Von Der Kaserne Des Garde-Train-Bataillons Am Tempelhofer Feld Zum Reichspostzentralamt

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Von Der Kaserne Des Garde-Train-Bataillons Am Tempelhofer Feld Zum Reichspostzentralamt Von der Kaserne des Garde-Train-Bataillons am Tempelhofer Feld zum Reichspostzentralamt Verfasser: Bernhard-A. Krüger November 2007 Inhaltsübersicht: 1. Berlin in den zwanziger Jahren und der Seite 2 technische Fortschritt 2. Von der Kaserne des Garde-Train- Seite 6 Bataillons am Tempelhofer Feld zum Reichspostzentralamt (RPZ) Die Geschichte des RPZ bis 1929 3. Chronologie des Reichspostzentralamts Seite 19 von 1930 –1943 Das RPZ platzt aus allen Nähten – zwischen Größenwahn und Realität Seite 1 von 43 1. Berlin in den zwanziger Jahren und der technische Fort- schritt Mit der Verabschiedung des „Gesetzes über die Bildung einer neuen Stadtge- meinde am 27. April 1920 vergrößert sich das Stadtgebiet Berlins auf fast 900 qkm und die Einwohnerzahl steigt schlagartig auf 3,8 Millionen an (Bild1). Bild 1: Stadtgebiet von Berlin nach der Neuordnung im Jahre 1920 Die Lebensverhältnisse bleiben durch große wirtschaftliche Probleme, die hohe Arbeitslosigkeit und die große Woh- nungsnot in den 20iger Jahren katastro- phal (Bild 2). Der technische Fortschritt ist dennoch unübersehbar. Berlin wird durch die U- und S-Bahn zu einer Stadt mit einem erstklassigen Verkehrssystem (Bild 3). Mit der Inbetriebnahme des Flughafens Tempelhof 1923 zeichnet sich eine wei- tere revolutionäre Entwicklung im Ver- kehrssystem ab (Bild 4). Bild 2: katastrophale Wohnverhältnisse Seite 2 von 43 Bild 3:Die „Elektrische“ erobert Berlin Bild 4:Tempelhof geht 1923 in Betrieb Am 29. Oktober 1923 wird mit dem Hinweis „Achtung, Achtung! Hier ist das Voxhaus Berlin, die Geburtsstunde des Rundfunks eingeleitet (Bild 5). Auf der ersten „Großen Funkausstellung“ am 4. Dezember 1924 werden der staunen- den Öffentlichkeit auf dem Messegelände an der Masurenallee ein Trichterlaut- sprecher und der erste 1,5-kW-Sender (Reichweite 200 km) vorgeführt. Seite 3 von 43 Bild 5: 29.Oktober 1923 „Achtung, Achtung! Hier ist das Voxhaus Berlin“ Der schwarze Freitag am 25. Oktober 1929 markierte den Beginn der Weltwirt- schaftskrise (Bild 6). Die Zahl der Arbeitslosen überschritt in Deutschland in kürzester Zeit die 6-Millionen-Grenze. Mit diesem Stichtag ging im Deutschen Reich die Periode der Prosperität, die im Volksmund die „Goldenen 20iger Jah- re“ genannt wurde, zu Ende. Seite 4 von 43 Bild 6: Der „schwarze Freitag“ Oktober 1929 Tabelle 2 Vermittlungsstellen und Hauptanschlüsse in Deutschland Jahr Zahl der Zahl der Vermittlungsstellen Hauptanschlüsse (Mio.) 1881 9 <0,01 1885 110 0,01 1890 258 0,05 1895 537 0,11 1900 1.854 0,23 1905 4.987 0,40 1910 6.787 0,69 1915 7.651 0,83 1920 8.044 1,09 Die Zahl der Fernsprechteilnehmer 1925 7.516 1,56 1930 6.996 1,95 entwickelte sich rasant und damit auch 1935 6.982 1,83 der Raum- und Platzbedarf für die 1939 10.007 * 2,37 1940 11.060 2,48 Deutsche Reichspost (Bild 7). 