soFid - Sozialwissenschaftlicher Fachinformationsdienst

02/2005

Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie

GESIS-IZ Bonn 2005

Sozialwissenschaftlicher Fachinformationsdienst soFid

Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie

Band 2005/2

bearbeitet von

Gisela Ross-Strajhar

Mit einem Beitrag von Thomas Görgen und Arnd Hüneke

Informationszentrum Sozialwissenschaften Bonn 2005

ISSN: 0176-4411 Herausgeber Informationszentrum Sozialwissenschaften der Arbeitsgemeinschaft Sozialwissenschaftlicher Institute e.V., Bonn bearbeitet von: Gisela Ross-Strajhar Programmierung: Udo Riege, Siegfried Schomisch Druck u. Vertrieb: Informationszentrum Sozialwissenschaften Lennéstr. 30, 53113 Bonn, Tel.: (0228)2281-0 Printed in

Die Mittel für diese Veröffentlichung wurden im Rahmen der institutionellen Förderung der Ge- sellschaft Sozialwissenschaftlicher Infrastruktureinrichtungen e.V. (GESIS) vom Bund und den Ländern gemeinsam bereitgestellt. Das IZ ist Mitglied der Gesellschaft Sozialwissenschaftlicher Infrastruktureinrichtungen e.V. (GESIS). Die GESIS ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.

© 2005 Informationszentrum Sozialwissenschaften, Bonn. Alle Rechte vorbehalten. Insbesondere ist die Überführung in maschinenlesbare Form sowie das Speichern in Informationssystemen, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Einwilligung des Herausgebers gestattet.

Inhalt

Vorwort ...... 7

Thomas Görgen, Arnd Hüneke "Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten: Analysen auf der Basis der Polizeilichen Kriminalstatistik...... 9

Sachgebiete

1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden ...... 57 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechens- bekämpfung...... 97 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen...... 131 4 Prävention, Sicherheitsdienste, außergerichtliche Konfliktlösung, Resozialisierung...... 155 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung ...... 168

Register

Hinweise zur Registerbenutzung...... 197 Personenregister ...... 199 Sachregister...... 205 Institutionenregister...... 217

Anhang

Hinweise zur Originalbeschaffung von Literatur...... 221 Zur Benutzung der Forschungsnachweise...... 221

soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 7 Vorwort

Vorwort zum soFid „Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie“

Das Informationszentrum Sozialwissenschaften (IZ) bietet mit dem „Sozialwissenschaftlichen Fachinformationsdienst“ (soFid) zweimal jährlich aktuelle Informationen zu einer großen Zahl spezieller Themenstellungen an. Jeder soFid hat sein eigenes, meist pragmatisch festgelegtes Pro- fil. Gewisse Überschneidungen sind deshalb nicht zu vermeiden.

Quelle der im jeweiligen soFid enthaltenen Informationen sind die vom IZ produzierten Daten- banken SOLIS (Sozialwissenschaftliches Literaturinformationssystem) sowie FORIS (Forschungs- informationssystem Sozialwissenschaften).

Die Datenbank SOLIS stützt sich vorwiegend auf deutschsprachige Veröffentlichungen, d.h. Zeit- schriftenaufsätze, Monographien, Beiträge in Sammelwerken sowie auf Graue Literatur in den zentralen sozialwissenschaftlichen Disziplinen. In SOLIS ist bei einigen Hinweisen unter „Stand- ort“ eine Internet-Adresse eingetragen. Wenn Sie mit dieser Adresse im Internet suchen, finden Sie hier den vollständigen Text des Dokuments.

Wesentliche Quellen zur Informationsgewinnung für FORIS sind Erhebungen in den deutschspra- chigen Ländern bei Institutionen, die sozialwissenschaftliche Forschung betreiben. Der Fragebo- gen zur Meldung neuer Projekte steht permanent im Internet unter http://www.gesis.org/IZ zur Verfügung.

Literaturhinweise sind durch ein "-L" nach der laufenden Nummer gekennzeichnet, Forschungs- nachweise durch ein "-F". Im Gegensatz zu Literaturhinweisen, die jeweils nur einmal gegeben werden, kann es vorkommen, dass ein Forschungsnachweis in mehreren aufeinander folgenden Diensten erscheint. Dies ist gerechtfertigt, weil Forschungsprojekte häufig ihren Zuschnitt verän- dern, sei es, dass das Projekt eingeengt, erweitert, auf ein anderes Thema verlagert oder ganz ab- gebrochen wird. Es handelt sich also bei einem erneuten Nachweis in jedem Falle um eine aktuali- sierte Fassung, die Rückschlüsse auf den Fortgang der Arbeiten an einem Projekt zulässt.

* * *

Im soFid „Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie“ spiegeln sich zwei ziemlich unterschiedliche Gebiete wider, zwischen denen jedoch manche Querverbindungen bestehen. So finden sich im Kapitel 1 die eher theoretischen Arbeiten zur Rechtssoziologie, aber auch Arbeiten, welche den gesellschaftlichen Standort der Kriminologie bzw. Kriminalsoziologie hinterfragen.

Kapitel 2 befaßt sich mit Deliquenz, vor allem mit Kriminalität, den verschiedenen Deliktarten, mit den beteiligten Gruppen der Tätern und der Opfer sowie mit der Verbrechensbekämpfung und mit der in diesem Feld tätigen Institution der Polizei.

Kapitel 3 informiert über Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, über den Strafvollzug und die Justiz. 8 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 Vorwort

Themen wie Kriminal- bzw. Gewaltprävention finden sich in Kapitel 4 ebenso wie Informationen zu Formen der außergerichtlichen Konfliktregelung. Dabei handelt es sich um Verfahren, die auf den Täter-Opfer-Ausgleich abstellen und sich teilweise der Methode der Strafrechts-Mediation bedienen. Dem vierten Abschnitt des Fachinformationsdienstes ist gleichfalls das Problem der Wiedergutmachung zugeordnet. Gleichfalls gibt es dort Nachweise von Forschungsprojekten und Literatur, die die Arbeit von sozialen Diensten wie z.B. die Jugendgerichtshilfe oder die Straffälli- genhilfe oder andere Maßnahmen zur gesellschaftlichen Reintegration beschreiben. Kapitel 5 beleuchtet, wie der Einfluss von Zeit und politischem Wandel zu Änderungen in der Wahrnehmung von Recht und Gerechtigkeit bzw. zu unterschiedlichen Einstellungen in diesem Bereichen führen.

Einige Nachweise berühren thematisch mehrere Gliederungspunkte, in diesen Fällen wurde prag- matisch die Zuordnung zu einem Kapitel vorgenommen.

Etliche der in diesem sozialwissenschaftlichen Fachinformationsdienst enthaltenen Nachweise sind von ihrem thematischen Zuschnitt relativ breit angelegt und behandeln interdiziplinäre Frage- stellungen, die z.B. auch der Jugendforschung oder anderen Wissenschaftsdisziplinen wie der Sozialpsychologie, der Medizinsoziologie bzw. der Sozialmedizin, dem Bereich „Soziale Proble- me“ oder „Migration und ethnische Minderheiten“ zugeordnet werden können.

In dieser Ausgabe des soFid „ Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie“ beschäftigt sich der Beitrag mit dem Thema „Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten: Analysen auf der Basis der Polizeilichen Kriminalstatistik“. Er wurde verfasst von Thomas Görgen und Arnd Hüneke, beide Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e.V. (KFN).

Wir danken dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen e.V. für die gute Koopera- tion.

Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten: Analysen auf der Basis der Polizeilichen Kriminalstatistik

Thomas Görgen, Arnd Hüneke

1 Gegenstand und Ziel der Arbeit Immer wieder werden im In- und Ausland Fälle serienhafter Tötung hochbetagter Krankenhauspa- tienten bzw. Bewohner von Altenpflegeinstitutionen durch Pflegekräfte bekannt. So wurde im Janu- ar 2005 der so genannte «Todespfleger von Luzern» wegen 22-fachen Mordes und mehrfachen Mordversuchs zu einer lebenslangen Zuchthausstrafe verurteilt. Er hatte nach Erkenntnissen des Ge- richts über einen Zeitraum von rund sieben Jahren Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen im Alter zwischen 66 und 95 Jahren getötet. Der Tod wurde durch Ersticken oder durch Überdosie- ren von Medikamenten herbeigeführt (Zofinger Tageblatt vom 29. Januar 2005; Neue Zürcher Zei- tung vom 29. Januar 2005). Die Staatsanwaltschaft Kempten stellte im Februar 2005 einen Haftbe- fehl gegen einen bereits 2004 unter Mordverdacht festgenommenen 26-jährigen Krankenpfleger aus. Dem Mann „werden sechs Fälle von Mord, 22-mal Totschlag, eine Tötung auf Verlangen und ein Fall der gefährlichen Körperverletzung zur Last gelegt“ (Die Zeit vom 17. Februar 2005). Er soll 29 Krankenhauspatienten - zu 80% älter als 75 Jahre - durch Medikamente getötet haben (MDR Brisant vom 2. Februar 2005). Im Juni 2005 gestand eine Mitarbeiterin eines Seniorenstifts in der Nähe von Bonn die Tötung von neun Bewohnerinnen. „Die junge Frau erstickte nach eigenen Angaben die Pa- tientinnen mit einem Kissen oder Handtuch oder sah bei tödlichen Erstickungsanfällen zu, ohne Hil- fe zu leisten.“ (Rheinischer Merkur vom 8. Juli 2005). Derartige serienhafte Tötungsdelikte können den Eindruck nahe legen, dass ältere Menschen im Be- reich der Straftaten gegen das Leben in besonderem Maße gefährdet sind. Primäres Ziel der vorlie- genden Arbeit ist es, die auf der Basis der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) des Bundeskriminal- amtes verfügbaren Informationen über bekannt gewordene Tötungsdelikte an Menschen ab dem 60. Lebensjahr in einer Gesamtschau zu betrachten. Analysiert werden Opferwerdungsrisiken älterer Männer und Frauen im Vergleich zu anderen Altersgruppen sowie mittelfristige Trends der Viktimi- sierung nach Alter und Geschlecht der Opfer. Darüber hinaus werden Befunde kriminologischer und rechtsmedizinischer Studien zu Tötungsdelikten im Alter einbezogen. Polizeiliche und strafjustizielle Statistiken können per definitionem stets nur die behördlich bekannt gewordene Teilmenge aller Straf- und Gewalttaten widerspiegeln. Auch über diese Beschränkung auf das Hellfeld hinaus erweisen sich kriminalitätsbezogene Datensätze im Hinblick auf Opfer viel- fach als wenig ergiebig. Höfer (2000) spricht von einer Täterorientierung von Kriminalstatistiken und bringt damit den Umstand zum Ausdruck, dass behördliche Datensammlungen (und „Daten- sammler“) ihren Blick in erster Linie auf Tatverdächtige richten und den von der Tat unmittelbar Be- troffenen wenig Aufmerksamkeit zukommen lassen. Die vielfach konstatierte Geringschätzung des Opfers im Prozess der strafrechtlichen Sozialkontrolle findet ihren Niederschlag auch in der Anlage und Ausgestaltung von Datensammlungen und Statistiken1. Dabei wird die Konzentration auf Täter

1 Zahlreiche gesetzliche Neuerungen zielen - beginnend mit dem 1986 in Kraft getretenen Opferschutzgesetz - darauf ab, die rechtliche Position des Opfers im Strafverfahren zu verbessern und den Interessen der Opfer 10 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten und Tatverdächtige umso stärker, je weiter die behördliche Fallbearbeitung zum Zeitpunkt der Da- tenerhebung fortgeschritten ist. Finden sich in der Polizeilichen Kriminalstatistik durchaus noch Da- ten zu Opfern von Straftaten, so sind die diesbezüglichen Erkenntnismöglichkeiten auf der Basis der Strafverfolgungsstatistik bereits sehr reduziert. Soweit die Statistiken den Vollzug von Strafen und Maßregeln zum Gegenstand haben, sind die von den Bezugstaten Betroffenen in den Datensätzen nicht mehr erkennbar. Von den in der Bundesrepublik Deutschland verfügbaren Statistiken stellt die Polizeiliche Kriminal- statistik (PKS) des Bundeskriminalamtes2 im Hinblick auf opferbezogene Daten die relativ beste Quelle dar3. Alle übrigen Kriminalstatistiken4 enthalten keine Daten zu älteren Opfern von Straftaten. Die Strafverfolgungsstatistik weist Art der Straftat und Zahl der Opfer lediglich bei einigen Delikten an Kindern aus (Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz, 2001, S. 34f.). Auch die Polizeiliche Kriminalstatistik erfasst bislang Opferdaten nur für einen Teil der Straftatbestände. Bei Straftaten gegen das Leben, Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Rohheitsdelikten (vor allem Raub und Körperverletzung) sowie Straftaten gegen die persönliche Freiheit werden An- gaben zum Geschlecht der Opfer sowie – dies allerdings lediglich kategorial – zum Alter gemacht. Es fehlen entsprechende Daten für Eigentums- und Vermögensdelikte; insgesamt liegen für die über- wiegende Mehrzahl aller in der PKS erfassten Straftaten bislang keine Opferdaten vor.5 Auf die Frage, von welchen Deliktsformen ältere Menschen vor allem (oder in besonderem Maße) betroffen sind, vermag die PKS somit keine befriedigende Antwort zu geben. Zwar ist angesichts der Verteilung der insgesamt registrierten Delikte davon auszugehen, dass auch Ältere vor allem Opfer

