ISSN 2219–2417 | 8 € [] enkma i l Nr. 18 / September-Dezember 2014 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz Schwieriges Erbe NS-Architektur

Editorial bauliche Zeichen zu setzen, an denen der Umdeutung in Mahnmale. Wie ein „Hitler liebte zu erklären, dass er dafür bis heute der kalte, martiali- angemessener Umgang konkret aus- baue, um seine Zeit und ihren Geist sche Geist der Epoche erfahrbar wird. sieht, darauf gibt es wohl keine ein- der Nachwelt zu überliefern, denn Der Denkmalschutz hat sich klar deutige Antwort. Ob allerdings Um- letztlich würden an die großen Epo- dafür ausgesprochen, die charakte- bauten und Aufstockungen, wie aktu- chen der Geschichte doch nur deren ristischen Gebäude der Zeit zu erhal- ell am vielleicht wichtigsten NS- Monumente erinnern“, berichtet Al- ten, auch wenn der zitierte Anspruch Denkmal Österreichs, den Brücken- bert Speer in seinen „Erinnerungen“. Hitlers damit scheinbar bestätigt kopfgebäuden am Linzer Hauptplatz, Dieser extrem überhöhte Anspruch wird. Klar ist allen Beteiligten aber geplant, der Sache dienlich sind, oder haftet den baulichen Zeugen des auch, dass es mit der Erhaltung allein ob der Entstehungskontext dadurch Dritten Reiches bis heute an, auch nicht getan ist, diese Gebäude bedür- nicht vielmehr verwässert statt ge- wenn es dem Regime zum Glück nur fen mehr als alle anderen histori- schärft wird, ist die Frage. an wenigen Stellen gelang, städte- schen Stätten der Erklärung, vielfach (weiter auf Seite 2)

Die Initiative Denkmalschutz ist ein unabhängiger Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter in Österreich www.initiative-denkmalschutz.at – Fuchsthallergasse 11/5, 1090 Wien – Telefon: +43 (0)6991024 4216 – eMail: [email protected] enkma[] i l Impressum (Forts. von S. 1) An anderer Stelle sein, trotzdem sprechen sie eine arbeiten die Zeit und aktuelle Bau- eindrückliche Sprache und erin- vorhaben gegen die noch bestehen- nern authentisch an die Zeit von den Spuren der Zeit. Oftmals an Krieg, Verfolgung, Zwangsarbeit entlegener Stelle gelegene und in und Mord. Auch sie gilt es zu er- detektivischer Arbeit aufzuspürende halten und zu dokumentieren. Medieninhaber und Herausgeber: Relikte – Mauerreste, Fundamente, Verein Initiative Denkmalschutz Mag. Wolfgang Burghart Betonpisten, unterirdische Anlagen (ZVR-Zl. 049832110), Fuchsthallerg. 11/5, Chefredakteur von „Denkma[i]l“ – mögen oft nicht denkmalwürdig 1090 Wien, Österreich e-Mail: [email protected] http://www.initiative-denkmalschutz.at Inhalt Mobil: +43 (0)699 1024 4216 Tel./Fax: +43 (0)1 310 22 94 Seite 1 Wolfgang Burghart: Editorial - Was blieb von der NS-Architektur? Chefredakteur: Mag. Wolfgang Burghart Seite 3 Paul Mahringer: Schwieriges Erbe - Denkmalschutz und Bauten der Chef vom Dienst: Dr. Gerhard Hertenberger NS-Zeit Redaktion: Markus Landerer, Claus Süss Seite 5 Gerhard Hertenberger: Gedanken zum Umgang mit dem baulichen Layout: Ing. Viktor Zdrachal / www.bildig.at Erbe von Österreichs „brauner Vergangenheit“ Nachdruck nur mit Genehmigung der Auto- ren. Redaktionsschluss: 31. Dezember 2014 Seite 8 Robert Vorberg: Die KZ-Gedenkstätte Mauthausen - Aspekte des Mitgliedsbeitrag: € 33 / € 29* (bei Zusen- Denkmalschutzes dung von Druckwerken als PDF per e-Mail Seite 10 Valentin Weber-Wille: Flaktürme – stumme Zeugen der Geschichte? ermäßigt: € 28 / € 24*), Förderer € 250 *Frühzahler; gilt bei Einzahlung innerhalb der Seite 12 Gerhard Hertenberger: Das Innenleben der ungenutzten Wiener ersten sechs Kalenderwochen sowie bei Neu- Flaktürme eintritt in den Verein. Seite 14 Gerhard Hertenberger: Die Getreidespeicher beim Alberner Hafen Bankverbindung: BIC: GIBAATWWXXX, IBAN: AT86 20111 289 387 625 00 Seite 16 Ute Georgeacopol: Die „E. H. W. – Schweinemastanstalt Grundlegende Richtung: Information der Vereins- in Wien-Hetzendorf“ mitglieder über Aktivitäten des Vereins und Proble- matiken im Bereich des Denkmalschutzes in Öster- Seite 18 Gunther Spath: Die Khevenhüllerkaserne in Klagenfurt Lendorf – reich. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben Denkmalschutz unter besonderen Voraussetzungen die Meinung der Autoren wieder und stimmen nicht unbedingt mit jener der Redaktion überein. Seite 19 Norbert Mayr: Der Pflanz mit der Panzerhalle in Seite 23 Gerd Seidl: Salzburger Autobahnbrücken Bildnachweis (Abb.): Archiv BM Landstraße: 57-58; Archiv U. Georgeacopol: 30; Archiv KZ- Seite 24 Friedrich Bouvier: Die Metamorphose der Halle 11 in Graz Gedenkstätte Mauthausen/Luftbilddatenbank Dr. Carls: 12; Fotoarchiv der KZ-Gedenkstätte Maut- Seite 26 Gerhard Hertenberger: Gedenkkultur an Orten der NS-Rüstungs- hausen: 13; Planarchiv der MA19, Wiener Rat- industrie haus, Konsensplankopie (1965): 67; Archiv VE- DEVO, Christopher Timmermann: 48; Thomas Seite 30 : Was tun mit dem "Hitler-Haus"? Baar: 74-77; bloomimages für IBA Hamburg GmbH: 19; Friedrich Bouvier: 41-44; Burghaupt- Seite 32 Timo Nüßlein: Die späte Stadt – Zum Umgang mit NS-Architektur mannschaft Wien: 20; Erik Famler OOE Nachrich- in München ten: 78; Fons Amical de Mauthausen, MHC Bar- celona: 6-7, 49; Ute Georgeacopol: 31; Hafen Seite 33 Edgard Haider: Unvergessen – Palais Pollak-Parnau am Schwarzen- Wien:25;Rudolf A.Haunschmied/www.gusen.org: bergplatz in Wien 50; Gerhard Hertenberger: 21-24, 27, 29, 47, 70-73; Markus Landerer: 66; Ralf Lechner: 14- Seite 34 Robert Streibel: Das Palais Schwab in der Weihburggasse – 15; Helga Loidold: 51; Paul Mahringer, BDA: 1- Ein österreichisches Gesamtkunstwerk mit Happy End 2, 4; Norbert Mayr: 33-38; Michael Nagl: 60, 61, 88; Albert Neugebauer: 79; Land Niederöster- Seite 36 Michael Rainer: Die Akademie der Bildenden Künste Wien reich, NÖ Atlas: 46; Timo Nüßlein: 55-56; Mi- chael Oberer, BDA: 5; Lisa Rastl: 90; William A. Seite 38 Peter Panholzer: Das ehemalige Israelitische Taubstummen-Institut Rosenthall Judaica Collection, Special Collections, in Wien-Landstraße College of Charleston, SC, USA: 65; Alexandra Sagmeister: 61-63; Erich J. Schimek: 26, 28, 68- Seite 40 Wolfgang Burghart/Gerhard Hertenberger: Die Wiener Rosenhügel- 69, 82, 85, 86; Gerd Seidl: 39-40; Gunther Filmstudios Spath: 32; Leo Sturma, Linz. Erbe und Sendung. Kulturbericht der Stadt Linz,1941: 3; Valentin Seite 42 Thomas Baar: Vom Verschwinden der Wiener Vorstädte, Weber-Wille: 16, 18, Viktor Zdrachal: 80, 81. Wi- Folge 4: 6. Bezirk, Gumpendorf kimedia commons gem. http://creativecom- mons.org/licenses/by-sa/4.0 (alle bearb. von Seite 44 Albert Neugebauer: Der Umgang mit historischer Bausubstanz in Wels Viktor Zdrachal), Fotos mit Quelle www.wikime- dia.org – Lizenz gemeinfrei, Fotograf: Preuss. Seite 45 Rainer Balduin: Kulturerbe-Wien Demonstration 2014 - Ein Rückblick Kulturstiftung Friedr. Weiler: 54; SI-Ziga: 52; Li- zenz cc by 3.0, Fotografen: Wolfgang Glock: 45; Seite 46 Kurzmeldungen Lizenz cc by sa 3.0, Fotografen: Digitales Bildar- chiv des Deutschen Bundesarchivs Koblenz, Otto Seite 48 Veranstaltungen / Termine Donath: 17; Ian Dunster: 92; e.mil.mil: 84; Herzi Pinki: 10; Johann Jaritz: 11; Mattes: 53; Mony- Erhalten, statt zerstören: Denkmalschutz ist Kulturschutz – Treten Sie bei! esz: 91; Peter Lauppert: 83; P e z i: 64, 89; Rftblr: 87; Thomas Ledl: Titelbild; Lizenz cc by sa Die Initiative Denkmalschutz ist auf Mitgliedsbeiträge und Spenden angewiesen. Falls Ihnen 2.5, Fotograf: boehringer friedrich: 9; Lizenz cc der Denkmalschutz in Österreich ein Anliegen ist, und sie noch kein Mitglied sind, setzen Sie by sa 2.0, Fotograf: Stefan Wagner trumpkin.de: bitte ein Zeichen und treten Sie unserem Verein bei! 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Seite 2 Nr. 18 / 2014 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 18 / September-Dezember 2014 Schwieriges Erbe – Denkmalschutz und Bauten der NS-Zeit Auf Grund des Denkmalschutzgeset- jekte – etwa Kasernen des österrei- Jahr 2000 dazu verpflichtet, listenmä- zes (DMSG) standen bis Ende 2009 chischen Bundesheeres - schützens- ßig festzulegen, für welche Objekte im sämtliche unbeweglichen Denkmale, wert sind oder aus dem Denkmal- öffentlich-rechtlichen Eigentum, die die sich im Eigentum von öffentlich- schutz zu entlassen seien. So wurden automatisch unter Schutz standen, rechtlichen Körperschaften (Bund, v. a. in den 1980er Jahren einzelne der Denkmalschutz weiterhin aufrecht zu erhalten sei. Im Zuge dessen kam es im Bundesdenkmalamt zu einer in- tensiven Befassung über die Denkmal- bedeutung von Bauwerken aus der NS-Zeit, die schließlich zu dem ge- meinsam mit dem Architekturzentrum Wien durchgeführten Symposium „Erbe-verweigert“ führte. Eva-Maria Höhle, die damalige Generalkonserva- torin, schilderte dabei in ihrem Vortrag das entsprechende Klima in Öster- reich: Während es in Deutschland möglich war, das ehemalige Reichsluft- fahrtministerium in Berlin zum Finanz- ministerium umzuwidmen, gingen die Wogen hierzulande bei der Debatte um das „Führerzimmer“ im Volksthea- Abb. 1: Linz, Hauptplatz mit Brückenkopfgebäuden, 2012 ter hoch. Der 1938 im Zuge eines Um- baus gestaltete Raum sollte ursprüng- Land, Gemeinde, Kirchen, etc.) befan- Denkmalschutzbescheide ausgestellt. lich dem Empfang Adolf Hitlers dienen. den, ex-lege, also quasi automatisch In Tirol wurde so für Teile der Haspin- 2005 ließ Theaterdirektor Michael unter Denkmalschutz (§ 2 DMSG). ger- und der Wintersteller-Kaserne der Schottenberg die historische Holzver- Daher wurden auch bereits sehr früh Denkmalschutz bescheidmäßig bestä- täfelung aus politischen Gründen ent- Bauten der NS-Zeit von der Denkmal- tigt. Es gab allerdings auch Fälle, bei fernen, das Bundesdenkmalamt ord- pflege mitbetreut. Eine erste Befas- denen das Bundesdenkmalamt schei- nete jedoch die Wiederherstellung an, sung mit den Linzer Brückenkopfge- terte, da die damalige Oberbehörde wogegen sich Protest erhob. Eva- bäuden fand so bereits 1948 statt als Berufungsinstanz der Meinung war, Maria Höhle bemerkte in diesem Zu- (Abb. 1). Mit dem ehemaligen Konzen- es gäbe noch zu wenig Beurteilungs- sammenhang: „Hätte er [, trationslager Mauthausen ist das Bun- kriterien für Bauten dieser Zeit. So Anm. des Autors] diesen Raum tat- desdenkmalamt bereits seit 1946 be- scheiterte 1978 der Unterschutzstel- sächlich betreten und das Bundes- traut (Abb. 4 u. 5). lungsversuch der ehemaligen SS-Ka- denkmalamt auf Erhaltung der Aus- Auf Grund von Ansuchen auf Entlas- serne (heute Khevenhüllerkaserne) in stattung bestanden, hätte ein beson- sung aus dem automatischen Denk- Klagenfurt-Lendorf (vgl. S. 18f.). Der ders angriffslustiger Journalist wohl malschutz kam es vor allem seit Ende Denkmalschutz für einige Zollwach- nicht nur meine umgehende zwangs- der 1970er Jahre zu ersten bescheid- Wohngebäude gelang jedoch. weise Pensionierung verlangt, sondern mäßigen Feststellungen, ob diese Ob- Das Bundesdenkmalamt wurde im eine Anklage auf Wiederbetätigung

Abb. 2: Linz, Ehem. „Führersiedlung“, heute „Harbachsied- Abb. 3: Linz, Ehem. „Führersiedlung“, um 1940, Abbildung aus: lung“, Leonfeldner Straße (in Urfahr und Pöstlingberg), 2007 Leo Sturma, Linz. Erbe und Sendung, Linz 1941.

Nr. 18 / 2014 Seite 3 enkma[] i l gefordert.“ Ähnlich emotional geführte Mauthausen/Gusen statt. Hier geraten durch das geplante Aufsetzen von Debatten zeigten sich einige Jahre neben den unmittelbaren Stätten der Glaskuben auf die Linzer Brückenkopf- später bei der Frage, ob die Linzer Opfer auch die Funktionszusammen- gebäude – macht sie zu „modernen“ Brückenkopfgebäude aufgestockt wer- hänge vermehrt ins Blickfeld: die Bauten und verschleiert eher ihre Her- den sollten, eine Debatte, die immer Steinbrüche und unterirdischen Stol- kunft aus der NS-Zeit, als dass es sie noch nicht ganz vom Tisch ist. lenanlagen als Orte der Sklavenarbeit, hinterfragt. Wie verhält es sich mit den eng verknüpft mit der Industrie, ins- Spuren des Alters, etwa bei Bauten Unterschiedliche Funktionsbauten besondere der Rüstungsindustrie der ehemaligen Konzentrationslager? Unter den ca. 50 denkmalgeschützten sowie SS-Siedlungen als Orte der Können diese mahnenden Charakter Kasernen in Österreich finden sich Täter. aufweisen? Wie können die Steine auch etwa 10 aus der NS-Zeit. Wäh- zum Sprechen gebracht werden? Wie Denkmalbedeutung und Umgang rend so neben den „Monumentalbau- sehen adäquate didaktische Vermitt- mit Bauten der NS-Zeit ten“ der Linzer Brückenkopfgebäude lungsversuche aus? Dies alles sind fast alle bedeutsamen Kasernen unter Während anfänglich bei der Beurtei- Fragen, die es zu stellen und zeitge- Schutz stehen, sieht es bei den Wohn- lung von Bauten der NS-Zeit rein ar- mäß zu lösen gilt. siedlungen der NS-Zeit etwas anders chitektonische Eigenschaften herange- aus. Von den zahlreichen immer noch zogen wurden, legt die Forschung der in der Bevölkerung als „Hitlerbauten“ letzten Zeit den Schwerpunkt auf den Dr. Paul Mahringer bezeichneten Wohnsiedlungen etwa in Gesamtzusammenhang mit dem Ter- Bundesdenkmalamt, Abt. für Linz konnten nur wenige, im öffentli- rorregime. Viele Bauten – auch wenn Inventarisation und Denkmalforschung chen Eigentum befindliche Siedlungen sie „nur“ Wohnzwecken dienten – wur-

Abb. 4 (li.) „Todesstiege“ u. Abb. 5 (re.): Mauthausen, ehem. Konzentrationslager, Mahnmale des Schreckens, 2013 bzw. 2014 per Verordnung unter dem ex-lege den von Zwangsarbeiter/inne/n errich- Denkmalschutz verbleiben (Abb. 2 u. tet. Die Industrie griff im Verlauf des Literatur 3). Zudem stellt hier die Frage der Krieges vermehrt auf die Arbeit von Energieeffizienz die Denkmalpflege vor KZ-Häftlingen zurück. Baumaterialien Ulrike Knall-Brskovsky: NS-Siedlungen neue Herausforderungen. Von den im könnten – wenn auch bis jetzt in den und Wohnanlagen in Linz, in: „Hitlerbau- Typus im Vergleich zu den sonstigen wenigsten Fällen konkret nachgewie- ten“ in Linz. Wohnsiedlungen zwischen All- NS-Bauten zum Teil „modern“ wirken- sen – häufig aus den zu diesen Zwe- tag und Geschichte. 1938 bis zur Gegen- den Industriebauten und -anlagen der cken errichteten KZ-Steinbrüchen wart (Ausstellungskatalog), Linz 2012 NS-Zeit wären sicherlich auch einige stammen. All dies ist mittlerweile Eva-Maria Höhle: Staatlicher Schutz für noch schützenswert. selbstverständlich mitzubedenken, NS-Bauten – Ein österreichisches Di- Ein eigenes Feld stellen ehemalige wenn es darum geht, die geschichtli- lemma? in: Österreichische Zeitschrift für Konzentrationslager dar. Zwar gab es che und kulturelle Bedeutung dieser Kunst und Denkmalpflege, 2007, S. 10ff bereits seit der unmittelbaren Nach- Denkmale darzulegen. Paul Mahringer: Der Umgang mit dem kriegszeit Befassungen mit dem ehe- Neben dem notwendigen Schutz zahl- baulichen Erbe der NS-Zeit in Linz. Polyva- maligen Lager Mauthausen, die Ne- reicher Objekte als historische Doku- lenz und Transformation unbequemer benlager waren allerdings lange in mente mit Mahnwert-Charakter stellt Denkmale, Dissertation, Wien 2013. Vergessenheit geraten. In letzter Zeit sich schließlich die Frage nach dem Paul Mahringer: Denkmalschutz im Bereich finden daher von Seiten des Denkmal- Umgang mit ihnen. Hier bedarf es oft- der Gedenklandschaft Mauthausen/ Gu- schutzes vermehrt Aktionen zur Un- mals einer besonderen Sensibilität. sen/St. Georgen, in: Fundberichte aus terschutzstellung vor allem im Bereich Allzu große Zeichensetzung – etwa Österreich, 51/2012, S. 127.

Seite 4 Nr. 18 / 2014 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 18 / September-Dezember 2014 Gedanken zum Umgang mit dem baulichen Erbe von Österreichs „brauner Vergangenheit“

Gedenkort, Neunutzung, Abriss sen fokussiert (da die Alliierten dies („Einstürzende NS-Bauten“), man oder kontrollierter Verfall? dem gedächtnisschwachen jungen solle solche Großbauten der NS-Zeit Staat dankenswerterweise verordne- langsam verfallen lassen, anstatt sie Während bei Bauwerken anderer Zeit- ten, zumal plötzlich viele Österreicher restauriert als Gedenkorte zu reakti- epochen primär die architektonische behaupteten, „eh immer gegen Hitler vieren. Er kritisiert mit harschen Wor- Qualität und der bauliche Zustand gewesen zu sein“). Die vielen, großen, ten einen „florierenden Erinnerungs- eine Rolle spielen bei der Frage, ob oft mit der Rüstungsindustrie ver- tourismus“, der oft nichts mit histo- man eine Erhaltung oder einen Abriss knüpften KZ-Außenlager versanken risch-kritischer Aufklärung zu tun anstrebt, steht bei Österreichs Bauten jedoch bis in die 1980er Jahre in habe, wobei die Öffentlichkeit auf ein aus der NS-Zeit ganz besonders die einem Nebel der Vergessenheit, und „gedankenfreies Erlebnis Geschichte“ geschichtliche Bedeutung im Vorder- trotz anschließender Aufarbeitung konditioniert werde. grund („Was ist an diesem Ort ge- durch Historiker verschwinden an die- Die Symbolwirkung in Bezug auf den schehen?“). sen Orten laufend bauliche Spuren „Zerfall“ des „Tausendjährigen Rei- Bauten und Baureste an den „Orten und Inschriften (vgl. S. 26ff.). Es er- ches“ hätte dabei zwar eine starke der Opfer“ (z.B. die Tötungsanstalt hebt sich die Frage, ob nicht zumin- Ausdruckskraft. Das Verschwinden der Hartheim, wo mehr als 30.000 Men- dest an manchen dieser Orte das An- „Täterbauten“ würde jedoch den schen meist durch Gas ermordet wur- denken auch anhand von bewahrten Nebel des Vergessens fördern, da den, sowie Konzentrationslager und Bauresten und ausführlichen Erklä- „Geschichte zum Angreifen“ stärker

Abb. 6: KZ Gusen (O.Ö.), ca. 1941: über 30.000 Tote in Lagern, Abb. 7: KZ Gusen I (ca. 1941): Das „Jour-Haus“ der SS wurde Stollen und Steinbrüchen. Nach Kriegsende gedankenlose „Ver- nach dem Krieg als Plastikfirma und Wohnhaus „weiterverwen- wertung“ des Areals als Wohnsiedlung. det“, die Granitblöcke der Wachtürme dienten zum ‘Häuslebau’. deren Außenlager, und die Stollenan- rungen erfolgen sollte (große Tafel? berührt als reine Museumsvermittlung lagen der NS-Rüstungsindustrie) sind musealer Gedenkraum?), und nicht mit Bildtafeln. ganz klar Orte der Erinnerung und nur mittels einer kleinen, gut gemein- Militärische Bauten jener Zeit (z.B. sollten daher möglichst weitgehend ten Steintafel mit wenigen, oft sehr Kasernen oder die Heinkel-Bauten am als Mahnmal erhalten bleiben - und allgemein gehaltenen Zeilen. Flughafen Schwechat) waren Teil der gerade hier zeigt sich ein jahrzehnte- Kriegsinfrastruktur und somit eng mit „Braune“ Repräsentationsbauten langes Versagen, wenn z.B. in Wiener den Millionen Toten des Zweiten Welt- Neudorf die Reste der KZ-Baracken Schwieriger ist der Umgang mit Orten kriegs verknüpft. Ein Abriss oder Ver- ohne Schutzstatus nur durch Zufall der „Täter“, mit den oft gigantoma- fall würde diesen Kontext noch abs- erhalten blieben (vgl. S. 26f.) und die nisch groß konzipierten Repräsentati- trakter als „längst vergangene Ge- baulichen Spuren an Orten des Grau- onsbauten, wie sie von Regierungen schichte“ abstempeln. Vermutlich ens (wie z.B. im Raum Gusen, O.Ö.) ganz allgemein, besonders aber von wäre es eine bessere Lösung, die Ur- unangemessenen Nutzungen zuge- autoritären Regimen errichtet werden sprünge dieser Bauten nicht ver- führt (Abb. 6) oder ohne wissen- (z.B. das Reichsparteitagsgelände in schämt zu verschweigen oder in schaftliche Untersuchung zerstört Nürnberg, vgl. Abb. 8, oder der "Par- einem Nebensatz zu verstecken, son- wurden (vgl. S. 27f.), oder Bergbau- lamentspalast" von Ceaucescu in Bu- dern den historischen Kontext offen projekten schutzlos ausgeliefert sind karest). Am 21.11.2014 forderte Nor- anzusprechen. Auch die im Stadtbild (Roggendorf bei Melk, vgl. S. 27). Das bert Frei, Professor für Neuere und dominanten Flaktürme sollten zumin- Gedenken an die NS-Zeit wurde nach Neueste Geschichte an der Universität dest teilweise mit ihrer Geschichte 1945 auf das KZ-Areal auf Mauthau- Jena, in der Wochenzeitung "Die Zeit" verknüpft bleiben (Museum?), anstatt

Nr. 18 / 2014 Seite 5 enkma[] i l kommerziellen Nutzungen (Datencen- 9). Was davon soll, eventuell exem- Abriss diskutiert, aufgrund komplexer ter, Event-Location) und krassen bau- plarisch, für die Zukunft bewahrt wer- privater Besitzverhältnisse einigte lichen Veränderungen geopfert zu den, als ein Stück Industrie- und Ar- man sich 1995 auf eine Gedenktafel, werden (vgl. S. 12f.). Für die zahllo- chitekturgeschichte? Eine schwierige auf der die Geschichte des Bauwerks sen, meist unzugänglichen Bunker Frage, wo der Meinungsbildungspro- erklärt und dieses umgedeutet wird zu und Luftschutzstollen gilt, dass vor zess noch im Laufen ist. Eine Wohn- einem „Mahnmal gegen Diktatur, Ge- deren eventueller Zerstörung eine siedlung jener Zeit mag bauhistorisch walt und Rassismus, sowie für Demo- fachliche Dokumentation sinnvoll wenig Originalität vermitteln, aber sie kratie, Frieden und Menschenrechte“.

Abb. 8: Zeppelintribüne, Reichsparteitagsgelände Nürnberg: Konservierung oder „kontrollierter Verfall“? wäre, die man nicht kriegsfaszinierten könnte, wenn sie weitgehend unver- Diese Umdeutung in einen Erinne- Militariasammlern mit einseitigem Ge- ändert erhalten ist, ein wenig die (von rungsort und die Bewusstmachung schichtsbild allein überlassen sollte. „oben“ verordnete) Weltanschauung der damaligen Geschehnisse scheint Zumindest einige sollten als Spuren jener Zeit transportieren. So wie ein- mir eine gute Lösung zu sein. jener Zeit vor dem Abbruch bewahrt heitlich strukturierte Wohnsiedlungen Ein besonders heiß diskutierter Fall ist werden. der 1920er und der 1960er Jahre die teilweise aus dem 12. Jahrhundert exemplarisch erhalten werden, könnte stammende, denkmalgeschützte Nutzbauten der NS-Zeit man auch für den Erhalt einer solchen Burgruine Hochkraig (Gemeinde Im Gegensatz zu den bis hier erwähn- Siedlung argumentieren, eventuell mit Frauenstein, Kärnten), wo Hitler-An- ten Bauten, wo bei der Frage der Er- Erklärungstafeln, welche dem Besu- hänger schon im Jahr 1934 (!), also haltung der geschichtliche Kontext im cher den besonders problematischen im austrofaschistischen Ständestaat, Vordergrund steht, stellen Bauten der Kontext bewusst machen. zeitnah zum nationalsozialistischen Industrie (z.B. die Getreidespeicher Juliputsch, ein mehrere Meter großes Brennpunkte der NS-Ideologie am Alberner Hafen, vgl. S. 14f.) und weißes Hakenkreuz in die Bergfried Wohnsiedlungen einen nicht immer Am Kompliziertesten und Umstrittens- (Turm)-Fassade einarbeiteten. Die scharf abgrenzbaren dritten Bereich ten ist wohl die Frage, was man mit nach Kriegsende aufgebrachte groß- dar. Sie hatten primär eine funktionale jenen Orten tut, an denen die glü- flächige Übermalung blätterte im Lauf Nutzung, transportierten zuweilen hendsten Eiferer des NS-Gedanken- der Jahrzehnte wieder ab, und als aber auch eine Ideologie: Wohnsied- gutes sich selbst feierten. In Ober- 2011 ein neuer Pächter eine Waldflä- lungen der NS-Zeit beispielsweise schützen (Burgenland) beispielsweise che rodete, war das Hakenkreuz am sollten - im Gegensatz zum Aufbruch wurde ab Oktober 1938 von Hitler-An- Turm plötzlich kilometerweit sichtbar der Moderne in den Jahren davor - hängern ein acht Meter hohes, tem- (vgl. Abb. 11). Da der Turm statisch eine traditionelle „Heimat-Atmo- pelartiges „Anschlussdenkmal“ errich- instabil ist, soll laut Eigentümer eine sphäre“ suggerieren, gerade auch in tet, um den „Anschluss“ Österreichs Übermalung des Symbols angeblich den 1940er Jahren, als das Regime an das Dritte Reich zu feiern (siehe schwierig und teuer sein, weil zuvor einen Weltkrieg anzettelte (vgl. Abb. Abb. 10). Schon lange wird über einen der gesamte Bergfried saniert werden

Seite 6 Nr. 18 / 2014 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 18 / September-Dezember 2014 müsste, eine Ansicht, die vom Denk- malamt bestätigt wurde. Andernfalls könnten die Arbeiten einen Teilein- sturz auslösen und Arbeiter gefähr- den. Der Kärntner Landeskonservator Gorazd Živković wollte laut "profil" (15.4.2014) stattdessen in der Blick- achse des Turms im Tal ein Mahnmal errichten lassen. Am 3.12.2014 be- richtete „meinbezirk.at“ allerdings, dass nun doch eine Entfernung des Hakenkreuzes angestrebt werde. Das Medium zitiert dabei auch die kon- träre Ansicht, dass „über das Haken- kreuz zu diskutieren eine bessere Vergangenheitsbewältigung“ sei, als es einfach verschwinden zu lassen. Angelpunkt für Geschichts - Abb. 9: Denkmalschutzwürdig? NS-“Südtiroler-Siedlung“ in Götzis (Vlbg.) von 1941 aufarbeitung? Was soll man nun wirklich mit Hinter- Jahre vor dem „Anschluss“, es steht Ein Verbleib des NS-Symbols am Turm lassenschaften wie einem „Anschluss- für die lange Geschichte des Antisemi- von Hochkraig könnte eine Chance denkmal“ und einem Hakenkreuz auf tismus und der Xenophobie im Land, bieten, als Mahnzeichen und Diskus- einer Ruine machen? Die Sorge ist und für die undemokratische Sehn- sionsangelpunkt Österreichs autori- nicht unberechtigt, dass solche Orte sucht nach einem „starken Mann, der täre, antisemitische und undemokra- ein Anziehungspunkt für Sympathi- endlich aufräumt“. Es entlarvt somit tische Abgründe lange vor Hitlers Ein-

