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V V V V V V V V Druckerei C. H . Beck V V V V Medien mit Zukunft V Ziegler, Phil.-hist. Klasse 04/04 V V V VVVVVVVVVVVVVVVVVVVV V .....................................VVVVVVVVVVVVVVVVVVV Erstversand, 20.07.2004 BAYERISCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE KLASSE SITZUNGSBERICHTE · JAHRGANG 2004, HEFT 4 Erstversand WALTER ZIEGLER Hitler und Bayern Beobachtungen zu ihrem Verhältnis Vorgetragen in der Sitzung vom 6. Februar 2004 MÜNCHEN 2004 VERLAG DER BAYERISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN In Kommission beim Verlag C. H. Beck München V V V V V V V V Druckerei C. H . Beck V V V V Medien mit Zukunft V Ziegler, Phil.-hist. Klasse 04/04 V V V VVVVVVVVVVVVVVVVVVVV V .....................................VVVVVVVVVVVVVVVVVVV Erstversand, 20.07.2004 ISSN 0342-5991 ISBN 3 7696 1628 6 © Bayerische Akademie der Wissenschaften München, 2004 Gesamtherstellung: Druckerei C. H. Beck Nördlingen Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier (hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff) Printed in Germany V V V V V V V V Druckerei C. H . Beck V V V V Medien mit Zukunft V Ziegler, Phil.-hist. Klasse 04/04 V V V VVVVVVVVVVVVVVVVVVVV V .....................................VVVVVVVVVVVVVVVVVVV Erstversand, 20.07.2004 Inhalt 1. Zur Methode ............................... 8 2. Hitlers Aufstieg in Bayern ...................... 16 3. Im Regime ................................ 33 4. Verhältnis zu den bayerischen Traditionen ........... 73 5. Veränderungen im Krieg ....................... 94 Bildnachweis ................................. 107 V V V V V V V V Druckerei C. H . Beck V V V V Medien mit Zukunft V Ziegler, Phil.-hist. Klasse 04/04 V V V VVVVVVVVVVVVVVVVVVVV V .....................................VVVVVVVVVVVVVVVVVVV Erstversand, 20.07.2004 Abb. 1: Ein bayerischer Kanzler? Reichskanzler Adolf Hitler bei seiner Wahlrede am 24. Februar 1933 in München auf der Theresienhöhe, in der er sich als Bajuware bezeichnete. Die Szenerie ist aber alles andere als bayerisch. V V V V V V V V Druckerei C. H . Beck V V V V Medien mit Zukunft V Ziegler, Phil.-hist. Klasse 04/04 V V V VVVVVVVVVVVVVVVVVVVV V .....................................VVVVVVVVVVVVVVVVVVV Erstversand, 20.07.2004 Hitler und Bayern 5 Hitler und Bayern Erstversand Walter Ziegler Am 24. Februar 1933, wenige Wochen nach der Machtergreifung, hielt Reichskanzler Adolf Hitler in München eine seiner Wahl- reden zur kommenden Reichstagswahl vom 5. März. Dabei sprach er davon, dass nun zum ersten Mal ein Bayer Reichskanzler sei; er sei nach Herkommen, Geburt und Abstammung ein Bajuware und hänge mit grenzenloser Liebe an München1. Und kurze Zeit später, bei der Machtübernahme in Bayern am 9. März, erklärte Reichskommissar Franz Ritter von Epp, es handle sich bei diesem Akt nicht um eine Entmachtung Bayerns, da Hitler von München aus das Reich erobert habe und seine Genossen in der Regierung wie etwa Frick und Gürtner, hauptsächlich Bayern seien2. Er hätte noch Röhm, Himmler, Heß und manch anderen hinzufügen können, die entweder aus Bayern stammten oder hier aufgestie- gen waren. Demgegenüber sagten schon Zeitgenossen voraus, ein Drittes Reich werde als zentralistischer Staat Bayern auslöschen, so die damaligen Politiker der Bayerischen Volkspartei Alois Hund- hammer und Jakob Fischbacher3, und nach dem Zusammenbruch des Regimes wurde die Auslöschung Bayerns im Dritten Reich schnell zur communis opinio. Dafür stehen nach 1945 als Zeugen mit zahlreichen Äußerungen die bayerischen Ministerpräsidenten Hans Ehard und Wilhelm Hoegner4; Ministerpräsident Hanns Sei- del attestierte Hitler überdies preußisches Denken und „tiefe geis- _____________________________________________________________________ 1Max DOMARUS, Hg., Hitler. Reden und Proklamationen 1932–1945, Bd. 1, Würzburg 1962, 214; WOLFGANG ZORN, Bayerns Geschichte im 20. Jahrhundert, München 1986, 353. 2Walter ZIEGLER, Die nationalsozialistischen Gauleiter in Bayern, in: Zeit- schrift für bayerische Landesgeschichte 58 (1995) 427. 2 3Alois HUNDHAMMER, Staatsbürgerliche Vorträge, Regensburg 1931, 71 ff. (6. Vortrag: Der Nationalsozialismus), hier 82; Christoph WALTHER, Jakob Fischbacher (1886–1972). Beiträge zur Politik des extremen Föderalismus in Bayern, Diss. phil. Masch. München 2004, 90 ff. 4 Der 9. März 1933. Erinnerungen und Erkenntnisse. Reden des Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Hans Ehard und des stellvertretenden Ministerpräsi- denten und Staatsministers des Innern Wilhelm Hoegner, München 1953. V V V V V V V V Druckerei C. H . Beck V V V V Medien mit Zukunft V Ziegler, Phil.