Magazin der Landespolizeidirektion Wien Jänner – Mär z 2019

ZUSAMMENARBEIT: e b l E

POLIZEI & d r a h n r e B

: o t o F FEUERWEHR

SERIE ÜBER BEDEUTENDE KRIMINALISTEN: RUDOLF SCHNEIDER, ERFINDER DER „WIENER FOLIE“

INNERE STADT: : : Brigadier Roman Friedl, seit 1981 Favoriten hat mit Oberst Johann Hotspots, spannungsgeladenes Polizist in Wien, ist neuer Leiter Wlaschitz und mit Hofrat Walter Publikum – und hochmotivierte im SPK des ersten Wiener Bezirks Czapek eine neue Polizeiführung Polizistinnen und Polizisten INHALT

INTERN 4 Editorial

MAGAZIN 7 Spatenstich für dritten Verkehrslehrgarten in Wien; Raiffeisen-Sicherheitsverdienstpreis 8 Standpunkt der Seelsorge: Rudolf Prokschi 9 MENSCH L& ICH: „Wer nicht mit der Zeit geht – der geht mit der Zeit“

POLIZEI & PARTNER Seite 10 Partner in vielen Lebenslagen: Die Berufsfeuer- wehr Wien und die Polizei arbeiten in zahllosen Amtshandlung jeden Tag zusammen 10 15 Interview: Worauf es bei der Zusammenarbeit mit der Feuerwehr ankommt POLIZEI & BEURFSFEUERWEHR: Polizei und Berufsfeuerwehr geben ihrer Zusammenarbeit Qua - POLIZEI IN WIEN lität; in einer Seminarreihe erfuhren Polizistinnen und Polizisten, 18 Ausrüstung: 1.500 Polizistinnen und Polizisten worauf es bei gemeinsamen Einsätzen ankommt. erhielten im Vorjahr ballistische Gilets zum Stichschutz; 2019 kommen 4.000 hinzu BRIGITTENAU: 20 Brigittenau & : Mehrere Hotspots, Mehrere Hotspots, ein oft spannungsgeladenes Publikum und eine ganze Reihe eine hochmotivierte Polizei von Veranstaltun - 24 : Brigadier Roman Friedl ist seit gen, eine hohe Ein - Oktober 2018 Kommandant im ersten Bezirk – wohnerzahl machen dem „Aushängeschild“ von Wien, wie er sagt den zweiten und 27 „Wahrnehmungsmeldungen“: Wenn Polizisten scheinbar unbedeutenden Kleinigkeiten Seite zwanzigsten Bezirk für die Polizei zu ei - große Aufmerksamkeit widmen nem arbeitsintensi - 28 Zahlungskartenbetrug: Betrüger kommen oft 20 ven und interessan - mit wenig technischem Aufwand zu hören ten Gebiet. Schadenssummen als Einbrecher und Diebe 34 Wien-Favoriten I: In der größten Sicherheits- behörde Österreichs setzt der neue Stadthaupt- mann Walter Czapek auf Zusammenarbeit 37 Wien-Favoriten II: Für den neuen Stadtpolizei- kommandanten Johann Wlaschitz ist Vernetzung das Um und Auf der Polizeiarbeit 40 Hilfe zur Selbsthilfe: Die Mitarbeiterbetreuung der Landespolizeidirektion hilft bei der Lösung beruflicher und privater Krisen und Problemen Seite POLIZEI GESCHICHTE 34 40 Die erfolgreichsten Kriminalisten Wiens (Teil 4): Polizeiagent Rudolf Schneider erfand 1909 eine Folie zum Abnehmen von Fingerabdruckspuren e b l BÜCHER E WIEN-FAVORITEN : d r a 49 „Das Böse – Die Psychologie unserer Abgründe“ h n Hofrat Walter Czapek und Oberst Johann Wlaschitz leiten seit r e B

:

s Kurzem das Polizeikommissariat bzw. das Stadtpolizeikom - o t SCHLUSSLICHT o

F mando Favoriten – der 10. Bezirk gilt als „heißes Pflaster“. 50 Geschichtliches, Stilblüten, Zitate, Impressum

POLIZEI Jänner – März 2019 3 EDITORIAL

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser!

inige Wochen sind seit dem Jahreswechsel vergangen. Mittlerweile dürfte sich be - reits gezeigt haben, ob die eigenen Neujahrsvorsätze umgesetzt wurden oder um E ein weiteres Jahr aufgeschoben werden. Noch mehr Zusammenarbeit ist jedenfalls ein Vorsatz, den ich immer unterstützen werde. Insbesondere im Polizeialltag muss man sich auf das bestehende Team verlassen können. In den kommenden Monaten wird sich die Aufnahmeoffensive insofern auswir - ken, als viele neue Kolleginnen und Kollegen in den Polizeidienst aufgenommen werden. Lassen Sie diese Menschen an Ihrem Wissen und Ihrer Erfahrung teilhaben und sorgen Sie dafür, dass sie sich gut in unsere Polizeifamilie eingliedern können. Auch die Kooperation mit anderen Einsatzorganisationen, wie zum Beispiel der Feuer - wehr oder der Rettung, ist unerlässlich, um unser Ziel zu erreichen – die Sicherheit in Österreich zu gewährleisten. Diese Ausgabe beschäftigt sich unter anderem mit dem richtigen Verhalten im Brandfall. Da die Polizei und die Wiener Berufsfeuerwehr bei Brän - den, Verkehrsunfällen oder Katastrophen meist gemeinsam am Einsatzort sind, können Kenntnisse über die Abläufe der jeweils anderen Einsatzorganisation helfen, Sachschä - den zu begrenzen, Brandstifter zu fassen und vor allem Menschenleben zu retten. Ing. Jürgen Figerl, Presse- und Informationsoffizier der Wiener Berufsfeuerwehr (MA 68), gibt im Interview Tipps, wie Polizistinnen und Polizisten vorgehen sollen, wenn sie vor der Feuerwehr am Brandort eintreffen. Abschließend möchte ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, Folgendes mitgeben: Nützen Sie das Jahr 2019, um Ihre beruflichen und privaten Ziele voranzutreiben. Gleich - zeitig nehmen Sie sich aber auch bitte die Zeit, um zu reflektieren und sich jene Dinge bewusst zu machen, für die es gilt, dankbar zu sein. In diesem Sinne wünsche ich ein erfolgreiches Jahr 2019.

Dr. Gerhard Pürstl Landespolizeipräsident

4 Landespolizeidirektion Wien MAGAZIN

DIE POLIZEI IN WIEN EHRUNGEN FÜR DIE SICHERHEIT

Der Sicherheitsverdienstpreis der Raiffeisenbank Niederösterreich/Wien wurde am 13. Dezember 2018 zum 41. Mal an Polizistinnen und Polizis - ten verliehen. Sie erbrachten durch Zusammenarbeit und Teamwork her - ausragende Leistungen.

Spatenstich für die Sicherheit von Kindern im Wiener Straßenverkehr. Raiffeisen-Sicherheitsverdienstpreis 2018

Insgesamt waren 41 Preisträger NEUER VERKEHRSLEHRGARTEN ins Raiffeisenforum Wien in die Leo - poldstadt geladen. Vertreter des In - Zu einem Spatenstich trafen der da - schen mit Behinderung das richtige nenministers war Kabinettchef Mag. malige Stadthauptmann von , Verhalten im Straßenverkehr erlernen Reinhard Teufel. Landespolizeipräsi - Dr. Walter Czapek, der Leiter von „Ju - und dabei auch voneinander lernen dent Dr. Gerhard Pürstl und der stell - gend am Werk“ Elisenstraße, Eric For - können. vertretende Generaldirektor der ster, und der Liesinger Bezirksvorsteher Raiffeisenbank Niederösterreich/ Gerald Bischof am 10. Dezember 2018 Das Projekt des „inklusiven Verkehrs - Wien , Mag. Reinhard Karl, gratulier - zusammen. Im 10. Bezirk soll ein dritter lehrgartens“ kam in Kooperation zwi - ten den Gewinnern. Verkehrsgarten in Wien entstehen. schen Polizei und der Hilfsorganisation Ausgezeichnet wurden Bediens - Am Gelände eines Verkehrsgartens „Jugend am Werk“ zustande. Die Eröff - tete des Stadtpolizeikommandos lernen Kinder die Straßenverkehrsord - nung des knapp 1.400 Quadratmeter (SPK) , die mit Kollegen nung kennen und können bei Polizis- großen Geländes ist für Frühsommer des Landeskriminalamts/Außenstelle tinnen und Polizisten die Radfahrprü - 2019 geplant. (LKA/ASt) West mehrere schwere fung ablegen. Der neue Verkehrsgarten Die anderen beiden Verkehrsgärten Straftaten eines Pflegehelfers aufge - in Liesing ist der erste, bei dem Kinder sind im Prater in der Prater Hauptallee klärt hatten. Beamte des SPKs Flo - und Jugendliche gemeinsam mit Men - und in der Tetmajergasse in . ridsdorf waren erfolgreich im Kampf gegen eine Jugendbande. Polizisten der WEGA hatten einer Frau das Le - POLIZEIBALL 2019 ben gerettet, nachdem sie einen Der Polizeiball 2019 findet heuer Messerstich erlitten hatte; den mut - am 22. Februar traditionellerweise im maßlichen Täter nahmen sie fest. We - Wiener Rathaus statt. Musikalisch be - gen Verhinderung eines School- gleitet wird die Veranstaltung von der Shooting-Falls wurden Beamte des

e Landesamts für Verfassungsschutz b Polizeimusik Wien mit dem Ballorches - l E d r ter und einer Big-Band. Im Wappensaal und Terrorismusbekämpfung, der a h n r

e des Rathauses gibt es eine Radio-Wien- LKA/ASt Nord und des SPK Donau - B

, r e stadt ausgezeichnet. Für die Klärung b Disco. o h c

S von 33 Straftaten mit 30 Angezeig -

Kartenvorverkauf ist möglich in der l r a K

ten und 14 Verhaftungen wurden Be -

: Landespolizeidirektion Wien (+43-1-31310-76222 oder 76085), in jedem Stadtpolizei - s o t o kommando oder im Internet unter www.wienerpolizeiball.at . amte des LKAs ausgezeichnet. F

POLIZEI Jänner – März 2019 7 STANDPUNKT

SEELSORGE kirchenkunde an der hiesigen katho - ter und ich für die kommenden Monate lisch-theologischen Fakultät. bis zur Sommerpause konkret einige LIEBE Mein Vater war in meinem Heimatort thematische Messen geplant, zu denen KOLLEGINNEN Gendarmerie-Postenkommandant. Vor Sie alle recht herzlich zum Mitfeiern ein - UND KOLLEGEN! rund 20 Jahren ist mein Neffe in die Fuß - geladen sind. stapfen meines Vaters gestiegen und Außerdem ist mir die Zusammenar - gehört seit dieser Zeit der Exekutive an. beit in meinem Team ein großes Anlie - Ein neues Jahr hat begonnen und es Als katholischer Priester möchte ich gen, damit wir gemeinsam unseren gibt auch ein neues Gesicht in der Poli - für alle Polizeiangehörige und deren Fa - großen Aufgaben gerecht werden kön - zeiseelsorge Wien. Erzbischof Christoph milien einfach da sein, wenn mich je - nen. In diesem Zusammenhang will ich Kardinal Schönborn hat mich mit Wirk - mand braucht oder ein persönliches Ge - die Gelegenheit nützen, allen zu danken, samkeit vom 1. November 2018 zum eh - spräch mit mir sucht. Besonders will ich die mich ermutigt haben, diesen Dienst renamtlichen Landesseelsorger der Poli - meine priesterlichen Dienste jenen an - zu übernehmen, mich freundlich in ihren zeiseelsorge Wien ernannt. bieten, die im Glauben Stütze und Halt Reihen aufgenommen und mich tatkräf - Ich wurde 1953 im Weinviertel in Nie - für ihren fordernden Dienst bei der Poli - tig unterstützt haben. derösterreich geboren und habe nach zei suchen. In gemeinsam gefeierten Für alle Anregungen, aber auch für meinem Studium der katholischen Theo - Gottesdiensten möchte ich die ganze kritische Anfragen sind wir Seelsorger logie an der Universität Wien 1978 das Bandbreite an Freud‘ und Leid des und Seelsorgerinnen offen und bemüht, Sakrament der Priesterweihe durch Erz - menschlichen Lebens vor Gott zur Spra - im Gespräch eine gute Lösung herbeizu - bischof Franz Kardinal König empfan - che bringen. Ich denke, dass die reakti - führen. gen. Nach vielen Verwendungen im In- vierte Kapelle in der Rossauer Kaserne in Gottes Segen für das (noch) neue

und Ausland war ich bis Ende Septem - Zukunft ein guter Ort der Begegnung Jahr 2019 erbittet für Sie und für Ihre An - t a v i r p ber 2018 Universitätsprofessor für Patro - zwischen Gott und Mensch werden gehörigen : o t o logie („Lehre der Kirchenväter“) und Ost - könnte. Deshalb haben meine Mitarbei - Domdekan Rudolf Prokschi F

8 Landespolizeidirektion Wien STANDPUNKT

MENSCH &LICH „Dritten Reich“ wurde die „SW“ zur durfte, ist vorbei. Gott sei Dank! Diese Er - „Schutzpolizei“ und war an menschen - kenntnis trifft nicht nur die Polizistinnen WER NICHT verachtenden Gräueltaten beteiligt. In und Polizisten auf der Straße, sondern MIT DER ZEIT der Zweiten Republik entwickelte sich auch die Führung. GEHT, ... die „SW“ zu einer verfassungsrechtlichen „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit Organisation in einer demokratischen der Zeit!“ – diesen Spruch kennen wir. Republik. Wenn wir keine Bereitschaft zeigen, 2019 ist für die Polizei ein Gedenk- Ein solcher „Rückblick auf unsere (Or - uns mit gesellschaftlich-sozial entspre - und Jubiläumsjahr: „150 Jahre Sicher - ganisations-)Geschichte“ hat aber auch chenden Prozessen zu beschäftigen, heitswache". eine Verpflichtung: Den „Vorausblick auf sondern in einem „Stil“ verharren, der Viele unserer jungen Kolleginnen und unsere Zukunft“. schon vor Jahrzehnten unpassend war, Kollegen können sich an „die Sicher - wird die Polizei früher oder später zu heitswache“ nicht mehr erinnern. „Die Im Jahr 2019 kann „die Polizei“ nicht „Gegnern der Gesellschaft“. Sicherheitswache“ (kurz „SW“) war bis so agieren und geführt werden wie 1869, Es braucht Intelligenz, Selbstreflexi - 2005 der uniformierte Teil der Polizei. 1914, 1938 oder auch 1980. Die Zeit, in on, Mut, Weitsicht, Weisheit und Visio - Am 2. Februar 1869 genehmigte der Kai - der wir leben und polizeilich agieren nen. Und das alles mit einem großen ser die Errichtung der k.k. Sicherheitswa - müssen, hat eine sich ständig verändern - Maß an Würde und Respekt vor den che in Wien. de Gesellschaft. Ansprüche und Anforde - Menschen. Macht haben wir als Polizei. Das ist Anlass genug, sich die Ent - rungen haben sich geändert, die Kom - Die wichtige Frage ist aber, „wie“ wir sie wicklung der „SW“ aus historischer Sicht munikationstechnik hat sich rasant ent - einsetzen und zu welchen Zwecken wir anzusehen. Gegründet in einer Monar - wickelt und die Erwartungen an eine sie nutzen. n e i

W chie, mit 122 Mann, waren es 1914 schon transparente Polizei sind andere gewor - Interessieren wir uns für die Zukunft

D P L

: 4.350. Lange Zeit wurde die „SW“ zur Ver - den. Die Zeiten, wo die „Staatsmacht“ un - und stellten wir die richtigen Fragen. o t o

F folgung Andersdenkender eingesetzt. Im kritisiert und unreflektiert „mächtig“ sein Friedrich Kovar

POLIZEI Jänner – März 2019 9 BERUFSFEUERWEHR WIEN

Zusammenarbeit bei

Die Wiener Polizei und die Wiener Berufsfeuerwehr arbeiten täglich in Dutzenden Einsätzen zusammen. Umfassende Informationen, wie die Polizei die Feuer - wehr bei Einsätzen unterstützen kann, gab es bei einer Seminarreihe für Wiener Exekutivbedienstete.