im Strafverfahren stärkeres Gewicht zu geben. Opferentschädigungsgesetz, Opferanspruchssicherungsge- setz, Zeugenschutzgesetz und das Gesetz zur strafrechtlichen Verankerung des Täter-Opfer-Ausgleichs markieren weitere Schritte einer Entwicklung von einer Bedeutung des Opfers als bloßes Beweismittel zum Opfer als Verfahrensbeteiligten. 2 Zuletzt Bundeskriminalamt (2005). 3 Die Polizeiliche Kriminalstatistik wird seit 1953 geführt, seit 1991 auch in den neuen Bundesländern. Sie erfasst die von der Polizei bearbeiteten rechtswidrigen Straftaten einschließlich der mit Strafe bedrohten Versuche sowie die vom Zoll bearbeiteten Rauschgiftdelikte. Nicht erfasst werden Ordnungswidrigkeiten, Staatsschutzdelikte und Verkehrsdelikte, außerhalb der Bundesrepublik begangene Delikte, Verstöße ge- gen strafrechtliche Landesgesetze (mit Ausnahme der Landesdatenschutzgesetze), von Staatsanwaltschaf- ten (bedeutsam vor allem im Bereich der Wirtschaftsstraftaten), Finanzämtern (Steuervergehen) und Zoll- behörden (außer Rauschgiftdelikten) unmittelbar und abschließend bearbeitete Vorgänge, Straftaten von Soldaten der Bundeswehr, deren Ermittlung der Disziplinarvorgesetzte selbstständig durchführt. Erhe- bungseinheiten der PKS sind „Fälle“, „Tatverdächtige“ sowie bei bestimmten Straftaten „Opfer“. 4 Als amtliche Kriminal- und Strafrechtspflegestatistiken sind neben der PKS die Strafverfolgungsstatistik, die Bewährungshilfestatistik, die Strafvollzugsstatistik, die Staatsanwaltschaftsstatistik und die Justizge- schäftsstatistik der Strafgerichte zu nennen. Die beiden letztgenannten Statistiken enthalten nicht einmal Angaben zu Alter oder Geschlecht der Beschuldigten, geschweige denn zu den Opfern. Bewährungshilfe- statistik und Strafvollzugsstatistik beziehen sich alleine auf Straftäter und dort wiederum nur auf ver- gleichsweise kleine Untergruppen. 5 Dies hat seinen Grund auch darin, dass es im Unterschied zu Gewaltdelikten bei Eigentums- und Vermö- gensstraftaten nicht immer nur um personale Opfer geht, was die Darstellung von Opferdaten bei vielen De- likten sehr erschweren würde. soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 11 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten von Eigentums- und Vermögensdelikten werden6, doch liegen gesicherte Erkenntnisse hierzu auf der Basis der PKS nicht vor. Weitere Merkmale der gegenwärtigen Ausgestaltung der PKS bringen Einschränkungen der Er- kenntnismöglichkeiten im Hinblick auf die Altersabhängigkeit von Viktimisierungsrisiken mit sich. So werden für die genannten Delikte auch Daten zur Opfer-Tatverdächtigen-Beziehung erfasst7; die- se lassen sich jedoch nicht mit den Daten zum Alter der Opfer verknüpfen. Angaben zur Staatsange- hörigkeit / Nationalität der Betroffenen fehlen (im Unterschied zur Darstellung bei den Tatverdächti- gen) völlig (vgl. auch Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz, 2001, S. 35). Die Altersgruppierung der Opfer in der PKS (bis 5 Jahre / 6-13 Jahre / 14-17 Jahre / 18-20 Jahre / 21-59 Jahre / 60 Jahre und älter) orientiert sich an der Darstellung von Tatverdächtigen-Daten. In Be- zug auf Tatverdächtige sind die meisten der genannten Altersgrenzen von unmittelbarer strafrechtli- cher Bedeutung. Insbesondere im Hinblick auf die Altersabhängigkeit von Viktimisierungsrisiken ist es jedoch unbefriedigend, nicht zwischen älteren und hochaltrigen Menschen, zwischen drittem und viertem Lebensalter (M. Baltes, 1998; P. Baltes, 1997; Baltes & Smith, 2003) unterscheiden zu kön- nen und die Gruppe der 60-Jährigen und Älteren stets nur mit der sehr großen und im Hinblick auf Viktimisierungsrisiken – wie auch überhaupt auf die Verwicklung in Kriminalität – heterogenen Gruppe der 21-59-Jährigen zu vergleichen. Die Daten ermöglichen im Hinblick auf die breite (und perspektivisch für einen wachsenden Teil der Bevölkerung immer breiter werdende) Lebensspanne ab dem vollendeten 60. Lebensjahr keine Differenzierungen hinsichtlich des Viktimisierungsrisikos. Insbesondere erlauben sie keine Aussagen darüber, ob sich die in den meisten Deliktsbereichen ins- gesamt geringere Gefährdung Älterer im hohen Alter (d.h. jenseits des 75. oder 80. Lebensjahres) weiter reduziert oder ob die mit der Beeinträchtigung kognitiver Leistungen und des physischen Gesundheitszustandes einhergehende erhöhte Vulnerabilität dieser Altersgruppe sich auch in einem Anstieg der polizeilich registrierten Opferzahlen niederschlägt. Weitere Probleme und Einschränkungen, die sich (auch) in Bezug auf die Registrierung von Opfer- daten in der Polizeilichen Kriminalstatistik ergeben, seien an dieser Stelle kurz erwähnt: • von der Zentralen Ermittlungsgruppe Regierungs- und Vereinigungskriminalität (ZERV) erfasste Fälle: In die Statistik gehen auch die von ZERV bearbeiteten Fälle von Mord und Totschlag an der früheren innerdeutschen Grenze sowie ungeklärte Tötungsdelikte in Gefängnissen der DDR ein. Dies bedeutet, dass die Zahlen besonders zu Beginn der 90er Jahre durch ZERV-Fälle aus dem Zeitraum 1951-1989 erhöht sind und nicht die reale Kriminalitätsentwicklung widerspiegeln. Der Periodische Sicherheitsbericht 2001 bemerkt, dass sich die genaue Zahl der Fälle nicht beziffern lässt (Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz, 2001, S. 48).8 • tendenzielle Schwereüberschätzung in der Polizeilichen Kriminalstatistik: Als polizeiliche Aus- gangsstatistik ist die PKS keine Statistik justiziell festgestellter Straftaten, sondern eine „Ver-

6 Diebstahl, Unterschlagung, Sachbeschädigung und Betrug machen regelmäßig mehr als 70% aller polizei- lich registrierten Delikte aus. 7 Seit 1986 wird in der PKS bundeseinheitlich die Beziehung der Opfer zu den Tatverdächtigen ausgewiesen. Bei der Erfassung hat immer die engste Beziehung Vorrang. Es werden folgende Kategorien verwendet: Verwandtschaft, Bekanntschaft, Landsmann (bei Nichtdeutschen), flüchtige Vorbeziehung, keine Vorbe- ziehung, ungeklärt. 8 Vgl. hierzu sowie allgemein zu „Missbrauch und Fehlinterpretation der polizeilichen Kriminalstatistik“ auch Pfeiffer & Wetzels (1994). 12 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

dachtsstatistik“ (Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz, 2001, S. 22). Vor allem hinsichtlich der Schwere des jeweiligen Sachverhalts ist vielfach von einer Überschät- zungstendenz der PKS die Rede. Der Periodische Sicherheitsbericht stellt fest, dass es von der Ebene der Polizei zu der der Gerichte regelmäßig zu Umdefinitionen von Delikten zu minder schweren Straftatbeständen kommt; hiervon sei insbesondere der Bereich der schweren Krimina- lität und dort vor allem die Versuchsdelikte betroffen. Weiter heißt es: „Art und Ausmaß dieser Umdefinition lassen die gegenwärtigen Kriminalstatistiken nicht erkennen. Über die Größenord- nungen, in denen derartige Ausfilterungen/Umdefinitionen vorkommen, geben Aktenanalysen Auskunft, die insbesondere im Bereich der Gewaltkriminalität und der Straftaten gegen die sexu- elle Selbstbestimmung durchgeführt worden sind. Danach wird weniger als die Hälfte der ermit- telten Tatverdächtigen auch entsprechend der polizeilichen Ausgangsdefinition verurteilt; bei der Mehrzahl kam es zu Umdefinitionen in minder schwere Delikte.“ (Bundesministerium des In- nern/Bundesministerium der Justiz, 2001, S. 27). • Berechnung von Viktimisierungsrisiken: Üblicherweise wird das polizeilich registrierte Viktimi- sierungsrisiko durch die Zahl der Opfer pro 100.000 Einwohner der jeweiligen Altersgruppe, des jeweiligen Geschlechts und / oder des jeweiligen geographischen Raumes zum Ausdruck ge- bracht. Zur Berechnung dieses auch als „Opferziffer“ bezeichneten Maßes wird die registrierte Wohnbevölkerung des jeweiligen Gebietes und der jeweiligen Gruppe herangezogen. Viktimisie- rungsrisiken werden damit tendenziell etwas überschätzt, da auch nicht dauerhaft in Deutschland lebende bzw. nicht als Einwohner registrierte Personen Opfer werden und als Opfer registriert werden können.9 Insgesamt bleiben die opferbezogenen Daten der PKS bislang hinter den grundsätzlichen Erkennt- nismöglichkeiten von Kriminalstatistiken zurück. Grundlegende Defizite bestehen vor allem inso- weit, als nur für ausgewählte Delikte überhaupt Opferdaten vorliegen, die kategorial vorgenommene Altersdifferenzierung in der PKS unter viktimologischen Gesichtspunkten unbefriedigend ist und al- tersbezogene Opferdaten kaum mit weiteren Merkmalen der Opfer, der Taten, der Tatverdächtigen, der Opfer-Tatverdächtigen-Beziehung etc. verknüpft werden können. Von polizeilicher Seite sind derzeit Bestrebungen im Gange, den Erkenntniswert der PKS zu erhö- hen. Hinsichtlich der Opfer ist vorgesehen, die Deliktsschlüssel auf sechs Stellen auszuweiten, die Opfererhebung auf alle opferfähigen Delikte auszudehnen und die Staatsangehörigkeit des Opfers auszuweisen. Ferner soll die PKS künftig Informationen zur Schwere der Verletzungen, räum- lich-soziale Daten zur Beziehung zwischen Opfern und Tatverdächtigen sowie zu bestimmten Op- ferrisikogruppen bereithalten (Dörmann, 2004, S. 5). Das BKA spricht derzeit vom Jahr 2006 als Be- ginn des Wirkbetriebes, jedoch stehen nicht nur datenschutzrechtliche Fragen, sondern auch technische Probleme diesem Datum erschwerend entgegen.

9 Diese Problematik stellt sich natürlich auch und vor allem in Bezug auf die Registrierung von Tatverdächti- gen: „Sowohl Bundeskriminalamt als auch Statistisches Bundesamt berechnen (...) schon seit Jahren Häu- figkeitszahlen nur noch für die Teilgruppe der deutschen Tatverdächtigen bzw. Verurteilten, weil nur für diese Gruppen die Bezugsgröße, die Wohnbevölkerung, mit hinreichender Genauigkeit bekannt ist.“ (Bun- desministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz, 2001, S. 19) . soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 13 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

2 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten im Lichte der Polizeilichen Kriminalstatistik

2.1 Überblick Nachfolgend wird zunächst die anhand der PKS erkennbare Gefährdungssituation älterer Menschen im Bereich der Straftaten gegen die Person insgesamt in aller Kürze skizziert (Kapitel 2.2.); in Kapi- tel 2.3. werden dann Befunde zu den einzelnen in der PKS registrierten Tötungsdelikten bzw. Delikten mit Todesfolge berichtet. Die Darstellungen zu den einzelnen Delikten orientieren sich an folgendem Grundmuster: Es werden zunächst die unter den jeweiligen PKS-Schlüssel fallenden Delikte und die damit ver- knüpften StGB-Normen kurz erläutert. Für den Zeitraum zwischen 1993 (bzw. dem ersten Jahr, aus dem entsprechende Daten vorliegen) und 2004 werden Viktimisierungstrends für die Bundesrepublik Deutschland insgesamt skizziert. Opfer und Opfergefährdung werden differenziert nach Alter und Geschlecht dargestellt. In der Regel liegt der Schwerpunkt der Betrachtung auf den vollendeten Delikten. Soweit sich zwischen den Al- tersgruppen Auffälligkeiten hinsichtlich der relativen Anteile vollendeter und versuchter Delikte ab- zeichnen, wird dies gesondert berichtet. Viktimisierungsrisiken in den neuen Bundesländern werden denen in den alten Bundesländern (inklusive ) gegenübergestellt.10 Schließlich wird für jedes Delikt ein kurzes Resümee der kriminalstatistischen Befunde zur Altersab- hängigkeit von Viktimisierungen und Opferwerdungsrisiken gezogen.

2.2. Ältere Menschen als Opfer polizeilich registrierter Kriminalität Einen ersten Überblick zum Ausmaß der Opferwerdung älterer Menschen gibt Tabelle 1. Im Jahr 2004 wurden insgesamt knapp 44.000 Personen ab 60 Jahren polizeilich als Opfer vollendeter Straf- taten registriert. Dieser Gesamtwert ist vor allem insofern wenig aussagekräftig, als er (mit Ausnah- me der Raubdelikte) den gesamten Bereich der Eigentums- und Vermögenskriminalität ausklammert. Insgesamt wurden seitens der Polizei nur wenig mehr männliche (53.9%) als weibliche Opfer regi- striert.11 Das in der PKS gebräuchliche (und auch in Tabelle 1 verwendete) Konzept „Gewaltkrimina-

10 Angesichts des Umstandes, dass Vergleiche zwischen alten und neuen Bundesländern für den hier analy- sierten Zeitraum in besonderem Maße durch spezifische Merkmale polizeilicher Registrierungspraxis (ZERV-Fälle, allmählicher Aufbau von „Registrierungstraditionen“ in den neuen Ländern) geprägt und demgemäß schwer zu interpretieren sind, wird die Darstellung entsprechender Befunde in der Regel sehr kurz gefasst. 11 Dieser Befund ist natürlich auch vor dem Hintergrund eines mit dem Alter wachsenden Bevölkerungsan- teils von Frauen zu sehen. Um demographische Faktoren bei der Ergebnisdarstellung zu berücksichtigen, werden im weiteren Verlauf des Textes vor allem jährliche Opferwerdungsrisiken berichtet, die auf je 100.000 Personen der Alters- und Geschlechtergruppe bezogen sind. Die Darstellung in Tabelle 1 dient le- diglich einer ersten Darstellung der quantitativen Dimensionen der polizeilich registrierten Kriminalität an älteren Menschen. 14 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten lität“12 repräsentiert schwerwiegende (und damit in der Regel relativ selten vorkommende) Delikte gegen die Person. Straftaten wie die einfache vorsätzliche Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Nötigung oder sexuelle Nötigung im Sinne von § 177 Abs. 1 StGB werden von diesem Begriff nicht umfasst, obwohl ihnen durchaus das Merkmal „Gewalt“ zu Eigen ist. Für den Summenschlüssel „Gewaltkriminalität“ werden vor allem Frauen (57.4%) als Opfer vollendeter Delikte registriert. Als Opfer vorsätzlicher vollendeter Tötungsdelikte verzeichnet die PKS 2004 ebenfalls deutlich mehr ältere Frauen als Männer.

Tabelle 1: 60-jährige und ältere Opfer vollendeter Straftaten 2004 (Polizeiliche Kriminalstatistik Bundesrepublik Deutschland 2004)

PKS- Straftatbezeichnung Opfer männlich weiblich Schlüssel gesamt —— Straftaten insgesamt (ohne Verkehrsdelikte pp.) 43.730 23.555 20.175 8920 Gewaltkriminalität (Summenschlüssel) 11.102 4.727 6.375 0000 Straftaten gegen das Leben 0100 Mord 80 33 47 0110 davon Mord im Zusammenhang mit Raubdelikten 16 10 6 0120 davon Mord im Zusammenhang mit Sexualdelikten 1 01 0200 Totschlag und Tötung auf Verlangen 83 32 51 0300 Fahrlässige Tötung (ohne solche im Straßenverkehr) 421 173 248 1115 Vergewaltigung mit Todesfolge 1 01 2210 Körperverletzung mit Todesfolge 41 29 12

Werden die Opferdaten der PKS unter einer altersvergleichenden Perspektive betrachtet (vgl. dazu ausführlich Görgen, 2004), so zeigt sich zunächst, dass Menschen jenseits des 60. Lebensjahres ins- gesamt deutlich weniger gefährdet sind, Opfer eines polizeilich registrierten (Gewalt-) Delikts zu werden als jüngere Erwachsene, Heranwachsende oder Jugendliche; in vielen Deliktsbereichen lie- gen die Viktimisierungsrisiken älterer Menschen sogar unter denen von Kindern. Im Unterschied zu Jugendlichen, Heranwachsenden und Erwachsenen vor dem 60. Lebensjahr weisen die Daten der PKS seit ca. 1993 (für diesen Zeitraum liegen gesamtdeutsche Daten vor) für Seniorinnen und Senio- ren nicht oder nur in geringerem Maße auf einen Anstieg der Opfergefährdung hin. Vor allem auf- grund der vergleichsweise hohen Gefährdung älterer Frauen im Bereich des Handtaschenraubs sind die Geschlechterunterschiede in den polizeilichen Gefährdungsindikatoren insgesamt bei älteren Menschen weniger ausgeprägt als in den jüngeren Gruppen, wo jeweils – mit Ausnahme des Bereichs der Sexualdelikte – Männer deutlich höhere Viktimisierungsrisiken haben als Frauen.

