und der Physiotherapie. erleichterte operatives Monitoring mittels elek- Seit jeher wurde der Fort- und Weiterbildung trophysiologischer Methoden vorerst bei spinalen der Klinikärzte, der Allgemeinpraktiker und der Eingriffen, später auch während der Karotisend- Fachärzte aus der Region viel Beachtung ge- arteriektomien. schenkt. Im Rahmen eines strukturierten Weiter- Am 1.10.1999 trat Barbara Tettenborn die bildungskonzeptes werden die Assistenzärzte kon- Nachfolge von Hans-Peter Ludin als Klinikleiterin tinuierlich von der basalen Ausbildung an die an. Ursprünglich aus Berlin kommend, hatte sie Bewältigung komplexer, fachspezifischer Fragen ihre neurologische und wissenschaftliche Ausbil- herangeführt.Am 1.1.2004 war die Klinik für Neu- dung zuvor in Mainz und Boston mit den Schwer- rologie am Ziel eines lange gehegten Wunsches punkten Neurophysiologie, Hirnstammischämien angekommen: Sie erhielt die Anerkennung als und Epileptologie absolviert. Sie trieb auf der be- A-Klinik-Weiterbildungsstätte mit voller Ausbil- reits gelegten Basis den Ausbau der personellen dungsberechtigung in klinischer Neurologie. Der und materiellen Infrastruktur mit dem Ziel einer Weg zur Zentrumsklinik wurde nicht zuletzt auch vollausgebauten Zentrumsklinik zügig voran. Ne- dadurch ermöglicht, dass die Geschäftsleitung ben der allgemeinen Sprechstundentätigkeit in der des Kantonsspitals auch ausserhalb des neuro- Ambulanz wurden Spezialsprechstunden einge- logischen Fachbereiches die Strukturen für die richtet.Aus den neurophysiologischen Laboratori- notwendigen fachlichen Verknüpfungen schuf. en (EEG-Labor, EMNG-Labor, Doppler-Labor) Grundvoraussetzung war aber auch der Wille zur gingen die Epilepsiesprechstunde, die neuro- Innovation. Die Teilnahme an zahlreichen multi- muskuläre Sprechstunde,die Botulinustoxinambu- zentrischen Therapiestudien ermöglichte die Inte- lanz und die neurovaskuläre Ambulanz hervor. gration von neuem «Know-how». Es kam die Be- Hinzu kamen Sprechstunden für Parkinson und reitschaft zur Forschung hinzu,welche nicht zuletzt Bewegungsstörungen, für Multiple Sklerose und durch die Teilnahme an und die Zusprechung von Kopfschmerzen. Die Elektroenzephalographie Schweizer Nationalfonds-Projekten im Bereich wurde durch das kombinierte EEG/Videographie- funktionelle Bildgebung, Multiple Sklerose und Langzeitmonitoring erweitert.Im neugeschaffenen Morbus Parkinson ausgezeichnet wurde. Zentrum für Schlafmedizin partizipieren die Klinik Im Verlauf der ersten 30 Jahre ihres Bestehens für Neurologie, die Fachbereiche für Pneumolo- erlebte die Klinik eine stetige Expansion bei gie und Psychosomatik sowie die HNO-Klinik zunehmender Subspezialisierung innerhalb des als gleichberechtigte Partner. Nach jahrelanger Fachbereiches. Die Ansprüche auf dem Weg zur Vorbereitung und Teilnahme an internationa- Zentrumsklinik waren entsprechend hoch. Es len, multizentrischen Studien in der Akuttherapie zeichnet sich bereits jetzt ein weiteres Wachstum wurde am 1.4.2005 eine Stroke-Unit mit inter- der Klinik bei zunehmenden effektiven Therapie- disziplinärem Stroke-Team unter der Leitung des angeboten neurologischer Krankheitsbilder ab. Neurologen Bruno Weder eröffnet. In einem ge- Sicherlich werden die interdisziplinären Inter- meinsamen Projekt mit der Klinik für Neurochir- aktionen notwendigerweise ansteigen, um fach-

207 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 lich hoch qualifizierte Leistungen erbringen zu Literatur können. Das Aufrechterhalten einer einheitlichen Klinik für Neurologie bleibt dabei trotz aller Wegelin C. Geschichte des Kantonsspitals St. Gallen. St. Gallen: Fehr’sche Buchhandlung; 1953. Subspezialisierungen innerhalb des Fachgebietes oberstes Ziel. Patscheider H. Das Kantonsspital St. Gallen 1953–1988. Hg. von Staatsarchiv und Stiftsarchiv St. Gallen 1991. Jahresberichte des Kantonsspitals St. Gallen 1985–2006.

208 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 SNG-Jubiläum Entwicklung der Elektroenzephalographie und Epileptologie in der Schweiz n K. Karbowski Muri b. Bern

Die klinische Elektroenzephalographie – 1929 von zeichnungen des Patienten und seiner EEG-Kurve Hans Berger entdeckt [1] – erlebte weltweit, die sowie durch Langzeitregistrierungen mittels Tele- Schweiz inbegriffen, ihre Sternstunden in den metrie oder tragbarer Magnetbandkassette ver- Fünfziger- und Sechzigerjahren des 20. Jahrhun- feinert. derts. Sie war jahrzehntelang die einzige nicht Die erste klinische EEG-Station in der Schweiz eingreifende Untersuchungsmethode zur – indi- wurde im Frühjahr 1948 in der Schweizerischen rekten – Diagnostik intrakranieller raumforden- Anstalt für Epileptische in Zürich, dank dem der Prozesse und anderer groborganischer zere- Engagement des damaligen Chefarztes Dr. Fried- braler Leiden. Seit der Einführung in die Klinik rich Braun (1892–1954), eingerichtet. Sein Nach- der computerisierten Hirntomographie zu Beginn folger Dr. Hans, alias Heinrich, Landolt (1917– der Siebziger- und der Kernspintomographie 1971) erreichte einen internationalen Ruf dank (MRI) in den Achtzigerjahren hat das EEG auf seiner fundamentalen Arbeiten über Temporal- diesem Gebiet an Bedeutung wesentlich verloren. lappen-Epilepsie und ihre Psychopathologie [2], Dabei muss man berücksichtigen, dass die Elek- über epileptische Dämmer- und Verstimmungs- troenzephalographie, welche die kortikalen bio- zustände [3], insbesondere aber dank seiner Ent- elektrischen Makropotentiale erfasst und visuali- deckung,dass es bei solchen mit produktiv-psycho- siert und die Funktionen eines «Seismographen» tischer Symptomatik häufig zu einer Normali- der Hirnrinde ausübt, bei der Exploration der sierung des vorher (und nachher) pathologischen, Hirnaffektionen andere Aufgaben als die neuro- Spitzenpotentiale aufweisenden, EEG kommt [4]. radiologischen Methoden erfüllt. Diese «anderen Der Begriff einer «forcierten Normalisierung» ist Aufgaben» sind nach wie vor bedeutungsvoll. Die weltweit mit dem Namen von Landolt verbunden. tägliche Erfahrung bestätigt, dass es kein Alter- Von seinen Nachfolgern ist vor allem der medizi- nativverfahren zum EEG gibt, welches gestattet, nische Direktor in den Jahren 1978–1993, Prof. die epileptische Genese z.B. eines Dämmerzustan- Mainrad Egli (1938–2005), ein Schüler von Prof. des, einer kurzen Verwirrtheit bzw. einer «Denk- R. Hess, zu erwähnen. Er publizierte u.a. Arbeiten pause» oder – vor allem bei Neugeborenen – einer über axiale Spasmen bei Patienten mit sekundär Apnoe oder einer Pupillenerweiterung zu be- generalisierter Epilepsie [5], über die Signifikanz weisen. Ebenso nützlich erweist sich das EEG bei [6] der «rhythmic mid-temporal discharges» (psy- einer Reihe nichtepileptischer Leiden, insbeson- chomotor variant patterns) und über die soge- dere der Panenzephalitis van Bogaert, der Creutz- nannten «epileptischen Synkopen» [7]. feldt-Jakobschen Erkrankung und der Herpes-sim- Eine EEG-Station in der Neurochirurgischen plex-Enzephalitis sowie bei der Diagnose und Universitätsklinik in Zürich – in der auch Patien- Prognose unklarer komatöser Zustände.Das EEG ten der Psychiatrischen Klinik und während eini- gewann ebenfalls an Bedeutung bei der Diagnostik ger Jahre des Kinderspitals untersucht wurden – des Schlafapnoe-Syndroms bei Erwachsenen und wurde im Herbst 1948 unter Leitung von Dr. (spä- bei der Untersuchung von Säuglingen und Klein- terer Professor) Rudolf Hess (Abb. 1) eröffnet. kindern mit Risiken eines plötzlichen Hirntodes. Er hat vorgängig seine EEG-Grundausbildung im In den letzten Jahrzehnten wurde die EEG-Dia- National Hospital in London bei W. A. Cobb und gnostik durch videographische Doppelbildauf- E. A. Carmicheal sowie bei W. G. Walter in Bristol erworben und sich später, 1953/54, während 6 Monaten in Montreal bei H. Jasper weitergebildet. Korrespondenz: Die EEG-Station von Prof. Hess, die später der Prof. Dr. med. Kazimierz Karbowski Neurologischen Klinik unterstellt und 1972 als Waldriedstrasse 54 CH-3074 Muri b. Bern ein Institut für Elektroenzephalographie ver- e-mail: [email protected] selbständigt wurde, bildete eine Ausbildungsstätte

209 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Abbildung 1 Prof. Rudolf Hess im Jahre 1952, in dem von ihm geleiteten sche Messungen, das Schlaf-EEG und im Rahmen EEG-Labor der Neurochirurgischen Universitätsklinik in prächirurgischer Abklärung kortikographische Zürich. Fotografie freundlicherweise zur Verfügung gestellt von seinem Sohn Prof. Christian W. Hess. Registrierungen sowie ab den Siebzigerjahren intrazerebrale stereo-elektroenzephalographische Ableitungen (Stereo-EEG) statt. Mit dem Stereo- EEG hat sich dort anfänglich Dr. Christoph Ber- noulli und nachher Dr. (späterer Professor und Nachfolger von Prof. Hess) Heinz Gregor Wieser befasst. Der letztere entfaltet eine rege Aktivität sowohl im Dienstleistungs- als auch im wissen- schaftlichen Sektor, hat zahlreiche internationale Symposien organisiert und wesentlich zu der ope- rativen Epilepsiebehandlung beigetragen. Dies insbesondere dank der – gemeinsam mit dem Neurochirurgen Mahmut Gazi Yasargil entwickel- ten – «selektiven Amygdala-Hippokampektomie» [10]. Von seinen anderen Arbeiten sind vor allem die vom Jahre 2003 über «Musik und Gehirn» [11], vom Jahre 2004 über EEG-Befunde bei spora- dischen und iatrogenen Fällen der Creutzfeldt- Jakob-Erkrankung [12] sowie die vom gleichen Jahr über die mesiale Temporallappenepilepsie mit einer hippokampalen Sklerose [13] zu erwähnen. Es sei festzuhalten, dass die Initiative zur opera- tiven Behandlung Epilepsiekranker in Zürich be- reits zu Beginn der Fünfzigerjahre von dem dama- für viele ausländische und die Mehrzahl der ligen Direktor der Neurochirurgischen Klinik, schweizerischen epileptologisch und elektroenze- Prof. Hugo Krayenbühl (1902–1985) ausging [14]. phalographisch tätigen Ärzte. Seit 1984 erfolgt vielfach in Zürich, und gegen- Im Oktober 1948 wurde in Bern eine Schwei- wärtig auch in Bern und Genf/Lausanne, die prä- zerische EEG-Arbeitsgemeinschaft gebildet, mit operative Abklärung mittels der im Vergleich zum dem bekannten Zürcher Physiologen Oscar Adolf Stereo-EEG weniger belastenden Methode einer Marcus Wyss (1903–1992) als erstem Vorsitzenden Foramen-ovale-Elektroden-Technik. und Rudolf Hess als Sekretär. Der letztere hat die Der Leiter des zürcherischen EEG-Instituts, Entwicklung der EEG-Gesellschaft in der Schweiz Professor Rudolf Hess (1913–2007), gehörte bis zu während 40 Jahren in einem hervorragenden Arti- seiner Emeritierung im Jahre 1981 zu den weltweit kel 1988 geschildert [8]. 10 Jahre später war es führenden Epileptologen und EEG-Spezialisten sein Sohn Christian W. Hess, der diese Angaben [15]. Seine 33jährige Tätigkeit in Zürich – unter- ergänzte [9]. Die EEG-Gesellschaft wurde 1959 stützt durch die exzellenten technischen EEG- als ein Tochterverein in die Schweizerische Neuro- Assistentinnen, Schwester Berty Scheller und logische Gesellschaft (SNG) eingegliedert und Schwester Elsi Urech, sowie den hervorragenden hat sich 1990 als «Schweizerische Gesellschaft für Elektroniker Ingenieur Emil Rauch – war durch Neurophysiologie» verselbständigt. ein profundes Wissen, eine kritische (vor allem Da mehrere Jahre weder die FMH noch die auch selbstkritische) Einstellung sowie durch SNG die Bemühungen von Prof. R. Hess und Exaktheit und Aufrichtigkeit gekennzeichnet. von späteren Präsidenten der EEG-Gesellschaft Für seine zahlreichen Schüler war er die höchste um eine Qualitätssicherung und die Einführung fachliche und moralische Autorität. eines Untertitels «Elektroenzephalographie» un- Zu seinen Pionierleistungen gehörten insbe- terstützt haben, wurden 1978 interne EEG- (und sondere die folgenden Arbeiten: vom Jahre 1949 EMG-) Zertifikate an qualifizierte Gesellschafts- über das «EEG-Bild im kataplektischen An- Mitglieder ausgestellt. Ab 2000 gibt es erfreuli- fall» [16], vom Jahre 1951/52 (gemeinsam mit cherweise von der FMH anerkannte Fähigkeits- Th. Neuhaus) über das Elektroenzephalogramm ausweise für das EEG und für andere Gebiete der bei Blitz-, Nick- und Salaamkrämpfen (BNS- Neurophysiologie. Krämpfe) [17] sowie die 1958 [18] und 1960 In Zürich fanden nebst konventionellen EEG- (gemeinsam mit W.Isler) [19] publizierten Studien Untersuchungen schon sehr früh frequenzanalyti- über die «Verlaufsuntersuchungen über Anfälle

210 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 und EEG bei kindlichen Epilepsien». Hier werden schungs- und Lehrtätigkeit ausgeübt wurden. Be- die «funktionellen» am häufigsten in der Zen- reits 1954 entstand eine EEG-Station in Lausanne tralregion lokalisierten EEG-Foci bei Kindern unter Leitung des zukünftigen Professors Theodor beschrieben, bei denen es sich «um ein reines epi- Ott (1909–1991) dessen Schüler und Nachfolger leptogenes Projektionsphänomen ohne struktu- der sehr vielseitige, engagierte und dynamische relle Läsion in der näheren Umgebung handelt». Professor Paul-André Despland wurde. Dieser Es ist wenig bekannt, dass es sich dabei um erste war von 1985 bis 1989 Präsident der Schweize- deutschsprachige Mitteilungen über die benigne rischen EEG-Gesellschaft und von 1997 bis 2000 Epilepsie mit zentrotemporalen Foci (sogenannte der Schweizerischen Liga gegen Epilepsie. «Rolando-Epilepsie») handelt. Das EEG im Kantonsspital Genf leitete seit Auch bei der obenerwähnten Arbeit über das 1958 PD François Martin (1918–1989), der seine EEG bei Kindern mit BNS-Krämpfen blieb die elektroenzephalographische Ausbildung bei W.A. Priorität von Prof. Hess infolge seiner ausser- Cobb in London und bei H. Gastaut in Marseille gewöhnlichen Bescheidenheit und wegen Verket- absolviert hatte. Er hat über 100 wissenschaftliche tung ungünstiger Umstände für viele verborgen. Arbeiten – darunter besonders wertvolle neuro- Er hat nämlich bereits an der Tagung der Deut- pathologische – publiziert [23, 24] und war führen- schen EEG-Gesellschaft in Heidelberg vom 29./30. der Autor einer ersten in der Schweiz erschienenen August 1951 darüber berichtet,dass bei Säuglingen Studie über die Panenzephalitis van Bogaert [25]. und Kleinkindern mit BNS-Krämpfen im EEG Seine Nachfolgerin wurde die bekannte franzö- typischerweise, fast kontinuierlich, ein unregel- sische neuropädiatrisch orientierte [26] Epilepto- mässiges Gemisch von hoch gespannten langsamen login und EEG-Spezialistin, Frau Annette Beau- Wellen und eingestreuten scharfen Potentialen und manoir, ebenfalls eine Schülerin von H. Gastaut, Spitzen, sogenannte «diffuse gemischte Krampf- die ihrerseits von Pierre Jallon, Koautor des potentiale» registriert werden. Ein ausführlicher, Lehrbuches «Les épilepsies» [27], abgelöst wurde. gemeinsam mit Th. Neuhaus verfasster Text wurde Die prächirurgische Epilepsieabklärung führt am 19. April 1952 dem Archiv für Psychiatrie und dort gegenwärtig Frau Prof. Margitta Seeck Zeitschrift für Neurologie zugestellt und dort durch. einige Monate später publiziert. Im gleichen Jahr In der Medizinischen Klinik des Inselspitals erschien in den USA der 2. Band des EEG- Bern richtete das erste EEG-Laboratorium 1952 Atlasses des Ehepaars Gibbs [20], die – anschei- der Internist und Neurologe Professor Robert nend ohne Kenntnis der Mitteilung von Hess Georg Isenschmid (1882–1964) ein. Sein Nachfol- vom Vorjahr – das gleiche EEG-Muster als eine ger war der Neurologe Dr. (späterer Professor) «Hypsarrhythmie» bezeichneten. Dieser Begriff Werner Bärtschi (1911–1994), der in seiner Privat- hat sich später allgemein eingebürgert. praxis bereits seit 1948 über ein EEG-Labor ver- Die 1963 publizierte, didaktisch ausgezeichne- fügte. Er wurde von dem Psychiater PD (späterer te Hesssche EEG-Fibel [21] ist 1966 und 1969 auf Professor) Theodor Spoerri (1924–1973) abgelöst. Englisch erschienen [22]. Sie hat sich nicht nur als In der neurologischen Abteilung der medizinischen sehr wertvoll bei der Ausbildung junger Ärzte Klinik, bzw. der seit 1966 selbständigen neuro- erwiesen, sondern trug auch zur Popularisierung logischen Universitätsklinik und später auch in dieser Methode bei der breiten Ärzteschaft bei. der Kinderklinik, wurde das EEG mehrere Jahre Auf die Publikation zweifelhafter bzw. nicht von dem Oberarzt Dr. M. Eichenberger sowie genügend geprüfter oder banaler Befunde hat von den damaligen Assistenzärzten Dres. H. Hof- Professor Hess stets verzichtet. Er gab selber zu, fet, H.-P.Ludin und Frau F.Verrey betrieben.Vom dass «vieles, was später mit Aplomb (von andern) 1. März 1967 bis 31. März 1990 leitete das EEG publiziert wurde, er schon immer gewusst, aber als ein Schüler von François Martin, Kazimierz Kar- selbstverständlich und deswegen als publikations- bowski, vorerst als Oberarzt, dann als Leiter der unwürdig betrachtet hat». Er lehrte somit nicht nur EEG-Stationen und ab Oktober 1986 als Chefarzt durch seine Vorträge und Publikationen, sondern der Abteilung für Epileptologie und EEG. Er hat auch – was das wissenschaftliche Verantwortungs- 1971 eine Monographie «Vestibularapparat und gefühl betrifft – durch sein Schweigen. hirnelektrische Aktivität» [28], 1975 einen Atlas Auch an anderen schweizerischen Universitäts- «Das EEG im epileptischen Anfall» [29] und 1985 bzw. Kantonsspitälern wurden in den Fünfziger- ein Lehrbuch «Epileptische Anfälle; Phänome- und Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts EEG- nologie, Differentialdiagnose und Therapie» [30] Stationen errichtet,in denen,mit unterschiedlichen publiziert. Die der Neurologischen Klinik unter- Schwerpunkten, elektroenzephalographische und stellte EEG-Station im Kinderspital leitete de facto epileptologische Dienstleistungen sowie eine For- jahrzehntelang Frau Dr. Eva Pavlincowa.

211 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Zu erwähnen ist, dass Mitte der Achtzigerjahre in Münsterlingen, zu erwähnen. Es gab und gibt des 20. Jahrhunderts der damalige EEG-Ober- auch eine Reihe von Pädiatern, die sich mit arzt (heute Direktor der Neurologischen Klinik) der epileptologisch-elektroenzephalographischen Christian W. Hess als einer der ersten in der Problematik befassten, so die Schüler von Prof. Schweiz begonnen hat, polygraphische Schlaf- R. Hess, Werner Isler (1919–2002) und Guido ableitungen, vor allem bei Kranken mit Verdacht Dumermuth (1930–1992) aus Zürich. Der letztere auf das Schlaf-Apnoe-Syndrom, durchzuführen; war jahrelang ein sehr dynamischer Präsident der dies als Vorstufe des 1990 gemeinsam mit der Pneu- Schweizerischen EEG-Gesellschaft. Er hat das mologischen Klinik eingerichteten Schlaf-Labors. Standardwerk «Elektroencephalographie im Kin- Sein Nachfolger auf diesem Gebiet war Dr. (später desalter» [35] und mehr als 150 andere Arbei- Privatdozent) Johannes Mathis, der gegenwärtig – ten publiziert und erreichte Weltruf auf dem Ge- als leitender Arzt für Neurophysiologie – sowohl biet des computerisierten EEG [36, 37]. Mit der das Schlaf-Labor als auch die EEG-Stationen in automatischen EEG-Analyse haben sich in der der Neurologischen und der Pädiatrischen Klinik Schweiz – nebst dem Vorgenannten – Prof. Dieter leitet. Dr. Filippo Donati, Chefarzt der Neurolo- Lehmann in Zürich, Dr. Milan Matejcek in Basel gischen und Neuropädiatrischen Abteilung im und Frau Prof. Martha Koukkou-Lehmann in der Regionalspital Biel, beschäftigt sich in Bern mit Waldau (Bern) befasst. Die Schweizerische Liga der prächirurgischen Epilepsieabklärung. gegen Epilepsie präsidierte mehrere Jahre der In Basel leitete vorerst die EEG-Station neben- Neuropädiater Franco Vassella aus Bern, Verfas- amtlich,bis 1967,der Neurologe und Neurochirurg ser zahlreicher epileptologischer Publikationen, Hans-Rudolf Richter (1921–2001). Von 1968 bis Koautor des Lehrbuches «Die Epilepsien», dessen 1997 stand dort der Epileptologie- und EEG- 2.Auflage 2004 [38] erschienen ist. Ebenfalls wert- Abteilung der Schüler von Prof. R. Hess, Prof. volle epileptologische Arbeiten stammen von Prof. Giuseppe Scollo-Lavizzari, vor. Er war Verfasser Thierry Deonna aus Lausanne und PD Dr. Markus von über 220 wissenschaftlichen Publikationen, Weissert aus St. Gallen. Dr. phil. Markus Schmutz u.a. über die neurophysiologischen und klinischen aus Basel und Prof. Jean-Marc Fritschy aus Zürich Aspekte des Schlafes [31], über das EEG bei beschäftigen sich mit der Grundlagenforschung. Lebererkrankungen [32] und über den Wert des Auch ausserhalb des elektroenzephalographi- EEG bei komatösen Zuständen, insbesondere schen Bereiches bestand ein Interesse an Epilep- nach Herzstillstand [33]. Er wurde von PD, gegen- tologie. So wurde z.B. 1936 unter Leitung des be- wärtig Professor, Stephan Rüegg abgelöst. kannten Basler Neurologen Prof. Rudolf Bing In St. Gallen hat ebenfalls ein hervorragender (1878–1956) eine Dissertation von Efroim Stern Epileptologe und Schüler von Prof. R. Hess, (1907–2001) «Über seltene Formen des rindenepi- Prof. Eberhard Ketz,Verfasser einer Monographie leptischen Anfalls» [39] publiziert, in der unter «Zum klinischen Aspekt der psychomotorischen anderem vom «frontalen Anfallstypus» die Rede Epilepsie» [34], von 1972 bis 1988 die Neurologi- ist. Ein solcher «Anfallstypus» wurde in den letz- sche Klinik und das EEG geleitet. Sein Nachfolger ten Jahrzehnten wiederentdeckt. In Zürich hat wurde Prof. Hans-Peter Ludin, ein prominenter sich in den Jahren 1929 bis 1935 Prof. Mieczyslaw Elektromyographist, der von der – epileptologisch Minkowski (1884–1992) mit der pathologischen sehr interessierten – Frau Prof.Barbara Tettenborn Anatomie und der Pathogenese der Epilepsien abgelöst wurde. Für die EEG-Station ist dort beschäftigt [40–42].Mehrere kasuistische Beiträge, PD Dr. Bruno Weder verantwortlich. EEG-Statio- unter anderem über die Differentialdiagnose nen gibt es auch in den Kantonsspitälern Aarau, zwischen epileptischen Anfällen und konvulsiven Chur und Luzern, im Regionalspital Biel, in eini- Synkopen kardialer Genese [43], über Fälle mit gen Kinderspitälern, in sämtlichen Kliniken für tumorbedingten Epilepsien [44, 45] sowie über Anfallkranke, in mehreren Psychiatrischen Klini- Epilepsie bei Neurolues [46], stammen vom Ver- ken sowie bei den meisten praktizierenden Neuro- fasser der berühmten «Dialogues cliniques», dem logen und Neuropädiatern. Genfer Internisten Prof. Maurice Roch (1878– Von den elektroenzephalographisch interes- 1967). sierten Psychiatern sind (neben dem bereits er- In der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich wähnten Heinrich Landolt) in erster Linie Prof. das Institutionsprofil der drei schweizerischen Maurice Rémy (1912–2000),zunächst in der Klinik Anstalten für Epileptische, in Lavigny, Tschugg Waldau (Bern) und später in Marsens (Fribourg) und Zürich geändert. Sie haben sich von Pflege- tätig, Dr. Robert Schweingruber (1923–1990), anstalten zu modernen Kliniken entwickelt, die langjähriger Chefarzt der Klinik «Bethesda» in über zeitgemässe EEG-Abklärungsverfahren,eine Tschugg,und Professor Roland Kuhn (1912–2005), psychologische Betreuung und erweiterte Be-

212 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 handlungsmöglichkeiten mit einer Reihe wirk- 7 Egli M. Gibt es epileptische Synkopen? samer, gut verträglicher Antiepileptika verfügen. Schweiz Rundsch Med Prax. 1982;71:1590–4. Offen bleibt noch die Frage, ob die neuen – Ende 8 Hess R. 40 Jahre Schweizerische EEG-Gesellschaft. des 20. Jahrhundert zugelassenen – Substanzen Z EEG-EMG. 1988;19:1–9. wirkungsvoller und nebenwirkungsärmer sind als 9 Hess CW. 50 Jahre Schweizerische Gesellschaft die klassischen (Phenobarbital, Phenytoin, Carba- für Klinische Neurophysiologie. Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 1998;6:257–60. mazepin, Valproat). Die Epileptische Klinik in 10 Wieser HG, Yasargil MG. Selective amygdalo-hippo- Zürich hat 2001 den Rang eines Epilepsiezentrums campectomy as a surgical treatment of mesiobasal erreicht. Es findet dort unter anderem eine prä- limbic epilepsy. Surg Neurol. 1982;17:445–57. chirurgische Abklärung statt. Die Chefärzte dieser 11 Wieser HG. Music and the brain. drei Institutionen sind nicht mehr – wie früher – Ann N Y Acad Sci. 2003;999:76–94. Allgemeinpraktiker oder Psychiater,sondern Neu- 12 Wieser HG, Schwarz U, Blättler T, Bernoulli C, Sitzler M, rologen; so Dr. Giovanni Foletti in Lavigny und Stoeck K, et al. Serial EEG findings in sporadic and Dr. Günter Krämer in Zürich. In Tschugg leitet iatrogenic Creutzfeldt-Jakob disease. Clin Neurophysiol. 2004;115:2467–78. die Epilepsieabteilung ein Facharzt für Neurologie 13 Wieser HG. Mesial temporal lobe epilepsy with hippo- und Psychiatrie, Dr. Klaus Meyer. campal sclerosis. Epilepsia. 2004;45:695–714. Auf dem sozialen Sektor wurde 1931 ein 14 Hajek M. Epilepsiechirurgie im Wandel der Geschichte. Schweizerischer Hilfsverband für Epileptische und Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 1999;150:47–53. 1963 an seiner Stelle die Schweizerische Liga ge- 15 Karbowski K. Prof. Rudolf M. Hess zum 90. Geburtstag. gen Epilepsie gegründet. Dr. Günter Krämer, der Bull Soc Sci Méd (Luxembourg). 2003;2:143–7. aktuelle Präsident dieser Liga, entfaltet eine rege 16 Hess R. Elektroencephalographische Beobachtungen didaktische und wissenschaftliche – unter anderem beim kataplektischen Anfall. eine medizinhistorische – Aktivität. Besonders Arch Psychiatr Nervenkr. 1949;183:132–41. erwähnenswert sind seine Publikationen: vom 17 Hess R Jr, Neuhaus T. Das Elektrencephalogramm bei Blitz-, Nick- und Salaamkrämpfen und bei andern Jahre 1998 über «Epilepsien im höheren Lebens- Anfallsformen des Kindesalters. alter» [47], vom Jahre 2007 «Das Lexikon der Epi- Arch Psychiatr Neurol. 1952;180:37–58. leptologie» [48] und ebenfalls vom Jahre 2007 über 18 Hess R. Untersuchungen über Anfälle und EEG bei Anwendung der Generika bei Epilepsiekranken kindlichen Epilepsien. [49]. Dank seiner Initiative und unter seiner Lei- Arch Psychiatr Neurol. 1958;197:568–93. tung erscheint seit 2003, an Stelle des internen 19 Isler W, Hess R. Verlaufsuntersuchungen über Anfälle Informationsblattes der Liga, dreimal jährlich und EEG bei fokalen Epilepsien im Kindesalter. Arch Psychiatr Neurol. 1960;200:257–66. eine umfangreiche Zeitschrift «Epileptologie», die 20 Gibbs FA, Gibbs EL. Atlas of Electroencephalography, internationale Anerkennung geniesst. Gemeinsam vol. 2. Reading, MA: Addison-Vesley; 1952. p. 24–30. mit Prof. Wieser hat Dr. Krämer 2002 einen aus- 21 Hess R. EEG-Fibel. Basel: Sandoz; 1963. führlichen «Epilepsiebericht Schweiz» publiziert 22 Hess R. EEG Handbook. Basel: Sandoz; first edition [50]. 1966, 2nd unchanged edition 1969. 23 Martin F. Über eine vestibulo-cerebelläre Entwicklungs- Literatur hemmung im Rahmen ausgedehnter osteo-neuraler Dysgenesien. Acta Psych Neurol Scand. 1949;24: 207–22 und 1950;25:415–21. 1 Berger H. Über das Elektrenkephalogramm des Menschen. Arch Psychiatr Nervenkr. 1929;87:527–70. 24 Martin F. Pathologie des aspects neurologiques et psychiatriques de quelques manifestations carentielles 2 Landolt H. Die Temporallappenepilepsie. Ein Beitrag zur avec troubles digestifs et neuro-endocriniens. Kenntnis psychophysischer Korrelationen bei Epilepsie Les déterminations mentales de la stéatorrhée idio- und Hirnläsionen. Basel, New York: Karger; 1960. pathique (sprue non tropicale). 3 Landolt H. Die Dämmer- und Verstimmungszustände Acta Neurol Psych Belg. 1952;4:218–42. bei Epilepsie und ihre Elektroencephalographie. 25 Martin F, Macken J, Hess R. Sur une encéphalite Dtsch Z Nervenheilkd. 1963;185:411–30. subaiguë, ayant les caractères de la leuco-encéphalite 4 Landolt H. Über die Verstimmungen, Dämmerzustände sclérosante, avec inclusions. (Etude anatomoclinique, und schizophrenen Zustandsbilder bei Epilepsie biologique et électroencéphalographique de la première (Ergebnisse klinischer und elektroenzephalographischer observation suisse.) Untersuchungen). Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 1950;66:217–60. Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 1955;76:313–21. 26 Beaumanoir A. Les épilepsies infantiles. Problèmes 5 Egli M, Mothersill I, O’Kane M, O’Kane F. The axial de diagnostic et de traitement. spasm – the predominant type of drop seizure in patients Bâle: Editiones «Roche»; 1976. with secondary generalized epilepsy. 27 Loiseau P, Jallon P. Les épilepsies. Paris: Masson; 1984. Epilepsia. 1985;26:401–15. 28 Karbowski K. Vestibularapparat und hirnelektrische 6 Egli M, Hess R, Kuritzkes G. Die Bedeutung der «rhythmic Aktivität. EEG- und ENG-Studien bei Gesunden und bei mid-temporal dischargers». Z EEG-EMG. 1978;9:74–85. Epilepsiekranken. Bern, Stuttgart, Wien: Huber; 1971.