ei Bränden, Verkehrsunfällen „Wir haben gemerkt, dass der Polizei oder Katastrophen sind Poli - eine gute Zusammenarbeit sehr wich - zei und die Wiener Berufsfeu - tig ist.“ Die Seminare fanden von April B erwehr meist gemeinsam am bis Juli 2018 in allen Stadtpolizeikom - Einsatzort. Ihre professionel - manden statt. Neben den Stadtpolizei - le Zusammenarbeit trägt dazu bei, dass kommandanten nahmen je zwei bis Sachschäden begrenzt, Brandstifter ge - drei Vertreter der Polizeiinspektionen fasst und nicht zuletzt Menschenleben teil, rund 10 bis 15 Beamte pro Termin. gerettet werden. Grundlegende Kennt - Jetzt sollen die Informationen inner - nisse über die Abläufe der jeweils an - halb der Polizeiinspektionen weiterge - deren Einsatzorganisation helfen, Rei - geben werden. bungsverluste zu vermeiden. Im Rah - In den Seminaren, bei denen nach men der 2018 durchgeführten Semina - einem dreiviertelstündigen Vortrag die re unter dem Titel „Zusammenarbeit Möglichkeit bestand, Fragen zu stellen, bei Feuerwehreinsätzen“ erhielten zeigten die Teilnehmer reges Interesse Exekutivbedienstete nicht nur umfas - an der Arbeit der Wiener Berufsfeuer - sende Informationen, sondern hatten wehr. Während der Einsätze ergibt sich auch die Gelegenheit, Kollegen von kaum eine Gelegenheit, mehr über die der Berufsfeuerwehr persönlich ken - 1686 gegründete und damit älteste Be - nenzulernen. rufsfeuerwehr der Welt zu erfahren. „Unser Vorschlag, für Wiener Poli - Heute ist diese als „MA 68 – Feuer - In Tausenden Einsätzen pro Jahr arbeiten zistinnen und Polizisten eine Vortrags - wehr und Katastrophenschutz“ Teil der reihe durchzuführen, ist bis in die Wiener Stadtverwaltung. Sie gliedert Täglich 1.000 Notrufe. Zu den Auf - höchsten Kreise der Polizei äußerst po - sich in neun Brandschutzsektionen mit gaben der Feuerwehr zählen neben der sitiv aufgenommen worden“, sagt Ing. je einer Hauptfeuerwache und bis zu Brandbekämpfung unter anderem Hil - Jürgen Figerl, Presse- und Informati - zwei Nebenwachen, die insgesamt ein feleistungen bei Elementarereignissen onsoffizier der Magistratsabteilung 68 Schutzgebiet von 415 Quadratkilome - für Menschen oder Tiere in Zwangsla - – Feuerwehr und Katastrophenschutz. tern betreuen. gen, die Bergung von Leichen, Kata -

10 Landespolizeidirektion Wien BERUFSFEUERWEHR WIEN

Feuerwehreinsätzen

Feuerwehr und Polizei erfolgreich zusammen.

strophenschutz sowie Sofortmaßnah - fallen auf Brände bzw. auf technische zei gelten für Anwärter auf den Dienst men bei öffentlichen Notständen wie Hilfestellungen. Täglich langen in der bei der Berufsfeuerwehr strenge Krite - e b l

E technischen Gebrechen, Strahlenunfäl - Notruf-Leitstelle mehr als 1.000 Anru - rien. Im Unterschied zur Polizei ver -

d r a

h len oder Verkehrsbehinderungen. Je fe ein. Etwa jeder zehnte führt zu ei - langt die Feuerwehr eine abgeschlosse - n r e B

rund ein Drittel der durchschnittlich nem Einsatz. ne Berufsausbildung, bevorzugt in feu -

: o t

o mehr als 35.000 Einsätze pro Jahr ent - Wie für die Aufnahme bei der Poli - erwehrspezifischen Handwerksberu - F

POLIZEI Jänner – März 2019 11 BERUFSFEUERWEHR WIEN

dienstrechtliche Schulung. Im Brand - dienst werden standardisierte Einsatz - abläufe trainiert, bis sie zur Routine geworden sind. Zu Beginn übt man einfache Tätigkeiten, etwa das Ausle - gen und Rollen von Schläuchen, schließlich gesamte Einsatzabläufe. Beim technischen Hilfsdienst steht das sichere Bedienen der Geräte im Vordergrund. Die neuen Mitarbeiter erhalten grundlegende Informationen über den Ablauf technischer Einsätze, etwa bei Verkehrsunfällen. „Wo ist der Geräteablageplatz, wo der Schrottabla - geplatz? Welche Ausrüstung brauche ich? Wo liegen die Gefahrenquellen?“, nennt Figerl einige Beispiele für Fra - gen, die in diesem Teil der Grundaus - Feuerwehrfahrzeuge brauchen genügend Abstand nach hinten zu anderen bildung geklärt werden. Auch die Zu - Fahrzeugen, um ihre Gerätschaft bei der Brandlöschung nützen zu können. sammenarbeit mit der Polizei wird the - fen, und den Führerschein der Klassen Frauen, die die Aufnahmeprüfung be - matisiert, etwa wenn sie den Unfallbe - B, C und E. Beim schriftlichen Test standen haben, sofort den nächsten frei reich weiträumig absperren soll. werden auch praktisches und techni - werdenden Ausbildungsplatz erhalten Im Schadstoffdienst lernen die an - sches Verständnis, räumliches Vorstel - und Männer manchmal länger als ein gehenden Feuerwehrleute, von Schad - lungsvermögen, Merkfähigkeit und lo - Jahr darauf warten müssen. Damit soll stoffen ausgehende Gefahren zu er - gisches Denken überprüft. Der Bewer - der Anteil weiblicher Feuerwehrleute – kennen. Vergleichsweise einfach ist das ber muss den psychischen Belastungen derzeit 6 von 1.800 – erhöht werden. bei gekennzeichneten Gefahrstoffen; des Berufs gewachsen sein und einen steht etwa ein „X“ vor der Gefahr - körperlichen Test absolvieren. Brände, Technik, Schadstoffe. Die nummer, darf zum Löschen kein Was - „Pro Jahr gibt es 500 bis 700 Inter - 105 Tage dauernde Grundausbildung ser verwendet werden. Eine Gefahr essenten, von denen nicht alle zum Test gliedert sich in drei Themenbereiche: kann aber auch von Gasflaschen aus - antreten. Aufgenommen werden letzt - Branddienst, technischer Hilfsdienst gehen oder durch untypisch aussehen - endlich 40 bis 50“, illustriert Figerl mit und Schadstoffdienst. Dazu kommen den Brandrauch angezeigt werden. Zahlen die Anforderungen. Diese sind ein kombiniertes Einsatztraining mit für Männer und Frauen gleich; der ein - Kollegen aus der weiterführenden Aus - Praxisnähe. Das in der Grundaus - zige Unterschied besteht darin, dass bildung und eine magistratsinterne bildung angeeignete Wissen und Kön - e l l e t s d l i b t h c i L

8 6

A M

: o t

Von jährlich 500 bis 700 Interessenten werden 45 bis 50 in den Dienst der Berufsfeuerwehr Wien aufgenommen. o F

12 Landespolizeidirektion Wien BERUFSFEUERWEHR WIEN

nen wird in der weiterführenden Aus - bildung vertieft und durch den Um - gang mit den Gerätschaften der Son - derfahrzeuge ergänzt. Das „duale Sys- tem“ sorgt für Praxisnähe, da die In - halte einerseits in den Ausbildungsein - heiten, andererseits bei der laufenden Einsatztätigkeit in den „Kurswachen“ vermittelt werden. Nach Absolvierung der weiterführenden Kurse können die Feuerwehrleute eine Sparte wählen und die Chargenausbildung in den Be - reichen Branddienst, Nachrichten - dienst oder Fahr- und Maschinendienst absolvieren. Zusätzlich gibt es Ausbil - dungen in Sonderdiensten, etwa zum Höhenretter, Einsatztaucher, Schiffs - führer, Inspektionsrauchfangkehrer Ähnlich strenge Aufnahmekriterien für Polizei und Feuerwehr: Man muss oder Feuerwehrimker. körperlich geeignet sein und psychischen Belastungen standhalten können. Der praktische Teil der Ausbildun - gen findet zum Großteil im Feuerwehr - schutz vorgegangen. Wir haben Input zen sein, die man nicht unbedingt mit ausbildungszentrum Floridsdorf statt. zur Verwendung der Geräte gegeben einem Brand in Verbindung bringt. Fi - Dort gibt es unter anderem ein Brand - und darauf hingewiesen, was feuer - gerl erinnert sich an einen von ihm ge - übungshaus mit Brandraum, eine wehrtechnisch zu beachten ist.“ leiteten Einsatz bei einem Kellerbrand Atemschutzübungs - im April 2018 in der Blumberggasse: strecke, eine Schadstoff - Assistenzleistung. „Die Polizei war uns bei der Woh - Wir schauen im übungsbox, eine Tief - Nicht um einen Brand, nungskontrolle eine große Hilfe. Sie bauübungsanlage, ein Einsatz, ob etwas auf sondern um eine Haus - hat über das zentrale Melderegister, Trümmerhaus, bei dem besetzung handelte es auf das wir keinen direkten Zugriff ha - Brand stiftung hinweist beispielsweise Bauunfälle sich bei dem gemeinsa - ben, die Kontaktdaten der Mieter or - simuliert werden können, men Einsatz von Berufs - ganisiert, die nicht zu Hause waren. . und einen U-Bahn- und einen Straßen - feuerwehr und WEGA am 7. Dezem - Die versperrten Wohnungen, deren bahn-Waggon, an denen man die Ver - ber 2018. Als das Gebäude, früher Sitz Bewohner wir dadurch telefonisch wendung des hydraulischen Hebewerk - der Druckerei Rema Print, geräumt kontaktieren konnten, mussten von zeugs üben kann. Im Flash-over-Con - wurde, waren einige Aktivisten aufs uns nicht gewaltsam geöffnet werden.“ tainer lassen sich Brandverläufe bei un - Dach geklettert. „Die Polizei hat uns Umgekehrt bemüht sich auch die terschiedlichen Brennstoffen beobach - um Assistenzleis tung ersucht. Wir ha - Feuerwehr, der Polizei die Arbeit zu ten und Lösch techniken testen. ben zwei WEGA-Beamte mit dem erleichtern. „Wir schauen während des Das Feuerwehrausbildungszentrum Korb der Drehleiter auf das Dach ge - Einsatzes, ob etwas auf Brandstiftung Floridsdorf ist mit rund 1.500 Terminen hoben, wo der Zugriff erfolgt ist“, hindeutet: Verhalten sich Personen am pro Jahr „gut gebucht“; nach Anfrage schildert Figerl. Als Vorsichtsmaßnah - Brandort verdächtig? Ist das Schloss und freier Kapazität können es auch me wurde der Maschinist der Drehlei - zum brennenden Kellerabteil bereits andere Hilfsorganisationen und das ter von Polizisten mit Schilden ge - vor der Brandbekämpfung aufge - Bundesheer nutzen. Dort proben auch schützt – ein halbes Jahr davor waren zwickt?“, nennt Figerl konkrete Bei - Sondereinheiten der Polizei – sowohl ein Feuerwehrmann und zwei Polizi - spiele. Auch aus Informationen zur die WEGA als auch das Einsatzkom - sten verletzt worden, als ein auf ein Brandausbreitung, zu Sperrverhältnis - mando Cobra – gemeinsam mit der Dach geflüchteter Straftäter mit Dach - sen und zum Zustand des Sicherungs - Feuerwehr für den Ernstfall. „Mit der ziegeln geworfen hatte. kastens lassen sich Schlüsse ziehen, die e l l e t s Cobra haben wir unter anderem Ge - Wie die Polizei die Feuerwehr bei im Fall eines gelegten Brandes dazu d l i b t fahrenlagen in einem Brandobjekt Bränden unterstützen kann, wurde in beitragen können, den Täter auszufor - h c i L

8 geübt, beispielsweise mit einem im Ob - den Seminaren für die Wiener Polizei schen und etwaige weitere Brandstif - 6

A M

jekt verschanzten Schützen“, erklärt ausführlich behandelt. Manchmal kön - tungen zu verhindern.

: o t o Figerl. „Die Cobra ist unter Atem - nen aber auch Maßnahmen von Nut - Rosemarie Pexa F

POLIZEI Jänner – März 2019 13 INTERVIEW Löschen & retten Wie soll die Polizei vorgehen, wenn sie vor der Feuerwehr am Brand eintrifft? Ing. Jürgen Figerl, Presse- und Informationsoffizier der Wiener Berufsfeuerwehr (MA 68) fasst die Tipps zusammen.

Polizei: Wie ist die Idee zu den Semi - Ein weiterer wichtiger Punkt in den naren für die Wiener Polizei entstan - Seminaren war die richtige Vermitt - den? lung der Lageinformation. Jürgen Figerl: Bei Bränden beob - achten wir immer wieder, dass sich Po - Worauf muss man dabei achten? lizisten in verrauchten Bereichen in Figerl: Aufgrund des Streifendiens- Gefahr bringen. Letzten November tes ist es häufig so, dass die Polizei vor war der Fall einer Pensionistin in den der Feuerwehr eintrifft, sie hat dann Medien, die von zwei Polizisten geret - einen Informationsvorsprung. Wir be - tet wurde, die sich ihr Polizeihemd vor kommen durch den Notruf oft zu weni - den Mund gehalten haben. Aber sämt - ge, ungenaue oder sogar falsche Infor - liche Atemgifte gehen durch den Stoff mationen. Deshalb ist es sehr hilfreich, durch und gefährden die Gesundheit wenn ein Exekutivbediensteter – wenn der Betroffenen. möglich der Kommandant vor Ort – Wir sind in ganz Wien in wenigen die Feuerwehr vor dem Objekt erwar - Minuten am Brandort und steigen mit Jürgen Figerl: „Exekutivbeamte soll - tet und in die Lage einweist. angelegten Atemschutzgeräten aus ten nur bis zur Rauchgrenze vordrin - Wichtig sind die genaue Lage der dem Fahrzeug. Es ist sinnvoller, wenn gen und unter keinen Umständen Einsatzstelle, etwa in einer Wohnhaus - uns die Polizei genaue Informationen verrauchte Bereiche betreten.“ anlage Stiege und Türnummer, in einer gibt, wo sich in einem brennenden Ge - Siedlung Angaben wie „Gartenhaus im bäude Personen befinden, statt sich einem Zimmerbrand rücken wir mit zweiten Hof in Flammen“, und die Zu - selbst in Gefahr zu bringen. fünf Fahrzeugen an. Besonders für die fahrts- bzw. Zugangsmöglichkeiten. Bei Aufstellung der Drehleiter ist der weitläufigen Wohnhaus- oder Betriebs - Ist es auch schon passiert, dass Poli - Platzbedarf hoch, dafür müssen direkt anlagen ist es sinnvoll, Lotsen für die zisten Rauchgasvergiftungen bekom - vor dem Einsatzobjekt mindestens 25 Feuerwehr abzustellen. men haben? mal 3,5 Meter freigehalten werden. Die Wenn wahrgenommen worden ist, Figerl: Ja, leider wird immer wieder einweisenden Kräfte der Polizei dürfen dass Personen vermisst, verletzt, einge - unterschätzt, wie gefährlich Brand - sich nicht wundern, wenn die ersten schlossen oder anders gefährdet sind, rauch ist. Bereits wenige Atemzüge im beiden Feuerwehrfahrzeuge vorbeifah - sollten wir das sofort erfahren. verrauchten Bereich verursachen eine ren – sie lassen den Platz für die Dreh - Rauchgasvergiftung. Deshalb ist es uns leiter frei. Sie haben vorhin die Gefahr durch auch wichtig, unnötige Evakuierungen Später vor Ort eintreffende Polizei - Brandrauch angesprochen. zu vermeiden, bei denen Hausbewoh - fahrzeuge sollen nicht direkt hinter Figerl: Exekutivbeamte sollten nur ner durch verrauchte Bereiche flüch - Feuerwehrfahrzeugen abgestellt wer - bis zur Rauchgrenze vordringen und ten müssen. den. Zur Menschenrettung führen wir unter keinen Umständen verrauchte eine Schiebleiter mit, etwa wenn wir Bereiche betreten, denn Brandrauch Welche Inhalte sind in den Semina - einen Bereich in einem Innenhof nicht ist hochgiftig! e l l e t s ren behandelt worden? mit der Drehleiter erreichen können. Es spart Zeit, wenn ersteintreffende d l i b t Figerl: Damit die Einsatzfahrzeuge Diese Schiebleiter hat 80 Kilogramm, Polizisten beim Vorgehen in das Ob - h c i L

8 der Feuerwehr nicht behindert werden, die kann man nur nach hinten ab - jekt schauen, ob man Schlüssel 6

A M

ist es vor allem darum gegangen, den packen, über eine dafür vorgesehene braucht, und diese für die Feuerwehr

: o t o Platzbedarf zu vermitteln. Schon bei Abrollvorrichtung. beschafft bzw. bereithält. F