12 Gewaltkriminalität ist ein PKS-Summenschlüssel, der sich aus folgenden Delikten zusammensetzt: Mord, Totschlag, Tötung auf Verlangen, Vergewaltigung, Raubdelikte, Körperverletzung mit Todesfolge, gefähr- liche und schwere Körperverletzung, Beteiligung an einer Schlägerei, erpresserischer Menschenraub, Gei- selnahme, Angriff auf den See- und Luftverkehr. soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 15 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

In der Polizeilichen Kriminalstatistik dokumentierte Ausnahmen von diesem generellen Befund ei- ner geringen Viktimisierungsgefahr im höheren Lebensalter sind die Deliktsbereiche des Handta- schenraubs, der Misshandlung von Schutzbefohlenen, des Mordes in Verbindung mit Raubdelikten sowie der fahrlässigen Tötung. Die spezifische Gefährdungslage Älterer im Bereich des Raubmords und der Fahrlässigen Tötung wird unten eingehend diskutiert. Von Handtaschenraub und Misshand- lung Schutzbefohlener sind vor allem ältere Frauen betroffen. Das Beuteobjekt „Handtasche“ ist un- ter älteren Frauen weit verbreitet; Seniorinnen können sich vielfach gegen eine Viktimisierung schwerer zur Wehr setzen als jüngere Frauen und werden von potenziellen Tätern als leicht angreif- bar wahrgenommen. In Bezug auf die Misshandlung Schutzbefohlener weisen erste erkundende Analysen darauf hin, dass es sich hierbei zu beträchtlichen Teilen um Delikte handelt, die an Pflege- und Hilfebedürftigen begangen werden, unter denen wiederum – im stationären wie im familiären Bereich – Frauen die Mehrheit stellen. Weitere Deliktsbereiche, von denen Ältere mutmaßlich in er- höhtem Umfang betroffen sind – hierzu dürften insbesondere Trickdiebstähle sowie bestimmte Er- scheinungsformen von Betrugsdelikten (vor allem betrügerische Verkaufspraktiken an der Haustür und via Telefon) gehören, nach den Ergebnissen von Dunkelfeldstudien möglicherweise auch Einbruchsdelikte –, lassen sich auf der Grundlage der vorhandenen Daten unter dem Gesichtspunkt des Alters der Opfer kriminalstatistisch nicht analysieren.

2.3 Tötungsdelikte / Delikte mit Todesfolge Tötungsdelikte konstituieren den schwerstwiegenden und zugleich einen quantitativ wenig bedeut- samen Bereich der Kriminalität. In der öffentlichen Wahrnehmung sind Tötungsdelikte der Prototyp von Straftaten, in dem sich das konzentriert, was den Kern eines Begriffes wie „Verbrechen“ aus- macht. In der prominenten Stellung, welche Tötungsdelikte im Kriminalitätsbild der Öffentlichkeit einnehmen, kommt nicht zuletzt die mediale Aufbereitung von Kriminalität zum Ausdruck (vgl. u.a. Kreuzer, 1982a, S. 429). Ferner handelt es sich bei Tötungskriminalität um eine Deliktsform, die – zumindest soweit es um vollendete Taten geht – über Opferbefragungen nicht zugänglich ist, bei der somit kriminalstatistische Daten und andere Hellfelddaten besondere Bedeutung haben. In einer Reihe älterer kriminologischer Arbeiten (u.a. Kreuzer, 1982a; 1982b; Sessar, 1979a; 1979b; 1981) wurden die polizeilichen (und justiziellen) Entscheidungsspielräume sowohl bei der Entschei- dung darüber, ob überhaupt ein Tötungsdelikt – insbesondere eine versuchte Tötung – vorliegt als auch bei der Subsumtion unter einen bestimmten Tötungstatbestand analysiert. Sessar (1979a) fand, dass der Anteil versuchter Tötungen an allen polizeilich registrierten Tötungs- delikten im Zeitverlauf beträchtlich gestiegen sei (von 61% 1953 auf 70% im Jahre 1977) und dass „die Polizei in der Konfrontation mit der Definitionspraxis der Justiz keinerlei Lernbereitschaft zu erkennen“ gebe: „Bei dieser nämlich überwiegen die vollendeten Tötungen die versuchten Tötun- gen“ (S. 168). Er stellte fest, dass die Versuchsanteile in den drei Stadtstaaten niedriger lagen als in Flächenstaaten und in der Großstadt Stuttgart geringer ausfielen als in anderen baden-württembergi- schen Gemeinden. Sessar interpretierte dies dahingehend, dass in Großstädten zentralisierte Ermitt- lungseinheiten für Tötungs- und Gewaltdelikte die Regel seien, die erstens über „eine einheitlichere Definitionspraxis gegenüber anfallender Gewaltkriminalität“ verfügten und zweitens in der Lage seien, „diese Definitionspraxis an der jeweiligen Kapazität“, d.h. an den verfügbaren personellen Ressourcen auszurichten (S. 168). Insgesamt sei davon auszugehen, „dass im Bereich der Polizei Überbewertungen weitaus häufiger vorkommen als Unterbewertungen“ (S. 171). Sessar (1979a) zieht den Schluss, „dass (...) die Statistiken über versuchte Tötungskriminalität keinen, auch keinen 16 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten begrenzten Aussagewert besitzen, weshalb sie (...) von den Statistiken über vollendete Tötungen stets getrennt gehalten werden sollten“ (S. 171). Kreuzer (1982a; 1982b) stellt fest, dass es bereits auf der rechtlichen Ebene Unklarheiten im Ent- scheidungsprogramm gebe, insbesondere die „gesetzgeberisch nicht gelungene, vielleicht überhaupt nicht befriedigend lösbare Aufteilung vorsätzlicher Tötung in Mord und Totschlag“ (Kreuzer, 1982a, S. 429). Es sei weiter davon auszugehen, dass eine beträchtliche Zahl von Tötungen der Poli- zei nicht bekannt werde. „Die alle kriminalamtlichen Tötungsdaten weit übersteigenden Raten der als ‘Selbstmord’, ‘Unfalltod’, ‘Todesfall mit unbekannter und ungewisser Todesursache’ oder auch als ‘Tod aufgrund natürlicher Todesursache’ registrierten Todesfälle bergen ungewisse, ungleiche, in der Größenordnung wohl kaum stabile Anteile von Fremdtötungen“ (Kreuzer, 1982a, S. 429f.). Wie Sessar stellte auch Kreuzer fest, dass die Zahl der polizeilich registrierten versuchten Tötungs- delikte seit den 50er Jahren sehr stark angestiegen war und es große regionale Unterschiede hinsicht- lich der Anteile versuchter und vollendeter Delikte gab. Darüber hinaus fand Kreuzer, dass seitens der Polizei immer häufiger (vollendeter) Mord oder Totschlag und immer seltener Körperverletzung mit Todesfolge angenommen werde. Auf der Ebene der Justiz erfolge sodann eine „starke Ausfilte- rung“ (Kreuzer, 1982a, S. 430): „Von den als Mord und Totschlag polizeilich ausgewiesenen Fällen werden nur etwa 25% aus gleichem Gesichtspunkt angeklagt, etwa 20% verurteilt. Im Längsschnitt ergibt sich sogar ein scherenartiges Auseinanderklaffen kriminalpolizeilicher und gerichtlicher Defi- nition als Mord und Totschlag, dies insbesondere im Bereich dessen, was die Polizei als versuchten Totschlag einordnet.“ (S. 430). Dies könne allerdings nicht nur im Sinne einer polizeilichen Überbe- wertung gesehen werden, sondern auch z.B. als Strategie der Justiz, einer lebenslangen Strafe auszu- weichen (Kreuzer, 1982a, S. 455). Als „typische Situationen besonderer Definitionsunsicherheit“ nennt Kreuzer (1982b, S. 491) u.a. „gewaltsame Auseinandersetzungen – oft unter Waffeneinsatz – in zwielichtigen Milieus, in welchen aggressives Verhalten mitunter üblich ist“, „Beziehungstaten im sozialen Nahraum“, „Todesfälle in Krankenhäusern“, Fälle, bei denen eine Einstufung als Unfall, als Selbst- oder Fremdtötung in Frage kommt. Nachfolgend werden kriminalstatistische Daten zu polizeilich registrierten Straftaten präsentiert, bei denen die Opfer getötet wurden (bzw. bei denen die Tötung des Opfers versucht wurde). Im Einzel- nen geht es um Mord (einschließlich der in der PKS gesondert ausgewiesenen Raubmorde), Tot- schlag und Tötung auf Verlangen sowie um Fälle der Körperverletzung mit Todesfolge.

2.3.1 Mord (inkl. Raubmord) Erläuterungen zum Delikt: Morddelikte werden in der PKS unter der Schlüsselzahl 0100 erfasst. Es handelt sich um Fälle, in denen seitens der Polizei der Verdacht einer Straftat nach § 211 StGB be- stand. Trends 1993–2004: Ein Vergleich der 60-Jährigen und Älteren mit den 21-59-jährigen Erwachsenen erbringt folgende Ergebnisse: Im Zeitraum 1993 bis 2004 wurden polizeilicherseits insgesamt 585 Frauen und 452 Männer im Alter von 60 Jahren und mehr als Opfer vollendeter Morddelikte regist- riert. Pro Jahr fielen zwischen 25 (2000) und 56 (1995) Männer und zwischen 39 (1998) und 65 (1993) Frauen Morden zum Opfer. Wie Abbildung 1 zeigt, hat das Risiko eines erwachsenen Men- schen, Opfer eines vollendeten Mordes zu werden, im Zeitraum 1993-2004 insgesamt abgenommen. Bei Männern ab dem 60. Lebensjahr war in den Jahren 2001 und 2002 ein Anstieg des Viktimisie- soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 17 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten rungsrisikos zu erkennen. Nach einem Rückgang im Jahr 2003 ist ein erneuter moderater Anstieg im Jahr 2004 sichtbar.

Vollendeter Mord: Opfer nach Geschlecht und Alter (21-59-Jährige vs. 60 Jahre +) je 100.000 der Gruppe, 1993 bis 2004, Bundesrepublik Deutschland

1,3

1,2

1,1

1,0

0,9

0,8

0,7

0,6

0,5

0,4 Opfer je 100.000 Einwohner

0,3

0,2

0,1

0,0 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

weibl.,60J.u.älter weibl., 21-59 J. männl.,60J.u.älter männl., 21-59 J.

Abbildung 1

Die Opferziffern (Opfer pro 100.000 Personen) für männliche Opfer vollendeter Morddelikte liegen in der Gruppe ab 60 Jahren im Zeitraum 1993 bis 2004 zwischen 0.32 (2000) und 0.86 (1995); sie sind deutlich niedriger als die der 21-59-Jährigen (dort zwischen 0.54 im Jahr 2003 und 1.24 im Jahr 1996). Die entsprechenden Parameter für weibliche Opfer vollendeter Taten liegen in der Gruppe der 60-Jährigen und Älteren im Zeitraum 1993 bis 2004 zwischen 0.36 (1998) und 0.64 (1993); sie sind ebenfalls niedriger als die der 21-59-jährigen Frauen (dort zwischen 0.57 im Jahr 2004 und 0.91 im Jahr 1996). Ferner fällt auf, dass bei polizeilich registrierten Mordfällen der Anteil versuchter Delikte in der Al- tersgruppe ab 60 Jahren beträchtlich geringer ist als in der Gruppe der 21-59-Jährigen. Bei Männern ab 60 Jahren liegt der Anteil versuchter Morde im Zeitraum 1993 bis 2004 zwischen 30% und 51%, bei den Männern der Altersgruppe 21-59 Jahre zwischen 55% und 68%. Ebenso deutlich sind die Unterschiede bei den weiblichen Opfern: in der Altersgruppe ab 60 Jahren liegt der Anteil der Opfer versuchter Morde an allen Mordopfern zwischen 14% und 37%, bei den 21-59-jährigen Frauen hingegen zwischen 42% und 53% (vgl. Abbildung 2). 18 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

Mord: Anteil der Opfer von Versuchsdelikten an allen Opfern nach Geschlecht und Alter (21-59-Jährige vs. 60 Jahre +), 1993 bis 2004, Bundesrepublik Deutschland 100%

90%

80%

70%

60%

50%

40%

30%

20%

10%

0% 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

weibl.,60J.u.älter weibl., 21-59 J. männl.,60J.u.älter männl., 21-59 J.

Abbildung 2

Wird die Betrachtung der Versuchsanteile auf alle Altersgruppen ausgedehnt (vgl. Tabellen A-1 und A-2 im Anhang), so zeigt sich, dass im Hinblick auf männliche Opfer der Versuchsanteil stets entwe- der bei den über 60-Jährigen oder bei den Kindern am niedrigsten liegt; in Bezug auf weibliche Opfer ist der Anteil vollendeter Tötungen in den Jahren 1993-1999, 2002 und 2004 am höchsten bei den Frauen ab 60 Jahren, in den Jahren 2000 und 2001 bei den Jugendlichen sowie 2003 bei den Kindern. Die Abbildungen 3 und 4 zeigen für den Zeitraum 1993 bis 2004 und im Hinblick auf vollendete Morde die Opferwerdungsrisiken aller in der PKS ausgewiesenen Altersgruppen. Im Zeitraum 1993-2004 liegt im Hinblick auf vollendete Morde das Viktimisierungsrisiko der älte- ren Männer immer niedriger als das der 21-59-Jährigen und meist unter dem der Heranwachsenden. Zugleich ist in diesem Zeitraum das Risiko eines älteren Mannes, von einem vollendeten Morddelikt betroffen zu sein, stets höher als das eines männlichen Jugendlichen und in der Regel höher als das ei- nes Kindes unter 14 Jahren. Ähnlich liegt die sog. Opferziffer der älteren Frauen im Zeitraum 1993- 2004 immer unter derjenigen der 21-59-jährigen und der heranwachsenden Frauen, meist etwas über der der Kinder und etwa auf dem Niveau der Jugendlichen. soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 19 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

Vollendeter Mord: männl. Opfer je 100.000 der Altersgruppe 1993 bis 2004, Bundesrepublik Deutschland

1,8

1,6

1,4

1,2

1,0

0,8

0,6 Opfer je 100.000 Einwohner

0,4

0,2

0,0 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

männl.,60J.u.älter männl., 21-59 J. männl., 18-20 J. männl., 14-17 J. männl., bis 13 J.

Abbildung 3

Vollendeter Mord: weibl. Opfer je 100.000 der Altersgruppe 1993 bis 2004, Bundesrepublik Deutschland

1,8

1,6

1,4

1,2

1,0

0,8

0,6 Opfer je 100.000 Einwohner

0,4

0,2

0,0 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

weibl.,60J.u.älter weibl., 21-59 J. weibl., 18-20 J. weibl., 14-17 J. weibl., bis 13 J.

Abbildung 4 20 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

Werden für den Zeitraum 1994 bis 2004 Viktimisierungsrisiken älterer Menschen in den alten Bun- desländern (inklusive Berlin) mit denen in Ostdeutschland verglichen, so zeigt sich, dass die Opfer- ziffer für vollendete Morde an Frauen ab 60 Jahren in der Regel im Westen etwas höher ist als im Os- ten; in den alten Bundesländern liegen die Werte zwischen 0.4 und 0.6, im Osten zwischen 0.1 und 0.5. Ein ähnliches Bild zeigt sich in Bezug auf ältere Männer; während sich die Zahl der Getöteten pro 100.000 im Westen zwischen 0.3 und 0.9 bewegt, liegt sie im Osten im Bereich zwischen 0.1 und 0.6. Auch in Bezug auf die 21-59-jährigen Erwachsenen deutet sich ein etwas höheres Tötungsrisiko im Westen an13. Die Unterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern sind jedoch weit weniger ausgeprägt als die zwischen den Altersgruppen und den Geschlechtern.