Abb. 10 (o.): Als Mahnmal erhaltenswert? „Anschlussdenkmal“ von Oberschützen (Bgld.), erbaut ab 1938 von Hitler-Anhängern; Abb. 11 (re.): Ruine Hochkraig (Ktn.): Am Turm „erschien“ kürzlich wieder das riesige, später übermalte Hakenkreuz von 1934. Entfernen oder „umdeuten“ und aufarbeiten? santen braunen Gedankengutes und im Grunde auch den verlogenen Neonazis werden könnten. Anderer- Nachkriegsmythos, dass das liebens- seits führt die Entfernung solcher Orte werte, harmlose Österreich mit seinen marsch bewusst zu machen. Ob diese nur zu einer Beseitigung sichtbarer demokratischen Idealen nur ein hilflo- Botschaft allerdings Vorbeireisende Symptome, behandelt aber nicht die ses, unbeteiligtes Opfer einer von und das politische Bewusstsein der Ursachen (die nur durch verstärkte außen kommenden Diktatur gewor- Menschen im Land erreichen würde, Aufklärung und politische Bildung er- den sei. Diese Sichtweise wurde von ist schwer vorherzusagen und könnte fassbar sind). Außenminister Leopold Figl im Mai möglicherweise scheitern. Notwendig Das riesige, 1934 geschaffene Haken- 1955 in den Staatsvertrag hineinre- wäre dazu ein ebenfalls weithin sicht- kreuz auf Hochkraig kann als Symbol klamiert, um die Textpassage über die bares Mahnmal mit deutlicher, sich gesehen werden für die (im Stände- „Mitverantwortung“ der Österreicher selbst erklärender „Sprache“. staat verbotenen) heftigen Hitler- zu entschärfen - die Alliierten akzep- Sympathien großer Teile der österrei- tierten dies damals erstaunlicher- Dr. Gerhard Hertenberger chischen Bevölkerung schon viele weise. Freier Autor

Nr. 18 / 2014 Seite 7 enkma[] i l Die KZ-Gedenkstätte Mauthausen - Aspekte des Denkmalschutzes

Die Errichtung des Konzentrationsla- immer wichtiger. Daher wurden – Gesamtensemble der Baracken und gers Mauthausen im Sommer 1938 meist in der Nähe von rüstungsrele- Steingebäude um den Appellplatz als trug wesentlich zur Erweiterung des vanten Betrieben und Bauprojekten – erhaltenswert erachtet. Zwischen nationalsozialistischen Verfolgungs- mehr als 40 Außenlager des KZ Maut- 1948 und 1951 wurden auch erste systems auf das im selben Jahr „an- hausen errichtet. Sanierungsmaßnahmen durchgeführt, geschlossene“ Österreich bei. Aus- Neben dem „alltäglichen“ Sterben auf- nachdem das Bundesdenkmalamt schlaggebend für die Wahl des Stand- grund der katastrophalen Haftbedin- Österreich Empfehlungen für den Er- ortes war unter anderem der Stein- gungen, die durch Nahrungsmittel- halt und zur Restaurierung des ehe- bruch „Wiener Graben“, den die SS-ei- mangel, mangelnder medizinischer maligen Lagers abgegeben und sich gene Firma DEST (Deutsche Erd- und Versorgung, Schikanen durch die SS damit erstmals mit Fragen des Denk- Steinwerke GmbH) von der Stadt und Kapos bei gleichzeitiger schwerer malschutzes im Zusammenhang mit Wien pachtete. Die ersten 300 Häft- Arbeit gekennzeichnet waren, wurden einem ehemaligen Konzentrationsla- linge, die am 8. August 1938 aus dem im Lagersystem Mauthausen Häftlinge ger befasst hatte. Konzentrationslager Dachau nach erschlagen, erhängt oder durch Injek- Die neu eingerichtete KZ-Gedenk-

Abb. 12 (li.): Ausschnitt einer alliierten Luftaufnahme des Konzentrationslager Mauthausen vom 2. April 1945, Archiv der KZ-Ge- denkstätte Mauthausen/Luftbilddatenbank Dr. Carls; Abb. 13 (re.): Bau des Appellplatzes des Konzentrationslagers Mauthausen im Jahr 1941 oder 1942, SS-Foto Mauthausen überstellt wurden, setzte tionen oder Giftgas ermordet. Am 5. stätte Mauthausen spielte in der die SS vor allem zum Aufbau des La- Mai 1945 wurde das Konzentrations- österreichischen Gedenkkultur der gers ein. Während bis 1939 vorwie- lager von Truppen der US Army be- „Wiederaufbau“-Jahre nur eine ge- gend deutsche und österreichische freit. Insgesamt kamen von den rund ringe Rolle. Meist auf Initiative der Häftlinge in Mauthausen inhaftiert 190.000 Inhaftierten über 90.000 in Überlebenden errichteten verschie- waren, stellten diese ab dem Jahr Mauthausen und seinen Außenlagern dene Nationalstaaten im ehemaligen 1940 nur noch eine Minderheit dar, da ums Leben. SS-Bereich Denkmäler zu Ehren ihrer mit dem Voranschreiten der national- Im Jahr 1947 übergaben die sowjeti- Opfer. Der bis heute entstandene sozialistischen Expansionspolitik ver- schen Besatzungsbehörden das leer- Denkmalpark stellt eine Besonderheit mehrt Häftlinge anderer Nationen stehende ehemalige Lagergelände an der KZ-Gedenkstätte Mauthausen dar. nach Mauthausen deportiert wurden. die Republik Österreich mit der Auf- Mitte der 1960er Jahre beschloss das Nach der Errichtung des Lagers lage, es als Gedenkstätte zu erhalten. Innenministerium vor allem auf Drän- musste die Mehrheit der Häftlinge zu- Im Frühjahr 1949 erfolgte die Einrich- gen ehemaliger Häftlinge die Einrich- nächst in den Steinbrüchen von Maut- tung des „Öffentlichen Denkmals tung eines Museums mit einer Dauer- hausen und dem im Jahr 1939 errich- Mauthausen“, für das fortan das Bun- ausstellung zur Lagergeschichte. Das teten Zweiglager Gusen Zwangsarbeit desministerium für Inneres verant- dafür vorgesehene ehemalige Kran- verrichten. Ab dem Jahr 1943 erhielt wortlich war. Aufgrund der hohen Er- kenrevier am Appellplatz musste bau- die Arbeitskraft der KZ-Häftlinge neue haltungskosten wurden in dieser lich adaptiert werden, um geeignete Bedeutung: Durch den Kriegsverlauf Phase fast alle SS- und Häftlingsbara- Ausstellungsflächen zu erhalten. Trotz und den wachsenden Bedarf an Rüs- cken abgebaut und verkauft. Jedoch der teilweise massiven Veränderun- tungsgütern wurden die Konzentrati- wurde im Rahmen eines durch ehe- gen im Inneren des Gebäudes und onslager als Arbeitskräftereservoirs malige Häftlinge ausgearbeiteten For- eines bestehenden Denkmalschutzes für die deutsche Kriegswirtschaft derungskatalogs unter anderem das gibt es in den im Archiv der KZ-Ge-

Seite 8 Nr. 18 / 2014 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 18 / September-Dezember 2014 denkstätte vorliegenden Quellen kei- die Bausubstanz zuständige Burg- mannschaft Österreich beauftragten nen Hinweis auf eine etwaige Einbe- hauptmannschaft Österreich in enger Baumaßnahmen sollten nicht nur die ziehung des Bundesdenkmalamtes. Absprache mit dem Bundesdenkmal- Voraussetzungen für ein zeitgemäßes Dennoch dürften, wie aus einem amt ein bis zum heutigen Tag andau- Museumsgebäude schaffen, sondern Schriftverkehr der Vertretung der erndes, umfangreiches Sanierungs- auch das ursprüngliche lagerzeitliche, ehemaligen Häftlinge hervorgeht, programm zum Erhalt der histori- in der Nachkriegszeit überbaute Er- auch damals schon denkmalpflegeri- schen Bausubstanz. Die Einbeziehung scheinungsbild des Gebäudes wieder sche Aspekte zumindest hinsichtlich denkmalpflegerischer Aspekte war sichtbar machen. Dabei wurde ver- des äußerlichen Erscheinungsbildes nicht zuletzt auch das Ergebnis der in- sucht, die Eingriffe so gering wie mög- des Gebäudes eine Rolle gespielt tensivierten Auseinandersetzung des lich zu halten und gleichzeitig nach- haben. österreichischen Denkmalschutzes mit trägliche Veränderungen kenntlich zu Die Einrichtung des Museums und Fragen des Umgangs mit NS-zeitlicher machen. All diese Maßnahmen ge- dessen Eröffnung 1970 waren bis in Bausubstanz. schahen unter Einbeziehung des Bun- die frühen 2000er Jahre die letzte Um die Anfang der 2000er Jahre be- desdenkmalamtes und wurden, so wie große Gestaltungsmaßnahme in der gonnenen Reformen fortzuführen, auch die derzeit laufenden Sanie- KZ-Gedenkstätte Mauthausen. wurde im Jahr 2008 die museale Neu- rungsmaßnahmen an der Gedenk-

Abb. 14 (li.): Aufnahme der KZ-Gedenkstätte Mauthausen im Jahr 2008; Abb. 15 (re.): Sanierungsmaßnahmen am ehemaligen Reviergebäude, das als Museum genutzt wird

In den 1990er Jahren mehrten sich in gestaltung der KZ-Gedenkstätte stätte, durch boden- und bauarchäo- Folge des Endes des Kalten Krieges Mauthausen initiiert und die im Innen- logische Untersuchungen begleitet. und der neuen Sichtweise auf die ministerium zuständige Abteilung IV/7 Mit der neuerlichen Adaption und Sa- Rolle Österreichs im Nationalsozialis- mit der Ausarbeitung eines Konzepts nierung des ehemaligen Reviergebäu- mus sowohl von gesellschaftlicher, als beauftragt. Neben der Diskussion des und der Eröffnung der neuen Aus- auch wissenschaftlicher Seite die neuer Ausstellungen, sowie eines In- stellungen steht der KZ-Gedenkstätte Stimmen nach einer Reform der KZ- formations- und Leitsystems für die nun ein Museumsgebäude zur Verfü- Gedenkstätte. Dies führte unter ande- Außenbereiche der Gedenkstätte er- gung, das den zeitgemäßen Erforder- rem zum Neubau eines im Jahr 2003 achtete es die eigens dafür eingerich- nissen einer Gedenkstätte entspricht. eröffneten Besucherzentrums auf dem tete Arbeitsgruppe auch als wesent- Gleichzeitig ist der neue Umgang mit Areal ehemaliger SS-Baracken außer- lich, Leitlinien für den zukünftigen der historischen Bausubstanz Aus- halb des Schutzhaftlagers. Im Zuge Umgang mit dem historischen Ort druck eines sensibleren und bewuss- dieser Bauarbeiten wurden erstmals festzulegen, die auch denkmalpflege- teren Umgangs mit NS-zeitlicher Ar- vom Bundesdenkmalamt geforderte rische Aspekte enthalten.1 Als Ergeb- chitektur. baubegleitende archäologische Gra- nis der ersten Umsetzungsphase die- Mag. Robert Vorberg bungen durchgeführt. Andere wesent- ses Konzepts wurden im Mai 2013 Archiv der KZ-Gedenkstätte Mauthausen liche Bereiche, wie die dringend not- eine Überblicksausstellung über die wendige Neugestaltung der nicht Geschichte des Konzentrationslagers Anmerkung mehr dem Stand der wissenschaftli- Mauthausen, eine Ausstellung mit chen Forschung entsprechenden Aus- dem thematischen Schwerpunkt der 1 Siehe auch: Rahmenkonzept für die stellung oder die Professionalisierung Tötungen, sowie ein neuer Geden- Neugestaltung der KZ-Gedenkstätte der Gedenkstättenpädagogik, wurden kraum im schon als Museumsgebäude Mauthausen, Wien 2009 (Hg. vom Bun- jedoch nicht in Angriff genommen. genutzten ehemaligen Krankenrevier desministerium für Inneres, Abteilung Mitte der 2000er Jahre begann die für eröffnet. Die durch die Burghaupt- IV/7), S. 14

Nr. 18 / 2014 Seite 9 enkma[] i l Flaktürme – stumme Zeugen der Geschichte? Wien ist eine der drei Städte, die wäh- 16 „Schießdome“ errichtet, wie ihr Ar- ten die Türme auch über ein natürli- rend des Zweiten Weltkriegs zu ihrem chitekt Friedrich Tamms sie selbst be- ches statisches Belüftungssystem, das Schutz mit Flaktürmen ausgestattet zeichnete1. Jeweils drei Turmpaare mit mechanischer Unterstützung und wurden. Heute ist sie die einzige wurden in Dreiecksform um die Stadt- Luftfiltern auch gegen Giftgasangriffe Stadt, die noch über alle drei Flak- zentren angeordnet, nur in Hamburg gerüstet war.3 turm-Paare vollzählig und nahezu un- verzichtete man auf das südöstliche Gestalterisch orientierte sich Friedrich beschädigt verfügt. Doch wie sieht der Paar. Jedes Turmpaar bestand dabei Tamms an historischen Wehrbauten, Umgang mit diesem Erbe der NS-Zeit aus einem kleineren Leitturm und die er formal reduzierte und auf die aus? Welche Zukunft haben diese einem größeren Gefechtsturm. Doch neue Verteidigungsaufgabe hin ska- Türme, und warum führen Diskussio- die Flaktürme waren nicht die einzigen lierte; so war die Höhe ausschlagge- nen darüber zumeist ins Leere? Wehrbauten, die damals zu errichten bend für die Nutzung, da sowohl Mess- Um diese Fragen zu beantworten, waren: Alleine im Zeitraum 1938 bis einrichtungen als auch Geschütze über müssen wir in die Entstehungszeit der 1941 ist der Bau von 44.700 Bunker- der umgebenden Bebauung liegen Türme in den frühen 1940er-Jahren anlagen im Deutschen Reich verzeich- mussten. Wenn man alle 16 Türme

Abb. 16 (li.): Wien: Leitturm im Augarten - derzeit ohne Nutzung; Abb. 17 (re.): Berlin: Flakturm Friedrichshain nach der Sprengung. Foto: August 1949. zurückkehren. Deutschland war seit net.2 Der Bautypus Flakturm sticht aus miteinander vergleicht, so erkennt Kriegsbeginn durch alliierte Luftan- dieser Summe an Bunkern vor allem man unschwer drei verschiedene Bau- griffe aus England bedroht, und be- durch seine Multifunktionalität heraus: phasen: Den ersten Typus, der noch reits im August 1940 fand das erste ziviler Luftschutzbunker in den unte- der wuchtigste und am größten di- Luft-Bombardement der Reichshaupt- ren Geschoßen mit eigenen Bereichen mensionierte von allen war, entwi- stadt Berlin statt, das zwar geringen für Mütter mit Kindern, darüber Abtei- ckelte er für alle Türme in Berlin und materiellen Schaden anrichtete, umso lungen kriegswichtiger Betriebe, Kran- das Turmpaar Heiligengeistfeld in größer war jedoch die moralische Wir- kenstationen oder sogar Hospitale, Hamburg. Etwas reduziert in den Di- kung auf die Zivilbevölkerung. Als Verwaltungsstellen, militärische Kom- mensionen, aber immer noch quadra- Folge dieses ersten „Eindringens“ in mandozentralen, sowie ganz oben die tisch im Grundriss, zeigt sich der das Machtzentrum entschied Hitler am Funkmesseinrichtungen (bei den Leit- zweite Typus für Hamburg-Wilhelms- 9. September, im Rahmen seines türmen) oder die jeweils vier bauglei- burg und den Wiener Arenbergpark, „Führer-Sofortprogramms“ größere chen Flakgeschütze (bei den Gefechts- ehe gegen Ende des Krieges Typus 3 Ballungszentren durch den „Bau von türmen) mitsamt der dafür nötigen für die Stiftskaserne und den Augarten Türmen für die Flak [Fliegerabwehrka- Besatzung fanden im selben Bauwerk in Wien entwickelt wurde.4 Gegen nonen] zur Verhinderung feindlicher ihren Platz. Durch getrennte Treppen- Kriegsende hatte Tamms schon weit- Überflüge über dem Regierungsvier- häuser konnte eine Durchmischung gehend freie Hand in der Gestaltung tel“ zu schützen – die Geburtsstunde der Nutzungen verhindert werden, und musste nicht mehr auf militäri- der Flaktürme.1 was besonders bei Luftalarm und dem sche Vorgaben Rücksicht nehmen, da Hineinströmen von oft mehr als sich die Türme als nahezu nutzlos in Baugeschichte und Funktion 20.000 Schutzsuchenden von Bedeu- ihrer aktiven Verteidigungsaufgabe Im Zeitraum zwischen 1940 und 1945 tung war. Neben einer autarken gegen alliierte Bombergeschwader er- wurden in Berlin, Hamburg und Wien Strom- und Wasserversorgung verfüg- wiesen hatten.

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Ungeliebtes Erbe chen Sinne als Bunker genutzt, im Es- und fordern teure Erhaltungsmaßnah- terhazypark hat man das durchaus er- men, die die öffentliche Hand als Ei- Verschiedene Wege gingen nicht nur folgreiche „Haus des Meeres“ einquar- gentümervertreter zu tragen hat. Die der Architekt der Türme in der Gestal- tiert, mit regelmäßigen Umbauten, Er- mangelnde Bereitschaft zu einer brei- tung, sondern auch die drei Flakturm- weiterungen oder Erweiterungsversu- ten öffentlichen Diskussion und auch Städte in ihrem Umgang mit dem Erbe chen – Stichwort „Hotel auf dem die Probleme schon in der Konzeptfin- nach dem Krieg. Während in Berlin alle Dach“. Die übrigen vier Türme däm- dungsphase sind Indikatoren für eine sechs Türme in einer Art Wettstreit mern seit mittlerweile 70 Jahren vor Ratlosigkeit oder auch eines fehlenden zwischen den Pionierabteilungen der sich hin und rücken von Zeit zu Zeit Mutes, nach einer sinnvollen Lösung einzelnen Besatzungsmächte ge- mit Projekten für Kunstbunker („CAT“ zu suchen. sprengt und ihre Reste abgetragen - Contemporary Art Tower von Peter oder überschüttet wurden, entschied Noever für den Arenbergpark-Ge- Dipl.-Ing. Dr. Valentin Weber-Wille man sich in Hamburg nur für eine fechtsturm) und Datenspeichern (zu- Architekt; Konsulent für Kraftwerksarchitektur „Entfestigung“ des Innenlebens des erst Augarten, später Arenbergpark) bei Verbund, Mitarbeiter in einem auf Denkmal- Turmes in Wilhelmsburg, also eines medial in den Fokus. Die statischen Si- pflege spezialisierten Architekturbüro in Wien

Abb. 18 (li.): Hamburg: Geschützturm auf dem Heiligengeistfeld - Nach 1945 Sanatorium, dann Medienzentrum; Abb. 19 (re.): Visualisierung des künftigen "Energiebunkers", vormals Geschützturm Hamburg-Wilhelmsburg

Heraussprengens der inneren Struk- cherungsmaßnahmen des Gefechts- tur.5 2011-13 beschritt man neue turms im Augarten, der 1946 durch Anmerkungen: Wege mit dem Umbau zu einem eine Explosion im obersten Geschoß „Energiebunker“, also dem Einbau massiv beschädigt wurde und dessen 1 Briefwechsel zwischen Hermann Czech eines Fernheizkraftwerks gekoppelt „Schwalbennester“ – die halbrunden und Friedrich Tamms, zitiert aus: Bauer, mit einer Photovoltaikanlage, die auf Ausbuchtungen des Umgangs – teil- Ute: Die Wiener Flaktürme im Spiegel österreichischer Erinnerungskultur, Phoi- einer neuen, skulptural schwebenden weise abzustürzen drohten, erregte bos Verlag, Wien 2003, S. 36 Stahlkonstruktion am Dach und der mehr Aufsehen als die meisten Kon- 2 Angerer, Henning: Flakbunker. Betonierte Südseite des Turms montiert ist. Auf zepte für eine neue sinnvolle Nutzung. Geschichte, Ergebnis Verlag, Hamburg Höhe der Plattform findet sich das ob- Eine umfassende Aufarbeitung der 2000, S. 17 ligate Cafe mit Blick über den Hambur- Bunkergeschichte, die auch in Form 3 Foedrowitz, Michael: Waffen-Arsenal. ger Hafen. Der Turm Hamburg-Heili- von Öffentlichkeitsarbeit, Schauräu- Waffen und Fahrzeuge der Heere und gengeistfeld war zu Kriegsende als Sa- men oder zumindest Schautafeln an Luftstreitkräfte, Podzun-Pallas-Verlag, natorium in Verwendung und wurde den Standorten stattfindet, sucht man Wölfersheim-Berstadt (D) 1996, S. 7 bis heute äußerlich unverändert belas- bis auf einen kleinen Nischenbereich 4 Angerer, Henning: Flakbunker. Betonierte sen, im Inneren ist seit langem ein im Haus des Meeres vergeblich.6 Geschichte, Ergebnisse Verlag, Hamburg Medienzentrum untergebracht. Wien geht mit diesem ungeliebten 2000, S. 27 ff. Blickt man nach Wien, so reduziert Erbe des Zweiten Weltkriegs sehr pas- 5 Ebda., S. 97 sich der Innovationsgeist im Umgang siv um. Noch stehen die vier unge- 6 Schautafeln und rekonstruierter Kom- mit den Türmen schlagartig. Der Turm nützten Türme mehr oder weniger mandoraum im oberen Bereich des Haus Stiftskaserne ist seit den 1950er-Jah- standfest im Stadtbild, doch mit zu- des Meeres, Konzept: Marcello La Spe- ren wieder militärisch im ursprüngli- nehmendem Alter werden sie baufällig ranza

Nr. 18 / 2014 Seite 11 enkma[] i l Das Innenleben der ungenutzten Wiener Flaktürme Warum eine kommerzielle terweit versetzte. Wenn es irgendwo schutz), das übergeordnete Kulturmi- Nutzung der Bedeutung als in Wien einen Ort gibt, der die mons- nisterium hob jedoch den abschlägi- Mahnmal widerspricht tröse Gewalttätigkeit des Krieges bis gen BDA-Bescheid auf. Trotzdem liegt ins Mark spüren lässt, dann genau das Projekt seither auf Eis, da die Drei Wiener Flaktürme werden derzeit hier. 70 Jahre nach Ende der NS-Dik- Schäden für den Augarten beträchtlich intensiv genutzt: Der Leitturm im Es- tatur haben die Stadt Wien und die wären und die Bürgerproteste bei der terhazypark enthält das Zoo-Aquarium Republik Österreich nicht einmal an- Verbetonierung des Augartenspitzes „Haus des Meeres“, der Geschützturm satzweise ein Museum über jene Zeit (Sängerknabenhalle des Investors in der Stiftskaserne mit seinem ge- hervorgebracht. Der Geschützturm im Peter Pühringer)1 zeigten, welche Wi- heimnisumwitterten Krisenzentrum für Augarten wäre ein möglicher Ort dafür, derstände bei neuerlichen Großbauar- die Regierung (Krieg, Atomunfall) un- sofern man dieses ohne Beeinträchti- beiten zu erwarten wären.

Abb. 20 (li.o.): Geschützturm Augarten: Betontrümmer als Symbol für die Zerstörungskraft des Krieges, Abb. 21 (li.u.):25 Gramm Kaf- fee-Ersatz für 3 Tage: Lebensmittelkarte aus dem Schutt im Leitturm Arenbergpark; Abb. 22 (re.o.): "oft fürchterlich": Brieffragmente erzählen von Schicksalen während Krieg und NS-Diktatur (Leitturm Arenbergpark); Abb. 23 (re.u.): Galgen mit Hakenkreuz: Inschriften von Zwangsarbeitern und Schutzsuchenden im Leitturm Arenbergpark, dokumentiert vom Team um Ute Bauer. terliegt militärischer Nutzung, und der gung des Augartens und ohne Verän- Arenbergpark: eine Zeitkapsel Geschützturm im Arenbergpark dient derung der Gestalt des Turms errei- aus dem Jahr 1945 als Depot und Ausstellungsbereich für chen könnte. Die Burghauptmann- das Museum für Angewandte Kunst. schaft (Augarten) und die Stadt Wien Im Gegensatz zu den leeren Augarten- Der Leitturm im Arenbergpark hinge- (Leitturm Arenbergpark) suchten je- Flaktürmen, die fast nur Taubenkot gen, sowie das Turmpaar im Augarten doch angesichts ihrer Geldnöte profit- enthielten (der als Vorbereitung für stehen (bis auf ein paar Depoträume) orientiert nach kommerziellen Mietern. das Datencenter maschinell abgesaugt als düstere Relikte einer ungeliebten Die beiden Augarten-Türme wurden wurde), haben im Leitturm Arenberg- Erinnerung ungenutzt in den jeweili- 2006 an die Firma DCV (Daten Center park große Schutthaufen „überlebt“, gen Parkanlagen. GmbH) vermietet, die darin ein die wie eine Zeitkapsel einen unmittel- Im Geschützturm vom Augarten kam IT-Datencenter errichten wollte, ver- baren und wissenschaftlich interessan- es im November 1946 zu einer gigan- bunden mit einer massiven Aufsto- ten Blick ins Frühjahr 1945 und die tischen Explosion von scharfer Flak- ckung des Turmes. Das Bundesdenk- Jahre danach erlauben. Die Zeitge- Munition, was im oberen Bereich des malamt (BDA) lehnte des Projekt ab schichte-Forschung in Österreich ist Turms ungeheure Betontrümmer me- (die Türme stehen unter Denkmal- einseitig auf Archivarbeit, Dokumen-

Seite 12 Nr. 18 / 2014 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 18 / September-Dezember 2014 tenanalysen und Zeitzeugen-Inter- enge Kollaboration des Vichy-Regimes menfremde jahrzehntelang unzugäng- views fokussiert (was sehr wertvoll mit Hitler forcierte und 1942 die De- lich. Gerüchteweise soll das Projekt je- ist), gravierender Nachholbedarf be- portation jüdischer Kinder veranlasste. doch geplatzt sein, weil die Feuchtig- steht jedoch bei der Erfassung, Doku- Die Stadt Wien stellt allerdings keinen keit im Keller für Server und Kabel zu mentation und gegebenenfalls „Ret- Ort für die Präsentation der vielen fas- hoch sei. Tatsächlich steht der Keller tung“ von zeitgeschichtlichen Spuren zinierenden Funde zur Verfügung, um des Flakturms unter Wasser, wo der „vor Ort“. mit Fotos, Videos und Erklärungstafeln enge Verbindungsschacht mündet, Angesichts wuchernder Bauvorhaben den historischen Hintergrund zu ver- über den Radarsignale des „Funk- verschwinden überall Spuren der Ge- mitteln, auch kein Depot. Das Museum messgeräts“ („Würzburg-Riese“) un- schichte. Im Leitturm Arenbergpark der Stadt Wien befürchtet, bei einer terirdisch zum nahen Geschützturm hat sich die universitäre Forschung nie Übernahme Schimmelsporen einzu- geleitet wurden. Für ein (kleines oder mit den dortigen Artefakten befasst. schleusen. Die Funde beider Gruppen größeres) Zeitgeschichte-Museum Künstlergruppen („Faktum Flakturm“) lagern daher in privaten Depots, wur- scheint weder hier, noch anderswo ein haben 2005 im Turminneren irreversi- ble Veränderungen vorgenommen. Etwa ab derselben Zeit kam es zu pri- vaten Bergungsaktionen im Turm, ei- nerseits von einem Historiker, der auf rein militärische Themen fixiert ist, und andererseits von einem professio- nellen Team der Architektin Ute Bauer, das besonders den Aspekt der Zwangsarbeiter beim Bau der Türme beleuchtete. Spuren der Kriegszeit und Zwangsarbeiter-Inschriften Im Schutt des Leitturms Arenbergpark wurden unter anderem Dokumente des Architekten der Flaktürme, Fried- rich Tamms, gefunden, darunter auch Baupläne vom Oktober 1944. Tages- zeitungen von Herbst 1944 bis April Abb. 24: Leitturm Arenbergpark: Originalpläne des Flakturm-Architekten Friedrich Tamms im Kriegsschutt 1945 vermitteln drastisch die NS- „Siegespropaganda“, aber auch Ereig- den aber immerhin (in getrennten Bü- politischer Wille vorhanden zu sein. nisse des Alltagslebens. Druckschriften chern) publiziert. Die zuständige Ma- Eine Nutzung der drei bisher unge- und handschriftliche Briefe ergänzen gistratsabteilung wiederum be- nutzten Flaktürme durch gestylte das umfangreiche Material, sowie schwerte sich, dass die in aufwändiger Event-Locations oder provokant-mo- zahllose Alltagsgegenstände der Men- Arbeit geborgenen Funde „aus dem dernistische Aufstockungen (vgl. auch schen, die enggedrängt Schutz vor Turm entfernt“ worden seien - wobei die Situation beim Hamburger "Ener- Bomben suchten. Zettel nennen die klar sein muss, dass die Arbeiter der giebunker" s. Abb. 19) erscheint mir Namen der späteren Schauspieler Hel- Stadt Wien die Schutthaufen von 1945 als absolut unpassend. Die Interpreta- mut Qualtinger und Walter Kohut, die spätestens bei der Einmietung eines tion der Türme als Mahnmal gegen am Turm als Flak-Helfer eingesetzt weiteren Datencenters auf den Müll Krieg und Diktatur würde dadurch ver- wurden. Spuren der Sanitätsabteilung, befördert hätten. Ein Zeitgeschichte- nebelt und verlieblicht werden. Wenn Spielzeug und Kinderbücher, all das Museum in jenem Turm wird von der man schon glaubt, Flaktürme - jene vermittelt die Geschichte des Flak- Magistratsabteilung 34 (Gebäudema- riesigen Symbole der NS-Herrschaft turms kurz vor der Befreiung im April nagement) wegen der Kosten und bü- und der Kriegsapokalypse - unbedingt 1945. Fundgegenstände der 1950er rokratischer Sicherheitsauflagen abge- (profitabel?) nutzen zu müssen, dann Jahre zeigen, dass auch damals Teile lehnt, zumal die Kulturstellen der Stadt sollte dies behutsam, ohne starke Ein- des Turms genutzt wurden. Wien kein Geld zuschießen würden. griffe in die Bausubstanz, im Rahmen An vielen Wänden hat das Team um eines Zeitgeschichte-Museums erfol- Datencenter im Arenbergpark? Ute Bauer Inschriften italienischer und gen. Und auch das nur, falls die Um- französischer Zwangsarbeiter doku- 2011 vereinbarte die Stadt Wien mit gebung (Arenbergpark, Augarten) den mentiert. Man liest ein sehnsuchtsvol- der Firma „Danube Data Center“, in- Umbau und den (moderaten?) Besu- les „Firenze“ (Florenz), sowie „Milano e zwischen umbenannt in „Danube IT cherstrom vertragen kann. poi morire“ ((einmal noch) Mailand Services GmbH“, dass in vier Ebenen Dr. Gerhard Hertenberger (sehen) und sterben) und „Vive la des Leitturms Arenbergpark ein Da- Freier Autor France“ (Es lebe Frankreich!). Die In- tenspeicher errichtet werden solle. Äu- schriften „Laval au Poteau“ (Laval an ßerlich werde es keine Veränderungen Anmerkung den Galgen) und „Laval = große am Turm geben, und innen würden die 1 Vgl. zum Augartenspitz die Beiträge in Scheiße“ beziehen sich auf den franzö- Zwangsarbeiter-Inschriften komplett Denkma[i]l Nr. 3, S. 9; Nr. 8, S. 8 u. 19; sischen Politiker Pierre Laval, der die erhalten bleiben - wenn auch für Fir- Nr. 14-15 S. 6 und 46f.