POLIZEI Jänner – März 2019 15 INTERVIEW

Türen, die Rauch- bzw. Brandab - in diese Wohnungen ausbreitet, weil Wir haben den Tipp gegeben, dass es schnitte begrenzen, müssen geschlos - die Türen nicht dicht genug sind. Die im Backrohr meistens ein Backblech sen werden bzw. bleiben, damit die Bewohner sind in ihren rauchfreien gibt, mit dem man die Flammen gut er - Rauchausbreitung verhindert wird. Die Wohnungen in der Regel am sichers- sticken kann. Das ist schneller, als nach Tür zu einer brennenden Wohnung ten. einem passenden Deckel zu suchen. oder einem brennenden Zimmer darf Für alle anderen Brände ist Wasser die Polizei nur im Fall einer akut le - Warum? zum Löschen besser geeignet. bensbedrohenden Situation vorsichtig Figerl: Das Stiegenhaus ist oft ver - Wenn es nicht gelingt, den Brand zu öffnen, und das nur bei leichter Rauch - raucht, man hat schlechte Sicht. Die löschen, soll man die Wohnung verlas - entwicklung und beim Fehlen offener Leute atmen Brandrauch ein, stolpern sen und die Tür angelehnt lassen oder Flammen. Durch die Sauerstoffzufuhr über Schlauchmaterial oder verirren hinter sich zuziehen, wenn Wohnungs - beim Öffnen der Tür besteht die Ge - sich. Wir haben schon einmal jeman - schlüssel vorhanden sind. Mit den ge - fahr einer plötzlich auftretenden den, der im zweiten Stock gewohnt hat, nauen Ortsangaben und den gegebe - Rauchgasexplosion oder einer Durch - bewusstlos im Keller gefunden. Vor nenfalls ausgehändigten Schlüsseln zündung, eines „Flash-overs“. dem Haus können die Evakuierten kann die Feuerwehr rasch einen außerdem zufahrende Einsatzkräfte Löschangriff durchführen. Was bedeutet das? behindern. Figerl: Wenn in einem Raum heißer Das Problem ist: Wenn wir zu einem Was ist beim Löschen von brennen - Brandrauch aufsteigt, werden alle Ge - Brand kommen und jemand schon an den Personen zu beachten? genstände im Raum durch den Hitze - den Wohnungstüren geklingelt und ge - Figerl: Optimal ist eine Löschdecke. stau an der Zimmerdecke extrem heiß, sagt hat: „Kommt da raus!“, dann kann Ist keine vorhanden, sollte man eher brennbare Gase entweichen. Beim Öff - man die Evakuierung nicht mehr stop - mit Wasser löschen als mit einem nen einer Türe kommt Frischluft dazu pen. Wir lassen die Drehleiter oft sogar Schaum löscher. Nur im äußersten Not - und der gesamte Raum kann schlagar - nur in Anleiterbereitschaft – das heißt, fall sollte man einen Pulverlöscher ein - tig in Flammen stehen. sie ist jederzeit einsatzbereit, aber sie setzen, weil das Pulver zu schwerwie - Auch bei einem scheinbar erlosche - wird noch nicht aufgerichtet – um den gende Schädigungen der verletzten nen Brand bitte die Feuerwehr alar - Bewohnern zu signalisieren, dass sie in Haut und des tieferen Gewebes führen mieren! Wir kontrollieren die Brand - ihren Wohnungen sicher sind. Wenn es kann. stelle auf versteckte Glutnester, Schä - gefährlich wird, evakuieren wir natür - Generell haben wir bei den Semina - den an der tragenden Konstruktion lich sofort. ren bemerkt, dass viele Fragen zu den und auf Gefahren durch Strom oder Noch ein wichtiger Punkt bei den unterschiedlichen Löschgeräten ge - Gas. Angrenzende Räume werden auf Seminaren war das Löschen von Räu - kommen sind. Verrauchung bzw. auf das Vorhanden - men und Personen durch die Polizei. sein von Kohlenmonoxid überprüft, ein Sind bei den Seminaren noch andere giftiges Gas, das man weder sieht noch In welchen Fällen kann bzw. sollte Fragen aufgetaucht? riecht. die Polizei löschen? Figerl: Eine häufige Frage war, wie Figerl: Einen Brand in einem Raum lange man es ohne Atemschutzgerät im Welche Themen sind bei den Semi - soll sie nur löschen, wenn er nicht stark Brandrauch aushält. Es gibt ja das naren noch besprochen worden? verraucht ist, es sich um einen Klein - Gerücht, dass man drei Atemzüge ma - Figerl: Es ist auch darum gegangen, brand handelt und es geeignete Lösch - chen kann, ohne dass etwas passiert – wann es notwendig ist, Hausbewohner mittel gibt, etwa einen Schaum löscher. und mit drei Atemzügen kommt man zu evakuieren. Wir verfolgen das Auf - Nicht den Feuerlöscher aus dem Funk - ganz schön weit in ein brennendes Ge - enthaltsprinzip, das bedeutet: Nur die wagen nehmen! Das ist ein Pulverlö - bäude hinein. Leider ist das nur be - Brandwohnung wird evakuiert – alle scher – und was der Kleinbrand nicht dingt richtig. Wenn man das erste Mal anderen Bewohner sind in ihrer Woh - zerstört hat, das zerstört die Pulver - giftigen Rauch eingeatmet hat, kommt nung am sichersten. Aus anderen Woh - wolke, vor allem Elektrogeräte werden es reflexartig sofort zu einem weiteren nungen sollten Personen nicht ohne zerstört. Der Pulverlöscher kann gut unkontrollierten Atemzug, dann zu Auftrag der Feuerwehr evakuiert wer - dazu verwendet werden, Brände im noch einem, bis man das Bewusstsein den. Notwendig ist eine Evakuierung Freien oder in Brand geratene Fahr - verliert. Das ist eine automatische Re - nur in seltenen Fällen und nur dann, zeuge zu löschen. aktion des Körpers, man kann sich die - wenn die Bewohner in den nicht vom Dass man brennendes Fett nicht mit se drei Atemzüge nicht nach Belieben Brand betroffenen Wohnungen in Ge - Wasser löschen kann, sondern er - einteilen. fahr sind, etwa wenn sich Brandrauch sticken muss, ist hinlänglich bekannt. Interview: Rosemarie Pexa

16 Landespolizeidirektion Wien AUSRÜSTUNG Schutz nach Maß Polizistinnen und Polizisten im exekutiven Außendienst erhalten persönlich angepasste und zu- gewiesene ballistische Gilets mit Stichschutz. Sie sind im Außendienst grundsätzlich zu tragen.

ezirksinspektor Daniel Leth von der Polizeiinspektion Ur - ban-Loritz-Platz in Wien- B hat im November 2018 seine ballistische Schutzweste ausgefasst. Er ist einer von 1.500 Beamtinnen und Beamten, die 2018 ihre persönlich zugeteilten ballistischen Gilets mit Stichschutz be - kommen haben. „Eigensicherung muss im Polizeiberuf an erster Stelle stehen. Nicht nur, weil man nach dem Dienst gesund zu seiner Familie oder seinen Freunden heimkehren will, sondern weil man als Polizistin oder Polizist an - deren nur helfen kann, solange man selbst handlungsfähig bleibt“, sagt Daniel Leth: „Die ballistischen Gilets geben Polizisten Sicherheit.“ Leth. „Bei heiklen Einsätzen habe ich gemeinsam mit meiner Beifahrerin stellt, dass ich während Amtshandlun - den Vorder- und Rückenteil des ballis- oder meinem Beifahrer früher schon gen sehr froh darüber bin, die tischen Gilets, zwei Überziehhüllen für die sogenannten ,Sicherheitsstopps’ Schutzweste zu tragen“, erzählt Leth. das Tragen des Gilets als Oberbeklei - zum Anlegen von Schutzwesten einge - dung, zwei Unterziehhüllen für das halten. Bei vermeintlichen Routine- 2019 weitere 4.000 Schutzwesten. Tragen unterhalb des Hemdes bzw. der Amtshandlungen wie Lärmerregungen Polizistinnen und Polizisten, die exeku - Bluse und eine Trage- bzw. Aufbewah - oder Streitschlichtungen war das aber tiven Außendienst versehen, werden rungstasche. nie der Fall. Doch es sind oft gerade die ballistischen Gilets mit Stichschutz Beamtinnen und Beamte, die über - diese Einsätze, die ein hohes Gefah - persönlich angepasst und zugwiesen wiegend in Zivilkleidung ihren Dienst renpotenzial haben. Man weiß einfach bekommen. Nach den ersten 1.500 Gi - versehen, erhalten statt einer Über - nie, was einen erwartet und wie sich lets, die 2018 zugewiesen wurden, wer - ziehhülle eine weitere Unterziehhülle. ein Einsatz entwickelt.“ den bis Februar 2019 weitere 4.000 Als Oberbekleidung ist das ballisti - Seit Leth das ballistische Gilet zu - Stück ausgeliefert. 500 Gilets werden sche Gilet mit der Überziehhülle über geteilt bekommen hat, trägt er es stän - in unterschiedlichen Größen für den dem Uniformhemd bzw. der Uniform - dig im Außendienst. „Bei Amtshand - Personen- und Objektschutz oder für bluse zu tragen. Darüber können lungen bemerke ich, dass die sonstige Anlässe für Beamtinnen und Mehrzweck- oder Einsatzjacke oder Schutzweste deeskalierend wirkt. Zu Beamte zur Verfügung gestellt, die sich das Blouson getragen werden. einem Teil liegt es bestimmt daran, in der Regel nicht im exekutiven Gemeinsam mit der Unterziehhülle e b l E -

dass das Gegenüber die Weste be - Außendienst befinden und denen da - ist das Gilet unter dem Uniformhemd r e f o

merkt, ein anderer Grund ist vermut - her keine eigens angepassten Gilets bzw. der Uniformbluse oder dem Roll - h n n e R

lich, dass man in schwierigeren Situa - zugeteilt wurden. kragenpullover, unter dem Einsatzan - a i r tionen damit sicherer und selbstbe - Für uniformierte Bedienstete um - zug, unter dem Blouson oder unter a M

: o t

wuss ter auftritt. Ich habe öfter festge - fasst das komplette Ausstattungspaket dem ein- oder zweiteiligen Einsatz - o F

18 Landespolizeidirektion Wien AUSRÜSTUNG

overall zu tragen. Im Kriminaldienst wird das Gilet bei Bedarf unter der Zi - vilkleidung oder anstelle der Über - wurf jacke getragen. Eine ballistische Schutzausrüstung muss eine „Halteleistung“ bei Ge - schoßen aufweisen. Diese Halteleis - tung wird damit definiert, dass der so - genannte „Trauma-Wert“ nicht er - reicht wird. Der Trauma-Wert ist eine Eindruckstiefe, die beim Beschuss ei - ner auf einen Plastilinblock aufge - spannten Schutzweste durch das ge - stoppte Geschoß entsteht. Dieser Wert darf nicht über 50 Joule liegen. Beim ballistischen Gilet mit Stichschutz der finnischen Firma „Sioen Ballistics“ wird der Trauma-Wert laut der Prüf - norm der „Vereinigung der Prüfstellen für angriffshemmende Materialien und Konstruktionen“ (VPAM) bei Kaliber 9 mm Luger (Vollmantel – Rundkopf Weichkerngeschoß 8g, QD-PEP II/s 6g, Action 4 6,8g) und 7,62 x 25 Tokarev (Vollmantel-Rundkopf Weichkernge - schoß 5,5 g) aus fünf Metern Schuss - entfernung nicht erreicht. Um Verletzungen zu vermeiden, sollten unter dem Gilet keinesfalls Kleidungsstücke mit schweren Metall - teilen wie Metallknöpfen oder Metall - kugelschreiber getragen werden. Bei der Prüfung der Stichhemmung des Gi - lets wurde bei einer Messerklinge mit einer Auftreffenergie von 25 Joule und einem Auftreffwinkel von 90 und 25 Grad eine maximale Durchstichtiefe von 20 Millimetern nicht überschritten. In der Landespolizeidirektion Wien besteht für den Personen- und Objekt - schutz und für den Funk- und Fußstrei - fendienst eine generelle Tragever - pflichtung. Für Bezirksinspektor Leth ist das Tragen der Schutzweste bereits eine Selbstverständlichkeit. „Ich habe die Schutzweste wirklich schätzen gelernt, denn ich weiß, es geht dabei um meine körperliche Sicherheit. Ohne das bal - lis tische Gilet fühlt sich die Uniform für mich einfach nicht mehr vollständig an, so als hätte ich etwas vergessen.“ Maria Rennhofer-Elbe

POLIZEI Jänner – März 2019 19 POLIZEIKOMMISSARIAT BRIGITTENAU

Ein ungewöhnliches Publikum & Hotspots Mit mehreren Hotspots, zahlreichen Veranstaltungen und einer hohen Einwohnerzahl zählen der zweite und der zwanzigste Bezirk zu den „arbeitsintensivsten“ Bezirken für die Wiener Polizei.

raterstern, Stuwerviertel, Do - naukanal, Millennium City – das Polizeikommissariat Bri - P gittenau, das Hofrat Mag. Gerhard Gschwind am 1. Fe - bruar 2018 als Stadthauptmann über - nommen hat, zählt zu den arbeitsinten - sivsten von Wien. „Der zweite und der zwanzigste Bezirk haben zusammen an die 200.000 Einwohner. Was die Krimi - nalitäts- und Arbeitsbelastung betrifft, messen wir uns mit Favoriten“, sagt der Stadthauptmann. Seine beiden Bezir - ke, mit denen er seit 1994 „verwurzelt“ ist, möchte er trotz – oder gerade we - gen – der Herausforderungen durch Stadthauptmann Gerhard Gschwind ist in „seinen“ Bezirken verwurzelt. bundesweit bekannte Hotspots und ei - ne bunt gemischte Bevölkerung nicht langjährigen Aufnahmestopp direkt weitet, was angesichts mehrerer Hot - gegen andere eintauschen. nach der Uni bei der Polizei angefan - spots in der Leopoldstadt eine Fülle an 1994 begann Gschwind seine poli - gen haben“, erklärt Gschwind. Auf zusätzlicher Arbeit mit sich brachte. zeiliche Karriere, nachdem er sein Jus- viereinhalb Jahre in der Leopoldstadt Für diese war Gschwind als Sicher - Studium abgeschlossen hatte, als Kom - folgten eineinhalb Jahre in Favoriten, heitshauptreferent und ab 2010 als missär im Bezirkspolizeikommissariat dann führte ihn der nächste Schritt sei - Stadthauptmann-Stellvertreter verant - Leopoldsgasse im 2. Bezirk. „Ich bin ner beruflichen Laufbahn in das Be - wortlich, bis er schließlich 2018 die e b

kein 'gelernter' Polizist. In unserem zirkspolizeikommissariat Brigittenau, Leitung des Polizeikommissariats Bri - l E

d r

Bereich kommen viele Kollegen aus wo er als Sicherheitsreferent tätig war. gittenau übernahm. Derzeit stehen ihm a h n r dem Wachkörper, aber ich war damals 2002 wurde die Zuständigkeit des rund 50 Verwaltungsbedienstete und e B

: o t

einer der Letzten, die vor einem Kommissariats auf den 2. Bezirk ausge - das Stadtpolizeikommando mit rund o F

20 Landespolizeidirektion Wien Die Situation insbesondere am Praterstern und im Stuwerviertel im 2. Bezirk hat sich in den letzten Jahren erheblich verbessert. Bis Veränderungen in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden, dauert es aber mitunter längere Zeit.

350 Exekutivbediensteten zur Verfü - erheblichen Teil der Belegschaft, was der Verwaltung kommt es manchmal gung. angesichts in den nächsten Jahren be - zu Übergriffen. Außerdem stärkt es Ein gutes Verhältnis zwischen Exe - vorstehender Pensionierungen eine be - das Selbstbewusstsein, wenn man sich kutive und Verwaltung war Gschwind sondere Herausforderung mit sich verteidigen kann.“ Bei einer hohen immer ein besonderes Anliegen, wie er bringen wird. Anzahl an Verwaltungsstrafverfahren betont. Die hohe Akzeptanz unter den Um – vor allem in fortgeschritte - und viel Parteienverkehr sei die Wahr - Exekutivbeamten hat sicher auch mit nem Alter auftretenden – gesundheitli - scheinlichkeit für Vorfälle höher. Auch einer höchst ungewöhnlichen Amts - chen Problemen, etwa mit dem Bewe - dafür, dass der 2. und der 20. Bezirk handlung zu tun, die dem Polizeijuris- gungsapparat, vorzubeugen, beteiligt generell als „gefährlicher“ gelten, hat ten eine Belobigung einbrachte: Ger - sich das Kommissariat am Netzwerk der Stadthauptmann eine Erklärung: hard Gschwind wurde zufällig Zeuge für „betriebliche Gesundheitsförde - „Wo es viele Veranstaltungen, große eines Raubüberfalls auf einen Super - markt, bei dem der Täter die Kassierin Jetzt muss man vor allem darauf achten, mit einem Messer bedrohte. Gschwind dass sich das Problem nicht verlagert. konnte den Räuber überwältigen und festnehmen. rung“, das vom Bundesministerium für Bahnhöfe und Verkehrsknotenpunkte Gschwind sind die „Mühen der Inneres gemeinsam mit der Beamten - gibt, ist man stärker belastet als dort, Ebene“ in der Verwaltung bekannt. Er versicherungsanstalt ins Leben gerufen wo sich weniger abspielt.“ erinnert sich an händisch geschriebene wurde. Rückenschule und Kurse zur Protokolle und an Aktenstöße auf dem Stressbewältigung können die Mitar - Hotspots. Als Hotspots gelten der Schreibtisch, die ihn noch in den beiter kostenlos in Anspruch nehmen. Praterstern und bei Veranstaltungen 1990er-Jahren nach jedem Urlaub er - Wer es sportlicher mag, hat die Mög - das Praterstadion, das Stuwerviertel, warteten. Die Digitalisierung brachte lichkeit, bei einem Polizeijuristen und die Millennium City sowie der Ab - e b l Erleichterungen, bereitet aber vor al - mehrmaligen Staatsmeister in Taek - schnitt des Donaukanals gegenüber E d r a lem weniger technikaffinen Semestern wondo Selbstverteidigung zu erlernen. vom Szenelokal „Flex“. Allerdings hat h n r e

B Kopfzerbrechen. Diese stellen auch im Das sei nicht nur für Exekutivbe - sich die Situation insbesondere am

: o t o Polizeikommissariat Brigittenau einen amte sinnvoll, sagt Gschwind: „Auch in Praterstern und im Stuwerviertel in F