Raubmord / Mord in Zusammenhang mit Raubdelikten Unter der Schlüsselzahl 0110 werden in der Polizeilichen Kriminalstatistik Fälle von Mord in Zu- sammenhang mit Raubdelikten gesondert registriert.14 Erfasst werden Morde die „aus Habgier“ be- gangen werden (§ 211 Abs. 2 1. Gruppe, 3. Variante StGB) und solche, bei denen der Täter von dem Motiv gelenkt ist, durch die Tötung des Opfers ein Raubdelikt zu verdecken (§ 211 Abs. 2 3. Gruppe, 2. Alternative StGB). Es ist davon auszugehen, dass unter der Schlüsselzahl 0110 seitens der Polizei auch Fälle erfasst werden, die im weiteren Verlauf der Fallbearbeitung durch die Staatsanwaltschaf- ten und Gerichte als Totschlag oder als Taten nach § 251 StGB (Raub mit Todesfolge) gewertet wer- den.15 Empirische Studien zu Raubmorden (insbesondere Volbert, 1992; 1993) weisen u.a. darauf hin, dass Raubmorde vielfach nicht detailliert geplant werden; insbesondere wird offenbar Widerstand der Opfer selten einkalkuliert und kein Szenario für einen Abbruch der Tat entwickelt (Volbert, 1992; 1993). Nicht immer ist der Raub das primäre Tatmotiv; zum Teil bildet sich die Intention der Weg- nahme erst im Verlauf eines Gewaltdelikts bzw. eines gewaltförmig eskalierenden Konflikts heraus. Raubmorde werden häufig gemeinschaftlich begangen (Volbert, 1992); charakteristisch für die Täter ist u.a. die fehlende oder geringe berufliche Qualifikation (Wulf, 1979). Mouzos (2003) hat australi- sche Daten zu Tötungsfällen analysiert, die sich im Verlauf anderer Delikte – und hier vor allem von Raubtaten – ereigneten; auf diese Kategorie entfielen im Zeitraum 1989-2002 insgesamt 542 von 4.108 Tötungsdelikten (13.2%). Derartige Tötungen in Zusammenhang mit anderen Straftaten blie- ben öfter unaufgeklärt als sonstige Tötungen (22% zu 11%) und zeichneten sich durch einen beson- ders geringen Anteil weiblicher Tatverdächtiger aus (5.6% zu 12.9%). In 70% der Fälle war das Op-

13 Frauen West: OZ zwischen 0.6 und 0.9, Frauen Ost: OZ zwischen 0.4 und 0.7; Männer West: OZ zwischen 0.6 und 1.2; Männer Ost: OZ zwischen 0.5 und 1.5. 14 Auf die ebenfalls gesondert erfassten Morde in Zusammenhang mit Sexualdelikten (PKS-Schlüsselzahl 0120) soll hier nur am Rande hingewiesen werden. In den Jahren 1993 bis 2004 wurden in der PKS in der Altersgruppe ab 60 Jahren lediglich 19 Frauen und vier Männer als Opfer vollendeter Delikte registriert, durchschnittlich somit zwei Fälle pro Jahr. Ein im Verlauf einer KFN-Studie anhand von Akten analysierter Fall, der polizeilicherseits unter der Schlüsselzahl 0120 erfasst worden war, wirft Zweifel daran auf, ob es sich selbst bei dieser geringen Zahl ausnahmslos um einschlägige Fälle handelt. In dem erwähnten Fall hat- ten die Tatverdächtigen als Erklärung bzw. Entschuldigung für die vorsätzliche Tötung eines älteren Man- nes zunächst angeführt, sie seien zuvor von dem Opfer sexuell missbraucht worden. Das Tötungsdelikt hin- gegen war offenbar materiell motiviert und ohne erkennbare sexuelle Komponente. 15 Der Tatbestand des Raubes mit Todesfolge liegt dann vor, wenn ein Raubtäter durch den Raub „wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen“ verursacht. Derartige Delikte werden mit zeitiger Freiheits- strafe nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe geahndet. soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 21 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten fer älter als der Täter, bei sonstigen Tötungsdelikten lediglich zu 52%. In 66% der Fälle war der Täter dem Opfer unbekannt, bei sonstigen Tötungsdelikten war dies nur zu 22% der Fall. Während bei Raubmorden 48% der Opfer 45 Jahre und älter waren, entfielen bei sonstigen Raubdelikten auf diese Gruppe nur 21%. Auch Cook (1987) arbeitet in einer auf FBI-Daten gestützten Analyse von Delikten in 43 großen US-Städten im Zeitraum 1976-1983 heraus, dass Raubmorde im Unterschied zu sonstigen Tötungsdelikten typischerweise von, dem Opfer nicht bekannten Tätern begangen werden und dass der Anteil älterer Menschen an den Opfern von Raubmorden höher ist als bei sonstigen Raub- oder Tötungsdelikten. Einige Fälle von Tötungsdelikten an älteren Menschen, die in Verbindung mit Raubstraftaten began- gen wurden, werden im Folgenden (basierend auf einschlägigen Medienberichten) kurz dargestellt: • November 2004: Das Landgericht München verurteilt einen 23-Jährigen wegen Raubmordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Der Mann hatte einen befreundeten 78 Jahre alten Mann „mit einem Hammer auf den Kopf geschlagen, auf sein Opfer eingestochen und dessen Kehle und Handgelenke durchschnitten“ (Münchner Merkur vom 18. November 2004). Die Kammer bejah- te nicht die besondere Schwere der Schuld. • Juni 2004: Das Landgericht Berlin verurteilt einen 21-jährigen Mann wegen zweifachen Mordes zu einer Jugendstrafe von zehn Jahren. Der Mann hatte in der Hauptverhandlung gestanden, im Mai und August 2003 zwei 82 und 91 Jahre alte Frauen verfolgt, in ihren Wohnungen überwältigt, gewürgt, mit über den Kopf gestülpten Plastiktüten erstickt und anschließend beraubt zu haben. Das Gericht kam zu der Erkenntnis, dass der Täter sich seine Opfer zielgerichtet ausgesucht hatte; er sei davon ausgegangen, dass sie über viel Geld verfügten, hohe Bargeldbeträge in der Wohnung lagerten und leicht zu überwältigen seien. Zugleich äußerte die Vorsitzende Richterin Zweifel da- ran, ob allein das Erlangen der Beute das handlungsleitende Motiv war oder es dem Täter auch um das Ausleben von Gewaltfantasien gegangen sei (Berliner Morgenpost vom 5. Juni 2004). • April und November 2002: Das Landgericht Hannover verurteilt einen hör- und sprachbehinder- ten 47-jährigen Mann in zwei Verfahren wegen der Ermordung von vier alten Menschen zweimal zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. In beiden Verfahren stellte das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest. Der Mann hatte nach Erkenntnis des Gerichts im September 2001 eine 73-jährige gehörlose Frau und ihren ebenfalls gehörlosen 86 Jahre alten Schwager in ihrer Woh- nung in Hannover erdrosselt. Die Opfer hatte er in einem Gehörlosenzentrum kennen gelernt. Mit der 73-jährigen Frau war es nach Aussage des Täters zu einem Konflikt gekommen, als sie sich weigerte, ihm Geld zu leihen. Im Verlaufe der Auseinandersetzung hatte er zunächst sie und dann ihren Schwager getötet. Im November 2001 hatte der Mann dann eine 88-jährige Frau und ihren 92-jährigen Mann in deren Wohnung in Bad Oeynhausen gefesselt, sie gezwungen, ihm ihr Bar- geldversteck zu verraten und beide anschließend mit einem Messer getötet (Die Welt vom 12. April 2002; Münchner Merkur vom 28. November 2002; Neue Presse vom 30. März 2002). • August 2002: Eine wegen Drogendelikten polizeilich bekannte 16-Jährige gesteht, gemeinsam mit ihrem 18-jährigen Freund einen 74-jährigen Mann in dessen Wohnung getötet und beraubt zu ha- ben. Das Paar hatte den Mann zuvor in einer Gaststätte kennen gelernt. Das Opfer war mit einer Eisenstange niedergeschlagen und dann erstickt worden. Die Täter hatten den Pkw des Opfers, seine Scheckkarte sowie Bargeld entwendet (Sindelfinger Zeitung vom 15. August 2002). • März 2002: Eine 18-jährige Frau und ein 20-jähriger Mann werden vom Landgericht Köln wegen Mordes zu neun bzw. acht Jahren Jugendstrafe verurteilt. Bezüglich des Mannes ordnet das Ge- richt die Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt an. Nach Erkenntnis des Gerichts hatten die der Punk-Szene angehörenden Angeklagten im Juli 2001 eine altersverwirrte 70-jährige Frau 22 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

beraubt und getötet, weil sie fürchteten, vom Opfer angezeigt zu werden. Das Opfer hatte den Tä- tern gegenüber wiederholt von einem angeblichen Millionenvermögen gesprochen. Die Frau war von den Tätern zunächst vergiftet, sodann niedergestochen und erstickt worden (Kölner Stadt-An- zeiger vom 20. März 2002 und vom 14. Juni 2003). • November 2001: Das Landgericht Bremen verurteilt einen 32-jährigen Krankenpfleger wegen fünffachen Mordes zu lebenslanger Haft und erkennt auf eine besondere Schwere der Schuld. Der Mitarbeiter eines ambulanten Pflegedienstes in Bremerhaven war im Mai 2001 wegen Unter- schlagung entlassen worden. Er hatte danach innerhalb kurzer Zeit fünf Frauen zwischen 80 und 90 Jahren, die er zuvor als Pfleger betreut hatte, in ihren Wohnungen ermordet und beraubt. Seine Beute belief sich den Ermittlungen zufolge insgesamt auf DM 4.900. Von dem Geld hatte der ver- schuldete Mann u.a. Kontakte zu einer Prostituierten finanziert (AFP-Meldung vom 22. Novem- ber 2001). • Frühjahr 2000: Das Landgericht Berlin verurteilt einen 36-jährigen Mann wegen zweifachen Mordes und zahlreicher Raubüberfälle zu einer lebenslangen Haftstrafe. Es stellt die besondere Schwere der Schuld fest und ordnet Sicherungsverwahrung an. Der Mann war im Oktober 1998 vom Ausgang in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung nicht zurückgekehrt. Er hatte in den folgenden acht Monaten zwölf hochbetagte Frauen überfallen. Mittels einer Täuschung ver- schaffte er sich Zutritt zu ihren Wohnungen. Dort griff er die Frauen an und beraubte sie. Der Täter vergewaltigte eines seiner Opfer, eine 95-jährige Frau. Zwei 90-jährige Opfer kamen zu Tode. Ei- ne Frau starb an den Verletzungen, die der Täter ihr zugefügt hatte, eine andere wurde erdrosselt (vgl. zu dem Fall u.a. Hamburger Abendblatt vom 14. November 2003; Berliner Morgenpost vom 8. Februar 2000). • Dezember 1998: Das Landgericht Hamburg verurteilt zwei 16 und 17 Jahre alte Jugendliche zu je acht Jahren Jugendstrafe. Die Täter hatten im Juni 1998 einen 73-jährigen Lebensmittelhändler erstochen und 220 DM aus der Ladenkasse geraubt. Beide Täter waren bereits zuvor vielfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Zur Vermeidung von Untersuchungshaft waren sie zum Tatzeitpunkt in einer offenen Jugendwohnung untergebracht (vgl. zu dem Fall u.a. Die Welt vom 22. Juni 1999; Taz Hamburg vom 10. Oktober 2002). • Juni 1997: Das Landgericht Berlin verurteilt eine 31-Jährige zu sieben Jahren Haft. Die heroinab- hängige Frau hatte im Jahre 1991 mit drei Komplizen ihre 80-jährige Großmutter ausgeraubt, die im Verlaufe des Geschehens an Herzversagen starb. Die Täter erbeuteten ein Sparbuch, von dem 2.000 DM abgehoben wurden, einen Fernseher und Schmuck. Da die Täter nicht erkannten, dass die Frau schon tot war, hatten sie versucht, sie zu töten, indem sie den Kopf der reglosen Frau in den Backofen hielten und das Gas aufdrehten (Berliner Zeitung vom 26. Juni 1997). Der Tod der Großmutter war auf einen Gas-Unfall zurückgeführt worden. Ende 1996 offenbarte die Enkelin sich gegenüber der Polizei; erst dadurch kamen die Ermittlungen wieder in Gang (Berliner Zei- tung vom 19. Juni 1997). Aus den dargestellten und weiteren Fällen ergibt sich im Hinblick auf an alten Menschen in Zusam- menhang mit Raubstraftaten begangene Tötungsdelikte folgendes Bild: • Tatort ist in den meisten Fällen die Wohnung des Opfers oder deren unmittelbare Umgebung. • Die Opfer leben in der Regel alleine oder mit einer weiteren hochaltrigen Person zusammen. • Die Delikte werden zum Teil von sehr jungen Tätern begangen. Drogen- und Alkoholkonsum so- wie Suchtmittelabhängigkeit der Täter werden mehrfach erwähnt. Gemeinschaftliche Tatbege- hung ist den Ergebnissen dieser ersten Fallsichtung zufolge offenbar vor allem bei jüngeren Tä- tern anzutreffen. Außerdem ist von seriellen Tötungsdelikten die Rede. soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 23 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

• Unter den Tätern sind sowohl dem Opfer fremde Personen, als auch Personen aus dem familiären Umfeld sowie Personen, zu denen eine weniger enge Beziehung bestand, schließlich auch (we- nigstens aus der Perspektive des Opfers) Zufallsbekanntschaften. • Erbeutet werden vor allem Bargeld, Schmuck und Scheckkarten. Die Vermutung, dass das Opfer größere Barbeträge zu Hause haben würde, spielt in einem Teil der Fälle eine Rolle. Tabelle 2 stellt für den Zeitraum 1993 bis 2004 polizeiliche Daten zu Fällen des vollendeten Raub- mordes dar. Es handelt sich hierbei um ein insgesamt seltenes Delikt, von dem ältere Menschen stär- ker betroffen sind als jüngere. Kinder, Jugendliche und Heranwachsende werden polizeilicherseits nur sehr selten als Opfer registriert. Das Viktimisierungsrisiko steigt im Erwachsenenalter an und wächst noch einmal bei den Seniorinnen und Senioren. In den Jahren 1993 bis 2004 wurden nach po- lizeilichen Daten insgesamt 149 Männer und 150 Frauen der Altersgruppe ab 60 Jahren als Opfer vollendeter Raubmorde registriert. Im dargestellten Zeitraum geht das Opferwerdungsrisiko bei Männern und Frauen ab 60 Jahren sowie bei Männern zwischen 21 und 59 Jahren tendenziell zurück; bei den Frauen zwischen 21 und 59 Jahren ist ein klarer Trend nicht erkennbar.