Nr. 18 / 2014 Seite 13 enkma[] i l Die Getreidespeicher beim Alberner Hafen

Als das NS-Regime unter Adolf Hitler leitung) verarbeitet und verladen wer- Das Getreide wird vom LKW in den ab 1939 große Teile Osteuropas in den (Ostmärkische Mineralölwerke). Keller geschüttet, von wo es per „Kü- einem Angriffskrieg gewaltsam dem Ebenfalls im Dezember 1939 began- belelevator“ (eine Art senkrechtes Deutschen Reich einverleibte, wurden nen in Oberschlesien und beim Ölha- Fließband mit Kübeln) unters Dach in auch im Bereich von Wien große fen die Arbeiten für einen 320 km lan- den 13. Stock transportiert wird. Der Flusshäfen, Getreidespeicher und gen Schifffahrtskanal zwischen Donau schwere Gusseisenantriebsmotor Tanklager errichtet. Der Konnex dieser (bei Wien) und Oder (bei Cosel/Kozle), stammt wie der Elevator noch aus den Bauten zum Dritten Reich ist im öf- dessen Spuren im Bereich der Lobau 1940er Jahren. Ein Drehrohrverteiler fentlichen Bewusstsein längst ver- heute noch sichtbar sind. unter dem Dach verteilt Getreide ver- blasst. Im Alberner Getreidehafen wurde bis schiedener Hersteller und Sorten auf Schon im Sommer 1936 verkündete Kriegsende nur ein Hafenbecken fertig unterschiedliche Ebenen (Schüttbö- Hitler in der zunächst internen, gehei- gestellt, die Verbindung zu den zwei den) in die diversen Silos. Die Anzei- men „Denkschrift zum Vierjahres- nicht realisierten Becken, das „Blaue getafel im Kontrollraum ist eher „neu“, plan“, dass die „deutsche Wirtschaft in Wasser“, ist kaum noch als künstlich nämlich aus den 1960er oder 1970er vier Jahren kriegsfähig“ sein müsse, geschaffen erkennbar. Ursprünglich Jahren, das Temperaturmessgerät ebenso wie die Armee dann einsatzfä- waren in Albern sechs riesige Getrei- wirkt hingegen „original“. Die Tempe- ratur ist wichtig, denn eine Erwär- mung um drei Grad kann auf die Akti- vität eingedrungener Käfer hinweisen. Diese werden gegebenenfalls mit Stickstoff (bei Bio-Getreide) oder Phosphorwasserstoff getötet und mit einem Rüttelsieb mit Luftgebläse (Aspirator) herausgefiltert. Löcher im Boden führen über Rohre zu tieferen Schüttböden, ein Teil rinnt von selbst, der Rest muss geschaufelt werden. Jeder Schüttboden kann 500 Tonnen Last tragen. Eine spiralige „Sackrut- sche“ zieht sich senkrecht durch das Riesengebäude. Früher waren in dem riesigen Spei- cher 30 bis 40 Menschen tätig, heute sind es nur mehr zwei Personen. Im Keller führt eine schwere Metalltüre in einen Luftschutzraum, den ich vor Abb. 25: Historische Ansicht der Getreidespeicher, etwa 1950er Jahre, als noch reger Jahren noch als Werkstätte in Betrieb Schiffsverkehr herrschte. sah. Heute werden Reparaturen an hig zu sein habe. Die „endgültige Lö- despeicher geplant, vier wurden zwi- Maschinen von auswärtigen Firmen sung“ liege in einer „Erweiterung des schen 1940 und 1942 tatsächlich ge- durchgeführt. Ein Fluchtraum schützt Lebensraumes“. Dieser Vierjahresplan baut. Ungewöhnlich sind die Satteldä- vor Feuer und Staubexplosionen. beinhaltete auch den Ausbau der Do- cher, die an riesenhafte Wohnhäuser Vergleichbare Bauten naufahrrinne, ein Wasserkraftwerk bei erinnern, sowie die vielen kleinen Ybbs und Häfen mit Getreidespeichern Fenster, die für eine trockene Getrei- Wie erwähnt, war der Hafen Albern bei Wien-Albern, Krems und Linz, um delagerung unnötig und ungünstig Teil eines großen Kriegswirtschafts- Agrargüter aus Osteuropa nach des- sind. Die Betonriesen sollten offenbar programmes, das lange vor Kriegsbe- sen Eroberung ins Deutsche Reich zu im Fall von Luftangriffen wie Wohn- ginn konzipiert wurde. In Linz wurden transportieren. bauten wirken (und somit verschont 1939 bis 1944 zwei von drei Hafenbe- bleiben), was angesichts der Lage am cken errichtet, der geplante Bau von Im Kontext der Kriegswirtschaft Hafen und der enormen Größe einen vier Getreidegroßspeichern unterblieb Im März 1939 begannen Zwangsar- Bomberpiloten aber kaum täuschen dort aber. In Pöchlarn wurde schon beiter in Albern (bis 1938 zu Nieder- konnte. 1938 am Donauufer ein Getreidespei- österreich gehörig, dann Groß-Wien, cher errichtet, im nahen Krummnuss- Funktionsweise der Speicher heute Wien-Simmering) mit dem Aus- baum begannen Zwangsarbeiter 1939 graben des ersten von drei Becken Mitte September 2014 konnte der mit dem Bau eines Hafenbeckens mit eines „Getreidehafens“. Ab Dezember vorderste Speicher am Südufer beim Öltanklager. In Krems wurde 1939 bis 1939 wurde am gegenüber liegenden ersten „Open-House Wochenende“ 1941 ein Hafenbecken mit einem Ge- Donauufer ein Industriehafen, der (Tag der offenen Tür in 70 sonst un- treidespeicher ähnlich jenen von Al- heutige „Ölhafen Lobau“, mit Raffine- zugänglichen Wiener Bauten) besich- bern errichtet. Dieser zeigte noch rie und Tanklager errichtet. Hier sollte tigt werden. Mehr als 1300 Menschen lange nach 1945 einen Kriegstarnan- Erdöl aus Rumänien (per Schiff) und erfuhren in Albern, wie das Bauwerk strich. Am Areal der Brauerei Schwe- aus dem Raum Zistersdorf (per Rohr- innen funktioniert: chat wiederum, damals eine der größ-

Seite 14 Nr. 18 / 2014 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 18 / September-Dezember 2014 ten Brauereien in Hitler-Deutschland, schwemmte Wasserleichen begraben Neben dem Wert als Industriedenkmal wurde 1940/41 ein riesiger Getreide- wurden und ein Kreuz an die Toten er- ist vor allem auch der historische Kon- speicher für Braugerste errichtet. innerte, wurde im Dezember 2012 ab- text von Albern und seiner Umgebung 2012 wurde das leer stehende Ge- geholzt und planiert, Knochenreste relevant. Die einstigen Kriegsflughä- bäude (ebenso wie die Brauerei-Keller wurden zuvor aufgesammelt. Das fen in Schwechat (Mai 1938, damals mit Zwangsarbeiter-Inschriften) abge- Areal ist seit 1998 als „Sondergebiet "Fliegerhorst Heidfeld", Ursprung des rissen. Optisch ganz anders wirken die Hafen“ gewidmet, um den Hafen zu heutigen Flughafens Wien) und Agrarspeicher bei Korneuburg, sie vergrößern. Unter Denkmalschutz Deutsch-Wagram (1942, eine Beton- entstanden erst 1960 und 1970. steht nur der neue Friedhofsteil. piste zieht sich dort noch immer zwei

Abb. 26 (li.o.): Sackrutsche, Abb. 27 (li.u.):"Aspirator": Auf Rüttelsieben werden im Luftstrom Käferleichen aus dem Getreide entfernt; Abb. 28 (re.o.): Blick vom Dach eines Speichers auf das einzige realisierte Hafenbecken, angrenzend sollten zwei weitere errichtet werden; Abb. 29 (re.u.): Im Inneren des Speichers im Vordergrund, der zur Tarnung in Hausform gebaut wurde, blieb vieles im Originalzustand.

Rezente Veränderungen Historische und industrie - Kilometer durch die Felder), die KZ- geschichtliche Bedeutung Lager in Schwechat, das Lager für un- Anfang der 1990er Jahre hat die garische Juden und der riesige Güter- Firma „Wiener Hafen“ die Alberner Der im September 2014 öffentlich zu- bahnhof Strasshof von 1944 (heute Großspeicher verpachtet bzw. ver- gängliche Getreidespeicher ist zweifel- Eisenbahnmuseum), sie bildeten ge- kauft, u.a. an Raiffeisen und Grande los ein bemerkenswertes Industrie- meinsam mit dem Getreidehafen Al- Molini, einen italienischen Mehlher- denkmal, wohl würdig auch, unter bern und dem Ölhafen Lobau sowie steller. Pro Jahr werden hier bis zu Denkmalschutz gestellt zu werden. den damaligen Rüstungsbetrieben in 130.000 Tonnen Weizen, Gerste, Son- Sein archaisch anmutendes Innenle- Schwechat und Fischamend ein Netz- nenblumenkerne und Raps zwischen- ben sollte im Idealfall museal erhalten werk der wirtschaftlichen und militä- gelagert. Angeliefert wird heute nur bleiben. An der Fassade dieses ersten rischen Kriegsinfrastruktur für den per LKW, abtransportiert großteils per Speichers am Südufer sind zudem un- Krieg in Osteuropa und Russland. LKW und ein wenig per Schiff. Vor zählige Einschüsse großkalibriger sechs Jahren verließ der letzte Getrei- Waffen sichtbar, Spuren von Kampf- Dr. Gerhard Hertenberger dezug das Areal. Seit 2006 findet jähr- handlungen aus den 1940er Jahren, Freier Autor lich ein Open Air Musikfestival statt. Ab die eindrücklicher als Fotos oder Texte 2010 wurde ein Hafentor mit Hoch- die Brutalität des Krieges vermitteln. wasserdamm erbaut. Der alte Bereich Eine Erhaltung dieser Einschüsse, iD-Führung: Alberner Hafen, des Friedhofs der Namenlosen, wo ähnlich wie beim Semperdepot, wäre Termin wird noch bekannt gegeben 1840 bis 1900 hunderte ange- sinnvoll. Nr. 18 / 2014 Seite 15 enkma[] i l Die „E. H. W. – Schweinemastanstalt in Wien-Hetzendorf“ Ein Beitrag zur Sozial- und Bau- aber als angeschlossener Verband der scher Bericht vorliegt (3. Juli/1. Au- geschichte einer ehemaligen NSDAP geführt. Der Sitz war in Berlin. gust 1939, Planung und Statik von Dr.- „NS-Wohlfahrtseinrichtung“ Eines der Aufgabengebiete der NSV Ing. R. Pönninger). Bauherr hierfür ist in Wien war das „Ernährungshilfswerk“ (E. H. die Gemeinde Wien, am 20. Februar W.), das die Aufgabe hatte, Lebens- 1940 ergeht die Baubewilligung. 1943 Bis vor wenigen Jahren zählte die ehe- mittelabfälle aus Haushalten und Be- folgt noch der Bau einer Brücken- malige „E. H. W. – Schweinemastan- triebskantinen zu sammeln und zu waage mit hölzernem Waaghäuschen stalt“1 im 12. Wiener Gemeindebezirk verwerten. Die NSV erhielt ihre Richt- bei der linksseitigen Einfahrt. (Emil Behring-Weg 3) trotz aller Ver- linien vom „Hauptamt für Volkswohl- Nach Ende des Zweiten Weltkriegs er- änderungen durch die in der Nach- fahrt“. Es ist anzunehmen, dass das folgt um 1953 die Übernahme der An- kriegszeit erfolgte Umnutzung zur Gesamtkonzept der in Wien ausge- stalt durch die „Bundesanstalt für Vi- „Bundesanstalt für Virusseuchenbe- führten Schweinemastanstalt als ehe- russeuchenbekämpfung“, was um- kämpfung“ zu den wenigen bis jetzt mals landwirtschaftlicher Betrieb in fangreiche Umbauten zur Folge hat. bekannt gewordenen Zeugen in Öster- Berlin als Generalplan entwickelt Bis Ende der 1980er Jahre kommt es reich für die den „Mangel nutzende“ wurde. Die Anlage geht auf ein Projekt zu umfangreichen Adaptierungen im Wirtschaft der nationalsozialistischen zurück, das eine Verbauung von als Inneren der Stall- und Unterkunftsge- Ära. Die Herausforderung, im Umgang Ackerland gewidmeten Grundstücken bäude und des Wirtschaftsgebäudes. mit Bauten des „Dritten Reichs“ das der Gemeinde Wien westlich der Süd- Geruchsbelästigungen durch die „Tier- „richtige denkmalpflegerische Maß“ zu bahn vorsah. kadaververbrennungsanlage“, die seit finden, war offensichtlich bei der hier Ein erster Bebauungsplan für den Bau 1968 auf dem Areal betrieben wird, beschriebenen Anlage zu groß. Die einer „E. H. W. Schweinemastanstalt in führen 1989 zu Beschwerden aus der Neubebauung nach dem beinahe voll- Wien – Hetzendorf“, datiert mit 9. De- Nachbarschaft. ständigen Abbruch des Baubestandes zember 1938 und signiert von einem Beschreibung der baulichen dokumentiert das weitgehende Schei- Architekten namens „Zimmerbeutel“2, Anlage tern der Verantwortlichen. wird der „Gemeindeverwaltung des Reichsgaues Wien, Hauptabt. Bauwe- Die im Osten unmittelbar an die Süd- Zur Baugeschichte sen, Abt. IV/30“ im Frühjahr 1939 vor- bahntrasse grenzende Anlage4 ist Die „Nationalsozialistische Volkswohl- gelegt.3 Alle Einreichpläne sind zwi- streng symmetrisch um einen in west- fahrt“ (NSV) war eine von sieben schen 9. und 27. Februar 1939 datiert, östlicher Richtung verlaufenden Breit- „Wohlfahrtsorganisationen“ während Bauführer ist die Firma Ing. Stigler & anger gruppiert: Das trapezförmige der Zeit des „Dritten Reichs“. Sie war Rous. Wichtiger Teil des Gesamtkon- Grundstück wird an seinem Westrand im Mai 1933 als Fürsorgeorganisation zeptes der für 4000 Schweine bemes- über zwei Zufahrtsstraßen erschlos- gegründet worden, blieb ein eigen- senen Mastanstalt ist eine Kläranlage, sen, die bogenförmig zu dem in der ständiger eingetragener Verein, wurde über deren Ausführung ein Techni- Längsachse des Grundstücks stehen-

Abb. 30: Bebauungsplan vom 9.12.1938, geändert 27.2.1939; Bearbeitet von der Autorin: Die drei seit 2006 denkmalgeschütz- ten Bauten am Emil Behring-Weg sind rot markiert.

Seite 16 Nr. 18 / 2014 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 18 / September-Dezember 2014 den Wirtschaftsgebäude (Objekt 21) führen. Unmittelbar nach den beiden Einfahrten zweigt je ein Weg zu den an der Westeinfriedung gelegenen Wohn- häusern für die Betriebsleitung (Ob- jekte 22 und 23) ab. Die Brücken- waage befindet sich an der linken Zu- fahrtsstraße. Entlang den Längsseiten des Angers sind die in Gruppen zu- sammengefassten, insgesamt 18 Stallgebäude (Objekte 1-5, 6-10, 11- 14, 15-18) und dazwischen jeweils ein Unterkunftsgebäude für die Beleg- schaft (Objekte 19, 20) kammförmig angeordnet. Je eine Dungremise be- findet sich im Zufahrtsbereich direkt an der nördlichen und südlichen Grundgrenze. Die mit einer Feldbahn an die Südbahn angeschlossene Klär- Abb. 31: Nur das monumental konzipierte Wirtschaftsgebäude der Mastanstalt für 4000 anlage ist im Osten gegen die Bahn Schweine wurde gemeinsam mit zwei Wohnhäusern unter Denkmalschutz gestellt. hin situiert, an deren Stelle tritt nach und Holzdachstühle von zum Teil gro- sprünglichen städtebaulichen Konzept dem Krieg eine Gebäudegruppe. ßen Ausmaßen. Dachentwässerung, erkennen lassen. Von der eindrucks- Die historischen Pläne zeigen das Fenster und Fenstereinfassungen vollen städtebaulichen Gesamtwirkung zweigeschoßige Wirtschaftsgebäude, sowie der Innenausbau wurden sorg- der um eine zentrale Freifläche orien- dessen unterschiedliche Arbeitsberei- fältig und fachgerecht ausgeführt, so- tierten, symmetrischen Anordnung der che durch vielfältige Niveausprünge dass solche Baudetails trotz zahlrei- Bauten zu beiden Seiten der Längs- den Funktionen entsprechend mitei- cher, die innere Struktur total verän- achse ist nach Interventionen einer nander zu einem komplexen Baukör- dernder Umbauten teilweise erhalten Bürgerinitiative nur im engen Umfeld per verbunden sind und das von geblieben sind. der unter Denkmalschutz gestellten, einem mächtigen Satteldach über- Das Streben nach Monumentalität war erhaltenen beiden Wohnhäuser und deckt wird. Die beiden Wohnhäuser für besonders bei dem Wirtschaftsge- des Wirtschaftshofes noch etwas zu die Betriebsleitung stehen in geringem bäude unübersehbar. Die beiden erkennen.5 Abstand parallel zur Umfassungs- Wohnhäuser mit je zwei gekuppelten Dr. Ute Georgeacopol mauer im Westen am späteren Emil Einheiten am Emil Behring-Weg hul- Architekturhistorikerin, TICCIH Behring-Weg. Die Giebelansichten der digten dem kleinbürgerlichen Wohn- Häuser entsprechen dem Bautyp eines ideal und erinnerten an biedermeierli- Anmerkungen Siedlungshauses, während die Längs- che Gestaltungen. 1 Seit 1953 ist das Grundstück unter der fassaden den Charakter einer Vor- Adresse 1120 Wien, Emil Behring Weg 3, Verlust eines städtebaulichen stadtvilla zeigen. Die originale Bausub- EZ. 540/ 543/ KG Atzgersdorf/12 geführt. Planungskonzeptes stanz einschließlich der Fenster ist Die BIG Bundes Immobilien Gesellschaft weitgehend erhalten und weist außen Der herausragende Wert bestand im m.b.H., Neulinggasse 29, 1030 Wien, als Eigentümerin der Liegenschaft, erteilte – wie der Schwanenhals am Regenab- städtebaulichen Konzept der Anlage, im November 2005, auf Anregung des fallrohr - und innen – wie ein gewen- bei dem es dem Architekten gelang, Landeskonservatorats Wien, BDA, den deltes Treppengeländer - beachtens- ein selbstständiges, in sich geschlos- Auftrag, ein Gutachten über die Anlage werte Details auf. senes Wirtschaftsunternehmen so zu hinsichtlich ihrer kulturellen, historischen Die Kläranlage reinigte die gesam- gestalten, dass die einzelnen in Grup- und eventuellen baukünstlerischen Be- melten Abwässer der Schweinemast- pen zusammengefassten Baukörper deutung bzw. von Teilen derselben in Hin- anstalt für 4000 Schweine, die sich entsprechend dem Betriebsablauf blick auf einen allfälligen Denkmalschutz Brauchwässer der Wirtschaftsküche sowohl einander zuwandten als auch zu erstellen (Stichtag: 15. Februar 2006) und der gesamten Belegschaft, sowie einen gemeinsamen großen Freiraum 2 Über den planenden Architekten, der nur die Abwässer zweier Wohngebäude bildeten. Die weitestgehend symme- durch seine persönliche Unterschrift auf biologisch. Dazu flossen noch Regen- trisch angeordnete Anlage repräsen- allen Plänen dokumentiert ist, war in Österreich bisher nichts zu erfahren. wässer in die Kläranlage, da die Dach- tierte einen Typus, wie er an eine nach 3 entwässerung und der Wirtschaftshof Funktionen geordnete Idealstadt erin- Ein Grundbesitzplan ist mit September 1939 datiert. (Anger) an die Kanalisation ange- nert. 4 schlossen waren. Die aktuell geplante Neubebauung – Bebauungsplan, datiert 9. Dezember Ergebnis der Umwidmung des land- 1938, geändert 27. Februar 1939. Bauweise und Gestaltung 5 wirtschaftlich genutzten Grünlands zu Siehe Petitionsplattform: https://www. Die gesamte Anlage wurde mit einfa- Bauland – zeigt extensiv verdichtete, wien.gv.at/petition/online/Petiti on Detail.aspx?PetID=f1b5108f219e4488be chen Baustoffen errichtet: verputztes in einen Raster gezwängte Wohnbau- 39b1891120ed4c; zum Projekt „Garten- Ziegelmauerwerk, teilweise aus wieder ten, die weder auf die benachbarte stadt 2.0“: https://www.wien.gv.at/stadt verwendetem altem Ziegelformat, Kleingartensiedlung Rücksicht neh- entwicklung/projekte/europan/europan1 Holzständerbau für die Dachgeschoße men, noch einen Bezug zum ur- 0.html

Nr. 18 / 2014 Seite 17 enkma[] i l Die Khevenhüllerkaserne in Klagenfurt Lendorf – Denkmalschutz unter besonderen Voraussetzungen

Kasernenneubau im Dritten Reich Von 1940 bis 1941 waren in der Ka- darmerie hervorgegangene provisori- serne Truppen der Waffen-SS statio- sche Grenzschutzabteilung 5 die Ka- Sehr rasch nach der Okkupation niert, jeweils in Bataillonsstärke, des serne übernahm, war diese reichlich Österreichs durch das Deutsche Reich Regimentes Nordland, dann des Er- abgewohnt. wurde in der „Ostmark“ mit dem Bau satzregimentes Westland. Ab Oktober Kaserne im Wandel von neuen Kasernen begonnen, die 1941 erfolgte die Aufstellung einer sich in Baustil, Zweckmäßigkeit und Junkerschule der Waffen-SS für die Die vielen „Reformen“ des 2. Bundes- einer für die damalige Zeit bemer- Heranbildung des Offiziersnachwuch- heeres in sechs Jahrzehnten und kenswert modernen Infrastruktur für ses, diese verblieb bis Kriegsende. deren Organisationsänderungen die untergebrachten Soldaten erheb- Ab November 1943 wurde nahe des haben Truppenteile mit unterschiedli- lich von den aus der Zeit der k.u.k.- heute als „Nordostecke“ bezeichneten cher Zusammensetzung und materiel- Monarchie und der 1. Republik stam- kasernennahen Übungsgebietes eine ler Ausstattung sowie entsprechend menden unterschieden. Baracke mit zwei Wachtürmen als Ne- wechselndem Bedarf an Infrastruktur Die Kaserne in Klagenfurt Lendorf benstelle des KZ Mauthausen errich- in die Kasernen hinein und auch wie- (Feldkirchner Straße 280), für die der tet, die dort untergebrachten Zwangs- der hinaus verschoben. Auch in der Spatenstich im Juni 1938 erfolgte, arbeiter, zwischen 80 und 120, wurden 1967 in „Khevenhüllerkaserne“ be- wurde, wie auch einige andere, etwa zu verschiedensten Bauarbeiten in der nannten Klagenfurter Anlage wurden die heutige Belgierkaserne in Graz- Kaserne (Mannschaftsgebäude, daher ständig Umbauten vollzogen, Wetzelsdorf, im oberbayrischen „Mit- Schwimmbad, Luftschutzstollen) und aus Unterkünften wurden Kanzleien, aus Werkstätten Unterkünfte, aus Ga- ragen Lager, usw. Nur das Jägerbataillon 25, heute Luft- lande-Jägerbataillon, und die mehr- fach umbenannte Heeressanitätsan- stalt Klagenfurt sind von 1956 bis heute ununterbrochen in der Kheven- hüllerkaserne stationiert. Alle anderen Truppen kamen und gingen, zu ver- schiedensten Zeitpunkten, ihre Spuren in den Bauten hinterlassend: Teile des Jägerbataillons 27, eine Panzerjäger-, dann Jagdpanzer-, dann wieder Pan- zerjägerkompanie, eine Einjährig-Frei- willigen-Kompanie, eine Nachschub-, Transport- und Instandsetzungsein- Abb. 32: Einfahrt in die ab 1938 erbaute heutige Khevenhüller-Kaserne, die einst der heit, die Sperrtruppenschule, eine Ver- Waffen-SS diente. An das KZ-Außenlager am Kasernenareal erinnert seit 2009 eine Ge- waltungs- bzw. Wirtschaftsversor- denktafel. Die Kaserne steht nicht unter Denkmalschutz (vgl. S. 3). gungsstelle und ein Logistikverteiler, in terwalderstil“ errichtet. Man verwen- in der Folge auch in Klagenfurt zu Auf- dessen Gebäude heute das Kheven- dete Kreuzberglschiefer aus den stadt- räumarbeiten nach alliierten Bomben- hüller-Museum untergebracht ist. nahen Steinbrüchen, typisch waren angriffen eingesetzt. Seit 2009 erin- Neu hinzu kamen in der Zeit des zwei- die ausladenden Dachstühle, das nert eine Gedenktafel bei der Kaser- ten Bundesheeres neben dem Ausbau Bruchsteinmauerwerk und Schindel- neneinfahrt an dieses Geschehen, im des Schießplatzes und diversen Klein- dächer. 5 Mannschaftsgebäude ein- Wirtschaftsgebäude und im Offiziers- bauten die 1967 begonnene Soldaten- schließlich der Kanzleien, Wirtschafts- kasino wurden diverse Wandgemälde kirche in einer bemerkenswerten Ar- gebäude mit Unteroffiziersmesse, Of- aus der Errichtungszeit der Kaserne chitektur („das Zelt Gottes unter den fizierskasino, Sanitätsanstalt, Tank- entsprechend zu Mahnmalen umge- Soldaten“) mit dem angeschlossenen stelle, 7 Garagen- und Werkstattob- staltet. Begegnungszentrum. Seit ihrer Errich- jekte sowie die – 1943 einem Feuer tung auf dem Platz der 1943 abge- Nutzung durch die Briten zum Opfer gefallene – Sporthalle brannten Sporthalle kursiert die Anek- waren für einen Verband in Bataillons- Ab Mai 1945 wurde die Kaserne durch dote, die Kirche wäre errichtet wor- größe maßgeschneidert und großzügig die britische Besatzungsmacht genutzt den, damit die Soldaten darinnen um gestaltet, Sanitäranlagen und Küchen und von dieser zweigeteilt: Im West- eine neue Sporthalle beten könnten – entsprachen einem für die damalige teil wurde das bestehende Sanitätsob- es gibt nämlich in der Garnison Kla- Zeit sehr modernen Standard. jekt mit den nahen Mannschaftsblö- genfurt nichts dergleichen. Parallel zum Kasernenbau wurde für cken in ein Militärspital umgewandelt, Komplett saniert wurde Ende der die Offiziere am südlich der Kaserne im Ostteil wurde eine Militärpolizeiein- 1990er-Jahre die Heeressanitätsan- gelegenen Brehmsberg die Koglstra- heit und eine Logistikeinheit des stalt und mit Übersiedlung von Stabs- ßensiedlung errichtet, im Berg selbst „Royal Army Service Corps (RASC)“ kompanie und Militärmusik des Militär- befanden sich Luftschutzbunker. untergebracht. Als die aus der B-Gen- kommandos in die Khevenhüllerka- Seite 18 Nr. 18 / 2014 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 18 / September-Dezember 2014 serne wurde 2008 ein Mannschafts- Bauten trotz dieser dauernden Umge- samtbild zweifellos ein einzigartiges block aufwendig umgebaut, um die staltung ihres Innenlebens von der Ensemble dar, wobei die fortdauern- entsprechenden Proberäumlichkeiten Außenansicht her bis heute praktisch den Umbauten aus Sicht des Denk- mit ihren spezifischen Anforderungen unverändert, einzig der braun/ malschutzes einer genauen Beobach- zu schaffen. Für die Bedürfnisse des schwarz/grau gehaltene Tarnanstrich tung bedürfen. auf reine Kadereinheiten umgestellten wurde mehr als 60(!) Jahre nach Be- Luftlande-Jägerbataillons 25 werden ginn des Kasernenbaues durch den laufend Sanierungen der Mannschafts- heutigen weißen ersetzt. Brigadier i.R. Mag. Gunther Spath blöcke durchgeführt. Erstaunlicher- Insgesamt stellt die Khevenhüllerka- ehem. Militärkommandant von Kärnten weise aber blieben die meisten der serne in ihrem Baustil und ihrem Ge-

