Neue Stadien, Neue Konflikte
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Titel Fankultur alter Schule trifft auf Stadion neuzeitlicher Prägung: Eröffnung des Borussia-Parks Foto: Stadionwelt Neue Stadien, neue Konfl ikte Die deutsche Stadienlandschaft hat sich seit Mitte der 90er Jahre in nie da gewese- nem Tempo verändert. Die Vereine sind erfreut, denn mit dem Bau-Boom kam der Zuschauer-Boom, Woche für Woche sind die Stadien gut gefüllt. Doch es gibt auch kritische Stimmen, viele aktive Fans begegnen dem Wandel mit Ablehnung. schermittwoch in der Düsseldorfer Alles super, könnte man meinen, doch Titelthema: LTU arena: Die deutsche Fußball- es gibt auch andere Stimmen. Denn ge- � Neue Stadien, neue Konfl ikte Anationalelf kickt gegen Argentini- rade die Mega-Projekte wie Düsseldorf Einführung . 22 en, 52.000 Zuschauer sind Zeuge des seit zeigen, wie sehr die Wahrnehmung hin- Rückblick Um- und Neubau . 23 Wochen ausverkauften Spiels. Während sichtlich der neuen Stadien auseinander Interview ProFans . 26 es draußen kalt und windig ist, können gehen kann. Was für die einen ein Traum „Rund ums Schlauchboot strahlen die Besucher auf den Rängen ihre Jacken von Komfort und Architektur ist, be- nicht alle“: Der Konfl ikt um ablegen, denn das Dach ist geschlossen, deutet für die anderen einen Alptraum, die Stehplätze in München . 27 die Heizung hat bereits vor Öffnung der das Ende der bisherigen Fankultur, den � Stadien im Wandel Eingangstore für frühlingshafte Tempe- Austausch des Publikums, den Abschied Sicht, Dächer, Überwachung . 28 raturen gesorgt. Saubere Toiletten, nahe- vom traditionellen Volkssport. Stehplätze, Eintrittspreise, gelegene Imbissstände, Glasfassaden und Während der 90 Minuten herrscht, Gästeblöcke . 29 viel Licht bieten ein Umfeld, das früher abgesehen von wenigen Phasen, immer Kommerzialisierung, Catering, eher von Theaterbesuchen bekannt war. wieder Ruhe auf den Rängen. Fast an- Zaunfahnen . 30 Viele Zuschauer sind an diesem Tag dächtig verfolgt das Publikum das Trei- Architektur, Hospitality . 31 zum ersten Mal in der neuen Düsseldor- ben auf dem grünen Rasen. In den Tagen Kommentar . 31 fer Multifunktionsarena, deren Betreiber nach dem Spiel wird in den gängigen großen Wert darauf legen, dass Fußball Fanforen im Internet diskutiert, warum � Zwischen Frust und Freude nur eine von vielen Nutzungsmöglichkei- die Stimmung so schlecht war. Von ty- Drei Fallbeispiele . 32 ten ist. Den Besuchern des Länderspiels pischer Länderspiel-Stimmung sprechen � Kolumne: Die wilden 80er . 34 ist das egal, viele bleiben beim Betreten die einen, Vorgeschmack auf die WM � Nachgefragt . 22 der Tribünen einen Moment stehen, las- nennen es die anderen. ��Stefan Diener, Ingo Partecke, Christi- sen ihren Blick über die steilen Oberrän- Wenn im kommenden Jahr Teams aus an Meister, Maik Thesimg, Matthias ge und die massive Dachkonstruktion 32 Nationen in Deutschland um den Ti- Ney, Frieder Feldmann, Volker Goll schweifen, nicken zufrieden und nehmen tel spielen, werden zwölf hochmoderne anschließend ihren Sitzplatz ein. Arenen die Austragungsorte sein. Weit 22 Stadionwelt 03/2005 s022-034_Titelthema_Werb03.indd 22 14.02.2005 04:46:45 Titel Titel mehr als eine Milliarde Euro