Stadien Im Wandel + Kommentar
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Titel Stadien im Wandel Kaum ein Stein ist auf dem anderen geblieben, neu und modern erstrahlen die Spielstätten zwischen Berlin und Gelsenkirchen, zwischen Hamburg und München. Stadionwelt untersucht die Veränderungen. Sicht Im Nachhinein ist es kaum zu begreifen, dass wir Fußballfans uns nicht schon früher an all den Leichtathletik-Laufbahnen in unse- ren Stadien gestört haben. Sie schienen wie selbstverständlich zu unseren Stadien zu gehören und wurden praktisch nie in Frage gestellt. Erst heute, rückblickend, seit wir die Arena AufSchalke oder die umgebauten Stadien von Hamburg, Hannover und Köln kennen, wird uns klar, was wir Jahrzehnte lang verpasst haben. 40 m beträgt in einem Leichtathletikstadion der Mindestabstand eines Kurvenplatzes zur Torlinie, weniger lässt der Radius der 400-m-Bahn nicht zu. Nur etwa ein Fünftel, nämlich 7,50 m, müs- Bald Vergangenheit: Unüberdachte Sitzplätze in München Foto: Stadionwelt sten heute aus Sicherheitsgründen eingehalten werden. Die üb- rigen 32,50 m waren der Preis, den wir auf den billigen Plätzen zahlen mussten für die Hoffnung unserer Kommunen auf gro- ße Leichtathletikmeisterschaften, die am Ende dann aber doch meist woanders stattfanden. Vorreiter der überdachten Stadien: Arena AufSchalke Foto: Stadionwelt Überdachung Früher: „Wer steht eigentlich im Tor?“ in Magdeburg Foto: Stadionwelt Wohl in keinem Bereich der Stadien treten die Veränderungen der letzten Jahre so deutlich hervor wie beim Dach. Nur vier Bun- desligastadien sind nicht komplett überdacht, darunter die der- zeitige Baustelle Betzenberg. Und das Münchner Olympiastadion mit seinen etwa 30.000 unüberdachten Plätzen wird im Sommer „ausgemustert“. So bleiben längerfristig also nur das Bruch- wegstadion in Mainz, wo die 1.600 Plätze der provisorischen Zusatztribünen dem Wetter ausgesetzt sind, und Bremen mit den gut 5.000 unüberdachten Plätzen des 2002 verlängerten Unterranges. Zum Vergleich: Noch vor fünf Jahren, in der Saison 1999/2000, ließen mit Bayern und 1860 München, Schalke, Hertha BSC, Frankfurt, Duisburg, Rostock, Wolfsburg, Ulm und Unterhaching noch 10 Bundesligisten ihre Fans zumindest teil- Heute: Auge in Auge mit dem Keeper in Frankfurt Foto: Stadionwelt weise im Regen stehen. Überwachung Um die Ordnung in unseren schönen neuen Stadien zu verteidigen, ist jedes Mittel recht. Längst sind mehr Kameras auf die Ränge gerichtet als auf das Spielfeld, denn es gilt, neue und altbekannte Gewalttäter unter den Fans ausfi ndig zu machen. Schon harmlose Vergehen wie das Klettern auf den Zaun oder das Protestieren gegen fragwürdige Anordnungen des Ordnungs- personals führen mitunter zu sofortigem Stadionverbot, und wer mit einem bengalisches Feuer erwischt wird, kann froh sein, dass hierzulande die Todesstrafe abgeschafft wurde. Der Traum aller Ordnungshüter steht übrigens beim PSV Eindhoven: Die dortige Videoanlage ist mit einem Großcomputer gekoppelt, der die Bilder sofort auswerten und die biometrischen Merkmale vollautomatisch mit einer Kartei vergleichen kann. Big Brother is watching you… Stets ein Auge auf die Fans: die Ordnungsdienste Foto: Stadionwelt 28 Stadionwelt 03/2005 