POLIZEI Jänner – März 2019 21 POLIZEIKOMMISSARIAT BRIGITTENAU

Als Hotspots gelten der Praterstern und bei Veranstaltungen das Praterstadion, das Stuwerviertel, die Millennium City ... den letzten Jahren erheblich verbes - April 2018 in Kraft getreten ist. Das Umgebung führen nach wie vor Dro - sert. Bis Veränderungen in der Öffent - Bild des Pratersterns habe sich seither gendelikte. Zu Verwaltungsstrafen lichkeit wahrgenommen werden, dau - gewandelt, sagt Gschwind. Dieses ver - kommt es meist wegen Ordnungs - ert es aber mitunter – und so schlimm, mittelte vor dem Verbot den Eindruck störungen, Anstandsverletzungen oder wie es manchmal dargestellt wurde, sei einer homogenen Gruppe von Ob - aggressiven Verhaltens. Zum Teil muss - es laut Gschwind nicht einmal am Pra - dachlosen. Tatsächlich waren an dem ten Alkoholisierte festgenommen wer - terstern gewesen. Hotspot verschiedene Ethnien versam - den, aber auch das ist seit Einführung Zur Hebung des Sicherheitsgefühls melt, die sich dann grüppchenweise an - des Alkoholkonsumverbots merklich soll auch im 2. und im 20. Bezirk die dere Treffpunkte suchten. besser geworden. Insgesamt sinkt die Initiative GEMEINSAM.SICHER bei - Nun muss man vor allem darauf Kriminalität, der Prater entwickelt sich tragen. „Wir haben im Stadtpolizei - achten, dass sich das Problem nicht mehr und mehr wieder zum Familien - kommando eine engagierte Sicher - verlagert und die Umgebung des Pra - treffpunkt – und in der Krieau ist ein heitskoordinatorin und ein erfolgrei - tersterns nicht belastet wird. Einen „Vorzeigestadtteil“ entstanden. ches Team von Grätzelpolizisten in den neuen Hotspot auf der benachbarten Polizeiinspektionen. Das Feedback aus Kaiserwiese sieht Gschwind nicht: Illegale Prostitution. Auch im Stu - der Bevölkerung ist sehr positiv“, be - „Die Kaiserwiese war in den Sommer - werviertel zeigen Verbote und Polizei - richtet Gschwind, der selbst an GE - monaten immer schon Treffpunkt für präsenz Wirkung. Gschwind kann sich MEINSAM.SICHER -Veranstaltungen Marginalisierte, daran hat sich nichts noch gut an die vielen Anrainerbe - teilnimmt und sich vor Ort ein Bild geändert.“ Um Verlagerungstendenzen schwerden, Anzeigen und Schnellrich - von der Situation macht, wenn es an ei - rechtzeitig zu erkennen, hält das Poli - ter-Einsätze wegen Geheimprostituti - nem der Hotspots wieder vermehrt zeikommissariat und Stadtpolizeikom - on erinnern. Seit der Umwidmung von Probleme gibt. mando Brigittenau unter anderem lau - Perspektivstraße und Trabrennstraße fend Kontakt mit dem Praterverband. zum Wohngebiet, womit auch die Pros- Alkoholkonsumverbot. Die Prater - Der Praterstern ist nach wie vor im titution verboten wurde, gibt es nur umgebung, insbesondere das Stuwer - Visier der Polizei. Gschwind spricht mehr vereinzelt Fälle illegaler Prosti - viertel, zählte früher aufgrund der ille - von einem großen personellen Auf - tution. Damit sich die Situation nicht galen Prostitution zu den Schwerpunk - wand und der Unterstützung durch Be - wieder verschlimmert, werden nach ten des Polizeikommissariats Brigitten - reitschaftseinheit, Diensthundeabtei - wie vor Schwerpunktkontrollen mit e b l

au; jetzt konzentrieren sich die lung und LKA-Außenstelle Zentrum Schnellrichtern durchgeführt. E

d r a

Bemühungen um subjektive Sicherheit Ost, anlassbezogen auch durch die Die Millennium City liegt einerseits h n r e B

WEGA. auf die Einhaltung des Alkoholkon - Unter den Strafrechtsverlet - wegen der für Einkaufszentren typi - : s o t sumverbots am Praterstern, das am 27. zungen am Praterstern bzw. in dessen schen Taschendiebstähle im Fokus der o F

22 Landespolizeidirektion Wien POLIZEIKOMMISSARIAT BRIGITTENAU

... sowie der Abschnitt des Donaukanals entlang des Franz-Joseph-Kais gegenüber des bekannten Szenelokals „Flex“. Polizei, vor allem aber als Treffpunkt Viele haben negative Erfahrungen mit und klärend ein wie bei Konflikten für gewisse Gruppen von Jugendlichen. Uniformierten gemacht und sind ge - zwischen Mietern der zahlreichen Ge - „Wir kooperieren mit der Geschäfts - genüber Exekutivbediensteten gewalt - meindebauten, wenn sich wieder ein - führung und der Security, damit sich in bereiter. Vor allem, wenn sie durch Al - mal jemand wegen Lärmbelästigung der Millennium City keine Jugendban - kohol oder Drogen beeinträchtigt sind, beschwert hat. den etablieren können“, erklärt kann es für die Kollegen auf der Straße Warum es in den letzten drei Jahren Gschwind, der den Ausdruck „Bande“ gefährlich werden.“ im 2. Bezirk lauter zugegangen ist als zurückhaltend verwendet – bei Jugend - sonst, liegt an den Veranstaltungen, die lichen etwa aus der afghanischen Com - Gemischtes Publikum. Alkohol aufgrund des Umbaus des Heldenplat - munity handle es sich eher um Zusam - oder Drogen sind oft auch im Spiel, zes verlegt wurden. Neben der „Wie - menrottungen junger Menschen, die wenn es an einem weniger bekannten ner Wiesn“, die seit 2010 auf der Kai - fallweise gemeinsam kriminelle Hand - Hotspot Probleme gibt: etwa am Do - serwiese gastiert, finden seit 2016 auch lungen verüben würden. Die Polizei naukanal gegenüber vom „Flex“. Die das Erntedankfest und der Tag des unterstützt auch die von den Bezirks - Lokale entlang des Treppelwegs und Sports in der Leopoldstadt statt. Das vorstehern des 2. und des 20. Bezirks die in den Sommermonaten dort statt - Praterstadion hat als Gastgeber schon organisierten Jugendparlamente, bei findenden Veranstaltungen ziehen ein Tradition. „Während des Umbaus des denen mit Schülern an konkreten Pro - gemischtes Publikum an. Bei der Poli - Weststadions ist Rapid zwei Jahre lang jekten, etwa an Verbesserungen in zei treffen immer wieder Beschwerden ins Praterstadion übersiedelt, dann die Parkanlagen, gearbeitet wird. wegen Suchtgifthandels ein, aber etwa “, sagt Gschwind, der es schon auch wegen illegaler Getränkeverkäu - gewöhnt ist, dass „seine“ Bezirke ein - Revierkämpfe. Die Auseinanderset - fer, die mit dem Fahrrad unterwegs springen, wenn Ausweichquartiere ge - zungen zwischen Afghanen und sind und der lokalen Gastronomie sucht werden. Tschetschenen hat es auch im 2. und Konkurrenz machen. Aber egal, welche Herausforderun - 20. Bezirk gegeben, allerdings nur ver - Nicht nur auf der -Län - gen auf das Polizeikommissariat und einzelt. Warum geflüchtete Personen de, auch in den Parkanlagen und auf das Stadtpolizeikommando 20 zukom - mitunter aggressiver reagieren und was den großen Grünflächen im 2. und 20. men, Gschwind ist zuversichtlich, diese das für die Polizei bedeutet, erläutert Bezirk sind Auseinandersetzungen zwi - mit seinem engagierten Team bewälti - Gschwind: „Menschen aus Kriegsge - schen Hundebesitzern und Passanten gen zu können: „Ich habe jetzt genau e b l

E bieten sind anders sozialisiert und ha - an der Tagesordnung. Stein des An - den Job, den ich mir gewünscht habe, d r a h ben oft eine niedrigere Aggressions - stoßes ist meist eine Missachtung der und es erfüllt mich mit Freude und n r e B

: schwelle als jemand, der in einem Beißkorb- oder Leinenpflicht. Die Po - Stolz, diese Dienststelle leiten zu dür - s o t o friedlichen Umfeld aufgewachsen ist. lizei schreitet hier ebenso schlichtend fen.“ F

POLIZEI Jänner – März 2019 23 PORTRÄT

Tagungen, Touristen, Demonstrationen Seit Oktober 2018 ist Brigadier Roman Friedl als Stadtpolizeikommandant für das „Aushängeschild von Wien“ verantwortlich – den Bezirk Innere Stadt. Brigadier Friedl ist seit 1981 Polizist.

ie Innere Stadt ist von ihrer Bedeutung her zentral für Wien, sie ist ein Aushänge - D schild. Es gibt zahlreiche Ta - gungen und Staatsbesuche, viele Touristen, aber auch De mons- trationen. Wir sind das am meisten be - lastete Stadtpolizeikommando von Wien, was den ,Großen Sicherheitspo - lizeilichen Ordnungsdienst’ angeht“, charakterisiert Brigadier Roman Friedl, BA „seinen“ Bezirk, für den er seit 1. Oktober 2018 als Stadtpolizei - kommandant verantwortlich ist. Nach 15 Jahren in war es für ihn an der Zeit, sich eine neue Herausfor - derung zu suchen. Roman Friedl suchte nach 15 Jahren in Wien-Ottakring wieder eine neue Dabei handelte es sich weder um Herausforderung – und fand sie im Stadtpolizeikommando Innere Stadt. den ersten Wechsel in einen anderen Bereich noch um den dramatischsten habe ich gelesen, dass man, wenn man WEGA-Einsätze. Demonstrationen Einschnitt in Friedls Leben, seit er zur Polizei geht, viel Sport betreiben und Hausbesetzungen waren in der 1981 in den Polizeidienst eingetreten kann.“ Seine Leidenschaft für sportli - Folge ebenso Teil seines beruflichen war. Seine Berufswahl begründet er che Betätigung und die entsprechen - Alltags wie Raub und Mord. Auch folgendermaßen: „Damals habe ich das den körperlichen Fähigkeiten waren beim Terroranschlag auf den Flughafen Sportgymnasium auf der Schmelz be - auch ausschlaggebend dafür, dass sich Wien-Schwechat durch palästinensi - sucht und kurz vor der Matura eine Friedl später erfolgreich für die Auf - sche Terroristen 1985 war Friedl im t a v i Broschüre mit dem Titel ,AHS – was nahme bei der WEGA (Wiener Ein - Einsatz. Besonders in Erinnerung ge - r p

: o t

nun?’ in die Hand bekommen. Darin satzgruppen Alarmabteilung) bewarb. blieben von seinem Dienst bei der o F

24 Landespolizeidirektion Wien PORTRÄT

Roman Friedl auf seinem Karriereweg als Schüler in der Als Polizeilehrer: „Im Einsatz hängt Euer Leben von Euren Chargenausbildung (vorletzte Reihe, Zweiter von links). Kollegen ab, ihr müsst euch 100 % auf sie verlassen können.“

WEGA sind ihm allerdings andere Empathie. „Schicksalsschläge ge hö - reiten, was sie erwarten würde. Amtshandlungen. ren zum Leben, sie bewirken Empa - Dass es nach der mitunter aufregen - Dazu zählt der Einsatz nach dem thie. Ich sehe die Dinge mit anderen den Tätigkeit bei der WEGA durchaus Amoklauf eines jungen Mannes, der Augen. Etwas, das für viele ein Pro - seinen Reiz haben kann, Verfassungs - 1990 fünf Gleichaltrige und seinen Va - blem ist, hat für mich nicht diese Be - recht, materielles Verwaltungsrecht ter tötete. „Der Bursch ist auf einer deutung“, sagt Friedl. Das hat nicht und Psychologie zu unterrichten, er - Party provoziert worden, Alkohol war nur mit dem im Zuge seiner berufli - klärt Friedl: „Es war auch spannend, auch im Spiel. Er ist nach Hause gelau - chen Tätigkeit Erlebten zu tun, son - die jungen Kollegen zu formen, ihnen fen, hat seine Faustfeuerwaffe geholt dern auch mit einem Schicksalsschlag: Wissen zu vermitteln. Beim Abschluss - und die Jugendlichen erschossen“, Seine erste Frau starb mit 26 Jahren an treffen nach der zweijährigen Ausbil - schildert Friedl. Auch seine Mutter und einer Herzmuskelentzündung. Um sich dung haben sich viele Schüler bedankt. zwei Polizisten verletzte der Täter als alleinerziehender Vater seiner Sogar 20 Jahre später habe ich noch ei - schwer, ergriff die Flucht und tötete Tochter in ausreichendem Umfang nen guten Draht zu ehemaligen sich schließlich selbst. Dem Amok - widmen zu können, wechselte Friedl Schülern.“ schützen, der für Actionhelden ge - 1991 von der WEGA in den Tagdienst schwärmt hatte, war beim Bundesheer als Lehrer in der Polizeischule. Ottakring. Nachdem Friedl im Jahr die Aufnahme ins Jagdkommando ver - Die von diesen einschneidenden Er - 2000 den Offizierskurs abgeschlossen weigert worden. fahrungen geprägte Lebensphilosophie hatte, führte ihn der nächste Schritt Besonders betroffen macht nicht versuchte er auch seinen Schülern zu seiner Karriere zunächst nach Währing nur der Tod junger Menschen, sondern vermitteln: Genießt den Tag, geht mit - und in die Brigittenau, ab 2003 nach auch der von Kollegen; auch diese Er - fahrung hatte Friedl bei der WEGA Genießt den Tag, geht miteinander wertschätzend und vertrauensvoll um! machen müssen. Etwa, als ein Passant Vertrauen und Miteinander sind wichtig. einen toten Polizisten am Gelände des Containerhafens gefunden hatte und einander wertschätzend und vertrau - Ottakring, wo er aufgewachsen war. die Suche nach dem Täter erfolglos ensvoll um! „Vertrauen und Miteinan - Dort übernahm er zuerst die Funktion blieb. Oder im Fall eines flüchtigen der sind wichtig. Bei einem Einsatz des Leiters des Verkehrsreferats und Bankräubers, der bei einer Ausweis - hängt mein Leben von meinen Kolle - zweiten Stellvertreters des Stadtpoli - r e u a kontrolle seine Pistole zog und einen gen ab, ich muss mich zu 100 Prozent zeikommandanten, dann war er Leiter h c a P

Polizisten erschoss. Dessen Kollege auf sie verlassen können“, betont des Einsatzreferats und erster Stellver - d r e G

überlebte nur, weil die Waffe Lade - Friedl, dem es ein Anliegen war, die treter. Mit einer kurzen Unterbre -

: o t o hemmung hatte. angehenden Polizisten darauf vorzube - chung im SPK blieb Friedl F

POLIZEI Jänner – März 2019 25 PORTRÄT

eineinhalb Jahrzehnte in seinem frühe - wollen sie nicht untersagen, aber Alter - ren Heimatbezirk. Als besondere Her - nativrouten dafür finden, die den ers - ausforderung in Ottakring nennt er die ten Bezirk nicht so stark belasten“, er - unterschiedlichen ethnischen Problem - klärt Friedl. Geeignet wären die Ring - stellungen. straße, auf der nicht alle Fahrspuren Dieses Thema wählte Friedl 2016 gesperrt werden müssten, und der Hel - auch für eine seiner beiden Bachelor- denplatz. Arbeiten in der Fachhochschul-Ausbil - Führen Demo-Routen durch Ein - dung „Polizeiliche Führung“: „Otta - Team Ottakring: Manfred Bosch (†), kaufsstraßen – etwa durch die Kärnt - kringer Straße – ein Symbol für eine Werner Hetzl, Roman Friedl. ner Straße, über den Stephansplatz und gelungene multikulturelle Integrität durch den Graben – kann es aufgrund oder doch ein niederschwelliger Ag - zone ihren „Geschäften“ nachgeht. der starken Fußgängerfrequenz zu gressionsherd?“ Er kommt zu dem Wie überall in Einkaufsstraßen und Schwierigkeiten kommen. Darüber Schluss, dass die Straße als Touristengegenden halten sich auch im hinaus beklagt sich der Handel über fi - Ort gelungener Integration anzusehen ersten Bezirk Taschendiebe und Bett - nanzielle Einbußen. Friedl ist optimis - ist, weil Konflikte nur zeitweise auf - ler auf. Allerdings ist eine positive Ent - tisch, auch für dieses Problem eine Lö - flammen, insbesondere bei Fußballver - wicklung zu verzeichnen: In den letz - sung zu finden; über die sichtbare Poli - anstaltungen. ten fünf Jahren hat sich die Anzahl der zeipräsenz und die rückläufige Zahl an In seiner zweiten Bachelor-Arbeit Delikte nahezu halbiert, was Friedl auf Bettlern und Taschendieben haben sich befasste sich Friedl mit den Kompeten - Polizeipräsenz sowie auf die Unterstüt - die Geschäftsleute bereits sehr positiv zen von Vortragenden in der E1-Aus - zung durch die Einsatzgruppe zur geäußert. bildung – ebenfalls ein Thema, bei dem Bekämpfung der Straßenkriminalität er auf eigene Erfahrungen als Lehren - und die Bereitschaftseinheit zurück - Vernetzung in der Gesellschaft. der zurückgreifen konnte. So war er führt. Auch die internationale Vernet - Strategien lassen sich am besten durch unter anderem als Trainer für das neue zung mit den Herkunftsländern der Tä - die Zusammenarbeit aller relevanter Fremdenpolizeigesetz, Stress- ter, vor allem mit Bulgarien und Akteure entwickeln. Deshalb steht der management, Pädagogik, Psychologie Rumänien, hat zum Erfolg beigetra - Punkt, sein Netzwerk zu Politik und und Dienstzeitmanagement sowie als gen. Wirtschaft in der Inneren Stadt auszu - Vortragender in der E2a-Ausbildung Zu den Hotspots im ersten Bezirk bauen, auf Friedls Agenda ganz oben. für Waffengebrauchsrecht und zuletzt zählen das Ruprechtsviertel beim Erste Kontakte zum Bezirksvorsteher als Projektgruppenleiter für das Schwedenplatz und das Szenelokal und zu Geschäftstreibenden haben be - Recruitingcenter tätig. „Flex“ am Donaukanal, wo neben dem reits stattgefunden. „Politik und Polizei Alkohol- der Drogenkonsum für Pro - sind darauf bedacht, das Thema Sicher - Eine anderes Gegenüber. Nach den bleme sorgt. Die Polizei testete hier heit hochzuhalten. Dafür ist es auch Kompetenzen gefragt, die man als Körperkameras bei Fußstreifen im wichtig, den Exekutivbediensteten Lob Stadtpolizeikommandant des auch von Probebetrieb. „Die Bodycams zeich - und positives Feedback zu geben“, be - seiner Bedeutung her zentralen ersten nen die gesamte Amtshandlung auf. tont Friedl. Bezirks benötigt, antwortet Friedl: „In Man sieht zum Beispiel, wenn ein Kol - Dazu zählen Ehrungen der Kolle - Bezug auf die Führung gleicht die In - lege körperlich angegriffen wird und in gen des SPK 1 für besondere Leistun - nere Stadt den übrigen Bezirken, nur Notwehr gesetzmäßig Körperkraft an - gen, wie sie zuletzt im November 2018 ist das Gegenüber ein anderes. Natür - wendet. In den sozialen Medien ist oft stattgefunden haben, ebenso wie ge - lich gibt es von der Klientel und von nur die Sequenz zu sehen, in der sich meinsame Aktivitäten. Friedl nennt als den Beschwerdeführern her Unter - der Kollege verteidigt, das vermittelt Beispiele die Möglichkeit, im Zuge der schiede zu Ottakring.“ Da kann es ein verzerrtes Bild“, so Friedl. dienstlichen Tätigkeit Sport zu betrei - schon vorkommen, dass jemand nicht ben, ebenso wie Veranstaltungen; so ist nur mit seinem akademischen Titel, Demonstrationen. Derzeit leisten etwa ein Gokart-Rennen für Mitarbei - sondern auch mit seiner angeblichen die Bodycams als Ergänzung zu den ter geplant. „Ich möchte meine Bekanntschaft mit „einem wichtigen Polizeikamerateams, deren Aufnahmen Führungsideologie mit Wertschätzung, Entscheidungsträger innerhalb des In - einen Überblick bieten, gute Dienste, Anerkennung, Motivation und Ver - nenministeriums“ Eindruck schinden da sie Amtshandlungen mit einzelnen trauen an meine Mitarbeiter weiterge - möchte. Demonstranten aufzeichnen. „Ver - ben, damit wir im SPK 1 zu einem Vor - t a v i Weniger nobel ist eine gewisse Kli - sammlungsfreiheit ist wichtig. Wir re - zeigekommando werden“, erklärt r p