213 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 29 Karbowski K. Das Elektroenzephalogramm im 40 Minkowski M. Über die pathologische Anatomie epileptischen Anfall; Atlas. der Epilepsie. Bern, Stuttgart, Wien: Huber; 1975. Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 1929;25:179–206. 30 Karbowski K. Epileptische Anfälle. Phänomenologie, 41 Minkowski M. Neuer Beitrag zur pathologischen Differentialdiagnose und Therapie. Anatomie der Epilepsie. Berlin, Heidelberg, New York, Tokyo: Springer; 1985. Dtsch Z Nervenheilkd. 1930;116:68–87. 31 Scollo-Lavizzari G. Schlaf und EEG: Neurophysiologische 42 Minkowski M. Zur pathologischen Anatomie und Patho- und klinische Aspekte. genese der Epilepsie. Universität Basel: Habilitationsschrift; 1971. Jahrb Psych Neurol. 1934;51:134–51. 32 Scollo-Lavizzari G. Das Elektroenzephalogramm bei Leber- 43 Roch M. Crises épileptiformes. erkrankungen. Dtsch Med Wochenschr. 1969;94:120–1. La Presse Médicale. 1940;16/17:211–2. 33 Scollo-Lavizzari G, Bassetti C. Prognostic value of EEG 44 Roch M. Epilepsie. Dialogues cliniques. 2e Série. 3e éd. in post-anoxic coma after cardiac arrest. Paris: Masson; Lausanne: Payot; 1948. p. 5–12. Year Book of Critical Care Medicine. 1988:172–4. 45 Roch M. Epilepsie jacksonienne. Dialogues cliniques. 34 Ketz E. Zum klinischen Aspekt der psychomotorischen 7e Série. Epilepsie. Kritische Studie über ein zerebrales Anfalls- Lausanne: Masson; Paris: Payot; 1948. p. 5–10. syndrom anhand 340 eigener Fälle im Vergleich mit 46 Roch M. Tumeur cérébrale. Dialogues cliniques. 8e Série. Beobachtungen an 250 Schläfenlappengeschwülsten. Lausanne: Masson; Paris: Payot; 1948. p. 42–8. Heidelberg: Huetig; 1968. 47 Krämer G. Epilepsien im höheren Lebensalter. 35 Dumermuth G. Elektroencephalographie im Kindesalter. Klinik und Besonderheiten der Pharmakotherapie. Einführung und Atlas. Stuttgart: Thieme; 1965. Stuttgart, New York: Thieme; 1998. 36 Dumermuth G, Molinari L. Spectral analysis of EEG 48 Krämer G. Lexikon der Epileptologie. background activity. In: Gevins AS, Römond A, editors. Bad Honnef: Hippocampus; 2007. Methods of Analysis of Brain Electrical and Magnetic Signals. EEG Handbook, revised series. 1987;1:85–130. 49 Krämer G, Steinhoff BJ, Feucht M, Pfäfflin M, May TW. Experience with generic drugs in epilepsy patients: 37 Dumermuth G, Molinari L. Relationships among signals: an electronic survey of members of the German, Austrian cross-spectral analysis of the EEG. In: Weitkunat R, and Swiss branches of the ILAE. editor. Digital Biosignal Processing. Epilepsia. 2007;48:609–11. Amsterdam: Elsevier; 1991. p. 361–98. 50 Krämer G, Wieser H-G, Herausgeber. Epilepsiebericht 38 Fröscher W, Vassella F, Hufnagel A. Die Epilepsien. Schweiz. Bad Honnef: Hippocampus; 2002. Grundlagen; Klinik; Behandlung. 2. Auflage. Stuttgart, New York: Schattauer; 2004. 39 Stern E. Über seltene Formen des rindenepileptischen Anfalles («frontaler und sensibler» Typus). Basel: Med. Diss.; 1936.

214 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 SNG-Jubiläum Zur Geschichte der Elektromyographie und der Elektroneurographie in der Schweiz n H.-P. Ludin Muri b. Bern

Die Geschichte der Elektromyographie und der Autoren haben auch erstmals konzentrische oder Elektroneurographie in der Schweiz kann nicht koaxiale Nadelelektroden verwendet, wie sie auch ohne einen Blick über die Landesgrenzen sinnvoll heute noch für die nadelmyographische Ableitung geschildert werden. Sie ist eng mit der Geschichte gebräuchlich sind. des technischen Fortschritts verknüpft. Die kli- nische Neurophysiologie ist aber keineswegs der technischen Entwicklung einfach nachgefolgt.Phy- Die Anfänge der klinischen Elektromyographie siologische Vorstellungen und Hypothesen konn- ten oft während langer Zeit nicht experimentell Das Verdienst,die erste klinisch relevante elektro- belegt werden, da die technischen Möglichkeiten myographische Arbeit publiziert zu haben, wird zu beschränkt waren. Denny-Brown und Pennybacker [5] zugeschrie- ben. In denervierten Muskeln konnten sie spon- tane Fibrillationspotentiale ableiten und von den Die Entwicklung der Elektromyographie viel grösseren Faszikulationen unterscheiden. Es ist verständlich, dass auch in weiteren Pionier- Die vorklinische Ära arbeiten Spontanaktivität, die bei der elektromyo- graphischen Untersuchung immer wieder ins Auge Auf frühere Untersuchungen, die zum Teil auf (und ins Ohr) springt, beschrieben wurde. Durch das 18. Jahrhundert zurückgehen, kann hier nicht Denny-Brown und Nevin [6] und durch Buchthal eingegangen werden. Aus Schweizer Sicht sei und Clemmesen [7] wurden 1941 die typischen lediglich erwähnt, dass sich schon Albrecht von myotonen Entladungen beschrieben und der myo- Haller [1] mit der Frage der Leitgeschwindigkeit gene Ursprung dieser Spontanaktivität vermutet. in den Nerven beschäftigt hat. Im gleichen Jahr haben Buchthal und Clem- Eine wichtige Voraussetzung für die klinische mesen [8] die Unterschiede des Aktivitätsmusters Neurophysiologie hat Sherrington [2] 1925 mit dem bei neurogenen und bei myogenen Atrophien Konzept der motorischen Einheit («motor unit») beschrieben. Durch den Nachweis, dass sich bei geschaffen. Für die elektromyographische Dif- ausgeprägten neurogenen Atrophien nur Einzel- ferenzierung zwischen Neuropathien und Myo- oszillationen, bei Myopathien aber ein volles In- pathien war und ist dieses Konzept von entschei- terferenzmuster bei maximaler Willkürinnervation dender Bedeutung. ableiten lässt, eröffneten sie der Elektromyogra- Wichtige Schritte in Richtung auf die klinische phie neue, klinisch wichtige differentialdiagnosti- Anwendung brachte das Jahr 1929: Denny-Brown sche Möglichkeiten. Sie haben in dieser Arbeit [3] hat Potentiale motorischer Einheiten in der auch gezeigt, dass die Potentiale motorischer Ein- Muskelaktivität, die er durch Dehnung der Sehne heiten bei neurogenen Prozessen eine verlängerte ausgelöst hat, identifiziert. Adrian und Bronk [4] mittlere Dauer aufweisen. haben Potentiale motorischer Einheiten bei Will- 1964 hat Ekstedt [9] die Einzelfaser-Elek- küraktivität registriert und festgestellt, dass im tromyographie, bei der mit Elektroden mit kleinen entspannten Muskel auch bei hoher Verstärkung Ableiteflächen (Durchmesser 30 µm) die Aktions- keine elektrische Aktivität nachweisbar ist. Diese potentiale einzelner Muskelfasern extrazellulär abgeleitet werden,beschrieben.Die Technik wurde in der Folge besonders durch Stålberg in Uppsala Korrespondenz: (S) [10] weiterentwickelt. Prof. Dr. med. Hans-Peter Ludin Kräyigenweg 85 CH-3074 Muri b. Bern e-mail: [email protected]

215 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Abbildung 1 um sich die mühselige manuelle Analyse der Para- meter motorischer Einheiten zu ersparen. Mit der zunehmenden Verbreitung von kleinen und lei- stungsfähigen elektronischen Rechnern sind die technischen Voraussetzungen auch hier inzwischen erfüllt. Es wurden auch zahlreiche Methoden be- schrieben, von denen sich bisher aber keine allge- mein durchsetzen konnte. Einzig automatisierte Versionen der von Willison [15] 1964 beschrie- Fritz Lehner, der als benen Methode haben eine breitere Anwendung erster elektromyographi- gefunden. sche Untersuchungen in der Schweiz durch- geführt hat (Aufnahme aus dem Jahre 1981). Die Entwicklung der Elektromyographie in der Schweiz

Die Anfänge der klinischen Elektroneurographie Die Entwicklung in den verschiedenen Zentren

Harvey und Masland [11] haben 1941 die erste kli- Die erste klinische Anwendung der Elektromyo- nische Anwendung einer elektroneurographischen graphie in der Schweiz erfolgte in den 1950er Jah- Methode beschrieben. Sie haben gezeigt, dass es ren unabhängig voneinander an verschiedenen bei Patienten mit Myasthenia gravis bei repetitiver Zentren.Als erster hat Fritz Lehner (Abb. 1) 1954 Reizung eines peripheren Nervs und bei gleich- das EMG an der neurologischen Klinik in Zürich zeitiger Ableitung der Muskelsummenpotentiale nach einem Aufenthalt bei E. Kugelberg in Stock- zu einem Abfall der Potentialamplituden (Dekre- holm (S) eingeführt. Es stand ihm ein Röhren- ment) kommt. Erst 1948 erschien die erste klini- gerät der französischen Firma Alvar mit Endlos- sche Arbeit von Hodes et al. [12] bei Patienten mit Magnetband zur Registrierung zur Verfügung. peripheren Nervenverletzungen. Die motorische Nach der Eröffnung einer Praxis in Winterthur war Neurographie fand in der Folge rasch eine weitere er bis 1961 noch als Konsiliarius an der Neurologi- Verbreitung. Bei der Perfektionierung der Metho- schen Universitätsklinik Zürich tätig. Seine Nach- de hat sich Lambert [13] an der Mayo-Klinik in folger waren K. Schuler, M. Wiesendanger und ab Rochester (Minnesota, USA) besondere Dienste 1962 E. Esslen. Schon unter Lehner und Wiesen- erworben. danger und dann auch unter Esslen fand eine rege Bedingt durch die technischen Schwierigkei- Zusammenarbeit mit dem Neuroophthalmologen ten – die Amplitude der sensiblen Nervenaktions- A. Huber statt. Die Zürcher Klinik wurde damit potentiale ist ungefähr um den Faktor 1000 kleiner zu einer Pionierin des Augenmuskel-EMGs. Schon als die der Muskelaktionspotentiale – hat sich die 1958 hatte Esslen zusammen mit R. Magun die sensible Neurographie viel langsamer entwickelt. wohl erste grössere Übersicht in deutscher Sprache Dawson [14] hat 1956 die ersten rein sensiblen Ner- über das EMG publiziert [16]. Nach Esslens Wahl venaktionspotentiale vom Menschen abgeleitet, als Chefarzt der Neurologischen Klinik am Kan- wobei er die Technik der fotographischen Super- tonsspital Aarau, wo er eine eigene EMG-Station position verwendet hat. Der Durchbruch kam aufbaute, wurde ab 1973 bis 1990 M. Meyer Leiter für die sensible Neurographie erst mit der breiten der EMG-Station in Zürich. Durch seine EMG- Verfügbarkeit von elektronischen Mittelwertbild- gesteuerten Injektionen von Botulinumtoxin zur nern («averager») in den 1970er Jahren. Behandlung von Dystonien und des Strabismus (weiterhin in Zusammenarbeit mit A. Huber) hat er sich einen Namen gemacht.Während dieser Zeit Die Etablierung der Methode in der Klinik wurde durch H. H. Schiller nach einer Ausbil- dung bei Stålberg in Uppsala (S) die Einzelfaser- In den Jahren zwischen 1950 und 1970 fand die Elektromyographie als neue Methode eingeführt. Elektroneuromyographie eine weite Verbreitung Seit 1990 wurde die EMG-Station zuerst durch in der Klinik, und sie wurde insbesondere in der H. Schnyder und dann durch A. Studer geleitet. In Diagnostik der neuromuskulären Krankheiten ein dieser Zeit wurde die transkranielle Magnetstimu- unentbehrliches Hilfsmittel für den Neurologen. lation als klinische Methode eingeführt. Die Un- Schon lange wird versucht, die elektromyogra- tersuchung der übrigen evozierten Potentiale war phischen Ableitungen automatisch zu analysieren, in Zürich immer in den Händen der EEG-Station.

216 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Der Beginn der Elektromyographie in den übri- H.-P. Ludin im EMG tätig, allerdings unterbro- gen Zentren lässt sich zum Teil zeitlich nicht mehr chen durch mehrjährige Forschungsaufenthalte genau festlegen.Wir werden deshalb eine alphabe- bei F.Buchthal in Kopenhagen (DK) und bei A.von tische Reihenfolge befolgen. An der Neurologi- Muralt in Bern. 1970 wurde eine EMG-Station schen Poliklinik in Basel wurde durch H. Richter gegründet, sie war unter der Leitung von H.-P. 1957 ein erstes EMG-Gerät in Betrieb genommen. Ludin bis 1988 zu seiner Wahl als Chefarzt in Ein eigentliches EMG-Labor wurde dann 1961 St. Gallen. Die wissenschaftlichen Interessen be- durch H. E. Kaeser nach einem zweijährigen For- trafen auch methodische Fragen, die sich in einem schungsaufenthalt bei E. D. Lambert an der Mayo- Lehrbuch [19] und der Ernennung zum Heraus- klinik in Rochester (Minnesota, USA) eingerich- geber des EMG-Bandes in der revidierten Fas- tet. Auch nach seiner Wahl zum Klinikvorsteher sung des Handbook of Electroencephalography und Ordinarius für Neurologie im Jahre 1965 hat and Clinical Neurophysiology [20] niederschlu- er sich weiterhin aktiv für die Entwicklung der gen.In den 1970er Jahren wurde die Untersuchung Methode eingesetzt. Ein Schwerpunkt seines In- der evozierten Potentiale schrittweise eingeführt. teresses galt den Läsionen der peripheren Nerven, Ein Meilenstein bedeutete die Einführung der insbesondere der (toxischen) Polyneuropathien.So transkraniellen Magnetstimulation im Jahre 1987. konnte er auch 1970 für das Handbook of Clinical C.W.Hess brachte diese damals neue Methode von Neurology das Kapitel über die Messung der Leit- einem Forschungsaufenthalt am National Hospital geschwindigkeit [17] verfassen. Von 1969 bis 1977 Queens Square in London (GB), wo er an ihrer hat zuerst P. Wurmser und dann V. Skorpil das Entwicklung massgeblich mitbeteiligt war, mit. EMG-Labor geleitet.Nach einer Interimsphase lag Auch nach der Übernahme der Leitung der EMG- die Leitung von 1978 bis 1983 in den Händen von Station 1989 durch C. W. Hess und 1991 durch W.Tackmann. Er hat das Labor insgesamt moder- K. Rösler wurde diese Methode und ihre Weiter- nisiert und die Untersuchung der evozierten Po- entwicklung gepflegt und hat bis heute selbst in- tentiale eingeführt. Seinem Interesse für die sen- ternational eine Pionierrolle behalten. Auf die sible Neurographie entsprang gemeinsam mit enge Zusammenarbeit mit der Genfer ENMG- H.-P. Ludin in Bern eine Monographie zu diesem Station soll später noch hingewiesen werden. 1990 Thema [18]. Von 1983 bis 1993 hat W. Friedli das erfolgte die Umbenennung in ENMG-Station, EMG-Labor geleitet. Schwerpunkt seiner wissen- womit die Bedeutung der Neurographie betont schaftlichen Publikationen bildeten Untersuchun- werden sollte. Seit 2000 wurde neu eine neuro- gen zur Mechanik und Elektrophysiologie des muskuläre Sprechstunde aufgebaut. aufrechten Standes. Seit 1993 ist P. Fuhr für die In Genf wurden die ersten elektromyographi- Leitung verantwortlich. Er interessiert sich unter schen Untersuchungen ab 1960 durch den Neuro- anderem für die Wertigkeit elektrophysiologischer logen M. Tchicaloff in der Universitäts-Kinder- Messungen als Verlaufsparameter von chronischen klinik durchgeführt. Ab 1964 hat J. F. Moody ein Krankheiten, wie zum Beispiel Multipler Sklerose EMG-Labor im Rahmen der Klinik für Rheuma- und immunbedingter Polyneuropathien. tologie und dem Institut für physikalische Medizin In Bern wurden die ersten elektromyographi- und Rehabilitation am Kantonsspital geleitet. Erst schen Untersuchungen in den 1950er Jahren durch 1988 wurde die EMG-Station der Abteilung für das Ehepaar Fanny und Werner Bärtschi-Rochaix klinische Neurophysiologie angegliedert. Nach durchgeführt. Ein genaues Datum lässt sich nicht der Pensionierung von Moody übernahm 1991 mehr festlegen, und es ist auch nicht klar, ob die M. R. Magistris die Leitung im Rahmen der Abtei- Untersuchungen im Inselspital oder in der Privat- lung für klinische Neurophysiologie und neuro- praxis des Ehepaars Bärtschi-Rochaix vorgenom- muskuläre Forschung. 1994 erfolgte die Eingliede- men wurden. Mit der Gründung einer neurolo- rung in die neurologische Klinik des Universitäts- gischen Abteilung am Inselspital und der Wahl von spitals. Moody, der aus England stammte und auch R. Magun zu deren Chefarzt im Jahre 1958 nahm dort ausgebildet worden war,hat sich besonders für das Interesse an elektromyographischen Unter- paraneoplastische Neuropathien und für Störun- suchungen stark zu. Magun war früher schon ge- gen der neuromuskulären Überleitung interessiert. meinsam mit E. Esslen auf diesem Gebiet tätig Von 1967 bis 1988 wurde er durch seinen Schüler gewesen, und eine gemeinsame Übersichtsarbeit G. Roth, der auch bei Buchthal in Kopenhagen [16] ist oben bereits erwähnt worden. Der geplante (DK) gearbeitet hat, unterstützt. Roth machte sich Auf- und Ausbau wurde durch den unerwarteten besonders durch seine Untersuchungen der «spä- Hinschied von R. Magun 1960 jäh unterbrochen. ten» neurographischen Antworten und in der Ent- In der Folge wurde das EMG besonders durch deckung der Pathologien, die zu persistierendem M. Eichenberger betreut. Ab 1962 war auch Leitungsblock im peripheren Nerv führen, einen

217 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Namen. Insbesondere hat er mit seiner Arbeits- Fähigkeitsausweises für Elektroneuromyographie gruppe 1986 als erster die multifokale motorische durch die FMH im Jahre 1999 brachte eine wesent- Neuropathie beschrieben [21]. Seine Befunde hat liche Besserung. Die Weiterbildung ist seither er in einem Atlas, der im Jahre 2000 erschien, zu- genau definiert, sie muss an anerkannten Weiter- sammengefasst [22].Der jetzige Leiter M.Magistris bildungsstätten erfolgen, und zum Erwerb des Fä- ist einerseits Schüler von Moody und Roth und higkeitsausweises muss eine Prüfung abgelegt wer- anderseits erhielt er seine neurophysiologische den. Der Ausweis hat ausserdem eine beschränkte Ausbildung am neurologischen Institut in Mont- Gültigkeit, alle 10 Jahre ist eine Rezertifizierung real (CDN).Zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten nötig. Seit 2007 ist der Fähigkeitsausweis auch für hat er in Zusammenarbeit mit G.Roth verfasst.Seit die Rechnungsstellung relevant, was ihm natürlich Jahren arbeitet er auch mit der ENMG-Station in ein zusätzliches Gewicht verleiht. Bern zusammen.Aus dieser Zusammenarbeit sind zahlreiche Untersuchungen über kortiko-spinale Danksagung: Den folgenden Kollegen bin ich für ihre Un- Bahnen und über Hirnnerven, die besonders in terstützung zu Dank verpflichtet: P. Fuhr, Basel; C. W. Hess, Bern; E. Ketz, St. Gallen; Th. Kuntzer, Lausanne; F. Lehner, Kombination mit der transkraniellen kortikalen Winterthur; M. Magistris, Genf; K. Rösler, Bern; A. Studer, Stimulation durchgeführt wurden, die seit 1985 Zürich. in Genf etabliert ist, entstanden. Eine wichtige Aktivität stellen auch die Behandlungen mit Botulinumtoxin dar. Literatur In Lausanne wurden die elektromyographi- 1 Von Haller A. Elementa Physiologiae Corporis Humani. schen Untersuchungen in den Anfängen im «Cen- Lausanne: Grasset; 1762. tre d’EEG et de consultations neurologiques», das 2 Sherrington CS. Remarks on some aspects of reflex von Th. Ott begründet und geleitet wurde, durch- inhibition. Proc Roy Soc B. 1925;97:519–41. geführt. Während Jahren hat C. Schneider, der bei 3 Denny-Brown D. On the nature of postural reflexes. F. Isch in Strassburg (F) ausgebildet worden war, Proc Roy Soc B. 1929;104:252–301. bis zu seinem frühen Tod im Jahre 1981 die EMG- 4 Adrian ED, Bronk DW. The discharge of impulses in motor Station geleitet. In den folgenden Jahren lag die nerve fibres. Part II: the frequency of discharge in reflex Leitung zuerst in den Händen von J.L.Justafre und and voluntary contractions. J Physiol. 1929;67:119–51. später von Véronique Zumstein. Seit 1988 wird sie 5 Denny-Brown D, Pennybacker JB. Fibrillation and von Th. Kuntzer, der vorher bei P.Bouche in Paris fasciculation in voluntary muscle. Brain. 1938;61:311–34. (F) und bei B. Shahani und R. Young in Boston (USA) gearbeitet hatte,geführt.Seine «Unité nerf- 6 Denny-Brown D, Nevin S. The phenomenon of myotonia. Brain. 1941;64:1–18. muscle» interessiert sich wissenschaftlich vor allem für die Erregbarkeit des Muskels und des peri- 7 Buchthal F, Clemmesen S. Electromyographical observa- tions in congenital myotonia. pheren Nervs,für die Regeneration der peripheren Acta Psych Neurol. 1941;16:389–403. Nerven und für klinische Studien bei genetischen 8 Buchthal F, Clemmesen S. On the differentiation und neuromuskulären Krankheiten. of muscle atrophy by electromyography. In St.Gallen hat E.Ketz die Elektromyographie Acta Psych Neurol. 1941;16:143–81. 1972 im Rahmen des Instituts für klinische Neuro- 9 Ekstedt J. Human single muscle fiber action potentials. physiologie, das 1976 in die Klinik für Neurologie Acta Physiol Scand. 1964;61(Suppl 226):1–96. unter seiner Leitung überging, eingeführt. Ketz 10 Stålberg E, Trontelj V. Single-Fibre Electromyography. hatte seine Ausbildung an der Freien Universität Old Woking: Mirvalle Press; 1979. Berlin (D) bei W. Götze und R. Stözel und später 11 Harvey AM, Masland RL. The electromyogram bei E. Esslen in Zürich erhalten. in myasthenia gravis. Bull Johns Hopkins Hosp. 1941;69:1–13. 12 Hodes R, Larrabee MG, German W. The human electro- myogram in response to nerve stimulation and the Ausbildung und Qualitätssicherung conduction velocity of motor axons. Arch Neurol Psychiatry. 1948;60:340–65. Während längerer Zeit blieben Bemühungen, die 13 Lambert ED. Diagnostic value of electrical stimulation Ausbildung zeitlich und inhaltlich zu standardisie- of motor nerves. Electroenceph Clin Neurophysiol. 1962:Suppl 22: 9–16. ren, ohne erkennbaren Erfolg. Auch die Einfüh- rung eines EMG-Zertifikats durch die Schweizeri- 14 Dawson GD. The relative excitability and conduction velocity of sensory and motor nerve fibres in man. sche Gesellschaft für klinische Neurophysiologie J Physiol. 1956;131:436–51. brachte keine nennenswerte Änderung, da sie völ- 15 Willison RG. Analysis of electrical activity in healthy lig auf Freiwilligkeit beruhte und keine rechtlichen and dystrophic muscle in man. Konsequenzen hatte. Erst die Einführung eines J Neurol Neurosurg Psychiatr. 1964;32:386–94.

218 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 16 Esslen E, Magun R. Elektromyographie. Grundlagen und 20 Ludin HP, editor. Electromyography. Volume 5 in: Hand- klinische Anwendung. Fortschr Neurol. 1958;26:153–99. book of Electroencephalography and Clinical Neuro- physiology, revised series. Amsterdam: Elsevier; 1995. 17 Kaeser HE. Nerve conduction velocity measurement. In: Vinken PJ, Bruyn GW, editors. Handbook of Clinical 21 Roth G, Rohr J, Magistris MR, Ochsner F. Motor neuro- Neurology, Vol. 7. Amsterdam: North-Holland Publ. pathy with proximal multifocal persistent conduction Comp.; 1970. p. 116–96. block, fasciculations and myokymia. Evolution to tetra- plegia. Eur Neurol. 1986;25:416–23. 18 Ludin HP, Tackmann W. Sensible Neurographie. Stuttgart: Thieme; 1979. 22 Roth G. Clinical Motor Electroneurography: Evoked Responses Beyond the M-wave. Ectopic Activity. 19 Ludin HP. Praktische Elektromyographie. Amsterdam: Elsevier; 2000. Stuttgart: Enke; 11976, 51997.

219 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 SNG-Jubiläum Ultraschall und Doppler n H. M. Keller Neurologiezentrum Hirslanden, Zürich

Die Darstellung der Hirngefässe mit Kontrast- Abbildung 1 mittel am Menschen wurde erstmals 1927 durch Die erste Doppler-Ultraschallmessung des Blutflusses. den spanischen Neurologen Moniz durchgeführt [1]. Trotz der Verbesserungen bezüglich Kontrast- mittel und Injektionstechnik mittels Katheter anstelle der Direktpunktion lag das Risiko einer zerebralen Komplikation im Bereich von einigen Prozent. Die chirurgische Rekonstruktion einer stenosierten A. carotis erfolgte erstmals 1951 mit- tels Resektion des obstruierten Gefässsegmentes [2] und 1956 mittels Thrombendarterektomie [3]. Der Nutzen der Karotis-Thrombendarterektomie als chirurgische Behandlung mit dem Ziel, das Risiko einer invalidisierenden Apoplexie zu redu- zieren, wurde in den 1960er Jahren mittels einer In der zweiten Hälfte der 1960er Jahre wurden bi- multizentrischen Studie evaluiert [4]. Vorausset- direktionale Continuous-wave-Geräte konstruiert. zung für die Operation war eine zerebrale Angio- Die Dopplersonden wiesen 2 Piezokristalle auf, graphie. Zwecks Reduktion des Risikos einer einen für die kontinuierlich emittierten Ultra- angiographisch bedingten Komplikation bei einem schallwellen im Frequenzbereich 4 bis 8 Megahertz Schlaganfall-gefährdeten Patienten wurden ande- und einen für die empfangenen Signale. Die Fre- re nichtinvasive Untersuchungsmethoden gesucht, quenzdifferenz wurde elektronisch ermittelt und um Stenosen und Verschlüsse in den hirnzufüh- konnte als ungefähre Strömungsgeschwindigkeit renden Gefässen zu diagnostizieren. richtungsbezogen angezeigt bzw. aufgezeichnet werden. Nebst der direkten Beschallung der Ge- fässe der Extremitäten und der A. carotis im Entwicklung Halsabschnitt [6] wurde aufgrund der Strömungs- verhältnisse in der A. ophthalmica und deren End- Die erste Messung des Blutflusses mit Doppler- ästen A.supratrochlearis und A.supraorbitalis «in- Ultraschall gelang Satomura und Kaneko 1959 auf direkt» die Durchgängigkeit der vorgeschalteten der Basis des Doppler-Effektes im Ultraschall- Gefässachse beurteilt [7]. Hierbei wurden Sei- bereich mit kontinuierlich emittierten Ultraschall- tendifferenz und Strömungsrichtung diagnostisch wellen im unteren Megahertzbereich, die durch verwertet. Eine retrograde Perfusion war Aus- eine elektronische Anregung eines Piezokristalls druck eines relevanten vorgeschalteten Strö- generiert wurden ([5], Abb. 1). Die Frequenzdif- mungshindernisses, eine erhebliche Seitendiffe- ferenz zwischen den gesendeten und den von den renz bei orthograder Strömungsrichtung wurde fliessenden Blutkorpuskeln gestreuten bzw. re- als diesbezüglicher Hinweis gewertet. Ein Gerät flektierten Ultraschallwellen lag im hörbaren Be- mit gepulster Emission der Ultraschallwellen reich der menschlichen Cochlea und war mit der wurde von Peronneau et al. 1969 vorgestellt [8]. mittleren Strömungsgeschwindigkeit korrelierbar. Hierbei konnte zusätzlich zur Frequenzdifferenz als Mass für die Strömungsgeschwindigkeit die Korrespondenz: Laufzeitdifferenz zwischen emittierten und emp- Prof. Dr. Dr. med. Herbert M. Keller fangenen Ultraschallwellen als Tiefeninformation Neurologiezentrum Hirslanden verwertet werden.Auf diese Weise war es möglich, Witellikerstrasse 40 CH-8029 Zürich an verschiedenen Lokalisationen im Gefässquer- e-mail: [email protected] schnitt Messungen durchzuführen.