1941 11.822 2,62 1943 2,79 1948 4.016 0,92 1950 4.075 1,50 1955 4.271 2,13 1960 4.486 3,30 1965 4.720 5,00 1970 5.307 8,80 1975 5.914 13,10 1980 20,00 1981, Febr. 21,00 * später in 9.938 geändert Bild 7:Vermittlungsstellen und Hauptanschlüsse in Deutschland Seite 5 von 43 2. Von der Kaserne des Garde-Train-Bataillons am Tempelhofer Feld zum Reichspostzentralamt Die Geschichte des RPZ bis 1929 Nach dem Ende des 1. Weltkrieges werden viele Kasernen des Militärs über- flüssig. Am südlichen Rand des Tempelhofer Feldes wird die 30 ha große Ka- serne des Garde-Train-Bataillons nicht mehr benötigt (Bilder 8 - 12). Bild 8: Kaserne des Garde-Train-Bataillons, Lageplan von 1911 Seite 6 von 43 Bild 9: Herbstparade des Gardecorps Bild 10: Teppichklopfer auf dem Tempelhofer Feld Seite 7 von 43 Bild 11: Ehemaliges militärfiskalisches Gelände in Tempelhof Bild 12: Garde-Train-Kaserne Seite 8 von 43 Das Grundstück hatte der preußische Militärfiskus im Jahre 1887 von dem Gutsbsitzer Wilhelm Lehne aus Tempelhof für den Preis von 246.169 RM erworben. Das Kasernengelände (Bild 13) bot der Reichspost die Gelegenheit, viele über die Stadt verteilte Abteilungen (Telegraphenversuchsamt, Telegraphenapparateamt, Funkbetriebsamt, Fernsprechlinienbüro), die an 15 verschiedenen Stellen getrennt untergebracht waren, aufzugeben und hier neu anzusiedeln. Bild 13: Lageplan des Kasernengeländes 1922 wurde daher das 43.367 qm große Grundstück des Garde-Train- Bataillons am Termpelhofer Feld von der Reichspost zunächst angemietet. Das bebaute Gelände war ideal, weil man die vorhandenen Lagergebäude und Scheunen für eigene Zwecke nur umbauen musste. Im August 1923 begann man die beiden Lagergebäude I und II umzubauen und u.a. Lager-, Werkstatt- und vorübergehend auch Büroräume einzurichten. In der Nordscheune wurde die Zerlegestelle für Altmaterial, die Tischlerei mit Lackiererei und Poliererei sowie eine Schlosserei und Schmiede untergebracht. Mit den Maurerarbeiten für den Neubau des RPZ wurde am 05. Mai 1925 begonnen. Erst 1927 wurde das Grundstück für eine Kaufsumme von 2.260 000 RM vom Militärfiskus erworben. Damit war der Weg frei, die vorhandene Südscheune auf dem Grundstück abzureißen und durch einen Neubau für das RPZ zu erset- zen. Für den Neubau hatte man einen Raumbedarf von 12.730 qm errechnet. Da das Gebäude fünfgeschossig geplant wurde, ergab sich eine Grundfläche von Seite 9 von 43 4.800 qm. Außerdem wurde eine Verbindung eines Neubauflügels mit dem La- gergebäude II vorgesehen. Wegen der geringen Breite der Ringbahnstr. wurde das Mittelteil unter Ausbil- dung einer Auffahrt mit Treppenanlagen zum Haupteingang hinter die Bau- fluchtlinie zurückgelegt (Bild 14). Bild 14: Reichspostzentralamt 1929 Ein geplanter Neubau für ein Hörsaal- gebäude wurde mit Rücksicht auf die gespannte Wirtschaftslage der Deut- schen Reichspost nicht genehmigt (Bild 15) Bild 15: Ostansicht des Nordflügels mit Hörsaalaufbau Seite 10 von 43 So mussten die Vortragsräume im Hauptgebäude untergebracht werden. Der große Hörsaal wurde im Nordturm des Gebäudes untergebracht (Bild 16). Bild 16: Großer Hörsaal Der Mittelpunkt des Neubaus ist der architektonisch besonders behandelte Lichthof mit den beiden Haupttreppen (Bilder 17 und 18). Bild 17: Lichthof Seite 11 von 43 Bild 18: Detail im Lichthof Vor der Haupteingangshalle (mit Windfang) lag die Pförtnerloge (Bild 19). Bild 19: Pförtnerloge Seite 12 von 43 Außer den beiden Haupttreppen im Lichthof wurden noch fünf Nebentreppen eingebaut. Die Kantinentreppe erhielt mit Rücksicht auf die zu