Tabelle 2: Polizeilich registrierte Opfer vollendeter Raubmorde, Bundesrepublik Deutschland 1993-2004 (PKS-Schlüsselzahl 0110)

Jahr Alter 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 0-13 J. m 000010000001 OZ m 00000.02 0000000.02 w 000000000000 OZ w 000000000000 14-17 J. m 100100100100 OZ m 0.06 0 0 0.05 0 0 0.05 0 0 0.05 0 0 w 000000000000 OZ w 000000000000 18-20 J. m 101101001201 OZ m 0.07 0 0.08 0.08 0 0.07 0 0 0.07 0.14 0 0.07 w 100020000000 OZ w 0.08 0 0 0 0.16 0000000 21-59 J. m 48 45 36 40 32 24 26 20 33 20 16 10 OZ m 0.20 0.19 0.15 0.17 0.14 0.10 0.11 0.09 0.15 0.09 0.07 0.04 w 10127161512827464 OZ w 0.04 0.05 0.03 0.07 0.07 0.05 0.04 0.01 0.03 0.02 0.03 0.02 60 J. + m 17 17 20 16 8 10 13 7 15 9 7 10 OZ m 0.32 0.32 0.37 0.28 0.14 0.17 0.21 0.11 0.22 0.13 0.10 0.14 w 18 13 16 14 18 16 6 10 17 5 11 6 OZ w 0.18 0.13 0.16 0.13 0.17 0.15 0.06 0.09 0.15 0.04 0.09 0.05 Anm: OZ = Opferziffer (Opfer pro 100.000 der jeweiligen Gruppe). 24 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

Auch beim Raubmord zeigen sich beträchtliche altersbezogene Unterschiede hinsichtlich der Anteile der Opfer versuchter und vollendeter Delikte an allen Opfern. In der Gruppe der älteren männlichen Opfer von Mord in Zusammenhang mit Raubdelikten wurden im Zeitraum 1993 bis 2004 149 von 198 Personen als Opfer vollendeter Delikte (77.2%) registriert, bei den älteren Frauen 150 von 183 Opfern (82.0%). Die entsprechenden Anteile liegen bei den 21-59-jährigen Männern bei 41.7% (255 von 612 Opfern) und bei den Frauen bei 47. 2% (94 von 199 Opfern). Resümee: Aus den vorliegenden kriminalstatistischen Daten zu polizeilich registrierten Morddelikten geht vor allem Folgendes hervor: • 60-Jährige und Ältere haben ein insgesamt geringeres Risiko als jüngere Erwachsene, einem Morddelikt zum Opfer zu fallen. Ältere Männer sind etwas stärker als ältere Frauen in Gefahr, durch Mord zu Tode zu kommen, doch ist der Geschlechterunterschied weniger stark ausgeprägt und weniger stabil als bei jüngeren Erwachsenen. • Das Bild einer geringeren Gefährdung durch Morddelikte im Alter bestätigt sich nicht für den Be- reich der Raubmorde. Bei diesem insgesamt seltenen Delikt ist die Altersgruppe ab 60 Jahren et- was stärker gefährdet als jüngere Erwachsene; Kinder, Jugendliche und Heranwachsende treten als Opfer kaum in Erscheinung. • Werden ältere Menschen Opfer eines polizeilich registrierten (versuchten oder vollendeten) Morddelikts, so ist der Anteil der Fälle, in denen es beim Versuch bleibt, deutlich geringer als bei jüngeren Erwachsenen. Vor allem ältere weibliche Opfer sind zu einem hohen Anteil von vollen- deten Delikten betroffen. Auch im Bereich der polizeilich registrierten Raubmorde werden ältere Opfer zu einem wesentlich höheren Anteil als jüngere als von vollendeten Delikten Betroffene erfasst. • Dieser altersbezogene Unterschied in den relativen Anteilen polizeilich registrierter Morde und Mordversuche lässt sich allein auf der Basis der vorliegenden kriminalstatistischen Daten nicht aufklären. Grundsätzlich ist vor allem an folgende einander möglicherweise ergänzende Bedin- gungskonstellationen zu denken: § Der Anteil vollendeter Delikte kann bei älteren Opfern erhöht sein, weil sie einen Tötungsver- such schlechter abwehren können und zugleich mit dem Alter die Wahrscheinlichkeit wächst, an einer einmal zugefügten Verletzung zu sterben. § Es ist denkbar, dass der Anteil vollendeter Morde unter allen älteren Mordopfern aufgrund al- tersspezifischer Deliktsstrukturen besonders hoch ist. Wenn schwerkranke und pflegebedürfti- ge alte Menschen durch Beibringung toxischer Substanzen getötet werden, wenn allein lebende und gebrechliche hochaltrige Personen in ihrer Wohnung von Raubtätern heimgesucht werden, die im Interesse der Realisierung ihres Tatplans auch zur Tötung des Opfers bereit sind, dann handelt es sich um Konstellationen, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass die Tat im Ver- suchsstadium bleibt. § Typische Lebensstilmerkmale Älterer können es mit sich bringen, dass die Wahrscheinlichkeit eines polizeilicherseits als Mordversuch gewerteten Geschehens reduziert ist. Hier wäre insbe- sondere an eskalierende Konfliktsituationen außerhalb des häuslichen Bereichs (etwa Streitig- keiten und Schlägereien im Kneipenmilieu) zu denken, von denen Ältere aufgrund eines relativ zu jüngeren Altersgruppen stärker auf das private Wohnumfeld konzentrierten Lebensstils, we- niger betroffen sind. Es läge dann ein Fall altersbezogener „differential exposure“ vor, wobei zunächst offen bliebe, ob Ältere Gelegenheiten, Opfer eines versuchten Mordes zu werden, re- lativ seltener ausgesetzt sind oder ob es sich in erster Linie um eine reduzierte Exposition ge- soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 25 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

genüber Situationen und Milieus handelt, in denen von Seiten der Polizei häufig Mordversuche angenommen und entsprechend kriminalstatistisch erfasst werden.16 § Die oben dargestellten Arbeiten von Sessar und Kreuzer weisen darauf hin, dass insbesondere im Hinblick auf Mordversuche Merkmalen des polizeilichen Registrierungsverhaltens große Bedeutung zukommt. Hier wäre einerseits zu prüfen, inwieweit möglicherweise Ermittlungen in Mordfällen mit älteren Opfern eher in Kommunen und Regionen stattfinden, in denen die Registrierung des Falles bei spezialisierten Ermittlungseinheiten liegt17; zum anderen kann nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, dass auch unabhängig von polizeilichen Organisa- tionsmerkmalen das Registrierungsverhalten mit dem Alter des Opfers variiert (etwa, weil bei nicht tödlich verlaufenen gewaltförmigen Handlungen im Nahraum weniger häufig eine Mord- absicht angenommen wird, wenn es sich um ein älteres Opfer handelt). § Schließlich ist zu überlegen, inwieweit in Bezug auf ältere Opfer ein relativ größerer Anteil versuchter Morde unentdeckt bleiben und folglich keinen Niederschlag in der Polizeilichen Kriminalstatistik finden könnte. Hier kann die im Alter zunehmende Konzentration auf den häuslichen Bereich und auf die Sphäre engerer Beziehungen einen Ansatzpunkt bieten. Wenn vor allem versuchte Tötungen im sozialen Nahraum im Dunkelfeld verbleiben und dieser Nah- raum im Leben und in den Beziehungen älterer Menschen eine größere Bedeutung hat als bei Jüngeren, kann dies in einem geringen Anteil registrierter Versuchsdelikte bei älteren Opfern zum Ausdruck kommen. Inwieweit die oben formulierten Faktoren zu dem Befund beitragen, dass ältere Menschen, wenn sie polizeilicherseits als Opfer von Delikten nach § 211 StGB registriert werden, relativ häufiger als Jün- gere einem vollendeten Mord zum Opfer fallen, ließe sich erst unter Heranziehung weiterer Daten klären; hier ist insbesondere an die Analyse polizeilicher Einzeldatensätze sowie justizieller Akten zu einschlägigen Verfahren zu denken.

16 Zur Anwendung des Konzeptes der differentiellen Risikoexposition auf die Viktimisierung älterer Men- schen vgl. Clarke, Ekblom, Hough & Mayhew (1985), Kennedy & Silverman (1990). 17 Ein Vergleich der drei Stadtstaaten mit einigen Flächenstaaten der Bundesrepublik zeigt für den Zeitraum 1998-2004 Unterschiede in den Versuchsanteilen von Morddelikten (vgl. Görgen, 2004, dort Abb. A_1 und A_2 in Anhang A ). In Berlin und Hamburg waren die Anteile älterer Opfer von Versuchsdelikten an allen älteren Opfern geringer als in Flächenstaaten wie Bayern oder Baden-Württemberg. Lediglich in Nord- rhein-Westfalen lagen die Versuchsanteile für Morddelikte an älteren Frauen unter denen der beiden Stadt- staaten. In diesem Bundesland fielen die Anteile versuchten Mordes insgesamt geringer aus als in ver- gleichbar großen Flächenstaaten. Da Nordrhein-Westfalen in besonderem Maße durch städtische Ballungs- gebiete (Ruhrgebiet, Rheinland) gekennzeichnet ist, unterstreicht der Befund das Bild von geringeren Ver- suchsanteilen bei Mord in städtischen Gebieten. In Bremen sind die „Versuchsanteile“ unter älteren Opfern ähnlich hoch wie in Bayern oder Baden-Württemberg; allerdings sind die Fallzahlen gerade in Bremen sehr klein und von daher nur begrenzt aussagekräftig. 26 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

2.3.2. Totschlag und Tötung auf Verlangen Erläuterungen zum Delikt: Fälle des Totschlags und der Tötung auf Verlangen werden in der PKS unter der Schlüsselzahl 0200 erfasst.18 Dieser Gruppe entsprechen im Strafgesetzbuch Verstöße ge- gen die §§ 212 (Totschlag), 213 (Minder schwerer Fall des Totschlags) und 216 StGB (Tötung auf Verlangen). Im Hinblick auf ältere, schwerkranke und pflegebedürftige Menschen erscheint es als Mangel, dass die Polizeiliche Kriminalstatistik Opfer von Totschlagsdelikten und Personen, die durch Tötung auf Verlangen ihr Leben verlieren, in einer Kategorie zusammenfasst. Es ist davon auszugehen, dass un- ter den Tatbestand der Tötung auf Verlangen sowohl bestimmte Fälle und Formen der so genannten aktiven Sterbehilfe subsumiert werden (vgl. zur Problematik der aktiven Sterbehilfe u.a. Sonnen, 1998; Ulsenheimer, 2000) als auch Fälle aus dem Grenzbereich von Beihilfe zum Suizid und aktiver Tötung einer Person.19 Es ist davon auszugehen, dass vor allem die Problematik der aktiven Sterbe- hilfe hochaltrige, schwer kranke und pflegebedürftige Menschen in besonderem Maße betrifft. Tat- geschehen, Tatmotive und die Beziehung zwischen demjenigen, der die Tötung auf Verlangen voll- zieht und der getöteten Person sind in solchen Fällen grundsätzlich anders als in „klassischen“ Fällen des Totschlags. Allerdings weisen Einzelbefunde darauf hin, dass die quantitative Bedeutung von Fällen der Tötung auf Verlangen für die unter der Schlüsselzahl 0200 zusammengefassten Delikte gering ist. Die Polizeiliche Kriminalstatistik für das Bundesland Baden-Württemberg differenziert zwischen Totschlag und Tötung auf Verlangen und gibt somit einen Hinweis zur Abschätzung der Größenordnungen. 2004 waren 224 Opfer von Totschlagsdelikten (§ 212), davon 32 bei vollendeten Totschlägen zu beklagen, allerdings nur zwei Opfer bei (jeweils versuchter) Tötung auf Verlangen (Landeskriminalamt Baden-Württemberg, 2005, Tabelle 91). Trends 1995–2004: Daten für die Bundesrepublik insgesamt liegen für diesen Deliktsbereich für den Zeitraum 1995 bis 2004 vor. Die jährliche Zahl der Frauen ab 60 Jahren, die Opfer vollendeten Tot- schlags bzw. von Tötung auf Verlangen wurden, ist recht konstant und liegt zwischen 42 (2003) und 51 (1995/1997); bei den älteren Männern liegen die Werte zwischen 24 (1998) und 37 (2001) Getöte- ten pro Jahr. Aus Abbildung 5 geht hervor, dass – im Hinblick auf vollendete Delikte - die über 60-jährigen Männer vor allem in den ersten dargestellten Jahren ein beträchtlich geringeres polizei- lich registriertes Risiko haben als die 21-59-Jährigen; der Unterschied zwischen jüngeren und älteren Frauen ist weniger deutlich ausgeprägt. Ältere Männer und ältere Frauen unterscheiden sich in ihrem Risiko, Opfer eines vollendeten Totschlags zu werden oder durch Tötung auf Verlangen umzukom- men, kaum voneinander. Bei den Männern der Altersgruppe 21-59 Jahre weist die Grafik im besagten Zeitraum auf ein stark abnehmendes Viktimisierungsrisiko hin. Eine getrennte Betrachtung für alte und neue Bundesländer erhärtet die Vermutung, dass sich darin die kriminalstatistische Erfassung der von der Zentralen Er- mittlungsgruppe Regierungs- und Vereinigungskriminalität (ZERV) bearbeiteten Fälle niederge-

18 Seit 1998 erfolgt die Registrierung unter dieser Schlüsselzahl; zuvor wurden Fälle des Totschlags und der Tötung auf Verlangen noch unter dem Schlüssel 0210 erfasst; die Schlüsselzahl 0220 war für die 1998 aus dem StGB gestrichene Kindestötung reserviert. 19 Nach herrschender Rechtsaufassung ist ein wesentliches Unterscheidungskriterium zwischen strafloser Beilhilfe zum Suizid und Tötung auf Verlangen, ob der betroffenen Person nach dem letzten Tatbeitrag der handelnden Person (z.B. dem Einleiten von Abgasen in den Innenraum eines Fahrzeugs) noch die Möglich- keit verblieb, sich dem tödlichen Erfolg (etwa durch Aussteigen) zu entziehen. soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 27 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten schlagen hat, es sich hier also zum Teil nicht um Delikte handelt, die in den 90er Jahren begangen wurden, sondern um Fälle staatlich angeordneter oder gebilligter, jedenfalls bis dato nicht strafrecht- lich geahndeter Tötungen in der DDR der Jahre 1951 bis 1989. In der besagten Altersgruppe liegt die Opferziffer der Männer in den neuen Bundesländern 1994 bei 4.4 und 1995 noch bei 3.8, sinkt dann aber rasch auf ein Niveau zwischen 1.0 und 1.5 in den Jahren 1999 bis 2004. Die OZ für die westdeut- schen Männer dieser Altersgruppe bewegt sich im Zeitraum 1995-2004 im Bereich zwischen 0.7 und 1.5.

Totschlag und Tötung auf Verlangen: Anteil der Opfer von Versuchsdelikten an allen Opfern nach Geschlecht und Alter (21-59-Jährige vs. 60 Jahre +), 1995 bis 2004, Bundesrepublik Deutschland 100%

90%

80%

70%

60%

50%

40%

30%

20%

10%

0% 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

weibl., 60 J. u. älter weibl., 21-59 J. männl., 60 J. u. älter männl., 21-59 J.

Abbildung 5

Wie bei Mord, ist der Versuchsanteil in der Altersgruppe ab 60 Jahren – und hier vor allem bei den Frauen20 – kleiner als bei den 21-59-Jährigen (Abbildung 6). Der Altersunterschied bezüglich Ver- such und Vollendung ist besonders deutlich bei weiblichen Opfern. Im Zeitraum 1995 bis 2004 liegt der Anteil versuchter Delikte in der Altersgruppe 21-59 Jahre stets über 70% (Min. 71%, Max. 77%), bei den älteren Frauen hingegen zwischen 40% und 55%. Die oben im Hinblick auf Morddelikte da- zu formulierten Überlegungen gelten hier entsprechend.