Der Pflanz mit der Panzerhalle in Salzburg Bereits vor rund drei Jahren berichtete Bauwerken – wenn überhaupt – zu Die Panzerhalle verlor durch einen ra- Gerd Seidl im Denkma[i]l (Nr. spät und vergeben damit die Chance dikalen Um- bzw. Neubau den Großteil 09/2011, S. 31f.) über die historische für geordnete Umnutzungen. ihrer Bausubstanz sowie durch zahlrei- Panzerhalle in der Struberkaserne in In Salzburg gibt es im Altstadtkern che Einbauten ihre räumliche Großzü- Salzburg, Siezenheimer Straße: „Die teils übertriebenes Schutzbedürfnis, gigkeit. Die Räumlichkeiten der vier denkmalgeschützte Panzerhalle sollte draußen hingegen Tabula rasa: Das Kompartimente – darunter eine große, abgerissen werden, was vom Bundes- „Salzburger Stadtzerstückelungsmo- dreischiffige Haupthalle, rund 44 Meter denkmalamt genehmigt wurde, unter dell“ ist eingespielt. So fällt der öffent- breit, 16 Meter hoch – verbargen sich der Bedingung diese einzulagern. Von liche Ort Riedenburghalle (1926) – nicht nur unter dem großen lagernden einem Wiederaufbau war jedoch nicht trotz Erhaltungsempfehlung – einer Walmdach der Heimatschutzarchitek- die Rede (…)“ künftigen Wohnsiedlung zum Opfer. tur, sie waren als Teil der Kaserne der Die verschlungenen Wege des Denk- Auch das Industriedenkmal Rauch- Öffentlichkeit lange Zeit nicht zugäng-

Abb. 33: Die Salzburger Panzerhalle in der Siezenheimer Straße 39a-d, am Rande der Struberkaserne (2008) malamts sollen hier in einer „Chrono- mühle im Stadtteil Lehen wurde vom lich. Erst nach dem Verkauf stieg die logie einer Demontage“ dokumentiert Landeskonservatorat ignoriert. Der Bekanntheit der Panzerhalle und galt werden, die auch Auszüge aus mei- langjährigen Forderung nach einer der besonderen Atmosphäre wegen – nem Schriftverkehr der letzten 10 bauhistorischen Expertise entsprach z.B. mit der „Die Welle 1 Birthdayparty Jahre beinhaltet. Sie zeigt einerseits die Stadtplanung bei diesem Bauen- 2010“ - als gefragteste und exklu- den Prozess der Demontage der Pan- semble viel zu spät, erst am Ende der sivste Event Location Salzburgs. zerhalle, spiegelt gleichzeitig aber Masterplan-Entwicklung für ein Wohn- Wer das großzügige Hallenensemble auch sich fatal wiederholende Fehlent- quartier. Das auch lt. diesem Gutach- mit seiner Holzkonstruktion betreten wicklungen in Salzburg wider. Engage- ten unbedingt erhaltenswerte „Alte Si- konnte, wunderte sich, dass es nicht ment und Kompetenz für die Baukultur logebäude“ (1911) stört den Master- unter Schutz stand. Das Beispiel einer des 20. Jahrhunderts sind beim Bun- plan und soll abgerissen werden. Ver- Nagelbinderkonstruktion, die minima- desdenkmalamt (BDA) und der Salz- loren ginge damit eine äußerst bemer- len Materialeinsatz mit hohen Spann- burger Stadtplanung nur sehr einge- kenswerte Holzkonstruktion im Inne- weiten verbindet, war über die Lan- schränkt vorhanden, beide reagieren ren des Silos sowie eine unverzicht- desgrenzen hinaus bau- und architek- auf Hinweise auf die Bedeutung von bare Landmarke des Stadtteil. turhistorisch von Bedeutung. Der Bau

Nr. 18 / 2014 Seite 19 enkma[] i l war sogar besser erhalten als die strukturelles Umdenken „über Nacht“ Panzerhalle wird beim Symposium denkmalgeschützte „Volkskundge- geschieht, wird der nächste Total- „Erbe verweigert - Österreich und NS- bungshalle“ in Graz von 1939/40 (vgl. verlust das Silogebäude der Rauch- Architektur“ im Architekturzentrum Artikel S. 24f.). Immer wieder werden mühle sein. Wien am 15./16. September 2006 präsentiert. Im November 2006 wird Frau Generalkonservatorin Dr. Eva- Maria Höhle zu einer neuen Untersu- chung aufgefordert, „da die seinerzei- tige ‚Feststellung’ nur in einem einfa- chen Brief hinausging und sich in der Zwischenzeit der Stand der Wissen- schaft geändert hat.“ Stadtplanung Den Hinweis an Stadtrat Johann Pa- dutsch im April 2004, dass der „beein- druckende Innenraum mit seiner Holz- konstruktion hohes Entwicklungspo- tenzial besitzt, beantwortet der für Stadtplanung zuständige Stadtrat fol- gendermaßen: „Die Halle ist extrem geil und deshalb zu schade nur für Ge- werbe. Allerdings wissen wir nicht, wer eine adäquate Nutzung in Richtung Kultur, Stadtteil-Freizeit oder sonstige Aktivitäten finanzieren soll. Vielleicht einen neuen Hangar für Mateschitz?“ Laut Amtsbericht über die Umstruktu- rierung der Struberkaserne vom 24. 6. Abb. 34: Welle 1 Birthdayparty „12 years music radio“ 24. Juni 2010 2004 wäre die Unterbringung einer eventuellen Sondernutzung „im beste- von den heutigen Panzerhallen-Ver- Chronologie einer Demontage henden Hallengebäude aus fachlicher marktern die Spuren aus der Zeit der Sicht wünschenswert.“ Michael Klock, amerikanischen Besatzung bzw. deren Meine Aktivitäten steigerten sich 2007 der Sekretär von Stadtrat Padutsch, Erweiterung betont, die Panzerhalle im Vorfeld des Verkaufs des Kasernen- erklärt am 13.11.2006 auf die Frage entstand aber ursprünglich als Teil areals. Die Strategische Immobilien nach der Erhaltungswürdigkeit: „Die einer militärischen Anlage im Dienste Verwertungs-, Beratungs- und Ent- Panzerhalle ist weder unter Denkmal- der autoritären, menschenverachten- wicklungsgesmbH (SIVBEG) wollte schutz noch als erhaltenswertes Ob- den NS-Diktatur. Mit dieser histori- denkmalschutzfrei und störungsfrei jekt nach der Stadtgeschichte im Be- schen Dimension muss der Investor veräußern, bis 2010 wurde mir eine bauungsplan mit einem Erhaltungsge- bzw. Betreiber – obwohl er nur die Besichtigungsmöglichkeit verweigert. bot belegt. Was mit diesem Objekt Wände der Außenhaut und zwei Zwi- passiert, obliegt dem künftigen Grund- Bundesdenkmalamt (BDA) schenwände stehen ließ – angemes- eigentümer bzw. Nutzer der Liegen- sen umgehen. Die teilweise widersprüchlichen Aussa- schaft.“ Der architektonischen Qualität ange- gen im BDA verweisen auf das vielen Die Experten, die in den 1980er und messen vorgegangen sind der Inves- internen Unterschutzstellungsdebatten 1990 Jahren im Auftrag des Amtes für tor Marco Sillaber und sein Partner si- folgende „Spielchen“, die Verantwor- Stadtplanung (Abt. IX/1) die Erhal- cherlich nicht. Das Fehlen von Schutz- tung zwischen Wien und Landeskon- tungswürdigkeit von vor 1945 errich- szenarien – die Halle besitzt weder ein servatorat (LK) Salzburg hin- oder teten Bauten in der Stadt Salzburg Erhaltungsgebot der Stadt noch Denk- herzuschieben. überprüft hatten, konnten die Struber- malschutz - verschlechterte zudem die Unbewegliche Denkmale im öffentli- kaserne als militärisches Sperrgelände Verhandlungsposition der Architekten chen Eigentum (z.B. Bund, Land, Kir- nicht bearbeiten. Die Aufforderung an mit Bau- bzw. Feuerpolizei, die immer chen etc.) standen gem. §2 Denkmal- Stadtplanung bzw. -Politik, dringend wieder gegen die Erhaltung von Holz- schutzgesetz (DMSG) kraft gesetzli- das entsprechende Gutachten nachzu- konstruktionen in Stellung gebracht cher Vermutung bis 31.12.2009 auto- holen, fand kein Gehör, weder vor werden. Die Verantwortlichen in Stadt- matisch unter Denkmalschutz. Frau noch nach dem Verkauf 2007. planung und Politik kennen keine res- OR Dr. Gerlinde Lerch (LK Salzburg) Die AnrainervertreterInnen Dr. Ak- sourcenschonende Stadt(teil)entwick- erklärte allerdings bereits im Novem- manlar-Hirscher, Dr. Frauenberger, Hr. lung, die hochwertige Bausubstanz ber 2005, den Denkmalschutz der Himmelfreundpointner und Dr. Uitz und räumliche Potenziale erkennt, Panzerhalle aufgehoben zu haben. formulierten beim vorzeitig abgebro- welche als öffentliche Orte und au- Diese Fehlentwicklung wird umgehend chenen Workshop-Prozess Bebauung thentische Identifikationspunkte un- dem Abteilungsleiter „Inventarisation Struberkasernengründe 2008 folgen- verzichtbar für die oft uniformen und Denkmalforschung“ in Wien, HR des Ziel: „Der beabsichtigte Abriss der Nachbarschaften sind. Wenn kein Dr. Andreas Lehne, mitgeteilt. Die Panzerhalle wäre eine verschenkte

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Chance, da hier ein Zeitdokument und waren. „Die Panzerhalle der Struber- im neu entstehenden Quartier werden, ein für den Stadtteil prägendes Ge- kaserne in Salzburg wurde kurz vor ist Architekt DI Peter Riepl, Vorsitzen- bäude wirtschaftlichen Interessen ge- ihrem Verkauf an einen Investor unter der des Gestaltungsbeirats, überzeugt. opfert würde. Die Halle könnte einen Denkmalschutz gestellt.“ war im Ma- Bauträger ist die Panzerhalle Betriebs einzigartigen Standort für Kulturver- gazin der Bundesimmobiliengesell- GmbH/Marco Sillaber […]; CS-Archi- anstaltungen oder auch für Betriebe schaft, „BIG BUSINESS“ (Nr. 7/2010), tektur, hobby a., LP architektur und abgeben.“ Für den Wettbewerb zur zu lesen. „Die richtige Bildunterschrift Strobl Architekten haben gemeinsam Neubebauung des Struberkasernenge- zur Panzerhalle“ – so OR Dr. Gerlinde als ‚ARGE Panzerhalle’ die Entwürfe ländes hielt die Stadtplanung im Mai Lerch, LK für Salzburg – hätte jedoch vorgelegt. Tatsächlich bleibt das ge- 2010 fest, dass mit Schreiben des folgendermaßen lauten sollen: „Für die samte Objekt mit seinen vier Bauteilen Bundesdenkmalamtes vom 7.2.1994, Panzerhalle wurde […] kurz vor ihrem und einer Gesamtlänge von 177 Me- 24.3.1995 und 17.1.2008 (Bescheid Verkauf an einen Investor das Unter- tern in ursprünglicher Gestalt und im Panzerhalle) festgestellt wurde, dass schutzstellungsverfahren eingeleitet.“ Bestand erhalten; die Revitalisierung die Bestandsgebäude der Struberka- Landeskonservator Dr. Gobiet erklärt: zur Umnutzung stärkt die bestehen- serne nicht die im § 1 DMSG gefor- „Nach einem längeren Diskussionspro- den Qualitäten, etwa durch Offenle- derte geschichtliche, künstlerische zess, auch mit den Spitzen des Bun- gung der Tragkonstruktion, und erhält oder sonstige kulturelle Bedeutung be- desdenkmalamtes Wien, wurde ent- den Charakter des Bauwerks. Eingriffe sitzen und daher nicht als Denkmal im schieden, die Panzerhalle […] (oder an der Außenseite betreffen lediglich Sinne des Gesetzes anzusehen sind. auch nur Teile dieses Bauwerkes) nicht das Dach, das durch Fenster und ein-

Abb. 35 u. 36: Einsicht in den Aufbau der Nagelbinderkonstruktion der Panzerhalle, (2010)

Nachdem die Stadtplanung jahrelang unter Denkmalschutz zu stellen.“ geschnittene Loggien als ‘fünfte Fas- dasselbe Desinteresse an den Tag ge- Anfang 2011 wurde Marco Sillaber sade’ und zur Belichtung der innen legt hatte, reagierte sie in letzte Se- kontaktiert, da er beim Gusswerk die eingezogenen Geschoße fungiert. Für kunde auf die Bedeutung der Halle nicht denkmalgeschützte Bausubstanz Durchlässigkeit im Grundgeschoß sor- und bot einen Kuhhandel für Erhal- respektvoll weiterentwickelt hatte. gen zudem Glasflächen an beiden tungswillige an: „Bei Erhalt von min- Sillaber kaufte mit einem Partner als Längsseiten – damit öffnet sich das destens der Hälfte der Panzerhalle soll Panzerhalle BetriebsgmbH die „Pan- Gebäude auch zum Park des neuen die Baumasse, die ohne Erhalt der zerhalle“, die – so seine mehrfache Wohnquartiers. Da die Etagen zur Panzerhalle bei einer Baumassenzahl Aussage - „zur Gänze erhalten wer- Neunutzung des Innenraums nicht von 4,0 realisierbar wäre, als Neubau- den“ soll (ORF, 20.3.2012). Sillaber vollflächig eingezogen werden, entste- volumen zusätzlich zur bestehenden versprach hoch und heilig, den innen- hen hier große Lufträume und Lofts im Baumasse möglich sein.“ räumlich beeindruckenden Hallen- ursprünglichen Sinne des Wortes: Der renommierte Fotograf Stefan komplex mit seiner eleganten Nagel- Speicher- oder Industriehallen werden Zenzmaier dokumentierte im Juli 2010 binderkonstruktion zu erhalten und zu in eine andere Nutzung überführt“. den beeindruckenden Hallenkomplex. adaptieren, schwärmte gar vom Ein- Der Bauherr Im Oktober 2010 wurde die holländi- sparungspotenzial gegenüber einem sche Immobilienfirma bzw. der öster- Neubau. Ein radikaler Paradigmenwechsel er- reichische Vertreter (Dr. Staininger, folgte rund ein Jahr später. Dieser sei Gestaltungsbeirat Wien) kontaktiert, Nachnutzungsstu- nun – so Sillaber – „aufgrund der zahl- dien für die Studenten von Prof. DI Dr. „Die Panzerhalle […] bleibt Salzburg reichen Auflagen richtig und vernünf- Norbert Burger (Studiengangsleiter erhalten“, die Einreichung findet am tig.“ Nun wird ohne Rücksprache mit Baugestaltung Holz) der FH Kuchl an- 14.3.2012 „die volle Zustimmung im dem Gestaltungsbeirat skrupellos ab- geregt sowie Holzcluster Salzburg und Gestaltungsbeirat […]. Das präsen- gerissen. Sillaber errichtete im We- proHolz Salzburg eingeschaltet, die tierte Projekt könne eine absolute Be- sentlichen einen Neubau, nur einige von der Holzkonstruktion begeistert reicherung, ein positiver Brennpunkt Prozent der Bausubstanz – die Mauern

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Abb. 37: Kein Bombentrichter, sondern die Art in Salzburg, bauhistorisch wertvolle Gebäude zu „erhalten“ und rund 40 Tore – blieben erhalten. und Detailqualität ein, er hat die Archi- der anderen Seite verschenkte die Sillaber kündigte am 9.7.2013 an: Bei tekten nicht mit der Ausführungspla- Stadt die zusätzliche Bebaubarkeit mit der „Übergabe an die neuen Mieter nung beauftragt. tausenden Quadratmetern, ohne sich wird die Halle […] optisch die jetzigen Sillaber lukrierte mit dem Kuhhandel- eine nicht-kommerzielle, z.B. stadtteil- hervorstechenden Attribute (Dach- Angebot, das eigentlich nur bei einer spezifische Nutzung in der Halle zu si- haut, Ziegelwände, Nagelbinder - wo Erhaltung galt, tausende Quadratme- chern. Heute müssten die rund 1000 sichtbar - und Tore) aufweisen.“ Die ter mehr Bebaubarkeit. War er noch Bewohner des „Freiraums Maxglan“ Binder würden abgetragen und gela- Anfang 2012 mit einer Nutzungsflä- mit einem 50 m2 kleinen Gemein- gert, danach – wo möglich – die origi- chensteigerung von 10.000 auf schaftssaal beim Kindergarten aus- nalen Binder bzw. in gleicher Bauweise 15.000 Quadratmeter (ORF, 20.3. kommen. Die große Halle im Panzer- erneuerte wieder eingesetzt. 2012) zufrieden, so wuchs diese hallenkomplex hätte durch den Wid- Heute gibt’s kein Brett mehr von der schließlich – inklusive dem sechsge- mungs-Abtausch unverbaut bleiben alten Nagelbinderkonstruktion, auf Sil- schoßigen Neubau (Arch. Christoph und öffentlich werden können. Bei labers Wunsch weiß gefärbelte Nagel- Scheithauer) anstelle des östlichen einer solch moderaten Kubaturerhö- binder-Fakes wurden zwischen die Be- Viertels (Bauteil A) der Panzerhalle – hung hätten Investor und Öffentlich- tonträger des Neubaus (Bauteil D – auf 18.000. Sillaber verbreitet ent- keit gewonnen. Dafür wäre freilich ein der westlichste) geflickt. Marco Silla- sprechend dieser Milchmädchenrech- Erhaltungsgebot rechtzeitig vor dem ber spart massiv bei der Architektur- nung keck: „75 Prozent der ehemali- Verkauf notwendig gewesen, dann gen Panzerhalle (Kooperationsprojekt hätten klare Verhältnisse geherrscht. von hobby a., LP Architektur und Von der Panzerhalle wäre ungleich Strobl Architekten) konnten erhalten mehr geblieben, mehr Substanz und werden.“ Raum für die Allgemeinheit. Die PR-Propaganda für die Eröffnung Das Ergebnis der Panzerhalle dieses Frühjahr läuft Nach der Entkernung – sie gilt in kul- auf vollen Touren: Ein nostalgie- tivierten Kommunen in Europa seit schwangerer Vintage-Zeitgeist mag Jahrzehnten nicht mehr als zeitge- die substanzlosen Dekorationen mit mäße Erhaltungsstrategie – macht das ein paar alten Resten bzw. Fakes fei- Ergebnis klar: Nicht Substanz und ern. Das Ergebnis ist aber eine Bank- räumliche Großzügigkeit der atmo- rotterklärung für den Schutz histori- sphärisch einzigartigen Haupthalle scher Baukultur und respektvolles sollten erhalten, sondern möglichst Weiterbauen. Abb. 38: Auf Marco Sillabers Wunsch weiß viele Quadratmeter Nutzfläche gewon- gefärbelte Nagelbinder-Fakes wurden zwi- nen werden. Auf der einen Seite sind schen die Betonträger des Neubaus ge- Dr. Norbert Mayr flickt. (Dezember 2014) die Qualitäten der Halle verloren, auf Architekturhistoriker und Stadtforscher

Seite 22 Nr. 18 / 2014 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 18 / September-Dezember 2014 Salzburger Autobahnbrücken

Am Autobahnknoten Salzburg treffen Adneter Marmor errichtet, ebenso wie den war, vor ihrem Firmeneingang in die Tauernautobahn (A10) von Villach die Brücken auf der A8. Ab Siezenheim Liefering aufgestellt hatte. Begonnen und die Westautobahn (A1) aus Wien wurden die Brücken aus Konglomerat wurde mit der Demontage bei den Un- aufeinander. Von hier führt die Auto- errichtet. Eine Brücke in Hallwang terführungen Gois und Großgmain. bahn zum Grenzübergang Walserberg, wurde mit grauem Kalkstein verklei- Nachdem die Autobahn und ihre Brü- wo die Autobahn in die deutsche Bun- det. Im Laufe der letzten 76 Jahre er- cken nicht unter Denkmalschutz ste- desautobahn A8 übergeht, die bis fuhren diese Autobahnbrücken immer hen, bestehe keine Möglichkeit, gegen München führt. Dieser Autobahnab- wieder Veränderungen, einige wurden das Abmontieren vorzugehen, wurde schnitt war der erste in Österreich und verbreitert, indem seitlich dazu beto- mir sinngemäß bei Anrufen im Landes- stammt als einziger noch aus der poli- niert wurde. Hier ist das steinerne konservatorat Salzburg und im Bun- tisch dunkelsten Epoche Österreichs, Mauerwerk nur noch in den Unterfüh- desdenkmalamt, Abteilung für techni- der NS-Zeit. Die aufwändige Bauweise rungen ersichtlich. Bei einigen Verbrei- sche Denkmale in Wien, mitgeteilt. Die steht exemplarisch für den Stil jener terungsmaßnahmen wurde allerdings Salzburger Nachrichten teilten telefo- Zeit, einzelne Brücken und Unterfüh- ein Teil der Steinverkleidung abgebaut nisch mit, dass es sich um ein sehr rungen sind noch weitgehend original und anschließend mit den Reichsad- heißes Thema handle und sie sich erhalten und somit sicherlich erhal- lern wieder aufgebaut. Andere wurden nicht weiter damit befassen möchten. tenswert. abgerissen, da größere Durchfahrts- Am 16. April 2009 erschien schließlich

Abb. 39: Spuren der NS-Zeit: Autobahnbrücken im Raum Salz- Abb. 40:"Reichsadler" vor der Demontage 2008: Das Haken- burg, einst mit Baujahr und Reichsadler versehen kreuz wurde bereits nach Kriegsende entfernt

Der Spatenstich erfolgte am 7. April höhen oder breitere Straßenunterfüh- ein Artikel im Lokalteil der Salzburger 1938 durch Adolf Hitler am Walser- rungen verlangt wurden. An ca. 30 Nachrichten: „ASFINAG ließ Reichsad- berg. An den Brücken bzw. Unterfüh- Brücken und Unterführungen in Salz- ler wegmeißeln“. Darin wurde das rungen wurden je nach Größe ein oder burg waren bis vor wenigen Jahren Bundesdenkmalamt erwähnt, das sich zwei Reichsadler mit der Jahreszahl noch Reichsadler und Erbauungsjahr von der Demontage überrascht zeige der Erbauung angebracht. 1942 wurde ersichtlich. und in Gespräche mit der ASFINAG der Autobahnbau aus Kriegsgründen treten wolle. Eine Prüfung durch Ex- eingestellt, fertig gestellt waren da- Ab 2008 begann die ASFINAG, diese perten, inwieweit Reichsadler erhal- mals die Abschnitte von Salzburg Süd Adler aus den Brücken zu meißeln. Ei- tenswert seien, wurde angekündigt. über den Knoten Salzburg bis Walser- nige Beteiligte berichteten, dass eine Offenbar wurde dabei keine Möglich- berg und von Walserberg über Knoten Kunststudentin aus Wien bei der AS- keit gefunden, die steinernen Zeitzeu- Salzburg bis nach Salzburg Mitte. FINAG die Reichsadler „meldete". Um gen für die Nachwelt zu bewahren. So Nach dem Krieg wurden von den ame- nicht mit dem Verbotsgesetz in Kon- wurden weiterhin Adler und Baujah- rikanischen Alliierten die Brücken "ent- flikt zu kommen und negative Nach- reszahlen entfernt. Einer der letzten nazifiziert", indem man aus den Adlern richten zu vermeiden, entschloss sich Adler war jener bei der Unterführung das Hakenkreuz herausschlug. An der die ASFINAG damals zur kompletten Hagenau/Oberndorferstraße. Er wurde bayerischen A8 entfernten die Ameri- Entfernung der NS-Reliefs. Nebenbei als einziger von einem Steinmetz he- kaner die Adler hingegen komplett. muss erwähnt werden, dass die ASFI- rausgearbeitet, fand aber nicht, so wie NAG bis zu diesem Datum einen er es verdient hätte, als Mahnmal Ver- Die Autobahnbrücken an der Strecke Reichsadler, der von der Lieferinger wendung. Salzburg Süd über Knoten Salzburg Unterführung stammte, die durch Dipl. Ing. Gerd Seidl bis Siezenheim wurden aus Beton und einen Lärmschutztunnel ersetzt wor- iD-Landesobservator Salzburg

Nr. 18 / 2014 Seite 23 enkma[] i l Die Metamorphose der Halle 11 in Graz Auf dem Grazer Messegelände wurde über den beiden Seitenteilen je 20 m. seite, kleine Anbauten, sowie das im Jahr 1939 die so genannte „Volks- Das als Rahmenfachwerk erbaute Ge- Einziehen einer Zwischendecke und kundgebungshalle“, später Messe- bäude wurde als ein einfaches, klar Anbringen von Wandverkleidungen halle 11, in Holzbauweise errichtet. gegliedertes, statisch unbestimmtes im Inneren kam es zu einer weitge- Die Bauzeit dauerte vom 7. Juni 1939 Tragwerksystem konzipiert (Abb. henden Abdeckung der Holzkonstruk- bis 4. November 1940. Für die Halle 41ff.). Die Außenwände waren aus tion, die zwar in ihrer Substanz voll- nützte man damals den Bereich senkrechten Pfosten mit Querriegeln ständig erhalten blieb, aber nicht neben dem Messegelände und der und einer horizontalen Brettverscha- mehr ablesbar war. Das äußere Er- Trabrennbahn. Das Gebäude sollte lung gebildet. Der vorspringende Mit- scheinungsbild der Messehalle 11 nicht nur die Funktion als Versamm- telteil im Westen war ursprünglich wurde dadurch nachteilig verändert. lungshalle erfüllen, sondern war ur- durch drei großteilige Fensterflächen Das Bauwerk war auf Grund der Ver- sprünglich auch zu Ausstellungszwe- gegliedert. Die Halle besaß ein fla- bindung einer ingenieurmäßigen Pla- cken für den Grazer Messebetrieb, für ches Satteldach mit vier Belüftungs- nung mit einer handwerklich ausge- Großkonzerte, Filmvorführungen und reitern am First. Die Dachhaut, aus führten hölzernen Tragwerkskon- sportliche Wettkämpfe vorgesehen. einer Vollschalung gebildet, lagerte struktion mit großer freier Stützweite Auch der der Messe angeschlossene auf fachwerkartigen Längsträgern. als Baudenkmal von überregionaler Vergnügungspark war fallweise in der Die Längsträger bestehen aus zwei- Bedeutung anzusehen. In sozialge- Halle situiert. teiligen Gurten und zweiteiligen Dia- schichtlicher Hinsicht stellte das Ge-

Abb. 41 (li.): Außenansicht der 1939/40 erbauten Halle 11 (Messeplatz 1, Graz-Jakomini) vor dem Abbruch; Abb. 42 (re.): Die Mittel- stütze der architekturgeschichtlich bedeutenden Holzkonstruktion Die Architekten Friedrich Zotter, Karl gonalstreben, die Hauptträger aus bäude ein anschauliches Dokument Hoffmann und K. Demel planten einem durchgehenden Rahmenfach- für die Errichtung von Großveranstal- diese damals größte Holzhallenkon- werk über drei Felder ohne Gelenk. tungshallen im zweiten Viertel des struktion der Steiermark. Zotter war Die Rahmenwerke der Hauptträger 20. Jahrhunderts dar. Die Messehalle seit 1924 an der Technischen Hoch- lasten auf vierteiligen Mittelstützen 11 zählte zu den größten erhaltenen schule in Graz tätig und leitete dort aus Rundhölzern mit kapitellartigen Holzhallenkonstruktionen aus den ab 1928 die Lehrkanzel für Baukunst Auflagern (Abb. 42). Sämtliche Holz- 1930er Jahren in Europa und war und Entwerfen. In den Jahren verbindungen sind geschraubt und daher als Baudenkmal zu bewerten. 1936/37 und 1937/38 sowie 1948/49 durch Dübelelemente gesichert. Ringen um den Erhalt war Zotter Rektor der Technischen Während des Zweiten Weltkrieges Hochschule in Graz. wurde der 1906 begonnene Messebe- Ein erster Versuch des Landeskonser- Die als Holzskelettbau errichtete Ver- trieb eingestellt und erst 1948 wieder vators für Steiermark im Jahre 1998, sammlungshalle war eine dreischif- aufgenommen. Die Gebäude der Gra- die Halle ob ihrer Bedeutung unter fige Anlage über einem rechteckigen zer Messe fielen fast vollständig dem Denkmalschutz zu stellen, scheiterte Grundriss mit risalitartig vorspringen- Krieg zum Opfer, nur die Messehalle aufgrund einer negativen Stellung- den Anbauten an den Giebelseiten in 11 blieb weitgehend unbeschädigt. nahme des damaligen Leiters der Ab- der Breite des Mittelteiles. Das Ge- Nach Kriegsende wurde die Holzhalle teilung für Technische Denkmale in bäude wies bei einer Länge von 122 für Ausstellungszwecke adaptiert und der Zentrale des Bundesdenkmalam- m und einer Breite von 80 m keine in das Messekonzept eingebunden, tes in Wien. Bauwerksfuge auf. Die Holzkonstruk- ohne eine grundlegende Änderung Mit der Neukonzeption der Grazer tion spannte sich im Mittelteil über der Konstruktion. Durch spätere Messe, verbunden mit dem Bau der eine freie Stützweite von 40 m und Blechverkleidungen an der Außen- Grazer Stadthalle und einer neuen

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Großhalle bei gleichzeitiger Verklei- jede Art einer baulichen Veränderung werden. Die Messeleitung legte nerung des Messegeländes, stand die der Hallenstruktur eine Neuberech- schließlich ein Projekt von Arch. DI Messehalle 11 im Wege und sollte zu- nung der Statik aufgrund der aktuel- Florian Riegler vor, das den Abbau nächst ersatzlos abgebrochen wer- len Normen notwendig. Im Auftrag der 5 Gespärrejoche umfassenden den. Der Landeskonservator stellte des Bundesministeriums beauftragte Halle vorsah, sowie nach Fertigstel- daher im Jahr 2002 erneut den An- der Denkmalbeirat des Bundesdenk- lung der neuen Messehalle im An- trag auf Unterschutzstellung. malamtes em. Univ. Prof. Dr. Alfred schluss an diese die Wiedererrichtung Die Messeleitung stellte an das Denk- Pauser mit einem Gutachten. Dieser in verkürzter Form mit nur drei Ge- malamt den Antrag auf Bewilligung kam zum Ergebnis, dass die Messe- spärrejochen. Durch die Verkleine- rung des Messeareals blieb kein Platz für die Wiederaufstellung der Halle in der ursprünglichen Länge. Mit Bescheid des Bundesdenkmalam- tes vom 6. Oktober 2005 (Zl. 25.444/8/2005) wurde schließlich die Bewilligung zur Demontage, Zwi- schenlagerung und Teilwiedererrich- tung erteilt. Für die witterungssichere