220 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Der Neurologe Prof. H. R. Müller der Neurolo- liegende pathophysiologische Überlegung war, gischen Uniklinik Basel war das erste Mitglied der dass der diastolische Anteil proximal einer Ob- Schweizerischen Gesellschaft für Neurologie, das struktion relativ zum systolischen ab- und bei 1968 an deren Frühjahrstagung in Lugano seine vorgeschalteter Läsion zunimmt. Der Pourcelot- dopplersonographischen Erfahrungen bei Patien- Index wird bis heute benützt, im Gegensatz zu den ten mit Karotisstenosen mitteilte [9]. Die Methode später entwickelten Parametern, welche mittels wurde in den Neurologischen Unikliniken Zürich Fourier-Frequenz- bzw. Spektralanalyse erhoben 1969, Lausanne 1971 von P.-A. Despland, Genf wurden und nur bei relevant gestörter lokaler 1972 von J. Le Floch-Rohr und Bern 1976 von Hämodynamik als Zusatzinformation verwendbar O. Meienberg und F.Valsangiacomo übernommen blieben (in [12]). Eine Beziehung zwischen maxi- bzw. eingeführt und weiterentwickelt. Eine EKG- maler Strömungsgeschwindigkeit in einer Stenose getriggerte Computer-gestützte Analyse der Strö- der A. carotis interna und dem Stenosegrad wurde mungssignale der A. ophthalmica und der Endäste am Modell und in vivo von Spencer und Reid eva- über 10–20 Herzaktionen erlaubte eine präzisere luiert [13]. Hierbei zeigte sich, dass die Strömungs- Auswertung und Interpretation von Strömungs- geschwindigkeit in vivo bei einem Restdurchmes- richtung, Signalform und Laufzeitdifferenz im ser von Յ2 mm vom Modell abwich,d.h.nicht mehr Seitenvergleich [10]. Eine reduzierte Amplitude, zunahm und bei etwa 500 cm/s limitiert blieb sowie ein erhöhter diastolischer Anteil bei reduzierter ab einem Restdurchmesser von Յ1 mm abnahm. Pulsationsamplitude, eine verzögerte systolische Die Diagnose von Stenosen und Verschlüssen Anstiegsflanke, eine Laufzeiterhöhung im Seiten- in den zuführenden Arterien des vertebrobasilären vergleich zuungunsten einer Seite waren Hinweise Versorgungsgebietes, d.h. im zentralen Abschnitt auf eine vorgeschaltete hämodynamisch wirksame der Aa. subclaviae und der Aa. vertebrales bis zum Stenose. Die systolische Amplitudenkonfiguration Atlassegment, wurde mittels direkter Beschallung konnte bei normaler Herzaktion mit der Pulswel- von supraklavikulär, transoral und mastoidal her lenpropagation und der Gefässelastizität korreliert evaluiert [14]. Eine asymmetrische Vertebralisper- werden, 2 systolische Gipfel entsprachen einem fusion konnte einer Anlagevariante im Sinne einer elastischen und nur ein systolisches Maximum Aplasie bzw.Hypoplasie oder einer vor- bzw.nach- einem reduziert elastischen bzw. «verhärteten» geschalteten Obstruktion entsprechen, eine arm- Gefässbaum und/oder waren bei einseitiger Aus- wärts gerichtete Strömung war Hinweis für ein prägung ein zusätzlicher Hinweis auf eine vorge- Subklavia-Entzugsphänomen (Subclavian-steal- schaltete Stenose oder einen Verschluss. Mittels Phänomen). kurzer «milder» Kompression bzw. rhythmischer Mit der Entwicklung von mehrkanaligen ge- digitaler Beklopfung der proximalen A. carotis pulsten Dopplergeräten im Institut für Biomedi- communis konnte evaluiert werden, ob die A. zinische Technik der Universität Zürich und ETH ophthalmica und deren Endäste bei orthograder war es möglich, Strömungsprofile in hautnahen Strömungsrichtung von der zugehörigen A. carotis Gefässen zu registrieren [15]. Mit einer weiterent- interna oder bei höhergradiger vorgeschalteter wickelten computergestützten Methode konnte Stenose bzw. einem Verschluss von der gegenseiti- EKG-R-Zacken-getriggert gezeigt werden, dass gen A.carotis interna bzw.von vertebrobasilär über der Blutfluss in A. carotis communis bei normal Anastomosen des Circulus arteriosus versorgt durchgängiger hirnzuführender Karotisachse ab wurden.Keine oder eine nur geringe Abnahme der etwa 200 ms nach der R-Zacke eine mittelsystoli- Strömungssignale bei homolateraler Karotiskom- sche Verzögerung aufweist,die nach weiteren etwa pression und eine deutliche Reduktion während 80 ms das Minimum von bis Յ40% im Vergleich kontralateralen Kompressionsmanövers waren zur Gefässwand-nahen Geschwindigkeit erreicht Hinweise auf eine kollaterale Hauptfüllung des und erst in der frühen Diastole, d.h. nach weiteren intrakraniellen Karotisstromgebietes von der ge- etwa 200 ms, in ein flaches Strömungsprofil über- genseitigen A. carotis interna via A. communicans geht [16]. Die mittelsystolische Strömungsverzö- anterior, eine geringe oder keine Abnahme Aus- gerung reduzierte sich bei zunehmender nachge- druck einer kollateralen Teil- oder Hauptversor- schalteter Stenose der A. carotis interna und gung von der A. basilaris via homolaterale A. com- war bei deren Verschluss nicht mehr ausmachbar. municans posterior. Mit der Methode konnte die Wirkung einer Pourcelot errechnete den Stenosegrad mittels Pathologie der Aortenklappe auf die Hämodyna- eines Quotienten, der aus dem systolischen Spit- mik der hirnzuführenden Arterien präoperativ zen- und enddiastolischen Wert des direkt be- und nach Aortenklappen-Ersatzoperation eva- schallten Gefässes vor bzw. nach einer Karotis- luiert werden. Obiger Effekt war präoperativ bei obstruktion gebildet wurde [11]. Die zugrunde- chirurgiebedürftiger Aortenklappenstenose nicht

221 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 zu beobachten, bei erheblicher Aortenklappen- Hämodynamisch zeichnet sich die Ruhephase in insuffizienz war das Phänomen ausgeprägter, und ersterem Gefäss durch eine niedrige diastolische postoperativ war die mittelsystolische Strömungs- und eine erhöhte systolische Komponente und in verzögerung bei adäquat funktionierender Aor- letzterem Gefäss zudem durch eine frühdiastoli- tenklappenprothese wieder präsent [17]. Unter sche Rückflusskomponente aus. Beides imponiert Berücksichtigung der Wandabmessungen konnte Doppler-spektralmässig «peitschend». Damit ist der Blutfluss quantifiziert werden.In einer A.caro- es möglich, die A. carotis interna von der A. caro- tis communis lagen die Normwerte im Bereich tis externa und deren Ästen zu differenzieren. 300–480 ml/min. Mit zunehmender Obstruktion Von Reutern und Pourcelot konnten in der der A. carotis interna bis zum Verschluss trat eine A. vertebralis bei zunehmender Stenose im zen- Reduktion bis etwa 100 ml/min auf, was als Per- tralen Segment der A. subclavia eine hämodyna- fusionsvolumen der A. carotis externa interpre- mische Übergangsphase zwischen kranialem und tiert wurde, hiervon abweichende höhere Werte kraniofugalem Blutfluss dokumentieren. Zu beob- wurden gemessen, wenn die A. carotis externa via achten waren zunächst eine mittelsystolische Strö- retrograd perfundierte A. ophthalmica oder via mungsverzögerung, dann ein Pendelfluss ohne neurochirurgisch angelegte extra-/intrakranielle Beitrag an die Zirkulation der A. basilaris oder der Anastomose von der A. temporalis superficialis distalen A. subclavia und bei weiterer Zunahme zu einem Ast der A. cerebri media einen relevan- der Subklaviastenose ein Überwiegen der arm- ten Beitrag an die intrakranielle Karotiszirkula- wärts gerichteten Komponente [22]. Das gleiche tion leistete. Bei Patienten mit razemöser arterio- Phänomen konnte bei progredienter Abgangs- venöser Malformation (AVM) war eine bis 4fache stenose der Aa. vertebrales, der Aa. carotides com- Perfusionssteigerung registrierbar, d.h., es flossen munes und des Truncus brachiocephalicus beob- 1,5–1,8 Liter pro Minute durch die AVM,was unter achtet werden. Falls die nach kranial gerichtete Ruhebedingungen 30–35% der Auswurffraktion Komponente im Gleichgewicht mit dem kranio- des linken Ventrikels entspricht. Nach erfolgrei- fugalen Anteil war,d.h.im Mittel Nullfluss bestand, cher Elimination der arteriovenösen Malformation blieb der betroffene Gefässabschnitt angiogra- zeigten die Verlaufskontrollen eine normalisierte phisch verborgen. Die angiographisch gestellte Karotisperfusion [18]. Diagnose «Verschluss» konnte unter diesen Be- Einen weiteren Hinweis, dass das Strömungs- dingungen dopplersonographisch relativiert wer- profil in einem Gefäss im Ablauf einer Herzaktion den, mit entsprechenden therapeutischen Konse- von der parabolischen Form abweicht, konnte quenzen. Liepsch am Modell einer Bifurkation mit Blut Mit der Continuous-wave- oder Pulsed-wave- als Fluidum demonstrieren [19]. Die Blutpartikel Dopplersonographie waren nebst der Diagnose beschrieben zum Teil Achterschlaufen, d.h. flossen von Stenosen und Verschlüssen mit Indikations- zunächst in einen Gefässschenkel und von dort stellung zur Verlaufsbeobachtung unter konser- zurück in den anderen Gefässabschnitt. An den vativer Behandlung bzw. zur Angiographie eine Kulminationspunkten konnte es zu einer Stase peri- und früh-postoperative sowie Langzeit-Er- kommen. folgskontrolle möglich. Bei der medikamentösen Die Freiburger Gruppe unter von Büdingen Behandlung war das Ziel, eine Progredienz einer und von Reutern entwickelten Kriterien für die diagnostizierten Läsion zu erfassen und die Durch- Evaluation und Lokalisation von Stenosen der gängigkeit der anderen hirnzuführenden Gefäss- Halsgefässe [20, 21]. Die A. carotis interna und achsen zu beobachten, letzteres insbesondere bei die A. vertebralis versorgen bei normaler Durch- Patienten mit einseitigem Karotisverschluss. Bei gängigkeit und Gefässelastizität als hirnzufüh- der chirurgischen Behandlung war das Opera- rende Arterien ein Gefässbett mit niedrigem peri- tionsresultat zu verifizieren, einerseits während pherem Widerstand, d.h., der Hauptbeitrag wird des Eingriffs mit Dokumentation der veränderten durch die diastolische Komponente des Blutflusses Hämodynamik in loco und distal unmittelbar nach definiert,die aufgelagerte systolische Komponente Exzision der Stenose,andererseits im Längsverlauf entspricht einem Anteil von 20 bis 30%. Das Strö- mit dem Ziel, einen eventuellen Frühverschluss mungsgeräusch imponiert Doppler-spektralmässig oder eine Rezidivstenose rechtzeitig,d.h.vor deren «weich» und wird bei abnehmender Gefässelasti- klinischer Manifestation, zu erfassen [23]. zität etwas «härter», weil die diastolische Kom- Evans, Green und Greenleaf verfassten 1976 ponente ab- und die systolische zunimmt. Die ein Forschungsgesuch zuhanden des NIH mit dem A. carotis externa und die A. subclavia sind Mus- Ziel, Ultraschallgeräte und Untersuchungsmetho- kelgefässe, d.h., der periphere Widerstand ist in den zu entwickeln, um atherosklerotische Plaques der Ruhephase hoch und fällt bei Muskelarbeit ab. in den Aa. carotides und Aa. femorales am Men-

222 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 schen darzustellen [24].Anlässlich meiner Antritts- 1970er Jahre [26]. 1982 standen Gerätetypen zur vorlesung am 5. November 1977 in der Aula der Verfügung, mit denen im klinischen Alltag mit Universität Zürich konnte dies erst als «Wunsch- vernünftigem Zeitaufwand verwertbare Resultate traum» bildlich präsentiert werden. Die schicht- bezüglich Durchgängigkeit und Perfusion des weise Abbildung anatomischer Strukturen wurde Halsabschnittes der Aa. carotides, insbesondere mittels der B-Scan-Methode (B = Brightness) tech- auf der Höhe der Bifurkation,erzielt werden konn- nisch realisiert. Die von den beschallten Struktu- ten [27, 28]. ren reflektierten Ultraschallwellen, bei den ersten Die Konstruktion eines Ultraschallgerätes Geräten im Frequenzbereich 2,5 bis 3,5 Megahertz, zur Registrierung der Blutflussgeschwindigkeit in bei den nachfolgenden Gerätegenerationen 7 bis grösseren intrakraniellen zerebralen Arterien im 10 Megahertz, wurden über eine helligkeitsmodu- Bereich der Hirnbasis erfolgte 1981 durch Aaslid lierte Zeitbasis kontinuierlich gespeichert. Durch et al. [29]. Mittels eines fokussierten gepulsten rasche mechanische Oszillation bzw. Rotation des 2-Megahertz-Ultraschallstrahls konnte das M1- Schallkopfes konnte ein zweidimensionales Echo- Segment der A. cerebri media in einer Tiefe von bild aufgebaut werden. Gefässwände stellten sich 4 bis 7 cm ab äusserer Schädelkalotte transtempo- hell, der Gefässinhalt dunkel, Plaques je nach ral beschallt werden. Initiales Ziel war, den Zeit- Echogenität dunkel bis hell dar. Bei Bildrepeti- punkt eines möglichen Vasospasmus nach Sub- tionsfrequenzen ab 15 pro Sekunde zeigte der arachnoidalblutung zu erfassen und die Wirkung Bildschirm für das menschliche Auge in etwa ste- der gewählten Therapie auf die Spasmolyse zu hende Strukturen an. Terwey und Gahbauer de- evaluieren. Mit der Apparatur konnten zudem monstrierten mit einem hochauflösenden realtime mittels transtemporaler, transorbitaler und trans- System der Firma Biodynamics eine relativ gute foraminaler Beschallung die Perfusionsverhält- Übereinstimmung zwischen B-Bild und angiogra- nisse in allen Gefässen der Hirnbasis-nahen Arte- phischem Befund bei Plaques und Stenosen im rien beurteilt werden, d.h. des A1-Segmentes Halsabschnitt der Aa.carotides,wenn die Läsionen der Aa. cerebri anteriores, des M1-Segmentes eine höhere Echogenität als das Blut aufwiesen der Aa. cerebri mediae und des P1/P2-Segmentes [25]. Hingegen war die Detektion von echoarmen der Aa. cerebri posteriores und sofern die Tempo- Läsionen, Plaques bzw. Stenosen vom gemischt ralisschuppe Ultraschall-mässig penetrierbar war, echogenen Typ mit echodichter Unterlagerung des unteren und oberen Siphonschenkels der Aa. und echoarmer Überschichtung sowie Thrombo- carotides internae, der distalen Aa. vertebrales sen im akuten bzw. subakuten Stadium unge- sowie der A. basilaris. Bei hämodynamisch limitie- nügend. Die Differenzierung der A. carotis interna renden extrakraniellen Stenosen konnte zudem und externa erfolgte auf der Basis der Darstellung deren Wirkung auf die zugehörigen intrakraniellen des 1. bzw. 2. Astes letzteren Gefässes, d.h. der Gefässe und die Herkunft des kollateralen Blut- A. thyreoidea superior bzw.A. lingualis. flusses über den Circulus arteriosus Willisii ab- Die Kombination von Dopplersonographie und geschätzt werden. Hierzu waren Beklopfungs- B-Bild-Technik in einem Gerät war die logische bzw. «milde» Kompressionsmanöver im Bereich Weiterentwicklung. Bei diesen als Duplex-Scan- der A. carotis communis bei Karotisobstruktio- ner bezeichneten Apparaten wurde ein gepulster nen und eine rhythmische Oberarmkompression Dopplerstrahl in das B-Bild eingeblendet, was bzw.Faustschluss-/Faustöffnungs-manöver bei Ob- eine simultane Darstellung von Gefässanatomie struktionen im zentralen Abschnitt einer A. sub- bzw. -pathologie und Hämodynamik erlaubte. clavia mit oder ohne Einbezug des Abgangs der Die Rücklaufzeit der gepulsten Ultraschallwellen A. vertebralis diagnostisch hilfreich. wurde als Tiefeninformation verwertet. Mittels Die Doppler- und Duplex/Triplex-Ultraschall- eines in der Breite variablen und positionierbaren Untersuchungsmethoden am Hirnkreislauf eta- elektronischen Fensters konnte ein Strömungs- blierten sich Ende der 1970er und vor allem in segment an verschiedenen Orten im Gefässquer- den 1980er Jahren in allen Neurologischen Uni- oder -längsschnitt ausgewählt werden. Unter Be- kliniken der Schweiz, in den Neurologischen Kli- rücksichtigung des dargestellten Einstrahlwinkels niken Aarau und St. Gallen sowie in einigen neu- war die mittlere Blutflussgeschwindigkeit im rologischen Praxen als wichtiges diagnostisches Ablauf einer Herzaktion bestimmbar, bei schma- Element bei der Untersuchung von Patienten lem Fenster bzw. Messvolumen Strömungsfaden mit Verdacht auf zerebrale Durchblutungsstörun- ähnlich, bei progredienter Fensterbreite mit zu- gen. Sie veränderten die Indikationsstellung zu nehmender Annäherung an die mittlere Perfu- weitergehenden Abklärungen, insbesondere zur siongeschwindigkeit im ganzen Gefäss. Die Ent- zerebralen Angiographie sowie Computer- und wicklung begann bereits in der ersten Hälfte der Kernspintomographie. Sie wurden als relevant

223 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 bezüglich Wahl der Behandlung sowie Verlaufs- vermuteter Karotispathologie nebst Anamnese, und Therapiekontrolle bei Patienten mit obstruk- Klinik, allfälligen Begleiterkrankungen und Ein- tiven Läsionen auf der makrovaskulären Ebene ordnen der Resultate allfälliger Voruntersuchun- extrakraniell und intrakraniell im Bereich der gen auch die Durchgängigkeit der anderen hirnzu- Hirnbasis erachtet. Dies schlug sich 1990 in der führenden Arterien, die Herkunft des kollateralen Aufnahme der Methode in das Spektrum der spe- Blutflusses bei hämodynamisch kompromittieren- zifischen neurologischen Zusatzuntersuchungen der Obstruktion und die zerebrovaskuläre Reser- anlässlich der Mitgliederversammlung der Schwei- ve zur Entscheidungsfindung wichtig. Hierzu ist zerischen Gesellschaft für klinische Neurophysio- eine vollständige neurovaskuläre Ultraschallunter- logie (SGKN) in Stein am Rhein nieder. Seit suchung mit extra- und transkranieller Doppler- diesem Zeitpunkt ist die SGKN für Ausbildung sonographie sowie extrakranieller und eventuell und Qualitätskontrolle in Elektroenzephalogra- transkranieller Duplex-Exploration nötig. phie (EEG), Elektroneuromyographie (ENMG Mit der extrakraniellen Dopplersonographie bzw. EMG) und Neurosonologie zuständig. wird die Hämodynamik auf der Höhe der Karo- tisbifurkation in loco sowie proximal und distal davon mittels direkter Beschallung sowie indirekt Aktuell der A. ophthalmica und deren Endästen (= A. supratrochlearis und A. supraorbitalis) evaluiert. Nachdem die Grundlagen für die extra- und Bestehen auf der Höhe der Karotisbifurkation transkranielle Doppler- sowie Duplexsonographie Strömungsirregularitäten, so kann mittels rhyth- erschaffen und deren klinische Bedeutung bei mischer Beklopfung von zugänglichen Ästen der Patienten mit zerebrovaskulären Erkrankungen A. carotis externa, insbesondere der A. facialis erkannt und akzeptiert wurden, konnten dank vor dem M. masseter und der A. temporalis super- Fortschritten der Computer-Hardware-Technolo- ficialis über dem Zygomatikum, entschieden wer- gie Ultraschallgeräte hergestellt werden, die mit- den, ob das Strömungsgeräusch von der A. carotis tels der Fourier-Frequenzanalyse eine realitätsbe- interna oder der A. carotis externa bzw. einem zogenere intensitätsmodulierte Farbdarstellung von letzterem Gefäss abzweigenden Ast generiert von Strömungskurven aufzeichnen, Indizes auto- wird. Als Parameter werden systolische Spitzen- matisch errechnen sowie mittels schneller Bild- und enddiastolische sowie mittlere Strömungs- generation und Filtern die farbliche Darstellung geschwindigkeit und hieraus errechnete Quotien- von zweidimensionalen Bildern revolutionierten. ten (Pourcelot-Index usw.) sowie das Frequenz- Letzteres konnte vor allem dank der schnellen Ver- spektrum verwendet.Ist kein Strömungssignal von arbeitung von Ultraschallsignalen erzielt werden, der A. carotis interna an üblicher Stelle ableitbar die mit linear bzw. teilkreisförmig angeordneten und die Perfusion in der A. carotis communis Transducern generiert wurden. Hierbei gelang es diastolisch erniedrigt, so ist dies Hinweis auf einen bei entsprechender Frequenzwahl auch, die Per- Verschluss der A. carotis interna. Bestehen ein fusion von intrakraniellen Gefässen transtemporal Stenosegeräusch in der A. carotis interna und und transforaminal zu erfassen. Untersuchungs- retrograd perfundierte Äste der A. ophthalmica, ablauf, Darstellung der Ultraschallbefunde sowie so ist dies Hinweis auf eine hämodynamisch limi- deren Interpretation und Bedeutung im klinischen tierende vorgeschaltete Stenose. Werden die Alltag wurden in verschiedenen Fachbüchern Ophthalmica-Endäste bei vorgeschalteter Ob- dargestellt [12, 30–33]. struktion orthograd perfundiert, so kann mittels Was beinhaltet aktuell eine neurovaskuläre rhythmischer Beklopfung bzw.«milder» Kompres- Ultraschalluntersuchung? Falls die Auffassung sion der A. carotis communis evaluiert werden, besteht, dass beim gegebenen Patienten «nur» ob die Versorgung homolateral karotisabhängig die Frage «Extrakranielle Karotisstenose: ja oder oder kollateral von der gegenseitigen A. carotis nein?» zu beantworten ist, kann sich der Untersu- interna via A. communicans anterior bzw. von chungsgang auf die Duplex-Technik mit alleiniger vertebrobasilär her via A. communicans posterior Beschallung der Karotisbifurkation beschränken. erfolgt. Ist die Perfusion in der A. carotis commu- Hierbei kann die therapeutische Entscheidung nis und interna ohne Hinweise auf eine patholo- vom Untersucher nicht gestellt bzw. von ihm nicht gische Hämodynamik auf der Höhe der Karotis- erwartet werden. bifurkation reduziert, so kann eine relevante Falls eine kompetente und verbindliche Stel- Stenose proximal, d.h. im Truncus brachiocepha- lungnahme bezüglich Ursache, Differentialdia- licus oder im intrathorakalen Abschnitt der A. gnose und Behandlung eines zerebrovaskulär kom- carotis communis rechts bzw. bei einer Karotis- promittierten Patienten erwartet wird, so sind bei pathologie links im intrathorakalen Abschnitt der

224 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 A. carotis communis, vorliegen. Die Differenzie- teilt. Nebst den mittels eingeblendeten Doppler- rung erfolgt mit Hilfe der Beschallung von A. sub- strahls unter Sicht und damit präziser als mit clavia und A. vertebralis. Bei der Beschallung letz- der extrakraniellen Dopplersonographie evaluier- terer Gefässe werden Durchgängigkeit und lokale baren Strömungsparametern wie oben erwähnt Perfusionsverhältnisse im zentralen Abschnitt der und des hieraus errechneten Stenosegrades ergibt Aa. subclaviae und im Bereich des Abgangs der die farbkodierte Flächendoppler-Frequenz-Inten- Aa. vertebrales beurteilt, mit den möglichen Dia- sitätsdarstellung Hinweise auf das Strömungsver- gnosen relevante Subklaviastenose mit partiellem halten im Gefässlängs- und Querschnitt. Mit dem oder vollständigem Subclavian steal, Abgangs- B-Bild kann der Grad einer Stenose sowie deren stenose der A. vertebralis, anlagebedingte Kali- Homo- bzw.Inhomogenität und Konfiguration,vor berasymmetrie bzw. Aplasie versus Abgangsver- allem auf der Höhe der Karotisbifurkation, patho- schluss. Bei Patienten mit Subclavian steal sind logisch-anatomisch evaluiert werden. Hierbei er- zudem Funktionstests in Form einer rhythmischen geben sich je nach Konfiguration einer Läsion Oberarmkompression und Faustschliessen/Faust- Abweichungen zwischen Frequenz- und patholo- öffnen diagnostisch nützlich. gisch-anatomisch evaluiertem Ausmass des Steno- Mit der transkraniellen Dopplersonographie segrades. Bei einer spitz- oder hakenförmig aufge- werden die hirnbasisnahen Arterien transtempo- worfenen Läsion kann die Diskrepanz erheblich ral, transorbital und transforaminal beschallt. Auf sein, d.h. der effektive Stenosegrad ist geringer als diese Weise ist es möglich, dort lokalisierte Steno- derjenige, der aufgrund der Strömungsparameter sen mittels der obenerwähnten Strömungspara- errechnet wurde.Ein umgekehrtes Verhältnis kann meter (v max, v enddiastolisch, v mittel und hier- bei einer sanft beginnenden und endenden Stenose von abgeleitete Quotienten, Frequenzspektrum) mit glatter Oberfläche auftreten, d.h., der Stenose- zu quantifizieren. Bei vorgeschalteten hämody- grad ist gravierender als derjenige, der aus den namisch limitierenden Obstruktionen kann der Strömungsparametern errechnet wurde. Bei einer kollaterale Blutfluss über die Verbindungsarterien exulzerierten bzw. oberflächenunregelmässigen des Circulus arteriosus einschliesslich der dortigen Stenose können ebenfalls Abweichungen auftre- sogenannten relativen Stenosegeräusche direkt ten.Eine Beurteilung der Zusammensetzung einer evaluiert und aufgrund der Konfiguration der Läsion und deren Homo- bzw. Inhomogenität ist Strömungssignale die zerebrovaskuläre Reserve mit der Echogenität evaluierbar. Ist die Echo- abgeschätzt werden, wobei mit Hilfe der obener- genität stellenweise hoch und wirft einen Schatten, wähnten rhythmischen Beklopfung bzw. «milden» so sind eingelagerte Verkalkungen anzunehmen; Kompression der A. carotis communis rechts bzw. ist sie stellenweise mässig ausgeprägt und ohne links präzisierende Angaben erhältlich sind. Mit Schatten, so handelt es sich wahrscheinlich um letzteren Manövern kann bei normal durchgän- eine sklerotische Einlagerung; ist sie echoarm, mit gigen Gefässen auf der makrovaskulären Ebene oder ohne leicht echointenser Überschichtung, so extrakraniell und intrakraniell im Bereich der spricht dies für ein breiiges subintimales Atherom Hirnbasis die potentielle Funktionstüchtigkeit bzw. eine subintimale Einblutung. Voraussetzung der Verbindungsarterien des Circulus arteriosus für die Evaluation der Zusammensetzung einer überprüft werden, was z.B. vor einem therapeu- Läsion auf Ultraschallbasis ist das Feedback des tischen Karotisverschluss oder einer Ersatzopera- Chirurgen, der die Karotis-Thrombendarterekto- tion des Aortenbogens mit Reimplantation der mie durchführt, die Stenose in situ beurteilt und supraaortalen Arterien prognostisch nützlich ist. das Endarterektomie-Präparat zur Nachinspek- Die bei der extrakraniellen Dopplersonographie tion zwecks Vergleich mit der Ultraschalldiagnose erwähnten Funktionstests zur Identifikation der zur Verfügung stellt. Mit der Zunahme der ope- betroffenen A. vertebralis bei Patienten mit Sub- rierten Patienten in unserer Serie stieg die Über- clavian steal sind auch bei der transforaminalen einstimmung im Lauf der Jahre stetig an. Bei der Beschallung hilfreich und ergänzen die Detektion Duplex-Exploration der Aa. subclaviae und der der Perfusionsrichtung und die semiquantitative proximalen Aa. vertebrales basiert die Abschät- Abschätzung des Blutflusses zur betroffenen obe- zung des Stenosegrades zur Hauptsache auf den ren Extremität. Strömungsparametern, weil diese Gefässe im Ge- Mit der extrakraniellen Duplex-Exploration gensatz zu den Aa. carotides beschränkter von werden Durchgängigkeit und Perfusionsverhält- verschiedenen Richtungen beschallbar sind. nisse des Halsabschnitts der Aa. carotides, des Mit der transkraniellen Duplex-Exploration zentralen Abschnitts der Aa. subclaviae und des können die Strömungsparameter des M1-Segmen- intrathorakalen sowie proximalen und mittle- tes der Aa. cerebri mediae, des A1-Segmentes des ren Nackenabschnittes der Aa. vertebrales beur- Aa. cerebri anteriores, des P1/P2-Segmentes der

225 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Aa. cerebri posteriores, der distalen Aa. vertebra- Gefässpathologien, z.B. eine funktionelle Stenose les und der A. basilaris unter Sicht registriert einer A. vertebralis in einer Kopf-Extrem-Posi- werden. Dies erlaubt im Vergleich zur transkra- tion, ein aberrantes venöses Rückstromgeräusch niellen Dopplersonographie eine adäquatere bei Bulbushochstand der V. jugularis mit Diverti- Lokalisation und Berechnung einer Stenose und kelbildung, eine beginnende Karotis-Sinus-caver- ihres Ausmasses. Relative Stenosegeräusche in nosus-Fistel, ein intrakranielles razemöses arte- den Verbindungsarterien des Circulus arteriosus riovenöses Angiom, eine retroaurikuläre durale bei hämodynamisch kompromittierenden extra- arteriovenöse Malformation, persistierende em- kraniellen Stenosen und Verschlüssen können bryonale Arterien (A. trigemina, otica, hypo- Obstruktionen im oberen Siphonschenkel einer glossa, proatlantica, intersegmentalis 1–3 primi- A. carotis interna bzw. im proximalen Segment tiva), ebenfalls erfasst werden [31, 34]. Bei Patien- einer A.cerebri media maskieren und sind Duplex- ten mit einer Pathologie, bei der therapeutisch mässig besser evaluierbar. Auch die bei der trans- eine A. carotis interna geopfert werden muss, kann kraniellen Dopplersonographie erwähnte Eva- mittels transkranieller Dopplersonographie und 1 luation der potentiellen Funktionsfähigkeit der etwa ⁄2 bis 1 Minute dauernder Karotiskom- kommunizierenden Arterien des Circulus arte- pression präoperativ abgeschätzt werden, ob die riosus kann unter Sicht adäquater erfolgen. kollaterale Reserve im Circulus arteriosus ge- Warum ist die Kombination von extra- und nügt, damit der Eingriff mit vertretbarem Risiko transkranieller Doppler- und Duplexsonographie bezüglich einer zerebrovaskulären Komplikation für die Diagnose von Plaques, Stenosen und Ver- durchgeführt werden kann.Mittels eines einfachen schlüssen auf der makrovaskulären Ebene extra- Hyperventilations-/Apnoe-Tests ist die zerebro- und intrakraniell im Bereich der Hirnbasis nötig, vaskuläre Regulationskapazität ergänzend eva- wenn die Duplex-Technik,ergänzt durch die oben- luierbar. Mit Hilfe einer transtemporal fixierten erwähnten Kompressions- und Funktionstests, transkraniellen Dopplersonde und intravenöser präzisere Resultate liefert? Hautnahe Wandver- Bubble-Injektion ist das Risiko einer zerebralen kalkungen und Wandsklerosen, besonders häufig Embolie bei Rechts-Links-Shunts mit oder ohne auf der Höhe der Karotisbifurkation, maskieren Vorhofseptumdefekt abschätzbar. das darunterliegende Gefässlumen,dies kann dop- plersonographisch durch eine variablere Son- denpositionierung, allenfalls ergänzt durch eine Zukunft transorale Beschallung von retrotonsillär her, überbrückt werden, mit Registrierung der Strö- Werden die Untersuchungen mit Ultraschall- mungssignale im Duplex-maskierten Gefässab- methoden in der Neurologie obsolet oder im schnitt.Die transtemporale Duplexsonographie ist Hinblick auf die Weiterentwicklung der ebenfalls bei verdickter Temporalisschuppe, was vor allem nichtinvasiven Kernspin- und Computertomogra- bei älteren Patienten zu beobachten ist, wesentlich phie mit immer besserer Darstellung des extra- und häufiger nicht durchführbar als die transtemporale intrakraniellen zerebralen Gefässsystems über- Dopplersonographie, wobei dies partiell durch die flüssig? Mit beiden Methoden werden die Gefässe intravenöse Applikaton von Echokontrastverstär- bildlich und erkrankte Gefässabschnitte patholo- kern überbrückt werden kann. Die Dopplersono- gisch-anatomisch dargestellt. Sie enthalten keine graphie in Kombination mit der Duplex-Explora- Informationen über Blutflussrichtung, Strömungs- tion liefert im klinischen Alltag bei zerebrovas- geschwindigkeit und andere Strömungsparameter. kulär kompromittierten Patienten überlappende Gefässe mit Stenosen, die im nachgeschalteten und sich ergänzende Resultate, was zur diagno- Gefässabschnitt einen Pendelfluss generieren, stischen Sicherheit beiträgt; zudem kann bei Pa- werden nicht dargestellt, wenn die nach kranial tienten mit dopplersonographisch diagnostizier- gerichtete Komponente im Gleichgewicht mit dem ten höhergradigen Läsionen die anschliessende kraniofugal gerichteten Beitrag ist, d.h., die Dia- Duplex-Untersuchung gezielter und zeitsparender gnose lautet fälschlicherweise «Verschluss». Dies eingesetzt werden. Bei Patienten mit Karotis- betrifft nicht nur die A. vertebralis bei einer Ste- Thrombendarterektomie kann bei schwierigen nose im zentralen Abschnitt der A. subclavia und/ Operationsbedingungen bereits während des Ein- oder des Abgangs der A. vertebralis, sondern auch griffs und unmittelbar früh-postoperativ der Erfolg die A.basilaris bei beidseitiger Subklavia- bzw.Ver- bzw. eine Komplikation in Form einer Intimalefze tebralispathologie, die A. carotis communis und oder Früh-Rethrombosierung dopplersonogra- A. carotis interna bei Stenosen des Truncus bra- phisch ohne grossen Geräteaufwand erkannt chiocephalicus oder des intrathorakalen Segmen- werden. Dopplersonographisch können seltenere tes der A. carotis communis. Dieses Phänomen ist

226 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Abbildung 2

Bei 96,8% aller Patienten, die dem Verfasser dieses Beitrages direkt zur neuroangiologischen Untersuchung zugewiesen wurden, war präoperativ keine MR-, CT- oder intraarterielle Angiographie nötig. Bei 2,7% aller Patienten wurde eine bildgebende Untersuchung vor dem neurovaskulären Konsilium durchgeführt, die Zuweisung erfolgte, weil eine Präzisierung der Befunde mit Indikationsstellung zur chirurgischen oder konservativen Behandlung erwartet wurde bzw. nötig war.