: o spektieren die Demonstrationen und t entel, die vor allem in der Fußgänger - Friedl. Rosemarie Pexa o F

26 Landespolizeidirektion Wien WAHRNEHMUNGSMELDUNGEN Kleiner Aufwand – große Wirkung Die Bedeutung „kriminalpolizeilicher Wahrnehmungsmeldungen“ wird im Polizeialltag häufig unter - schätzt. Dabei sind sie oft das fehlende Puzzleteil, das schließlich zum Ermittlungserfolg führen kann.

m Jänner 2018 meldete eine Frau weitere Einbrüche nachgewiesen wer - plane. Von ihm war lediglich der Spitz - in einer Polizeiinspektion in Wien den. name bekannt, die Staatsbürgerschaft einen seltsamen Vor - Ein herausragender Ermittlungser - und die Tatsache, dass er einen Porsche I fall an ihrer Wohnungstür. Ein ihr folg, der zu einem großen Teil auch den Cayenne fuhr. Dank des Kennzeichens, unbekannter Mann, den sie sche - Kollegen in Simmering zu verdanken das die Zeugin bis auf einen Buchsta - menhaft durch das Milchglas ihrer Ein - ist. Ihre „kriminalpolizeiliche Wahr - ben – ein „D“ anstatt eines „O“ – rich - gangstüre erkennen konnte, läutete nehmungsmeldung“ war ein wichtiges tig notiert hatte, konnten Beamte der Sturm. Da sie niemanden erwartete Glied in der Ermittlungskette. Die Einsatzgruppe zur Bekämpfung der und sie durch das heftige und lange Meldung über den Vorfall an der Woh - Straßenkriminalität (EGS) in Favori - Läuten eingeschüchtert war, öffnete sie nungstür und das notierte Kennzei - ten das Fahrzeug auffinden und eine ihm nicht. chen erging von der Polizeiinspektion Observation starten. In wur - Als das Läuten nicht nachließ, via PAD an das Kriminalreferat in den der Lenker und sein Beifahrer klopfte sie von innen an ihre Woh - Simmering. Dort wurde die Meldung schließlich bei einem Einbruch er - nungstür, woraufhin der Mann zu klin - auf kriminalpolizeiliche Relevanz hin wischt und festgenommen. geln aufhörte und davonging. Die Frau schaute aus dem Fenster auf die Straße Die „kriminalpolizeiliche Wahrnehmungsmeldung“ der Kollegen in Simmering und sah vor dem Haus einen Porsche war ein wichtiges Glied in der Ermittlungskette Cayenne mit serbischem Kennzeichen. Das Kennzeichen konnte sich die Frau geprüft und per E-Mail an die Steue - notieren und den Polizisten in der Poli - rungsgruppe des Landeskriminalamtes Kriminalpolizeiliche Berichterstat - zeiinspektion mitteilen. (LKA) gesendet. Von der Steuerungs - tungsvorschrift. „Kriminalpolizeiliche gruppe wird die kriminalpolizeiliche Wahrnehmungsmeldungen“ sind Kein strafbares Verhalten. Der Vor - Wahrnehmungsmeldung an das Bun - gemäß der Sicherheits- und kriminal - fall stellte keine strafbare Handlung deskriminalamt, je nach Inhalt an den polizeilichen Berichterstattungsvor - dar, das Verhalten des unbekannten zuständigen Ermittlungsbereich des schrift (BV 2005) zu erstellen. Darin Mannes war nicht verboten, aber doch Landeskriminalamtes oder anlassbe - heißt es: „Die Organe des öffentlichen sehr ungewöhnlich. Die Kollegen der dingt an das Landesamt für Verfas - Sicherheitsdienstes haben entspre - Polizeiinspektion verfassten eine „Kri - sungsschutz und Terrorismusbekämp - chende Wahrnehmungen zu melden, minalpolizeiliche Wahrnehmungsmel - fung (LVT) oder andere Dienststellen soweit dies für Zwecke der Vorberei - dung“. weitergeleitet. tung wahrscheinlicher gefährlicher An - Kurze Zeit später wurden in Wien griffe im Sinne des § 53 Abs. 1 Z 4 SPG Penzing zwei Täter bei einem Ein - Hinweis kommt zu Hinweis. Im erforderlich ist.“ Die rechtliche bruchsdiebstahl auf frischer Tat betre - Landeskriminalamt wurde die Mel - Grundlage zur Ermittlung und Verar - ten und festgenommen. Den beiden dung aus Simmering mit einem weite - beitung der Daten stellt der § 53 Si - Männer und zwei weiteren Mittätern ren Hinweis verknüpft, wonach ein un - cherheitspolizeigesetz dar. konnten vom Landeskriminalamt 29 bekannter Mann Wohnungseinbrüche Maria Rennhofer-Elbe

POLIZEI Jänner – März 2019 29 ZAHLUNGSKARTENBETRUG

Stehlen, fälschen, Daten ausspähen Internet und Internationalisierung spielen auch bei Kredit- und Bankomatkartenbetrug eine zunehmend bedeutende Rolle. Physisch aufwendige Arbeiten sind oft gar nicht mehr notwendig.

er bei Zahlungskarten - Zahlungskartendaten allein, mit dem betrug an gestohlene Internet als Trägermedium. Kreditkarten und mani - W pulierte Bankomaten Diebstahl. Die Zahl der Entfrem - denkt, liegt nicht falsch dungen von Zahlungsmitteln ist in den – allerdings brauchen die Täter die vergangenen zehn Jahren stark ange - Plastikkarte in den meisten Fällen gar stiegen. Während 2007 in ganz Öster - nicht mehr. „Bei über 90 Prozent aller reich 8.750 Fälle angezeigt wurden, wa - Zahlungskartendelikte werden die Da - ren es 2015 23.400 und 2016 um weite - ten im Internet ausgespäht“, sagt Chef - re 500 mehr. Den Großteil der Strafta - inspektor Christian Uzsak vom Ermitt - ten machen Taschendiebstähle aus, lungsbereich 5 (EB 05-1, Betrug) im die – seit sie zum Massendelikt gewor - Landeskriminalamt (LKA) Wien. Auch den sind – mit dem „Soforterledigungs - bei Zahlungskarten kommt der Nut - formular“ bearbeitet werden. Auch zung des Internets und der Globalisie - Manfred Briegl: „Kreditkarten- „Postverluste“, bei denen die Täter rung eine zunehmende Bedeutung zu. fälschung zahlt sich nicht mehr aus.“ Zahlungskarten auf dem Postweg ent - Das stellt an die Ermittler immer wenden, fallen unter die Entfremdung höhere Herausforderungen. verarbeitungsmissbrauch) werden auch von Zahlungsmitteln. Für 2014 bis 2016 wurden öster - Delikte erfasst, bei denen kein reichweit 4.516 Straftaten an Zah - Mensch, sondern eine Maschine Fälschungen. Kreditkartenfälschun - lungskartenkriminalität angezeigt, da - ,getäuscht’ wird“, erläutert Oberstleut - gen waren in den 1990er-Jahren ein von wurden 1.217 geklärt. Wien ist mit nant Manfred Briegl, Leiter der Er - Problem; die Zahl dieser Delikte hat mehr als 40 Prozent am stärksten be - mittlungsbereiche 5, 6 und 7 im LKA. seither abgenommen. „Der hohe physi - troffen. Zum Betrug müssen die Tatbe - Drei Arten von Zahlungskartenbe - sche Aufwand und die Gefahr, erwischt e b

standsmerkmale Täuschung, Bereiche - trug werden unterschieden: die Ent - zu werden, zahlen sich nicht mehr aus. l E

d r

rungsvorsatz und Schädigung vorlie - fremdung von Zahlungsmitteln (Dieb - Das geht heute einfacher im Internet“, a h n r gen. „Mit dem 2016 in Kraft getretenen stahl), die Fälschung von Karten und erklärt Briegl. e B

: o t

§ 148 a StGB (betrügerischer Daten - die missbräuchliche Verwendung der Als „Nische“ bezeichnet er die Fäl - o F

30 Landespolizeidirektion Wien Kleine Skim ming-De vi ces werden in den Karteneinschubschacht eingeführt. Die Kundenkarte gelangt in den Karten- leser des Automaten, wodurch der Ablauf der Auszahlung nicht beeinträchtigt wird und dem Kunden nichts auffällt.

schung von Karten, deren Daten mit - die vom Betrüger angebrachte Ausle - ten Kreditkarten hochpreisige Waren tels „Skimmings“ ausgespäht worden sevorrichtung für Magnetstreifen in kaufte, Österreich heim. Die Mitglie - sind. Beim Skimming („Abschöpfen“) den Kartenleser des Automaten, wo - der der Bande stammten zum Großteil werden an Geldautomaten Vorrichtun - durch der Ablauf der Auszahlung nicht aus Bulgarien – so auch der Täter, der gen zum Auslesen der Kartendaten an - beeinträchtigt wird und der Kunde die nach einem Hinweis von Pay-Life auf gebracht. 2010 gab es die ersten Fälle Manipulation nicht bemerkt. manipulierte Bankomaten in Wien auf in Österreich. Fünf Jahre später schob Um an die PIN zu gelangen, wird frischer Tat ertappt wurde. „Er ist im die Ausstattung der Bankomaten mit die Eingabe der Nummer mit einer Taxi zu einem Bankomaten gefahren, Überwachungskameras dieser Betrugs - versteckten winzigen Kamera gefilmt. um die Apparatur wieder abzunehmen. masche einen Riegel vor. Seit sich die Zuständigkeit für Outdoor-Bankoma - Typisch für Skimming-Fälle ten von einem Unternehmen auf drei sind sehr zeitnahe Abbuchungen. Firmen ausgeweitet hat und diese von der Videoüberwachung abgegangen Diese befindet sich in der Regel in ei - Dabei ist der Zugriff erfolgt“, schildert sind, haben die Skimming-Betrüger ner oberhalb des Tastaturfelds meist Briegl. In dem Hotelzimmer, wo sich wieder leichteres Spiel. mit Doppelklebeband befestigten der Täter für ein Wochenende einge - Früher installierten die Täter vor Blende, die an Form und Farbe des Au - mietet hatte, wurde Skimming-Equip - dem Karteneinschubschacht des Geld - tomaten angepasst und kaum erkenn - ment gefunden. Die Fälscherwerkstatt automaten ein Kartenlesegerät oder bar ist. Auch die Montage der Skim - der Bande, die sich in Polen befand, eine vollständige Frontplatte in Farbe ming-Vorrichtungen erfolgt unbe - konnte ausgehoben werden. und Design des Automatenmodells. merkt, erklärt Uzsak: „Ein geübter Tä - Typisch für Skimming-Fälle wie die - Ein Fake-PIN-Pad, das über das Tasta - ter braucht zum Auf- oder Abbauen sen sind die sehr zeitnahen Abbuchun - turfeld gestülpt oder geklebt wurde, der Devices zehn Sekunden. Das be - gen. Im Gegensatz dazu wurden in der zeichnete die eingegebene PIN auf. kommt ein Kunde nicht mit, der hinter jüngsten Tatserie in Österreich mona - e b l Heute kommen kleine Skim ming-De - ihm steht.“ telang Kartendaten illegal ausgelesen, E d r a vi ces zum Einsatz, die in den Kar - bis die Täter schließlich zwischen h n r e

B teneinschubschacht eingeführt werden. Ertappt. Vor etwa fünf Jahren such - Weihnachten 2017 und Neujahr mit

: o t o Die Karte des Kunden gelangt durch te eine Tätergruppe, die mit gefälsch - den gefälschten Kreditkarten einkauf - F

POLIZEI Jänner – März 2019 31 ZAHLUNGSKARTENBETRUG

ten. Insgesamt waren et - Die Täter führen Täu - wa 700 Karten betrof - schungsmanöver zur fen. Verschleierung der eige - Ein weiterer Unter - nen Identität durch – schied zu früher besteht „Spoofing“ genannt – darin, dass die Einkäufe und nutzen ungesicherte Ende 2017 außerhalb „Botnets“ zum Versen - Europas, unter anderem den der Mails. Also in den USA, in Lateina - muss bei der Firma an - merika und China, gesetzt werden, bei der getätigt wurden. Im SE - die Betrüger eingekauft PA- Raum ist das Bezah - haben. Im vorliegenden len mit Kreditkarten Fall handelte es sich um mittlerweile nur mehr eine lettische Online - möglich, wenn diese mit plattform, bei der die einem fälschungssiche - Fake-PIN-Pad: Mit einer falschen, über die echte Tastatur des Banko - Täter Bitcoins erwar - ren Chip ausgestattet maten gestülpten Tastatur wird der PIN registriert und gespeichert. ben. Sie bedienten sich sind. Daher weichen die der Identität einer Ita - Täter in Länder aus, in denen die Ab - dem geöffneten Reisepass in der Hand lienerin, die selbst Opfer einer Phis - rechnung über den Magnetstreifen er - zu schicken. hing-Mail geworden war und erst von folgt. Eigenverantwortung und Hausver - den österreichischen Ermittlern von „Wir haben bei Outdoor-Bankoma - stand würden oft zu wünschen übrig den Transaktionen erfuhr. ten keine Videoüberwachung mehr lassen, sagt Uzsak: „Warnungen wer - Bei Ermittlungsansatz Nummer drei und können nicht feststellen, wann ge - den nur wahrgenommen, wenn man sie wurde versucht, den Weg der Bitcoins nau die Daten abgegriffen worden 25-mal wiederholt – da ist eine intensi - zu verfolgen – eine „unendliche Ge - sind“, sagt Uzsak. Um Skimming auf - ve Berichterstattung notwendig.“ Von schichte“, wie Uzsak betont: „Es sind zudecken, kontrolliert er die am häu - August bis Oktober 2017 wurden zum nur zwei Kryptoschlüssel erworben figsten betroffenen Bankomaten auf Beispiel Phishing-Mails verschickt, de - worden. Den Verlauf kann man nach - Manipulationsspuren. Manchmal ge - ren Absender sich als österreichische vollziehen: über 600 Splittings und zum ben Bankomatkunden ihrer Bank Be - Bank ausgab. 34 Kartenmissbrauchsop - Teil Auszahlungen auf anonyme briti - scheid, wenn ihnen etwas Verdächtiges fer reklamierten bei der Bank; diese sche Prepaid-Karten.“ Informationen auffällt, etwa ein nicht ordentlich ein - erstattete Anfang 2018 Anzeige. über die Hintermänner erhält man in geführtes Lesegerät oder eine nicht Uzsak und seine Kollegen verfolg - solchen Fällen meist nur dann, wenn zum Automaten gehörende Blende mit ten drei Ermittlungsansätze, wobei der sie unvorsichtig sind und etwa eine ih - eingebauter Kamera. erste auf den Aussagen der Opfer be - rer Person zuordenbare E-Mail-Adres - ruhte. Allerdings gaben nur acht der se verwenden. Phishing. Aufmerksam müssen Geschädigten zu, möglicherweise eine „Die Ermittlungen sind schwieriger Bankkunden auch sein, wenn Zah - scheinbar von der Bank stammende E- geworden“, sagt Uzsak. „Früher haben lungskartenbetrüger das Internet als Mail bekommen und daraufhin Daten die Betrüger eine Fälscherwerkstatt Trägermedium nutzen, da diese zu den weitergegeben zu haben. Zwei davon und entsprechendes Know-how ge - Kartendaten meist durch Phishing- hatten die Mail noch nicht gelöscht braucht. Jetzt kann man White-Plas- Mails kommen. Der „Klassiker“ ist ei - und leiteten sie an die Beamten weiter. tics – Kartenrohlinge, die man auch für ne angeblich von der Hausbank des „Wir gehen davon aus, dass alle 34 die Türöffner verwendet – ganz legal kau - Kunden stammende E-Mail, in der die - Mail erhalten und beantwortet haben. fen. Bei großen Hacker-Angriffen wer - ser aufgefordert wird, seine Kartenda - Sie streiten es aber ab, weil sie be - den Millionen von Kreditkartendaten ten einzugeben, etwa um „auf sein aus fürchten, auf dem Schaden sitzen zu erbeutet und anschließend im Darknet Sicherheitsgründen gesperrtes Konto“ bleiben, und schämen sich, dass sie auf angeboten.“ Rechnung getragen wird wieder zugreifen zu können. „Solche den Trick der Betrüger hereingefallen diesen Trends beim Zahlungskartenbe - Mails schickt die Bank niemals“, be - sind“, erklärt Uzsak. trug durch verstärkte Zusammenar - tont Uzsak. Manche Betrüger fordern beit, etwa durch Einbeziehung des Cy - n e i

sogar dazu auf, zum Nachweis der Täuschungsmanöver. Die Herkunft ber-Crime-Competence-Centers (C4) W