Abb. 43 (li.): Innenansicht vor dem Abbruch: 122 Meter lang, 80 Meter breit, stützenfreies Mittelschiff; Abb. 44 (re.): Wiederaufbau der Halle zu drei Fünfteln der ursprünglichen Länge im Jahr 2007 der Translozierung der Halle. Das halle 11 weder aus technischer noch Zwischenlagerung der Gespärreteile Denkmalamt sprach sich zunächst aus konstruktionsgeschichtlicher wurde eine eigene Halle als Proviso- gegen eine Dislozierung aus und Sicht eines besonderen Schutzes be- rium errichtet. lehnte auch Vorschläge ab, die große dürfe. Eine fragwürdige Äußerung, 2007 wurde die um zwei Fünftel ver- Halle geteilt in der Form zweier klei- hat doch der Gutachter die Halle kleinerte „Halle 11“ schließlich als nerer Hallen an anderem Ort zu er- nicht in Augenschein genommen. Anbau an die neue Messehalle unter richten. Es gab ein Ansuchen der Fei- Univ.-Prof. Konrad Eberlein vom Berücksichtigung inzwischen neuer stritztalbahn-Betriebsgesellschaft, Kunsthistorischen Institut der Univer- Normen wiedererrichtet (Abb. 44). einen Teil der Halle als Lok- und Wa- sität Graz stellte in einem Protest- Einer der Mentoren für die Wiederer- genremise zu übernehmen. schreiben 2004 fest, die Halle 11 sei richtung war Univ.-Prof. DI Dr. Ri- Die Kammer der Architekten und In- in einer ausgeklügelten rationalen chard Pischl, ein anerkannter Experte genieurkonsulenten für Steiermark Konstruktionsweise errichtet worden, für den konstruktiven Holzbau in der und Kärnten richtete ein Protest- in der das technische Streben der Steiermark. Ihm gebührt großer schreiben gegen den geplanten Ab- Moderne und die Rücksicht auf Mate- Dank für sein Engagement. bruch der Halle 11 an die für den rial und Kosten eine Verbindung ein- Trotz der verkürzten Form gibt die Denkmalschutz damals zuständige gingen, wie sie selten in dieser Klar- beeindruckende Dimension der origi- Bundesministerin Elisabeth Gehrer. heit zum Ausdruck komme. nalen Holzkonstruktion mit ihren weit Ein ausführliches Gutachten von Im Auftrag des Bundesdenkmalamtes gespannten Fachwerksträgern Zeug- Univ.-Prof. DDI Wolfgang Winter vom verfasste Dipl. arch. ETH Dr. Walter nis des fortschrittlichen Ingenieur- Institut für Tragwerkslehre der Tech- Zschokke im März 2004 ein Gut- baues aus der ersten Hälfte des vori- nischen Universität in Wien stellte achten mit dem Ergebnis: Die Messe- gen Jahrhunderts. 2003 die Möglichkeit fest, aufgrund halle 11 mit ihrer vermeintlich – weil der Elementierung der Halle und der auf den ersten Blick – wilden Trag- Dr. Friedrich Bouvier zahlreichen Montagestöße das Trag- werkskonstruktion, weise deutlich er- 1990 bis 2007 Landeskonservator für die werk komplett oder in Teilen zu zer- kennbare architektonisch-räumliche Steiermark (Bundesdenkmalamt) und mit der legen und an einem anderen Ort wie- Qualitäten auf. Sie könne als Vorläu- Unterschutzstellung und Dislozierung der aufzubauen. Jedenfalls sei für ferin der Grazer Schule angesehen der Halle direkt befasst

Nr. 18 / 2014 Seite 25 enkma[] i l Gedenkkultur an Orten der NS-Rüstungsindustrie

Österreich als Idylle friedliebender rung an die Opfer zu erhalten, wobei Herbst 1943 begann in ihr der senk- Menschen, die mit NS-Zeit und Krieg es 1949 gegen die Eröffnung heftige rechte Zusammenbau von V2-Rake- nicht viel zu tun hatten - bestenfalls Widerstände gab. Das KZ wurde so- ten, wobei wegen anhaltender Bom- als Opfer - dieser Mythos wurde nach dann als die eine und einzige Gedenk- benangriffe die Raketenproduktion 1945 oft propagiert. Blutige Kriege stätte der NS-Verbrechen definiert, bald darauf nach Thüringen in die be- prägten jedoch seit jeher Österreichs während im restlichen Land die Spu- rüchtigten, zuletzt 20 Kilometer lan- Geschichte, sodass vielerorts die Rüs- ren der Vergangenheit vielfach in Ver- gen Mittelwerk-Stollen (KZ Mittelbau tungsindustrie florierte. Die Region gessenheit gerieten. Dass heimische Dora) verlagert wurde. Hirtenberg-Wöllersdorf-Blumau (NÖ) Konzerne in NS-Verbrechen involviert Es ist das Verdienst der Historiker Flo- wurde beispielsweise im 19. Jh. als waren, trug dazu bei, dass diese The- rian Freund und Bertrand Perz, 1987 „Munitionsdreieck“ bezeichnet. men erst spät und zögernd aufgear- die Geschichte dieser „Serbenhalle“ Die nach 1918 stark geschrumpfte beitet wurden. Anhand einiger Bei- erforscht und publiziert zu haben. Sie Rüstungsindustrie wurde nach dem spiele soll im Folgenden der Umgang dient heute als Lager und als Spielort „Anschluss“ 1938 stark forciert: Die mit Spuren der NS-Rüstungsindustrie für Paulus Mankers Theaterstück größte Panzerproduktion des Dritten untersucht werden. Alma, erst 2005 wurde eine Gedenk- Reichs befand sich beispielsweise in tafel errichtet. Vor Jahren wurde ein Wiener Neustadt (NÖ) St. Valentin (NÖ). Dieses „Nibelungen- (erfolgloser) Antrag auf Denkmal- werk“ war Teil der Steyr-Daimler-Puch Wegen der großen Rüstungsbetriebe schutz gestellt. Im Wald außerhalb der AG, heute ist dort ein MAGNA-Stand- wurde Wiener Neustadt besonders Stadt existieren Teststände der V2-Ra- ort, die Panzerproduktion wanderte zu stark bombardiert. Die „Wiener Neu- keten, jener Waffe, deren Bau mehr

Abb. 45: „Serbenhalle“ in Wiener Neustadt: NS-Truppen Abb. 46: Das riesige KZ-Außenlager bei Guntramsdorf (N.Ö.) am ermordeten in ihr 1700 Menschen, danach wurde sie von Areal der „Flugmotorenwerke Ostmark“, mitten im Industriegebiet Serbien nach Wr. Neustadt transportiert, um darin V2-Ra- erkennt man noch immer die Fundamente der KZ-Baracken. Sie keten zu montieren. stehen nicht unter Schutz.

General Dynamics. Ab 1943 wurden städter Flugzeugwerke“ (WNF) bauten Menschen (KZ-Häftlinge) tötete als ihr hiesige Rüstungsbetriebe zunehmend z.B. mehr als 8.500 Stück des Kampf- Einsatz. Sie wurden nie untersucht in bombensichere unterirdische Anla- flugzeugs „Messerschmitt Bf 109“. Sie und stehen ebenfalls nicht unter gen verlegt, wobei in der Nähe oft waren Teil des in Regensburg und Denkmalschutz. „Außenlager“ des KZ Mauthausen er- Leipzig angesiedelten Messerschmitt- Wiener Neudorf (NÖ) richtet wurden. Beim Bau der riesigen Konzerns, der nach Fusionen über unterirdischen Stollen und bei der MBB, DASA und den Eurofighter-Her- Wo sich heute das "Industriezentrum Zwangsarbeit unter grausamsten Be- steller EADS heute in der „Airbus Niederösterreich Süd" bei Wiener Neu- dingungen starben zehntausende Group“ steckt. Eine benachbarte, still- dorf ausbreitet, wurden 1941 bis 1945 Menschen. Viele Rüstungskonzerne, gelegte Lokomotiv-Fabrik wurde ab im „Flugmotorenwerk Ostmark“ von die damals bei der SS Häftlinge „be- 1942 in die Rüstungsschmiede „Rax- mehr als 3000 KZ-Häftlingen Motoren stellten“ oder zugewiesen bekamen, Werke“ umgewandelt, wobei eine in für Kampfflugzeuge produziert. Auch existierten nach 1945 weiter. Nur we- Serbien erbeutete, 300 Meter lange dieser Teil des Junkers-Konzerns nige haben bisher ihre dunkle Vergan- und 30 Meter hohe Halle per Eisen- steckt heute über EADS in der Airbus- genheit aufgearbeitet. bahn angeliefert und 1943 von KZ- Group. Die Hallen sind weitgehend Im Juni 1947 verpflichtete sich die Häftlingen zusammengebaut wurde verschwunden, auf einer Wiese ragen junge Zweite Republik gegenüber der (vgl. Abb. 45). 1700 Dorfbewohner noch Fundamente von KZ-Baracken sowjetischen Verwaltung, das KZ waren von der Wehrmacht in Serbien aus dem Boden (vgl. Abb. 46). Seit Mauthausen als Denkmal zur Erinne- in dieser Halle erschossen worden. Ab 2005 befasst sich ein Gedenkverein1

Seite 26 Nr. 18 / 2014 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 18 / September-Dezember 2014 mit der Geschichte des Areals. Die Ba- Judkovits aus Debrecen, die laut Yad- Mauthausen marschieren, fast alle rackenreste stehen nicht unter Denk- Vashem-Archiv offenbar im Alter von starben, viele wurden von der SS er- malschutz, es gibt jedoch seit 1995 16 Jahren in einem Wiener Lager er- mordet. Bei Führungen in der See- Informationstafeln, sodass eine Zer- mordet wurde (vgl. Abb. 47). Ich ver- grotte wird all dies nur oberflächlich störung dieser Spuren durch Baupro- ständigte das Bundesdenkmalamt thematisiert, und die Gemeinde Hin- jekte unwahrscheinlich scheint. (BDA), nach einem kurzen Baustopp terbrühl verschweigt den Rüstungsbe- zwecks Dokumentation wurde weiter trieb mit KZ-Außenlager auf ihrer Schwechat (NÖ) demoliert. Weder die Brauereileitung, Webseite gänzlich und verweist eben- Der Flughafen Wien-Schwechat ent- noch die Gemeinde Schwechat oder falls darauf, dass sie wegen der Einge- stand 1938 als Militärflugplatz („Flie- das BDA hatten die historischen Kel- meindung in „Groß-Wien“ nach 1938 gerhorst Heidfeld“), ab 1942 befand leranlagen zuvor untersucht! Der nicht existiert habe.3 sich daneben das Flugzeugwerk "Hein- Brauereichef versicherte mir sogar, es Melk (NÖ) kel-Süd" mit einem KZ-Außenlager. habe in Schwechat keine Rüstungsbe- Auch Heinkel steckt heute über EADS triebe gegeben! Schwechater ist heute Auf halbem Weg zwischen Schallaburg in der Airbus Group. In einer 300 ein Anhängsel von Heineken, offenbar und Stift Melk befindet sich ein über 7 Meter langen Halle wurden neben dem ging die Kenntnis der Firmenge- Kilometer langes, verschlossenes Stol- „Fliegerhorst“ Nachtjagdflugzeuge (He schichte verloren. Das KZ-Außenlager lensystem, das der im Dezember 2014 219) zusammengebaut, ab Ende 1944 wurde nach Kriegsende wieder zu verstorbene Wiener Ingenieur Karl Fie- wurde ein Düsenjäger (He 162) er- einem Fußballplatz. Der hochverdiente binger für die SS plante (vgl. Abb. 48). probt. Diese Wurzeln des Wiener Flug- einstige Leiter des Stadtarchivs Beim Bau der bis zu 10 Meter hohen hafens sind aus dem kollektiven Be- Schwechat, Adolf Ezsöl, veranlasste Betontunnel kamen rund 5.000 KZ- wusstsein verschwunden und auch auf dort die Aufstellung eines Gedenk- Häftlinge ums Leben. In den Stollen

Abb. 47:Zwangsarbeiter-Inschriften in den 2012 zerstörten Abb. 48: Verladebahnhof für Rüstungsgüter im 7 km großen, Brauereikellern von Schwechat: Die 16-jährige Eva Judkovitz aus heute verschlossenen Stollensystem der SS bei Melk: links Ar- Debrecen wurde laut Yad Vashem-Archiv vermutlich in einem beitsspuren der KZ-Häftlinge, von denen Tausende starben. Wiener Lager ermordet. Kein Denkmalschutz, vor Ort keine Gedenktafel!

steins und arbeitete die lokale NS-Ge- sollten die Konzerne „Steyr-Daimler- dessen Webseite nirgends nachlesbar. schichte auf. Seine Nachfolgerin und Puch“ und „Flugmotorenwerk Ost- Drei Hangars und zwei Verwaltungsge- der Bürgermeister verwandelten das mark“ Rüstungsgüter produzieren. Die bäude erinnern an jene Zeit, sind aber Museum jedoch in einen profitableren Anlage wurde nie von Historikern oder nicht denkmalgeschützt, es gibt mei- Partysaal, alle Objekte verschwanden Archäologen erforscht, und ein Quarz- nes Wissens keine Gedenktafel. im Depot. Auf der Chronik-Webseite sandabbau bedroht mittelfristig einen 1944 wurde am Sportplatz der Alfred- von Schwechat folgt auf 1938 das Jahr Teil der nicht denkmalgeschützten Horn-Straße in Schwechat ein KZ-Ba- 1954. Das „Loch“ wird originellerweise Stollen. Es gibt vor Ort keine Gedenk- rackenlager errichtet, und drei unter- so begründet, dass Schwechat in der tafel, immerhin aber im KZ-Außenla- irdische Kellersysteme der Schwecha- NS-Zeit „nicht existiert habe“, weil es ger in Melk seit 1962 eine Gedenk- ter Brauerei wurden den „Heinkel- Teil von „Groß-Wien“ war.2 stätte im Bereich der Leichenverbren- Flugzeugwerken“, den „Flugmotoren- Die Produktion von Kampfflugzeugen nungsöfen. werken Ostmark“ und den „Flugmoto- des Heinkel-Konzerns war im Raum renwerken Steyr" als unterirdische Fa- Langenstein/St. Georgen an der Wien auf viele Orte aufgesplittert, ab Gusen (OÖ) briken zur Verfügung gestellt. 2011 Ende 1944 wurden auch im Gipsberg- entdeckte ich in 1840 errichteten Kel- werk Seegrotte (Hinterbrühl, N.Ö.) In den KZs und Stollen im Raum lern kurz vor deren Abbruch viele In- Düsenjäger-Rümpfe von KZ-Häftlin- Gusen starben mehr als 30.000 Men- schriften ungarisch-jüdischer Zwangs- gen montiert. Zu Kriegsende mussten schen, also mehr als im KZ Mauthau- arbeiterinnen, beispielsweise einer Éva die etwa 1800 Häftlinge Richtung sen. Sie schufteten in Steinbrüchen,

Nr. 18 / 2014 Seite 27 enkma[] i l mussten Stollen graben, wurden ge- gegen die gedankenlose „Verwertung“ ßend zitiert mit: „Das ist insofern völlig quält und ermordet. Nach Kriegsende eines Areals, in dessen Umfeld ca. irrelevant für uns, weil uns die Bau- wurde der Sandhaufen vor den Stollen 30.000 Menschen getötet wurden. gründe darüber nicht gehören. Es geht teilweise beim Bau des Donaukraft- darum, diese fast zehn Kilometer Stollenanlage „Bergkristall“ 5 werks Jochenstein verwendet, und lange Stollenanlage zu sichern. Even- eine Gastwirtin wollte 1956 das KZ-Häftlinge mussten im nahen St. tuelle wissenschaftliche oder sonstige Grundstück mit der Ruine des Krema- Georgen 7 oder mehr Kilometer Stol- Erhebungen haben da ganz einfach toriumofens, wo zehntausende Lei- len graben, wo bis Kriegsende u.a. fast keine Priorität.“ Tatsächlich gab es vor chen verbrannt worden waren, be- tausend Rümpfe des Düsen-Kampf- der 12 Millionen Euro teuren Zerstö- bauen. Der Bürgermeister forderte die flugzeugs „Messerschmitt 262“ mon- rung („Sicherung“) der Stollen keiner- „Verlegung“ des Krematoriumsofen tiert wurden. Von den über 30.000 lei wissenschaftliche Untersuchung, nach Mauthausen, damit die neuen Toten im Bereich Gusen starben laut weder durch das BDA, noch durch Ar- Siedler „keinen so unangenehmen An- dem Historiker Bertrand Perz mindes- chäologen oder Zeitgeschichtler. Dass blick ertragen“ müssten. Der stv. Lan- tens 10.000 in diesen Stollen mit dem dabei zahllose Überreste für immer deshauptmann Ludwig Bernaschek Decknamen „B8 Bergkristall“. Nach verloren gingen, lässt sich daraus empfahl 1958, die von KZ-Überleben- Kriegsende kaufte ein Ortsansässiger schließen, dass die BIG im Rest der den aufgestellten Gedenksteine „im das Areal, sowie Ackerflächen über Anlage 2012 einen „Hobbyforscher“ Stillschweigen“ zu entfernen. Massive den Stollen. 1994 teils zu Bauland ge- graben ließ, der selbst auf einer klei- Kritik aus dem Ausland verhinderte widmet, kam es bald neben Häusern nen Fläche sehr viele Funde barg. dies und ermöglichte den Bau einer zu einzelnen Bodenversackungen Weder das Institut für Zeitgeschichte, kleinen Gedenkstätte, wobei der Bür- durch instabile Stollen. Gerichte hat- noch das Innenministerium haben bis- germeister bis zuletzt meinte, diese ten inzwischen entschieden, dass die her eine Monographie über Gusen pu-

Abb. 49: SS-Gebäude („Jourhaus“) mit Einfahrt ins KZ Gusen I Abb. 50: Nach dem Krieg unangemessene „Nachnutzung“ (Foto ca. 1941): mehr als 30.000 Menschen starben im Lager, im als Pilz- und Plastikfabrik, sowie heute als Wohnhaus mit Steinbruch und in den Stollen. Wintergarten. sei "in einem Wohnareal" fehl am großen NS-Stollenanlagen dem Staat bliziert. Eine Dissertation scheiterte Platz.4 In den 1950er Jahren wurden „gehören“ und dieser für Schäden haf- einst anscheinend daran, dass der Dis- am Lagerareal weitere Häuser gebaut tet, woraufhin dieser alle Stollen An- sertant nicht fertig wurde. Eine enorme („Gartenstraße“, „Spielplatzstraße“), fang 2001 in die Bundesimmobilienge- Forschungsleistung und Gedenkarbeit obwohl immer noch Teile der Lager- sellschaft (BIG) „auslagerte“. Diese wurde jedoch vom Verein „Gusen Me- mauer mit Wachtürmen aufragten, die begann ab 2003, 85 Prozent der An- morial“ der Ortsansässigen Rudolf Stück für Stück als Granitfundament in lage mit 130.000 Kubikmetern Beton Haunschmied und Martha Gammer ini- Einfamilienhäuser eingebaut wurden. aufzufüllen (Abb. 51), ein Großteil tiiert.6 Derzeit werden Archivdoku- Häftlingsbauten dienten der Champi- davon unter Äckern und nicht unter mente diskutiert, die laut Medien auf gnonzucht, eine NS-Bordellbaracke Häusern! Eine Ablöse dieser Flächen weitere Stollen hindeuten, welche bis- wurde zu einem Zweifamilienhaus, und Erhaltung vieler Stollen scheiterte her von heimischen Experten mögli- und das SS-Kommandogebäude dem Vernehmen nach primär an cherweise übersehen wurden. Einzelne („Jourhaus“), zunächst von der Ge- einem Grundbesitzer. Parlamentsun- Überreste vom KZ Gusen I und II (Ge- meinde als Kindergarten vorgesehen, terlagen vom 13.7.2009 zitieren Mar- meinde Langenstein) wurden 2013 mutierte zu einer Kunststoff- und Pilz- tha Gammer vom Gedenkdienst-Komi- und 2014 endlich unter Denkmalschutz firma und in den 1990er Jahren zu tee Gusen mit der Befürchtung, dass gestellt. Auch in St. Georgen sollen einem Wohnhaus (vgl. Abb. 49f.). man mit der ausufernden Stollenver- zahlreiche Schutzbescheide demnächst Weder die Republik, noch die Denk- füllung künftiges Bauland „absichern“ inkrafttreten, endlich auch für das malschutzbehörden hatten Bedenken wolle. Ein BIG-Vertreter wird anschlie- großteils zerstörte Stollensystem.

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Zipf (OÖ) Befreiung tausende KZ-Häftlinge in die sie „nur“ eine historische, jedoch keine Stollen treiben und töten, was aber an architektonische Bedeutung haben. Wegen der Bombardierung der Rax- deren Widerstand scheiterte. Seit Gedenktafeln sind zwar ein erster Werke in Wiener Neustadt wurden im 1990 gibt es eine Gedenkstätte, das Schritt, aber erst der Anblick von Herbst 1943 die Triebwerkstests und KZ-Lagerareal und Teile der Stollen Überresten jener Baulichkeiten macht die Erzeugung von Flüssigsauerstoff stehen unter Denkmalschutz. die Ereignisse an jenen Orten buch- in die Kellerhallen der Brauerei Zipf stäblich „begreifbar“. KZ Gedenkstätte Loibl-Nord (Fer- („Zipfer“ Bier, Neukirchen an der lach, Ktn.) Vöckla) und deren Umgebung verlegt Dr. Gerhard Hertenberger (Deckname „Schlier“). Bis zu 1500 Im Bereich des Loibl-Passes mussten Freier Autor KZ-Häftlinge waren dort tätig, Explo- ca. 1800 KZ-Häftlinge ab 1943 unter sionen beim Test der V2-Triebwerke der Leitung des Konzerns „Universale Anmerkungen forderten viele Todesopfer. Hoch und Tiefbau AG“ einen 1,5 Kilo- 1 www.gedenkverein.at meter langen Tunnel durch die Kara- Die lokale Forschungsgruppe „ARGE 2 www.schwechat.gv.at/de/geschichte Schlier“ bemüht sich um Aufarbei- wanken treiben. Auf slowenischer 3 www.hinterbruehl.com, "Ortsportrait" tung der Geschichte, und die Braue- Seite gibt es seit den 1950er Jahren 4 rei Zipf ermöglicht gelegentlich Füh- eine Gedenkstätte mit Resten des KZ W. Freitag: Wie ein ganzes KZ verschwin- det. Die Presse, 27.1.2007. rungen im Areal. Die Überreste ste- und des Krematoriums (Abb. 52). Auf 5 hen allerdings leider nicht unter Kärntner Seite wurden erst 1995 Ge- Denkma[i]l 9/2011, S. 24ff., siehe Denkmalschutz, und es wurden erst denktafeln errichtet, 2004 wurde das http://www.idms.at/denkmail/Denk- mail_Nr_09_web.pdf kürzlich viele historische Baureste Areal unter Denkmalschutz gestellt, 6 vernichtet. und 2008 erfolgte eine Grabung des www.gusen.org

Abb. 51: „Sicherung“ der Stollenanlage „Bergkristall“: Rund 85 Abb. 52: Die Gedenkstätte „Loibl-Süd“ auf slowenischer Seite Prozent der Anlage wurden ohne vorherige wissenschaftliche Un- existiert seit den 1950er Jahren (siehe Bild). Auf Kärntner Seite tersuchung mit Beton verfüllt, obwohl der Großteil unter Feldern konnte man sich erst 2004 zu Denkmalschutz und 2008 zur Frei- liegt, und nicht unter Häusern. legung der Lagerspuren durchringen.

Ebensee (OÖ) Bundesdenkmalamts, um Spuren des Lagers wieder sichtbar zu machen. Ab Ende 1943 mussten KZ-Häftlinge in Dies sind einige Beispiele von vielen, Ebensee beim Traunsee zwei gewaltige an denen exemplarisch der höchst un- Literaturauswahl Stollenanlagen in den Berg treiben terschiedliche Umgang mit Spuren der (Deckname „Zement“), die teilweise NS-Vergangenheit gezeigt werden soll, Perz B., Freund F.: Zahlreiche Publikationen auch von Eisenbahnzügen befahren zwischen Gedenken und Verdrängen. zum Thema. werden konnten. In einem Teil sollte Die Denkmalwürdigkeit von Überres- die Entwicklungsabteilung von Peene- ten jener Zeit ist vielfach noch Gegen- Benz W., Distel B.: Der Ort des Terrors. Ge- schichte der nationalsozialistischen Kon- stand heftiger Diskussionen. Die meis- münde untergebracht werden, um zentrationslager, Bd. 4. Beck 2006. noch größere Raketenwaffen als die ten Spuren von NS-Rüstungsbetrieben V2 zu konzipieren. Letztlich hatte aber und KZ-Außenlagern wurden vom BDA Haunschmied R. et al.: St. Georgen, die Errichtung einer unterirdischen bisher in keiner Weise bearbeitet oder Gusen, Mauthausen. Eigenpublikation 2007. Schmierölraffinerie kriegsbedingt eine gewürdigt und werden möglicherweise Schausberger N.: Rüstung in Österreich höhere Priorität. Im KZ Ebensee und undokumentiert verschwinden. Noch 1938-1945. Hollinek 1970. immer hat sich die Erkenntnis nicht den Stollen starben fast 9000 Men- Talos E. et al.: NS-Herrschaft in Österr- schen, und im Mai 1945 wollte der La- durchgesetzt, dass Baureste auch reich. öbv&hpt 2002. gerkommandant unmittelbar vor der dann ein Denkmal sein können, wenn

Nr. 18 / 2014 Seite 29 enkma[] i l Was tun mit dem "Hitler-Haus"?

Adolf Hitler wurde vor etwas mehr als Initiative im Jahr 2000: Stätte der Inn einstimmig erklärt, nach dem 125 Jahren am 20. April 1889 in Begegnung und Versöhnung Auszug der Lebenshilfe das Geburts- im Gasthaus von haus von Adolf Hitler zu einer „inter- Franz und Helene Dafner in der Salz- Dabei hatte die Stadt Braunau am nationalen Stätte der Begegnung und burger Vorstadt 15 geboren. Und ob- Inn vor 14 Jahren mit der Initiative Versöhnung“ zu machen. wohl seine Eltern kurz nach seiner „Braunau setzt ein Zeichen“ alle Nachdem dieser Aufruf weltweit posi- Geburt von Braunau wegzogen und überrascht. Angeregt vom damaligen tive Aufmerksamkeit erregte und es

Abb. 53 (li.): Das derzeit leerstehende Geburtshaus von Hitler in Braunau könnte als "" genutzt werden; Abb. 54 (re): Schon 1934 wehte von Hitlers Geburtshaus in Braunau eine Hakenkreuzfahne.

