Der Ursprung Füssens Am Fluss, an Der Straße Und Der Brücke Über Den Lech, 1
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Matthias Thalmair: Der Ursprung Füssens am Fluss, an der Straße und der Brücke über den Lech, 1. Teil Seit 85 Jahren gibt es Vorschläge zur Trasse der Via Claudia Augusta Abb. 1:Varianten der Via Claudia nach B. Eberl (grün), R. Knussert (gelb), enge bzw. steile Hindernisse beim Ländeweg (rot), Via Claudia (neu) nach M. Thalmair (rot- gelb), römische Nebenstraße (Vizinalstraße) in Richtung Schwangau (grün-gelb). Der Streit zwischen Barthel Eberl (1931), Richard Knussert (1955) und Magnus Peresson (2009) um den Verlauf der Via Claudia bei Füssen Nach den drei Theorien von Barthel Eberl, Richard Knussert (1955) und Magnus Peresson (2009) habe die Via Claudia von Faulenbach her am Lechfall vorbeigeführt und erst oberhalb der Lusaltenschlucht den Lech überquert. Über das Wo? und das Wie? des Lechübergangs gab es jedoch völlig unterschiedliche Meinungen. a) Die Theorie von Barthel Eberl 1931 Eberl glaubte, am Lechufer eine Spur der Via Claudia gefunden zu haben. Vom Lusalten habe eine römische Abfahrtsrampe zum Lech hinabgeführt. Von dort hätten die Römer den Lech überquert zu dem Ort Ziegelwies hinüber. Dann wäre die Via Claudia am Weißhaus vorbei nach Tirol weitergegangen. An der Schlucht war ihm aber der Ländeweg zu schmal für die Via Claudia. Er konnte jedoch auf der steilen Nordseite des Lusaltens keine Rampe und keinen Straßenübergang finden. b) Die Theorien von Richard Knussert 1955 Knussert behauptete, der Ländeweg sei an der Schlucht breit genug gewesen. Doch er bleibt nicht am Ländeweg, auch er folgt der Rampe den Berg hinunter. Aber die gut sichtbare Abfahrtsrampe zum Lech hinunter lehnt er ebenso ab. Denn die Via Claudia sei gar nicht nach Ziegelwies über den Lech gegangen. Und die Via Claudia habe auch nicht über das Weißhaus nach Tirol geführt. Sie sei am nördlichen Lechufer bis zum Platz der ehemaligen Grenzschänke gegangen. Hier hätten dann die Römer bei einer Furt den Lech ohne Brücke überquert. Auf der anderen Lechseite seien sie dann über den Stieglbergsattel hinüber. c) Die Theorien von Magnus Peresson 2009 Magnus Peresson widerspricht 2009 ebenfalls B. Eberl in all den oben genannten Punkten und folgt stattdessen der Theorie von R. Knussert, obwohl eine Querschnitt- Grabung an der vermuteten Trasse der Römerstraße ein negatives Ergebnis zeigte. Der Lechübergang sei aber erst an der „Hangenden Wand“ erfolgt. Dort hätten die Römer den Lech mit einer großen „Steinernen Brücke“ überquert. Die Römer seien danach nicht über den Stieglbergsattel, sondern über den Kratzerweg hinüber. Bei ihren Brückenbauten waren die Römer jedoch schlauer! Seit den Ausgrabungen an der Via Claudia beim Bau des Forggensees 1953 wissen wir, dass diese Römerstraße von Roßhaupten über Dietringen und Osterreinen durch die Augsburger Straße und die Reichenstraße nach Füssen ging und dann über den Lech führte. Die Landvermesser und die Soldaten des römischen Militärs suchten natürlich eine vernünftige und logische Lösung für den Bau der Lechbrücke. Abb. 2: Die klugen Römer wählten für den Brückenbau natürlich die Engstelle des Lechs bei der heutigen Brücke (Nr. 1 = Flussbreite 