-hist. Klasse 04/04 V V V VVVVVVVVVVVVVVVVVVVV V .....................................VVVVVVVVVVVVVVVVVVV Erstversand, 20.07.2004 6 Walter Ziegler tige Beziehungslosigkeit zur süddeutschen Atmosphäre“5. Dabei konnte man sich darauf berufen, dass nach 1933 der Staatscharakter Bayerns beseitigt, die Landesfarben verboten und überhaupt jede Art föderativer Selbstständigkeit der deutschen Länder nun als Se- paratismus geschmäht wurde – auch Hitler selbst sprach später nie wieder von sich als bayerischem Kanzler. Vielleicht deshalb hat sich die Forschung bisher nur wenig mit den regionalen Bezügen bei Hitler und seiner Herrschaft im Dritten Reich befasst, ist sogar die Frage, was Hitlers Diktatur für die deutschen Länder und die historischen Landschaften des Reiches bedeutete, als solche nur selten gestellt worden. Erst in letzter Zeit hat sich die Situation etwas gewandelt, vor allem dadurch, dass die Bedeutung der NS- Gaue, die die deutschen Regionen zum Teil repräsentierten, im- mer stärker ins Bewusstsein gekommen ist und klar wurde, dass trotz oder gerade wegen seiner überzentralistischen Struktur das Dritte Reich sich allmählich, vor allem dann in der Kriegszeit, in die Gaue als regionale Einheiten aufzulösen begann6. Diese neue Sichtweise führt, denkt man sie weiter, direkt zur Frage nach dem Verhältnis der Person Hitlers zu den einzelnen Regionen des Rei- ches: gab es überhaupt solche Beziehungen, welcher Art waren sie, hatten sie Bedeutung für das Schicksal dieser Einheiten und welche Konsequenzen ergeben sie für unser Geschichtsbild. Diese und andere Fragen sollen hier für Bayern betrachtet werden. Bayern wurde natürlich auch gewählt, weil der Verfasser die bayerische Landesgeschichte vertritt, vor allem aber, weil für Hitler kein Land so lange und so intensiv von Bedeutung war wie Bayern, wo er seit 1913 zwanzig Jahre lang lebte und auch nach 1933 immer wieder maßgeblich präsent war. Wie wichtig solche Fragen und wie schwer sie oft zu be- antworten sind, kann als Beispiel schon der erste Kontakt Hitlers mit Bayern zeigen, also sein Entschluss, beim Verlassen Wiens im Mai 1913 gerade München als neuen Aufenthaltsort zu wäh- _____________________________________________________________________ 2 5 Hanns SEIDEL, Zeitprobleme, München 1961, 284 f. Für den Hinweis habe ich Herrn Dr. Karl-Ulrich Gelberg/München zu danken. 6Vgl. Michael RUCK, Die deutsche Verwaltung im totalitären Führerstaat 1933–1945, in: Erk Volkmar HEYNEN, Hg., Die öffentliche Verwaltung im totalitären System (Jahrbuch für europäische Verwaltungsgeschichte 10) Baden-Baden 1998, 1–48, bes. 34 ff. [Gaupartikularismus]. V V V V V V V V Druckerei C. H . Beck V V V V Medien mit Zukunft V Ziegler, Phil.-hist. Klasse 04/04 V V V VVVVVVVVVVVVVVVVVVVV V .....................................VVVVVVVVVVVVVVVVVVV Erstversand, 20.07.2004 Hitler und Bayern 7 len7. Für jeden nationalistischen Deutschösterreicher und Schöne- rer-Anhänger konnte es eigentlich nur Berlin als Anziehungspunkt geben, das Hitler übrigens, wie er später ausdrücklich sagte, immer sehr gern hatte und wo er seine beiden Kriegsurlaube im Ersten Weltkrieg verbrachte, um die Berliner Museen zu sehen – nach München wollte er damals wegen des „Treibens der Schwarzen“ nicht gehen8. Als Grund für die Wahl von München im Jahr 1913 gab Hitler in Mein Kampf die Attraktivität der Kunststadt an9. Doch das ist ein dürftiges Motiv für einen, der mit der Schwabin- ger Szene nie etwas, mit dem konservativen Kunstbetrieb nur als Museumsbesucher und Kleinbildmaler zu tun hatte, ebenso dürftig wie die Charakterisierung Münchens als deutschester der deut- schen Städte10; trotzdem glaubt die Geschichtsschreibung in die- sem Fall fast einhellig den sonst stets mit Recht kritisch hinter- fragten Aussagen in Hitlers Mein Kampf. Viel näher dürfte aber liegen, dass Hitler, der Wien verlassen wollte und offenbar nur noch auf die Auszahlung eines kleinen väterlichen Erbes wartete11, jene Stadt wählte, die er mit seinen geringen Mitteln erreichen konnte, die ihm auf Grund des Dialekts und des ähnlichen Milieus weniger fremd war als andere und für die er auch seinen Männer- heimgenossen Rudolf Häusler, der ihn begleitete, begeistern konnte; dabei muss natürlich für sein Selbstverständnis als Künstler die „Kunststadt München“, vor allem die Münchner Architektur, die er angeblich seit Jahren in Wien studiert hatte, nicht ausge- schlossen sein. Von „Galerien, Bierkneipen, Rettichen“ habe er _____________________________________________________________________ 7 Als einer der wenigen Autoren stellt LARGE, München (wie Anm. 16) 76 die Frage, warum Hitler nicht nach Berlin ging; er beantwortet sie mit der Behauptung eines damals geringen politischen Interesses von Hitler. 8Werner JOCHMANN, Hg., Adolf Hitler, Monologe im Führerhauptquartier 1941–1944. Die Aufzeichnungen Heinrich Heims, Hamburg 1980, 100. 6 9 Adolf HITLER, Mein Kampf, 2 Bde., München 1940, hier Bd. 1, 132 f. 10 So gegenüber einem Wiener Bekannten, dem er damit seine Auswande-