s028-031_Titelthema_Werb03.indd Abs1:28 14.02.2005 07:35:38 Titel Titel Stadien im Wandel Kaum ein Stein ist auf dem anderen geblieben, neu und modern erstrahlen die Spielstätten zwischen Berlin und Gelsenkirchen, zwischen Hamburg und München. Stadionwelt untersucht die Veränderungen. Sicht Im Nachhinein ist es kaum zu begreifen, dass wir Fußballfans uns nicht schon früher an all den Leichtathletik-Laufbahnen in unse- ren Stadien gestört haben. Sie schienen wie selbstverständlich zu unseren Stadien zu gehören und wurden praktisch nie in Frage Borussia-Park: Vergleichsweise viele Stehplätze Foto: Stadionwelt gestellt. Erst heute, rückblickend, seit wir die Arena AufSchalke oder die umgebauten Stadien von Hamburg, Hannover und Köln Stehplätze kennen, wird uns klar, was wir Jahrzehnte lang verpasst haben. Fanfreundliche Preise: das Ostseestadion Foto: Stadionwelt 40 m beträgt in einem Leichtathletikstadion der Mindestabstand Wehmut kommt auf, wenn einem mal wieder ein altes „kicker- eines Kurvenplatzes zur Torlinie, weniger lässt der Radius der Sonderheft Bundesliga“ in die Hände fällt. Neben lustigen Haar- Eintrittspreise 400-m-Bahn nicht zu. Nur etwa ein Fünftel, nämlich 7,50 m, müs- Bald Vergangenheit: Unüberdachte Sitzplätze in München Foto: Stadionwelt moden und Oberlippenbärten sorgt vor allem die Seite „Die Sta- sten heute aus Sicherheitsgründen eingehalten werden. Die üb- dien der Bundesliga“ für Verblüffung: Lag tatsächlich noch An- Die Zeiten, da die Hälfte des Stadions aus Stehplätzen bestand rigen 32,50 m waren der Preis, den wir auf den billigen Plätzen fang der neunziger Jahre der Stehplatzanteil bei ungefähr 50 %? und für 12 Mark besucht werden konnte, sind längst vorbei. Die zahlen mussten für die Hoffnung unserer Kommunen auf gro- Ja, lag er, doch diese Zeiten sind unwiederbringlich vorbei. „Ma- Stehplätze wurden deutlich verknappt, gleichzeitig haben die Prei- ße Leichtathletikmeisterschaften, die am Ende dann aber doch ximal 20 %“ lautete jahrelang die eindringliche Empfehlung der se kräftig angezogen. Obwohl zum Glück zu englischen Verhält- meist woanders stattfanden. DFL in ihren Stadion-Statuten, und die meisten Vereine befolgten nissen noch einiges fehlt, steigt die Unzufriedenheit der Fans. bei Neu- oder Umbauten diesen Rat. Dortmund, wo ein Drittel der Vor allem in Hannover greift der Verein zu tief in die Taschen Zuschauer stehen kann, Mönchengladbach (31 %) und Gelsen- der Zuschauer, 30,9 % der deutschen Fans fi nden die Preise dort kirchen (27 %) sind da nur die löbliche Ausnahme, von „alten“ schlichtweg unverschämt (vgl. Stadionwelt-Umfrage in Heft 7). Stadien wie in Mainz (50 %) oder Freiburg (44 %) mal abgesehen. Und auch die Bayern (14,7 %) und der BVB (14,1 %) bieten zwar Kein Wunder also, dass in neuen oder jüngst umgebauten Sta- relativ günstige Stehplatztickets an, machen dies aber durch ex- dien Stehtickets heiß begehrt und meist als erste ausverkauft trem überteuerte Sitzplätze mehr als wett. Am preiswertesten sind. Nur nicht bei Bayer Leverkusen und Hertha BSC - diese kann man übrigens in Rostock (noch) Bundesligafußball verfol- Vereine bieten Stehplätze nämlich gar nicht erst an. gen, Hannover langt am kräftigsten zu. Vorreiter der überdachten Stadien: Arena AufSchalke Foto: Stadionwelt Überdachung Früher: „Wer steht eigentlich im Tor?