45 Meter), nicht oberhalb vom Lechfall bei Ziegelwies (Nr. 2 = 4-fache Breite, 180 m), beim Weißhaus (Nr. 3 = 6- fache Breite, 270 m) oder bei der Hangenden Wand (Nr. 4 = 10-fache Breite, 450 m). Der Brückenbau bei den Römern erfolgte natürlich nicht schräg, sondern quer zum Flusslauf. Bei einer kürzeren Brücke benötigt man weniger Pfeiler und Bögen, das verringert den Material- und den Arbeitsaufwand beim Bau und die Gefahren durch den Lech bei Hochwasser. Sie errichteten damals eine römische Straßenstation an der Brücke beim späteren Ort Füssen und nicht am steilen Lechufer beim Lusalten. Herberge, Polizeiposten, Poststation und Pferdewechselstation wurden in der Nähe der Lechbrücke erbaut. Ebenso klug war es von den Römern, das Kastell Foetibus auf dem Schlossberg anzulegen. Von dort oben konnte man gut die Brücke bei Füssen überwachen. Das wäre beim Lechübergang oberhalb des Lusaltens unmöglich gewesen. Logisch ist auch, dass die neue römische Siedlung an der Lechbrücke bei Füssen entstanden ist und nicht einen Kilometer flussaufwärts, oberhalb der Lechschlucht, an einem Steilufer beim Lechfall. Ergebnis: Durch das kluge Vorgehen der römischen Landvermesser und Straßenbauer ist demnach Füssen beim Bau der Via Claudia Augusta als römischer Brückenort am Lech entstanden. Doch bis heute sind die oben genannten Prinzipien des römischen Brückenbaus noch nicht überall bekannt geworden, sonst hätte Peter Nasemann nicht 2015 wieder einen kilometerlangen, schräg über den Lech verlaufenden „vermuteten Verlauf der Römerstraße“ in seinem neu herausgegebenen Buch eingetragen. Abb. 3: Nasemann, Peter: Der Lech im Gebirge 1, Thalhofen 2015, S. 113, mit den Straßengenerationen Rot: Vermuteter Verlauf der Römerstraße; Blau: Mittelalterliche Handelsstraße; Gelb: Neuzeitliche Straße und Weiß: Moderne Straße. Literatur Eberl, Barthel: Die Römerstraße Augsburg-Füssen (Via Claudia Augusta), Schwäb. Museum (1931), Heft 1/2, S. 1 – 33, vor allem S. 33 Knussert, Richard: Das Füssener Land in früher Zeit, Kempten 1955, hier: S. 23 – 33 (Römische Straßen im Raum von Füssen, 1. Die Via Claudia) Peresson, Magnus: Der römische Lechübergang bei Füssen, in: Alt Füssen (2009), S. 5 - 41, in erster Linie S. 17-23 Bildnachweis Abb. 1: Knussert: Das Füssener Land in früher Zeit, Bildanhang, Aufnahme Nr. 5 Abb. 2: Thalmair: Kartengrundlage aus www.bayernatlas.de Abb. 3: Nasemann: Der Lech im Gebirge 1, Thalhofen 2015, S. 113 Matthias Thalmair: Der Ursprung Füssens am Fluss, an der Straße und der Brücke über den Lech, 2. Teil Gab es eine Brücke über den Fluss oberhalb der Lechschlucht? Einschränkung beim Trassenvorschlag von B. Eberl (1931) In seiner Darstellung entscheidet sich Barthel Eberl bekanntlich für die 4. Möglichkeit des Lechübergangs bei Füssen: Eine Stelle etwa 220 m oberhalb des Lechfalls, zu der eine alte, gut angelegte und breit gebaute Abfahrtsrampe hinabführt.1 Doch bei den Erläuterungen zu dieser 4. Möglichkeit heißt es dann: Nur nördlich vom Sattel des Ländeweges, über dem letzten Haus von Faulenbach, zeigt anscheinend eine gute Spur an, daß der nördliche Anstieg zum Sattel, über die Gesteinsrippe, die den Lechfall verursacht, erheblich höher lag als der heutige Weg [der Ländeweg 1931], der ein