20 Der geringe Versuchsanteil bei Tötungsdelikten an älteren Frauen korrespondiert mit den Befunden von Dankwarth & Püschel (1991) an einer (relativ kleinen) forensischen Stichprobe. 28 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

Vollendeter Totschlag und Tötung auf Verlangen: Opfer nach Geschlecht und Alter (21-59-Jährige vs. 60 Jahre +) je 100.000 der Gruppe, 1995 bis 2004, Bundesrepublik Deutschland

1,8

1,6

1,4

1,2

1,0

0,8

0,6 Opfer je 100.000 Einwohner

0,4

0,2

0,0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

weibl.,60J.u.älter weibl., 21-59 J. männl., 60 J. u. älter männl., 21-59 J.

Abbildung 6

Werden auch die jüngeren Gruppen in die Betrachtung einbezogen (Abbildungen 7 und 8), so zeigt sich, dass der Rückgang vollendeter Totschlagsdelikte 1995 bis 2004 am stärksten bei den 18-20-jäh- rigen Männern ist. In den alten Bundesländern (inkl. Berlin) liegen die Opferziffern für diese Gruppe im Zeitraum 1993 bis 1997 (mit Ausnahme des Jahres 1995) meist über 2.0, seither deutlich darunter (zwischen 0.5 und 1.2) und damit wieder etwa auf dem Niveau der 80er Jahre. In den neuen Bundes- ländern wurden für die 18-20-jährigen Männer vor allem in den Jahren 1994 und 1995 extrem hohe Opferziffern (23.8 bzw. 28.2) verzeichnet, seit 1998 hat sich das Opferwerdungsrisiko für diese Gruppe etwa im Bereich des westlichen Niveaus stabilisiert.21

21 Es ist anzunehmen, dass hier von der mittlerweile aufgelösten Zentralen Ermittlungsstelle Regierungs- und Vereinigungs-Kriminalität (ZERV) bearbeitete Fälle eingeflossen sind, es sich bei den Opfern also zum Teil um Personen handelt, die zu einem historisch früheren Zeitpunkt als junge Menschen von Tötungsde- likten in Zusammenhang mit dem Handeln von Institutionen der früheren Deutschen Demokratischen Re- publik betroffen waren. soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 29 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

Vollendeter Totschlag und Tötung auf Verlangen: männl. Opfer je 100.000 der Altersgruppe 1995 bis 2004, Bundesrepublik Deutschland

7

6

5

4

3

Opfer je 100.0002 Einwohner

1

0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

männl.,60J.u.älter männl., 21-59 J. männl., 18-20 J. männl., 14-17 J. männl., bis 13 J.

Abbildung 7

Wie Abbildung 8 zeigt, ist bei den 18-20-jährigen Frauen kein derart dramatischer Rückgang der Op- ferziffern zu verzeichnen wie bei den gleichaltrigen Männern; der extrem niedrige Wert für das Jahr 2002 muss als Ausreißer nach unten betrachtet werden, wenngleich der Trend insgesamt abwärts zeigt.

Vollendeter Totschlag und Tötung auf Verlangen: weibl. Opfer je 100.000 der Altersgruppe 1995 bis 2004, Bundesrepublik Deutschland

1,0

0,9

0,8

0,7

0,6

0,5

0,4

Opfer je 100.0000,3 Einwohner

0,2

0,1

0,0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

weibl., 60 J. u. älter weibl., 21-59 J. weibl., 18-20 J. weibl., 14-17 J. weibl., bis 13 J.

Abbildung 8 30 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

Im Ost-West-Vergleich zeigen sich im Hinblick auf ältere Opfer keine systematischen Unterschiede. Für vollendeten Totschlag / Tötung auf Verlangen liegen die Viktimisierungsrisiken der Frauen ab 60 Jahre (West: OZ 1995-2004 zwischen 0.4 und 0.5; Ost: 0.2 bis 0.5) ebenso wie die der Männer (West: 0.3 bis 0.5; Ost: 0.2 bis 0.7) in alten und neuen Bundesländern auf ähnlichem Niveau. Im Hin- blick auf die jüngeren Opfergruppen wurden bereits altersvergleichende Daten berichtet; ein unmit- telbarer Vergleich ist jedoch auf Grund des in seiner Größenordnung nicht bestimmbaren Einflusses der ZERV-Fälle auf Totschlagsstatistiken nicht möglich. Resümee: Die kriminalstatistischen Daten für den Deliktskomplex Totschlag / Tötung auf Verlangen ähneln insgesamt denen für Mord. Ältere haben auch hier ein geringeres Viktimisierungsrisiko als Jüngere. Ebenso sind unter den älteren Opfern wiederum relativ mehr Personen, die von vollendeten Delikten betroffen sind; vor allem bei älteren Frauen ist der Anteil von Versuchstaten kleiner als in den übrigen Altersgruppen. Zugleich sind insbesondere Veränderungen von Viktimisierungsrisiken im Verlauf der 90er Jahre angesichts der – relativ zum Begehungszeitpunkt – nachträglichen Auf- nahme von Tötungsdelikten an der früheren innerdeutschen Grenze in die Kriminalstatistik nur schwer interpretierbar. Zudem lässt sich aufgrund der bisher üblichen Form der Datenaufbereitung nicht klar erkennen, welche Bedeutung Fälle der Tötung auf Verlangen im Hinblick auf ältere Men- schen haben.

2.3.3. Körperverletzung mit Todesfolge Erläuterungen zum Delikt: Unter der Schlüsselzahl 2210 werden in der PKS Fälle der Körperverlet- zung mit Todesfolge nach § 227 StGB erfasst. Wenngleich es sich hier um nicht-intentionale Tötun- gen und somit aus Täterperspektive um nicht unmittelbar gegen das Leben des Opfers gerichtete De- likte handelt22, legt das Ergebnis für die Betroffenen es nahe, diesbezügliche PKS-Daten im Kontext der Tötungsdelikte darzustellen. Trends 1993–2004: Daten zu Viktimisierungsrisiken in Bezug auf das Delikt der Körperverletzung mit Todesfolge sind für den Zeitraum 1993-2004 in den Abbildungen 9 bis 11 dargestellt.23 In den Jahren 1993 bis 2004 wurden in der Altersgruppe ab 60 Jahren insgesamt 262 Frauen und 280 Män- ner Opfer von Körperverletzung mit Todesfolge. Durchschnittlich wurden pro Jahr also rund 45 älte- re Menschen in dieser Form viktimisiert. Die Opferziffern der über 60-jährigen Frauen liegen im Zeitraum 1993 bis 2004 zwischen 0.15 (2003) und 0.32 (1993); insgesamt deutet sich eine leicht fallende Tendenz an. Bei den 21-59-jähri- gen Frauen ist kein wirklicher Trend erkennbar; die entsprechenden Werte rangieren zwischen 0.11 (2002) und 0.50 (1995). Weibliche Jugendliche und Heranwachsende haben ein etwas höheres Risi- ko, Opfer zu werden; auch hier lag die jährliche Viktimisierungsrate aber immer unterhalb 1:100.000.

22 Auch in der Systematik des Strafrechts sind Fälle der Körperverletzung mit Todesfolge in den 17. Abschnitt des StGB – Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit – integriert. 23 Auf eine Beschränkung auf vollendete Delikte wird hier verzichtet. Es wurden polizeilicherseits einige Per- sonen als Opfer versuchter Körperverletzung mit Todesfolge registriert. Hierbei müsste es sich aber um tat- sächlich getötete Personen handeln, gegenüber denen lediglich die vom Täter intendierte Körperverletzung im Versuchsstadium verblieb (etwa eine Person, die einem vom Täter mit Verletzungsabsicht geführten Schlag ausweicht, dabei einen Abhang hinabstürzt und durch diesen Sturz zu Tode kommt). soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 31 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

Körperverletzung mit Todesfolge: männliche und weibliche Opfer je 100.000 der Altersgruppe, 1993-2004

1,4

1,2

1,0

0,8

0,6

0,4 Opfer je 100.000 der Altersgruppe

0,2

0,0 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

männlich, 60 J. und älter weiblich, 60 J. und älter männlich, 21-59 J. weiblich, 21-59 J.

Abbildung 9

Körperverletzung mit Todesfolge: weibliche Opfer je 100.000 der Altersgruppe, 1993-2004

1

0,9

0,8

0,7

0,6

0,5

0,4

0,3 Opfer je 100.000 der Altersgruppe

0,2

0,1

0 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

60 J. und älter 21-59 J. 18-20 J. 14-17 J.

Abbildung 10 32 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

Männer sind in allen Altersgruppen stärker als Frauen in der Gefahr, Opfer einer tödlich verlaufen- den Körperverletzung zu werden. Männliche Jugendliche, Heranwachsende und Erwachsene der Al- tersgruppe 21-59 Jahre haben ein höheres Risiko, Opfer von Körperverletzungen mit Todesfolge zu werden als Männer ab 60 Jahren. Das Opferrisiko der älteren Männer ist im dargestellten Zeitraum relativ stabil.

Körperverletzung mit Todesfolge: männliche Opfer je 100.000 der Altersgruppe, 1993-2004

3,5

3

2,5

2

1,5

1 Opfer je 100.000 der Altersgruppe

0,5

0 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

60 J. und älter 21-59 J. 18-20 J. 14-17 J.

Abbildung 11

Werden polizeilich registrierte Opfer von Körperverletzung mit Todesfolge im Ost-West-Vergleich betrachtet, so zeigt sich, dass die (insgesamt geringen) Viktimisierungsrisiken in den neuen Bundes- ländern zu Beginn des hier erfassten Zeitraums vor allem bei den Männern höher liegen als im Wes- ten. Wurden im Westen in den Jahren 1994 bis 2004 jährlich zwischen 10 und 26 Opfer registriert, was Opferziffern zwischen 0.1 und 0.4 entspricht, so wurden im Osten innerhalb eines Jahres bis zu 14 Opfer verzeichnet (OZ 0.2 bis 1.1). Die meisten männlichen Opfer in den neuen Bundesländern wurden in den Jahren 1994-1996 registriert.24 Dieser Umstand legt die Vermutung nahe, dass sich in diesen Opferraten wiederum die Arbeit der Zentralen Ermittlungsgruppe Regierungs- und Vereini- gungskriminalität niedergeschlagen hat.25 Für diese Annahme spricht, dass bei den jüngeren Erwach- senen in den neuen Bundesländern deutliche Spitzenwerte in den Jahren 1994-1996 verzeichnet wer-

24 Bei den Frauen sind die Relationen ähnlich, die Unterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern al- lerdings weniger deutlich (West: jährlich zwischen 12 und 18 Opfer, OZ im Bereich 0.1 bis 0.2; Ost: jähr- lich zwischen 2 und 14 Opfer, OZ im Bereich 0.1 bis 0.7). Bei den älteren Frauen in den neuen Bundeslän- dern wurden die größten Viktimisierungsrisiken 1994 und 1997 verzeichnet. 25 Es müsste sich hier allerdings um Fallkonstellationen handeln, in denen dem Tatverdächtigen polizeilicher- seits zugute gehalten wurde, dass er den Tod des Opfers nicht für möglich hielt oder billigend in Kauf nahm. soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 33 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten den; so wurden in diesem Zeitraum in den neuen Bundesländern 109 Frauen und 331 Männer als Op- fer von Körperverletzung mit Todesfolge registriert; in den Jahren 2002 bis 2004 waren es nur noch 25 Frauen und 76 Männer, d.h. bei beiden Geschlechtern hatte sich die Zahl der Opfer binnen weni- ger Jahre auf knapp ein Viertel des Ausgangswertes reduziert.

2.3.4. Fahrlässige Tötung Erläuterungen zum Delikt: Unter der Schlüsselzahl 0300 werden in der PKS Fälle der fahrlässigen Tötung nach § 222 StGB registriert, soweit die Taten sich nicht in Verbindung mit Verkehrsunfällen ereigneten. Von § 222 StGB werden all die Fälle erfasst, in denen ein Mensch getötet wurde und dies nicht vorsätzlich (d.h. mit Wissen und Wollen der genauen Tatbestandsverwirklichung), sondern eben „nur“ fahrlässig erfolgte. Fahrlässig handelt, wer eine objektive Pflichtwidrigkeit begeht, die er nach seinen eigenen Kenntnissen und Fähigkeiten vorhersehen und vermeiden konnte (Tröndle/Fi- scher, 2004, § 15, Rn. 14 mwN). Für den Fall des § 222 StGB heißt das, der Täter hat den Tod eines Menschen herbeigeführt, ohne dass er dies wollte und ohne dass er es direkt vorhergesehen hat, ob- wohl er auf Grund seiner persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten die tödliche Folge eigentlich hät- te vorhersehen können. Trends 1995–2004: Die in den Tabellen 3 und 4 dargestellten Daten machen deutlich, dass ältere Menschen einen beträchtlichen Anteil der von der Polizei als Opfer fahrlässiger Tötungsdelikte er- fassten Personen stellen. So wurden im Jahr 2004 insgesamt 978 Opfer von unter die PKS-Schlüssel- zahl 0300 subsumierten Delikten registriert; darunter waren 421 Personen (43.0%), die 60 Jahre und älter waren. 2003 hatte der Anteil mit 37.0% (326 von 880 Opfern) weniger hoch gelegen.

Tabelle 3: Männliche Opfer der fahrlässigen Tötung 1995 bis 2004

Alter der Opfer 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 60 J. und älter n 117 96 139 98 129 142 163 157 141 173 OZ 1.786 1.419 1.990 1.358 1.725 1.825 2.015 1.878 1.655 1.993 21-59 J. n 390 383 377 366 336 345 328 248 296 314 OZ 1.650 1.625 1.608 1.574 1.458 1.510 1.448 1.099 1.312 1.394 18-20 J. n 25 27 29 13 29 28 17 15 14 16 OZ 1.919 2.042 2.151 0.952 2.069 1.955 1.166 1.033 0.970 1.120 14-17 J. n 16 19 20 12 17 12 12 14 19 10 OZ 0.892 1.034 1.065 0.633 0.904 0.641 0.639 0.733 0.973 0.506 bis 13 J. n 65 80 88 81 86 86 87 68 62 70 OZ 1.023 1.265 1.398 1.294 1.387 1.397 1.432 1.136 1.056 1.217 34 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

Tabelle 4: Weibliche Opfer der fahrlässigen Tötung 1995 bis 2004

Alter der Opfer 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 60 J. und älter n 96 113 106 98 133 167 205 166 185 248 OZ 0.930 1.082 1.003 0.915 1.222 1.504 1.810 1.442 1.597 2.127 21-59 J. n 101 89 90 111 95 112 144 136 109 95 OZ 0.447 0.395 0.401 0.497 0.429 0.509 0.659 0.624 0.500 0.435 18-20 J. n 54645612833 OZ 0.404 0.319 0.469 0.308 0.375 0.439 0.860 0.576 0.218 0.220 14-17 J. n 567851210553 OZ 0.295 0.345 0.394 0.446 0.281 0.677 0.562 0.277 0.271 0.160 bis 13 J. n 41 56 47 37 53 47 50 40 46 46 OZ 0.680 0.933 0.787 0.623 0.901 0.805 0.867 0.704 0.826 0.843