Hitler später kein besonderes Inte- Chefredakteur der Braunauer Rund- Reinhold Klika gelang, weit über tau- resse an seiner Geburtsstadt zeigte, schau, Reinhold Klika, hatten am 7. send weitere Unterstützungserklä- hat die Innviertler Kleinstadt das Februar 2000 der Braunauer Bürger- rungen zu erhalten, war es über Stigma, Geburtsort eines der größten meister Gerhard Skiba, der Obmann mehr als ein Jahrzehnt für alle klar, Verbrecher der Menschheitsge- des Vereins für Zeitgeschichte, Flo- dass von der Stadt Braunau am Inn schichte zu sein. rian Kotanko, und die Obmänner aller nach der Errichtung des Mahnsteines Nach dem Auszug der Lebenshilfe, die im Gemeinderat vertretenen Parteien durch Bürgermeister Gerhard Skiba in dem Haus eine Behindertentages- SPÖ, FPÖ, FMU (später Grüne) und 1989, der Gründung der Braunauer stätte betrieben hat, steht das Haus ÖVP einen bemerkenswerten Aufruf Zeitgeschichte-Tage 1992, der Verle- seit drei Jahren leer, und über die unterschrieben. gung der Stolpersteine durch Gunter weitere Verwendung herrscht große Drei Tage nach Angelobung der um- Demnig 2006 und der Eröffnung des Ratlosigkeit. Immer wieder wird in strittenen ÖVP-FPÖ-Regierung von Jägerstätter-Parkes 2007 mit dem den Medien von den Verantwortlichen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel „Haus der Verantwortung“ ein weite- der Stadt Braunau eine Klärung in und der in Braunau am Inn gebore- res, sogar noch stärkeres Zeichen ge- Aussicht gestellt, und immer wieder nen Vizekanzlerin Susanne Riess- setzt werden sollte. wird diese hinausgeschoben. Passer hatte die Stadt Braunau am

Seite 30 Nr. 18 / 2014 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 18 / September-Dezember 2014

Vom Ziel abgekommen Wider die Nazi-Folklore ten sie die Möglichkeit erhalten, sich Gedanken über ihre Verantwortung Bis dann vor zwei Jahren ohne Be- Die Neonazi-Aussteiger haben aber gegenüber Vergangenheit, Gegenwart gründung alles anders kam. Der neue auch klar gemacht, was mit dem "Hit- und Zukunft zu machen. ÖVP-Bürgermeister Johannes Waid- ler-Haus" gemacht werden muss, bacher wollte plötzlich im "Hitler- damit es diese magische Aufladung Dr. Andreas Maislinger Haus" Wohnungen einrichten, und verliert: Es muss klar definiert wer- Gründer des österreichischen Gedenkdienstes, nach heftigem Widerspruch von den den! Und genau hier setzt das Projekt Vorsitzender des Österreichischen Auslands- Grünen und der SPÖ waren sich dann "Haus der Verantwortung"1 an. Mit dienstes und ehem. wissenschaftlicher plötzlich fast alle einig, dass für das dem „Prinzip Verantwortung“ des jü- Leiter der Braunauer Zeitgeschichte-Tage. "Haus der Verantwortung" jetzt nicht dischen Philosophen Hans Jonas findet mehr die richtige Zeit wäre. eine Art "Umpolung" des "Hitler-Hau- Aber warum überhaupt diese Aufre- ses" statt. Adolf Hitler hat viele Millio- Anmerkungen: gung um "das Haus" und die Stadt nen Menschenleben vernichtet, Hans Braunau am Inn? Es handelt sich Jonas geht es um die Bewahrung 1https://www.facebook.com/houseof nicht um einen der Täterorte wie den menschlichen Lebens für zukünftige responsibilitybraunau Obersalzberg, das Braune Haus in Generationen. Und da es um die Zu- 2 München oder das Reichsparteitags- kunft geht, sollte das Haus der Ver- profil 10.11.2014 gelände in Nürnberg. Braunau am antwortung vor allem jungen Men- Inn ist auch kein Opferort wie Maut- schen aus aller Welt überlassen wer- Dieser Artikel ist eine gekürzte Fassung hausen, Hartheim, Dachau oder den. Auf den drei Ebenen, Erdge- eines auf science.orf.at am 30.7.2014 Auschwitz. Im Geburtshaus von Adolf schoß, erster und zweiter Stock, soll- veröffentlichten Textes. Hitler haben die Nationalsozialisten weder Verbrechen geplant noch voll- zogen. Braunau als Geburtsort des Ein Haus und seine Geschichte Stadt Braunau. 1954 bekommen Jahrhundertverbrechers Adolf Hitler die Pommers das Haus schließlich gilt für viele Menschen jedoch als Ge- Die Diskussion über den richtigen rückerstattet – gegen eine Ab- burtsort des Bösen.Und genau das ist Umgang mit dem Hitler-Haus hat schlagszahlung von 150.000 Schil- das besondere Problem, für dessen eine lange Geschichte. Mit dem ling. In der Folge ist das Gebäude Bewältigung es im Gegensatz zu den „Geisterhaus“ - wie es in einem Pro- an die Stadt Braunau vermietet, Opfer- und Täterorten noch kein Mo- fil-Artikel2 jüngst tituliert wurde - später an die Republik Österreich. dell gibt. mühen sich die Stadt Braunau und Das Gebäude wird für Schulklassen "... ein Unort, den man nicht be- die Republik Österreich schon seit genutzt und zeitweilig als Bücherei treten möchte" über 60 Jahren ab. Das denkmalge- und Bank. 1976 schließlich zieht die schützte ehemalige Braugasthaus, Lebenshilfe mit einer Behinderten- Was macht man mit einem Haus in Teil des historischen Ensembles tagesstätte in das Haus ein. Die An- einer Kleinstadt, in dem es weniger „Salzburger Vorstadt“, befindet sich bringung einer Mahntafel weiß die um die Aufarbeitung von Verbrechen nach wie vor im Besitz der Familie Besitzerin 1983 zu unterbinden, so und das Erinnern an unfassbares Pommer, die das Gasthaus im Jahr wie sie auch alle anderen Vor- Leid, sondern um den Umgang mit 1912 übernommen hatte. 1938 ver- schläge, die in Fragen der Nutzung einem Mythos geht? Dem Mythos, kauften sie es an Martin Bormann Bezug nehmen auf die zeitge- dass genau an dieser Stelle vor 125 und die NSDAP – zu einem „Liebha- schichtliche Dimension, ablehnt. Jahren „das Böse“ auf die Welt ge- berpreis“ weit über Wert. Mitglieder Seit dem Auszug der Lebenshilfe ist kommen ist? Eine von Lothar Boding- der Familie Pommer waren schon in die Diskussion um die Zukunft des bauer angeregte Umfrage hat mir seit den Jahren zuvor als Nazi-Sympa- Hauses besonders akut. Der skur- Oktober des vergangenen Jahres thisanten aufgetreten. Im Haus war rile Plan eines russischen Duma-Ab- genau diesen Eindruck bestätigt: bereits in den Jahren vor dem An- geordneten, das Haus zu erwerben, Braunau am Inn wird nicht nur mit schluss eine „Pilgerstätte“ für Natio- um es „dem Erdboden gleichzuma- den erwähnten Opfer- und Täterorten nalsozialisten eingerichtet worden, chen“, sorgte kurzzeitig für Aufse- genannt, es wird irgendwie als noch im Jänner 1938 ließ man eine Eh- hen. Ein realistischerer Plan, Volks- verwerflicher betrachtet. rentafel für Hitler anbringen. Die hilfe und Volkshochschule zusam- Ich wollte es lange nicht glauben und NSDAP selbst ließ das Haus sanie- men als neue Untermieter zu ge- habe mich heftig dagegen verwehrt, ren und richtete darin ein Kultur- winnen, scheiterte am Widerstand diese Annahme zu akzeptieren, aber zentrum samt „Volksbücherei“ und der Besitzerin, die sich gegen die Braunau am Inn ist tatsächlich für Galerie ein. 1945 kommen US-Sol- damit verbundenen Adaptierungs- viele Menschen ein Unort, den man daten einem Nazi-Stoßtrupp zuvor, arbeiten aussprach. Über ihre Ab- nicht betreten möchte. Wenn auch oft der die Absicht hat, das Haus in die sichten herrscht bis heute Rätselra- übertrieben dargestellt, hat das Hit- Luft zu sprengen. Das Haus geht ten. ler-Geburtshaus natürlich auch für daraufhin zunächst an den amerika- Neonazis eine magische Bedeutung. nischen Geheimdienst CIC über, Mag. Wolfgang Burghart Der Gründer von exit Deutschland, später in die Verfügungsgewalt der Initiative Denkmalschutz Bernd Wagner, hat dies in Gesprä- chen mit ehemaligen Neonazis bestä- tigt bekommen.

Nr. 18 / 2014 Seite 31 enkma[] i l i n t e r n a t i o n a l Die späte Stadt – Zum Umgang mit NS-Architektur in München

München ist einer der Zentralorte des und zu den bekanntesten Architek- „Gras-drüber-wachsen-lassen“ be- Nationalsozialismus. Zwischen 1920 turrelikten der NS-Zeit überhaupt schränkte. Eine tiefer gehende, kriti- und 1945 war die Stadt der Mittel- zählen. Wegweisend waren hierbei sche Auseinandersetzung mit der punkt der NSDAP, die hier gegründet die „demokratisierenden“ Maßnah- „braunen“ Vergangenheit Münchens wurde und deren wichtigste Dienst- men der US-Militärregierung: Im und ihren baulichen Überresten fand stellen hier ansässig waren. Nach der „Haus der Deutschen Kunst“, wo das erst in den 1990er Jahren statt, etwa Intention Hitlers, der hier seit 1913 NS-Regime in den „Großen Deut- in Ausstellungen oder wissenschaftli- wohnhaft war, sollte München zu schen Kunstausstellungen“ (1937– chen Studien. 1999 wurde am Kö- einem „Mekka“ des Nationalsozialis- 1944) sein „Kunstwollen“ inszenierte, nigsplatz eine erste Infotafel zu den mus, zur „Hauptstadt der Bewegung“ wurde ab 1946 ausschließlich mo- angrenzenden NS-Bauten und dem – so der 1935 verliehene Ehrentitel – derne Kunst gezeigt, also gezielt jene umliegenden Parteiviertel aufgestellt, ausgebaut werden. Daneben sollte Kunst, die im „Dritten Reich“ verbo- die den Beginn einer dauerhaften München auch „Hauptstadt der Deut- ten und verfolgt wurde. Die bekann- Verortung der NS-Zeit an den histo- schen Kunst“ sein, womit eine Brücke testen Repräsentationsbauten Hitlers rischen Schauplätzen markiert. An zur glanzvollen Epoche Ludwigs I. in München, der einstige „Führerbau“ deren Ende wird ein Dokumentati- (reg. 1825–1848) geschlagen wer- und der „Verwaltungsbau“ am Kö- onszentrum stehen, das über den

Abb. 55: Der ehemalige „Führerbau“ (Paul Ludwig Troost, 1931–37), Abb. 56: Eindämmung und Brechung der nationalsozialistischen seit 1957 Hochschule für Musik und Theater München; im Vorder- Monumentalität: Das Haus der Kunst (Paul Ludwig Troost, 1932– grund Rasen über den Grundmauern des „Braunen Hauses“, wo der- 37) hinter Bäumen, mit Werbung auf dem Dach anlässlich der Fuß- zeit das NS-Dokumentationszentrum München errichtet wird, 2004 ball-Weltmeisterschaft 2006, Aufnahme 2006 den sollte. Der doppelte Anspruch nigsplatz, dienten zunächst als Sam- Grundmauern der 1945 zerstörten hatte die Entwicklung eines gewalti- melstelle der von den Nationalsozia- NS-Parteizentrale „Braunes Haus“ er- gen Neubauprogramms zur Folge. listen in Europa zusammengeraubten richtet und 2015 eröffnet wird. Wie Wenngleich auch anderen „Neuge- Kunstwerke und wurden Ende der spät sich München seiner NS-Vergan- staltungsstädten“ im Deutschen 1940er Jahre einer kulturellen Nut- genheit stellt, zeigt der Vergleich mit Reich umfangreiche Bauplanungen zung zugeführt. Die zwischen den Berlin und Nürnberg, wo vergleich- angestellt wurden, so zeichneten sich beiden Parteibauten befindlichen „Eh- bare Dokumentationen („Topographie jene in München durch das beson- rentempel“, einst für die Toten des des Terrors“, 1987; Dokumentations- dere Interesse Hitlers aus, das be- „Hitlerputsches“ von 1923 errichtet, zentrum Reichsparteitagsgelände, wirkte, dass hier Bauprojekte in wurden hingegen 1947 von den Ame- 2001) erheblich früher eröffnet wor- einem größeren Umfang als andern- rikanern gesprengt, während ihre er- den sind. Umso erfreulicher sind also orts bis 1945 realisiert wurden. halten gebliebenen Sockel mit der die Entwicklungen der jüngeren Ver- Die meisten dieser Bauten haben den Zeit überwucherten. gangenheit, die deutlich machen, Krieg überstanden und konnten ver- Ihr Nachkriegsschicksal ist durchaus dass München nicht länger das sein gleichsweise bruchlos einer neuen bezeichnend für den Umgang der möchte, was seine Kritiker ihm nach Nutzung zugeführt werden. Kontinui- Stadt München mit dem architektoni- 1945 oftmals vorwarfen, nämlich tät herrschte vor allem bei den im schen Erbe der Hitlerzeit. Die von den „Hauptstadt der Verdrängung“ zu „Dritten Reich“ errichteten Wohnsied- Amerikanern vorgegebene Nutzung sein. lungen, die weiterhin bewohnt blie- von Bauten wurde meist beibehalten, ben. Eine „demokratische Besetzung“ während sich die „architektonische Dr. Timo Nüßlein erforderten dagegen jene Bauten, die Entnazifizierung“ oft auf die Entfer- Kunsthistoriker, Dissertation „Paul Ludwig einst Vorzeigeprojekte Hitlers waren nung von Nazisymbolen oder auf ein Troost“ (2011), Mitarbeiter am Forschungs- projekt „Hitlers Architekten“

Seite 32 Nr. 18 / 2014 unvergessen Nr. 18 / September-Dezember 2014 Palais Pollack-Parnau am Schwarzenbergplatz in Wien Der März 1938, der das Ende der Ei- Parnau am Schwarzenbergplatz 5 geführtes Stiegenhaus. genstaatlichkeit Österreichs besie- wurde Sitz der NSDAP-Kreisleitung Für Architekturkenner war die Bebau- gelte, bedeutete einen Umbruch auf für den Bezirk Landstraße. Kanne- ung der Ostseite des Schwarzenberg- allen Gebieten. Dazu gehörte auch lierte Säulen und Amphoren passten platzes ein gelungenes Beispiel, „wie die Architektur. In Wien, der nun nicht zum bevorzugten Stil. Sie muss- die konservative Richtung der Wiener zweitgrößten Stadt des Großdeut- ten vereinfacht, geglättet oder ganz Architektur sich nach dem Einbruch schen Reiches, hofften viele auf einen beseitigt werden. Das galt auch für der Moderne unter Olbrich, Otto Wag- Aufbruch, der sich auch durch groß- die figuralen und floralen Zierrate ner und Josef Hofmann zu regenerie- zügiges Bauen bemerkbar machen über den Fenstern der Beletage. ren sucht. Namentlich das der franzö- würde. In der Euphorie wurden zahl- „Klassik ohne imitiertes Griechentum“ sischen Botschaft gegenüberliegende reiche Projekte vorgestellt, um der war die offizielle Richtlinie. Neu waren Zinshaus Nr.5 von Gotthilf zeigt in „Perle“ Wien jene würdige Fassung zu auch drei große Tore in der Mitte der glücklicher Weise das Streben, die geben, wie sie der „Heimholer“ Adolf Sockelzone. Zu ihnen führte eine Tektonik des Baues und seinen orga- Hitler versprochen hatte. Die Planun- Freitreppe hinan, die es bis dahin nischen Charakter neu zur Geltung zu gen reichten von der Umwandlung nicht gegeben hatte. Ein mächtiger bringen.“ So das Urteil in Baldass

Abb. 57: Palais Pollack-Parnau im Originalzustand mit Abb. 58: Das Palais im Jahr 1939: „NSDAP-Kreisleitung kannelierten Säulen und Amphoren an der Fassade Landstraße“ mit Reichsadler

der Ringstraße in eine Aufmarsch- NS-Hoheitsadler mit weit gespreizten Wien-Führer aus dem Jahr 1927. straße ohne Alleebäume bis zum Flä- Flügeln am Kordongesims oberhalb Der Bombenkrieg ab 1944 verwan- chenabriss der Leopoldstadt, deren des zweiten Stockwerks zeigte an, delte das Haus in einen Trümmerhau- vielfach jüdischer Charakter auch dass es sich um einen Bau der fen. Versehentlich, denn die Bomben baulich ausgemerzt werden sollte. Staatspartei handelte. galten eigentlich der nahe gelegenen Was die Planer damals nicht wissen Das Palais hatte Architekt Ernst von Polizeikaserne in der Marokkaner- konnten: Wien gehörte nicht zu den Gotthilf 1914 auf dem Grund der ehe- gasse. Die Familie Pollak-Parnau er- so genannten Führerstädten, die nach maligen Heumarktkaserne errichtet. hielt das Grundstück am Schwarzen- dem Willen des Diktators gründlich im Es war sozusagen der Schlussstein in bergplatz zwar zurück, ein Wiederauf- Sinne der „Neuen deutschen Bau- der Reihe der großbürgerlichen Pri- bau des Hauses kam für sie aber kunst“ umgestaltet werden sollten. vatpalais, die maßgeblich die neu an- unter den gegebenen Umständen Was Österreich betrifft, konzentrierte gelegte Ringstraße ab den 1860er- nicht in Frage. So kam es, dass 1958 sich alles Fühlen und Planen Hitlers Jahren prägte. Bauherr am Schwar- der Steyr-Daimler-Puch-Konzern hier auf Linz, die Stadt seiner Jugend. Die zenberplatz war Bruno Pollack von ein Bürohaus errichtete. Mittlerweile Ausführung der meisten Planungen Parnau, ein Textilindustrieller, der Fa- ist auch dieses Haus mit seiner trost- für Wien hätte zudem viele Jahre ge- briken in Schwadorf (bis heute), Böh- losen Fassade Geschichte. Seit weni- dauert. Sie wurden durch den Aus- men und Ungarn besaß. Sein Sohn gen Jahren steht hier ein Bankge- bruch des Zweiten Weltkrieges ohne- Franz richtete im Palais eine bedeu- bäude mit strukturierter Glasfassade. hin obsolet. tende Bibliothek ein. Beletage und Was ein Stil in „germanischer Tekto- Souterrain waren der Familie vorbe- nik“ bedeutete, davon konnten sich halten, die anderen Wohnungen wur- Dr. Edgard Haider die Wiener bereits 1939 ein Bild ma- den vermietet. Im Inneren dominierte Historiker und Buchautor chen. Das „arisierte“ Palais Pollak- ein repräsentatives, ganz in Holz aus-

Nr. 18 / 2014 Seite 33 enkma[] i l Das Palais Schwab in der Weihburggasse – Ein österreichisches Gesamtkunstwerk mit Happy End Wie viel Geschichte wohnt in einem Bühne. Einer davon ist der Textilfabri- haus ohne gewerbliche Nutzung.“ (…) Haus? Wenn es sich um ein Wiener kant Gottlieb Schwab. Er hat Geld, [D]urch die großformige Geschlossen- Ringstraßenpalais handelt, sind sehr taucht in vielen Spendenlisten für heit und die größere Rhythmisierung leicht die Grenzen von Raum und Zeit wohltätige Projekte auf und findet für der Gliederung unterscheidet es sich außer Kraft gesetzt, und eine ver- sein Palais einen der gefragtesten jü- vom einfacheren Wohnhaus. Zu dieser meintliche Lokalgeschichte wird zum dischen Architekten, Wilhelm Stiassny. größeren Rhythmisierung gehört auch Prisma für die Zeit von 1870 bis heute. Wie viel hat Gottlieb Schwab nun für generell eine größere Stockwerks- Das Palais Schwab in der Weihburg- den Bauplatz im Ausmaß von rund 184 höhe. Das oberste Stockwerk erfährt gasse 30 steht nur geographisch nicht Klafter bezahlt? Im Kaufvertrag1 vom nur eine geringe Wertigkeitsreduk- in der ersten Reihe der um 1870 er- 1. Juni 1871, der ihn zum Bau „eines tion.“2 bauten Palais an der Ringstraße. Die vollständigen Wohnhauses“ innerhalb Gottlieb Schwab hat sich über sein Pa- Besonderheiten auch nur in einem eines Jahres verpflichtet, bezahlt er lais nur kurz gefreut. Bereits 1875 Stakkato aufzuzählen kann länger 138.282 Gulden. Gemäß einer Um- scheint als Besitzer dieses Palais die dauern. Wo sonst gibt es ein Palais, rechnungstabelle des Österreichischen Familie Liebieg auf, ebenfalls Textilfa- das im Souterrain einen brikanten, die es innerhalb Freimaurertempel auf- weniger Jahrzehnte geschafft weist? An welchem Haus hatten, einen der größten kann die Kontinuität zwi- Betriebe Mitteleuropas zu er- schen NS-Regime und richten. Der Architekt Wil- Republik besser gezeigt helm Stiassny hat einen werden? Immerhin ist ähnlichen kometenhaften dieses Haus auch das Aufstieg hinter sich wie der erste Objekt, das im Ver- Bauherr. Um 1900 war er fahren der Naturalresti- einer der vielbeschäftigten tution 2003 an die Erben Architekten dieser Zeit. Das zurückgegeben wurde. Haus in der Weihburggasse Wenn es um die Ver- war nur eines von 170 Häu- gesslichkeit unserer Ge- sern, das er gebaut hatte. sellschaft geht, gibt es Anknüpfungspunkte zwischen viele Beispiele. Journalis- dem Lebensweg Stiassnys ten haben über den Sitz und den Biographien der spä- des Landesarbeitsamtes teren Bewohner der Weih- Wien in der Weihburg- burggasse, sowohl zu den gasse des Öfteren ge- Liebiegs als auch zu den schrieben, gelegentlich Schnabels, sind vielfältig. wurde auf die Diskre- Wilhelm Stiassny ist ebenfalls panz zwischen dem Auf- wie Johann Liebieg zur Welt- gabengebiet der Behörde ausstellung nach Paris 1867 und dem Ort hingewie- eingeladen worden, wo er sen. Was tut ein Arbeits- der internationalen Jury für Abb. 59: Das Palais Schwab nach der Generalsanierung 2014 amt in der Beletage den Bau von Arbeiterwohn- eines Palais? Warum und wie es dazu Wirtschafts- und Gesellschaftsmu- häusern angehörte.3 Sein Engagement kam, hat bis zum Schluss niemand seum entspricht dies einem Betrag bei der Pariser Weltausstellung hatte thematisiert. So gesehen ist die Weih- von rund 1,2 Millionen Euro. Liebieg einen Adelstitel eingebracht. burggasse ein Gesamtkunstwerk, ein In einem Befund des Palais Schwab im Ein gewisser Philanthropismus ist so- zynisches, ein österreichisches. Und Jahr 2008 findet die Kunsthistorikerin wohl beim Architekten wie auch beim doch auch wieder nicht. Denn wie viele und Kuratorin Henny Liebhart-Ulm zweiten Besitzer des Hauses festzu- Objekte gibt es, bei denen der neue eine charakteristische kunsthistorische stellen. Wilhelm Stiassny erkannte Eigentümer Wert auf eine umfassende Einordnung des Hauses: „Das Haus früh die Wichtigkeit der Wohnungs- Aufarbeitung der Geschichte legt und Weihburggasse 30 ist keinem der drei frage für die „arbeitende Klasse“ und zu diesem Zweck eine Studie in Auf- gängigen Wohnhaustypen des Histo- Johann Liebieg legte bei der Doku- trag gibt? Ein Haus, drei Familien, un- rismus (Wohnhof mit Mittel- und Eck- mentation seiner Aktivitäten und bei zählige Geschichten und trotzdem betonung, Wohnhaus mit Mittelrisalit, der Präsentation seines Firmenimperi- noch viele offene Fragen. Baukörper ohne Risalitbildung) zuzu- ums Wert darauf, auch sein soziales Wir schreiben das Jahr 1870, Öster- rechnen, sondern ist entschieden indi- Gewissen für seine Beschäftigten ins reich hat die Schlacht bei Königgrätz viduell gestaltet. Im Inneren ist das rechte Licht zu rücken. zwar verloren, aber der Wirtschafts- Gebäude ein Zwischenglied zwischen Im Jahr 1917 schließlich kauft Heinrich boom der Gründerzeit bringt Bewe- Palais und einfacherem Wohnhaus.“ Es Schnabel, Besitzer der Altmannsdorfer gung in die verkrusteten Strukturen handle sich zusammengefasst um ein Lederfabrik, das Palais Schwab. Die und bietet neuen Akteuren eine „monumental individualisiertes Wohn- Söhne von Heinrich haben sich bereits

Seite 34 Nr. 18 / 2014 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 18 / September-Dezember 2014

1916 taufen lassen. Heinrich Schnabel noch weitere zwei Jahre dauern. Im Das Buch über die Geschichte dieses Ring- stirbt 1936 und muss nicht mehr erle- Februar 2014 ist die Renovierung ab- straßenpalais erscheint im Mandelbaum ben, wie die Nazis an die Macht kom- geschlossen, die ersten Mieter ziehen Verlag im Frühjahr 2015. „Zwischen Bel- men. Bereits im Juni 1938 wird das in das vorbildlich renovierte und revi- etage und Bürokratie. Ein Ringstraßenpa- lais zwischen „Arisierung“ und spätem Palais „arisiert“. Die Reichsanstalt für talisierte Haus ein. Recht Arbeitsvermittlung und Arbeitslosen- Die Geschichte ist erforscht, eine Tafel versicherung übernimmt das Haus. wird Hinweise auf die ereignisreiche Anmerkungen Das gesamte Inventar wird katalogi- Geschichte liefern. siert, ein Teil verkauft und ein Teil auf 1 AT-OeStA/AVA Inneres MdI STEF Grund- Lager gelegt. Dr. Robert Streibel abtretungen A 12.281. Gottlieb Schwab Als die Nazis besiegt und vertrieben Historiker und Publizist 1871. sind, übernimmt die Republik die Bü- 2 Henny Liebhart-Ulm. Manuskript Weih- roräumlichkeiten in der Weihburg- burggasse 30 / Hegelgasse 2. 20 Seiten. gasse. Aus dem deutschen Reichsar- iD-Führung: Palais Schwab, 2008. beitsamt wird das österreichische Ar- 29. Jänner 2015 (siehe S. 48) 3 Wilhelm Stiassny war sicherlich ein Pio- beitsamt. Für die Erben beginnt ein nier des Wohnbaus, der früh das Augen- Rechtsstreit um die Rückgabe, der Hinweise merk auf die Wohnungsfrage in Wien in Bezug auf die „arbeitende Klasse“ rich- neuneinhalb Jahre dauert. Enttäuscht Die VHS Hietzing (13., Hofwiesengasse 48) tete. So bereiste er Frankreich, England, und ohne Hoffnung, jemals zu ihrem zeigt ab 20.1.2015 die erste Ausstellung Belgien, Deutschland und die Schweiz. Recht zu kommen, schließen sie einen über den Architekten Wilhelm Stiassny. Er- Die Publikation seiner Reiseerlebnisse für Vergleich: Eine günstige Gelegenheit öffnung 20.1. 18:30, Ausstellungsdauer bis den Niederösterreichischen Gewerbever- für die Republik Österreich. Das Ver- 4.3.2015 ein ist leider verschollen. (Siehe: Klaus gessen beginnt. Erst im Jahr 2003 er- Vortrag über das Palais „Weihburggase 30“ Eggert. Der Wohnbau der Wiener Ring- folgt die Naturalrestitution. Bis zur tat- von Robert Streibel am 28.1.2015 im Be- straße im Historismus 1855-1896. Wien sächlichen Rückgabe sollte es aber zirksmuseum Hietzing (13., Am Platz 2) 1976. S. 10) Abb. 60: Palais Schwab; Werbung

Nr. 18 / 2014 Seite 35 enkma[] i l Die Akademie der Bildenden Künste Wien Die Voruntersuchung der Wand- vergleichbaren Ausbildungsstätten he- gen. Prestigeträchtig an einem Bau- oberflächen in den Erschließungs- raus. Ihre großartige Gemäldesamm- platz schräg gegenüber dem Burggar- bereichen des Gebäudes 1 lung, eine graphische Sammlung und ten gelegen, wurde das Gebäude nach das als "Vorbildersammlung" ange- Entwürfen von Theophil Hansen in den Die Akademie der Bildenden Künste legte und seit Jahrhunderten um die Jahren 1872-1877 errichtet. Als eines Wien ist Österreichs älteste beste- besten Werke seiner Art vermehrte der Hauptwerke des Architekten in sei- hende Ausbildungsstätte auf dem Ge- Kupferstichkabinett sind beredte Zeu- ner architektonischen Gestaltung dem biet der bildenden Künste. Gegründet gen ihrer ruhmreichen Geschichte, die strengen Historismus der Ringstraßen- vom Hof- und Kammermaler Peter das feste Fundament ihres Wirkens in zeit verpflichtet, spielt die ringstraßen- Strudel und im Jahr 1692 erstmals der Gegenwart bildet. seitig durch den vorgelagerten Schil- lerplatz freigestellte Schaufassade der Akademie mit Gestaltungen der italie- nischen Renaissancearchitektur. Vier mächtige Eckrisalite verleihen dem rechteckigen Baublock mit seinem durch die eingespannte Aula geteilten Innenhof eine palastartige Anmutung, die der überreiche Bauschmuck noch unterstreicht. Im Inneren ragen die prunkvolle Gestaltung der Aula, der Anatomiesaal und die Holzausstattung der Bibliothek heraus. Theophil Han- sen treibt in dem Gebäude der Akade- mie seine illusionistische Auffassung der Architekturoberflächen auf die Spitze. Nichts ist so, wie es scheint. Die Metallstege der Gläser der Türen werden mit einer Holzimitationsmale- rei versehen, die Türen und andere Holzoberflächen prunken mit aufwän- digen Maserungen. Stuccolustro, Gips- guss und modellierter Gipsstuck sollen vornehme Marmor-, Stein- oder Holz- teile vortäuschen. Abb. 61: Stiegenhaus (Ost) Mezzanin, vor Abb. 62: Stiegenhaus (Ost) Mezzanin, nach Als im Jahr 2012 ein Wettbewerb für der Restaurierung (2012) der Restaurierung (2012) die Generalsanierung des Stammhau- ses der Akademie der Bildenden Künste Wien am Schillerplatz ausge- schrieben wurde, rückte nicht zuletzt die Restaurierung der künstlerischen Ausstattung in das Blickfeld des Bau- herren, der Bundesimmobiliengesell- schaft. Im Einvernehmen mit den Ge- winnern des Wettbewerbs, der Archi- tektengemeinschaft Ablinger, Vedral & Partner ZT GmbH und Silberpfeil Ar- chitekten ZT GmbH, sowie der Nutze- rin Akademie der Bildenden Künste Wien, wurden in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt umfang- reiche Voruntersuchungen zur Erhe- bung des Bestandes der künstleri- schen Ausstattung des Gebäudes in Auftrag gegeben, um eine sichere Abb. 63: Detail Retusche, Decke nach der Restaurierung, Erdgeschoß, Gangbereich Grundlage für die anstehenden Res- West, 2012 taurierungsentscheidungen zu gewin- vom Kaiserhaus anerkannt, lehrte Lange Zeit als Mieter in den Gebäuden nen. Die an zwei Seiten des Gebäudes oder lernte in den letzten 300 Jahren der unterschiedlichsten Institutionen erhaltenen, bauzeitlichen Putzoberflä- eine große Zahl der Künstler dieses untergebracht, gelang es der Akade- chen, sowie die in Terrakotta aus- Landes an dieser Hochschule. Nicht mie 1871, Kaiser Franz Joseph I. von geführten Dekorationselemente der nur wegen ihres Alters und der Quali- den Planungen für ein eigenes Ge- äußeren Erscheinung der Akademie tät der Ausbildung ragt sie unter den bäude an der Ringstraße zu überzeu- wurden kartiert. Mögliche Restaurie-

Seite 36 Nr. 18 / 2014 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 18 / September-Dezember 2014 rungsentscheidungen wurden an einer Musterfläche an der Makartgasse überprüft. Im Inneren des Gebäudes konzen- trierten sich die Untersuchungen auf die öffentlich zugänglichen Erschlie- ßungsbereiche, die Bibliothek und die Aula. In umfangreichen Raumbüchern wurden alle Wandoberflächen kartiert, sowie alle Türen, Fenster und Be- schläge des Gebäudes inventarisiert und ihre Instandsetzung und mögliche Schlussbeschichtung im Rahmen von Musterarbeiten erprobt. Dies war im Fall der Fenster nicht zuletzt für die Kontrolle des vorgeschlagenen Kon- zepts gegen die sommerliche Über- wärmung im Gebäude von entschei- dender Bedeutung. Die Büros der Pro- fessoren, die Seminar- und Vorle- sungsräume wurden in Raumbüchern erfasst und ausschnittsweise zur Be- stimmung des Grads der Veränderun- Abb. 64: Die prunkvoll gegliederte Fassade der Akademie der Bildenden Künste gen im Bereich der Verputze unter- sucht. Rezente Untersuchungen und rungsarbeiten abgesehen, fällt die lagerungen in den Rissen düster wir- Sicherungsarbeiten im Bereich der erste große Restaurierungskampagne kenden Gesamteindruck. Dieser Wandoberflächen im Vestibül und in in die Jahre nach 1950, als die von konnte durch zurückhaltende restau- den Gängen des Gebäudes bezeugten einem Bombentreffer an der Gauer- ratorische Eingriffe, die sich auf eine die Qualität der künstlerischen Aus- manngasse schwer beschädigte Aka- Festigung der Malschicht, ihre tro- stattung, aber auch die teilweise mit demie der Bildenden Künste Wien ge- ckene Reinigung, die Behandlung der freiem Auge erkennbaren Schäden neralsaniert wurde. Neben großflächi- Wasserflecken und eine sparsame Re- und unvorteilhaften Überformungen gen Rekonstruktionen der Dekora- tusche der Fehlstellen beschränkten, vergangener Instandhaltungsbemü- tionsmalerei im Bereich des zerstörten vor allem auch in seinem farbigen Ge- hungen. Nicht zuletzt aufgrund der Bauteils wurden auch in den anderen samteindruck wieder wesentlich ver- Größe der betroffenen Flächen galt Bauteilen die Wandoberflächen zum bessert werden. Die gelungene Probe- diesen eine besondere Aufmerksam- Teil großflächig überfasst. Dieser Zu- fläche lässt hoffen, dass sich das Ge- keit im Rahmen der Voruntersuchun- gang zur Bewahrung des überlieferten bäude nach seiner restauratorisch vor- gen. Dekorationssystems im Sinne einer re- bildlich vorbereiteten Generalsanie- Eine Dreifarbigkeit bestimmt den konstruierenden Überfassung der his- rung wieder mit einer seinem Rang Raumeindruck in den Erschließungs- torischen Wandbeschichtungen setzte und seinem Alter angemessenen bereichen. Diese wird bereits im Ves- sich auch in den folgenden Jahrzehn- Würde in die Prunkbauten an der tibül vorgegeben und anschließend im ten fort. Ringstraße einreihen kann. Gangsystem des Gebäudes konse- Besonders in einem Gebäudeteil, quent weiterverfolgt. Rot und Schwarz nämlich im östlich gelegenen Stiegen- Mag. Michael Rainer akzentuierte Wandfelder, deren Äde- haus zwischen Mezzanin und zweitem Landeskonservatorat für Wien, rung an Marmorplatten denken lässt, Obergeschoß, hat sich freilich noch ein Bundesdenkmalamt werden von den ockrigen, wohl einen zusammenhängender Bestand der hellen Stein meinenden Architekturtei- bauzeitlichen Schlussbeschichtung er- len - etwa Pilaster oder Portalgewände halten. Dort sollte mit der Hilfe einer iD-Führung: Akademie der - gerahmt. Die Decken verleihen den Musterfläche überprüft werden, ob Bildenden Künste Wien Räumen mit ihrem hellen Grundton eine Restaurierung dieser schwer ge- 20. Februar 2015 (siehe S. 48) eine große Leichtigkeit, die von der in schädigten Wandoberflächen möglich intensiver Farbigkeit aufgesetzten ist, die nicht zuletzt als Referenz für Anmerkung Schablonenmalerei mit ihren Grotes- eine mögliche Rekonstruktion der ken und Girlanden weiter unterstri- überarbeiteten hellen Flächen in den 1 Der Autor bezieht sich mit seinen Ausfüh- chen wird. Wie weit der Versuch einer Gangbereichen dienen können. Ein rungen nicht zuletzt auf die unveröffent- perfekten Materialillusion getrieben komplexes Schadensbild aus Fehlstel- lichten Untersuchungsberichte der an wurde, bezeugt eine dünne Linierung, len in der Malerei, einer teilweise stark den Voruntersuchungen beteiligten Res- tauratorInnen, denen sein Dank gebührt. die den roten Scheinmarmor in recht- reduzierten Malschicht, Malschichtbla- Im Besonderen gilt dies für den Untersu- eckige Platten teilt. Beeindruckend ist sen, Abplatzungen, Fleckenbildung, chungsbericht zu den Wandoberflächen die kräftige Farbigkeit der Eierstäbe Salzausblühungen, zum Teil auf Grund der Erschließungsbereiche von Mag. mit ihrem leuchtenden Blau-, Rot und von Wasserschäden, führt zu einem Alexandra Sagmeister, die ihn mit ihrem Gelbakzent. Von kleineren Ausbesse- sehr uneinheitlichen, durch Staubab- Feedback unterstützte.