durch die Erosion und an der Stelle dann auch durch Menschenhände kräftig abgegrabenes Gelände zeigt.2 Eberl meint also, dass der Ländeweg an seiner Engstelle bei der Lechschlucht ungeeignet gewesen sei als Trasse für die Via Claudia. Über dem letzten Haus von Faulenbach sei zwar eine gute Wegspur vorhanden. Nach dem geradlinigen Verlauf dieses Weges müsse aber der nördliche Anstieg zum Sattel der Lusaltenfelsen erheblich höher gelegen haben als der Ländeweg. Wegen der steilen Felswände an dieser Stelle konnte er aber diesen Übergang nicht finden. Dadurch fehlte beim nördlichen Anstieg zum Lusalten eine entsprechende Rampe zur Auffahrt auf den Sattel dieser Gesteinsrippe, die den Lechfall verursacht. Doch ohne die nördliche Auffahrtsrampe hat auch die südliche Abfahrtsrampe zum Lechufer hin keinen Sinn. Wenn keine nördliche Auffahrt vorhanden war, blieb also die von Eberl gefundene Möglichkeit des Lechübergangs etwa 220 m oberhalb des Lechfalls nur eine vage Vermutung. Änderungen an der Via Claudia Trasse durch R. Knussert (1955) Bei Knussert fällt auf, dass er dieses Problem überhaupt nicht beachtet. Für ihn ist ohne jegliche Erklärung die Engstelle beim Ländeweg nun breit genug für die Via Claudia und den Weg über die Lusaltenfelsen. Doch warum verlässt er danach wieder den Ländeweg? Er hätte doch nach der Engstelle die Via Claudia auf dem Ländeweg weiterführen und damit ohne größere Schwierigkeiten zum Platz der ehemaligen Grenzschenke kommen können, wo nach Knussert der Lechübergang gewesen sein soll. Doch auch die von Eberl entdeckte angeblich römische Zufahrt zum Ufer des Lechs hinunter und über den Fluss hinüber sagt Knussert nicht zu. Etwa 20 m vor dem Ufer weicht er von der Abfahrtsrampe ab und meint, dass die Via Claudia nicht über den Lech gegangen, sondern auf einer Flussterrasse dem steilen Lechufer flussaufwärts gefolgt sei. Als der Weg dann an einer Felsenkante abbricht, erklärt Knussert diese Tatsache mit einer breit ausgeführten Theorie über den wilden Lech, der die Via Claudia weggerissen habe. Einen Beweis dafür gibt es nicht. Problematik bei den Behauptungen von M. Peresson 2009 Auch Peresson lässt die Argumentation von Eberl nur eingeschränkt oder überhaupt nicht gelten. Der enge Pfad des Ländewegs an der Lechschlucht ist bei ihm ebenfalls breit genug für die römische Staatsstraße Via Claudia. Warum sollte sie dann vom Ländeweg abweichen, statt am Hang oben in sonniger Lage und gerader Linie den Weg fortzusetzen? Warum geht sie zum Fluss hinunter, wenn sie dann aber nicht zum Ufer des Lechs hinabführt, sondern auf einer Uferterrasse flussaufwärts am steilen Hang entlang dem Lechufer folgt? Abb. 1: Streit um die Trasse der Via Claudia: links die Rampe zum Lech hinunter (nach Eberl), rechts auf der Flussterrasse am Lech (nach Knussert und Peresson) R. Knussert und M. Peresson sind also den Argumenten von B. Eberl nicht gefolgt, sowohl beim Ländeweg als auch beim Flussübergang nach Ziegelwies hinüber. Sie haben sich dennoch immer auf die sog. „Abfahrtsrampe“ berufen, die B. Eberl angeblich entdeckt hatte. Man dachte aber nicht daran, dass diese noch gut sichtbare Rampe vielleicht gar nicht aus der Römerzeit stammen könnte, denn an der Bauweise dieser Rampe sind keinerlei