wurden investiert, um die Spielstätten heraus- Großbaustelle Fußballdeutschland zuputzen. Aus Sicht von Veranstaltern, Die Fußballweltmeisterschaft 2006 veränderte die Stadionlandschaft völlig. Sponsoren, VIPs und vielen Zuschauern Nicht nur die zwölf Spielorte sind davon betroffen. bleiben keine Wünsche mehr offen. Ob Verkehrsanbindungen, Komfort, Service 1990 schaute die Welt nach Italien und Doch nicht nur beim Verzicht auf die oder Werbemöglichkeiten – die neuen erfreute sich an den herrlichen Stadien, Leichtathletikanlagen setzte der HSV ein Stadien sind kaum wiederzuerkennen. die für die beste Liga der Welt anlässlich Zeichen, auch die konsequente Nutzung Und nicht nur in die WM-Stadien wurde der Fußball-WM geschaffen worden waren. von VIP- und Logenplätzen zur Refi nanzie- investiert, auch in vielen anderen Städten Es war der neueste Stand der Stadionar- rung des Umbaus war richtungweisend. erhielten die Fußballplätze eine moderne chitektur, den man in den Neubauten von Mehreinnahmen im achtstelligen DM-Be- Kulisse, die den Ansprüchen der heu- Bari oder Turin bewundern konnte. Doch reich und tausende zusätzliche Zuschau- tigen Zeit entspricht. Doch was genau heute, nur 15 Jahre später, wirken die er versprach sich der HSV vom Umbau, sind die Ansprüche an moderne Arenen Arenen Italiens wie Relikte einer längst und die Erwartungen wurden sogar noch und wer de niert sie? Obwohl Fußball vergangenen Epoche. übertroffen. Erstmals zeigte sich, wie viel mittlerweile in allen gesellschaftlichen Denn Mitte der Neunziger Jahre änder- Geld man auch in Deutschland mit kom- Schichten anerkannt, der Stadionbesuch ten sich die Ansprüche an Fußballstadi- fortablen Stadien verdienen konnte, kein auch bei jedem noch so schlechten Wetter en grundlegend. Die englische Premier Wunder, dass andere Vereine hier ganz ein Vergnügen ist, nehmen in Fankreisen League löste Italiens Serie A als attrak- genau hinschauten. die kritischen Stimmen zu. In vielen Städ- tivste Liga Europas ab und weckte überall Als dann im Sommer 2000 Deutschland ten gab es in den letzten Wochen Protest- das Bedürfnis nach ähnlich engen Sport- zum Ausrichter der WM bestimmt wurde, aktionen. Doch worum geht es dabei, stätten. Hierzulande allerdings mangelte zeigten auch die Kommunen gesteiger- welche Diskussionen werden geführt? es nicht nur an Geld, sondern auch an ei- tes Interesse an modernen Arenen, galt nem zwingender Anlass, die meist ja noch es doch, in der Lotterie „12 aus 16“ den Rasante Entwicklung recht brauchbaren Stadien aufwändig um- Zuschlag als WM-Austragungsort zu er- zubauen. Dieser Grund ergab sich erst im halten. So besserten etliche Bewerber- Fußball-Stadien haben sich seit jeher Jahr 2000, dem Kaiser sei Dank… städte ihre Konzepte noch einmal nach, gewandelt. Im Laufe der Geschichte stie- Bevor Beckenbauer die WM 2006 nach in München, Hannover, Frankfurt und Fankultur alter Schule trifft auf Stadion neuzeitlicher Prägung: Eröffnung des Borussia-Parks Foto: Stadionwelt gen die Ansprüche und Anforderungen. Deutschland lockte, hatten nur wenige Düsseldorf sollten entgegen ursprüngli- Waren anfangs noch befestigte Stufen Vereine eine Möglichkeit gefunden, ihre etwas Besonderes, wurde schon wenig Sportstätte