Männer werden deutlich häufiger Opfer fahrlässiger Tötung als Frauen. In der Altersgruppe 21-59 Jahre registriert die PKS im Zeitraum 1995-2004 insgesamt 1.082 weibliche und 3.383 männliche Opfer, bei den Heranwachsenden sind es 56 Frauen und 213 Männer. Das Bild ändert sich jedoch im Hinblick auf die Altersgruppe ab 60 Jahren. Im Zeitraum 1995-2004 wurden 1.355 Männer und 1.517 Frauen ab 60 Jahren polizeilich als Opfer fahrlässiger Tötungsdelikte erfasst. Zwar ist auch hier die Opferziffer der Männer stets etwas höher als die der Frauen, doch sind die Unterschiede we- sentlich geringer als in den jüngeren Altersgruppen; die Zahl älterer weiblicher Opfer liegt in den Jahren 1999-2004 immer über derjenigen der altersgleichen Männer. Im gesamten Zeitraum von 1995 bis 2004 ist im Hinblick auf weibliche Opfer das Viktimisierungsrisiko stets für die Gruppe der 60-Jährigen und Älteren am höchsten. Etwa ab dem Berichtsjahr 2000 ist zudem im Hinblick auf Frauen ab 60 Jahren eine Niveauerhöhung der Opfergefährdung zu verzeichnen. Die Viktimisie- rungsrisiken älterer Menschen in alten und neuen Bundesländern unterscheiden sich nicht systema- tisch voneinander.26 Offenbar liegt also auch in Bezug auf kriminalstatistisch erfasste fahrlässige Tötungen insofern eine Sondersituation vor, als ein beträchtlicher Teil der Opfer älter als 60 Jahre ist und insbesondere die älteren Frauen gegenüber anderen weiblichen Altersgruppen ein erhöhtes Risiko aufweisen. Eine Sichtung von Fällen auf der Basis von Medienberichten gibt erste Hinweise zu einer inhaltlichen Er- hellung dieses Befundes. Im Folgenden sind in kurzer Form einige nicht in Verbindung mit Ver- kehrsunfällen stehende Fälle dargestellt, in denen seitens der StA wegen fahrlässiger Tötungen älte- rer Menschen ermittelt wurde. Es wurden solche Fälle herausgegriffen, bei denen mit einiger Wahrscheinlichkeit anzunehmen war, dass sie auch von der Polizei als fahrlässige Tötungen registriert würden:

26 Männer: OZ im Osten zwischen 1.67 (1995) und 2.47 (2004), im Westen zwischen 1.25 (1998) und 2.04 (1997); Frauen: OZ im Osten zwischen 1.11 (2000) und 1.98 (2004), im Westen zwischen 0.81 (1995) und 2.16 (2004). soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 35 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

1. Juni 2005: Das Amtsgericht Leer verurteilt einen Chefarzt wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe. Der Arzt hatte bei einer Operation ein Tuch im Bauch eines 66-jährigen Patienten vergessen; der Mann war an den Folgen dieses Kunstfehlers gestorben (Spiegel Online vom 1. Juni 2005). 2. Juli 2004: In Berlin ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung einer 95-jährigen Frau gegen einen Krankenhausarzt. „Der Mediziner soll versäumt haben, eine Sozialstation oder einen Pflegedienst über die Entlassung der Frau zu informieren. Die pflegebedürftige Rentnerin soll in ihrer Wohnung an Flüssigkeitsmangel gestorben sein.“ (Rundfunk Berlin-Brandenburg vom 2. Juli 2004). 3. März 2004: Das Amtsgericht Frankfurt/M. verurteilt eine 50-jährige ungelernte Pflegekraft we- gen fahrlässiger Tötung einer 89 Jahre alten Frau zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen. Die Frau hatte gemeinsam mit einer 21-jährigen Kollegin (die verwarnt wurde und 200 Stunden ge- meinnütziger Arbeit leisten musste) die bettlägerige Frau unzureichend pflegerisch versorgt und auch angesichts offensichtlichen schweren physischen Leidens der Gepflegten weder einen Arzt noch eine pflegerische Fachkraft eingeschaltet. Die pflegebedürftige Frau war in der Folge ge- storben (Frankfurter Neue Presse vom 19. März 2004). 4. August 2003: Nach dem Tod von acht Bewohnern einer stationären Altenhilfeeinrichtung ermit- telt die Staatsanwaltschaft Darmstadt wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung (Groß-Ge- rauer Echo vom 20. August 2003). Die weiteren Ermittlungen ergeben, dass der Tod der Bewoh- ner in Zusammenhang mit der sommerlichen Hitzewelle stand und keine direkte Folge von Pfle- geversäumnissen war (Frankfurter Rundschau vom 22. August 2003). 5. November 2002: Die Staatsanwaltschaft Hof ermittelt wegen des Verdachts der fahrlässigen Tö- tung von Heimbewohnern. Ein anonymer Informant hat zuvor u.a. gegenüber dem bayerischen Sozialministerium schwere Vorwürfe gegen die Betreiber eines kirchlich geführten Pflegeheims erhoben. In einem Bericht vom Februar 2003 ist davon die Rede, dass weiterhin ermittelt werde, dass die Staatsanwaltschaft allerdings bislang keine „konkreten Anhaltspunkte“ für Straftaten sehe (Nürnberger Nachrichten vom 20. Februar 2003). 6, Juni 2002: Das Amtsgericht Gießen stellt ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung gegen einen 50-jährigen Mann unter Auflagen (80 Stunden gemeinnütziger Arbeit) ein. Der arbeitslose und alkoholkranke Mann hatte gemeinsam mit seiner Mutter in einem Haus gelebt. Die Mutter war im Dezember 2000 tot aufgefunden worden: „Die 86-jährige Bewohnerin lag tot in ihrem Bett. Die Matratze, die Decke und die notdürftige Schlafkleidung waren von Urin durchnässt und mit Kot beschmutzt. In der Wohnung herrschten an jenem 20. Dezember 2000 Temperaturen um den Gefrierpunkt. Die zierliche Seniorin hatte an vielen Stellen ihre Körpers Wundmale vom Durch- liegen, ihre Fußnägel ähnelten Vogelkrallen. Und bei der Obduktion stellten die Mediziner fest, dass die verwahrloste Frau wohl schon länger nichts mehr gegessen hatte“ (Gießener Anzeiger vom 22. Juni 2002). 7. Mai 2001: Das Amtsgericht Goslar stellt die Verfahren wegen fahrlässiger Tötung gegen einen 53-jährigen Heimleiter und eine 38-jährige leitende Stationsschwester ein. Ein demenzkranker 76-jähriger Heimbewohner war im Juli 1999 nachts in seinem durch ein Gitter gesicherten Bett in eine Position geraten, aus der er sich nicht mehr befreien konnte und war in der Folge erstickt. Die Ermittlungen ergaben, dass es zu dem Unfall kommen konnte, weil die Größen von Bett und Matratze nicht aufeinander abgestimmt waren (Goslarsche Zeitung vom 9. Mai 2001). 8. Dezember 2000: Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt wegen fahrlässiger Tötung gegen elf Mitarbeiter einer stationären Altenpflegeeinrichtung. Es geht um den Tod dreier Bewohner und 36 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

um u.a. von einem ehemaligen Mitarbeiter erhobene Vorwürfe, in dem Heim komme es zu schwerwiegenden Unfällen und mangelhafter Pflege, weil zu wenig und unzureichend qualifi- ziertes Personal beschäftigt werde (Hamburger Morgenpost vom 19. Dezember 2000). 9. November 2000: Nach der Explosion eines Altenheims ermittelt die Staatsanwaltschaft Bremen gegen einen 50-jährigen Baggerfahrer wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung in zwölf Fällen. Bei dem Unglück starben elf Heimbewohner, ein weiteres Opfer erlag zwei Wochen spä- ter seinen schweren Verletzungen. Der Mann wird im September 2002 vom Landgericht Bremen wegen fahrlässiger Tötung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Er hatte nach Erkennt- nis des Gerichts „bei Straßenbauarbeiten mit der Schaufel seines Baggers die Gasleitung zu ei- nem Seniorenheim (...) angehoben. Dadurch riss im Keller des Hauses eine Verbindung der Gas- versorgung. Das ausströmende Gas entzündete sich und es kam zu der verheerenden Explosion“ (Taz Bremen vom 31. Dezember 2003). Im Dezember 2003 weist der Bundesgerichtshof die Re- vision des Mannes als offensichtlich unbegründet zurück 10. September 2000: Die Staatsanwaltschaft Bonn ermittelt gegen eine 44-jährige examinierte Krankenschwester wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Sie hatte nach ersten Ermitt- lungen entgegen einer Anordnung der Heimleitung eine gehbehinderte 80-jährige Bewohnerin alleine zur Toilette zu bringen versucht. Die Frau war dabei so schwer gestürzt, dass sie wenige Tage später im Krankenhaus ihren Verletzungen erlag (Kölner Express vom 4. September 2000). 11. August 2000: Wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung in 54 Fällen ermittelt die Staatsan- waltschaft Saarbrücken gegen den Chefarzt eines Krankenhauses sowie den Oberarzt der neuro- logischen Abteilung. Ein früherer ärztlicher Mitarbeiter der Klinik hatte die beiden beschuldigt, im Zeitraum 1996-1998 auf einer Intensivstation 54 Patienten falsch behandelt und dadurch de- ren Tod verursacht zu haben (Süddeutsche Zeitung vom 11. August 2000).27 12. Dezember 1999: Das Amtsgericht Homberg / Efze stellt ein Verfahren wegen fahrlässiger Tö- tung gegen einen Arzt, eine Krankenschwester und die ehemalige Leiterin eines Pflegeheimes nach § 153a StPO ein. „Die Krankenschwester und die damalige Leiterin eines Heimes (...) sol- len es im Jahre 1994 unterlassen haben, einer zuckerkranken Patientin Insulin zu verabreichen. Die Frau war daraufhin ins Koma gefallen und gestorben. Dem Arzt wird vorgeworfen, dass sei- ne Fehldiagnose zu der unangemessenen Behandlung geführt hat.“ (Frankfurter rundschau vom 7. Dezember 1999). Das Verfahren wurde dem Pressebericht zufolge u.a. im Hinblick auf die Länge der seit dem Tod der Frau vergangenen Zeitspanne eingestellt. 13. April 1999: Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt wegen fahrlässiger Tötung gegen eine 67-jährige Heimbewohnerin. Bei einem Brand im Heim war eine 87-jährige Bewohnerin ums Leben gekommen. Die Mitbewohnerin steht im Verdacht, sich über ein Rauchverbot hinwegge- setzt und so den Brand ausgelöst zu haben ( Kölner Express vom 15. April 1999). 14. Januar 1999: Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt gegen fünf ambulante und stationäre Altenpflegeeinrichtungen wegen der fahrlässigen Tötung von insgesamt elf pflegebedürftigen Personen. „Anlass seien Anzeigen, die bereits Ende 1997 und 1998 von Angehörigen älterer Menschen gestellt wurden. (...) Zu den Anzeigen sei es gekommen, weil Verwandte auf Prellun- gen, wundgelegene Stellen oder auch Knochenbrüche ihrer Angehörigen aufmerksam geworden

27 Wie hoch in diesem Fall der Anteil älterer Menschen unter den mutmaßlichen Opfern war, lässt sich auf Grund des vorliegenden Berichts nicht bestimmen; im Hinblick auf die allgemeine Altersstruktur von Krankenhauspopulationen ist jedoch von einem beträchtlichen Prozentsatz auszugehen. soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 37 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

seien“ (Kölner Stadt-Anzeiger vom 7. Januar 1999; siehe auch Frankfurter Rundschau vom 7. Januar 1999). Der in den Berichten deutlich werdende Fokus auf kranke, pflege- und hilfebedürftige Personen ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass das Fallmaterial teilweise unter dem Blickwinkel der Untersu- chung dysfunktionaler Pflegekonstellationen zusammengetragen wurde. Die dargestellten Fälle ge- ben zugleich Anlass zu der Vermutung, dass unter polizeilich registrierten älteren Opfern fahrlässi- ger Tötungsdelikte viele Personen sind, die an schwerwiegenden Krankheiten leiden bzw. durch kör- perliche oder intellektuelle Einschränkungen der Pflege und Hilfe durch Dritte bedürfen. Als Opfer werden Heimbewohner, Krankenhauspatienten sowie Personen genannt, die in der häuslichen Um- gebung von Familienmitgliedern oder anderen Personen gepflegt wurden bzw. gepflegt werden soll- ten. Die Falldarstellung macht deutlich, dass die Zahl der Opfer in einzelnen Ermittlungsverfahren sehr hoch sein kann (im vorliegenden Fall bis zu 54), etwaige Schwankungen von Opferzahlen und Gefährdungsindikatoren daher immer auch vor dem Hintergrund möglicher „Großverfahren“ be- trachtet werden müssen. In den vierzehn dargestellten Fällen ist von 96 Opfern die Rede; hinzu kommt eine unbekannte Opferzahl aus Fall Nr. 5. Soweit das Geschlecht der Opfer benannt wird, handelt es sich ganz überwiegend um Frauen. Die Ermittlungen richten sich – soweit dies aus den Be- richten ersichtlich ist – vor allem gegen Personen, die in Einrichtungen der stationären Altenhilfe Leitungsverantwortung tragen, ferner gegen ausgebildete wie nicht ausgebildete Pflegekräfte, Ärzte sowie Familienangehörige der Opfer, in Einzelfällen auch gegen andere Personen. Meist geht es um fahrlässige Tötungen durch Unterlassen bzw. um ärztliche Behandlungsfehler oder die unsachgemä- ße Ausführung pflegerischer Handlungen. Zum Teil lassen die Medienberichte keinen Schluss da- rauf zu, ob der Tatbestand der fahrlässigen Tötung tatsächlich erfüllt war; dies betrifft insbesondere die Fälle mit hohen Opferzahlen. Der Umstand, dass es im Hinblick auf Fälle der fahrlässigen Tötung älterer Menschen sehr viel einfacher war, Berichte über die Aufnahme staatsanwaltschaftlicher Er- mittlungen zu recherchieren als solche über einschlägige Gerichtsentscheidungen, mag als Indiz dafür dienen, dass es insbesondere in solchen Fällen, in denen mit zeitlichem Abstand zu dem behaupteten Geschehen der Vorwurf einer durch Unterlassen begangenen fahrlässigen Tötung von Heimbewohnern oder Krankenhauspatienten erhoben wird, vielfach nicht zu einer Anklageerhebung kommt.