A K L Identität einen Ausweis einzuscannen der E-Mails ist nicht nachvollziehbar – bei länderübergreifenden Fällen. s : o t und hochzuladen oder ein Selfie mit wie in den meisten Phishing-Fällen. Rosemarie Pexa o F

32 Landespolizeidirektion Wien PORTRÄT Neue Führung für Favoriten Die größte Sicherheitsbehörde Österreichs setzt auf Zusammenarbeit. Für den neuen Stadthauptmann von Favoriten, Walter Czapek, ist das tägliche Miteinander das Um und Auf der polizeilichen Arbeit.

enn Hofrat Mag. Dr. Walter Czapek, seit dem Vorjahr Leiter W des Polizeikommissa - riats Favoriten, von „seinem“ Bezirk spricht, dann be - schreibt er ihn mit Superlativen: „Der zehnte Bezirk ist eine der größten Si - cherheitsbehörden Österreichs, der be - völkerungsreichste Bezirk von Wien, auch einer der stärksten Bezirke in Be - zug auf die Kriminalitätsbelastung – und einer der spannendsten.“ Über Walter Czapek spricht nur in Superlativen von „seinem“ Favoriten. 200.000 Einwohner – das ist mehr als ein Zehntel von ganz Wien – und ein er seinen Wohnsitz in den 23. verlegt Exekutive und Verwaltungsbeamten ausgesprochen hoher Prozentanteil an hat. größten Wert legt. Beide Gruppen tref - Personen mit nicht österreichischer fen jeden Tag um neun Uhr zum Staatsangehörigkeit stellen für die Tolles Team. Das zeigte sich auch an Frührapport zusammen, sitzen gemein - Exekutive eine besondere Herausfor - dem herzlichen Empfang, den ihm sei - sam bei Besprechungen – und, wenn derung dar. ne Kollegen in Favoriten boten; man - möglich, auch bei einem gemeinsamen Es ist eine Herausforderung, die che von ihnen kennt er seit Jahrzehn - Mittagessen. Czapek, davor Stadthauptmann im 23. ten. „Ich habe hier ein tolles Team, so - „Wir sind täglich mit vielen negati - Bezirk, gern angenommen hat: „Ich bin wohl in der Exekutive als auch in der ven Dingen konfrontiert. Da ist es oft gefragt worden: ‘Warum tust du dir Verwaltung“, sagt Walter Czapek, der wichtig, sich auszutauschen, nicht nur das in deinem Alter noch an? Du hast auf ein gutes Verhältnis zwischen der zum Arbeiten, sondern auch zum mit - in Liesing doch so ein ruhiges Polizei - einander Reden. Wo es so viele Her - kommissariat gehabt?’“ ausforderungen gibt, muss die Zusam - Die Antwort ist in seiner Beziehung menarbeit funktionieren, sonst würde zu diesem für ihn so „besonderen“ Be - es zu große Reibungsverluste geben“, zirk zu finden: Er ist hier geboren und erklärt Czapek. aufgewachsen, sein Vater hat als Bäcker in der Ankerbrot- Fabrik gear - Erfahrene Bedienstete besonders e b l

beitet, seine Eltern und sein Bruder le - wertvoll. Als besonders wertvolle Res - E

d r a

ben immer noch in Favoriten. Allein source sieht der Stadthauptmann Be - h n r e B

schon dadurch ist seine Verbindung Walter Czapek setzt auf Teamarbeit amte, die auf jahrzehntelange berufli - : s o t

zum 10. Bezirk nie abgerissen, obwohl zwischen Exekutive und Verwaltung. che Erfahrung in ihrem Bezirk zurück - o F

34 Landespolizeidirektion Wien PORTRÄT

liert worden. Czapek konnte verhin - dern, dass die Mutter der Ermordeten, die an den Tatort gekommen war, ihre Tochter so sah. „Dieses Bild war er - schreckend für mich. Ich habe es nicht vergessen können“, erzählt er. Erst im Jahr 2000 wurde der Täter mithilfe der DNA-Analyse identifiziert und darauf - hin verurteilt. Ebenfalls in Czapeks Zeit im Si - cherheitsbüro fiel der Diebstahl der Gebeine von Mary Vetsera, der Ge - liebten des Kronprinzen Rudolf, aus Verfolgung der kriminalpolizeilichen Johann Wlaschitz und Walter Czapek ihrem Grab am Stiftsfriedhof von Hei - Entwicklung ist tägliches Brot. setzen auf enge Zusammenarbeit. ligenkreuz bei Wien. Der Täter, der greifen können. So wie der Stadtpoli - Linzer Möbelhändler Helmut zwei weitere in Döbling, jeweils als zeikommandant Oberst Johann Wla - Flatzelsteiner, hatte sich einem Journa - stellvertretender Stadthauptmann. Von schitz, der Favoriten „wie seine We - listen anvertraut; dieser erstattete dar - 2011 bis 2018 war er Stadthauptmann stentasche“ kennt und genau weiß, wie aufhin Anzeige. In den Medien wurde in Liesing. die Straßenzüge verlaufen. zwar über das gerichtsmedizinische Aus Liesing sind Czapek zwei The - Czapek selbst hat begonnen, seinen Gutachten berichtet, mit dem Flatzel - menbereiche, mit denen er befasst war, Herkunftsbezirk wieder neu zu ent - steiner angeblich die Echtheit der Ge - besonders in Erinnerung geblieben. Ei - decken, etwa das Sonnwendviertel, das beine hatte beweisen wollen, nicht ne Vorreiterrolle innerhalb der Wiener allein eine Fläche in der Größe der ge - aber über den tragischen Aspekt des Polizei spielte Liesing als mit einem samten aufweist, oder die verlängerte Per-Albin-Hansson-Sied - Wir sind vorne am Podium gesessen lung beim Kurbad Oberlaa, wo neue Wohnungen entstehen. Auch der Reu - und beschimpft worden mannplatz hat sich seit seiner Neuge - staltung zum Positiven verändert. Eine Falls: Laut Czapek hatte der Täter – Zertifikat vom Innenministerium aus - Zukunft als Flaniermeile, als „Nasch- vergeblich – versucht, durch die „Reli - gezeichnetes „demenzfreundliches markt von Favoriten“, hält der Stadt - quie“ eine Heilung seiner todkranken Kommissariat“. Sowohl Angehörige als hauptmann durchaus für möglich. Frau zu bewirken. auch die Mitarbeiter eines Senioren - wohnheims mit Demenzstation beka - Gefährliche Gegend? Als Czapek Leopoldstadt bis Liesing. Nach sei - men Informationen und Unterstützung nach seiner Einschulung als Polizeiju - ner Zeit im Sicherheitsbüro führte – etwa, wenn verwirrte Personen nicht rist im 7. Bezirk Mitte der 1980er-Jahre Czapek seine berufliche Laufbahn für mehr nach Hause fanden. Der „De - zum ersten Mal in Favoriten seinen zwei Jahre ins Polizeikommissariat menzheurige“ diente als Plattform zum Dienst versah, hatte die älteste U- Leopoldstadt. 1997 bis 2000 war er am Austausch zwischen allen Beteiligten. Bahn Wiens noch ihre Endstelle am Aufbau der Europol-Stelle in Wien be - Weniger kooperativ ging es bei den Reumannplatz, der sich in der Folge teiligt. Es folgten neun Jahre im Poli - Informationsveranstaltungen über das zum Hotspot mit nächtlichen Raub - zeikommissariat Brigittenau sowie 2017 in Liesing eröffnete größte überfällen entwickelte. Auch während Flüchtlingsheim Wiens zu. „Wir sind seiner Zeit im Sicherheitsbüro von vorne am Podium gesessen und be - 1985 bis 1994 galt Favoriten als „ge - schimpft worden“, beschreibt Czapek fährliche Gegend“ – ein Ruf, den der den Unmut der Bürger, die Angst hat - Bezirk bis heute nicht losgeworden ist. ten, mit dem Zuzug von angeblich Dazu beigetragen haben Ende der 3.000 Flüchtlingen würde es zu Ein - 1980er-Jahre die drei „Favoritner brüchen und Massenvergewaltigungen e b l

E Mädchenmorde“. An den Ermittlun - kommen. Die Befürchtungen bewahr - d r a h gen zum ersten Mord war Czapek be - heiteten sich nicht; bei den rund 1.000 n r e B

: teiligt. Die 20-jährige Alexandra Walter Czapek begann in den Geflüchteten handelte es sich zum s o t o Schriefl war missbraucht und strangu - 1980er-Jahren als Polizeijurist. Großteil um Familien. Trotzdem wurde F

POLIZEI Jänner – März 2019 35 PORTRÄT

sicherheitshalber ein Funkwagen vor der Flüchtlingsunterkunft postiert – auch, um Aggressionen der Bevölke - rung gegen die Bewohner zu vermei - den.

Kriminalitätsbelastung. Im Ver - gleich zu Liesing hat das multiethni - sche Favoriten eine wesentlich höhere Kriminalitätsbelastung. Bei Morden war im Vorjahr ein „trauriger Rekord“ zu verzeichnen: 70 Prozent aller Morde in Wien waren im 10. Bezirk verübt worden. Generell ist der Trend aller - dings positiv; es zeigte sich, bezogen auf alle Deliktgruppen, von 2017 auf 2018 ein Minus von zehn Prozent. Auch Gewalt in der Familie ist im Sin - ken begriffen, ebenso die Anzahl der Betretungsverbote. Genauso erfreulich ist die Entwick - lung bei Einbrüchen und Raubüberfäl - len. „Einen markanten Rückgang gibt es bei Einbrüchen in Wohnungen und Wohnhäuser, auch bei Dämmerungs - einbrüchen. In den letzten Jahren sind Mitglieder großer Banden, meist aus dem ehemaligen Ostblock, festgenom - men und verurteilt worden“, erklärt Czapek. Die Erfolge führt er vor allem auf die massive Polizeipräsenz zurück. Diese trägt auch zu einem erhöhten Si - cherheitsgefühl in der Bevölkerung bei.

Bezirk sicherer und lebenswerter machen. Die Präsenz Uniformierter an den Hotspots, allen voran am Haupt - bahnhof und beim Austria- Stadion, hat für Beruhigung gesorgt. Derzeit liegt der Schwerpunkt zentral im Bereich Gudrunstraße, Quellenstraße und Neil - reichgasse bis zur Favoritenstraße. „Wir wollen den Bezirk für die Bewoh - ner noch sicherer und dadurch lebens - werter machen“, fasst Czapek sein Ziel für die nächsten Jahre zusammen. Das soll vor allen durch Zusammenarbeit und Vernetzung, etwa mit der Bezirks - vorstehung, mit Magistratsabteilungen und Schulen im Rahmen von GE - MEINSAM.SICHER , gelingen. Rosemarie Pexa

36 Landespolizeidirektion Wien PORTRÄT Vernetzung im Bezirk Schon vor „GEMEINSAM.SICHER“ stand Kooperation in Favoriten im Vordergrund. Die Bekämpfung der Suchtmittelszenen, Jugendbanden und Rowdys aller Art stehen im Mittelpunkt der Polizeiarbeit.

riminalprävention ist umso effizienter, je früher man damit beginnt – und je mehr K Beteiligte dabei an einem Strang ziehen. Also sollte man sich insbesondere um Kinder und Jugendliche kümmern und sich auch mit jenen Akteuren an einen Tisch set - zen, die von sich aus wahrscheinlich nicht den Kontakt zur Polizei gesucht hätten. Mit diesem Ansatz hat Oberst Johann Wlaschitz, BA, seit Oktober 2018 Stadtpolizeikommandant in Favo - Johann Wlaschitz: In der Kriminalprävention ist nicht nur der frühe Ansatz riten, schon in den 1990er-Jahren Er - wichtig, sondern auch, dass möglichst viele Beteiligte eingebunden sind. folg gehabt; mittlerweile nutzt GE - MEINSAM.SICHER die in Jahrzehn - Jugendbanden den Bezirk unsicher. verschiedene, aber wir haben ein ge - ten aufgebauten Strukturen. Zahlreiche Raubüberfälle gingen auf meinsames Ziel gehabt: Jugendliche Wlaschitz könnte man für einen ihr Konto. Die „Kinks“ trieben sich sollten sich in die Gesellschaft inte - „echten“ Favoritner halten. In gewisser beim Karl-Wrba-Hof herum, die rech - grieren und sich nicht selbst aus- Weise ist er es auch, denn schon seit ten „Glotzen“ in der Hanssonsiedlung, schließen“, erzählt Wlaschitz. 1990 versieht der aus Wulkaproders - die „Zurcz-Partie“ am Reumann-Platz, In der Prävention konnte jeder Ak - dorf stammende Burgenländer im 10. die „Red Brothers“, die „Blue Bro - teur seine Stärken einbringen und da - Bezirk seinen Dienst. Mit Unterbre - thers“ und die „Bakanovic-Bande“ wa - mit die anderen unterstützen. So er - chungen, die ihn aus Gründen der Per - ren wienweit unterwegs und wagten suchte die Polizei die Sozialarbeiter, sonalknappheit vorübergehend in den sich auch aus anderen Bezirken in die mit den Angehörigen einer „verhal - 1., 12. und den 23. Bezirk sowie in das Favoritner Parkanlagen und zum Reu - tens auffälligen“ Jugendgruppe zu re - damalige Generalinspektorat geführt mannplatz. Handlungsbedarf war ange - den. Dann wieder gab es Probleme mit haben, war er als leitender Beamter sagt. einer bezirksfremden Bande, um die immer Angehöriger der Polizei in Fa - Die Exekutive gründete die „Grup - sich die Polizei kümmern sollte. Als voriten. Als eingeteilter Beamter ver - pe Jugendbanden“, mehrere mit der letztes Mittel Zwangsmaßnahmen ein - sah er von 1979 bis 1986 in der Sicher - Thematik befasste Akteure schlossen zusetzen, blieb ebenfalls der Exekutive heitswache-Abteilung seinen sich zum „Regionalteam Favoriten“ vorbehalten. Die Botschaft war klar: Dienst und in den Jahren 1986/1987 als zusammen, dem Wlaschitz ab 1991 als „Wenn ihr Unsinn macht, müsst ihr da - dienstführender Beamter in der Sicher - erster Polizist angehörte: Sozialarbei - mit rechnen, dass ihr eingesperrt wer - heitswache-Abteilung Innere Stadt. ter, Parkbetreuer und Mitarbeiter von det.“ Jugendzentren mussten als erste Auf - Jugendbanden. Die Situation, die gabe ihre Vorbehalte gegenüber der Gegen Gewalt. 2005 wurde die Ini- e b l Wlaschitz 1990, 13 Jahre nach seinem Polizei – und umgekehrt – überwinden. tiative „Schule und Polizei – Gemein - E d r a Eintritt in den Polizeidienst, in Favori - Doch bald gelang es allen Beteiligten, sam gegen Gewalt“ ins Leben gerufen, h n r e

B ten vorfand, war alles andere als ein - das Gemeinsame über das Trennende bei der die Polizei mit Schulen zusam -

: o t o fach. Anfang der 1990er-Jahre machten zu stellen. „Die Wege waren teilweise menarbeitet. Schuldirektorinnen, -di - F