zwar nicht häufig, jedoch entscheidend für die die Zuweisung bzw. Durchführung einer konsi- Wahl der Behandlung des betroffenen Patienten. liarischen neurologisch-neuroangiologischen Ab- Beide Methoden sind deutlich raum-, geräte- und klärung, jedoch bei weitem nicht die einzige mög- personalintensiver. Im Gegensatz dazu sind die liche Antwort (s. oben). Zudem sind Verlaufs- kombinierten Anschaffungskosten für ein Dop- untersuchungen/-kontrollen bei konservativ und plersonographie-Gerät neuester Technologie mit invasiv gefässchirurgisch bzw. mittels perkutaner kombinierter extra- und transkranieller Doppler- transluminaler Angioplastie mit oder ohne Stent- sonographie und ein Duplex-Gerät mit Sonden einlage behandelten Patienten ohne grösseren für die Beschallung der extra- und intrakraniellen Aufwand durchführbar, mit entsprechenden the- Gefässe sowie der Raum- und Personalbedarf rapeutischen Konsequenzen bei progredient ob- wesentlich niedriger, zeitintensiv und kostenträch- struktiver Gefässpathologie oder Rezidiv- bzw. tiger sind Ausbildung und Erfahrungssammlung. In-Stent-Stenose. Mittels eines transkraniellen Bei neuroangiologischer Kompetenz ist die Monitoring können die stabilisierende Wirkung adäquate Behandlung eines zerebrovaskulär kom- einer Antikoagulation auf eine floride Embolie- promittierten Patienten aufgrund von Anamnese, quelle oder die Geschwindigkeit der medika- Klinik und Resultat der neurovaskulären Abklä- mentösen Lyse einer Thrombose bzw. eines Embo- rung mit den obenbeschriebenen Ultraschallme- lus im M1-Segment der A. cerebri media oder thoden ohne ergänzende zerebrale CT-, MR- oder weiter proximal dokumentiert werden [35]. intraarterielle Angiographie bestimmbar. Bei Un- Aus diesem Grund wird die neurovaskuläre Un- klarheiten kann die Indikation zu diesen Zusatz- tersuchung mit Ultraschallmethoden nicht durch untersuchungen gezielter gestellt werden. Zudem andere Untersuchungsmethoden ersetzt werden, können andere in Frage kommende bzw. differen- d. h. auch in Zukunft bei der Abklärung und Ver- tialdiagnostisch zu erwägende neurologische bzw. laufskontrolle von Patienten mit zerebrovasku- intern-medizinische Erkrankungen gezielter eva- lären Erkrankungen oder Patienten mit Erkran- luiert werden.Als Beispiel sei die chirurgische Be- kungen, bei denen differentialdiagnostisch eine handlung von Patienten mit symptomatischer und solche zu evaluieren ist, ihre Bedeutung und asymptomatischer Karotisstenose in unserer Serie Wertigkeit beibehalten. Weitere Anwendungen angeführt, bei denen die Indikation zur Karotis- sind im Entwicklungsstadium: Thrombendarterektomie ohne weitere Zusatzab- – z.B. die transkranielle Doppler- bzw. Duplex- klärungen gestellt wurde (Abb. 2). sonographie als Akzelerator bei der Lyse von Die Frage nach einer zu behandelnden Karo- Thromben bzw. Embolien in der A. cerebri tisstenose ist zwar die häufigste Indikation für media [36],

227 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 – mit einer elastischen Phospholipidschicht 14 Keller HM, Müller A, Meier W, Schönbeck M. Transorale stabilisierte elastische Mikrobubbles und so- Dopplersonographie unter Schleimhautanästhesie zur genannte Kontrast-Puls-Sequenz-Technik auf Beurteilung der Strömungsverhältnisse in den Aa. vertebrales (Vertebralis-Doppler). harmonischer Basis zwecks Dokumentation Dtsch Med Wochenschr. 1975;100:943–6. der Perfusionsverhältnisse auf der mikrovas- 15 McLeod FD. Multichannel pulse Doppler techniques. kulären zerebralen Ebene im Stadium einer In: Reneman RS, editor. Cardiovascular Application akuten zerebralen Ischämie, of Ultrasound. New York: American Elsevier Publishing Co; – die Sonoportation, d.h. der Ultraschall-gesteu- 1974. p. 85–107. erte Transport von Medikamenten in Mikro- 16 Keller HM, Meier WE, Anliker M, Kumpe DA. Noninvasive bubbles mit dem Ziel, die Blut-Hirn-Schranke measurement of velocity profiles and blood flow in the common carotid artery by pulsed Doppler ultrasound. zu passieren. Stroke. 1976;7:370–7. 17 Keller HM, Krayenbühl C, Anliker M. Karotisperfusion und Aortenklappenersatz. Herz/Kreislauf. 1979;11:54–61. Literatur 18 Keller HM. Diagnosis and follow-up of patients with cerebral AVM using Doppler ultrasound. In: Yasargil MG, 1 Huber P, Krayenbühl H, Yasargil MG. Zerebrale Angio- Teddy PJ, Valavanis A. AVM of the Brain, History, Embryo- graphie für Klinik und Praxis. 3. Auflage. logy, Pathological Considerations, Hemodynamics, Stuttgart, New York: Georg Thieme Verlag; 1979. S. 1–5. Diagnostic Studies, Microsurgical Anatomy. Stuttgart, New York: Georg Thieme Verlag; 1987. p. 240–9. 2 Carrea R, Mollins M, Murphy G. Surgical treatment of spontaneous thrombosis of the internal carotid artery 19 Liepsch W. Proceedings of the International Symposium in the neck. Carotid-carotideal anastomosis. on Biofluid Mechanics; 1988. Report of a case. Acta Neurol Latinoamer. 1955;1:71–8. 20 von Büdingen HJ, von Reutern G-M, Freund HJ. 3 Cooley DA, Ainaaman YD, Carton CA. Surgical treatment Die Differenzierung der Halsgefässe mit der direktio- of arteriosclerotic occlusion of common carotid artery. nellen Doppler-Sonographie. J Neurosurgery. 1956;13:500–6. Arch Psychiatr Nervenkr. 1976;222:177–90. 4 Hass WK, Fields WS, North RR, Kircheff II, Chase NE, 21 von Reutern GM, von Büdingen HJ, Hennerici M, Bauer RB. Joint study of extracranial arterial occlusion. Freund HJ. Diagnose und Differenzierung von Stenosen JAMA. 1968;203:961–8. und Verschlüssen in der Arteria carotis mit der Doppler- 5 Satomura S, Kaneko Z. Ultrasonic Blood Rheograph. Sonographie. Proceeding of the 3rd International Conference Arch Psychiatr Nervenkr. 1976;222:191–207. on Medical Electronics. London; 1960. p. 254. 22 von Reutern GM, Pourcelot L. Cardiac cycle-dependant 6 Rushmer RF, Baker W, Stegall HF. Transcutaneous alternating flow in vertebral arteries with subclavian Doppler flow detection as a non-destructive technique. artery stenosis. Stroke. 1978;9:229–36. J Appl Physiol. 1966;21:554. 23 Keller HM, Meier W. Dopplersonographie nach Endar- 7 Brockenbrough EC. Screening for the prevention of stroke: terektomie an der A. carotis zur Früherfassung von use of a Doppler flowmeter. Information and Education Rethrombosierungen. Thoraxchirurgie. 1974;22:525–41. Resource Support Unit. 24 Evans TC, Green P-S, Greenleaf JP. Development of High Washington, Alaska: Regional Medical Program; 1969. Resolution Ultrasound Imaging Techniques for Detection 8 Peronneau PA, Legler F. Doppler Ultrasonic Pulsed Blood and Clinical Assessment of Cardiovascular Disease. Flowmeter. Proceedings of the 8th International Menlo Park, CA: Standford Research Institute; 1976. Conference on Medical and Biological Engineering. 25 Terwey B, Gahbauer H. Die Untersuchung der extra- 22nd Annual Conference on Engineering in Medicine kraniellen Arteria carotis mit einem hochauflösenden and Biology. Chicago; 1969. B-Bildverfahren. Fortschr Röntgenstr. 1981;135:524–32. 9 Müller HR. Direktionelle Dopplersonographie der 26 Barber FE, Baker DW, Nation AW, Strandness DE Jr, A. frontalis medialis. EEG EMG. 1971;2:24–32. Reid JM. Ultrasonic duplex echo-Doppler scanner. 10 Keller H, Baumgartner G, Brunner HH, Corti V, Regli F. IEEE Trans Biomed Eng. 1974;21:109–13. Carotisstenosen: Diagnose durch percutane Messungen 27 Hennerici M. Nicht-invasive Diagnostik des Frühstadiums mit dem Doppler-Ultraschallprinzip an der A. supraorbita- arteriosklerotischer Karotis-Prozesse mit dem Duplex- lis oder A. frontalis medialis. In: Prenner K, Denck H, System. VASA. 1983;12:228–32. Piza F, Brüke P. Die Chirurgie der supraaortischen Äste. IV. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft 28 Philips DJ, Baker DW, Strandness DE Jr. Combined echo- für Gefässchirurgie, Salzburg 15./16. Oktober 1971. Doppler (Duplex) imaging. In: Bernstein EF. Noninvasive Wien: Verlag Egermann; 1973. S. 93–107. Diagnostic Techniques in Vascular Disease. 2nd edition. St. Louis: Mosby; 1982. p. 272–80. 11 Planiol T, Pourcelot L, Pottier JM, Degiovanni E. Etude de la circulation carotidienne par les méthodes 29 Aaslid R, Markwalder TM, Nornes H. Noninvasive ultrasoniques et la thermographie. transcranial Doppler ultrasound recording of flow velocity Rev Neurol. 1972;126:127–41. in basal cerebral arteries. J Neurosurg. 1982;57:769–74. 12 von Büdingen HJ, von Reutern G-M. Ultraschalldiagnostik der hirnversorgenden Arterien. 30 Bartels E. Farbduplexsonographie der hirnversorgenden Stuttgart, New York: Georg Thieme Verlag; 1993. S. 90. Gefässe. Stuttgart, New York: Schattauer; 1999. 13 Spencer MP, Reid JM. Quantification of carotid stenosis 31 Kriessmann A, Bollinger A, Keller HM. Praxis der Doppler- with continuous-wave Doppler-Ultrasound. Sonographie. Stroke. 1979;10:326–30. Stuttgart, New York: Georg Thieme Verlag; 1990.

228 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 32 Neuerburg-Heusler D, Hennerici M. Gefässdiagnostik 35 Georgiadis D, Siebler M. Detection of Microembolic mit Ultraschall. Signals with Transcranial Doppler Ultrasound. Stuttgart, New York: Georg Thieme Verlag; 1999. In: Baumgartner RW, editor. Handbook on Neurovascular Ultrasound. Basel, Freiburg, Paris, London, et al.: 33 Widder B. Doppler- und Duplexsonographie der hirn- Karger; 2006. p. 194–205. versorgenden Arterien. Berlin, Heidelberg: Springer Verlag; 1995. 36 Daffertshofer M, Hennerici M. Sonothrombolysis: experimental evidence. In: Baumgartner RW, editor. 34 Keller HM, Imhof H-G, Valavanis A. Persistent cervical Handbook on Neurovascular Ultrasound. Basel, Freiburg, intersegmetal artery as a cause of recurrence of Paris, London, et al.: Karger; 2006. p. 140–9. a traumatic carotid-cavernous fistula: case report, with emphasis on ultrasound diagnosis. Neurosurgery. 1982;10:492–8.

229 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 SNG-Jubiläum Zur Entwicklung der Neuroradiologie in der Schweiz und zur Geschichte der Schweizerischen Gesellschaft für Neuroradiologie n A. Valavanis Institut für Neuroradiologie, Universitätsspital Zürich

Einleitung klinische Neurowissenschaftler, u.a. Neurochirur- gen, aber auch Neurologen und Otorhinolaryngo- Neuroradiologie ist eine organbezogene Spezial- logen die eigentlichen Wegbereiter der Neuro- disziplin, die sich methodologisch-technisch aus radiologie, zu einer Zeit also, als es noch keine dem Mutterfach Medizinische Radiologie und haupt- oder vollamtlich tätigen Neuroradiologen konzeptionell-inhaltlich aus den Mutterfächern im heutigen Sinne gab [1]. der klinischen Neurowissenschaften, allen voran In den neurochirurgischen Abteilungen der der Neurochirurgie, Neurologie, Schädelbasischir- grösseren kantonalen und universitären Spitäler urgie, Otorhinolaryngologie und Ophthalmologie, wurden die invasiven Methoden der Luftenzepha- entwickelt hat. Dieser Dualismus in der Entste- lographie und der eine Allgemeinnarkose benö- hung und Entwicklung der Neuroradiologie kenn- tigenden Ventrikulographie von den Neurochirur- zeichnet noch heute das Fach in all seinen Facetten gen selbst, mit oder ohne Mitwirkung der Radio- und Aktivitäten im Rahmen der klinischen Dienst- logen, vorwiegend zur Diagnostik intrakranieller leistung, der Forschungstätigkeit, der Lehre und Tumoren, durchgeführt. Die Myelographie mit der Standespolitik. positiven Kontrastmitteln (v.a. Lipiodol) wurde Ursprünglich und über lange Phasen ihrer Ent- mehrheitlich von Radiologen in röntgendiagnosti- wicklung ausschliesslich diagnostisch orientiert, schen Abteilungen und Instituten durchgeführt. nimmt sie durch Anwendung spezieller, endovas- Am Zürcher Universitätsspital hat sich Hugo kulärer Kathetertechniken, aber auch bildgebend Krayenbühl, seit der Gründung der neurochirur- gesteuerter, perkutaner Methoden seit Ende der gischen Klinik 1937, neben der Verfeinerung 1960er Jahre zunehmend therapeutische Aufgaben der neurochirurgischen Operationsmethoden zur wahr. Mit der Entwicklung ihres an Bedeutung Aufgabe gestellt, die Erkrankungen des Zentral- weiterhin zunehmenden therapeutischen Zweiges nervensystems mit den klinisch-neurologischen hat sich die Neuroradiologie definitiv als klinische Untersuchungsmethoden und mit den neurochir- Disziplin auch innerhalb der Neurowissenschaften urgischen Hilfsmethoden der Röntgendarstellung verankert. der Gehirnkammern (Enzephalographie) und der Gehirngefässe (Angiographie) zu erforschen, um die bestmögliche Behandlung zu erzielen [2–4]. Entwicklung der Neuroradiologie Es waren Krayenbühl und Yas¸argil, die formell in der Schweiz den Begriff «Neuroradiologie» in die Schweiz ein- führten und auf die Notwendigkeit, dieses Fach Wie in anderen Ländern waren auch in der als selbständige Disziplin innerhalb der klinischen Schweiz,seit der Entdeckung der Röntgenstrahlen Neurowissenschaften aufzunehmen, eindringlich, Ende des 19. Jahrhunderts und bis in die 1960er beharrlich und nachhaltig hinwiesen. Im Vorwort Jahre des 20. Jahrhunderts, neben einzelnen Ra- zur 2. Auflage ihres klassischen neuroradiolo- diologen, die sich mehrheitlich mit der konven- gischen Werkes «Die zerebrale Angiographie» aus tionellen Schädelradiologie, später auch mit der dem Jahre 1965 [2] halten sie diesbezüglich fest: Tomographie des Schädels befassten, vorwiegend «Seit dem Erscheinen der von Krayenbühl und Richter 1952 verfassten zerebralen Angiographie

Korrespondenz: hat diese Untersuchungsmethode derart an Bedeu- Prof. Dr. med. Anton Valavanis tung zugenommen, dass sich ein eigentliches Son- Institut für Neuroradiologie dergebiet innerhalb der neurologischen Wissen- Universitätsspital schaften, die Neuroradiologie, entwickelt hat.» Frauenklinikstrasse 10 CH-8091 Zürich Dieses klare Bekenntnis zum Stellenwert und zur e-mail: [email protected] Positionierung der Neuroradiologie war für die

230 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Weiterentwicklung des Faches in der Schweiz bis Huber den 11. Jahreskongress der Europäischen heute wegweisend. Gesellschaft für Neuroradiologie in Bern. Peter Es war der Neurochirurg und neuroradiologi- Huber war auch massgeblich an der 1970 erfolgten sche Autodidakt Peter Huber am Inselspital Bern, Gründung der ersten Fachzeitschrift für Neuro- der Mitte der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts radiologie, nämlich «Neuroradiology», beteiligt, gegen nicht unerhebliche Widerstände seitens die als das offizielle Organ der neugegründeten der Radiologie mit dem Aufbau der ersten, auch Europäischen Gesellschaft für Neuroradiologie formell als solchen bezeichneten, neuroradiologi- vom Springer Verlag herausgegeben wurde. Ge- schen Abteilung in der Schweiz am Radiologischen meinsam mit dem Radiologen J.Wellauer (Zürich) Institut des Inselspitals begann [5]. Huber, gebo- und dem Neurochirurgen M. G. Yas¸argil (Zürich) ren 1926, nahm seine ärztliche Tätigkeit 1954 am wirkte er über mehrere Jahre als Mitglied des Inselspital Bern auf. Die erste Assistenzarztstelle Editorial Boards dieser Zeitschrift.Ausser der Ver- trat er auf der damals noch sehr jungen Spezialdis- öffentlichung wegweisender Beiträge, insbeson- ziplin Neurochirurgie unter PD Dr.M.Markwalder dere auf dem Gebiet der neuroangiographischen an und bildete sich in Neurochirurgie weiter. Mit Diagnostik, verfasste Peter Huber 1979 die dritte, einem bescheidenen Stipendium absolvierte er in neu überarbeitete Auflage der «Zerebralen Angio- den Jahren 1963/64 einen Weiterbildungsaufent- graphie» von Krayenbühl und Yas¸argil, die mit halt bei J. S. Meyer in Detroit (USA), wo er sich in der 1982 erfolgten Übersetzung ins Englische eine die Physiologie und Pathophysiologie des Hirn- weite Verbreitung fand [7].Peter Huber gilt als der kreislaufes einarbeitete und dieses Gebiet zusam- unbestrittene Begründer der Neuroradiologie in men mit der zerebralen Angiographie zu seinem der Schweiz. Forschungsschwerpunkt machte. Für seine daraus Obwohl auch an den anderen universitären entstandenen wissenschaftlichen Arbeiten wurde Röntgeninstituten neuroradiologisch interessierte er 1969 mit dem prestigeträchtigen Robert-Bing- Radiologen und auch hochqualifizierte Neuro- Preis der Schweizerischen Akademie für Medizi- radiologen arbeiteten, erfolgte die Einrichtung nische Wissenschaften ausgezeichnet. eigenständiger neuroradiologischer Abteilungen Nach seiner Rückkehr aus Detroit (USA) ent- wegen des Widerstandes der Leiter der universi- schloss sich Peter Huber, die Neurochirurgie zu tären Röntgeninstitute und der Schweizerischen verlassen und sich dem Aufbau der eigenständigen Gesellschaft für Radiologie und Nuklearmedizin Spezialdisziplin Neuroradiologie am Inselspital zu (SGRNM) nur zögerlich. Zu erwähnen ist hier widmen. Damit wurde P. Huber der erste in der die Errichtung von Arbeitsbereichen und noch Schweiz vollamtlich tätige Neuroradiologe und nicht autonomen Abteilungen für Neuroradiolo- errichtete 1965 am Inselspital Bern, mit Unter- gie durch R. Oberson 1965 in Lausanne, Frau stützung der Neurochirurgen und Neurologen im M. Mégret 1966 in Genf, U. Wiggli 1974 in Basel, Rahmen des Röntgeninstitutes der Universität, O. Schubiger 1978 in Zürich und R. Chzranowski die erste neuroradiologische Abteilung in der in Aarau. Damit wurden die Keime für die spätere Schweiz. Er war auch der erste Schweizer Neuro- Gründung echter,fachtechnisch und teilweise auch radiologe, der mit einer Professur Anerkennung organisatorisch selbständiger neuroradiologischer fand und so die Tore für die akademische An- Abteilungen und Institute an den Schweizer Uni- erkennung der Neuroradiologie in der Schweiz versitätsspitälern und den grösseren kantonalen öffnete [6]. Spitälern gesät [1]. Peter Huber war mindestens in den ersten Jah- Diese Entwicklung wurde verstärkt und akze- ren seines Wirkens als Neuroradiologe am Insel- leriert durch die im Verlauf der 70er Jahre des letz- spital Bern weitgehend auf sich allein gestellt. ten Jahrhunderts erfolgte Installation der ersten Möglichkeiten eines fachlichen Gedanken- und Er- Schädel-Computertomographen an den Schwei- fahrungsaustausches mit Kollegen in der Schweiz zer Universitätsspitälern, und zwar 1973 in Basel, fehlten weitgehend. Deshalb knüpfte P. Huber 1977 in Zürich, Lausanne und Bern, 1978 in Genf, schon frühzeitig Kontakte zu Kollegen im Aus- sowie durch die Installation und Inbetriebnahme land. Die so entstandenen wissenschaftlichen und Mitte der 1980er Jahre der ersten Magnetreso- freundschaftlichen Beziehungen mit ausländischen nanzanlagen [1, 8]. Kollegen führten 1969 zur Gründung der Euro- Auch die Entwicklung der interventionellen päischen Gesellschaft für Neuroradiologie in Col- Neuroradiologie in der Schweiz trug dazu wesent- mar (F), deren Gründungsmitglied er gemeinsam lich bei [9]. Die ersten katheterassistierten endo- mit Roland Oberson aus Lausanne war und der vaskulären Neurointerventionen führte R. Ober- er als Vorstandsmitglied und Kassier über zwei son Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts Jahrzehnte hinweg diente. 1983 organisierte Peter am Röntgeninstitut des Universitätsspitals Lau-

231 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 sanne im Gefässgebiet der A.carotis externa durch nehmbarer zu machen, die Zeit für die Schaffung [10, 11]. Ende der 1970er Jahre begann A. Vala- einer Schweizerischen Fachgesellschaft reif zu sein. vanis in Zusammenarbeit mit dem Neurochirurgen Die Widerstände gegen dieses Ansinnen seitens G. M. Yas¸argil,dem Schädelbasischirurgen U.Fisch der SGRNM waren erheblich. Die Schaffung einer und dem plastischen Chirurgen L.Clodius mit dem voll in die SGRNM integrierten Arbeitsgruppe systematischen Auf- und später Ausbau der inter- für Neuroradiologie war das Maximum, was die ventionellen Neuroradiologie am Universitätsspi- SGRNM den Neuroradiologen zugestand.Auf der tal Zürich [12–16]. Anfang der 1980er Jahre be- anderen Seite hatten die Schweizer Neuroradio- richtete U.Wiggli aus dem Universitätsspital Basel logen die uneingeschränkte Unterstützung der kli- über die ersten perkutanen transluminalen Angio- nisch-neurowissenschaftlichen Fachgesellschaften plastien der A.carotis interna [17].Mitte der 1980er und deren Exponenten, insbesondere der Schwei- Jahre begann D. Rüfenacht nach Weiterbildung zerischen Gesellschaft für Neurochirurgie, der bei J.J.Merland an der Lariboisière in Paris (F) und Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft so- später bei Ch. Strother in Madison, Wisconsin wie auch der Schweizerischen Gesellschaft für (USA), mit der Einführung der interventionellen Otorhinolaryngologie und Gesichtschirurgie. Neuroradiologie am Inselspital Bern und etablierte Die SGNR wurde auf Initiative der Neuro- diese in den 1990er Jahren am Universitätsspital radiologen Peter Huber, Ernst Wilhelm Radue, Genf nach seiner Berufung an die dortige Neuro- Othmar Schubiger und Anton Valavanis am radiologie.Mittlerweile wurde die interventionelle 25. Juli 1989 in Zürich während einer konstitu- Neuroradiologie an allen Schweizer Universitäts- ierenden Versammlung im Zürcher Hotel Schwei- spitälern sowie an grösseren kantonalen Spitälern zerhof mit dem Ziel gegründet, das Fachgebiet der etabliert. Neuroradiologie in der Krankenversorgung, der 1985 errichtete A. Valavanis die Abteilung für Aus-,Weiter- und Fortbildung,der Forschung sowie Neuroradiologie als etatmässiges Extraordinariat auch standespolitisch zu fördern [1, 19]. am Zürcher Universitätsspital, die 1994 in ein Anlässlich der ersten Jahrestagung der neu- Institut und Ordinariat umgewandelt wurde. Zur gegründeten Gesellschaft am 28. Oktober 1989 gleichen Zeit errichtete O. Schubiger in Zürich im Universitätsspital Zürich wurden die Statuten das erste neuroradiologische Institut in freier durch die Mitgliederversammlung in Kraft gesetzt Praxis und öffnete so den Weg für die ausser- [20]. Sie wurden im Jahr 1992 anlässlich der Schaf- universitäre Verbreitung der Neuroradiologie in fung des FMH-Untertitels Neuroradiologie ein der Schweiz. Ende der 1980er und Anfang der erstes Mal,2001 anlässlich der Schaffung der FMH- 1990er Jahre erfolgten nacheinander die Grün- Schwerpunkte «diagnostische und invasive Neuro- dung von neuroradiologischen Abteilungen am radiologie» ein zweites Mal und 2006 anlässlich Kantonsspital Aarau durch A. Mironov, am Uni- der Erweiterung des Vorstandes ein drittes Mal versitätsspital Basel durch E. W. Radue, am revidiert. Universitätsspital Bern durch G. Schroth, am Einen ersten standespolitischen Erfolg erzielte Universitätsspital Genf durch D. Rüfenacht, am die junge Fachgesellschaft im Jahre 1991 mit der Universitätsspital Lausanne durch A. Uské und Schaffung des damaligen Untertitels FMH für am Kantonsspital St. Gallen durch W. Zaunbauer. Neuroradiologie, was den Beginn einer formellen, Die neuroradiologischen Einrichtungen stellen strukturierten und von der Schweizerischen Ärzte- heute mit ihren unverzichtbaren diagnostischen organisation (FMH) anerkannten neuroradiologi- und interventionell-therapeutischen Tätigkeitsfel- schen Weiterbildung in der Schweiz markiert [21]. dern eine zentrale Schnittstelle und einen Brenn- Die 90er Jahre des letzten Jahrhunderts waren punkt der Neurofächer dar [18]. von der weiteren fachlichen und standespolitischen Verankerung der Neuroradiologie in der Schweiz sowie der Herstellung vertiefter Beziehungen Die Schweizerische Gesellschaft mit internationalen neuroradiologischen Orga- für Neuroradiologie (SGNR) nisationen, wie vor allem der European Society of Neuroradiology (ESNR), der World Federation of Ende der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts Neuroradiological Societies (WFNRS) und der schien, aufgrund der akzelerierten Errichtung World Federation of Interventional and Therapeutic neuroradiologischer Abteilungen, des zunehmen- Neuroradiology (WFITNR),geprägt.Mehrere Ex- den Bedarfes nach strukturierter und vertiefter ponenten der Schweizer Neuroradiologie wirkten Weiterbildung auf dem Gesamtgebiet der Neuro- immer wieder im Vorstand und in den verschie- radiologie sowie des Bedürfnisses, die Neuro- denen Kommissionen dieser Fachgesellschaften. radiologie als organbezogene Fachdisziplin wahr- A. Valavanis wirkte zudem von 1997 bis 2002 als

232 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Tabelle 1 Jahrestagungen der SGNR im Überblick. Tagung Jahr Ort Kongress-Präsident

1. Tagung 1989 Zürich A. Valavanis 2. Tagung 1990 Bern P. Huber 3. Tagung 1991 Zürich A. Valavanis gemeinsam mit dem 17th Annual Congress of the ESNR 4. Tagung 1992 Basel E. W. Radue 5. Tagung 1993 Lausanne A. Uské 6. Tagung 1994 Aarau A. Mironov 7. Tagung 1995 Würzburg (D) Gemeinsame Jahrestagung der Deutschen (M. Nadjmi), Schweizerischen (A. Valavanis) und Österreichischen (E. Schindler) Gesellschaft für Neuroradiologie 8. Tagung 1996 St. Gallen W. Zaunbauer 9. Tagung 1997 Zürich W. Wichmann 10. Tagung 1998 Bern G. Schroth 11. Tagung 1999 Lugano C. Merenda 12. Tagung 2000 Genf D. Rüfenacht 13. Tagung 2001 Basel E. W. Radue 14. Tagung 2002 Paris (F) XVIIth Symposium Neuroradiologicum 15. Tagung 2003 Zürich A. Valavanis gemeinsam mit der Schweizerischen Gesellschaft für Neurochirurgie (H.-G. Imhof) 16. Tagung 2004 Genf D. Rüfenacht gemeinsam mit der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft 17. Tagung 2005 Bern G. Schroth 18. Tagung 2006 Basel A. Valavanis und E. W. Radue gemeinsam mit der Swiss Society for Neuroscience (a.o. Mitgliederversammlung) Genf D. Rüfenacht im Rahmen des Jahreskongresses ESNR ord. Mitglieder- versammlung 19. Tagung 2007 Aarau E. Kirsch 20. Tagung 2008 Montreux E. W. Radue gemeinsam mit allen Neuro-Gesellschaften der Schweiz anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums der SNG

Präsident der World Federation of Neuroradiolo- Die entsprechenden Weiterbildungsprogramme gical Societies [22]. wurden per 1. Januar 2001 durch die FMH in Kraft Mit der im Jahr 1997 durch die FMH eingelei- gesetzt. teten Neuordnung der Facharzttitel in der Schweiz Seit ihrer Gründung führt die Gesellschaft jähr- schien – aufgrund des bisherigen Wachstums der liche, qualitativ hochstehende und sehr gut be- Neuroradiologie und des starken Bedürfnisses suchte Jahrestagungen durch, die in der Tabelle 1 nach inhaltlich vertiefter Weiterbildung – die Zeit wiedergegeben sind. reif für die Schaffung eines Facharzttitels Neuro- Das stetige Wachstum der Neuroradiologie radiologie. Trotz der starken Bemühungen der wird an den jährlich zunehmenden Titelerteilungen SGNR und ihrer besonnenen,kompromissbereiten zu den Schwerpunkten «diagnostische und invasive und konzertierten Vorgehensweise und obwohl die Neuroradiologie» sowie auch an der zunehmenden Nachbardisziplinen Neurologie, Neurochirurgie Zahl der Gesellschaftsmitglieder und an der von und Otorhinolaryngologie die Schaffung eines Jahr zu Jahr zunehmenden Zahl der Teilnehmer an Facharzttitels Neuroradiologie begrüssten und der Jahrestagung der Gesellschaft sichtbar. Heute dezidiert gegenüber der FMH und ihrer damaligen sind in der Schweiz 52 Schwerpunktinhaber für Weiterbildungskommission unterstützten, ist nach diagnostische und 29 für invasive Neuroradiologie langen Auseinandersetzungen dieses zentrale Pro- berufstätig. Im Zusammenhang mit einer Neuaus- jekt schlussendlich am Widerstand der Schweize- richtung der Gesellschaft Anfang der 2000er Jah- rischen Gesellschaft für Radiologie gescheitert. re hin zu den klinischen Neurowissenschaften, Die Ärztekammer hat im Juni 2000 den Antrag auf führt die SGNR ihre Jahrestagungen nach Mög- Schaffung eines Facharzttitels für Neuroradiolo- lichkeit gemeinsam mit einer Fachgesellschaft gie zurückgestellt und statt dessen zwei neurora- aus den benachbarten, fachverwandten klinischen diologische Schwerpunkte, einen für diagnostische Neurodisziplinen durch [1]. So fand bereits die und einen für invasive Neuroradiologie,eingeführt. 15.Jahrestagung im Jahr 2003 in Zürich gemeinsam

233 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 mit der Schweizerischen Gesellschaft für Neuro- 4 Krayenbühl H. Die neurochirurgische Klinik. chirurgie und diejenige des Jahres 2004 in Genf In: Regierungsrat des Kantons Zürich, Herausgeber. gemeinsam mit der Schweizerischen Neurologi- Zürcher Spitalgeschichte, Band II. Zürich; 1951. S. 475–6. schen Gesellschaft statt. Im Jahr 2006 fand eine 5 Huber P. Zur Geschichte der Neuroradiologie in der gemeinsame Jahrestagung mit der Swiss Society for Schweiz. Neuroradiologia Helvetica. 1997;8:9–11. Neuroscience in Basel statt. Im Jahr 2008 kommen 6 Huber P. Die Zukunft der Neuroradiologie. anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums der Schweize- Schweiz Med Wochenschr. 1988;Suppl 25:35–7. rischen Neurologischen Gesellschaft alle klinisch- 7 Huber P. Krayenbühl/Yasargil. Zerebrale Angiographie für neuro-wissenschaftlichen Fachgesellschaften der Klinik und Praxis. 3., vollständig neubearbeitete Auflage. Schweiz zu einem gemeinsamen Neuro-Kongress Stuttgart: Georg Thieme Verlag; 1979. in Montreux zusammen. 8 Valavanis A. Entwicklung, gegenwärtiger Stand und Heute zählt die SGNR insgesamt 219 Mit- Zukunftsperspektiven der Neuroradiologie, Teil I: Diagnostische Neuroradiologie. glieder,davon 61 ordentliche,37 ausserordentliche Neuroradiologia Helvetica. 1989;1:14–25. und 115 medizinisch-technische Mitglieder. Ein 9 Valavanis A. Entwicklung, gegenwärtiger Stand und besonderes Anliegen der Gesellschaft seit ihrer Zukunftsperspektiven der Neuroradiologie, Teil II: Gründung war die Förderung der neuroradiolo- Interventionelle Neuroradiologie. gisch tätigen Fachleute für Radiologie. Sie bilden Neuroradiologia Helvetica. 1989;2:21–34. aus diesem Grunde eine eigene Sektion innerhalb 10 Oberson R, Pellissier M. Diagnostic and therapeutic der Gesellschaft, führen ihre Zusammenkunft in- value of selective carotid angiography in a case of nasopharyngeal hemangiofibroma of male puberty. tegriert mit der Jahrestagung der Gesellschaft Pract Otorhinolaryngol. 1968;30(3):149–60. durch und haben äusserst erfolgreiche Fortbil- 11 Oberson R, de Tribolet N, Campiche R, Probst A. dungskurse institutionalisiert. Embolization of the middle meningeal artery catheterized Zur Förderung des akademischen neuroradio- via femoral approach for preoperative hemostasis of logischen Nachwuchses hat die SGNR seit ihrer a meningioma of the cerebral convexity. Schweiz Med Wochenschr. 1968;30:149–60. Gründung einen wissenschaftlichen Preis gestiftet, 12 Yasargil MG. Die neurochirurgische Klinik, 1951–1999. der anlässlich der Jahrestagung verliehen wird. In: Regierungsrat des Kantons Zürich, Herausgeber. Zu Ehren und zur Pflege der Erinnerung an ihr Zürcher Spitalgeschichte, Band III. Gründungsmitglied und Promotor der Neuro- Zürich; 2000. S. 464–76. radiologie in der Schweiz, Professor Peter Huber, 13 Valavanis A, Clodius L. Der Beitrag der Neuroradiologie hat die Gesellschaft 2003 diesen wissenschaftlichen zur Erfassung und Behandlung von Gesichtshäman- giomen. Schweiz Med Wochenschr. 1983;113:281–9. Preis zu «Peter Huber Preis» umbenannt. Er wurde 14 Valavanis A. Preoperative embolization of the head bisher insgesamt 11 Mal verliehen. and neck: indications, patient selection, goals, and Trotz einiger Rückschläge hat sich die SGNR precautions. Am J Neuroradiol. 1986;7:943–52. nicht nur insgesamt positiv entwickelt, sondern 15 Fisch U, Valavanis A, Yasargil MG. Neurological Surgery es ist ihr – trotz Widerstand – gelungen, sich in of the Ear and the Skull Base. der komplexen und vielfältigen Landschaft der Amsterdam: Kugler and Ghedini; 1989. von der FMH anerkannten medizinischen Fach- 16 Valavanis A. Interventional Neuroradiology. gesellschaften fest zu positionieren,mit den neuro- Berlin, Heidelberg, New York: Springer Verlag; 1993. wissenschaftlichen Fachgesellschaften erfolgreich 17 Wiggli U, Gratzl O. Transluminal angioplasty of stenotic carotid arteries: case reports and protocol. zu kooperieren und in internationalen, neuro- Am J Neuroradiol. 1983;4(3):793–5. radiologischen Organisationen,in vielen Belangen 18 Schroth G, Remonda L, Brekenfeld G, Ozdoba C, Wiest R. federführend, mitzuwirken und auf dieser Grund- Diagnostische und interventionelle Neuroradiologie: lage weiterzukommen. Schnittstelle und Brennpunkt der Neurofächer. Schweiz Med Forum. 2005;5:27–9. Literatur 19 Valavanis A. The Swiss Society of Neuroradiology: historical outline. In: Cabanis EA, Iba-Zizen M-T, editors. 1 Valavanis A. Origin and development of neuroradiology A History of Neuroradiology (1895–2002). in Switzerland as a special field of the clinical neuro- Paris: Europa édition; 2002. sciences. Neuroradiologia Helvetica. 2003;9:5–33. 20 Radue EW. Bericht über die 1. Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Neuroradiologie. 2 Krayenbühl H, Yasargil MG. Die zerebrale Angiographie. Neuroradiologia Helvetica. 1990;2:35–7. Lehrbuch für Klinik und Praxis. Stuttgart: Georg Thieme Verlag; 1965. 21 Valavanis A. Konzept der Schweizerischen Gesellschaft für Neuroradiologie (SGNR) zur Weiterbildung in Neuro- 3 Krayenbühl H. Indikationen und Grenzen neuro- radiologie. Neuroradiologia Helvetica. 1997;8:12–8. radiologischer Methoden. In: Schinz HR, Baensch WE, Frommhold W, Glauner R, Uehlinger E, Wellauer J, 22 Valavanis A. History of the World Federation of Neuro- Herausgeber. Lehrbuch der Röntgendiagnostik, Band III. radiological Societies. In: Cabanis EA, Iba-Zizen M-T, 6., neubearbeitete Auflage. editors. A History of Neuroradiology (1895–2002). Stuttgart: Georg Thieme Verlag; 1966. S. 423–6. Paris: Europa édition; 2002. p. 566–9.