Nr. 18 / 2014 Seite 37 enkma[] i l Das ehemalige Israelitische Taubstummen-Institut in Wien-Landstraße

Im dritten Wiener Gemeindebezirk, zung von Maulbeerbäumen genutzt nagasse in Wien. Baumgartners erste Juchgasse 22, stand bis Ende 2011 wird. Die damit verbundene Seiden- uns bekannte Pläne tragen das Datum der sowohl architektonisch wie nut- raupenzucht bringt dem Institut 1860 vom 28.2.1856 - es sind jene des Is- zungsgeschichtlich interessante Monu- die silberne Medaille der k.k. Landwirt- raelitischen Taubstummeninstituts auf mentalbau des ehemaligen Israeliti- schafts-Gesellschaft ein. Die Anstalt der Landstraße. Dem Vorstandskomi- schen Taubstummen-Instituts, der lei- selbst erwirbt sich in den Folgejahren tee des Institutes gehört auch Ema- der kaum im öffentlichen Bewusstsein ein beträchtliches Ansehen, Besucher nuel Kanitz an, mit dessen Empfehlun- präsent war und nicht zuletzt deshalb, kommen aus der ganzen Welt: So fan- gen Anton Baumgartner später zahl- ohne Aufsehen zu erregen, abgebro- den sich hier die Ärzte Ludwig August reiche Aufträge bei den jüdischen chen werden konnte. Im Haus war zu- Frankl, Hermann von Widerhofer und Großindustriellen Wiens erhält, u.a. letzt die Krankenpflegeschule der Theodor Meynert, sowie der Dichter mehrere Häuser am Rudolfsplatz,

Abb. 65: Architekturperspektive aus 1861, höchstwahrscheinlich vom Architekten Anton Baumgartner selbst gezeichnet; die Staffage ist typisch für die Darstellung von neuen Entwürfen in einer Phantasieumgebung. gleich anliegenden Krankenstiftung Leopold Kompert, Fanny Elßler und der sowie Palais an der Ringstraße. Mit Rudolfstiftung untergebracht, die mitt- Schauspieler Carl von La Roche ein. dem 1862 errichteten Gebäude lerweile in einen Neubau auf dem Im Hause war auch ein israelitisches Opernring 23 findet sich einer der ers- Areal des Kaiser-Franz-Josefs-Spital Bethaus untergebracht. ten Wohnbauten an der Ringstraße umgezogen ist. Auf dem Gelände steht 1926 hörte das Institut zu bestehen überhaupt auf seiner Werkliste. Von inzwischen ein Neubau, der diverse auf. Insgesamt absolvierten im Zeit- Baumgartner stammt auch der Dop- Ambulanzen der Rudolfstiftung ent- raum des Bestehens 1177 Zöglinge, pelblock zwischen Maysedergasse, Al- hält. nämlich 757 Knaben und 420 Mäd- brechtsplatz und Augustinerstraße chen, das Institut, davon kamen 107 hinter der Staatsoper, bekannt durch Geschichte des Hauses aus Wien, und drei waren katholisch. das Café Mozart und einen Teil des Die Geschichte des Hauses beginnt Eine überwiegend soziale Nutzung war Hotel Sacher. Baumgartner starb be- 1844, als Hirsch Kalisch in Nikolsburg dem Gebäude auch in der Folgezeit reits 1887 in Wien. ein Israelitisches Taubstummen-Insti- beschieden: 1930 diente es als Fürsor- Baubeschreibung tut gründet, das acht Jahre später gegebäude der Wiener Polizei, 1960 nach Wien-Meidling übersiedelt. 1856 wurde es zum städtischen Lehrlings- Der gesamte Institutskomplex war wird ein Baugrund im Bereich Barich- heim, und ab 1966 beherbergte es die streng symmetrisch schlosshaft konzi- und Haltergasse (heute Juchgasse) Krankenpflegeschule der Rudolfstif- piert. Auffallend ist beim Grundriss die angekauft und mit dem Bau eines tung. häufige Verwendung quadratischer großangelegten Gebäudes nach Plä- Räume. So war allein im Erdgeschoß Der Architekt nen des Architekten Anton Baumgart- der Mitteltrakt eine fast lückenlose ner begonnen. Nach zwei Jahren Bau- Anton Baumgartner, geboren 1820 in Komposition reiner Quadrate. Der zeit beziehen die ersten Pfleglinge das Totis, Ungarn, studierte an der Archi- Baukörper war ein in der Höhe kaum neue Heim. tekturschule der Akademie – unter der differenziertes Blockgefüge, dessen Dieses umfasst in jenen Jahren einen Führung von Pietro Nobile – im weit- vier Quader, vor allem der Mittel- und weitläufigen Park, der u.a. zur Pflan- läufigen Jesuitenprofeßhaus in der An- Haupttrakt, sich stereometrisch durch-

Seite 38 Nr. 18 / 2014 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 18 / September-Dezember 2014 dringen. Selbst die Fassadenfläche schien sich der stereometrischen Kör- perform unterzuordnen. Gesimse tra- ten so spärlich wie möglich auf und verschwanden nahezu in der Ebene. Der Fensterabstand variierte analog zu den einzelnen Frontpartien, die zur Mitte hin mit feinfühliger architektoni- scher Proportionsdifferenzierung kon- tinuierlich breiter wurden. Das Fassa- denbild wurde eben noch von der Sprödigkeit und Nüchternheit des das zweite Jahrhundertviertel durchzie- henden bürokratischen Neoklassizis- mus bestimmt. Fenstergesimse und - rahmungen waren lediglich auf die Flä- che applizierte Leisten. Dies trat be- sonders beim Sockelgesims zutage, welches mäanderförmig die Keller- fenster umrankte. Die Doppellukarnen in der obersten Frieszone waren durch Abb. 66: Das Gebäude kurz vor dem Abbruch: Die Initiative Denkmalschutz sprach sich ausdrücklich für den Erhalt des Bauwerks aus (vgl. iD-Stellungnahme 14.4.2011). rechteckige Felder so gebunden, dass sie voneinander in rhythmische Kom- schimmert in seinen streng-historisti- der Läuterung und Vereinfachung. binationen (wie Öffnung – bindendes schen Bauten die klassizierende Baumgartners purifizierende Gestal- Rechteckfeld – Öffnung) zertrennt Grundhaltung der Fassadenkomposi- tungsabsichten in Bezug auf die Fas- werden. Diese Rhythmisierung tritt bei tion und das autonome Prinzip der sade sind in seinem Entwurf für das Baumgartner auch später immer wie- Blockfügung durch. Israelitische Taubstummeninstitut am

Abb. 67 (li.): Plan der Fassade des Israelitischen Taubstummen-Instituts im Originalzustand; Abb. 68 (re.):Der Neubau auf dem Areal der auf („Doppellukarnenmotiv“). Die Architektonische Würdigung reinsten dargelegt. Seine Bauten ste- Proportionen des Tympanondreiecks hen heute zum Großteil unter Denk- der Quertrakte übernehmen jene der Baumgartner ist eine eigenwillige malschutz. klassisch-griechischen Tempelgiebel Figur im Kreis der Ringstraßenarchi- Der Abriss des ehemaligen Israeliti- (Neigung 1:4). Auch das sonstige tekten. Er hat den frühen Stil der Ring- schen Taubstummeninstituts, dieses klassizistische Dekor wie Akroterien, straßenperiode prägen geholfen, kulturhistorisch wichtigen Gebäudes Vasenaufsätze und dergleichen sind genau so maßgeblich wie seine Gene- von einem der bedeutenden Architek- der römischen Antike entlehnt. rationskollegen Romano und Schwen- ten der Wiener Ringstraße, ist bedau- Während in den nachmärzlichen Jah- denwein, Emil Förster oder Ferdinand erlich und eine totgeschwiegene denk- ren der romantische Historismus auch Fellner. Während sich jedoch deren ei- malpflegerische Sünde. Wie bei so vie- im Profanbau schon längst von vielen gener, lokalhistoristischer Ringstra- len Bauten des in seiner künstleri- Architekten praktiziert wird, schafft ßenstil weiterentwickelte und zu schen Bedeutung nunmehr anerkann- Baumgartner hier eine stilistisch retro- prunkvoller Repräsentation steigerte, ten Wiener Historismus wäre eine Res- spektive Lösung für seinen ersten und ist Baumgartner einen asketischeren taurierung und Umfunktionierung am einzigen Auftrag von öffentlicher Seite. Weg gegangen. Ihm geht es nie um Platz gewesen. Freilich lag die sparsame Fassadenlö- eine ornamentale, barocke Steige- sung in der Natur der Aufgabe eines rung. Seine Fassaden strahlen Ruhe Dipl. Ing. Arch. Peter Panholzer Wohlfahrtsinstitutes. Aber es sollte aus, die nur durch die Zurückhaltung sich zeigen, dass er sich auch mit sei- der geschwungenen Form, durch Geo- Mitglied des Forschungsteams der Fritz-Thyssen-Stiftung über die Wiener Ring- nen späteren Entwürfen kaum der All- metrisierung und Proportionierung er- straße, Autor einer Monographie über den gemeinheit angleicht. Immer wieder reicht werden soll. So liegt sein Ziel in Architekten Anton Baumgartner (in Arbeit)

Nr. 18 / 2014 Seite 39 enkma[] i l Die Wiener Rosenhügel-Filmstudios Die Rosenhügel-Filmstudios im 23. sicht höchst innovativer Bau: Erste nur kurze Zeit nutzen, denn bereits Wiener Gemeindebezirk (Bezirksteil Planungen als Tageslichtstudio wurden 1924 ging die Firma aufgrund der Kon- Mauer, Speisinger Straße 121) sind geändert, als sich mit den neu aufge- kurrenz billig produzierter amerikani- ohne Zweifel der bedeutendste erhal- kommenen Jupiterlampen die Möglich- scher Kinofilme pleite. Bis 1933 stan- tene Schauplatz der österreichischen keit abzeichnete, tageslichtunabhän- den die Studios weitgehend leer, dann Filmgeschichte. Von den 1920er Jah- gig zu filmen. Mit der 1923 eröffneten übernahmen die Gebrüder Pilzer, jüdi- ren bis in die jüngste Vergangenheit Aufnahmehalle („Halle 1“) entstand sche Unternehmer, mit der von ihnen wurden am Rosenhügel Filme gedreht, somit das erste Kunstlichtstudio übernommenen Sascha-Film den Ro- darunter nicht wenige bis heute be- Europas: eine Stahlbetonhalle von 24 senhügel. Sie führten die Tontechnik ein und produzierten am Rosenhügel 1934 den ersten großen Willi-Forst- Film, „Maskerade“. Der Einstieg des deutschen Tobis-Ton- bild-Syndikats als Investor hatte zur Folge, dass ab 1935 keine jüdischen Schauspieler und Regisseure mehr be- schäftigt wurden. Durch Fälligstellung von Krediten wurden die „nicht-ari- schen“ Pilzer-Brüder aus ihrem eige- nen Unternehmen gedrängt, das 1938 schließlich als „Wien-Film“ neu ge- gründet wurde und nun endgültig der deutschen Reichsfilmkammer unter- stand. Wien wurde neben Berlin, Mün- chen und später Prag ein Zentrum der Filmproduktion des Deutschen Reichs, zu diesem Zweck wurde das Rosenhü- Abb. 69: Die Akustik und Schallisolierung der "Synchronhalle" gilt heute noch als außer- gewöhnlich gut. Hier wurde und wird künftig Filmmusik für Kinofilme produziert. gel-Areal großzügig ausgebaut. Babelsberg an der Donau kannte Klassiker. Kürzlich wurde das m Breite, 90 m Länge und 16 m Höhe, Gelände an private Investoren ver- deren Rahmenbinder als Zweigelenks- Insgesamt sollen 17 Millionen Reichs- kauft, die 200 Wohnungen und einen fachwerkbögen ausgebildet sind, was mark in den Ausbau der Studios ge- Supermarkt anstelle der Studio-Bau- es ermöglichte, Laufstege, Kranbah- steckt worden sein, noch teurer waren ten errichten wollen. Gegen einige Wi- nen und Beleuchtungskörper in hochfliegend geplante, aber kriegsbe- derstände konnte das Bundesdenk- zweckdienlicher Weise unterzubrin- dingt nicht realisierte Vorhaben: Vor- malamt immerhin die zwei wichtigsten gen. Die Lampen selbst waren über gesehen waren eine unterirdische Gebäude unter Schutz stellen: die ein von der renommierten Aufzugfirma Bahn-Station und ein eigener Flug- „Halle 1“ und die sog. „Synchronhalle“ A. Freißler entwickeltes System an platz zum Einfliegen von Schauspie- bleiben erhalten und sollen umgenutzt Kranbahnen so zu disponieren, dass lern, sowie 1944 das Projekt von vier werden. Dazu hat der Industriear- die maximale Lichtstärke an jedem riesigen Holzhallen, wo wechselnder chäologe Oliver Schreiber die Ge- Punkt der Halle zum Einsatz kommen Auf- und Abbau ein permanentes Dre- schichte der beiden außergewöhnli- konnte. Eine weitere Besonderheit hen ermöglichen würde. Für deren chen Hallen, die sowohl filmhistorische stellt die Versenkung in der Mitte der Bau kamen im Februar 1945 umfang- als auch technische Denkmäler von Halle dar, die normalerweise mit Holz- reiche norwegische Holzlieferungen in Rang sind, ausführlich erforscht. bohlen abgedeckt ist, aber geöffnet als Mauer an: Aus ihnen wurden nach Freitreppenaufgang oder als Wasser- Kriegsende Baracken errichtet, die Die Stummfilmzeit becken verwendet werden konnte. erst jüngst abgerissen wurden. Am Anfang der Filmproduktion auf Das Wasser selbst konnte mittels auf- Innerhalb des NS-Staates hatten die dem Rosenhügel steht das Filmpio- wändiger Technik innerhalb kurzer Zeit Wiener Studios ihren Schwerpunkt auf nier-Paar Anton und Luise Kolm, die erwärmt werden, seitlich angebrachte Musik- und "Kulturfilmen" – u.a. ent- 1910 die „Wiener Kunstfilm-Industrie“ Nischen ermöglichten zudem auch Un- standen hier die meisten Willi-Forst- gründeten, aus der 1919 die „Vita- terwasseraufnahmen. Zusätzlich gab Filme – weshalb auf akustische Erfor- Film“ hervorging. Für ihre florierende es im Außenbereich eine 25 Meter dernisse wesentlich mehr Wert gelegt Filmproduktion erwarben sie die große Drehscheibe, die einen Kulis- wurde als beispielsweise in Berlin-Ba- Grundstücke einer am Rosenhügel be- senaufbau bei lang dauernden Dreh- belsberg. Ergebnis dieser Bemühun- stehenden Meierei (Ausflugslokal) und arbeiten dem Sonnenstand nachfüh- gen ist die 1938 - 1941 errichtete, für beauftragten den Architekten Leopold ren konnte. Tonaufnahmen (insbesondere mit den Simony 1919 mit dem Bau eines Film- Noch vor Fertigstellung des Studios Wiener Philharmonikern) gedachte studios. Was Simony, der hauptsäch- wurde am Gelände 1922 der Monu- „Synchronhalle“ (Halle 6), die im We- lich als Architekt von Wohnhausanla- mentalfilm „Samson und Delila“ ge- sentlichen unverändert erhalten ist. gen hervorgetreten ist, am Rosenhü- dreht. Die Möglichkeiten der „Halle 1“ Durch ihre zweischalige Bauweise ist gel entwarf, war ein in vielerlei Hin- allerdings konnte die Vita-Film selbst sie gegen Vibrationen und Störgeräu-

Seite 40 Nr. 18 / 2014 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 18 / September-Dezember 2014 sche optimal abgeschirmt – um 1940 ner – ihre entsprechenden „Kultur- Filmmusik neben Wohnen wurden außerhalb sogar Probespren- filme“ synchronisierten. Daneben ent- gungen vorgenommen, um den da- standen auf dem Gelände Produktio- Nun hat der ORF neuerlich verkauft, mals geplanten U-Bahn-Bau zu simu- nen wie G.W. Pabsts „Der Prozess“ derzeit läuft der Abbruch des histori- lieren. Herzstück der technischen Aus- oder auch der erste österreichische schen Filmstudio-Ensembles mit Aus- stattung war eine elektropneumati- Farbfilm „Das Kind der Donau“ mit Ma- nahme der Hallen 1 und 6. Während sche Orgel der 1940er Jahre, mit der rika Rökk. Nach dem Abzug der Sow- die künftige Nutzung der Halle 1 noch neben verschiedenen Klangfarben jets wurden die Studios von der nun ungeklärt ist, scheint die Zukunft der auch zahllose Geräusche erzeugt wer- staatlichen Wien-Film an verschiedene Synchronhalle gesichert: Sie gehört den konnten – Pferdegetrappel, Don- Produktionen vermietet. 1966 kaufte neben Hallen in London und Los Ange- ner, Kuhglocken, Wind, Meeresbran- der ORF das Areal und produzierte hier les akustisch zu den fünf besten Ton- dung und vieles mehr. Das einmalige u.a. die Heinz-Conrads-Sendungen, aufnahmeorten der Welt und soll u.a. Stück ist bis heute erhalten. Von be- die Kinofilm-Produktion kam fast zum zur Vertonung internationaler Kino- sonderem Interesse sind weiters die Erliegen. Ein privater Investor plante filme genutzt werden. Die „Vienna originalen Schneideräume, die ebenso 1990 schließlich den Einbau eines Su- Symphonic Library“ als neuer Eigentü- wie die große Tonaufnahmehalle durch permarkts in die Synchronhalle und mer der Halle plant hier ein Aufnah-

Abb. 70 (o.li.): Alle Gebäude der legendären Filmstadt Rosenhügel bis auf zwei Hallen werden derzeit abgerissen, so auch dieser ma- lerische Gebäudeflügel aus der Zwischenkriegszeit; Abb. 71 (o.re.): Diese original erhaltene elektropneumatische Orgel aus den 1940er Jahren kann nicht nur Musik in verschiedenen Klangfarben, sondern auch diverse Geräusche erzeugen; Abb. 72 (u.li.): Originalkräne der „Halle 1“: Diese wurde 1923 als erste europäische Kunstlicht-Aufnahmehalle von der Stummfilm-Produktionsfirma „Vita-Film“ (1919 - 1924) eröffnet; Abb 73 (u.re.): Außenansicht der 1938-41 errichteten „Synchronhalle“ zur Nachvertonung von Tonfilmen. Wegen der hochbrennbaren Zelluloidfilme gab es bei den Schneideräumen „Fluchtbalkone“. trapezförmigen Grundriss eine beson- ein großes Einkaufszentrum, was mestudio, das dem neuesten Stand ders gute Akustik aufweisen. Hier sind durch das Engagement des ORF-Ge- der Technik entspricht. Bei den not- die Spezialschränke für die hoch- neralintendanten Thaddäus Podgorski wendigen Adaptierungen soll der alte brennbaren Filmrollen (samt Belüf- knapp verhindert werden konnte: Der Bestand aus den 1940er Jahren erhal- tungsvorrichtung) erhalten geblieben. ORF kaufte das Areal zurück und ver- ten bleiben, im Bereich des „Kleinen pachtete es an die „Filmstadt Wien Aufnahmestudios“ allerdings unsicht- Entwicklung nach 1945 GmbH“, die den Rosenhügel bis zuletzt bar hinter einer inneren dritten Schale Den Zweiten Weltkrieg überstanden recht erfolgreich bewirtschaftete. Am (zwecks Schalldämmung) und unter die Rosenhügel-Studios unbeschadet, Rosenhügel entstanden beispielsweise neu verlegten Böden. sie wurden 1945 von der sowjetischen „Der Bockerer II“ (1996), „Comedian Besatzungsmacht übernommen, die Harmonists“ (1997) oder „Die Klavier- Mag. Wolfgang Burghart / hier – wie teilweise auch die Amerika- spielerin“ (2001). Dr. Gerhard Hertenberger

Nr. 18 / 2014 Seite 41 enkma[] i l Vom Verschwinden der Wiener Vorstädte, Folge 4: 6. Bezirk, Gumpendorf

In der Gumpendorfer Straße 123 (Lie- personen zersplitterte Eigentum fast der Bauzeit stammenden – Dach- genschaft mit zwei Straßenfronten, zur Gänze wieder in einer Hand ver- stuhls im Mai 2010 ungewöhnlich ident mit Dominikanergasse 8) ver- eint hatte. Dies ist deshalb erwäh- lange hinzog. Das Gebäude hatte scharrte Anfang November 2014 der nenswert, weil Häuser, die im Woh- einen eigenartigen Abschluss der Abbruchbagger letzte Ziegelsplitter in nungseigentum mehrerer Privatperso- Gumpendorfer Straße am Gürtel ge- eingeschlagenen Kellergewölben: Das nen stehen, üblicherweise weniger bildet, weil es kein eigentliches Eck- verschwundene Gebäude war 1819 abbruchgefährdet sind als solche im haus mit zwei Straßenfronten war, errichtet, 1827 erweitert und aufge- Alleineigentum oder schlichten Mitei- sondern erst seit dem für die Errich- stockt und 1846 mit einem Seiten- gentum (also ohne sachenrechtliche tung der durchgehenden Gürtelfahr- trakt versehen worden1. Nach Kriegs- Zuordnung der Anteile zu bestimmten bahn erforderlichen Abbruch der be-

Abb. 74 (li.): Gumpendorfer Straße 123: 1819 errichtet, 1827 aufgestockt, 2014 zerstört; Abb. 75 (re.): Gumpendorfer Straße 157: Bürgerhaus von 1830, Abbruch 2010 schäden instand gesetzt, wies es al- Wohnungen). Die Demolierung ist für nachbarten Häuser Gumpendorfer lerdings eine so reduzierte Fassade mehrere Eigentümer mit großem Straße 159 und 161 an der Westseite auf (Abb. 74), dass es dem GeVAG rechtlichen und wirtschaftlichen Auf- freistand. Von der geschäftigen U6- (Gemeinnütziger Verein zur Achsen- wand verbunden und die Gesamtver- Station am Gürtel fiel der Blick auf die und Geschoßzählung) in seinem le- äußerung kann leicht am Widerstand Feuermauer, die daneben gürtelab- gendären Buch über die Fassaden der einzelner scheitern. wärts führende, freistehende Garten- Wohnhäuser des sechsten Bezirks2 Weniger kleinteilig gestaltete sich der mauer und die lange schmale Wiese, keine Erwähnung wert war. Eigentumserwerb am nahe gelegenen die Haus und Gartenmauer vom Auto- Zuletzt diente es als überbelegtes Ar- Haus Gumpendorfer Straße 157 (Abb. strom am Gürtel trennte – durchzo- menquartier und stand nach der poli- 75) im Jahr 2009: Dieses äußerlich gen von einem erdigen Trampelpfad. zeilichen Räumung Anfang 2013 leer. gut erhaltene Bürgerhaus aus dem Diese provisorische Ecksituation ver- Obwohl abgewohnt und durch zahl- Jahr 1830 kaufte die dann den Ab- mittelte bis 2010 einen eigenwilligen lose Umbauten wohl konservatorisch bruch betreibende Immobiliengesell- letzten Eindruck von der niedrigen bedeutungslos, ist damit der letzte schaft von einem Wiener Rechtsan- und lockeren vorstädtischen Verbau- Rest eines Ensembles aus 6 Häusern3 walt, der das Haus 10 Jahre zuvor von ung am ehemaligen Linienwall. Das verschwunden, das bis in die 1960er der alleinigen Voreigentümerin erwor- Bundesdenkmalamt nahm von einer Jahre die äußere Gumpendorfer ben hatte. Dieser behielt sich beim Unterschutzstellung des Hauses Ab- Straße zierte. Rechtlich interessant Verkauf das Recht vor, „einzelne Bau- stand, weil das „Objekt bereits mehr- ist, dass an der Liegenschaft seit vie- teile dieses Hauses, wie Stiegengelän- fach verändert“ worden war und „ge- len Jahren (1994) Wohnungseigentum der, Boden- und Stufenplatten, Zie- genüber anderen vergleichbaren Ge- begründet war: Die Eigentümerin, geln etc. auf eigene Kosten zu entfer- bäuden einen relativ starken Überar- eine Immoblienentwicklungsgesell- nen und abzutransportieren“4. Ob er beitungsgrad“ aufwies5. schaft, erwarb sämtliche der etwa 40 davon Gebrauch machte, entzieht sich Ein weiterer Verlust im 6. Bezirk, al- Wohnungen mit Ausnahme von nur der Kenntnis des Autors. Von außen lerdings nicht in Gumpendorf, sondern zwei Objekten von einer Privatperson, zu beobachten war jedenfalls, dass in der ehemaligen Vorstadt Laim- die zuvor das unter Dutzenden Privat- sich das Zerlegen des – offenbar aus grube, betraf das 1783 erbaute Haus

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Laimgrubengasse 13 (Abb. 76): ein 1817) und Webgasse 29 (Bj. 1829), davon) und weitgehend original erhal- leicht aus der Baulinie hervortreten- die drei letztgenannten wurden um tenem Innenleben und Dach. Nach des Gebäude mit schlichter Fassade, das Jahr 2000 abgebrochen. dem Tod der betagten, langjährigen zum Teil sehr alten Fenstern, einer un- Auch die Tage des Hauses Gumpen- Alleineigentümerin 2012 gelangte das veränderten Sockelzone mit altem dorfer Straße 57 (= Luftbadgasse 12, Gebäude in die Hände desselben Kon- kleinen Haustor und einer altertümli- zum Wollbaum, erbaut 1818, 1827 zerns (Raiffeisen-Leasing) wie das chen weiteren kleinen Eingangstür aufgestockt, Fassade zur Gumpendor- eingangs besprochene in der Gum- (Abb. 77). Im Inneren umschloss es fer Straße im 20. Jahrhundert verän- pendorfer Straße 123. Es musste im einen kleinen dreiseitigen Hof mit dert) dürften gezählt sein: Es steht November 2014 einem Wohnhaus mit Pawlatschen. Es befand sich zuletzt in leer und die neue Eigentümerin ist seit 15 Eigentumswohnungen und Tiefga- desolatem Zustand und wurde vom Oktober 2014 eine Wohnbaugesell- rage Platz machen. 18. bis 24. August 2011 beseitigt. In schaft des Strabag-Konzerns – ein In- der Laimgrubengasse standen zum teresse am Erhalt der alten Substanz Mag. Thomas Baar Stichtag der Bestandsaufnahme in Re- ist somit vermutlich auszuschließen8. iD-Mitglied