POLIZEI Jänner – März 2019 37 PORTRÄT

Dass Konflikte generell gewalttäti - ger ausgetragen werden als früher, kann Wlaschitz nicht bestätigen. „Alle Ausländer“ in einen Topf zu werfen, werde der Realität ebenfalls nicht ge - recht. Nicht für alle Asylsuchende, aber für bestimmte Gruppen – etwa für Af - ghanen – gehöre es einfach dazu, im - mer ein Messer mitzuhaben. Bei Kon - taktaufnahmen mit Menschen aus dem ehemaligen Ostblock profitiert Wla - schitz von seinen Kenntnissen der sla - Im neuen Austria-Stadion hat auch wischen Sprachen, da er sich mit die - Johann Wlaschitz und Walter die Polizei ausreichend Platz. sen Personen in ihrer Muttersprache Czapek: Tägliche Besprechungen. verständigen kann. rektoren und die zuständigen Kom - In den Medien wird Favoriten oft Austria-Stadion. 1992 suchte die Polizei mandanten der Polizeiinspektionen als gefährlicher dargestellt, als es ist, Kontakt zum Verein und den Fangrup - lernten einander kennen und fassten meint Wlaschitz. Auch wenn es in Fa - pen, nachdem das Entzünden von Ma - Vertrauen zueinander. Die Intensität voriten mehr verhaltensauffällige Ju - gnesium-Pulver auf der alten West- der Zusammenarbeit wurde deutlich gendliche gibt als in anderen Bezirken, Tribüne rund ein Dutzend Verletzte erhöht, bei Problemstellungen sucht sei der tragische Tod eines Passanten, zur Folge gehabt hatte. Das Projekt man gemeinsame Lösungsansätze. Der der im November 2018 durch den „Fußballkontaktbeamte“ wurde ins Bedarf ist gegeben, denn in Favoriten Fußtritt eines türkisch/österreichischen Leben gerufen. Uniformierte Polizisten gibt es 45 Pflichtschulen mit insgesamt Jugendlichen zu Sturz kam und an ei - kamen – nach entsprechenden Schu - 15.000 Kindern und Jugendlichen in ner Kopfverletzung verstarb, zum lungen – immer wieder in den Fan-Sek - der Altersklasse bis zu 15 Jahren und Glück ein Einzelfall. Bei mehreren De - toren zum Einsatz. So lernten die Poli - etwa 1.250 Lehrenden. likten habe es zum Teil deutliche Ver - zisten verhaltensauffällige Fans ken - besserungen gegeben. nen und die Fans „ihre“ Polizisten. Cyber-Mobbing. Die Formen der Gewalt unter Jugendlichen haben sich Drogenhandel. Mitte der 1990er- Bei Straftaten wurde konsequent, im Laufe der Zeit verändert. So Jahre wurde nicht nur die Jugendkrimi - aber menschlich eingeschritten. Viele kommt es heute weniger oft zu Raufe - nalität ein Thema in Favoriten, sondern der jugendlichen Fußballfans waren reien auf offener Straße, dafür hat der auch der Drogenhandel. „Der 10. Be - auch in Favoriten beheimatet, wodurch psychische Druck zugenommen, der zirk war das Suchtgift-Zentrum von es Überschneidungen der Bereiche zunehmend über soziale Medien aus - Wien. Sogar aus Niederösterreich, dem Fußballszene, Suchtgift und Jugend - geübt wird. Durch Cyber-Mobbing Burgenland und der Steiermark sind banden gab. Das Projekt „Fußballkon - werden Außenseiter auch außerhalb Süchtige ‘zum Einkaufen’ hier herge - taktbeamte“ war österreichweit einzig - der Schule drangsaliert. kommen“, erinnert sich Wlaschitz. Vie - artig und wurde zum „Szenekundigen Nicht nur die Jugendlichen kommu - le schwarzafrikanische Suchtgifthänd - Dienst“ weiterentwickelt. Mittlerweile nizieren über Plattformen wie Face - ler hatten ihre Zimmer in den Asylun - herrscht zwischen Fanclub und Polizei book oder WhatsApp. Auch die Polizei terkünften in Favoriten. In mehrjähri - eine gewisse gegenseitige Akzeptanz. nutzt die sozialen Medien für Recher - ger intensiver Zusammenarbeit mit Angesichts der Fülle an Problem - chen. „Früher hat es zum Teil 15 bis 20 dem Landeskriminalamt und durch stellungen, mit denen die Polizei im 10. Raubüberfälle bei einer Schule gege - verstärkte Streifen konnte die offene Bezirk konfrontiert ist, hegt Wlaschitz ben, bis wir herausgefunden haben, Suchtgiftszene aus Favoriten gedrängt einen – in naher Zukunft wohl uner - wer die Täter waren. Jetzt können wir werden. „Jetzt wohnen unverändert füllt bleibenden – Wunsch: „In Favori - schon früher etwas erkennen“, berich - mehr als zehn Prozent der Suchtgiftab - ten haben wir mehr als zehn Prozent tet Wlaschitz. Auch die Tatsache, dass hängigen Wiens in Favoriten. Es gibt der Einwohner Wiens und durch - sich Jugendliche die Treffpunkte für ih - aber keine öffentlichen Plätze mit in - schnittlich mehr als zehn Prozent der e b l

E re – nicht immer legalen – Aktivitäten tensivem Handel mehr“, schildert Wla - strafrechtlichen Delikte und Einsätze. d r a h spontan über Smartphone ausmachen, schitz die derzeitige Situation. Also hätten wir gern auch mehr als n r e B

: erfordert eine veränderte Vorgehens - Für einen anderen „Dauerbrenner“ zehn Prozent der Wiener Polizisten.“ s o t o weise der Polizei. sorgt das in Favoriten beheimatete Rosemarie Pexa F

POLIZEI Jänner – März 2019 39 MITARBEITERBETREUUNG

Hilfe zur Selbsthilfe Die Mitarbeiterbetreuung der Landespolizeidirektion bietet Kolleginnen und Kollegen der Exekutive und der Verwaltung Unterstützung bei beruflichen und privaten Problemen.

ei jedem Menschen gibt es im port kommen auch Schäffer und ihre Leben Phasen, in denen er es Kolleginnen von der Miterbeiterbe - schwerer hat“, erklärt OR treuung aus dem Polizeidienst. Sie ver - B Mag. Dr. Angelika Schäffer, fügen somit über das nötige interne Leiterin der Mitarbeiterbe - Wissen, um berufstypische Herausfor - treuung der Landespolizeidirektion derungen und Probleme zu verstehen, Wien. „Die Ursachen können familiäre haben aber zusätzliche Qualifikationen Schwierigkeiten, berufliche Verände - für ihre Beratungstätigkeit erworben. rungen oder traumatische Ereignisse Schäffer ist Klinische-, Gesundheits- sein, mit denen man fertig werden und Notfallpsychologin und absolviert muss. Da reichen die eigenen Ressour - derzeit den Master-Lehrgang in Klini - cen kurzzeitig nicht aus, um eine Nor - Angelika Schäffer: „Eine Trauma - scher Psychologie. Michaela Grünwald malisierung zu erzielen.“ Angelika tisierung ist eine normale Reaktion ist Psychotherapeutin in Ausbildung Schäffer betreut mit ihrem Team Per - auf ein abnormales Ereignis.“ unter Supervision, Amtsdirektorin Cla - sonen, die Probleme in der Regel rissa Valda ist diplomierte Lebens- und selbst bewältigen können und nur in tenen „Peer-Support“ liegt im Auslöser Sozialberaterin. Unterstützt werden sie einer bestimmten Situation Unterstüt - der Krise: Die „Peers“ des BMI sind in von Assistentin Amtsdirektorin Isabel - zung brauchen. Akutfällen nach belastenden Amts - la Krische. handlungen zur Stelle, während die Es geht um Hilfe zur Selbsthilfe, be - Mitarbeiterbetreuerinnen die richtigen Niederschwelliges Angebot. Schäf - vor sich so viel aufgestaut hat, dass der Ansprechpartner sind, wenn der fer ist nicht nur Leiterin der Mitarbei - Betroffene in ein Burn-out-Syndrom Grund für die aktuelle Krise schon län - terbetreuung, sondern gehört auch schlittert, innerlich kündigt oder eine ger zurückliegt oder dieser nicht (nur) dem Peer-Support-Team an. Ihre Kar - Therapie durch einen Psychologen im beruflichen Umfeld zu finden ist. riere bei der Polizei begann 1993. Ab r

bzw. Psychiater nötig wird. Therapie ist Mitarbeiterbetreuung und Peer-Sup - 1999 war sie Ausbildnerin in der Poli - e b o h

die Beratung nämlich keine, auf diese port kooperieren und weisen einander zeischule und studierte berufsbeglei - c S

l r Abgrenzung legt Schäffer Wert. Der gegebenenfalls auch Fälle zu. tend Psychologie. Danach folgten a K

: o t

Unterschied zu dem vom BMI angebo - Wie die Mitarbeiter vom Peer Sup - Tätigkeiten in der Sicherheitsakade - o F

40 Landespolizeidirektion Wien MITARBEITERBETREUUNG

Erstgespräche dauern meist ein bis eineinhalb Stunden. Meist reichen drei bis fünf Treffen bis zur Stabilität aus.

mie, im Bundesamt zur Korruptions - heben. Die Gründe für die angestrebte Bei Konflikten in einer Dienststelle ist prävention und Korruptionsbekämp - Versetzung sind vielfältig und reichen es die Aufgabe der Mitarbeiterbetreu - fung, beim Weißen Ring und als selbst - vom Wunsch nach persönlicher Weiter - ung, die Mediation zu übernehmen. ständige Beraterin für Firmen und Or - entwicklung über zwischenmenschliche Das kann in Form von Gruppen- oder ganisationen. Die Mitarbeiterbetreu - Probleme bis hin zu klassischem Mob - von Einzelgesprächen erfolgen. ung, die sie im November 2018 über - bing. Die Mitarbeiterbetreuung nimmt nommen hat, liegt ihr besonders am dann Kontakt mit der Personalabtei - „Dauerbrenner“ bei den Beratungs - Herzen, da es mit dieser ein umfassen - lung auf, um gemeinsam eine optimale gesprächen sind im beruflichen Kon - des niederschwelliges Angebot gibt. Lösung zu suchen. „Es hängt natürlich text Schwierigkeiten mit Kollegen oder davon ab, welche Stellen frei sind – Vorgesetzten, Rückkehr an den Ar - Stress- und Motivationskrisen. An aber der Polizeiberuf ist vielseitig, da beitsplatz nach längerer Krankheit Schäffer und ihre Kolleginnen können gibt es viele Veränderungsmöglichkei - oder Karenz, bevorstehende Pensio - sich Mitarbeiter des Exekutiv- und des ten“, sagt Schäffer. nierung und Überlastung bis hin zum Verwaltungsdienstes wenden, wenn sie Burn-out. Besonders ältere Kollegin - Unterstützung bei der Bewältigung von Mediation. In manchen Fällen wen - nen und Kollegen empfinden den Problemen, in Stress-Situationen, bei det sich auch eine Organisationsein - Schichtdienst mit unregelmäßigem Motivationskrisen oder beim Wunsch heit, eine Führungskraft oder die Per - Schlaf und Essen belastend oder stre - nach beruflicher Veränderung brau - chen. Der Großteil der Ratsuchenden Besonders ältere Kolleginnen und Kollegen empfinden meldet sich selbst telefonisch oder – den Schichtdienst mit unregelmäßigem Schlaf und Essen belastend. seltener – per E-Mail bei der Mitarbei - terbetreuung, um einen Beratungster - sonalabteilung an Schäffer und ihre ben eine Stundenreduzierung an, was min zu vereinbaren. Anony mität und Kolleginnen. Dann besteht Berichter - aber Gehaltseinbußen bedeutet. Vertraulichkeit der Gespräche sind stattungspflicht, was man den betroffe - Für die Entscheidung, welche Ver - r

e selbstverständlich garantiert. nen Mitarbeitern auch mitteilt. Unter - änderung zielführend ist, werden beide b o h c Wenn jemand zu einer anderen stützung wird etwa im Rahmen eines Seiten betrachtet: Was ist am jeweili - S l r a

K Dienststelle wechseln möchte, kann er Pensionierungsverfahrens bzw. nach gen Arbeitsplatz möglich bzw. welche

: o t o die Betreuerin der Vertraulichkeit ent - längerem Krankenstand angefordert. andere Stelle wäre geeignet? Wie kann F

POLIZEI Jänner – März 2019 41 MITARBEITERBETREUUNG

man den Wünschen des Betroffenen an „Zum ,Vogerldoktor’ zu gehen wird besten entsprechen und seine Situati - stigmatisiert, psychologische Unter - on, auch finanziell, berücksichtigen? stützung ist noch nicht bei allen positiv Das Ergebnis kann dann durchaus eine besetzt“, bedauert Schäffer. Gerade „kreative“ Lösung sein, etwa bei einem Polizisten, deren Selbst- und Fremdbild längeren Anfahrtsweg tageweise Tele - von Stärke geprägt ist, scheuen sich oft arbeit, bei der man Berichte und Pro - nach wie vor, bei psychischen Proble - tokolle zu Hause schreibt, statt die men professionelle Hilfe zu suchen. Stundenanzahl zu reduzieren. Die Akzeptanz nimmt allerdings zu, Angelika Schäffer: „Manche funktio - das hat Schäffer auch bei der Mitarbei - Traumatische Ereignisse. Mitunter nieren einfach weiter. Aber irgend - terbetreuung festgestellt. Wer den ers - sind es auch traumatische Ereignisse, wann folgt der Zusammenbruch.“ ten Schritt zur Kontaktaufnahme ge - die Betroffene veranlassen, sich Unter - wagt hat, kann sich aussuchen, ob er in stützung zu holen. Zur Betreuung nach wegen eines aktuellen Ereignisses an die Beratungsstelle in Simmering kom - besonders belastenden Amtshandlun - die Beraterinnen, dann kommen noch men oder sich etwa in einem Kaffee - gen – etwa bei Waffengebrauch oder weitere Probleme ans Tageslicht. haus oder zu einem gemeinsamen Spa - wenn man selbst bzw. ein Kollege ver - ziergang im Park treffen möchte. Das letzt worden ist – steht der Peer-Sup - Viele „Kleinigkeiten“. Im Privatle - Erstgespräch dauert meist eine Stunde port zu Verfügung. Allerdings bemerkt ben sind es oft Trennungen, Todesfälle, bis eineinhalb Stunden, dann wird ver - nicht jeder gleich, wie nahe ihm das aber auch länger andauernde Konflikte einbart, ob weitere Treffen gewünscht Erlebte tatsächlich geht. „Manche in der Familie oder finanzielle Engpäs - sind. In der Regel reichen drei bis fünf funktionieren einfach weiter. Aber ir - se, die den Betroffenen auf der Seele Kontakte aus, um eine Stabilisierung gendwann folgt dann der innerliche liegen. Oft sind gar keine besonders zu erzielen. Zusammenbruch, oft in Ruhephasen schwerwiegenden Dinge passiert, son - wie im Urlaub“, erklärt Schäffer. dern „nur“ viele kleinere Ärgernisse, Nicht allein. „Wichtig ist, dem Be - Zu den Risikofaktoren zählen die Kränkungen und Sorgen zusammenge - troffenen das Gefühl zu vermitteln, Schwere einer Tat und der persönliche kommen. „Entscheidend ist die Sum - dass er mit seinem Problem nicht allein Bezug. Betroffen macht es auch, wenn me der Erlebnisse, beruflich und pri - ist und ernst genommen wird. Eine Kinder oder Jugendliche Opfer eines vat. Wenn etwa die Stütze durch den Traumatisierung stellt eine normale Verbrechens bzw. Unfalls geworden Ehepartner wegfällt oder es gesund - Reaktion auf ein abnormales Ereignis sind – insbesondere dann, wenn man heitliche Probleme gibt, braucht es oft dar“, erklärt Schäffer. Manche Ratsu - selbst Nachwuchs im gleichen Alter eine kurze Intervention“, sagt Schäffer. chende haben Angst, verrückt zu wer - hat. „Ein Jugendlicher wird bei einem Je früher diese stattfindet, desto den, weil sie das Erlebte immer wieder Verkehrsunfall getötet. Sein Handy besser. Bei akuten Problemen holen vor ihrem geistigen Auge sehen oder in läutet – und auf dem Display steht sich die Betroffenen meist relativ rasch der Nacht hochschrecken und von ,Mama’“, schildert Schäffer einen hy - Unterstützung. In allen anderen Fällen quälenden Erinnerungen heimgesucht pothetischen, extrem belastenden Fall, wird häufig zuerst versucht, mit eige - werden. da man ohne Vorbereitung nicht nur nen Ressourcen eine Lösung zu finden. Eine Unterstützung in derart belas - mit dem Tod eines jungen Menschen, „Viele haben eine lange Leidensge - tenden Situationen ist nicht nur für sondern auch mit den Emotionen einer schichte hinter sich, bevor sie bei uns den Betroffenen selbst wichtig, son - Angehörigen konfrontiert ist. anrufen. Auch Selbstmedikation mit dern auch für die gesamte Organisati - Wie gut jemand mit einer derarti - Alkohol oder Medikamenten kommt on von Nutzen. So können längere gen Situation fertig wird, hängt auch vor“, berichtet Schäffer. Handelt es Krankenstände oder Frühpensionie - von der subjektiven Bewertung ab. sich bereits um ein klinisches Störungs - rungen oft abgewendet werden. „Der Nicht jeder potenziell traumatische bild, dann stellen die Beraterinnen auf Bedarf ist erkannt worden“, so Schäf - Einsatz ist Auslöser für ein Störungs - Wunsch den Kontakt zu einem Arzt fer, „unser Personal wird aufgestockt bild. Mitunter liegt eine – oft unbe - oder Therapeuten her. werden, das Angebot ausgeweitet.“ merkt gebliebene – Traumatisierung Nimmt jemand einen Kassenthera - Geplant sind etwa weitere gesund - aufgrund eines länger zurückliegenden peuten oder -psychologen in Anspruch, heitsfördernde Maßnahmen. r

Ereignisses vor, und ein wesentlich we - kann er einen Zuschuss von der BVA e b o h

niger gravierender Vorfall führt dazu, beantragen. Nachdem dadurch die Kontakt: Mitarbeiterbetreuung der c S

l r dass alte Verletzungen wieder aufbre - Anonymität wegfällt, verzichten aber LPD Wien, 1110 Wien, Simmeringer a K