234 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 SNG-Jubiläum Die Schweizer Neurochirurgie: ein Rückblick n A. Benini St. Gallen

Der Berner Chirurg Theodor Kocher, der 1909 therapie als für ihre Arbeit zwingend notwendig den Nobelpreis für Medizin erhalten und in sei- erkannten und förderten, bewiesen sie, dass die ner Abhandlung Chirurgische Operationslehre aus Gehirn- und Rückenmarkchirurgie möglich, nütz- dem Jahre 1892 der Temporären Schädelresektion, lich und oft unabdingbar war. Sie alle waren aus- d.h. der Kraniotomie, ein Kapitel gewidmet hatte, sergewöhnlich intelligente,diszipliniert arbeitende war der erste in der Schweiz, der sich mit neuro- Persönlichkeiten mit einem hohen kulturellen und chirurgischen Eingriffen beschäftigte. ethischen Niveau, wobei sie sich allerdings auch Um die Jahrhundertwende operierten in Extravaganzen leisteten, die es nicht immer leicht verschiedenen europäischen Kliniken Chirurgen machten, an ihrer Seite zu stehen. Dies hat auch (Jentzer, Ody, Doyen, Roux, Von Bergmann, einige ihrer Nachfolger gekennzeichnet.Die Schul- Krause, Ranzi, Fasiani und andere) hin und wieder neurochirurgie lernte man von ihnen. Als man einen Gehirntumor oder intervenierten bei einem Ende der 1930er Jahre in der lumbalen und zer- Gehirn- oder Wirbelsäulentrauma – ein Thema, vikalen Diskushernie den häufigsten Grund für über das Kocher 1896 eine Arbeit geschrieben radikuläre Schmerzen der Extremitäten erkannte, hatte. Ab dem Jahre 1921 wurde häufig die von eroberte sich die Neurochirurgie – in der Schweiz Cushing beschriebene sogenannte subtemporale wie in der ganzen Welt – ein breites Arbeitsfeld und Dekompression angewandt, um die Folgen des erzielte sofortige und befriedigende Erfolge. Die traumatischen Hirnödems zu mildern. Keine die- neurologische Grundausbildung erlaubte es den ser Kliniken entwickelte jedoch eine eigentliche Neurochirurgen, sich mit den entsprechenden Schule für Neurochirurgie, dafür waren die Ein- Techniken viel früher vertraut zu machen als die griffe zu selten, die Grundkenntnisse und die tech- Orthopäden, weil sich während Jahren ein grosser nische Ausrüstung zu gering.Die ersten Schulen für Teil der Operationen hauptsächlich auf klinische Neurochirurgie waren jene von Sir Victor Horsley Befunde und nicht auf die Bildgebung stützte. in London und von Harvey Cushing in Boston. Die folgenden beiden Generationen waren Es war das moralische und berufliche Verdienst weltweit damit beschäftigt, das Erbe der Pioniere von Harvey Cushing, Charles Frazier, Walter zu sichern und zu erweitern. Während der 1960er Dandy und anderen in den USA, von Hugo Cairns, Jahre des vorigen Jahrhunderts folgten die Hirn- Geoffrey Jefferson und Norman Dott in Gross- oder Rückenmarkoperationen des grossen Mei- britannien und von Herbert Olivecrona in Stock- sters Hugo Krayenbühl in Zürich jenen seines holm sowie weniger anderer im übrigen Europa, Lehrers Hugo Cairns. Dank diesem war Krayen- den nachfolgenden Generationen die Grundlagen bühl Mitte der 1930er Jahre am Londoner Neuro- des Faches zu übermitteln, das sie begründet hat- logical Institute mit dem Erbe Cushings vertraut ten. Mit nahezu übermenschlicher intellektueller gemacht worden. In Zürich entstand 1937 die uni- und psychologischer Anstrengung legten diese Pio- versitäre Neurochirurgie dank des Einsatzes von niere die diagnostischen Kriterien fest; ausserdem Hugo Krayenbühl, der von der Neuropsychiatrie stellten sie die Disziplin der Neurochirurgie auf des Burghölzli zur Neurochirurgie gewechselt anatomische,physiopathologische,anatomopatho- hatte – mit einer umfassenden neurologischen logische und klinische Grundlagen. Sie waren sich Vorbereitung, auf die er sein Leben lang stolz sein der Grenzen des Machbaren bewusst. Indem sie sollte. Sein Grundsatz lautete: «Der Neurochirurg die Anästhesie,die Neuroradiologie und die Radio- ist ein Neurologe, der operieren kann.» Hans Markwalder lernte die Neurochirurgie bei Korrespondenz: Olivecrona in Stockholm und wurde Ordinarius Prof. Dr. med. Arnaldo Benini in Bern.Max Klingler war zuerst in New York,dann Gugghaldenstrasse 3 CH-9016 St. Gallen in Köln bei Walter Tönnis, bevor er Leiter der e-mail: [email protected] universitären Neurochirurgie in Basel wurde. Der

235 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Basler Ordinarius für Allgemeinchirurgie Rudolf und Effizienz sowie einer erstklassigen kranken- Nissen, der ihn dazu ermuntert und dann gefördert pflegerischen Betreuung über ein grosses Prestige hatte, schreibt in seiner Autobiographie eine Be- verfügte, an Kantonsspitälern (Chur, Aarau, Sion, merkung, die über die damalige Zeit (Mitte der St.Gallen,Winterthur,Lugano,Luzern) und Stadt- fünfziger Jahre) ein Bild gibt: spitälern (Triemli in Zürich und, Mitte der 1990er Jahre, die Zürcher Schulthess-Klinik mit einer Nicht immer haben indessen die Neurochirurgen alles Abteilung für Wirbelsäulen- und Rückenmark- Notwendige getan, um ihrem Fach die wünschenswerte Verbreitung zu verschaffen.Als ich in Basel mich um die von chirurgie) zu verbreiten. Sie wurde ausserdem in der Regierung zugesagte Anstellung eines Neurochirurgen Privatpraxen betrieben, zunächst in Basel und bemühte, liess ich aus Loyalitätsgründen den Antrag durch Zürich und dann in anderen Städten sowie an die Fakultät gehen. Während der Fakultätsberatung schlug Privatkliniken. Unter dem Einfluss von Henke der Neurologe vor, dass einer seiner neurochirurgisch kurz geschulten Assistenten die ‹kleine› Neurochirurgie machen Verbiest, dem Neurochirurgen der Universität sollte, und dass die Patienten der ‹grossen› Neurochirurgie Utrecht, entstand in St. Gallen zu Beginn der nach dem Zentrum einer anderen Stadt geschickt werden 1970er Jahre die Wirbelsäulenneurorthopädie. Im sollten. Meine Frage, ob man in diesem Zentrum von dem Plane wisse, wurde bejaht. Ich konnte mich nur darauf letzten Jahrzehnt hat diese Subspezialität sowohl beschränken zu bemerken, dass es vielleicht ‹kleine Neuro- der Neurochirurgie als auch der Orthopädie lan- chirurgen›, aber keine kleine Neurochirurgie gäbe, und dass desweit eine rasante und nicht unproblematische sich ein ‹kleines› Leiden beim näheren Zusehen während der Operation als gross erweisen könne. (Nissen R. Helle Entwicklung erfahren. Die Schweiz hat somit ein Blätter – dunkle Blätter. Erinnerungen eines Chirurgen. dichtes neurochirurgisches Betreuungsnetz, dem Stuttgart: DVA; 1969. S. 346). die Patienten Vertrauen entgegenbringen. Eine Erfolgsgeschichte ohne Schattenseiten Schüler Krayenbühls wurden in den 1950er Jahren also? Betrachtet man die gegenwärtige Situation in Lausanne (Eric Zander) und Genf (Alois Wer- der Neurochirurgie in der Schweiz, zeigen sich ner) gewählt. Dies war der Ursprung der Schwei- neben der positiven Tatsache einer im ganzen zer Schulneurochirurgie. In Bern und Lausanne Lande verbreiteten und qualitativ hochstehenden entstanden schon in den 1960er Jahren eigene Zen- Betreuung auch weniger ermutigende Phänomene. tren für Neuroradiologie. Wer in jenem Jahrzehnt Die Verteilung des begrenzten Krankengutes eines aus dem Ausland in die Schweiz kam, war vom kleinen Landes auf zahlreiche Zentren hat be- hervorragenden Standard der Disziplin Neuro- stimmt Vorteile, hat aber dazu geführt, dass die chirurgie überrascht, und dies galt nicht nur für nötige Fallzahl zur Schulung zukünftiger Genera- die weltberühmte Zürcher Klinik. tionen von Neurochirurgen oft schwer zu erreichen Gazi Yas¸argil führte in die Klinik von Krayen- ist.Eine nichtuniversitäre Klinik,die heute jährlich bühl in Zürich die Stereotaxie zur Behandlung mehr als 2000 Operationen durchführt (eine für der Parkinson-Erkrankten ein. Ab 1965 widmete die Schweiz beachtliche Zahl), hat doch relativ er sich mit der Opferbereitschaft der alten Pio- wenige Eingriffe im Bereich, z.B. der transsphe- niere und der Unterstützung Krayenbühls der Ent- noidalen Chirurgie – 19 Fälle – oder bei Hirn- wicklung der Mikroneurochirurgie. Seine Arbeit aneurismen – 41 Fälle –, um ein Ausbildungszen- am Operationstisch sowie seine Artikel und trum für solche Subspezialitäten zu sein. Einige Bücher – welche die mit Lob ansonsten eher gei- traditionelle Gebiete (Chirurgie der Hypophyse, zenden Amerikaner als legendary bezeichneten Stereotaxie und Schmerzchirurgie, Wirbelsäulen- und Yas¸argil die Anerkennung als einer der beiden chirurgie) haben sich zum Teil an nichtuniver- wichtigsten Neurochirurgen des 20. Jahrhunderts sitären Spitälern oder an Privatkliniken entwickelt eintrugen (neben Cushing) – liessen die moderne oder wurden, wie im Falle der peripheren Nerven- zerebrale und medulläre Neurochirurgie entste- chirurgie, von Neurochirurgen vernachlässigt. So hen, welche in Zürich eines ihrer Zentren hatte. war das didaktische Angebot der Universitätskli- Noch heute benutzt die Neurochirurgie auf der niken und später der grossen Kantonsspitäler zu- ganzen Welt die Instrumente und stützt sich auf nehmend eingeschränkt. Diese haben nicht ver- Methodologien, welche in Zürich entwickelt wur- standen oder nicht rechtzeitig erkannt, dass es den. An der Seite Yas¸argils haben sich in Zürich notwendig gewesen wäre, durch die Schaffung ent- eine weltführende interventionistische Neuro- sprechender Arbeitsbedingungen schwerwiegende radiologie und eine hochstehende intraoperative personelle Abgänge zu vermeiden und statt des- Elektrokortikographie,die bei nach Yas¸argils Tech- sen erfahrene Personen mit grosser Kompetenz nik ausgeführten Epilepsieeingriffen zum Einsatz nicht nur für die Ordinariats- oder Chefarztstelle, kommt, entwickelt. sondern auch für Stellen mit besonderen Aufgaben Ende der 1960er Jahre begann sich die schwei- und Spezialgebieten der Neurochirurgie zu ge- zerische Neurochirurgie, die dank ihrer Seriosität winnen.

236 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Das Fachwissen junger Neurochirurgen an je- hochspezialisierte Kandidaten auszubilden, und nen Ambulatorien und Abteilungen, die sich fast dies selbst an Kliniken mit internationalem Ruf. ausschliesslich auf die Vertebralchirurgie speziali- Dies schwächt in den jungen Schweizer Ärzten die siert haben, ist zwar zufriedenstellend. Angesichts Motivation, sich einem schweren und belastenden der Tatsache, dass an vielen kantonalen und uni- Beruf zu widmen. Ordinarien und Chefärzte, die versitären Zentren Dozenten und Chefärzte von der Neurochirurgie bis zum Ende des vergangenen ausländischen Universitäten berufen werden müs- Jahrhunderts und heute vorstehen, sollten über sen – die eine willkommene und geschätzte Arbeit diese Unterlassung nachdenken, gemeinsam mit leisten –, stellt sich allerdings die Frage, weshalb Dekanen, Rektoren, Spitaldirektoren und Sani- die einheimische Neurochirurgie es versäumt hat, tätsdepartementsvorstehern.

237 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 SSN jubilee Swiss neurological eponyms n C. L. Bassetti Department of Neurology, University Hospital of Zurich

Introduction logical Society, for the centenary of which this spe- cial issue of the Swiss Archives of Neurology and The birth of modern neurology in the 19th century Psychiatry is dedicated. was characterised by the predominance of the clinical method, which consisted in the recognition of symptoms and signs and the study of their cor- Signs and reflexes relation with anatomo-pathological findings [1]. This approach was accompanied by the widespread Bing’s sign (paradoxer Fussgelenk-Reflex) use of eponyms. Until today more than 450 neuro- logical eponyms have been reported, similarly In 1918 Bing reported a pathological reflex in spas- distributed between signs, reflexes, phenomena ticity consisting of a plantar flexion of the foot and syndromes [2]. following a single percussion of the dorsum of the The value of eponyms has become controversial foot at any point over the line connecting the in modern medicine. For some authors eponyms medial with the lateral malleolus [8]. This reflex allow the maintenance of “a self-perpetuating Hall was observed by Bing in 14 out of 19 patients of Fame” while blocking “clear thinking and ex- with organic spasticity, whereas a Babinski’s sign pression” [2].Their value is challenged by the exis- was found only in 10 patients. This sign, to which tence of redundant eponyms for similar pheno- Bing himself referred to as “Bingscher Reflex” in mena and similar eponyms for diverse phenomena his textbook [9], is still used in different countries as well as by unclear definitions. According to including the Czech Republic (Prof. Karel Sonka, Steigler’s law eponyms also rarely honour the first personal communication).Wartenberg in his book describer [3]. On the other hand, the same dis- on reflexes questioned the usefulness of Bing’s covery can be made subsequently by others who observation [4]. Lenggenhager and von Monakow may claim priority.Similar (or even same) reflexes, also described pyramidal signs as alternatives to for example, have been rediscovered and renamed the Babinski’s sign (see below). over decades [4, 5]. To other authors eponyms are Robert Bing (1878–1956), born in Strassburg justified because they provide a short label for a (at that time still belonging to Germany), studied complex list of medical terms, preventing the use and lived in Basel. He trained in neurology with of unpractical scientific eponyms [6].Furthermore, Dejerine and Babinski in Paris and in neurosurgery eponyms represent a link with the roots of medical with Horsley in London. He was one of the history and the scientists who contributed to its founders of the Swiss Neurological Society (SNG, progress. 1908), of which he also became the 4th president The aim of this paper is to give an overview (1919–1922). In 1907 he started an outpatients’ of clinical neurological eponyms that have been clinic in Basel, where he later became professor attached to Swiss neuroscientists1. Some of these (1932). According to Minkowski it was Bing who eponyms are still used today, others have not sur- convinced von Monakow and Dubois to found the vived the challenge of time. Most of them are, how- SNG [10]. ever, attached to the history of the Swiss Neuro- 1 Neuroanatomical, -physiological and other nonclinical eponyms named after Swiss neuroscientists (Aeby, Burg- Correspondence: dorfer, Forel, Goll, Kölliker, von Monakow, Valentin) as Claudio L. Bassetti, MD well as clinical eponyms of non-Swiss neuroscientists who Department of Neurology worked in Switzerland (Cushing, Lichtheim, Quincke, University Hospital Rosenthal, Schiff, etc.) will not be discussed (we refer to Frauenklinikstrasse 26 other sources for this [7]). Only a few neuropaediatric CH-8091 Zurich syndromes named after Swiss paediatricians have been e-mail: [email protected] listed.

238 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Bing was an excellent clinician and wrote (first Karl Lenggenhager (1903–1989), born in Chur, edition in 1909) one of the first neurological text- trained with De Quervain in Berne and later books in German, which was translated into six became his successor as chair of the surgery de- languages and also in the USA became a standard partment of the university hospital in Berne book. He also published on spinocerebellar tracts (1942–1971). and history of neurology.

Lüthy’s sign (Flaschentest, -zeichen) Lenggenhager’s sign Lüthy’s bottle sign refers to a weakness of thumb Lenggenhager described a new pyramidal sign in adduction (m. adductor pollicis), opposition and 1945. Firm stroking of the foot from the lateral to flexion due to a median nerve lesion [12]. When the medial part of the distal sole (at the base of the patient grasps a large bottle (in case of women the toes) was reported to elicit a dorsiflexion of or children Lüthy suggested to use a glass), a gap the toe in the presence of pyramidal lesions (fig.1). appears between the object and the skin web The reflex was suggested to be more sensitive than between the first and second finger because of a the Babinksi’s sign (e.g. in the course of spinal cord weakenss of the m. abductor pollicis brevis and compression) and to be present only if the sensa- m. opponens pollicis (fig. 2). In addition, as point- tion of the foot is intact. Others have found this ed out by Lüthy in his original description, the response also in healthy subjects [11]. bottle cannot be held because of weakness of the m. opponens and m. flexor pollicis brevis. It is said Figure 1 Lenggenhager’s sign (Fussballen-Streichreflex). that Lüthy was always keeping an (empty) bottle Stroking of the foot from the lateral to the medial part of Champagne in his office to test for this sign. of the distal sole (at the base of the toes), (modified from Fritz Lüthy (1895–1988), born in Solothurn, Lenggenhager, Schweiz Med Wochenschr. 1945;32:693–4). trained in neurology with Minkowski in Zurich, with Nonne and Jakob in Hamburg and with Greenfield in London. He became Minkowski’s successor as chair of the Neurology department at the University Hospital in Zurich (1955– 1967) where he started the first Swiss headache outpatient clinics and created an EEG2 and an EMG division. He became the 15th president of the Swiss Neurological Society (1950–1953). Lüthy’s contributions were mainly on neuro- pathological topics and particularly on extra- pyramidal disorders (his habilitation 1931 was on Wilson’s disease). He was also among the first to recognise the presence of sensory disturbances in patients with amyotrophic lateral sclerosis.

Magistris-Roth’s sign

The contraction of skeletal muscle upon direct per- Figure 2 Lüthy’s sign (Flaschentest zur Erkennung der Medianus- cussion was first described by Schiff (1858), then lähmung), from the original publication in 1962 [12]. Babinski and Jarkowski (1911) have emphasised that this response (“idiomuscular response”) is reduced or abolished in myopathies [13]. Magistris and Kohler, inspired by preliminary observations made by their colleague Roth in Geneva, reported an increase of this muscle response to percussion in patients with peripheral conduction block and a decrease of the response in patients with peri- pheral axonal lesions (fig. 3). 2 An EEG division already existed at the University Hos- pital in the Neurosurgery department.

239 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Michel Roland Magistris (1945), of Swiss and Von Monakow’s sign French nationality,trained in neurology in Geneva, Paris and Montreal. Since 1989 he has been the In 1909 von Monakow described as pyramidal sign head of the ENMG and neuromuscular disorders the slow abduction of the foot, with and without unit of the Clinical Neurosciences department of dorsiflexion of the toe, following gentle stroking the University Hospital in Geneva.Magistris works of the lateral foot sole from the bottom to the top on clinical and neurophysiological topics related (fig. 4) [14, 15]. to neuromuscular disorders. Constantin von Monakow (1853–1930), the “father” of Swiss Neurology, was born in Russia and arrived in Switzerland in 1866. In 1887 he Figure 3 Magistris-Roth’s sign: response of paralysed muscle started the first neurological outpatient clinics in patients with conduction block (n = 47), mixed lesions and seven years later in Zurich he was appointed (n = 19) and axonal lesions (n = 53). Modified from Magistris et al., Neurology. 1996;47:1243–6 [13]. to the first chair of neurology of the country with the title of extraordinary professor.He was the first president of the Swiss Neurological Society (1909) and the first chief editor of the Swiss Archives increased 35 of Neurology and Psychiatry (1917) [16]. Von Monakow was one of the leading neuro- 2 anatomists and neuropsychiatrists at the turn of symmetric 12 12 9 the 20th century.Among his most lasting contribu- 5 tions are those on the theory of brain localisation and on diaschisis (see below). A contribution of decreased 44 Jagella and Krestel in this “Festschrift” discusses von Monakow’s life and oeuvre in more detail.

Prévost’s sign (law)

Figure 4 Von Monakow’sign (äusserer/lateraler Fussrandreflex, 1909) The “deviation conjugée” of the head toward the and Babinski’s sign elicited in a healthy 1-month-old newborn. diseased hemisphere is called after Prévost. Jean Louis Prévost II (1838–1927), born in Geneva, received neurological and neuropatho- logical training with Vulpian (Paris). Dejerine and Paul Dubois (1848–1918), the 2nd president of the Swiss Neurological Society (1910–1916) and a pioneer in psychotherapy,were his pupils.Prévost became professor of physiology in Geneva (1897– 1913) where he also worked on neuroregeneration processes. He founded the Revue médicale de la Suisse Romande.

Veraguth’s fold

Veraguth reported as a sign of depression the observation of a skin fold that runs obliquely from the upper inside to the lower outside of the upper eyelid. Otto Veraguth (1870–1944), born in Thusis, trained in neurology with von Monakow in Zurich. He later, as a private practitioner in neurology, be- came the 5th president of the Swiss Neurological Society (1922–1924). Veraguth worked on clinical and pathological topics, including the psychogal- vanic reflex [10].

240 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Phenomena Syndromes and diseases

Landolt’s forced normalisation Bärtschi-Rochaix’ syndrome

In 1953 Landolt described the appearance of psy- This eponym refers to a syndrome of migrainous chiatric disturbances in patients normalising their headaches (“migraine cervicale”) with ipsilateral EEG and becoming seizure free after antiepilep- numbness and coldness of the arm,visual scotomas tic treatment, a phenomenon that after him was and vertigo secondary to degenerative changes of named “forced normalisation” [17]. The associa- the cervical vertebral column [28]. tion between psychiatric disturbances and seizure Werner Bärtschi-Rochaix (1911–1994) was the freedom had already been described before him first director of the EEG division at the University by several authors including Griesinger (epileptoid Hospital in Berne (1953–1956). He founded the state, 1860), who had been the Director of the first society of clinical neurophysiologists in Swit- Zurich psychiatric hospital (“mental asylum”) zerland (1948, “Schweizerische Arbeitsgemein- before he was offered the chair of neurology in schaft für Elektroencephalographie”). In 1956 he Berlin [18]. Landolt’s rediscovery of the complex became the chair of neurology at the University link between psychiatric disturbances (including Hospital in Cairo. Bärtschi-Rochaix served as psychoses) and epilepsy triggered research and 19th president of the Swiss Neurological Society discussions that have kept their relevance until (1964–1967). today. Hans Heinrich Landolt (1917–1971), born in Strasburg (at that time still belonging to Germany), Bing’s headache (Bing-Horton’s syndrome) studied in Zurich (among others with Bleuler) and Paris (with Garcin). In 1955 he was appointed Bing described in his neurology textbook (starting director of Swiss Epilepsy Centre in Zurich. in the 1913’s edition of the “Lehrbuch der Nerven- In Switzerland Landolt was with Ruedi Hess krankheiten”) cluster headache as “erythroproso- at the University Hospital in Zurich a pioneer in palgia” (erythros = red, prosopon = face) in ana- the use of the EEG in the late 1940s and is as well logy to the erythromelalgia of Weir Mitchell [25]. remembered scientifically because of his publi- This description, although initially incomplete, cations on epileptic syncope (“temporale Ohn- impressed Bayard T. Horton who adopted Bing’s macht”, [19]). He was also involved in testing and interpretation. The first description of cluster using new antiepileptic drugs. headache is probably that in 1745 by Gerardi van Swieten [26]. In the English literature the first descriptions of the syndrome are associated with Von Monakow’s diaschisis the names of Harris (1926) and Horton (1939) [27], although Bing’s oeuvre had rapidly been translated This refers to a functional disturbance, limited in into English by Haymaker. space and time, of healthy brain areas distant from a focal cortical brain lesion. Von Monakow de- scribed this phenomenon in his monographs Binswanger’s disease “Gehirnpathologie” (1905) and “Lokalisation im Grosshirn und der Abbau der Funktion durch In 1894 Binswanger described in eight patients a kortikale Herde” (1914) [20, 21]. Von Monakow’s new form of slowly progressive dementia punc- ideas on diaschisis influenced the work of many tuated by apoplectiform focal attacks associated authors including those of Bleuler, W. R. Hess, with selective white-matter atrophy (patchy or Sherrington, Head, Macdonald Critchley, Luria diffuse) and ventricular dilation [29]. He named and Teuber [22]. Clinical, EEG and neuroimaging the disorder “encephalitis subcortical chronica observations have confirmed and expanded von progressiva”. Alzheimer named the disorder after Monakow’s original observations and concepts on Binswanger in 1902 [30]. Olszewski suggested 1962 diaschisis [22–24]. the term “subcortical arteriosclerotic encephalo- pathy Binswanger’s type”. The specificity of this syndrome has been questioned [31]. Otto Ludwig Binswanger (1852–1929, fig. 5), born in Münsterlingen, had trained in neuro- pathology with Meynert (Vienna) and in neuro- psychiatry with Westphal (Berlin).He was the chair

241 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Figure 5 entomology, photosynthesis and parthenogenesis and became famous because of his regeneration experiments. A progressive visual problem forced him to focus on theoretical topics and philosophy.

Dejerine-Roussy’s syndrome

In 1906 Dejerine and Roussy described the clinical pentade (persistent hemihypaesthesia, pain, mild hemiataxia, hemichoreoathetosis and mild hemi- paresis) of lateral thalamic strokes [34]. This Otto Ludwig Binswanger observation confirmed the role of the thalamus (1852–1929). as “carrefour sensitif”, a concept long opposed by Charcot [35, 36]. Figure 6 Joseph Jules Dejerine (1849–1917) was born in Alsace (France) and studied in Geneva before becoming a pupil of Vulpian in Paris [37]. He was a close friend of von Monakow and Paul Dubois and the teacher of André-Thomas (1867–1963) and Oskar Vogt.His wife was Augusta Klumpke (1859– 1927), who was the first female intern admitted as “interne des hôpitaux” [38]. Gustave Roussy (1874–1948, fig. 6), born in Vevey, studied in Geneva and was then a pupil of Dejerine in Paris, where he subsequently obtained Gustave Roussy the chair of anatomo-pathology (1926) and became (1874–1948). rector of the Sorbonne (1937) and member of the Academy of Sciences. His late life (terminated by of the mental asylum Psychiatry in Jena (1882– suicide) was shadowed by persecutions by the 1919),where he had as co-workers Vogt,Brodmann Vichy government and financial scandals. He was and Berger. rehabilitated posthumously and the world-famous Binswanger was one of the most famous neuro- cancer centre in Villejuif, which he had founded psychiatrists of his time. He was the in 1934, was named after him (Institute Gustave of Nietzsche. Binswanger published on epilepsy, Roussy). neurasthenia, hysteria, neuropathology of syphilis Gustave Roussy made several clinical and and general psychiatry. pathological contributions to neurology and can- cerology including the description of the lateral thalamic syndrome (with Dejerine), cortical sen- Bonnet’s syndrome sory loss (with Foix) and polyneuropathy with tremor (with Lévy, see below). This eponym refers to the appearance of visual hallucinations in elderly patients with impaired vision, typically in isolation and with preserved De Morsier’s syndromes I and II insight [32].The eponym was coined by de Morsier (see below) [33].The hallucinations typically occur De Morsier syndrome I refers to a variety of in the evening. Eye closure, gaze shifts or the at- behavioural, psychomotor and sensory disturban- tempt to touch them may lead to disappearance ces appearing in the course of diencephalic dis- of hallucinations or to changes in their size or orders. De Morsier’s syndrome II refers to the character.The pathogenesis of these hallucinations triad dwarfism, nystagmus and micropupils. is considered to be a deafferentation of visual areas. Georges de Morsier (1894–1982), born in Paris, Charles Bonnet (1720–1793), born in Geneva, trained in Geneva with Maurice Roch, Paul-Louis was a philosopher and natural scientist and became Ladame (1842–1919),the 3rd president of the Swiss professor of Zoology and Botany in Geneva. He Neurological Society, SNG), and Edouard Long described the visual phenomena experienced by (1868–1929),a pupil of Dejerine who was given the his grandfather after cataract surgery.He wrote on first chair of neurology at the University Hospital

242 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Figure 7 Horner’s syndrome

In 1869 Horner described the symptom triad (pto- sis, miosis, enophthalmos) which was afterwards named after him [43].Although the triad had been observed in patients (Pourfour du Petit, 1727; Budge and Waller, 1851) and experimentally (Claude Bernard, 1852) before him, Horner had the merit to attribute the clinical triad to a lesion of cervical sympathetic nerve. Johann Friedrich Horner (1831–1886, fig. 7), Johann Friedrich Horner born in Zurich, is considered the founder of Swiss (1831–1886). Ophthalmology. He trained with von Graefe in Berlin and in 1862 in Zurich was appointed to the in Geneva in 1919 (with the title of extraordinary first chair of Ophthalmology in Switzerland, de- professor of neuropathology), however, without spite the strong opposition of Theodor Billrot [3]. any department and beds, and became the 7th He was pivotal in the foundation of the Burghölzli president of the SNG (1927–1930). De Morsier Psychiatric Clinic and the Zurich Cantonal Medical succeeded Long as chair of neurology in Geneva Association. (1940–1962), where in 1953 neurology was separ- Horner was a gifted clinician and surgeon ated from the department of medicine and became (cataract, glaucoma) and, in addition to the de- independent. De Morsier became the 13th presi- scription of the symptom complex named after him, dent of the SNG (1946–1949) [39]. he introduced antisepsis in eye surgery and made De Morsier worked on diencephalic syndromes, descriptions of herpes infection of the cornea and head trauma and encephalitis. He also confirmed colour blindness [44]. J. F. Horner made excuse the existence of Kallmann’s syndrome (olfacto- of his limited scientific oeuvre by observing that genital dysplasia) [40] and coined the eponym prolific writers are bad clinicians [3]. “Charles Bonnet’s syndrome” [33].