auszubauen. Nürnberg sa- Neue Stadien, neue Konfl ikte später eine überdachte Tribüne als Maß nierte bis 1991 das völlig marode Fran- aller Dinge angepriesen. Später rückten kenstadion, Stuttgart erneuerte und über- Die deutsche Stadienlandschaft hat sich seit Mitte der 90er Jahre in nie da gewese- die Sitzplätze in den Vordergrund. In dachte anlässlich der Leichtathletik-WM den 90er Jahren setzte dann der Trend 1993 seine Arena. Der spektakulärste nem Tempo verändert. Die Vereine sind erfreut, denn mit dem Bau-Boom kam der ein, das Stadion nicht mehr nur als Spiel- Ausbau der Neunziger fand jedoch in Dort- Zuschauer-Boom, Woche für Woche sind die Stadien gut gefüllt. Doch es gibt auch stätte für die 90 Minuten zu sehen. Die mund statt, wo das Westfalenstadion zwi- Zuschauer sollten sich immer länger und schen 1995 und 1998 Tribüne für Tribüne kritische Stimmen, viele aktive Fans begegnen dem Wandel mit Ablehnung. – durch Mantelnutzung schmackhaft ge- erweitert und zu einem wahren „Tempel“ macht – möglichst auch an den Tagen ausgebaut wurde. schermittwoch in der Düsseldorfer Alles super, könnte man meinen, doch zwischen den Spielen am Stadion aufhal- Ansonsten mussten sich Fußballfans mit Titelthema: LTU arena: Die deutsche Fußball- es gibt auch andere Stimmen. Denn ge- ten und dort konsumieren. Während mit kleineren Maßnahmen zufrieden geben. Umbau in Duisburg Foto: Stadionwelt � Neue Stadien, neue Konfl ikte Anationalelf kickt gegen Argentini- rade die Mega-Projekte wie Düsseldorf dem Verzicht auf die Laufbahn und vier In Freiburg entstand Stück für Stück ein Einführung . 22 en, 52.000 Zuschauer sind Zeuge des seit zeigen, wie sehr die Wahrnehmung hin- überdachten Tribünen inklusive Busi- Schmuckkästchen, in Kaiserslautern wur- cher Planungen nun plötzlich doch reine Rückblick Um- und Neubau . 23 Wochen ausverkauften Spiels. Während sichtlich der neuen Stadien auseinander ness-Bereich, Logen und Videoleinwän- den zwei Tribünen ausgebaut, Bremen Fußballstadien geschaffen werden. Und Interview ProFans . 26 es draußen kalt und windig ist, können gehen kann. Was für die einen ein Traum den mittlerweile ein Konsens besteht, wie und Leverkusen komplettierten ihre Sta- als die WM-Spiele unter den deutschen „Rund ums Schlauchboot strahlen die Besucher auf den Rängen ihre Jacken von Komfort und Architektur ist, be- neue Stadien auszusehen haben, werden dien, und Karlsruhe erhielt eine moderne Städten verteilt worden waren, hielten nicht alle“: Der Konfl ikt um ablegen, denn das Dach ist geschlossen, deutet für die anderen einen Alptraum, nun immer neue Wege für die weitere Haupttribüne. Aufregende Projekte schei- sogar die Verlierer Mönchengladbach und die Stehplätze in München . 27 die Heizung hat bereits vor Öffnung der das Ende der bisherigen Fankultur, den Nutzung gesucht. Ob multifunktiona- terten meist schon in der Planungsphase, Düsseldorf an ihren WM-tauglichen Neu- � Stadien im Wandel Eingangstore für frühlingshafte Tempe- Austausch des Publikums, den Abschied ler Gebrauch durch verschließbare Sta- so fand Frankfurt jahrelang keine Mittel, bauten fest, während in den angehenden Sicht, Dächer, Überwachung . 28 raturen gesorgt. Saubere Toiletten, nahe- vom traditionellen