: o t chen. Manchmal wendet sich jemand manche auf die finanzielle Beihilfe. Hauptstraße 164, Tel. 0131310/71987 o F

42 Landespolizeidirektion Wien SERIE: WIENS BERÜHMTE KRIMINALISTEN (5)

Rudolf Schneider & die „Wiener Folie“ Rudolf Schneider, Polizeiagent im Erkennungsamt der Wiener Polizei, revolutionierte 1909 mit einer von ihm erfundenen Folie das genaue Sichern und Abnehmen von Fingerabdruckspuren an Tatorten.

ie Daktyloskopie, das Erfas - Bilder für das 1899 eröffnete Polizei - sen der Fingerkuppenab - museum. drucke und Abdruckspuren D zur Aufklärung von Strafta - „Schneidersche Folie“. Die Siche - ten, revolutionierte Ende des rung von Fingerabdrücken an Tatorten 19. Jahrhunderts die Kriminalistik. war mühevoll, die Fotokameras waren 1903 wurde die Daktyloskopie nach schwer, die Spurensicherung auf Glas - dem System Galton-Henry auch in flächen, an exponierten Stellen oder Österreich eingeführt. bei schlechtem Licht war schwierig. Ein großes Problem war damals das Wurden etwa an einem Fenster Spuren genaue Sichern und Abnehmen von gefunden, musste meist der Fensterflü - Fingerabdruckspuren an Tatorten. Ein gel ins Labor gebracht werden. Polizeiagent des Erkennungsamts der Rudolf Schneider dachte über Me - Wiener Polizei leistete in diesem Be - thoden zur besseren Sicherung von reich Pionierarbeit: Rudolf Schneider, Fingerabdruckspuren nach. Er ent - 1873 in Wien geboren, arbeitete als Fo - wickelte 1909 eine „Folie zur Abnahme tograf beim Militärkomitee und später und Fixierung von Fingerabdruckspu - als Retuscheur in einer Wiener Kunst - ren“. Die Abdruckspur wurde hell ein - anstalt. gestäubt und darüber die dunkle, leicht klebende Folie gepresst. Die Folie wur - Zunächst in der Körpervermes - Kriminalist Rudolf Schneider: de vorsichtig abgezogen und die darauf sung. Im Jahr 1900 trat er in das Er - Erfinder der „Wiener Folie“. abgezeichneten hellen Papillarlinien kennungsamt der Wiener Polizei ein, des Spurenverursachers wurden im La - wo er zunächst in der Körpervermes - nungsamtes aus. Unter anderem kon - bor fotografiert und vergrößert. r e z t sung tätig war. Nach der Einführung struierte er eine Kamera, um Aufnah - Schneider ließ das Verfahren 1911 i b a S

der Daktyloskopie beschäftigte er sich men von Häftlingen zu machen, ohne patentieren und gab eine „Anleitung r e n r mit der Spurensicherung und baute die dass diese es merkten. Sein Hobby war zur Fixierung von Fingerabdruckspu - e W

: o t

fotografische Abteilung des Erken - die Malerei, er malte unter anderem ren auf dem Tatorte nach einem neuen o F

44 Landespolizeidirektion Wien SERIE: WIENS BERÜHMTE KRIMINALISTEN (5)

Bild aus der Anleitung zur Schneider-Folie (1911).

Verfahren“ heraus. Darin erläuterte er es statt weißes Pulver. Rudolf Schnei - der half beim Aufbau mit. Eugenies die neue Technik: „Die Abdruckspur der wurde Leiter der fotografischen Sohn Walter Vogel und seine Frau Her - wird wie bisher durch Einstauben Abteilung des Erkennungsamtes, trat mine führten das Geschäft ab 1957 sichtbar gemacht und 1923 in den Ruhestand weiter. Polizeiorganisationen in mehr dann mittels einer zum und widmete sich der als 60 Ländern der Welt zählten da - Schneider ließ das Patente angemeldeten Herstellung und dem mals zu den Kunden von „Folien-Vo - Folie von dem Objekte, Verfahren 1911 Vertrieb der „Schneider- gel“. Walter Vogel entwickelte eine auf dem sich die Spur be - Folie“, die bis 1938 in 40 Fuß- und Staubspurenfolie und eine patentieren findet, abgehoben. Die - Staaten der Welt gelie - Jodspurenfolie und war als Filmema - ses Abheben geschieht in fert wurde. Er verkaufte cher tätig. . einer Weise, dass die Folie nach Ab - auch andere Materialien für kriminali - nahme der darauf befindlichen Schutz - stische Zwecke. Tod nach sechs Schlaganfällen. Fo - platte auf die Stelle, wo sich die einge - lienerfinder Rudolf Schneider, 1917 staubte Abdruckspur befindet, leicht „Folien-Vogel“ ab 1947. Nach Ende von Kaiser Karl mit dem „Kriegskreuz aufgedrückt wird, wodurch sich diese des Zweiten Weltkriegs musste Rudolf für Zivilverdienste“ ausgezeichnet, vom Objekt auf die Folie überträgt. Schneider das Geschäft einstellen, weil starb nach sechs Schlaganfällen im Jahr Die mit der Abdruckspur versehene die Werkstätte ausgeplündert worden 1951. Folie wird sohin vom Gegenstande ab - war. Seine Tochter Eugenie Vogel, die Der „Folien-Vogel“ ist heute noch gezogen, wieder mit der Schutzplatte einen aus Bayern stammenden ein Familienbetrieb. Er wird vom Ur - bedeckt, und es kann nunmehr die auf dieser Folie fixierte Abdruckspur in ei - nem beliebigen späteren Zeitpunkte Mit der biegsamen „Schneiderschen Folie“ konnten Spuren photographisch aufgenommen wer - auch von unebenen Flächen gesichert werden. den.“ Mit der biegsamen „Schneider - schen Folie“ konnten Spuren auch von Opernsänger heiratete, nahm 1947 den enkel Schneiders, Walter Diego Vogel, unebenen Flächen gesichert werden. Betrieb unter dem Namen „Folien-Vo - in der Columbusgasse in Wien-Favori - r e z t i Ab 1915 stellte Schneider eine gel“ wieder auf. Innenminister Oskar ten geführt. Er produziert neben vielen b a S r

e Transparentfolie her, mit der er seiten - Helmer organisierte eine Betriebsstät - anderen Artikeln noch die Original - n r e

W richtige Spurenbilder erhielt. Er ver - te in der Landstraßer Hauptstraße, wo folie – Rudolf Schneiders „Wiener Fo -

: o t o wendete nun zum Einstauben schwarz - die Firma bis 1965 war. Rudolf Schnei - lie“. Werner Sabitzer F

POLIZEI Jänner – März 2019 47 BÜCHER

SACHBUCH KRIMI ÜBERZEUGEND NACHKRIEGSZEIT

Wenn Dresden zwei Per - (DDR), sonen mit - 1951: einander Ober - „kommu - kommis - nizieren“, sar Max bedeutet Heller r e u e das noch r erhält B

s i r o

lange nicht, dass der eine B den Auftrag, das

: d l i den anderen versteht und B Ableben zweier schon gar nicht, dass der ei - Julia Shaw: Ein „anderes“ Buch über das Böse. Angehörige der ne die Meinung des anderen SACHBUCH Sekte „Zeugen Je - übernimmt. Überzeugungs - hovas“ aufzu - kommunikation gilt als ho - DIE ABGRÜNDE IN UNS klären. Die beiden he Kunst. Simon Lancaster Männer sind in Haft beherrscht diese Kunst. Er Wer ein neues Buch über Täterprofiling er - ums Leben gekom - beschäftigt sich seit vielen wartet, liegt falsch, denn die Wissenschaftle - men. Sie waren unter Jahren damit, wie Kommu - rin Julia Shaw hat einen anderen Zugang. Sie Verdacht gestanden, nikation überzeugend sein hat ihr Buch „Böse – die Psychologie unserer für den Westen Spio - kann. Er hat sich mit der Abgründe“ erfrischend anders angelegt als viele vor ihr, die nage betrieben zu ha - Kombination aus körperli - sich mit dem Bösen im Menschen beschäftigt haben. In ben. cher, verbaler und sprachli - ihrem Buch schreibt sie, sie habe eine „Abneigung gegen Ty - Daneben hat Heller pri - cher Kommunikation aus - pologien“, bei denen Mörder nach ihren „Machtgelüsten“ vate Sorgen: Kurz nachdem einandergesetzt. Er be - oder nach den Umständen klassifiziert werden, wie sie einen er, seine Frau Karin und ihre schreibt in seinem Buch bei - Tatort hinterlassen haben. Shaw setzt sich mit Typologien Pflegetochter Anni aus dem spielsweise, wie Metaphern auseinander, die auf wissenschaftliche Weise erforscht wur - Sommerurlaub zurückge - wirken, wie Körpersprache den, etwa jene von Albert Roberts, der Tötungsdelikte nach kehrt waren, hat Hellers wirkt und wie die emotiona - den Motiven der Mörder klassifiziert, nach Umweltfaktoren, Frau überraschend eine Rei - len und rationalen Anteile Demografie und nach zwischenmenschlicher Dynamik. seerlaubnis nach Köln in von Kommunikationsinhal - Shaw erläutert Studien, in denen erforscht wurde, worin Westdeutschland erhalten. ten zusammenspielen. sich „normale“ Menschen von jenen unterscheiden, die ei - Ihr Sohn lebt dort seit Simon Lancaster begann nen Mord begangen haben. Sie kommt zu dem Schluss, dass Kriegsende. Sie hat ihn in Ende der 1990er-Jahre da - das Gehirn eines Massenmörders – etwa jenes von Adolf den letzten sechs Jahren mit, Reden für Kabinetts - Hitler – wahrscheinlich nicht viel anders ausgesehen hätte nicht mehr gesehen und mitglieder des damaligen als jenes eines sozial Unauffälligen. Auch die „dunkle Tria - nützt die Reiseerlaubnis, oh - britischen Premierministers de“ (Psychopathie, Narzissmus und Machiavellismus, die in ne zu zögern. Jetzt hat Heller Tony Blair zu schreiben. den letzten Jahren um den Sadismus zur „dunklen Tetrade“ Zweifel, ob seine Frau jemals Heute berät er Geschäfts - erweitert wurde) umfasst Eigenschaften, die nicht nur auf wieder nach Ostdeutschland führer weltweiter Konzerne, Menschen zutreffen, die wegen eines Mordes im Gefängnis zurückkehren wird. wie Unilever oder Interconti - sitzen, sondern auch auf Wissenschaftler und Firmenbosse. Es kommt zu weiteren nental Hotels und er ist Julia Shaw ist in Köln geboren, in Kanada aufgewachsen mysteriösen Todesfällen. Lehrbeauftragter an ver - und forscht am University College in London. Ihre Hauptge - Hellers Assistent Olden - schiedenen Institutionen. biete sind neben der Rechtspsychologie die Erinnerungen busch verschwindet, und es Simon Lancaster: „Win - des Menschen – etwa als Zeugen – und künstliche Intelli - scheint, als sei eine Ver - ning Minds – Die Geheim - genz. Sie berät unter anderem die Polizei in deutsch- und schwörung im Gange. nisse überzeugender Kom - englischsprachigen Ländern. Frank Goldammer: „Ro - munikation“, Springer-Ver - Julia Shaw: „Böse – die Psychologie unserer Abgründe“, ter Rabe“, Deutscher Ta - lags GmbH, Berlin, 2018; Carl Hanser Verlag, München, 2018; www.hanser-literaturver - schenbuch Verlag Premium, www.springer.com lage.de München, 2019 www.dtv.de

POLIZEI Jänner – März 2019 49 SCHLUSSLICHT

STILBLÜTEN SCHLUSSLICHT ZITATE

„Anrufer gibt sich als fal - „Der große Verbrecher ist scher Kripo-Beamter aus“ auch ein ganz großer Psy - Westfälische Nachrichten chologe.“ Gerichtspsychiater „Niederösterreichs Klein - Reinhard Haller wasserkraftwerke sitzen auf dem Trockenen“ „Jeder Mensch kann tö - Wirtschaftspressedienst ten. Und er wird es tun, kommt er nur an eine ganz „Rauch hält Rettungskräf - bestimmte Grenze.“ te gleich mehrfach in Atem“ Veikko Bartel, Strafverteidi - saarbrücker-zeitung.de ger und Sachbuchautor („Mörderinnen“) „Tiefgarage ist wieder Erster Revolver der Wiener Sicherheitswache (1884). aufgetaucht“ „Das klassische Wiener Elmshorner Nachrichten DER ERSTE SICHERHEITSWACHE-REVOLVER Schnitzel darf nach her - kömmlichen Kochbüchern „Einbrecher verschaffen Nach der Gründung der k. k. Sicherheitswache 1869 gingen und nach der üblichen Ver - sich Zutritt zu den eigenen die Polizisten in Wien mit einem Säbel bewaffnet auf Streife. brauchererwartung nur vier Wänden“ Gewehre wurden nur in der Nacht und bei Streifen in gefährli - noch aus Kalbfleisch zube - Cuxhavener Nachrichten chen Gegenden mitgeführt. 1883/84 verübten Anarchisten im reitet werden.“ Großraum Wien Raubmorde und erschossen zwei Polizeiagen - Aus einem amtlichen An indischen Flughäfen ten. Aus diesem Grund erhielt die Wiener Polizei 500 Revolver. Schreiben des Innenministeri - erhielten Polizisten die An - In der sechsschüssigen Waffe der Marke Gasser mit dem Kaliber ums an die Ämter der Landes - weisung, nicht mehr freund - 9 mm war auf dem Rahmenrücken die Beschriftung „K. K. Si - regierung und an die Wirt - lich zu lächeln – um Terroris - cherheitswache Revolver“ eingraviert. Bei der Grazer Sicher - schaftspolizei im Jahr 1970 ten abzuschrecken.“ heitswache wurde der Gasser-Revolver ebenfalls als Dienstwaf - Heute fe verwendet. In dieser Waffe war auf der Rahmenbrücke die „Vor Beginn des Unter - Bezeichnung „Grazer Sicherheitswache“ eingraviert. Bald darauf richts haben sich die Schüler, „Wasser-Ski-Show fällt wurden auch Geldbriefträger der Post, Justizwachebedienstete reinlich und anständig ge - wegen Trockenheit ins Was - und andere Behördenmitarbeiter mit dem Gasser-Revolver aus - kleidet, in der Schule einzu - ser“ gestattet und statt „K. K. Sicherheitswache Revolver“ stand auf finden und in angemessener Konstanzer Anzeiger dem Rahmenrücken „K. K. Post- und Polizeirevolver“. Unter die - Ruhe den Beginn des Unter - ser Bezeichnung war die Faustfeuerwaffe auch im privaten Waf - richts abzuwarten.“ „Rege Vereinsaktivitäten fenhandel erhältlich. Der „K.K. Sicherheitswache Revolver“ wur - § 11 der bis in die 1970er- sorgen für Nachwuchs“ de 1912 von der modernen Steyr-Repetierpistole, Modell 1909, Jahre gültigen Österrei - Wiesbadener Kurier Kaliber 7,65 mm Browning, ersetzt. W. S. chischen Schulordnung 1945

IMPRESSUM Herausgeber: Landespolizeidirektion Wien, 1010 Wien, Schottenring 7-9, vertreten durch Dr. Gerhard Pürstl, Mag. Franz Eig - ner, Dr. Michael Lepuschitz, MA. Herausgebervertreter: Gerald Baran, BA, Rudolf Haas, BA, Wolfgang Krammer, MA, Werner Matjazic, MA, Mag. Manfred Rein thaler, MA, Mag. Klaus Schachner, MA, Dr. Thomas Schindler, Xenia Zauner, MA. Chefredakteur: Dr. Gerhard Brenner. Re - daktionsanschrift: 1010 Wien, Schottenring 7-9, Tel. (01) 31 310-76002, [email protected] . Redak tion: Prof. Ferdinand Germadnik, MSc, Maria Rennhofer-Elbe, BA, Werner Sabitzer, MSc, Mag. Rosemarie Pexa, Anna Strohdorfer, MA. Weitere Autoren: Friedrich Kovar, BA, Rudolf Prokschi. Bilder: Bernhard Elbe, Prof. Ferdinand Germadnik, MSc, Werner Sabitzer, MSc, Karl Schober. Medieninhaber (Verleger) und Hersteller: Wilhelm Bzoch GmbH., Wiener Straße 20, 2104 Spillern, Tel. (02246) 4634, Fax (02246) 4634-690, E-Mail: prepress@bzoch-me - dien.at. Anzeigenleitung: Johann Köchelhuber, Tel. (0664) 462 71 34. Herstellungsort und Verlagspostamt: Spillern. Offenlegung: (gem. § 25 Mediengesetz) Gesellschafter der Wilhelm Bzoch GmbH: Ing. Nikolaus Fidler (25 %), Helene Grünstäudl (25 %), Dr. Gabriela Fidler- Strake (50 %). Grundlegende Richtung: Informationsmedium für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landespolizeidirektion Wien und r e z t i

die am Thema Sicherheit interessierten Bürger. Kommentare und namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die persönliche Meinung b a S

r des Verfassers wieder. Um einen ungestörten Lesefluss zu erhalten, wird grundsätzlich die männliche Form verwendet und damit auch e n r e W

weibliche Bedeutungen mit umfasst. Der Nachdruck von Inseraten ist nicht gestattet; der vollständige oder teilweise Nachdruck von re - : o t o

daktionellen Beiträgen nur mit Zustimmung der Redaktion. F

50 Landespolizeidirektion Wien