Joubert-Boltshauser’s syndrome Fanconi-Turler’s syndrome (familial ataxic diplegia) This eponym refers to a rare autosomal recessive In 1951 Fanconi and Turler first described a syn- syndrome (genetically heterogeneous) with epi- drome characterised by cerebellar ataxia, spastic sodic hyperpnoea and jerky eye movements in pareses, supranuclear eye movement disorders the newborn, followed by mental retardation and (and nystagmus) and mental retardation [41]. This cerebellar ataxia. The neuroimaging hallmark is a syndrome is unspecific and only rarely used today. subtotal vermis agenesis and the so-called molar Guido Fanconi (1892–1979), born in Poschiavo, tooth sign at the pontomesencephalic junction [45]. chaired the Children’s Hospital in Zurich (1929– The syndrome was reported by Joubert in 1968 and 1962) and served as president of the International confirmed by Boltshauser and Isler in 1977 [46]. Paediatric Association (1947–1950). His name is Eugen Boltshauser (1945) is chair of neuro- attached to more than 15 conditions. paediatrics at the University Children’s Hospital in Zurich (since 1988).He has published on several neuropaediatric topics and particularly on cere- Glanzmann-Saland’s syndrome bellar malformations and disruptions.

In 1935 Glanzmann and Saland reported the occurrence of severe polyneuropathy following Kaeser’s syndrome diphtheria [42]. The term, today almost forgotten, (Kaeser’s scapulo-peroneal myopathy) has erroneously also been used as synonym for the Guillan-Barré syndrome. In 1964/65 Kaeser described an autosomal dom- Eduard Glanzmann (1887–1959), born in Lu- inant form of scapulo-peroneal atrophy (fig. 8) cerne, trained in paediatrics in Berlin and Berne, which he thought to be neurogenic in origin (spinal where he became chair of the University Children’s muscle atrophy) [47, 48]. Recent studies have Hospital (1932–1957) and dean (1943–1945). His demonstrated a myopathic origin of the disorder name is linked with several paediatric eponyms. related to desmin mutations [49]. Autosomal and

243 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 x-linked forms have been reported. Before Kaeser thalmoplegia (INO) which consists of adduction Brossard (1886) and Davidenkov (1928) had de- deficit on the side of MLF lesion during lateral gaze scribed similar scapulo-peroneal forms of muscle toward the opposite site with dissociated nystag- atrophy which have now, however, been linked to mus of the abducting eye. The syndrome was first other genetic deficits [49]. reported by Bielschowsky in 1902. Heinrich Kaeser (1924–2006), born in Basel, In 1923 Lutz described a variant of INO in trained with Lambert at the Mayo Clinic and which abduction of one eye is restricted (but served as chair of neurology (1965–1992) – the 3rd preserved with reflex manoeuvres) on lateral gaze after Bing (1932–1948) and Georgi (1948–1965) with a dissociated nystagmus in the adducting eye in the history of the University Hospital in Basel. (fig. 9) [50, 51]. Convergence is typically preserved He was the 29th president of the Swiss Neurolo- in posterior INO. Rostral pontine or mesencephal- gical Society (1985–1987) and Chief editor of the ic lesions are typically found [52].Abduction pare- journal “European Neurology” (1968–1992). sis is attributed to impaired inhibition of the tonic Kaeser published on several clinical topics resting activity of the antagonistic medial rectus but mainly on disorders of the peripheral nervous muscle [53]. system and on electromyography. Anton Renggli Lutz (1883–1948) was an oph- thalmologist who was trained in Zurich (1908) and emigrated to Cuba, where he made this seminal Lutz’s syndrome neuro-ophthalmological observation. (posterior internuclear ophthalmoplegia Bielschowsky-Lutz, INO of abduction) Morel’s syndrome Lesions of the medial longitudinal fasciculus (Morgagni-Stewart-Morel’s syndrome) (MLF) manifest with (anterior) internuclear oph- The syndrome, first reported autopsically by Figure 8 Muscle weakness (black: severe, grey: mild) in Kaeser’s Morgagni and Santorini in 1719, consists of the syndrome (from Kaeser, Brain. 1965;88:407–18 [47]). triad (1) hyperostosis frontalis interna, (2) obesity and (3) virilism/hirsutism. Neurological symptoms are not uncommon and include migrainous head- aches, cranial nerve palsies (hyposmia, vertigo, trigeminal/facial palsy,etc.), seizures and cognitive decline. Morel reported the first living case of the syndrome in 1930. The aetiology of this rare dis- order is unknown but includes genetic factors (as it has been observed in identical twins) [54]. Ferdinand Morel (1888–1957),born in Moutier, first studied theology and philosophy. He served as chair of psychiatry in Geneva and was successor of Charles Ladame at Bel-Air Hospital, where he introduced new methods of investigations (endo- crinology, biochemistry, EEG). He was among the few psychiatrists of his time to oppose psycho- surgery, which had been started worldwide in Neuchâtel in 1891 by Gottlieb Burckhardt [55]. Figure 9 First report on posterior interior ophthalmoplegia by Lutz in 1923 [50].

Prader-Willi’s syndrome (Prader-Labhart-Willi’s syndrome)

In 1956 Prader together with Labhart and Willi first described a syndrome characterised at birth by poor muscle tone (floppy child) and poor sucking, later by short stature, adipositas, hypogonadism and mental retardation [56, 57]. Andrea Prader (1919–2001), born in Samedan, succeeded Fanconi as chair of the University Chil-

244 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 dren’s Hospital in Zurich (1962–1986) and served clude patent ductus arteriosus and septal defects. as president of the European Society for Paediatric The characteristic lesion is a lack or absence of . perioxisomes in many tissues. Death occurs within a few weeks or months of life. Hans Ulrich Zellweger (1909–1990) was born in Roussy-Lévy’s syndrome Lugano and studied in Zurich, Hamburg, Berlin (hereditary areflexic dystasia) and Rome. During the years 1937–1939 he worked with Albert Schweitzer in Equatorial Africa. From In 1926 Roussy described with Gabrielle Lévy a 1939 on he worked with Fanconi at the Children’s large family presenting with gait ataxia, pes cavus, Hospital in Zurich. In 1951 he became professor of areflexia, distal muscle atrophy, postural tremor paediatrics at the American University in Beirut and minor sensory loss. Neuropathological, elec- (Lebanon). In 1959 he immigrated to the United trophysiological and genetic testing indicate that States of America to take up a similar position at the syndrome represents a phenotypic variant of the University of Iowa. the Charcot-Marie-Tooth disease 1B subtype asso- ciated with a duplication on chromosome 17 [58]. Acknowledgements: Julien Bogousslavsky, Eugen Bolts- hauser, Hansruedi Isler, Caroline Jagella, Marco Mumen- thaler and Michel Magistris made helpful comments to this article. Vieusseux-Wallenberg’s syndrome References The first description of Wallenberg’s syndrome 1 Bassetti C. Die Gründer der klinischen Neurologie. dates back to Gaspard Vieusseux (1746–1814) from Schweiz Rundsch Med Prax. 1994;16:470–6. Geneva, who in 1808–1810 gave a description of 2 Barrows HS. Neurological eponyms. his own disease at the medical and surgical society Arch Neurol. 1960;3:113–9. of Geneva first and later in London, well before 3 Bruyn GW, Goody G. Horner’s syndrome. In: Koehler PJ, the description made in 1895 by Adolf Wallenberg Bruyn GW, Pearce JMS, editors. Neurological Eponyms. (1862–1949) [59].Vieusseux also gave one of the first New York: Oxford University Press; 2000. p. 227–33. descriptions of epidemic cerebrospinal meningitis. 4 Wartenberg R. The Examination of Reflexes. Chicago: The Year Book Publishers; 1946. 5 Hachinski V. The upgoing thumb sign. Archiv Neurol. 1992;49:346. Von Monakow’s syndrome 6 Koehler PJ, Bruyn GW, Pearce JMS. Neurological (syndrome of the anterior choroidal artery) Eponyms. New York: Oxford University Press; 2000. 7 Akert K. Vierhundert Jahre Hirnforschung in der Schweiz. This eponym refers to the syndrome of anterior Zürich: Naturforschende Gesellschaft in Zürich; 1997. choroidal artery, which consists of hemiparesis, 8 Bing R. Ein neues Zeichen organisch bedingter hemianaesthesia and homonymous hemianopia. Spastizität. Correspondenz-Blatt für Schweizer Aerzte. 1918;48:465–7. This clinical triad is often incomplete and infarc- 9 Bing R. Kompendium der topischen Gehirn- und Rücken- tions may present with a lacunar syndrome (pure marksdiagnostik. Basel: Benno Schwabe; 1953. motor or pure sensory deficits). Cortical symp- 10 Minkowski M. 50 Jahre Schweizerische Neurologische toms/signs may also be present. Gesellschaft. The syndrome was first recognised by von Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 1958;82:4–181. Monakow (who cited it in his book “Gehirn- 11 van Gijn J. The Babinksi sign – a centenary –. pathologie” [20]) and later confirmed by Kolisko Utrecht: Universiteit Utrecht; 1996. in 1891 (who referred to von Monakow) and Foix 12 Lüthy F. Der Flaschentest zur Erkennung der Medianus- lähmung. Schweiz Med Wochenschr. 1962;92:1573–5. et al. in 1925 [60, 61]. 13 Magistris MR, Kohler A. Contraction response to muscle percussion is increased in peripheral conduction block. Neurology. 1996;47:1243–6. Zellweger-Bower’s syndrome 14 von Monakow C. Ueber den äusseren und inneren (cerebro-hepato-renal syndrome) Fussrandreflex. Neurologisches Zentralblatt. 1909;28:671–2. This eponym, first reported in 1964, refers to an 15 DeJong RN. The Neurologic Examination. New York: Hoeber, P.B.; 1950. autosomal recessive syndrome characterised by 16 Minkowski M. Constantin von Monakow 1853–1930. microgyria, abnormal skull, mental and growth Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 1931;27:1–63. retardation, craniofacial malformations, seizures, 17 Landolt H. Some clinical electroencephalographic hypospadias, glaucoma, cataracts, cysts of the kid- correlations in epileptic psychosis. ney and hepatomegaly. Cardiac complications in- Electroencephalogr Clin Neurophysiol. 1953;5:121–30.

245 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 18 Schmitz B. Forced normalization: history of a concept. 41 Fanconi G, Turler U. Congenital cerebellar atrophy In: Trimble MR, Schmitz B, editors. Forced Normalization with supranuclear disturbance of ocular motility. and Alternative Psychoses of Epilepsy. Helv Paediatr Acta. 1951;6:475–83. Petersfield, UK, and Bristol, PA, USA: Wrighton Biomedical 42 Glanzmann E, Saland S. Seltene postdiphterische Publishing LTD; 1998. Lähmungen. Schweiz Med Wochenschr. 1935;16:2–5. 19 Karbowski K. Rudimentäre psychomotorische Anfälle 43 Horner JF. Ueber eine Form von Ptosis. und ihre Differentialdiagnose. Klin Monatsbl Augenheilkd. 1869;7:193–8. Schweiz Rundsch Med Prax. 1990;24:772–6. 44 Ciba A, Basel. Schweizer Aerzte als Forscher, Entdecker 20 von Monakow C. Gehirnpathologie. Zweite, gänzlich und Erfinder. Basel: Birkhäuser; 1945. umgearbeitete und vermehrte Auflage. 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Ann Neurol. 1999;46:770–3. 37 Bassetti CL, Jagella EC. Joseph Jules Dejerine 59 Romano J, Merritt HH. The singular affection of Gaspard (1849–1917). J Neurol. 2006;253:823–4. Vieusseux. Bulletin of History of Medicine. 1941;9:72–9. 38 Jagella EC, Krestel H, Bassetti CL. Augusta Dejerine- 60 Kolisko A. Ueber die Beziehungen der Arteria choroidea Klumpke (1859–1927). J Neurol. In press 2008. anterior zum hinteren Schenkel der inneren Kapsel 39 Minkowski M. Louis Rudolphe Brun (1885–1969). des Gehirns. Wien: Haelder, A.; 1891. Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 1969;106:330–4. 61 Foix C, Chavany JA, Hillemand P, Schiff-Wertheimer S. 40 de Morsier G. Etudes sur les dysraphies crânio- Oblitération de l’artère choroïdienne antérieure. encephaliques. I. Agénésie des lobes olfactifs Ramollissement cérébral: hémiplégie, hémianesthésie, et des commissures calleuse et antérieure. hémianopsie. Bulletin of the Society of Ophthalmology. Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 1954;74:309–61. 1925;37:221–3.

246 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 SNG-Jubiläum Constantin von Monakow: ein Begründer der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft n E. C. Jagellaa, H. E. Krestelb a Neurologische Universitätsklinik, Universitätsspital Zürich b Neurologische Universitätsklinik, Inselspital Bern

Einleitung: Einheit und Abgrenzung reflektierte das um 1898 entstandene berühmte «Monakowsche Kränzchen» als gemeinsames Dis- In seinem Rückblick auf «50 Jahre Neurologie», kussionsforum von Neurologen und Psychiatern vorgetragen am 3. und 4. November 1923 an der (so mit Walter Rudolf Hess und Eugen Bleuler als Versammlung der Schweizerischen Neurologi- Teilnehmern) den Wunsch eines fortbestehenden schen Gesellschaft in Zürich, beschrieb der 70jäh- Austauschs beider damals noch nicht voneinander rige Constantin von Monakow anschaulich die getrennten Disziplinen. durchgemachte Entwicklung seines Fachs: «Die Bereits im Sommer 1906 hiess es in einem in Neurologie … glich noch vor fünfzig Jahren einem mehreren Fachzeitschriften veröffentlichten Auf- bescheiden zwischen Anatomie und Physiologie des ruf, der von Oppenheim aus Berlin, Möbius aus Zentralnervensystems und der inneren Medizin sich Leipzig, Edinger aus Frankfurt und Constantin dahinschlängelnden Bächlein,im Verlauf der letzten von Monakow unterzeichnet worden war: «Noch Dezennien wuchs sie aber zu einem breiten, mäch- fehlt der Neurologie die Anerkennung der Selb- tigen Strome aus, und ist ihrer Mutter, der inneren ständigkeit an Universitäten und Krankenhäusern, Medizin, längst entwachsen.» noch fehlt es an einem Zusammenschluss der deut- Die Neurologie um 1900 war in Deutschland schen Neurologen zu einheitlicher Vertretung nach wie in der Schweiz an der Universität immer noch aussen und zu gemeinsamer Arbeit im Dienste des eine Subdisziplin der Inneren Medizin. Darüber Ganzen.» Schon ein Jahr später erfolgte die De- hinaus war man sich auch inhaltlich nicht einig, klaration der Gesellschaft Deutscher Nervenärzte wie die Abgrenzung gegenüber der bereits 1863 und im November 1908 die Gründung der Schwei- von Wilhelm Griesinger (1817–1868) an der Zür- zerischen Neurologischen Gesellschaft. cher Universität eingeführten klinischen Psych- Als Neurologe hat Constantin von Monakow iatrie auszusehen hätte. Zum Beispiel bedeutete zu diesen Entwicklungen massgeblich beigetragen. dies, dass aufgrund fehlender neurologischer Ein- Seine Arbeiten als Hirnforscher zielten auf ein richtungen ein an Nervenkrankheiten interessier- funktionelles Konzept der neurologischen Patho- ter Assistent an eine psychiatrische Anstalt gehen physiologie, das interdisziplinär anwendbar war. musste, ohne dass er Möglichkeiten einer definier- ten neurowissenschaftlichen Arbeit vorfand. Zusammengefasst, stand also auf der einen Werdegang Seite der pragmatische Wunsch, ein für eine Sub- disziplin zu gross gewordenes Fach zwecks seiner 1894 wurde Constantin von Monakow in Zürich besseren Bewältigung eigenständig werden zu zum ausserordentlichen Professor «für hirnana- lassen. Auf der anderen Seite gab es von Beginn tomische Fächer und Nervenpoliklinik» ernannt an Befürchtungen, die Abspaltung von Innerer (Abb. 1), eine etwas umständliche Formulierung, Medizin und später auch von der Psychiatrie kön- die die Schwierigkeiten, das hiermit in der Schweiz ne zur Vernachlässigung der naturwissenschaftli- erstmals universitär verankerte Fach der Neuro- chen Ebene einerseits und der seelenärztlichen logie zu definieren,bereits anschaulich macht.Die- Aufgabe andererseits führen. Als dritte Strömung ser Berufung, die den 1853 geborenen Russen zum Begründer der Neurologie in der Schweiz machte,

Korrespondenz: waren Widerstände von seiten der Medizinischen Dr. med. E. Caroline Jagella Fakultät vorausgegangen, die «in einer solchen Neurologische Universitätsklinik Professur eine Gefahr für das Gedeihen der Medi- Universitätsspital zinischen Klinik» erblickte. Bereits 1869 waren Frauenklinikstrasse 26 CH-8091 Zürich in Moskau für Kozhevnikov und 1882 in Paris e-mail: [email protected] für Charcot die ersten neurologischen Lehrstühle

247 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Abbildung 1 Auslöser der als Methode lange Zeit dominieren- den lokalisationistischen Forschung in den Neuro- wissenschaften gilt. Er wurde von Monakows früher Förderer, indem er ihn sowohl klinische Alltagsarbeit mit psychiatrischen Patienten als auch kleinere pathologisch-anatomische Studien im Anstaltslaboratorium durchführen liess. Hitzig war es auch, der ihm die Reise nach München zu von Gudden, seit 1872 ärztlicher Direktor an der Kreisirrenanstalt und später behandelnder Arzt von Ludwig II., ermöglichte, ein Besuch, der einen Constantin von Monakow. entscheidenden Schritt auf von Monakows Weg zum Hirnforscher darstellen sollte. Von Gudden hatte just in diesem Jahr 1876, Europas geschaffen worden, jedoch lagen sowohl zusammen mit seinem späteren Nachfolger als Gegenstand als auch Ziele der Neurologie im letz- Burghölzlidirektor und ebenfalls Meynert-Schüler ten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts noch im dun- Auguste Forel (1848–1931),dem nach ihm benann- keln. Die zwei Hauptrichtungen, die bis heute das ten Mikrotom seine endgültige Form gegeben, was Spektrum der neurologischen Wissenschaften be- ihm und allen damals neuroanatomisch arbeiten- zeichnen, die Grundlagenforschung als die For- den Kollegen eine neue Dimension der Schnitt- schung am (menschlichen) Hirn einerseits und die bereitung eröffnete.Die Anwendung des Konzepts klinische Tätigkeit mit dem Patienten im Zentrum der sekundären Degeneration, einer Schlüssel- andererseits, waren in dem Titel der Gründungs- technik der modernen Neurowissenschaften,wurde professur allerdings schon enthalten. hierdurch erst ermöglicht.Von Gudden hatte 1870, Constantin von Monakow war als Zwölfjähri- in seiner noch in Zürich beendeten Arbeit über ger, 1866, mit seinem vor dem zaristischen Regime «Experimentaluntersuchungen über das peripheri- fliehenden, früh verwitweten Vater und seiner sche und das centrale Nervensystem», diesen neuen Schwester Marie über Dresden in die Schweiz experimentellen Zugang zur Methode perfektio- gekommen, wo er in Zürich das Gymnasium be- niert, weshalb sie auch als «Guddensche Degene- suchte und später das Medizinstudium absolvierte. ration» in die Geschichte der Neurowissenschaften Letzteres geschah gegen den Willen seines Vaters, einging. eines hochgebildeten adligen Grundbesitzers, mit «Ein wahres Wunder» sei es nach von Monakow dem er sich deshalb dauerhaft überwarf. zuvor gewesen, «wie damals ein Meynert, der noch An der Universität sollte Ludimar Hermann nicht im Besitze eines Mikrotoms war, auf Basis (1838–1914) ihn für das Gebiet der experimentel- eines technisch höchst mangelhaften Rasierschnitt- len Physiologie begeistern, bei dem er «Anregun- materials zu der Erkenntnis kam, dass die vordere gen für (s)ein ganzes Leben geschöpft habe». Hirn- Partie des Grosshirns und speziell die Zentralwin- anatomie wurde zu dieser Zeit vom brillanten dungen motorischer, die hintere Partie sensorischer Gustav Huguenin (1840–1920) gelehrt, der 1873 Natur seien, und seine berühmte Theorie von den nach Bernhard von Gudden (1824–1886) zweiter drei Projektionsordnungen aufstellen konnte». Die Direktor des 1870 gegründeten Burghölzli wurde. hiermit nun bereitgestellten Möglichkeiten wur- Huguenin, Schüler von Theodor Meynert (1833– den zum Ausgangspunkt für ein neues Verständnis 1892) in Wien, vereinte in seiner Person den Neu- der Hirnfunktionen auf Strukturebene, auf der roanatomen mit dem Psychiater, wie es damals Basis des Experiments, indem die sekundäre üblich war. Vor dem Hintergrund dieser Tradition Degeneration durch gezielte Veränderungen an war es folgerichtig, dass der mittlerweile am umschriebenen Hirnstrukturen von Versuchstieren Nervensystem besonders interessierte Student Rückschlüsse auf Funktionszusammenhänge er- von Monakow (der übrigens später bekannte, nie laubte. Gleichzeitig half diese Methode bereits, eine Vorlesung Huguenins gehört zu haben) sich, eine dynamische Ansicht der Hirnfunktionen unter gerade verlobt und um Existenzgründung bemüht, Berücksichtigung des zeitlichen Faktors vorzube- um eine Stelle als Assistentenvertreter am Burg- reiten, wie sie in der Folge zum Hauptmerkmal der hölzli bewarb, die er 1876 für neun Monate auch Arbeiten des reifen von Monakow werden sollte. erhielt. Der damalige Direktor Eduard Hitzig Erst in Kenntnis dieser Voraussetzungen wird (1838–1907) hatte 1870 zusammen mit Gustav die Bedeutung der ersten wissenschaftlichen Ar- Fritsch (1838–1927) die «elektrische Erregbarkeit beiten von Monakows,wie er sie in seinen Assisten- des Grosshirns» demonstriert, eine Arbeit, die als tenjahren von 1878 bis 1885 in St. Pirminsberg ent-

248 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 wickelte, verständlich. Dabei war der Gang an die als abgetrennter Raum des pathologischen Insti- Kantonale Heil- und Pflegeanstalt St.Pirminsberg, tuts, dem 1887, zunächst an der Niederdorfstrasse ebenso idyllisch wie abgeschieden bei Bad Pfä- 20, dann bis zum Jahr 1913 im Parterre des Hauses fers im Taminatal gelegen, keineswegs einem «Zum Rech» am Neumarkt 4, die ebenfalls erste Wunsch von Monakows entsprungen,sondern eher private Nervenpoliklinik der Schweiz folgte. Diese seiner Glücklosigkeit als frei praktizierender Arzt Aufteilung klinischer und experimenteller Arbeit in Zürich und damals fehlenden anderen Möglich- sollte er im Prinzip bis zu seiner Emeritierung bei- keiten für den wissenschaftlich ambitionierten behalten. Von Monakows Verhältnis zur Zürcher jungen Forscher,der sich in seinen Hoffnungen auf Medizinischen Fakultät blieb gespannt. Den Ruf weitere Förderung durch den von ihm verehrten zum Professor extraordinarius (ein Ordinariat von Gudden getäuscht gesehen hatte. In seinen erhielt von Monakow nie) im Jahr 1894 erhielt Lebenserinnerungen, der «Vita mea», beschreibt er über die Fakultät hinweg, die in der «Schöpfung er, wie er, eher deprimiert angekommen, im Labo- einer staatlich unterstützten Nervenpoliklinik eine ratorium der Heilanstalt ein «nagelneues, bisher erhebliche Schädigung für die medizinische Poli- unbenutztes Mikrotom von Gudden» vorfand, mit klinik und Klinik» befürchtete und einen «ver- dem er seine ersten grösser angelegten Expe- hängnisvollen Präzedenzfall» unbedingt verhin- rimente durchführte. 1878 hatte er von den Ver- dern wollte. suchen seines späteren engen Freundes Hermann Im Gegensatz hierzu hatte von Monakow Munk (1839–1912) in Berlin gehört, der nach international von Beginn seiner Forschungstä- experimenteller Abtragung von Teilen des Okzi- tigkeit an, begründet in seinen frühen neuro- pitalhirns die «Seelenblindheit» beschrieben hatte. anatomischen Arbeiten, einen festen Stand. Er Aufbauend auf dieser Demonstration der korti- unterhielt lang andauernde wissenschaftliche Be- kalen Repräsentation des «Sehakts» entwickelte ziehungen, oft zusätzlich als Freundschaften der von Monakow die dann mit seinen Arbeiten bewie- Familien, zum Teil über Jahre (insbesondere sene Hypothese, dass «auch von der Sehsphäre aus während des Weltkriegs) hinweg nur auf Korre- sekundäre Degenerationen […] absteigend in Rich- spondenzebene. tung der Retina» erzeugt werden könnten, die den funktionellen Zusammenhang von Kortex und «primären optischen Zentren» untermauerten. Wissenschaft Im Tierexperiment gelang ihm 1880 so, durch zirkumskripte einseitige Entfernung der Sehrinde Die Jahre ab 1880 waren die Zeit seiner vielen eines Kaninchens, der Nachweis einer isolierten eleganten neuroanatomischen Experimente, die sekundären Degeneration des Corpus geniculatum insbesondere die Beziehungen des Thalamus zu laterale innerhalb der gleichseitigen optischen den Sinnesfunktionen und zum Kortex erhellten. Bahn. 1897 erschien die erste Auflage der «Gehirnpatho- Die in der Folge mit neuen Fragestellungen logie», ein auf Anregung Hermann Nothnagels verfeinerten «experimentelle[n] und pathologisch- (1841–1905) für dessen vielbändiges «Handbuch anatomische[n] Untersuchungen über die Bezie- der speziellen Pathologie und Therapie» verfasstes hung der sogenannten Sehsphäre zu den infracorti- monumentales Werk, das in der für von Monakow calen Opticuszentren und zum N. opticus» erschie- charakteristischen Weise in experimentellen, ana- nen in Fortsetzungen im Archiv für Psychiatrie und tomisch-pathologischen und klinischen Bezügen Nervenkrankheiten und ermöglichten ihm 1885 die den damaligen Wissensstand der Neurologie Venia legendi. Es waren diese «Forschungen über reflektierte. In der «Gehirnpathologie» nahm die die zentralen Bahnen des Sehnerven,aber auch seine «Lokalisation im Gehirn» bereits einen grossen Entdeckung der Abhängigkeit der einzelnen soge- Teil in Anspruch, wobei von Monakow hier auch nannten Kerne des Thalamus opticus von bestimm- auf Erfahrungen im Austausch mit Joseph Jules ten Bahnen der Hirnrinde, sowie seine […] Ent- Dejerine (1849–1917) und Pierre Marie (1853– deckung einer direkten gekreuzten Leitungsbahn 1940) zurückgreifen konnte, die er während eines der Hirnrinde zu den Kernen des Hinterstranges im Paris-Aufenthalts persönlich kennengelernt hatte. Rückenmark», die in der Laudatio der Zürcher Im Jahr 1902 erstmals in einer kleineren Arbeit Medizinischen Fakultät, vorgetragen von ihrem vorgestellt, erschien 1905 in der zweiten Auflage damaligen Dekan Forel, angeführt wurden. der Gehirnpathologie neu der Begriff der Dia- 1887 gründete von Monakow mit einigen schisis als Konzept menschlicher Hirnfunktionen Schwierigkeiten und in für ihn typischer auto- (Abb. 2). Der Terminus bedeutet «Abtrennung» didaktischer Manier in eigener Initiative das erste oder «Abspaltung» und bezog sich auf die Ereig- hirnanatomische Institut,zunächst eher symbolisch nisse, die nach einer schockartigen herdförmigen

249 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Abbildung 2 Diaschisis-Schema (aus: von Monakow C. Die Lokalisation Goldstein (1878–1965) sowie schliesslich die im Grosshirn und der Abbau der Funktion durch kortikale Arbeiten von Walther Riese (1890–1976) auf Herde. Wiesbaden: J. F. Bergmann; 1914.). von Monakows Idee auf. Die Diaschisis ist vor dem Hintergrund der Neuronentheorie (Nobelpreis Cajal und Golgi 1906) zu sehen, die von Monakow prinzipiell akzeptiert, jedoch von ihm um die funktionelle Sichtweise eines polyneuronalen Erregungskreises erweitert wurde. Die Verschiedenheit der Funktionsausfälle und ihre potentielle Rückbildung entspricht nach heu- tigem Verständnis auf zellulärer Ebene kleinen Differenzen im Läsionsumfang (z.B. anatomisch bedingt) und unterschiedlicher Plastizität neuro- naler Netzwerke, die durch die individuelle Ge- schichte des Organismus (Ontogenese) geformt wurden. Gemäss diesem Konzept von neuronalen Netz- werken brachte von Monakow seine Vorstellung von «Schaltzellen» ein, die innerhalb der für eine Funktion verantwortlichen «Neuronenkette» eine Schlüsselposition einnahmen und bei Ausfall die Dysfunktion des ganzen Neuronenverbandes mit Läsion im motorischen Kortex (z.B. bei Hirnblu- der entsprechenden neurologischen Symptomatik tung, Thrombose) das klinische Bild bestimmten. hervorriefen. Konrad Akert (geb. 1919) vermutete Er bezeichnete den akuten Ausfall der mit dem eine ganz besondere Rolle von Interneuronen verletzten Kortexareal kommunizierenden Funk- beim Zustandekommen der Diaschisis. Bestimmte tionen als eine «Trennung in einzelne Teile durch Phänomene in heutigen bildgebenden Techniken Verlust eines dirigierenden Verbindungsgliedes». (zum Beispiel funktioneller MRI) können durch Von Monakow hatte an seinen Patienten beobach- von Monakows Diaschisis erklärt werden. tet, dass die Initialsymptome nicht dem späteren Die Diaschisis bezeichnet die Wende zu von Endzustand der späteren neurologischen Ausfälle Monakows zweiter Werkphase, nach der Eintei- entsprechen mussten und die Rückbildungsmuster lung seines Biographen und klinischen Nachfol- auf den ersten Blick keinen gesetzmässigen Cha- gers Mieczyslaw Minkowski (1884–1972). In sei- rakter zu haben schienen. So machte er die wich- nem 1914 erschienenen Hauptwerk «Lokalisation tige Unterscheidung zwischen Lokalisation der im Grosshirn» reflektierte die «chronogene Loka- Funktion und Lokalisation der Symptome. «Wir lisation der Hirnfunktionen» den Mittelpunkt sei- dürfen nicht vergessen, dass die Herdsymptome nes Forschungsinteresses, das sich zunehmend uns nur ein relativ wandelbares Spiegelbild dessen von rein anatomisch-lokalisationistischen Ansich- liefern, wie der pathologische Prozess einen Teil der ten gelöst hatte. Funktionen (auch in zeitlicher Beziehung) beein- Die dritte Schaffensphase begann 1914,mit dem flusst, und müssen dabei berücksichtigen, dass be- ihn erschütternden Erlebnis des Weltkriegs, und sonders die feiner organisierten Funktionen noch war ein Versuch, durch Hinwendung zur Verhal- mehr als im Oertlichen im Zeitlichen sich bewe- tensforschung und Psychobiologie Erklärungs- gen.» Der initiale funktionelle Stillstand war nach modelle und -lösungen für diese humane Kata- von Monakow eine Momentaufnahme. Das Aus- strophe zu finden:«Die Diaschisis,welche der Krieg mass der bleibenden Schädigung war vor dem gesetzt hat, muss doch endlich auch überwunden Hintergrund des individuellen Organismus und werden.» Er bemühte sich um Integration seiner seiner vor der Läsion erworbenen Funktions- Erkenntnisse als Neurowissenschaftler in den ak- einheiten einzuordnen und zu bewerten, und die tuellen gesellschaftlichen Kontext.Hierbei näherte Restitution erst im zeitlichen Verlauf abzuschät- er sich holistisch-vitalistischen Anschauungen an, zen. Obwohl die Diaschisis eher erschwert ange- wie sie in diesen Jahren durch Bergsons élan vital nommen wurde, bauten doch die Konzepte des verkörpert schienen. Von Monakows Schlüssel- spinalen «shock» von Charles Sherrington (1857– werk dieser Periode ist die «Introduction biologi- 1952), der Aphasie und Apraxie von Henry que à l’étude de la neurologie et de la psychopatho- Head (1861–1940), der Gestalt-Theorie um Kurt logie» (1928).