erwartende stärkere Benutzung größere Abmessungen. Hier wurde auch ein Paternoster eingebaut, der erst Mitte der 70er Jahre durch einen Aufzug ersetzt wurde. Das Dienstzimmer des Präsidenten im 2. Geschoss bekam eine Holzvertäfelung mit Wandschränken in Bluetree, spanischer Esche und Möbel aus kaukasischem Nussbaum (Bild 20). Bild 20: Dienstzimmer des Präsidenten Bild 21: Kantine Seite 13 von 43 Die Kantine wurde im Dachgeschoss (6. Geschoss) im Nordflügel und im Ost- trakt untergebracht (Bild 21). Die Lagergebäude I und II sowie der Neubau wurden durch eine Rohr- postanlage mit- einander verbun- den. Die Rohr- postanlage hatte eine Gesamtlänge von 1.920 m (Bild 22). Bild 22: Rohrpostanlage Am 4. Februar 1929 war der Neubau des RPZ fertig gestellt. Im Neubau des RPZ wurde ein Apparatelager eingerichtet, außerdem Laboratorien für Funkein- richtungen und Büroräume (Bilder 23 und 24). Da sich das Aufgabenspektrum des Telegraphen Technischen Reichsamtes (TTRA) in den 20iger Jahren durch den technischen Fortschritt ständig vergrö- ßerte und ebenso Aufgaben des Postdienstes wahrzunehmen hatte, entschloss man sich am 1.April 1928, das TTRA in Reichpostzentralamt umzubenennen (Bilder 25 - 28). Seite 14 von 43 Bild 23: Laborraum für Kabel- und Verstärkertechnik Bild 24: Laborraum für Funktechnik (Lautsprecherprüfung) Seite 15 von 43 Bild 25: Blick von der Einfahrt Schöneberger Straße Bild 26: Hausgarten, dahinter Zerlegerei (Tenne 7 der Nordscheune), rechts Ostscheune Seite 16 von 43 Bild 27: Grundriss des neuen Dienstgebäudes, 2. Geschoss Bild 28: Grundriss des neuen Dienstgebäudes, 5. Geschoss Seite 17 von 43 Zu den vielfältigen Aufgaben des RPZ in der Telegraphie und des Fernsprech- wesens gehörten u.a. auch chemische Untersuchungen. Das Chemie-Labor half bei der Aufklärung und Verfolgung der vorkommenden Fälle von Briefberau- bungen, Urkundenfälschungen usw. Wichtige Entwicklungsarbeit wurde geleistet z.B. Korrosionsursachen an Ka- beln, Haltbarkeit von Eisen, Aluminium, Kupfer und Blei. 1929 entwickelte ein Ingenieur des RPZ ein Gerät zum Fernsehsprechdienst, das anlässlich der Funkausstellung 1936 als große Neuheit vorgeführt wurde. Auch das Fernsehen wurde 1936 als Neuheit der Öffentlichkeit vorgestellt. In enger Zusammenarbeit mit der Industrie wurde im RPZ an der Entwicklung des Fernsehens gearbeitet. 1939 wurde auf der „Großen Deutschen Rundfunk- und Fernsehausstellung“ die Weltpremiere des Farbfernsehens gefeiert. Bild 29: Personalentwicklung des Reichspostzentralamts (1920 – 1929) Seite 18 von 43 3. Chronologie des RPZ von 1930-1943 Das RPZ platzt aus allen Nähten – zwischen Größenwahn und Realität 1930: Im Frühjahr 1930 beanstandete der Reichssparkommissar Friedrich Saemisch (1924 – 1934) gegenüber dem Reichspostminister Paul Freiherr von Eltz- Rübenach eine ungenügende Raumbelegung im RPZ. Dieser Eindruck war bei dem Reichssparkommissar irrtümlicherweise dadurch entstanden, dass er Ab- nahmeprüfräume mit Werkstätten verwechselte. Bild 30: Dr. Wilhelm Ohnesorge Bild 31: Antrag des Präsidenten Dr. Ohnesorge Dr. Wilhelm Ohnesorge, der spätere Reichspostminister (Bild 30), übernimmt 1929 als Präsident die Leitung des RPZ. Im Juli 1930 stellt der Präsident des RPZ folgenden Antrag: „Der
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