Abb. 76 (li.): Laimgrubengasse 13, erbaut 1783 mit Pawlatschen-Innenhof, 2011 zerstört; Abb. 77 (re.): Altes Haustor und weitere Eingangstür im einstigen Haus Laimgrubengasse 13 nate Wagner-Riegers Dokumentation Aus dem einstöckigen Haus Stiegen- Anmerkungen: über „Das Wiener Bürgerhaus“ (Som- gasse 11 (erbaut 1797) mit bemer- 1 Renate Wagner-Rieger, Das Wiener Bür- mer 1955) noch 7 vor 1840 erbaute kenswert altertümlichem Erschei- gerhaus des Barock und Klassizismus, Wohnhäuser, zum überwiegenden Teil nungsbild und steinerner Konskripti- Gebrüder Hollinek, Wien 1957, S. 204 aus dem späten 18. Jahrhundert onsnummer über dem Haustor ist das 2 Kunsthistorische Arbeitsgruppe GeVAG, stammend (Ordnungsnummern 7, 9, dort jahrzehntelang ansässige Fiaker- Wiener Fassaden des 19. Jahrhunderts, 13, 15, 16, 22 und 296). Davon ist unternehmen ausgezogen. Gerüchte Hermann Böhlaus Nachf., Graz 1976 nunmehr ein einziges übrig geblieben: über einen Verkauf lassen angesichts 3 Martin Kupf i. Klein/Kupf/Schediwy, „Wien Laimgrubengasse 22 (erbaut 1782), der offenbar lange vernachlässigten – Stadtbildverluste seit 1945“, Edition wo Ludwig van Beethoven von Okto- Substanz auch hier nichts Gutes Atelier im Wiener Journal 2001, S. 159 ber 1822 bis Mai 1823 wohnte7. Die- ahnen8. Beide Gebäude liegen in einer 4 Kaufvertrag vom 26. August 2009, ent- ses Haus steht unter Denkmalschutz Schutzzone, man darf gespannt sein, nommen dem elektronischen Grund- und befindet sich in gepflegtem Zu- ob es gelingen wird, „die Erhaltung buch unter www.portal.at stand – der Autor wünscht ihm noch des charakteristischen Stadtbildes zu 5 Aus einem E-Mail vom 27. Mai 2010 von langes Bestehen. gewährleisten“.9 HR Univ. Doz. Dr. Friedrich Dahm, Lan- Weitere Verluste vorgründerzeitlicher Zuletzt sei als Exkurs ein Haus gewür- deskonservator für Wien, an die Initia- Wohnhäuser der jüngsten Vergangen- digt, das zwar wegen seines knapp zu tive Denkmalschutz in Beantwortung heit im 6. Bezirk: Gumpendorfer späten Baujahres nicht in den „Bür- einer entsprechenden Anfrage Straße 141 (ca. 2004, Bj. 1839), Hir- gerhaus“-Katalog aufgenommen 6 wie 1, S. 207 schengasse 19 (2008, Bj. 1810), Mar- wurde, aber auch im Jahr 1842 noch 7 Gedenktafel über dem Haustor chettigasse 8 (2003, Bj. 1822), Mol- mit biedermeierlichem Fassadentyp 8 www.meinbezirk.at/wien-01-innere- lardgasse 18 (2010, Bj. 1834), Mol- errichtet wurde: Garbergasse 9, ein stadt-importiert/seit-dreissig-jahren- lardgasse 22 (zuletzt nur noch Stra- gut erhaltenes zweistöckiges Ge- fiaker-aus-leidenschaft-d21043.html ßentrakt, 2008, Bj. 1831), Mollard- bäude10 mit kaum veränderter Sockel- 9 https://wien.gv.at/stadtwentwicklung/ gasse 72 (ca. 2009, Bj. 1834), Web- zone (altes Haustor und alte Holztüren grundlagen/schutzzonen/ gasse 9 (Bj. 1827), Webgasse 23 (Bj. zu den Lokalen je links und rechts 10 wie 2, S. 83

Nr. 18 / 2014 Seite 43 enkma[] i l Der Umgang mit historischer Bausubstanz in Wels

Wels ist wohl das beste Beispiel einer des östlichen Abschlusses des Kaiser- historische Vorgängerbauten bei an- sich verändernden Stadt mittlerer Josef-Platzes, dem Erhalt der Boden- stehenden Neubauten an die Kom- Größe in Österreich. Ländlich geprägt, denkmäler im Bereich des Sportplat- mune (Stadtsenat von Wels), das aber doch mit beachtlichen Industrie- zes Rainerschule/NMS 1 und bei Re- Bundesdenkmalamt und an die und Handelsbetrieben, repräsentiert vitalisierungen im Bereich Herminen- Grundbesitzer weiter zu leiten und ge- Wels so etwas wie den „Durchschnitt hof, des Minoritenkomplex und der gebenenfalls die BürgerInnen von von Österreich“, in dem Kultur eher Firma Fronius werden diese Fragen vi- Wels durch Petitionen und Publikatio- als Unterhaltungsfaktor angesehen rulent. Eine Gruppe Welser Bürger hat nen mit einzubinden.

Abb. 78: Zerstörung des Hauses Bäckergasse 1a in Wels / Ober- Abb. 79: Römische Ruinen von Ovilava: Notgrabung, danach Ent- österreich im April 2013 fernung der historischen Mauern wird. Die ländliche Bevölkerung hat sich formiert und will eine verstärkte jedoch ihre Arbeits- und Einkaufsge- Bezugnahme zur historischen Bausub- Allgemeine Forderungen und wohnheiten in den letzten Jahren ge- stanz bei Neubauten in Wels durchset- Vorschläge ändert, die Innenstadt ihren Rang als zen. - Rechtzeitige Informationen über Einkaufsstadt mit den Einkaufszentren Ziele der Gruppe Neubauten und Bodeneingriffe müs- am Stadtrand teilen müssen. Wels sen an die zuständigen Welser Stel- muss sich, wohl auch um sich selbst Die Zerstörung von Historischem hat len (wie etwa an das Stadtmuseum, zu retten, auf das reichhaltige histori- in Wels ein nicht mehr tolerierbares Stadtarchiv usw.) und an die Welser sche Erbe besinnen. Dieses Umden- Ausmaß erreicht. Zusätzlich zu Bau- BürgerInnen weitergeleitet werden. ken hat allerdings noch nicht so richtig sünden der vergangenen Jahrzehnte begonnen. Wie sonst ist zu verstehen, werden viele der noch verbliebenen - Gründung eines Fonds durch die dass historische Bausubstanz immer historischen Bauten demoliert und alle Kommune für erhaltungswürdige noch leichtfertig vernichtet wird – hier archäologischen Befunde nach ar- Gebäude und deren Nutzung (siehe einige der jüngsten Beispiele: Die chäologischen Notgrabungen vernich- Linz) ehemalige Schule in Lichtenegg ist tet. Die geforderte Bezugnahme be- - Architektenwettbewerb bei histo- dem Parkplatz eines Diskonters zum dingt nicht automatisch den Erhalt, risch sensiblen Bauten/Gegenden Opfer gefallen. Ein Bürgerhaus in der wobei dieser natürlich anzustreben und bei (auch zu erwartenden) Bo- Bäckergasse Nr. 1a wurde demoliert ist. Die in vielen Jahren entstandene dendenkmälern, die verändert oder (Abb. 78) und soll durch einen ge- „Seele“ von historischen Bauten ist zu zerstört werden. sichtslosen Zweckbau ersetzt werden. beachten. Allein durch die Änderung - Detaillierter Nachweis der Tätigkeit Schließlich war das traditionsreiche von Fassaden kann ein über die Jahre des Gestaltungsbeirates gewachsener und beliebter Stadtteil Cafe Urbann in der Bahnhofstraße Nr. - Publikation eines „Schwarz/Weiß“- zu einer gesichts- und seelenlosen 8 an der Reihe. Im Zuge der Abrisse Fotobuches mit positiven und nega- Gegend verkommen. Archäologische wurden auch über 10.000m² römi- tiven Beispielen aus der Welser Bau- Bodendenkmäler (Baubefunde) – in sche Baubefunde zerstört (Abb. 79). geschichte zur Sensibilisierung für Wels vorwiegend aus der Römerzeit – Als positive Entwicklung sind kommu- das Thema nale Bestrebungen der letzten Zeit zu sind wie eine „Terra incognita“ zu be- sehen, bei Projekten auf die histori- werten, ihre restlose Vernichtung ist Albert Neugebauer schen Gegebenheiten zu achten und, „Barbarei“. Obmann des Vereins „Römerweg Ovilava“ wo möglich, alte Bausubstanz zu er- Aufgabe der Gruppe ist es, Vorschläge (www.roemerweg.at), Initiator der Gruppe halten. Bei der Frage der Gestaltung hinsichtlich einer Bezugnahme auf zum Schutz der Welser Altstadt

Seite 44 Nr. 18 / 2014 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 18 / September-Dezember 2014 Initiative Kulturerbe Wien Demonstration 2014 – Ein Rückblick Als gebürtiger Döblinger und als je- „Initiative Denkmalschutz“ und meine wurde vom Büro der Nationalratsprä- mand, der sich zeit seines Lebens sei- Wenigkeit als Aktivist für den Erhalt sidentin einige Tage vor der Kund- ner Heimatstadt Wien liebevoll ver- des Casino Zögernitz in Döbling haben gebung freundlicherweise entgegen bunden fühlt, muss der Autor dieser im Frühsommer 2014 eine Plattform genommen. Der Bürgermeister von Zeilen leider feststellen, dass der für die Erhaltung des Wiener Kulturer- Wien war nicht so entgegenkommend Schutz und Erhalt von Wiener bauli- bes gegründet. Am 25.9. fand dann und lehnte eine Übergabe der Forde- chen Kleinoden, der Erhalt der alten die große Demonstration für den Er- rungen an ihn oder an einen Vertreter Ortskerne der Vororte, der Stadtland- halt des Kulturerbes Wien statt. ab, er verwies an die Möglichkeit einer Eingabe mittels Petition. Am 25.9.2014 spätnachmittags war es dann soweit. Der erste Wiener „Kultur- erbezug“, angeführt von einem ge- schmückten Fiaker, dahinter die in ori- ginellen Kostümen gekleideten Damen des „Josefinischen Erlustigungskomi- tees“, zog mit etwa 800 bis 1000 Teil- nehmern vom Konzerthaus, wo be- kanntlich ein aktuelles Hochhauspro- jekt das Stadtbild gefährdet, über den Ring zum Parlament und weiter zum Rathaus. Kundgebungen wurden vor dem Par- lament gehalten, eine scharfe Protest- note vor dem Rathaus, und da kein Wiener Bürgermeister oder ein von Abb. 80 u. 81: Vom Eislaufverein bis zum Wiener Rathaus marschierte der Demons- trationszug, mit Zwischenstopp vor dem Parlament (rechtes Foto), wo die Forderun- gen an die Politik verkündet wurden. Bei der abschließenden Kundgebung vor dem Rat- haus hielten Bernd Lötsch und Bruno Thost mitreißende Reden. schaften, und die Würdigung der spe- zifischen Wiener Kultur schon lange keine Herzensangelegenheit der Wie- ner Politik mehr ist. Wie anders ist es zu erklären, dass auf Wunsch von „Investoren“, ohne öf- fentliches Interesse, Umwidmungen in Schutzzonen erfolgen, zentrumsnahe, das Stadtbild negativ beeinflussende Hochhausprojekte von Stadtverant- wortlichen protegiert werden, Grünflä- Dankenswerterweise haben sich mehr ihm abgesandter Vertreter unsere Pro- chen und Sportanlagen Wohnprojek- als dreißig weitere Initiativen an die- testnote empfangen wollte, wurde ten der Luxusklasse weichen sollen, sem Demonstrationszug beteiligt. diese mit Nägeln an eine Holzverklei- sowie Schutzzonenobjekte bis zur Un- Ihnen allen ist die Erhaltung der Bau- dung des Rathauseinganges in der kenntlichkeit verunstaltet werden dür- kultur, des Stadtbildes und der Stadt- Lichtenfelsgasse angebracht. Die Ta- fen? Grinzing, Neustift, Nußdorf, landschaften in unserem Wien eine geszeitungen haben von diesem Ereig- Hirschstetten, die noch unverbauten Herzensangelegenheit. Viele Promi- nis in den Tagen danach berichtet. Teile des Otto-Wagner-Spitals am nente aus Kunst und Kultur unter- Weitere Kulturerbezüge können jeden- Steinhof, der Wiener Eislaufverein, Ba- stützten uns. Den Ehrenschutz bilde- falls folgen. Wir werden wachsam rockhäuser im Zentrum, die noch ten Prof. Ernst Fuchs, Univ. Prof. Dr. bleiben. freien Wiesen und Wassergrundstücke Bernd Lötsch und Prof. Bruno Thost. Die Veranstalter sprechen nochmals an der Alten Donau: Sie alle werden, Im Gepäck hatten wir zwei Forde- allen Teilnehmern einen herzlichen falls nicht ein Umdenken bei unseren rungspakete, eines an das Parlament Dank aus. Stadtpolitikern einsetzt, bald der Ver- für einen besseren Denkmalschutz, Dr. Rainer Balduin gangenheit angehören. und eines an die Gemeinde Wien, be- Initiator der Kulturerbedemonstration Meine Mitstreiter, Herr Ing. Gerhard treffend Ausweitung und Verbesse- am 25.9.2014 und iD-Förderer Hadinger von der Initiative „Steinhof rung der Schutzzonenbestimmungen. erhalten“, Markus Landerer von der Unsere Petition an das Parlament www.kulturerbewien.at

Nr. 18 / 2014 Seite 45 enkma[] i l kurzmeldungen

Niederösterreich: Mannersdorf – gesellschaft (BIG), dass die geplanten klargestellt worden, dass zumindest Schwierige Sanierung des Perl- Aufbauten maximal 40 cm über die Fassade und Gewölbe des Erdgescho- mooserhofs Dachkante der Gebäude ragen dür- ßes erhaltenswürdig waren. Der Ei- fen. Damit dürfte einem Umbau der gentümer stieß mit seiner Aktion alle Der Perlmooserhof in Mannersdorf an beiden Gebäude zum neuen zentralen vor den Kopf, oder war aus seiner der Leitha (Fabriksgasse Nr. 1) prägt Standort der Linzer Kunst-Universität, Sicht die überschaubare Höhe der das Stadtbild seit Jahren in negativer die nunmehr beide Gebäude nutzen Strafe einem weiteren Zuwarten und Hinsicht: die mitten in der Stadt ge- wird, nichts mehr im Wege stehen. Erhalt der Mauern vorzuziehen? Au- Allerdings wird das Erscheinungsbild ßerdem kann man im Zuge eines der so markant zwischen Hauptplatz Neubaues jetzt die Innenräume viel und Donau vermittelnden Brücken- besser neu gestalten. Angesichts sol- kopfgebäude wesentlich weniger be- cher Bagatellstrafen ist es nicht wei- einträchtigt, als dies noch in den ur- ter verwunderlich, wenn Eigentümer sprünglichen Planungen vorgesehen in solchen Fällen lieber illegal ab- war. Der Plan eines Umbaus der mar- reißen als einen Konsens zu suchen. kanten Gebäude, die eines der wich- tigsten Zeugnisse nationalsozialisti- Steiermark : Feldbach-Mühldorf scher Stadtplanung in Österreich dar- – Einzigartiges Relikt aus dem stellen, datiert bereits aus dem Jahr 1. Weltkrieg zerstört 2009, als ein erstes Projekt von Ar- chitekt Adolf Krischanitz auffällige Auf dem Steinberg in Feldbach be- Abb. 82: Perlmooserhof, NÖ Glaskuben auf den Brückenkopfge- stand während des Ersten Weltkriegs legene repräsentative Anlage verfällt ein weitläufiges Kriegsgefangenenla- seit Jahren, ohne dass die diskutier- ger, dessen erhaltene Objekte vom ten Nutzungen wie Wohnungen, Poli- Bundesdenkmalamt derzeit unter- zeistation, Arztpraxen bis jetzt ver- sucht werden. Zu den erhaltenen Re- wirklicht worden wären. Die Anlage likten zählen u.a. Brücken und eine steht im Besitz der Gemeinde und Eisenbahn-Versuchstrasse, eine wird von der Wohnbau-Genossen- Bahnwerkstätte und ein Friedhof. Für schaft „Gebös“ verwaltet, die ein be- die letzte erhaltene Baracke des La- reits ausgearbeitetes Projekt in der gers kamen die Bemühungen des historischen Anlage verfolgt. Pro- Denkmalamtes leider zu spät. Das bleme auf dem Weg zur Sanierung baufällige Gebäude wurde aufgrund sehen manche Stadtpolitiker im eines von Bürgermeister Anton Schuh Denkmalschutz, und fordern daher erlassenen Abbruchbescheids zer- eine teilweise Aufhebung - eine solche stört. Von den beiden Besitzern – scheint aber aufgrund der hohen Be- Abb. 83: Linz, Brückenkopfgebäude Ost zwei Landtagsabgeordneten - ließ deutung des Perlmooser Hofes un- bäuden vorsah. Die Gebäude selbst einer bereits den Abbruch vollziehen. denkbar: Die schlossähnliche Anlage waren 2008 unter Denkmalschutz ge- besitzt Bauteile aus dem 16. Jahrhun- stellt worden, allerdings wurde dage- dert und hat eine hochinteressante gen seitens der Stadt Linz Einspruch Nutzungsgeschichte: errichtet als Ba- erhoben. Im endgültigen Bescheid deanstalt war hier im 18. Jahrhundert wurden der Innenbau des vierten eine Fabrik für Leonische Drahtwaren sowie das Dachgeschoß vom Denk- untergebracht. Allerdings könnten, malschutz ausgenommen. wie Bürgermeister Gerhard David in den Niederöstereichischen Nachrich- Salzburg: Tamsweg – Illegaler ten (10.12.2014) zitiert wird, zwei Abriss des Gambswirtes Geschoße des Traktes in der Fabriks- gasse abgerissen werden. Im Sommer wurde das Traditions- Gasthaus Gambswirt im Zentrum von Oberösterreich: Linz – Kompro- Tamsweg Opfer eines Großbrandes. misslösung bei den Brücken- Wenige Monate später wurden das Abb. 84: Arbeitslager in Steinbach, Stmk. kopfgebäuden vom Brand geschädigte Gebäude in einer Nacht- und Nebelaktion kom- Das Bundesdenkmalamt, das den Im Streit um den Umbau bzw. die plett abgerissen – ein illegaler Vor- schlechten Bauzustand bestätigt, be- Aufstockung der 1940 errichteten Lin- gang, denn es lag keine Abrissgeneh- dauert den Verlust gleichwohl: Die zer Brückenkopfgebäude ist es im De- migung vor (vgl. ORF Salzburg, 1.11. 1915 errichtete Baracke war die letzte zember 2014 zu einem Kompromiss 2014). Das historische Gebäude mit ihrer Art in Österreich – ihr Abbruch gekommen: Das Bundesdenkmalamt Kern aus dem 16. Jahrhundert stand letztes Jahr war ein Beitrag besonde- beschied in einem Schreiben an die nicht unter Denkmalschutz, allerdings rer Ignoranz zum Gedenkjahr „100 Eigentümerin, die Bundesimmobilien- war durch die Ortsbildkommission Jahre Erster Weltkrieg“.

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Tirol: Kematen – Denkmalschutz- der Besitzer, ohne dass Pläne über die Der wesentliche Punkt und ein alar- Streit um Südtiroler Siedlung zukünftige Verwertung bekannt wur- mierendes Signal ist der darin nicht den. Der ärarische Zweckbau mit mehr zu findende Passus von der Die Südtiroler-Siedlungen stellen eine schönen Stiegenhäusern im Inneren UNESCO-Welterbe-Kernzone als Aus- Besonderheit innerhalb des Sied- stand nicht unter Denkmalschutz. Der schlusszone für Hochhäuser. Statt- lungsbaus des Dritten Reichs dar. Bei Abriss ist ein weiteres Beispiel für den dessen ist der Bereich der Welterbe- ihnen handelt es sich um Siedlungen, herrschenden leichtfertigen Umgang zone zusammen mit den Vorstädten die hauptsächlich in Tirol und Vorarl- mit Bausubstanz der Gründerzeit. als „Konsolidierte Stadt“ ausgewie- berg für die nach 1939 umgesiedelten sen. Hier sollen außerhalb der Block- Südtiroler errichtet wurden. Eine der Wien: Bebauung des Steinhof- randbebauung „Hochhäuser im relati- bedeutendsten Siedlungen dieser Art Geländes – Mediationsergebnis befindet sich in Kematen, aufgrund ignoriert der architektonischen Konzeption – die Anlage ist im Heimatschutzstil in Im Prozess um die geplante Verbau- Form eines Angerdorfs errichtet - und ung des denkmalgeschützten Areals des teilweise guten Erhaltungszustan- der Heilstätte Steinhof (Otto-Wagner- des sollte sie vom Bundesdenkmal- Spital) hat die Stadt Wien zum Miss- amt unter Schutz gestellt werden. fallen aller an der Mediation beteilig- Gegen den Bescheid wurde jedoch ten Bürgerinitiativen und der Initia- Einspruch erhoben seitens der Eigen- tive Denkmalschutz verlautbart (Vgl. tümerin der Siedlung, der Wohnungs- APA-OTS Aussendung 25.11.2014), Genossenschaft „Neue Heimat Tirol“ - dass mit Wohnbautätigkeit im Osta- Abb. 87: Wien, Hochhäuser an der Donau man fürchtet die Verunmöglichung real begonnen werden soll – die Rede von Sanierung und Umbau. Beistand ist von zehn neuen Pavillons, die ven Bezug zur Umgebung denkbar“ erhielt die „Neue Heimat Tirol“ vom durch die Gesiba errichtet werden sol- sein. Generell soll „die Möglichkeit, in Bürgermeister Kematens, der um den Wien Hochhäuser zu errichten, er- Ruf seiner Gemeinde besorgt ist und leichtert werden“ (vgl. „Der Stan- im Übrigen überhaupt der Meinung, dard“, 30.10.2014), auch wenn dass wir „aus der Zeit, als es die Re- gleichzeitig strenger geprüft und ein publik Österreich nicht gegeben hat, sog. Mehrwert für die Öffentlichkeit [...] nichts erhalten müssen, und da festgeschrieben werden soll. gibt es auch nichts Schützenswertes“ (Tiroler Tageszeitung, 25.7.2014) Wien – Renovierungsarbeiten Im Verlauf weiterer Gespräche soll auf dem Kahlenberger Friedhof der Kompromiss einer Teil-Unter- schutzstellung angepeilt worden sein. In der Denkma[i]l Ausgabe Nr. 12 (S. 10/11) berichteten wir vom Zustand Wien: Landstraße – Abbruch des Abb. 86: Wien, Otto Wagner-Spital Steinhof des Kahlenberger Friedhofes. Damals ehem. Jugendgerichtshofes war der Gesamtzustand als bedenk- len (140 Wohnungen). Ohne Vorlie- lich einzustufen. Noch bis vor kurzem gen eines konkreten Nachnutzungs- befand sich der Zaun rund um den konzeptes setzt die Stadt Wien damit Friedhof in einem schlechten Zustand, gleichsam den zweiten Schritt vor den und wild aufkommende Gehölze nah- ersten und ignoriert die Grundsätze men den Blick auf die Grabstellen und des Mediationsergebnisses: Dieses die Finsterle-Gruft. Nun hat sich die stellte klar, dass der Ostteil im funk- Situation deutlich verbessert. Der tionalen und räumlichen Zusammen- Zaun wurde repariert und das ge- hang mit dem Gesamtareal betrach- samte Friedhofsareal von wild auf- tet werden muss. Mit diesem Schritt kommenden Sträuchern befreit. Dies werde gleichzeitig die Chance vertan, führt – so ein Lokalaugenschein – zu das Areal als Anwärter für das Welt- einem völlig neuen Raumerlebnis: kulturerbe zu erhalten. Seit langer Zeit ist das gesamte Areal Abb. 85: Wien, ehem. Jugendgerichtshof zu übersehen. Auch kleine Arbeiten Wien: Neue Hochhaus-Richtlinie an einigen Grabstellen wurden durch- Das Gebäude des ehemaligen Ju- beschlossen geführt. Jetzt müssten nur noch Re- gendgerichtshofs in der Rüdengasse novierungsarbeiten an der Finsterle- 7-9 wurde im Herbst abgebrochen. Weitgehend unbemerkt von der Öf- Gruft und beim Ziegler-Grab durchge- Seit der umstrittenen Auflösung der fentlichkeit wurde am 19. Dezember führt werden, um einen optimalen Institution im Jahr 2003 stand das 2014 im Wiener Gemeinderat eine Pflegezustand dieses abgeschieden Gebäude leer, 2006 wurde es von der neue Hochhausleitlinie beschlossen, gelegenen und im wahrsten Sinne des Bundesimmobilienverwaltung (BIG) die das bisher gültige Hochhauskon- Wortes merkwürdigen Friedhofes zu verkauft, im Herbst wechselte erneut zept aus dem Jahr 2002 ersetzen soll. erreichen. (Autor: Christian Hlavac)

Nr. 18 / 2014 Seite 47 [] enkma i l Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 18 / September-Dezember 2014 Veranstaltungen / Termine Donnerstag, 29. Jänner 2015 Führung durch das Palais Schwab Das 1870 errichtete und erst kürzlich restaurierte Ringstraßenpalais wurde 2005 im Verfahren der Naturalrestitution an die Erben zurückge- geben und weist neben einer prunkvollen Beletage auch einen Freimau- rertempel auf. Der Historiker Dr. Robert Streibel sowie Dipl. Ing. Oliver Schreiber werden uns die reiche Geschichte des Hauses näher bringen. Zeit: 16:30 Uhr, Ort: Weihburggasse 30, 1010 Wien Anmeldung erforderlich, Führungsbeitrag (Spende) € 10,- Freitag, 20. Februar 2015 Führung durch die Wiener Akademie der Bildenden Künste Abb. 88: Palais Schwab – Führung, 29.01. Sie ist Österreichs älteste und vornehmste Ausbildungsstätte der bilden- den Künste. Ihre 1877 nach Plänen von Theophil Hansen errichtete Heim- stätte gehört zu den bedeutendsten Bauwerken der Ringstraßenzeit. Mag. Michael Rainer (Bundesdenkmalamt) wird Ihnen einen Einblick in die laufenden restauratorischen Untersuchungen in dem Gebäude geben. Zeit: 15:00 Uhr, Ort: Schillerplatz 3, 1010 Wien Anmeldung erforderlich, Führungsbeitrag (Spende) € 10/8,- Samstag, 7. März 2015 Führung Gebrüder Schwadron Baukeramik Von 1899 bis 1933 stattete die Firma Brüder Schwadron viele Zinshäuser und öffentliche Gebäude mit baukeramischen Arbeiten aus und trug somit maßgeblich zur Blüte des Kunsthandwerks zwischen Späthistoris- Abb. 89: Akademie bildende Künste – Führung, 20.02. mus und Jugendstil bei. Tina Zickler zeigt uns in verschiedenen Wiener Zinshäusern eine interessante Auswahl des mannigfaltigen Schaffens. Treffpunkt: 10:00 Uhr, Franz Josefs-Kai 3, 1010 Wien Anmeldung erforderlich, Führungsbeitrag (Spende) € 10/8,- Samstag, 11. April 2015 Vollversammlung der Initiative Denkmalschutz mit Besichtigung der Kaiserebersdorfer Dorfschmiede Vollversammlung der Initiative Denkmalschutz in der ehemaligen Dorf- schmiede von Kaiserebersdorf, in der 2009 Wandmalereien aus dem 16. Jahrhundert mit vegetabilen und narrativen Szenen entdeckt wurden. Petra Leban und Mag. Johannes Hradecky vom Bezirksmuseum Simme- ring werden uns über die Restaurierung und die interessante Geschichte des Hauses informieren. Besonderer Dank gilt auch Herrn Dipl. Ing. Abb. 90: Baukeramik Schwadron – Führung, 07.03. Tavakoli, dessen Gastfreundschaft uns diese Veranstaltung ermöglicht. Zeit: 10:00 Uhr (Besichtigung), ab 10:30 Uhr Vollversammlung Ort: Kaiser-Ebersdorfer-Straße 314, Ecke Etrichstraße, direkt bei der Endstation der Straßenbahnlinie 6, 1110 Wien Samstag, 9. Mai 2015 Führung durch den Gefechtsturm im Arenbergpark Besuch des Gefechtsturms im Wiener Arenbergpark, es handelt sich um den größten aller Wiener Flaktürme. Seine Mauern sind i. A. zwei Meter dick, in den obersten drei Stockwerken aber ungefähr sieben Meter. Las- sen Sie sich fachlich kompetent durch das Bauwerk führen und über bau- liche und viele andere Besonderheiten informieren. Bitte beachten: Aus organisatorischen Gründen kann sich dieser Termin noch verschieben, worüber wir gegebenenfalls via Homepage und Newsletter informieren. Abb. 91: Alte Dorfschmiede, iD-Vollversammlung, 11.04. Zeit: 10:00 Uhr, Ort: Gefechtsturm Arenbergpark, 1030 Wien Anmeldung erforderlich, Führungsbeitrag (Spende) € 10/8,-

MITGLIEDERTREFFEN 19. Jänner, 16. März und 27. April 2015 – im Vereinslokal, Ort: Fuchsthallergasse 11, 1090 Wien – Zeit: ab 18:30 Uhr (jeweils Montag) – Auch Nichtmitglieder sind herzlich willkommen! Hinweise: Die Teilnahme an Veranstaltungen ist (falls nicht anders angegeben) nur Mitglie- dern möglich, für Neumitglieder ist die erste Führung gratis! Bei Mitgliedertreffen sind Gäste und Interessenten immer willkommen. Allfällige Änderungen und nähere Informationen wer- den rechtzeitig per Newsletter (e-Mail) und auf www.idms.at bekannt gegeben. Anmeldungen per eMail an: [email protected], tel.: 01/310 22 94 oder mobil: 0650/571 88 44

Abb. 92: Gefechtsturm Arenbergpark – Führung, 09.05.

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