250 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Es waren diese späten Arbeiten, die von Mona- Literaturauswahl kow über die scientific community hinaus populär werden liessen, wie es die vielgelesene Biographie Akert K. Constantin von Monakow (1853–1930) als Hirn- anatom. In: Jagella C, Isler H, Hess K. Constantin von der Schweizer Autorin Maria Waser «Begegnung Monakow (1853–1930). Hirnforscher, Neurologe, Psychiater, am Abend» aus dem Jahr 1933 zeigt. Denker. Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 1994;Suppl I:9–15. Constantin von Monakow hat gemäss Min- Anabitarte P. Kritische Bibliographie Constantin von kowski eine «neurobiologische Schule» in Zürich Monakows. Zürich: Diss. med.; 1998. begründet, die klinische und experimentelle An- Jagella C, Isler H, Hess K. Constantin von Monakow sätze in sich zu vereinen suchte. Die bis heute fort- (1853–1930). Hirnforscher, Neurologe, Psychiater, Denker. Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 1994;Suppl:1–61. wirkende und faszinierende Idee Constantin von Monakows ist die einer dynamischen Sicht des Price CJ, Warburton EA, Moore CJ, Frackowiak RS, Friston KJ. Dynamic diaschisis: anatomically remote and context- Hirns, die klinische, zelluläre und molekulare sensitive human brain lesions. Mechanismen in ein Gesamtkonzept immer wieder J Cogn Neurosci. 2001;13:419–29. neu zu integrieren sucht.

251 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 SNG-Jubiläum

Robert Bing (8.5.1878–15.3.1956) n M. Mumenthalera, C. Müllerb a Zürich b Bern

Bings Biographie

Robert Bing war eine der prägenden Persönlich- keiten der Neurologie in der Schweiz und einer der Gründer der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft. Sein Vater, Berthold Bing, stammte aus Bayern, verlegte seinen Wohnsitz später nach Strassburg und zog mit der Familie 1888 nach Ba- sel. Seine Mutter, Valérie Guggenheim, stammte aus Lengnau im Aargau, also aus der Schweiz. Robert Bing selber wurde am 8.5.1878 in Strass- Abbildung 1 burg geboren. Er wurde dort eingeschult und be- Robert Bing (1878–1956). suchte auch ein Jahr lang die Primarklasse des pro- testantischen Gymnasiums in Strassburg. In Basel besuchte Bing dann das humanistische Gymna- Bings akademische Karriere sium.Er war zweisprachig,ausserordentlich begabt und bestand im Frühjahr 1896 seine klassische Nachdem Robert Bing 1901 als 23jähriger das Maturität. Anschliessend an die Maturität begann Staatsexamen in Basel – mit einem Studienseme- er sein Medizinstudium in Basel, das er bereits ster in Strassburg – absolvierte hatte, verfasste er 1901, also erst 23jährig mit dem Staatsexamen ab- eine Dissertation mit dem Titel «Ueber angebo- schloss. Seine Praxis hatte er an der Waldstrasse 1, rene Muskeldefecte» [1].Das Doktordiplom wurde später am Tiergartenrain 1 in Basel. ihm am 30.11.1902 verliehen. Nach dem Staats- Er hat nie geheiratet, lebte mit seiner Mutter examen bildete er sich zunächst in Basel in patho- zusammen, für die er rührend sorgte. Er selber logischer Anatomie und innerer Medizin aus. verstarb in der Nacht vom 14./15.3.1956 im Alter Anschliessend, in den Jahren 1902 bis 1905, bil- von 78 Jahren wohl an einem Herzschlag. dete er sich im Ausland weiter. Er war beim Hirn- Bings Familie,auch seine Mutter,eine geborene physiologen Hermann Munk in Berlin, dem Neuro- Guggenheim, war jüdisch. Er hat sich auch durch- pathologen Ludwig Edinger in Frankfurt am Main, aus zu seiner jüdischen Zugehörigkeit bekannt. dem Neurochirurgen Victor Horsley in London Andererseits fällt bei der Betrachtung seiner Bio- und bei den Klinikern Dejerine und Babinski in graphie und seiner beruflichen Karriere auf, dass Paris. Auf diese Weise erwarb er sich eine vielsei- nirgends Hinweise für eine spezielle Nähe zum tige neurologische Ausbildung. Judentum vorhanden sind. Auch ist er nicht auf 1905 nach Basel zurückgekehrt, liess er sich dem Israelitischen Friedhof in Basel, sondern auf als Nervenarzt nieder. Schon 2 Jahre später habili- dem Wolfgottesacker beigesetzt worden.Man muss tierte er sich. Der Titel seiner Habilitationsschrift also folgern, dass für Robert Bing seine Zuge- lautete: «Bedeutung des spinozerebellären Sy- hörigkeit zum jüdischen Volk und zur jüdischen stems». Die Habilitation erfolgte am 21.3.1907. Im Religion sich in seinem Alltag und seinem Wirken gleichen Jahr begründete er zusammen mit Emil nicht in einer für uns fassbaren Weise ausgewirkt Villiger auf eigene Rechnung ein «Nervenambula- hat. torium», das in Basel bis 1954 bestand. Das Ambu- latorium war ursprünglich an der Hebelstrasse 1. Korrespondenz: Die Sprechstunde dieses Ambulatoriums wurde Prof. Dr. med. Marco Mumenthaler schliesslich 2mal wöchentlich in den Räumlichkei- Witikonerstrasse 326 CH-8053 Zürich ten der Medizinischen Poliklinik abgehalten. Es e-mail: [email protected] ist dies zwar nicht das älteste Nervenambulato-

252 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 rium in der Schweiz, hatte doch Constantin von auftrag, dekretiert. Der Lehrauftrag wurde dann Monakow 1887 in Zürich ebenfalls auf privater erst mit einem Regierungsratsbeschluss vom Basis eine solche Institution begründet. In Basel 23.7.1937 erteilt, im Sinne eines «Lehrauftrages allerdings war es die erste derartige Institution. für Neurologie». Er wurde dann auf den 30.9.1948 Das private Nervenambulatorium Bings wurde (seinen Rücktritt) von diesem Lehrauftrag ent- dann erst 1916 in die Medizinische Universitäts- bunden. poliklinik offiziell eingegliedert. Bing hielt dort Während der Jahre 1914 bis 1918 war Bing übri- 2mal 2 Stunden pro Woche eine neurologische gens als Oberleutnant in der Armee tätig. Er tat Sprechstunde. dies mit Begeisterung, und das Bild des damaligen Schon bald nach seiner Habilitationsschrift Generals Ulrich Wille hatte neben dem Bild seiner veröffentlichte Bing 1909 die erste Auflage seines Mutter auf seinem Schreibtisch einen Ehrenplatz. Kompendiums der topischen Gehirn- und Rücken- Bing erfuhr auch viele Ehrungen: Die Uni- markdiagnostik [2]. Bereits 1913 erschien auch die versität Lüttich verlieh ihm den Ehrendoktor, er erste Auflage des Lehrbuches der Nervenkrank- wurde Ehrenmitglied der königlich-belgischen heiten [3]. In 30 Vorlesungen schilderte er die ein- Akademie der Medizin, er war Ehren- und korre- zelnen Kapitel. Es waren wohl diese seine vielbe- spondierendes Mitglied zahlreicher in- und aus- achteten Bücher, die Robert Bing weit über die ländischer Gesellschaften,Ritter der französischen Landesgrenze hinaus bekannt machten.Die ersten Ehrenlegion und des belgischen Kronenordens, Auflagen hatte er in Deutschland bei Urban und Ehrenpräsident der Schweizerischen Neurolo- Schwarzenberg veröffentlicht,bis dann – wohl auch gischen Gesellschaft seit 1927 und war 1931 Vize- im Hinblick auf die Kriegsereignisse – der Benno präsident des Internationalen Neurologenkon- Schwabe Verlag in Basel 1945 die 12. Auflage des gresses in Bern. Kompendiums und im gleichen Jahr die 7.Auflage Seine Sprachkenntnisse waren perfekt in des Lehrbuchs der Nervenkrankheiten herausgab. Deutsch und Französisch, sehr gut in Italienisch Später erschien im gleichen Verlag das gemeinsam und Englisch,er korrespondierte sogar in Spanisch, mit Roland Brückner verfasste Werk über «Gehirn und Griechisch und Latein waren ihm dauernd und Auge», von dem 1954 die 3. und letzte Auflage gegenwärtig. Die Bibel las er in Hebräisch. erschien [4]. Insgesamt sind vom Kompendium 14 und vom Lehrbuch 9 Auflagen erschienen. Von den beiden Hauptwerken Bings sind auch zahl- Bing und die Verselbständigung der Neurologie reiche Übersetzungen erschienen. Bing war nicht nur ein wortgewandter Autor, Der Kampf um die Selbständigkeit der Neurologie, vielbeachteter Referent und hochgeschätzter Kon- im wesentlichen also um die Ablösung als Lehr- siliarius, er war auch ein überzeugter Förderer fach und als Spezialfach von der Inneren Medizin, des Nachwuchses. Nebst rund 200 eigenen wissen- hatte auch in der Schweiz eine lange Vorgeschichte. schaftlichen Publikationen und den bereits er- Darauf ist an anderer Stelle in diesem Heft einge- wähnten Lehrbüchern hat er auch alles in allem gangen worden [5]. etwa 250 Dissertationen betreut. Im Jahre 1935 Als Nachtrag eines Textes von Veraguth [6] waren es deren 20, im Jahre 1936 sogar 36 Disser- wurde eine von Bing verfasste Resolution der tationen, die in einem einzigen Jahr unter seiner Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft ab- Leitung geschrieben wurden. gedruckt: «Nach reiflicher Überlegung hat der Übrigens ist es interessant festzustellen, wie Vorstand der Schweizerischen Neurologischen Bing bis gegen Ende seines Lebens seine offizielle Gesellschaft in seiner ausserordentlichen Sitzung geschäftliche Korrespondenz mit dem Verlag hand- vom 25.6.1911 den Inhalt des Referates von Herrn schriftlich erledigte.Er bediente sich auch im Deut- Dr. Veraguth gutgeheissen und erklärt sich mit schen sehr höflicher, an das Französisch erinnern- dessen Vorschlägen und deren Motivierungen der Formulierungen, wie z.B. «Ihre freundliche solidarisch.» Rückäusserung im Voraus bestens verdankend ver- bleibe ich in vollkommenster Hochachtung Ihr sehr ergebener – Bing». Bing und die Schweizerische Neurologische Im Regierungsratsbeschluss vom 2.2.1918 Gesellschaft sowie das Schweizer Archiv wurde zwar die Beförderung zum Extraordinarius für Neurologie und Psychiatrie ausgesprochen, jedoch nicht ein Lehrauftrag er- teilt. Die Beförderung zum Ordinarius wurde Am 25-Jahr-Jubiläum der Schweizerischen Neuro- durch Regierungsratsbeschluss vom 12.4.1932, logischen Gesellschaft erklärte an deren 38. Ver- damals wiederum ohne einen begleitenden Lehr- sammlung am 18.11.1933 Charles Dubois,der Sohn

253 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 des Mitbegründers der SNG Paul Dubois, in Bern, Schlussbemerkungen dass er Zeuge gewesen war, als Robert Bing seinen Vater aufgesucht hatte und diesem den Vorschlag Robert Bing verdient unsere Anerkennung und machte, mit von Monakow zusammen die Grün- Bewunderung aus zahlreichen Gründen:Als in die dung der Gesellschaft in die Hand zu nehmen.Bing Schweiz Eingewanderter hat er wie so viele Immi- war also der eigentliche Initiator für die Gründung granten Wesentliches zur Entwicklung und zum der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft. Fortschritt in unserem Lande beigetragen. Er hat Der erste Schritt für die Gründung der Schweize- auch durch seine Sprachkompetenz die Brücken rischen Neurologischen Gesellschaft war dann das zwischen den drei Sprachregionen der Schweiz Treffen eines Initiativkomitees von 10 Männern am und auch die Verbindungen zum Ausland gepflegt 15.11.1908 im Bahnhofbuffet in Olten.Robert Bing und ausgebaut. Er war nicht nur ein vorzüglicher fungierte als Schriftführer.Bing wurde dann an der Fachgelehrter und Vertreter unseres Faches, son- 16. Versammlung in Solothurn am 15.11.1919 zum dern ein hochgebildeter und vielseitig interessier- Präsidenten gewählt. Er stand der Gesellschaft bis ter Mann. 1922 vor und wurde 1927 zum Ehrenpräsidenten Robert Bing war nicht nur ein kenntnisreicher gewählt. Arzt, hochgeschätzter Konsiliarius und Gutachter, er war auch ein überzeugter und begeisterter Lehrer. Letztere Funktion übte er auch mit über- Der Bing-Preis der Schweizerischen Akademie durchschnittlichem Geschick und Erfolg aus, und der Medizinischen Wissenschaften seine Lehrbücher haben Generationen von Neuro- logen damals geprägt. Möge er als Vorbild auch Bing starb 1956 kinderlos und über nähere Ver- heute noch Massstab für unsere Generation und wandte ist uns nichts bekannt. Er selber hatte spätere sein. seine Mutter, anlässlich von deren Hinschied, als die letzte seiner näheren Verwandten [7] bezeich- net. Bing hinterliess seinen Besitz im Testament Literatur der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften.Damit verbunden war die Auflage, 1 Bing R. Ueber angeborene Muskeldefecte. Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische einen Preis regelmässig zu vergeben. Der Wortlaut Medizin. 1902;170:175–228. war: 2 Bing R. Kompendium der topischen Gehirn- und Rücken- markdiagnostik. Das Erbe hat die Akademie zur Schaffung eines meinen Berlin, Wien: Urban und Schwarzenberg; 1909. Namen tragenden,separat zu haltenden und zu verwaltenden Fonds zu verwenden, mit dem Zweck,Autoren hervorragen- 3 Bing R. Lehrbuch der Nervenkrankheiten. der Arbeiten, welche Erkennung, Behandlung und Heilung Berlin, Wien: Urban und Schwarzenberg; 1913. der Nervenkrankheiten gefördert haben, durch Prämierung 4 Bing R, Brückner R. Gehirn und Auge. 3. Auflage. aus den Erträgnissen zu weiterer Forschung zu ermutigen. Basel: Benno Schwabe; 1954. Unter Nervenkrankheiten verstehe ich die in meinem ‹Lehr- buch der Nervenkrankheiten› behandelten Affektionen; 5 Mumenthaler M. Die Neurologie in der Ausbildung mit Ausnahme der in den Kapiteln 27 bis 29 besprochenen des Schweizer Arztes. Leiden (‹Psychoneurosen›, welch letztere sich als neuro- Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 2008;159:265–6. logisch-psychiatrische Grenzgebiete qualifizieren). Die Lei- 6 Veraguth O. Der neurologische Unterricht an den stungen des Fonds, welcher nach Bedarf (und nicht notwen- schweizerischen Universitäten. Correspondenzblatt digerweise alljährlich) auszurichten sind, sollen in erster für Schweizer Aerzte. 1911;20:696–708. Linie Schweizern zukommen. Doch können auch Belgier, Briten, Franzosen, Niederländer und Bürger der Vereinigten 7 Haymaker W. Robert Paul Bing, 1878–1956. Staaten von Nordamerika bedacht werden. [8] AMA Arch Neurol Psychiatry 1956;76:508–10. 8 Zitat aus dem Originaldokument. Schweizerische Es ist zu vermuten, dass der im Jahre 1956 ver- Akademie der Medizinischen Wissenschaften, Basel. storbene Schweizer jüdischer Herkunft bei der Umschreibung der potentiellen Nutzniesser seiner Stiftung die Rolle der Nationen in den zwei Welt- kriegen mitberücksichtigt hat.

254 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 SNS jubilee

Walter R. Hess (17.3.1881–12.8.1973) n C. W. Hess Neurologische Universitätsklinik, Inselspital Bern

This article is based on Hess’s autobiographical who initially encouraged him to go into scientific sketches [1], on obituaries [2–4], articles about his research [1]. The family doctor Dr. Elias Haffter life work [5–10], his work and last but not least, (1851–1909), who treated young Walter for tuber- on written and oral traditions of his family.Because culous pleurisy, also had a major effect on him. of limitations of space, only a few aspects of his He decided to study medicine, beginning his stud- scientific oeuvre will be touched upon, and an ies in Lausanne in 1899 and later pursuing them extensive discussion of his scientific achievements further in Berlin, Kiel and Zurich. During a will not be attempted. For further information on summer term in Kiel, he was greatly impressed these subjects, the reader is referred to the exten- by the riveting lectures of the legendary internist sive writings of Richard Jung [5] and Konrad Prof. Heinrich Quincke (1842–1922). In Zurich Akert [8], both of whom collaborated with Hess. he was fascinated by a vascular anomaly that he Hess’s more important original articles can be observed in the dissection room, which he inter- found in an English translation in the monograph preted as the product of haemodynamic forces. edited by Akert [11]. A complete bibliography of He approached the anatomist Prof. Wilhelm Roux his 300 articles appeared in an obituary article of (1850–1924) of Halle, the founder of developmen- the Viennese Academy [12] and can also be found tal mechanics, who encouraged him to publish his in Akert’s monograph [11]. observation [13]. After passing the medical qualifying examina- tion in Zurich in 1906, his first post was in Mün- Life sterlingen as an assistant in surgery to Dr. Conrad Brunner (1859–1927) whose efficient and tightly Walter R. Hess (fig. 1) was born on March 17, 1881, run clinic served as an example to him thereafter. in Frauenfeld in the Canton of Thurgau in eastern He proposed introducing walking casts to encour- Switzerland, the second of three children of age tissue growth through gradually increased Clemens Hess, originally from Zug, and of Gertrud weight-bearing, but, as he was still a neophyte, the Hess, née Fischer, originally from Mitweida near idea was not accepted. Nonetheless, surgery gave Chemnitz in Thuringia. Already as a small child, him ample opportunity to pursue his reigning in- he must have possessed a healthy degree of self- terest at that time and observe the vascular system confidence: having learnt the German language of in the living organism. For his clinical studies he Germany from his mother, and still speaking with developed a device to measure blood viscosity a Saxon accent,he criticised the teacher on the first (named “viscosimeter”), which later was used ex- day of school for his faulty pronunciation! Later he tensively in clinical medicine until the introduction derived an enthusiasm for nature from his father, of blood-sedimentation measurement.To his great a physics teacher in grammar school who did re- disappointment, however, his paper on the subject search in meteorology and ran a weather station. was rejected by Pflügers Archiv, the leading phy- As a pupil, he took part in experiments in his siology journal of the day, because he was an un- father’s physics laboratory and helped him elec- known beginner without a scientific mentor. The trify the family’s apartment. It was also his father publication, which he submitted as a dissertation in 1906, was finally published in the journal of the scientific research society of Zurich [14]. Correspondence: He could not devote himself fully to his scien- Prof. Dr. med. Christian W. Hess tific pursuits because, in that era, assistants in Neurologische Universitätsklinik theoretical university institutes were not paid a Inselspital CH-3010 Bern liveable wage. Therefore, in 1907, he went to Prof. e-mail: [email protected] Otto Haab (1850–1931) of the Zurich University

255 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Figure 1

W. R. Hess as a medical student (left), as chairman of the Institute (centre) and after retirement with his parrot “Joko” (right).

Ophthalmologic Department for two years to be offered him the position of an assistant in the trained as an ophthalmologist. Haab taught him Physiological Institute at the University of Zurich. both the art of diagnosis of eye disease and the He decided to accept the offer after careful de- surgical skills that served him well not just in his liberation and discussion with his wife, whose practice as an ophthalmologist, but also later in his agreement understandably came with mixed feel- animal experiments. Having no one to guide him in ings because of the loss of material wealth. his scientific interests,he independently developed At the Physiological Institute he obtained the a system to identify the paretic eye muscle(s) in rank of “Privatdozent” (scientific associate) one diplopia and to quantify the deviation [15]. The year later (1913) with a thesis on haemodynamics apparatus, which he called a “coordimeter”, is still [17], although the work displeased the then chair- in use among ophthalmologists today and known man of internal medicine,Prof.Hermann Eichhorst as “Hess screen”. In the same period he invented (1849–1921), who considered the mathematical a method for making stereoscopic photographs formulae found in it to be “foreign to physiology” with a finely corrugated prism glass [16], which [6]. After the outbreak of the First World War in has recently come into use again.He later intended 1914, his scientific work was frequently interrupt- to perfect this apparatus, establish a company to ed by calls to active duty as a captain in the Swiss produce it and take out a patent on it, but these Army Medical Corps. The one advantage the war plans came to nothing because of the outbreak of gave him was that it enabled him to take a scien- the First World War. A few specimens of these tific leave in Germany, as it was relatively easy to “stereo pictures” decorated the dining room of his find a good place to do research in view of the many apartment on the Zurichberg. positions left vacant by the fighting. He was thus In the spring of 1908, after a brief sojourn in able to spend the year 1915/16 at the Physiological Paris for further training in venereology and Institute of the University of Bonn under Prof. neurology, Hess took over an ophthalmologist’s Max Verworn (1863–1923), at that time the leading practice in Rapperswil (Canton of Sankt Gallen) neurophysiologist in Germany. Verworn’s concep- and thereby attained the necessary financial tions of physiology, his wide-ranging knowledge security to marry his fiancée Louise Sandmeier and his synthetic mode of thinking left lasting and start a family. Lisy, as she was called, was the impressions on Hess. Having been largely a scien- daughter of a Frauenfeld lawyer; she had worked tific autodidact up to that time, Hess had now as a doctor’s assistant in the Ambulatory Eye found, for a short time, a scientific mentor. The Clinic at the Zurich Cantonal Hospital and now happy situation did not last because Verworn suf- became his devoted assistant in his outpatient fered the first of several cerebral strokes during practice and in the operating room. His sister Hess’s visit. Hanna kept house for them and looked after their Back in Zurich, his chief Gaule was ill as well daughter Gertrud, who was born in 1910. Their and went into premature retirement in the autumn son Rudolf Max was born 3 years later. The oph- of 1916. Hess became acting chief of the Institute thalmology practice flourished, with a satellite and faced a good deal of extra work with teaching office in the Cantonal Hospital of Glarus, and and organisational matters. In the spring of 1917, allowed Hess to build up his financial reserves. the faculty proposed taking on as new chief a He kept on visiting scientific meetings and also did German physiologist who was older and more experiments on arterial blood pressure and with experienced than Hess. At that time, in Zurich, artificial lenses on rabbits in the washhouse of the most of the “important” chairs were held by Ger- garden. In 1912 Prof. Justus Gaule (1849–1939) mans, and a Swiss could hardly even be considered

256 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 for an ordinary professorship and the direction Hess also made a valuable contribution to re- and head of an Institute in a theoretical discipline search in meteorological physiology. The Interna- like physiology. Hess was offered an extraordinary tional Foundation for the High Alpine Research professorship (i.e. non-chair full professor without Station Jungfraujoch was founded in 1930 under being the head of the Institute), but declined. As his direction.The research station was inaugurated Hess had led the Institute successfully during the only one year later and led by him until 1937. interregnum and was well liked by the students and This, too, was the period of his active engagement trainees, the faculty’s decision raised a good deal against the so-called “anti-vivisectionists”, who of discontent. The responsible university adminis- wished to forbid all experimentation on animals. trative body discovered that the faculty had con- Hess fought on the front lines of this struggle in sulted Max Verworn for advice about the selection the name of the faculty and often bore the brunt of a new head of physiology, that Verworn had of hostility [18]. The attacks culminated in the recommended Hess as the top candidate and that naively absurd demand of one embittered oppo- this expertise had been suppressed.The head of the nent that, if animal experimentation could not be Cantonal Department of Education, Counsellor completely dispensed with, it should at least be Heinrich Mousson (1866–1944,Educational Direc- performed on creatures “inimical to mankind,such tor from 1914 to 1929), actually went in person to as tigers and lions”! discuss the situation with the students and then He faced the major challenge of organising the attended one of Hess’s lectures during the summer 16th International Congress of Physiology in Zurich term, obtaining a favourable impression [6]. In in 1938, which only took place at all because of the autumn of 1917,Hess was chosen Ordinary Pro- his uncompromising leadership and steadfastness. fessor and Chairman of the Physiological Institute On the eve of the Second World War,and right after by unanimous vote of the Cantonal Governing the “Anschluss” of Austria to Germany,attempts by Council (Regierungsrat). a few colleagues to exert pressure of a political and Hess’s first step in office was to modernise anti-Semitic nature endangered the entire event at the teaching methods. He introduced a course in the last minute [1]. Another very unpleasant con- experimental methods and, as one of the first, sequence of the war was that all of the original page moving pictures as an instructional medium (and, proofs and illustration blocks for Hess’s mono- later, as a research tool as well). As the Institute graph on the diencephalic regulation of circulation staff was very small until 1946 (two academic as- and respiration (ed. 1938) were destroyed by fire sistants, one mechanic [Max Jenny] and one secre- on the premises of the Thieme publishing house in tary [Mina Eugster]), his wife served as his private Leipzig. Yet another result of the war was that the secretary. At that time, his two first assistants Swiss physiologists, who had previously been asso- and disciples Dr. Alfred Fleisch (1892–1973) and ciated with the German and French physiological Dr. Ernst Rothlin (1888–1972) were reliable and societies, founded their own national society on diligent support for him. He also hired and trained Hess’s initiative. untaught workers who provided essential support Another scientifically productive phase ensued for his research: histologist Verena Bucher, data in the post-war years with the support of the Can- manager Anna Jaussi. tonal authorities (more staff), the Swiss National In his research he at first concentrated on cir- Research Foundation and the Rockefeller Foun- culatory and respiratory regulation.He was award- dation of New York.After Hess retired to the rank ed the Marcel Benoist Prize in 1932 for work in this of Professor Emeritus in 1951, the anatomist Prof. area. He used the prize money to buy a plot of land Gian Töndury (1906–1985) put an office in his own in Ascona (in the Canton of Ticino), on which he Institute at Hess’s disposal, where he continued to built a small summer house in 1934 that became work on the evaluation of his experimental findings his hobby. In 1934 the University of Berne made for a number of years. His disciple, Prof. Oskar him an honorary Doctor of Natural Philosophy; A. M. Wyss (1903–1992), succeeded him as head further honorary degrees (Geneva, McGill [Mont- of the Institute of Physiology. Hess was highly real], Freiburg [Germany]) and prizes followed. satisfied to see his vision of a modern brain re- It was also in the 1930s that he began his epoch- search institute become reality in 1962, under making experiments with diencephalic stimulation the leadership of his last and most active disci- on freely moving cats, for which he won the Nobel ple Prof. Konrad Akert (*1919). After moving to Prize (shared with Egas Moniz) in 1949 “for the Ascona in 1967, he continued to carry on a wide- discovery of the functional organisation of the ranging correspondence from there and to receive diencephalon as a coordinating centre of visceral visitors from all over the world, including frequent function”. visits from his children and grandchildren. He

257 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 died of heart failure in August 1973, at the age of ings in a larger biological context, with order and 92. His widow outlived him by 14 years. economy of conception being important guiding considerations. Until the Second World War German physio- W. R. Hess as a person: logy was his intellectual home; he regularly visited his view of the world and mode of thinking the German physiological congresses, at which he presented his results [5]. Nonetheless, he made Hess was certainly a strict chief who placed heavy several academic trips to Britain and America to demands on himself, on the researchers working visit the Anglo-American physiologists whose under him and on his students, some of whom work he attentively followed. The fact that he at occasionally came to fear him. Once he gave a stu- first published only in German had the conse- dent the worst possible grade in the first examina- quence that his physiological concepts remained tion of the university course when he had detected unknown in the English-speaking world for a long academic dishonesty in the performance of an ex- time. periment. He was obviously already a personage As a speaker, he had a clear manner of oral demanding respect quite early on in his career, yet expression; his extemporaneous speaking was pre- he regularly held discussions on important matters cise and direct.He found writing difficult,however, with all of those working under him. as he often remarked. His sentences were some- Like his father before him, his worldview was times convoluted, and he generally rewrote his that of a freethinker, informed by natural science, manuscripts several times. and he was not religious. He repeatedly empha- In private, he loved the Mediterranean and sised, however, that a scientist should always ac- often spent holidays with his family in Bordighera knowledge the limits of scientific discovery,and he on the Ligurian coast. In his younger years, he therefore explicitly refused to rule out the pos- was accompanied almost everywhere,including the sibility of unknown powers and effects. Uncondi- Institute, by his faithful dog. In my own school-age tional respect for religion and its symbols was as years, during my weekly visits, I experienced my important to him as reverence for all living crea- then retired grandfather as a patriarchal family tures, including his experimental animals. It was head who dominated conversations around the very important to him that they should be treated family dining table. This had become all the more respectfully and humanely. inevitable because of his severe hardness of hear- Hess held great respect for the Professor of ing. He was still driven by scientific curiosity and Neurology in Zurich, Constantin von Monakow bred snakes and dissected crabs in his apartment (1853–1930), and attended his legendary weekly on the Zurichberg,while,in the luxuriant garden of colloquia [8]. In accordance with von Monakow’s his summer house, he experimented with exotic ideas, Hess did not believe in the existence of plants and cared for various species of grapevine, anatomically circumscribed nuclear “centres” in pears, apples and figs. His pet at that time, the talk- the brain. For Hess the “centres” were, rather, ing parrot “Joko”, whom he had brought up from relatively diffuse and sometimes interpenetrating the beginning, was always by his side. functional networks.Hess’s scientific mode of think- ing was more synthetic than analytic, system- oriented, teleological, and also intuitive. His form Scientific achievements of teleology was based on biological considera- tions: it was concerned with the goal-directed inte- His more scientific achievements can be sum- grative performance of the entire organism, rather marised as follows (periods of activity): than involving any form of transcendental ins- piration [5, 8, 19]. Starting from this point, he A. The organisation and regulation of the circula- developed conceptions and formulated hypotheses tion and respiration as autonomic functions that he tested by experiment.Clarity of conception (1913–1931). and stubborn diligence, spurred on by goal-direct- B. The adrenergic-sympathetic (“ergotropic”) and ed formulation of hypotheses and reined in by cholinergic-parasympathetic (“trophotropic”) methodological limitations, were the characteristic components of a dual, antagonistic autonomic features of his mode of working and the basis of (vegetative) system in the hypothalamus (1924– his successes. Though he could become interested 1949). in new ideas and findings in conversation and dis- C. The central representation of motivational and cussion, he restricted his practical research to at- instinctive behaviours such as hunger, thirst, tainable goals [5]. He always tried to put his find- fear and rage (1941–1943).