“ in Magdeburg Foto: Stadionwelt Wohl in keinem Bereich der Stadien treten die Veränderungen der letzten Jahre so deutlich hervor wie beim Dach. Nur vier Bun- desligastadien sind nicht komplett überdacht, darunter die der- zeitige Baustelle Betzenberg. Und das Münchner Olympiastadion mit seinen etwa 30.000 unüberdachten Plätzen wird im Sommer „ausgemustert“. So bleiben längerfristig also nur das Bruch- wegstadion in Mainz, wo die 1.600 Plätze der provisorischen Zusatztribünen dem Wetter ausgesetzt sind, und Bremen mit den gut 5.000 unüberdachten Plätzen des 2002 verlängerten Unterranges. Zum Vergleich: Noch vor fünf Jahren, in der Saison 1999/2000, ließen mit Bayern und 1860 München, Schalke, Hertha BSC, Frankfurt, Duisburg, Rostock, Wolfsburg, Ulm und Unterhaching noch 10 Bundesligisten ihre Fans zumindest teil- Heute: Auge in Auge mit dem Keeper in Frankfurt Foto: Stadionwelt weise im Regen stehen. Überwachung Um die Ordnung in unseren schönen neuen Stadien zu verteidigen, ist jedes Mittel recht. Längst sind mehr Kameras auf die Ränge Unbeliebtester Gästeblock der Liga: Freiburg Foto: Stadionwelt gerichtet als auf das Spielfeld, denn es gilt, neue und altbekannte Gewalttäter unter den Fans ausfi ndig zu machen. Gästeblock Schon harmlose Vergehen wie das Klettern auf den Zaun oder das Protestieren gegen fragwürdige Anordnungen des Ordnungs- Man sollte doch meinen, dass sich die Fußballfans bei ihren Auswärts- wenigsten gastfreundlichen Stadion, ist der Block zu breit und viel zu personals führen mitunter zu sofortigem Stadionverbot, und wer reisen auf all die neuen engen Stadien freuen müssten. Ein enges niedrig und bietet zudem schlechte Sicht aufs Spielfeld. Noch schwie- mit einem bengalisches Feuer erwischt wird, kann froh sein, dass Stadien ohne Laufbahn bedeutet bessere Sicht, bedeutet besseren riger zu koordinieren ist der Gästesupport in Dortmund (13,1 %), wo hierzulande die Todesstrafe abgeschafft wurde. Gästeblock… Weit gefehlt: Laut der Fanumfrage des Stadionwelt- die Fans über die gesamte Nordtribüne verteilt und dadurch auseinan- Der Traum aller Ordnungshüter steht übrigens beim PSV Eindhoven: Magazins (Heft 7) befi nden sich die drei schlechtesten Gästeblöcke der gerissen werden. Und in der modernen Arena AufSchalke (11,7 %) Die dortige Videoanlage ist mit einem Großcomputer gekoppelt, des Landes in reinen Fußballstadien. Denn während früher in den fühlt man sich hinter den hohen Glaswänden des hermetisch abgerie- der die Bilder sofort auswerten und die biometrischen Merkmale Leichtathletikstadien den Gästen in der Kurve ein kompletter Block gelten Blocks wie ein Schwerverbrecher. Dass es auch anders gehen vollautomatisch mit einer Kartei vergleichen kann. Big Brother is überlassen wurde, werden sie heute oft ziemlich stimmungsfeindlich würde, zeigen die Stadien von Bochum und Köln, in denen man sich watching you… Stets ein Auge auf die Fans: die Ordnungsdienste Foto: Stadionwelt in die Stadien gequetscht. In Freiburg, dem für 19,1 % der Fans am auch als Gästefan richtig wohlfühlen kann. 28 Stadionwelt 03/2005 Stadionwelt 03/2005 29 s028-031_Titelthema_Werb03.indd