258 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 D. The mechanisms of sleep as an active process [20] and the degenerated nerve fibres emanating and its induction by weak medial thalamic from the microcoagulated stimulation points were stimulation near the massa intermedia (1929– traced [20, 21]. 1944). The representation of the autonomic functions E. The oculomotor system as a pre-cybernetic in the hypothalamus that Hess discovered placed model (1944–1946). these functions in two anatomical zones: the F. The diencephalic postural system of the body “trophotropic” (parasympathetic) components and the reciprocal relations between postural were found to be located in the anterior (lateral) and goal-directed motion (1941–1965). hypothalamus as far as the septal nuclei, while G. The biological correlates of mental functions the “ergotropic” (sympathetic) components were and consciousness (1943–1973). found to be located in the posterior ventromedial hypothalamus and perifornical region.Stimulation Hess’s stimulation technique: The decisive break- in the posterior hypothalamus led, e.g. to extreme through became possible with his development, in excitement, sometimes with defence-like behav- the late 1920s, of a method of stimulating the brain iour, ranging all the way to flight or to a well- in non-anaesthetised, freely moving animals with directed attack. Bilateral lesions in this region, electrodes located at precisely defined anatomical on the other hand, led to apathy and an adynamic sites, enabling him to explore systematically the state or sleep-like behaviour. Meanwhile, stimula- “vegetative” neuronal networks of the thalamus, tion in the rostral “trophotropic” zone led to a hypothalamus and adjacent regions of the midbrain fall of blood pressure,slowing of respiration,pupil- and telencephalon.One needs to understand Hess’s lary constriction, and sometimes even cardio-in- special stimulating technique [20], which differed hibition. Hunger, thirst, defecation and micturi- fundamentally from the then usual Faradic stimu- tion could also be provoked by stimulation in this lation, in order to interpret the stimulation effects region. that he found and compare them with the findings For Hess it was obvious that the stimulations al- of other researchers. Hess aimed at specifically so evoked concordant emotions, and the induced targeting the small (poorly myelinated and un- behaviour was appropriately referring to the sur- myelinated) fibres of the autonomic system (in roundings; e.g., the cat which was put into an ag- particular of the periventricular grey),and at avoid- gressive mood attacked the nearest experimenter ing or minimising stimulating effects on thickly with due precision, when it was allowed to do so. myelinated fibres that might obscure the effects on Likewise, a cat which was stimulated near the “fear the autonomic system.To this end, Hess developed zone” watched out for a suitable hiding place, and a special technique which he labelled “interrupted in one case discovered a slightly open roof window direct-current (DC) stimulation”. Rather than the through which it promptly escaped. brief (<0.5 ms) square-wave impulses of Faradic The localisation of autonomic and instinctual stimulation, Hess used stimuli of long duration, functions in the hypothalamus has meanwhile been typically 12.5 or 25 ms, with ramp-like, attenuated confirmed in man,with roughly analogous sites cor- upward and downward slopes. To avoid polarising responding to each type of function: for example, effects that might damage the tissue adjacent to bilateral posterior hypothalamic lesions can lead to the electrodes, he often used a very weak “coun- apathy and hypothermia,while bilateral rostral and tercurrent” between the stimuli so as to neutralise lateral hypothalamic lesions can lead to anorexia the cumulative net electrical charge. The trains of and sometimes adipsia resulting in dehydration stimulation were typically lasting 30 seconds or one [22, 23]. Stereotactic lesions in the posteromedial minute. Bipolar and monopolar stimulation was hypothalamus have even been used to free patients used. Furthermore, the stimuli were weak (around from compulsive aggressive behaviour [24]. 0.5–1.5 V) and of low frequency (2–12 Hz, usually Hess’s findings with regard to sleep [25, 26], on 8 Hz). Great care was taken to limit the spread of the other hand, were controversial from the very the stimulating currents, which were estimated to beginning and remained so for many years, even be on the order of 0.1–0.15 mA. He also used much though his son Rudolf M. Hess, an electroencepha- finer electrodes than were customary at that time, lographer,reproduced these experiments using the with a diameter of 0.25 mm. Afterwards he went same stimuli in 1950 in collaboration with Konrad to great effort to localise the anatomical site of Akert and Werner Koella and was able to record stimulation precisely. He used electrocoagulation typical sleep-EEG patterns [27].Other researchers by the stimulating electrodes to localise the site and were unable to replicate the induction of sleep at the same time to produce small lesions allowing by medial thalamic stimulation. However, unlike observation of the induced behavioural changes Hess, they used conventional Faradic stimuli or

259 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 middle-frequency alternating currents which are amply confirmed [36]. In view of the unsettled not appropriate to excite unmyelinated nerve concepts on the mechanism of cataplectic loss of fibres [28–30]. Furthermore, because of the laten- muscle tone in patients with narcolepsy and the cy between the salvo of stimulation and the ani- role of REM atonia, it is interesting to note that mal’s actually falling asleep, it was suspected Hess induced muscle atonia when stimulating in a that Hess’s cats merely fell asleep because they felt circumscribed area of the anterior ventrolateral comfortable. For Hess, however, it was precisely hypothalamus just above the chiasm [37]. Atonia the fact that the cats curled up comfortably before started shortly after onset of stimulation and out- falling asleep that confirmed that the observed lasted stimulation up to 10 minutes. sleep was physiological, in addition to the fact that In the view of Hess it will be of paramount the cats could be immediately reawakened. Hess importance to incorporate the biological aspects considered the slow response to be typical of a of psychic functions into the domain of physiology “trophotropic” function like sleep. He explained in order to understand human behaviour. Con- the cats’ not falling asleep during the stimulation scious experience seemed to him to represent the train, which lasted 30 to 60 seconds, by their supreme level of behavioural integration. How- possibly being kept awake by concomitant stimu- ever, he believed that the nature of subjective lation of other systems besides the “vegetative” experience would not be causally intelligible [8, 38, hypnogenic system [26]. In fact, mild myoclonus 39]. In his view, “the process of becoming [subjec- in synchrony with the stimulation was sometimes tively] conscious cannot in principle be explained observed during stimulation trains. It is interesting in terms of itself”, due to fundamental limits of our to note,in this context,that Hess regularly achieved mental potencies [38]. the opposite effect (arousal) when he raised the stimulus intensity above 1.5 V [26]. This may indi- cate that different networks with opposite effects References on vigilance and sleep are co-localised in the medial thalamus (midline nuclei / intralaminar system of 1 Hess WR. From medical practice to theoretical medicine: the central grey). Perhaps this is the main reason an autobiographic sketch. for the discrepant results. In fact, recent observa- Perspect Biol Med. 1963;6:400–23. tions in patients have once again raised the ques- 2 Caspers H, Hess R, Kugler J, Petsche O, Struppler A. tion of the role of the medial thalamus in sleep Nachruf auf W. R. Hess. Z EEG EMG. 1973;5:139–41. [31, 32], indicating that networks with opposite 3 Wyss OAM. Walter Rudolf Hess 17.3.1881–12.8.1973; Die Selbständigkeit der Physiologie. effects are indeed probably to be found there. Schweiz Med Wochenschr. 1973;103:1758–9. According to this hypothesis, lesions in the medial 4 Akert K. Obituary: Walter Rudolf Hess (1881–1973). thalamus, depending on their precise site, extent Brain Res. 1974;68:V–VIII. and affected type of neurones, can cause either an 5 Jung R. Walter R. Hess (1881–1973). arousal deficit (decreased vigilance, hypersomnia) Rev Physiol Biochem Pharmacol. 1981;88:1–21. or a sleep deficit (insomnia), or a mixture of these 6 Waser PG. Walter Rudolf Hess: Aus seinem Leben two states, i.e. de-arousal without physiological, und seiner Tätigkeit an der Medizinischen Fakultät der deep non-REM sleep. Universität Zürich (100-Jahr-Feier seines Geburtstages: Hess’s conceptions of the organisation of motor 14. März 1981). Gesnerus. 1982;39:279–86. function have also received more attention in 7 Huber A. W. R. Hess, the ophthalmologist. recent years. In the diencephalon he found the Experientia. 1982;38:1397–400. representation of spatio-temporal coordination 8 Akert K. Walter Rudolf Hess (1881–1973) and his of head and body movements in the three cardinal contribution to neuroscience. J Hist Neurosci. 1999;8:248–63. planes of space [33]. Hess considered the motor effects elicited from the diencephalon to be frag- 9 Davison J, Wilson G. Walter Rudolf Hess. Clin Experiment Ophthalmol. 2005;33:517. ments of an integrated motor system [8] and em- phasised the reciprocal relations between postural 10 Koella WP. A tribute to W. R. Hess (1881–1973). Experientia. 1982;38:1383. (extrapyramidal) and goal-directed motor systems. Posture, in his view,not only stabilises and supports 11 Akert K, editor. Biological Order and Brain Organization. Selected Works of W. R. Hess. goal-directed movements, but also supplies the Berlin, Heidelberg, New York: Springer; 1981. necessary initial conditions (“motorische Bereit- 12 Auerswald W. Nachruf auf Walter Rudolf Hess. schaft”) for voluntary action by providing a pro- Almanach Österr Akad Wissenschaft. 1975;124:414–33. active, anticipatory control [5, 11, 34, 35]. This con- 13 Hess WR. Eine mechanisch bedingte Gesetzmäßigkeit cept clearly went beyond Sherrington’s classical im Bau des Blutgefäßsystems. views of postural reflexes and has recently been Arch Entwicklungsmech Org. 1903;16:632–41.

260 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 14 Hess WR. Zum Thema Viskosität des Blutes und 28 Ranson SW, Magoun HW. The hypothalamus. Herzarbeit. Dissertation. Vierteljahresschr Naturforsch Ergeb Physiol. 1939;41:56–163. Ges Zürich. 1906;51:236–51. 29 Hunsperger RW, Leisinger-Trigona M-C. Further studies 15 Hess WR. Eine neue Untersuchungsmethode bei Doppel- on the alleged hypnogenic zone in the thalamus. bildern. Arch Augenheilkunde. 1908;62:233–8. Perspectives in Brain Sciences. 1972;1:100–8. 16 Hess WR. Direkt wirkende Stereoskopbilder. 30 Wyss OAM. Präzisierung der Reizwirkung mittelfrequenter Z Wiss Photogr Photophys Photochem. 1914;14:33–8. Wechselströme. Pflügers Arch Ges Physiol. 1967;295:136–46. 17 Hess WR. Das Prinzip des kleinsten Kraftverbrauches im Dienste hämodynamischer Forschung [Habilitation]. 31 Tinuper P, Montagna P, Medori R, Cortelli P, Zucconi M, Leipzig: Veit Arch Anat Physiol; 1914. S. 1–62. Baruzzi A, et al. The thalamus participates in the regula- tion of the sleep-waking cycle. A clinico-pathological 18 Jäggi M. In primo loco. Geschichte der Medizinischen study in fatal familial thalamic degeneration. Fakultät Zürich 1833–2003. Zürich: Rüffer+Rub; 2004. Electroencephalogr Clin Neurophysiol. 1989;73:117–23. 19 Akert K, Hess WR. Symposion über das Zwischenhirn. 32 Bassetti C, Mathis J, Gugger M, Lövblad K-O, Hess CW. Helv Phys Pharm Acta. 1950;Suppl VI:9–80. Hypersomnia following paramedian thalamic stroke: 20 Hess WR. Beiträge zur Physiologie des Hirnstammes. I. a report of 12 patients. Ann Neurol. 1996;39:471–80. Die Methodik der lokalisierten Reizung und Ausschaltung 33 Hess WR. Charakter der im Zwischenhirn ausgelösten subkortikaler Hirnabschnitte. Bewegungseffekte. Leipzig: Thieme; 1932. S. 1–122. Pflügers Arch Ges Physiol. 1941;244:767–86. 21 Weisschedel E, Jung R. Die anatomische Auswertung (English in [11], p. 223–42). und das Studium der sekundären Faserdegeneration 34 Hess WR. Teleokinetisches und ereismatisches nach lokalisierter subcorticaler Ausschaltung durch Kräftesystem in der Biomotorik. Helv Physiol Acta. Elektrokoagulation. 1943;1:C62–3. (English in [11], p. 265–8). Z Anat Entwicklungsgesch. 1939;109:374–95. 35 Hess WR. Cerebrale Organisation somatomotorischer 22 Plum F, Van Uitert R. Nonendocrine diseases and Leistungen. I. Physikalische Vorbemerkungen und disorders of the hypothalamus. Analyse konkreter Beispiele. Res Publ Assoc Res Nerv Ment Dis. 1978;56:415–73. Arch Psychiatr Nervenkr. 1965;207:33–44. 23 Carmel PW. Vegetative dysfunctions of the hypothalamus. 36 Stuart DG. Integration of posture and movement: Acta Neurochir (Wien). 1985;75:113–21. contributions of Sherrington, Hess, and Bernstein. 24 Sano J, Mayanagi Y. Posteromedial hypothalamotomy Hum Mov Sci. 2005;24:621–43. in the treatment of violent, aggressive behaviour. 37 Hess WR, editor. Hypothalamus und Thalamus. Acta Neurochir Suppl (Wien). 1988;44:145–51. Experimental-Dokumente. 25 Hess WR. The mechanism of sleep. Stuttgart: Thieme; 1968. S. 63. Am J Physiol. 1929;90:386–7. 38 Hess WR. Interdisciplinary discussion of selected 26 Hess WR. Das Schlafsyndrom als Folge dienzephaler problems with reference to “The biology of mind”. Reizung. Helv Physiol Acta. 1944;2:305–44. Perspect Biol Med. 1970;13:267–93. (English in [11], p. 131–70). 39 Hess WR. Causality, consciousness and cerebral 27 Hess RM Jr, Akert K, Koella W. Les potentiels bio- organization. Science. 1967;158:1279–83. électriques du cortex et du thalamus et leur altération par stimulation du centre hypnotique chez le chat. Rev Neurol. 1950;83:537–44.

261 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 SNG-Jubiläum

Hugo Krayenbühl (3.12.1902–9.1.1985) n M. Mumenthaler Zürich

Die nachfolgenden Ausführungen stützen sich auf einen früheren ausführlichen Aufsatz des Autors [1].Am 3. Dezember 1902 geboren, erlebte Hugo Krayenbühl als Sohn eines Psychiaters und Direktors der psychiatrischen Privatklinik Zihl- schlacht im Thurgau die psychopathologischen Besonderheiten Geisteskranker,aber auch gehirn- kranker Menschen. 1921 und 1922 studierte er in Genf und dann 1925 in Kiel zusammen mit dem späteren grossen Psychiater Manfred Bleuler. Nach seinem Staatsexamen in Zürich 1927 folgten dann 12 Jahre der Ausbildung als Assistent mit dem Ziel, Chirurg zu werden. Er war in Zürich, Abbildung 1 St. Gallen, Berlin und London. Hier arbeitete er Hugo Krayenbühl. bei Sir Hugh Cairns, einem Schüler von Harvey Cushing, dem Altmeister der Neurochirurgie. Die- ser Aufenthalt hat seine spätere ärztliche und aka- wöhnlich kurze Zeit von nur 4 Jahren verstrichen demische Karriere geprägt. war (Abb. 1). Tatsächlich waren seit der Habilita- Nach seiner Rückkehr aus London nach Zürich tion 25 eigene Publikationen von Krayenbühl trat er zunächst als chirurgischer Volontärassistent und 9 weitere Arbeiten unter seiner Leitung er- l937 beim grossen Chirurgen Clairmont ein. Er schienen. Auf Antrag der Medizinischen Fakultät brachte übrigens sein eigenes neurochirurgisches vom 12.8.1948 wurde Krayenbühl von der Erzie- Instrumentarium mit. Schon 1936 hatte das Kan- hungsdirektion am 23.9.1948 zum Extraordinarius tonsspital das ehemalige Diakonissenspital Hegi- ad personam befördert. Schliesslich erfolgte am bach gekauft und darin eine Station der chirurgi- 16.4.1963 die Beförderung zum Ordinarius. Auf schen Klinik eröffnet. Der letzte Stock wurde 1937 den 15.4.1973 wurde er dann aus Altersgründen Krayenbühl als Neurochirurgische Station anver- entlassen und gleichzeitig zum Honorarprofessor traut. Er ist 1939 dann als leitender Arzt dieser ernannt. Er verstarb 83jährig am 9.1.1985. Station bestimmt worden. Hugo Krayenbühl pflegte eine spezielle Bezie- Am 13.5.1941 ernannte ihn die Erziehungs- hung zur Neurologie. In den Medizinischen Fakul- direktion zum Privatdozenten. Der Antrag hierzu täten unseres Landes war die Neurologie in den war von Krayenbühl am 24.12.1940, gestützt auf frühen 1940er Jahren weitgehend in internistischen 10 Originalarbeiten und die Habilitationsschrift Händen. In Zürich war als Nachfolger von Mona- («Das Hirnaneurysma»), gestellt worden [2]. kows Mieczyslaw Minkowski 1928 zum ausseror- Im Wintersemester 1944/45 wurde die Neu- dentlichen Professor für Neurologie ad personam rochirurgische Station zu einer selbständigen ernannt worden. Er leitete lediglich das Hirnana- Neurochirurgischen Universitätsklinik erhoben. tomische Institut sowie eine neurologische Polikli- Am 30.4.1945 beförderte der Regierungsrat auf nik im Haus Belmont an der Rämistrasse. Erst mit Antrag der Fakultät Hugo Krayenbühl zum «Titu- Bezug des neuen Kantonsspitals wurde dann 1952 larius», obwohl seit der Habilitation die unge- die erste neurologische Bettenstation in Zürich eingerichtet,d.h.also rund 8 Jahre nachdem bereits Korrespondenz: eine neurochirurgische Klinik geschaffen worden Prof. Dr. med. Marco Mumenthaler war. Witikonerstrasse 326 CH-8053 Zürich Dass in dieser Situation 1941 der Vertreter der e-mail: [email protected] Neurologie in der Zürcher Fakultät, Mieczyslaw

262 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Minkowski,die Habilitation eines Neurochirurgen, 3 stark beachtete Arbeiten zusammen mit dem der über eine eigene Bettenstation im Hegibach Neurologen Lüthy veröffentlicht worden,z.B.1944 verfügte, als Bedrohung empfand, ist verständlich. die ersten Hinweise auf eine Lipiodolschädigung Um so anerkennenswerter ist die grosszügige und des Rückenmarks nach der damals mit diesem faire Haltung Minkowskis: Wie aus den Fakultäts- öligen Kontrastmittel noch üblichen Darstellung protokollen zu entnehmen ist, fand eine erste Dis- des Rückenmarkkanals [3].Auch eine Arbeit über kussion des Habilitationsgesuchs von Krayenbühl die Ulnarisspätschädigung nach Fraktur des Con- in der Fakultätssitzung vom 22.1.1941 statt. Min- dylus humeri lateralis erschien 1945 in der Zeit- kowski befürwortete diese Habilitation sehr,eben- schrift für Unfallmedizin und Berufskrankheiten so der Psychiater H. W. Maier. Der Neurophysio- [4]. loge Walter R. Hess warf sogar die Frage auf, ob im Seine Verbundenheit mit der Neurologie doku- Hinblick auf die grosse Bedeutung der Neurochir- mentierte Krayenbühl unter anderem auch da- urgie nicht schon ein Lehrstuhl geschaffen werden durch, dass er schon 1936 als Mitglied der Schwei- sollte. Eine Mehrheit der Fakultät war allerdings zerischen Neurologischen Gesellschaft beitrat.Von gegen diesen Antrag. 1956 bis 1959 war er deren Präsident, und 1962 Neurochirurgie und Neurologie waren am Uni- wurde er zum Ehrenpräsidenten ernannt. Er hat versitätsspital Zürich während der Lehrtätigkeit immer entscheidend dahin gewirkt, dass in der von Minkowski eher auf Distanz. Neurologische Schweiz – wohl als einzigem Land der Welt – Problemfälle, die eine stationäre Abklärung be- Neurologen und Neurochirurgen in einer einzi- nötigten, konnten bis l952 nur in der Neurochirur- gen Dachgesellschaft zusammengefasst waren. So gischen Klinik hospitalisiert werden. Krayenbühl schien es auch durchaus natürlich, dass Hugo verfügte auch über die neuen bildgebenden Krayenbühl 1959 als Nachfolger des bisherigen Untersuchungen des Nervensystems, die Pneumo- Chefredaktors Minkowski die Redaktion des neu- enzephalographie, die Arteriographie durch di- rologischen Teils der altehrwürdigen,1917 von von rekte Punktion der A. carotis und der A. vertebra- Monakow begründeten Zeitschrift «Schweizer lis sowie die Myelographie. Sie waren von Hugo Archiv für Neurologie und Psychiatrie» übernahm. Krayenbühl eingeführt worden und wurden an- Im ersten Heft des Bandes 84 des Jahrgangs fänglich auch ausschliesslich durch seine Mitarbei- 1959 wurde der Titel der Zeitschrift erweitert zu ter ausgeführt.Sogar die Elektroenzephalographie «Schweizer Archiv für Neurologie,Neurochirurgie wurde nicht an der Neurologie, sondern unter der und Psychiatrie». Leitung von Prof. Rudolf Hess an der Krayen- Auch in Ausbildungsfragen bewirkten die Per- bühlschen Klinik entwickelt und gefördert. Von sönlichkeit und die Haltung Krayenbühls, dass 1955 an, unter dem Nachfolger von Minkowski, immer ein enger Schulterschluss zwischen Neuro- Prof. Fritz Lüthy, wurden eine aktive Zusammen- logie und Neurochirurgie angestrebt wurde. Nach arbeit und eine sinnvolle Aufgabenteilung einge- mehrfachen Anläufen gelang es l984, bei der leitet, nicht zuletzt dank einer freundschaflichen Neuregelung der Bedingungen zur Erlangung des Beziehung zwischen Krayenbühl und Lüthy. Spezialarzttitels für Neurologie in der Schweiz, Die Bettensituation in den 1940er Jahren, aber eine Pflichtperiode von mindestens einem halben auch das solide neurologische Wissen Krayenbühls Jahr Neurochirurgie vorzuschreiben. Sogar bis zu 1 (er war ein «neurological surgeon» im besten Sinne 1 ⁄2 Jahren Neurochirurgie waren als Teil der des Wortes), die an seiner Klinik gepflegte sorgfäl- Ausbildung zum Neurologen später anerkannt. In tige klinische Untersuchung der Patienten und letzter Zeit hat sich dies allerdings auf Druck der seine gründliche und disziplinierte Denkweise FMH geändert. hatten zur Folge, dass in jenen ein bis zwei Jahr- Dass er zahlreiche internationale Ehrungen zehnten so gut wie jeder akademisch ambitionierte empfing, ist nicht verwunderlich. Betont sei, dass Schweizer Neurologe eine Zeitlang an seiner Kli- er es verstand, nach dem 2. Weltkrieg die Bezie- nik wirkte. Er selber besetzte seine zunächst ein- hung zu den deutschen Neurochirurgen wieder zige Assistentenstelle gerne mit einem Neurolo- zu beleben [5]. 1958 veranstaltete er in Zürich gen, da ihm operativ Assistenten der chirurgischen einen gemeinsamen Kongress der Deutschen Neu- Klinik beistanden. rochirurgen zusammen mit der Societé de Lan- Der Neurochirurg Krayenbühl hat erstaunlich gue Française. Er wurde 1962 zum Ehrenmitglied viele Arbeiten veröffentlicht,die sich zwar auf neu- der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie rochirurgische Fragestellungen bezogen, aber im ernannt und erhielt von dieser 1973 die Otfrid- wesentlichen neurologische Themen behandelten. Foerster-Medaille. 1948 waren 14 der damals publizierten 42 Arbei- Bei aller Strenge und Härte, bei aller unantast- ten neurologischen Inhalts. Unter anderem waren baren absoluten Autorität und trotz gelegentlicher

263 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 Wutausbrüche konnte er sehr kontaktfähig, offen Literatur und warmherzig sein. Besonders wenn die kriti- schen Momente eines Eingriffs überstanden 1 Mumenthaler M. Hugo Krayenbühl, die Neurologie und die Neurologen. Gedächtnisfeier für Hugo Krayenbühl. waren, öffnete er sich. Zürich: Druck Universität Zürich; 1985. 2 Krayenbühl H. Das Hirnaneurysma. Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 1941;47:155–236. 3 Krayenbühl H, Lüthy F. Ueber spinale Lipiodolschädigung. Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde. 1944;156: 97–108. 4 Krayenbühl H. Die Ulnarisspätlähmung nach Fraktur des Condylus lateralis. Zeitschrift für Unfallmedizin und Berufskrankheiten. 1946;39:1–5. 5 Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie. Neurochirurgie in Deutschland. Berlin, Wien: Blackwell Verlag; 2001.

264 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 SNG-Jubiläum Die Neurologie in der Ausbildung des Schweizer Arztes n M. Mumenthaler Zürich

Bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde Friedrich Goll 1863 an der Medizinischen Fakultät die Neurologie in der Schweiz ausschliesslich im habilitiert. Zwar leitete er später die Medizinische Rahmen der Inneren Medizin gelehrt. Dies taten Poliklinik, beschäftigte sich aber hauptsächlich zum Teil die Internisten, zum Teil allerdings war mit dem Studium des Rückenmarkes. Der Inter- an den verschiedenen Fakultäten ein Neurologe nist Wilhelm Griesinger, der 1860 aus Tübingen als mit dieser Aufgabe durch die Internisten betraut Leiter der Medizinischen Klinik nach Zürich be- worden. Als Beispiel sei in Basel Gottlieb Burck- rufen wurde, interessierte sich für psychiatrische hardt (1836–1907) erwähnt, der schon 1863 für Probleme. Er erwirkte 1863 die Schaffung einer Innere Medizin, Nervenkrankheiten und Syphilis Psychiatrischen Klinik. Auch Gustav Huguenin, habilitiert war und in Basel bis 1875 lehrte. Später, der von 1874 bis 1883 Professor für Innere Medi- 1908, hat sich Robert Bing (1878–1956) für Neuro- zin in Zürich war, studierte unter anderem die logie habilitiert und hielt entsprechende Vorlesun- Anatomie des Gehirnes und der Meningen bei gen im Rahmen der Medizinischen Poliklinik [1]. entzündlichen Erkrankungen und gab 1883 den In Bern hatten die Internisten Quincke (1873– anatomischen Teil einer «Allgemeinen Pathologie 1878) und Lichtheim (1878–1888) zu neurologi- der Krankheiten des Nervensystems» heraus. Der schen Problemen Vorlesungen gehalten, und auch Psychiater Auguste Forel, der den Lehrstuhl für der Nachfolger Lichtheims, Hermann Sahli (1888– Psychiatrie von 1879 bis 1897 inne hatte, war nicht 1929) war an neurologischen Fällen und an der nur ein bekannter Ameisenforscher, sondern auch Neuroseproblematik sehr interessiert.Paul Dubois ein kenntnisreicher Hirnanatom.Wegweisend war hat sich dann 1876 in Bern habilitiert und las dann Constantin von Monakow (1853–1930), der unter anderem über Elektrodiagnostik und Elek- sich 1885 als erster eigentlicher Neurologe und trotherapie.1902 wurde er zum ausserordentlichen Neuroanatom der Schweiz in Zürich habilitierte. Professor für Neuropathologie ad personam er- Er eröffnete 1887 mit eigenen Mitteln eine Poli- nannt. Sein Mitarbeiter Louis Schnyder (1868– klinik für Nervenkranke,und erst 1894,als er einen 1927) stammte aus La Neuveville, bildete sich an Ruf auf den Neurologisch-Psychiatrischen Lehr- der Salpêtrière in Paris in Neurologie aus und liess stuhl der Universität Innsbruck abgelehnt hatte, sich dann 1897 in Bern nieder, wo er sich 1912 ernannte ihn die Zürcher Regierung zum Extra- habilitierte. Er las später über Psychotherapie. In ordiniarius «für hirnanatomische Fächer und Ner- Lausanne veröffentlichte Samuel Auguste Tissot venpolyklinik» (sic!). Damit wurde 1894 der erste (1728–1797) bahnbrechende Beobachtungen über neurologische Lehrstuhl in der Schweiz geschaffen. Nervenkrankheiten, im besonderen Epilepsie, und Trotz dieser faktischen Berücksichtigung der publizierte das erste umfassende Schweizerische Neurologie in den Lehrveranstaltungen für Studie- Neurologie-Standardwerk unter dem Titel «Traité rende der Medizin war auch nach Gründung der des nerfs et de leurs maladies». In Genf verlieh der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft im in Neuchâtel geborene Paul-Louis Ladame der Jahre 1908 offiziell der Unterricht in Neurologie Neurologie erste Impulse. Er hatte in Bern über eine Sache der Internisten. Einen ersten Versuch, die «Symptomatologie und Diagnose der Hirn- den Unterricht in Neurologie von der Inneren tumoren» dissertiert und hielt dann von 1884 an Medizin abzutrennen, unternahm einer der Mit- in Genf Vorlesungen über Neurologie und Psych- begründer der Schweizerischen Neurologischen iatrie.In Zürich hatte sich schon im 19.Jahrhundert Gesellschaft, Otto Veraguth [2]. Er drückte diese Absicht im «Correspondenzblatt für Schweizer Korrespondenz: Aerzte» in der Nr.20 des Jahres 1911 sehr pointiert Prof. Dr. med. Marco Mumenthaler aus. Er warf in seinem Artikel den Internisten vor, Witikonerstrasse 326 CH-8053 Zürich mangelnde Kenntnisse in der Neurologie zu haben, e-mail: [email protected] vor allem aber eine Vernachlässigung der Neuro-

265 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.asnp.ch 159 n 4/2008 logie in ihrer Unterrichtstätigkeit zu praktizieren. jedoch der Zürcher Internist Otto Nägeli die Be- Anlass zu diesem Artikel war die Tatsache,dass die strebungen der Neurologen. Er hielt fest, dass aus Eidgenössische Medizinalprüfungskommission im Achtung vor den enormen Leistungen der Neuro- Begriff war, dem Bundesrat ein neues Reglement logie man sich einer Verselbständigung der letzte- über medizinischen Unterricht und Prüfungen vor- ren nicht mehr widersetzen könne. Bing formuliert zulegen. Details über die Ausführungen Veraguths an der erwähnten 35. Tagung der SNG eine Reso- sind an anderer Stelle erwähnt [3]. Im Nachtrag lution, die mit 14 gegen 4 Stimmen bei einigen zum Text von Veraguth wurde im Correspondenz- Enthaltungen angenommen wurde und wie folgt blatt noch folgendes abgedruckt: «Nach reiflicher lautete: «Die Schweizerische Neurologische Ge- Überlegung hat der Vorstand der Schweizerischen sellschaft hält es für dringend wünschenswert, dass Neurologischen Gesellschaft in seiner ausseror- der Besuch eines zweistündigen (sei es klinischen, dentlichen Sitzung vom 25. Juni 1911 den Inhalt sei es poliklinischen) neurologischen Kurses für des Referates von Herrn Dr. Veraguth gutgeheis- die Dauer von 2 Semestern im Medizinstudium sen und erklärt sich mit dessen Vorschlag und deren für obligatorisch erklärt würde». Motivierung solidarisch». Unterzeichnet war diese An der 38. Versammlung der SNG am 18. und Erklärung durch Dubois, Von Monakow, Ladame, 19.11.1933 in Bern konnte schliesslich den Mitglie- Bing und Schnyder. Kein geringerer als Eugen dern verkündet werden, dass durch den leitenden Bleuler, Professor der Psychiatrie an der Medizi- Ausschuss für die Eidgenössischen Medizinalprü- nischen Fakultät Zürich und Direktor der Zürcher fungen die Medizinalprüfungsordnung bereinigt Psychiatrischen Universitätsklinik Burghölzli,liess wurde und gemäss der Eingabe der Gesellschaft im Anschluss an den Text von Veraguth folgenden beschlossen worden war, die Neurologie als obli- Hinweis drucken: «Vom Vorstand der Schweize- gatorisches Lehrfach einzuführen. Als Prüfungs- rischen Neurologischen Gesellschaft dazu aufge- fach allerdings wurde sie nicht bezeichnet und ist fordert, meine Ansicht über die im obigen Exposé es bis heute nicht. Die Vorstände der SNG haben auseinandergesetzten Motivierungen und Vor- später mehrmals einen Vorstoss unternommen,um schläge zu äussern, erkläre ich mich gerne mit die Neurologie als Prüfungsfach anerkennen zu ihnen einverstanden. Sig. Prof. Bleuler, Zürich». lassen. Als Begründung wurde anlässlich von Sit- Auf die Ausführungen von Veraguth hat der Ber- zungen der Gesellschaft angeführt,dass in anderen ner Internist Hermann Sahli in der gleichen Zeit- europäischen Ländern die Neurologie als integrie- schrift 1912 reagiert [4]. In gepflegtem Stil und render Teil des Staatsexamens geprüft wird. Es mit respektvollen Formulierungen wandte er sich ergab sich allerdings bei einer Überprüfung 2006, gegen einen selbständigen Unterricht durch den dass eine ganze Reihe von anderen europäischen Neurologen ausserhalb der Inneren Medizin. Staaten auch keine Prüfung in Neurologie im Am Zustand änderte sich somit zunächst nichts. Staatsexamen verlangt. Einen neuen Anlauf zur Stärkung der Stellung der Neurologie im Unterricht hat dann 1931 Mieczyslaw Minkowski genommen. In der Schwei- Literatur zerischen Medizinischen Wochenschrift hat er 1931 1 Mumenthaler M, Müller C. einen Aufsatz mit dem Titel «Ueber die Voraus- Robert Bing (8.5.1878–15.3.1956). setzungen und Aufgaben einer selbständigen Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 2008;159:252–4. Neurologie – mit besonderer Berücksichtigung 2 Veraguth O. Der neurologische Unterricht an den der Verhältnisse an Schweizerischen Universitä- Schweizerischen Universitäten. Correspondenzblatt ten» veröffentlicht [5]. Schliesslich konnte an der für Schweizer Aerzte. 1911;20:696–708. 35. Tagung der SNG am 9. und 10. Juli 1932 in 3 Mumenthaler M. Robert Bing – Ein Wegbereiter der Zürich das Thema des Ausbaus des neurologischen Neurologie in der Schweiz. Referat an einer Tagung an der Universität Basel am 6.6.2007. Unterrichts aufgenommen werden. Als Referent 4 Sahli H. Ueber den neurologischen Unterricht an war Minkowski beauftragt worden,wobei der Lau- den schweizerischen Universitäten. Correspondenzblatt sanner Internist Michaud ein Ko-Referat hielt [6]. für Schweiz Aerzte. 1912;21:195–205. Auf diese Initiative von Minkowski reagierte dann 5 Minkowski M. Ueber die Voraussetzungen und Aufgaben im Namen der Internisten Prof. L. Michaud aus einer selbständigen Neurologie – mit besonderer Berück- Lausanne in der gleichen Zeitschrift [7]. In dem sichtigung der Verhältnisse an Schweizerischen Univer- sitäten. Schweiz Med Wochenschr. 1931;61:842–60. französisch geschriebenen Artikel lehnte er eine 6 Michaud L. Diskussionsvotum. Verselbständigung der Neurologie weitgehend ab, Schweiz Arch Neurol Psychiatr. 1933;31:141. mit Ausnahme einer Zustimmung zur Schaffung 7 Michaud L. L’enseignement de la neurologie dans von Forschungsinstitutionen im Bereiche der Neu- les universités suisses. rologie. Im Gegensatz zu Michaud unterstützte Schweiz Med Wochenschr. 1933;63:9–15.

266 SCHWEIZER ARCHIV FÜR NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE www.sanp.ch 159 n 4/2008 Das Signet des 1488 gegründeten Druck- und Verlagshauses Schwabe reicht zurück in die Anfänge der Buchdruckerkunst und stammt aus dem Umkreis von Hans Holbein. Es ist die Druckermarke der Petri; sie illustriert die Bibelstelle Jeremia 23,29: «Ist nicht mein Wort wie Feuer, spricht der Herr, und wie ein Hammer, der Felsen zerschmettert?»