2.3.5 Zwischenbilanz: PKS-gestützte Befunde zu Tötungsdelikten an älteren Menschen Die Analysen polizeilicher Kriminalstatistiken zu Tötungsdelikten in verschiedenen Altersgruppen haben vor allem Folgendes deutlich gemacht: • Ältere Menschen sind von polizeilich registrierten vorsätzlichen Tötungsdelikten insgesamt weni- ger betroffen als jüngere Erwachsene. Insbesondere bei Männern sind die Unterschiede zwischen der Altersgruppe ab 60 Jahre und den 21-59-Jährigen stark ausgeprägt. Eine Ausnahme bilden Morde in Zusammenhang mit Raubdelikten; hier haben die über 60-Jährigen ein etwas höheres Risiko, Opfer eines vollendeten Delikts zu werden als jüngere Erwachsene. • Der Anteil älterer Menschen unter den polizeilich registrierten Opfern fahrlässiger Tötungen ist hoch; insbesondere ältere Frauen sind hier stärker betroffen als andere Altersgruppen. Eine explo- rative Analyse von Fallmaterial weist darauf hin, dass es vielfach um Viktimisierungen kranker sowie pflege- oder hilfebedürftiger Personen geht und die Verantwortung für deren Tod vor allem bei Pflegekräften und Ärzten sowie bei Familienangehörigen gesucht wird, die Aufgaben im Be- reich der Pflege und Unterstützung des Opfers übernommen haben. 38 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

• Wenn ältere Menschen Opfer vorsätzlicher Tötungsdelikte werden, dann ist der Anteil von Op- fern vollendeter Delikte an allen Opfern größer als in jüngeren Altersgruppen. Insbesondere in Bezug auf die Zahlen versuchter Tötungsdelikte spielen offenbar polizeiliches Ermessen bei der Subsumtion eines Vorfalles und weitere Merkmale des polizeilichen Registrierungsverhaltens ei- ne große Rolle. • Im Hinblick auf den letztgenannten Befund ist von einem multifaktoriellen Bedingungsgefüge auszugehen. Der geringere Versuchsanteil bei polizeilich registrierten Tötungsdelikten an älteren Menschen kann u.a. dadurch zustande kommen, dass (1) ältere Menschen Angriffe weniger er- folgreich abwehren können und eine Tötungsintention somit öfter erfolgreich umgesetzt werden kann, (2) im Alter die Wahrscheinlichkeit wächst, dass das Opfer sich von erlittenen Verletzungen nicht mehr erholt, sondern stirbt, (3) Tötungsversuche gegenüber älteren Menschen sich relativ öfter als bei Jüngeren im sozialen Nahraum abspielen und nicht angezeigt werden, (4) bei älteren Menschen relativ zu jüngeren Opfern Konflikttaten eine geringere und instrumentell motivierte Tötungsdelikte, die entsprechend zielstrebig und mit höherer „Erfolgswahrscheinlichkeit“ ausge- führt werden, eine größere Rolle spielen (der Umstand, dass die in der PKS gesondert ausgewies- enen Morde in Zusammenhang mit Raubdelikten bei älteren Menschen häufiger auftreten als bei jüngeren Erwachsenen, stützt diese Vermutung, handelt es sich doch beim Raubmord um den Pro- totyp der als Mittel zu einem Zweck planend oder wenigstens situativ abwägend eingesetzten Tö- tungshandlung), (5) ältere Menschen sich weniger in bestimmten Gruppen, Kontexten und Milie- us aufhalten, in denen polizeilicherseits versuchte Tötungsdelikte festgestellt werden (z.B. Dro- genmilieu, Gaststätten u.ä.) und (6) möglicherweise Ermittlungen in Fällen älterer Opfer von Tö- tungsdelikten sich in stärkerem Maße als bei Jüngeren in großstädtischen Regionen konzentrie- ren, in denen auf Tötungsdelikte spezialisierte Ermittlungseinheiten mit einem entsprechend zu- rückhaltenderen Registrierungsverhalten bestehen.

3 Kriminologische und rechtsmedizinische Studien zu Tötungsdelikten im Alter Erkenntnisse zu Tötungsdelikten im Alter sind nicht nur auf der Basis der allgemein zugänglichen Daten der PKS des Bundeskriminalamtes möglich. Neben Analysen ausländischer Polizeidaten lie- gen vor allem Aktenuntersuchungen sowie rechtsmedizinische Studien vor. Opferbefragungen scheiden in diesem Bereich selbstverständlich (außer zu versuchten Tötungen) aus. Im Folgenden werden die Ergebnisse einiger in- und ausländischer Studien zu Tötungsdelikten an älteren Men- schen und zu Viktimisierungsrisiken Älterer dargestellt. Wenngleich hier nicht das polizeiliche Re- gistrierungsverhalten im Mittelpunkt steht, sind auch diese Befunde letztlich vor dem Hintergrund polizeilicher Ermittlungsarbeit zu sehen. Sessar (1979b) analysierte alle 1970 und 1971 in Baden-Württemberg registrierten nicht fahrlässigen vollendeten Tötungen (n=265). In einer Auswertung nach „Lebensabschnitten des Opfers“ (S. 308ff.) kommt er zu dem Ergebnis, dass bei den über 60-jährigen Opfern der Täter in jeweils 15% der Fälle ein Kind bzw. der Ehepartner des Opfers war, in 41% der Fälle ein Bekannter und in 18% eine dem Opfer fremde Person (S. 311). Sessar verweist darauf, dass ältere Menschen von vollendeten Raubmorden überproportional betroffen seien (S. 317). Dankwarth & Püschel (1991; vgl. auch Dankwarth, 1992) berichten über 55 Tötungsdelikte (davon 15 Versuche) an Personen ab 60 Jahren, die 1970-1990 von der Kriminalpolizei Essen bearbeitet soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 39 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten worden waren. Die männlichen Opfer waren durchschnittlich 69, die weiblichen 74 Jahre alt. Sech- zehn Männer wurden getötet, in neun Fällen blieb es beim Versuch; bei den Frauen war das Verhält- nis von Opfern vollendeter zu versuchten Tötungen mit 24:6 wesentlich ungünstiger. Eine Vielzahl von Tötungsmethoden kam zum Einsatz; am häufigsten (je 10 Fälle) waren stumpfe und scharfe Ge- walt (d.h. Erschlagen und Erstechen). Durch Strangulation wurden nahezu ausschließlich Frauen ge- tötet; in der Stichprobe fand sich kein Fall einer vollendeten Tötung durch eine Schusswaffe. Der Tatort war überwiegend (n=42 Fälle) die Wohnung des Opfers, in vier Fällen der Arbeitsplatz und in neun Fällen der öffentliche Raum. Zur Täter-Opfer-Beziehung stellen Dankwarth & Püschel (1991) fest, dass nur in 13 Fällen die Tatverdächtigen den Opfern fremd waren; häufig handelte es sich um Bekannte (n=12), Verwandte (n=11) sowie um Ehepartner einerseits und Nachbarn andererseits (je n=7). Täter bzw. Tatverdächtige waren zu mehr als 90% Männer. 18 von insgesamt 59 Tätern waren jünger als 21 Jahre. 28 Täter waren arbeitslos; in 24 Fällen ergaben sich Hinweise auf psychische Störungen (vor allem Alkohol- und Drogensucht). Schäfer (1989) berichtet, dass im Rahmen von 3.736 Obduktionen am Rechtsmedizinischen Institut der Universität Aachen im Zeitraum 1976-1985 in 183 Fällen Tötungsdelikte festgestellt wurden. 35 Opfer (18 Frauen, 17 Männer) waren 60 Jahre und älter; das Durchschnittsalter lag in dieser Gruppe bei 74 Jahren. Elf der älteren Opfer wurden von Schäfer als „schwer krank“ oder „hilflos“ eingestuft. Hinsichtlich des Tatgeschehens zeigen sich viele Übereinstimmungen mit der Studie von Dankwarth & Püschel (1991): Der Eintritt des Todes erfolgte am häufigsten durch stumpfe Gewalt (neun Fälle) bzw. Erwürgen / Erdrosseln (sechs Fälle). 30 der 35 Opfer wurden in ihren eigenen Wohnungen ge- tötet. Täter bzw. Tatverdächtige waren wiederum überwiegend männlich28. In 29 Fällen konnte die Täter-Opfer-Beziehung beschrieben werden: „In 14 Fällen bestand eine Ehe, eheähnliche Gemein- schaft oder ein Verwandtschaftsverhältnis; Nachbarschaft oder Bekanntschaft lagen neunmal vor und sechsmal waren sich Täter und Opfer vor der Tat fremd.“ (Schäfer, 1989, S. 71). Schäfer (1989) weist darauf hin, dass die Aufklärung von Tötungsdelikten an Älteren zum Teil durch fehlende Ver- dachtschöpfung und krankheitsbedingt erschwerte Nachweisbarkeit beeinträchtigt wurde. Er unter- scheidet zwei Typen von Tötungsdelikten an Älteren: zum einen „kriminogene Situationen und da- raus erwachsene Tötungshandlungen, die offensichtlich vom Alter unabhängig sind“ (S. 73), zum anderen „Fälle, bei denen die Tat unter Ausnutzung spezifischer, alterstypischer Merkmale began- gen wurde“ (S. 73). Dazu zählt Schäfer neben „altersbedingter Kraft-, Wehr- und Hilflosigkeit“ (S. 73) auch psychologische Faktoren wie etwa Ängstlichkeit sowie Lebensstilmerkmale (wie ein sozial isolierter Lebensstil). Schmidt, Müller, Dettmeyer & Madea (2000) berichten über eine Analyse von Tötungsdelikten an Personen ab 60 Jahren im Versorgungsgebiet des Bonner Instituts für Rechtsmedizin im Zeitraum 1989 bis 1998. Untersucht wurden 24 vollendete und sechs versuchte Tötungen, von denen 13 Män- ner und 17 Frauen als Opfer betroffen waren. Die Opfer wurden überwiegend durch direkte körperli- che Angriffe getötet, meist durch stumpfe Gewalt oder Halskompression; bei der Hälfte der Opfer fanden sich Abwehrverletzungen. Alle Getöteten litten an Vorerkrankungen, insbesondere des Herz- kreislaufsystems und der Atmungsorgane. Tatort war auch in dieser Studie überwiegend (67%) die Wohnung des Opfers. Die Täter bzw. Tatverdächtigen waren zu 85% männlich und hatten in 15% der Fälle selbst bereits das 60. Lebensjahr vollendet. Lediglich in 18% der untersuchten Fälle bestand keine prädeliktische Täter-Opfer-Beziehung. Als wesentliche motivationale Hintergründe nennen

28 Text und Tabelle widersprechen sich hinsichtlich der konkreten Zahlen etwas. 40 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

Schmidt et al. (2000) Bereicherungsabsicht (38%) und die gewaltförmige Eskalation familiärer Konflikte (17%). Die Untersuchungen von Block zu polizeilich registrierten Tötungsdelikten in Chicago (u.a. Block, 1987; Block & Block, 1992) verdeutlichen vor allem die Notwendigkeit einer differenzierten Analy- se von Opferwerdungsrisiken. So unterschieden etwa Block & Block (1992) zwischen expressiven und instrumentellen Tötungen und fanden, dass bei einem insgesamt relativ geringen Risiko älterer Menschen ältere Farbige ein erhöhtes Risiko hatten, Opfer eines instrumentell motivierten Tötungs- delikts zu werden. Block (1987) berichtet, dass Ältere neben Kleinkindern und Frauen stärker als an- dere Bevölkerungsgruppen Opfer von Tötungsdelikten im Zuge einer Brandstiftung wurden. Vor dem Hintergrund des Routine Activities-Ansatzes (Cohen & Felson, 1979)29 analysieren Nelsen & Huff-Corzine (1998) ursprünglich von Block erfasste polizeiliche Daten zu mehr als 8.000 Tö- tungsdelikten in Chicago in den Jahren 1968-1970 und 1975-1981. Im Sinne der genannten theoreti- schen Perspektive können insbesondere sozial isoliert lebende Ältere als in hohem Maße geeignete targets krimineller Aktivitäten ohne schützende guardians betrachtet werden. In 4.6% der unter- suchten Fälle waren die Opfer 65 Jahre und älter. Ältere Opfer wurden zu einem größeren Anteil als jüngere Opfer im Kontext von Eigentumsdelikten (Einbruch, Diebstahl, auch Raub) getötet; dies galt insbesondere für sozial zurückgezogen lebende Personen. 53% der Opfer ab 65 Jahren kamen in Zu- sammenhang mit Eigentumsdelikten ums Leben; diese Rate betrug in der Gruppe unter 65 Jahren le- diglich 16.2%. Unter jüngeren Opfern war relativ zu den Älteren der Anteil derjenigen erhöht, die im Kontext eines interpersonalen Konfliktes zu Tode kamen. Auch Kennedy & Silverman (1988; 1990) fanden in ihrer Analyse von Tötungsdelikten in Kanada im Zeitraum von 1961-1983 (n=9.642 Fälle) ein erhöhtes Risiko älterer Menschen, im Kontext eines Eigentumsdelikts in der eigenen Wohnung durch stumpfe Gewalteinwirkung getötet zu werden. De- likte dieser Art wurden vor allem durch jüngere und dem Opfer zuvor nicht bekannte männliche Täter verübt. Falzon & Davis (1998) berichten über eine aktenbasierte Untersuchung von 150 Tötungsdelikten an Personen ab 65 Jahren in Alabama im Zeitraum 1981-1995. In 50% der Fälle waren die Opfer durch Schusswaffen getötet worden, in 19% durch stumpfe Objekte, in 14% durch Messer. Ältere Opfer wurden damit auffällig häufig durch unmittelbare körperliche Gewalt getötet. Raub war das häufigs- te Motiv (37% aller Fälle) und die weitaus meisten Opfer (71%) wurden in ihren Wohnungen getötet. Klaus (2000) analysiert altersvergleichend Daten der Uniform Crime Reports (UCR) des FBI zu Morddelikten im Zeitraum 1992 bis 1997. Pro Jahr wurden in den USA rund 1000 Personen ab 65 Jahren Opfer eines Morddelikts (bei einer durchschnittlichen Gesamtzahl Älterer von 31.3 Millio- nen). Damit wurden im Untersuchungszeitraum etwa 3 von 100.000 Personen im Alter ab 65 Jahren ermordet; im Vergleich hierzu fielen 12-24-Jährige fünfmal häufiger und 25-49-Jährige dreimal häu- figer Morden zum Opfer. Auch in der Gruppe der 50-64-Jährigen ist das Viktimisierungsrisiko etwas höher als bei den 65-jährigen und Älteren. In allen Altersgruppen gab es weniger weibliche als männ- liche Mordopfer; der Frauenanteil betrug in der Altersgruppe 12-24 Jahre nur 15%, stieg in den bei- den folgenden Altersgruppen auf 23% bzw. 25% und erreichte bei den Älteren 44% (Klaus, 2000; S.

29 Dem Routine Activities-Ansatz zufolge hängt die Wahrscheinlichkeit eines Delikts vom Vorhandensein von motivierten Tätern (motivated offenders) und geeigneten Zielen (suitable targets) und dem Fehlen wirksamer Schutzvorrichtungen (capable guardians) ab. soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 41 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

32)30. Mindestens die Hälfte aller polizeilich registrierten Morde an älteren Menschen (50.1%) wurde von Personen aus dem sozialen Umfeld der Opfer begangen. Dabei handelte es sich etwa zu gleichen Teilen um Partner, Familien- und Haushaltsmitglieder einerseits (26.4% aller Mordfälle) sowie um andere dem Opfer bekannte Personen (23.7%; Klaus, 2000; S. 14f.). In 14.6% der Fälle war der Täter ein Fremder, in 35.3% enthalten die UCR-Daten keine Angaben zur Art der Täter-Opfer-Beziehung. In der großen Gruppe der 12-64-Jährigen beträgt der Anteil von Tätern, die dem Opfer bekannt wa- ren, 45.8%. Deutlich niedriger als bei Älteren liegt hier der Anteil von Morden durch Partner, Fami- lien- und Haushaltsmitglieder (13.5%), entsprechend höher der Anteil sonstiger dem Opfer bekann- ter Täter (32.3%). Während also jüngere wie ältere Mordopfer mindestens31 etwa zur Hälfte von be- kannten Personen getötet werden, sind darunter bei den Älteren ca. doppelt so häufig wie bei den Jüngeren Verwandte und enge Vertraute. Aus den UCR-Daten geht ferner hervor, dass unter den äl- teren Mordopfern der Anteil der mit einer Schusswaffe Getöteten (36%) beträchtlich geringer ist als in der Gruppe der 12-64-Jährigen (73%). Entsprechend häufiger waren unter den älteren Opfern Tö- tungen durch scharfe (22%) und stumpfe Objekte (13%) sowie durch andere Methoden wie Ersti- cken. Im Zeitverlauf weisen die von Klaus (2000) analysierten UCR-Daten auf ein sinkendes Vikti- misierungsrisiko für Ältere hin. Wurden im Jahre 1976 0.56 Ältere pro 100.000 dieser Gruppe Opfer eines Mordes, so war der Wert im Jahr 1997 auf 0.27 gesunken. Ein langfristiger Rückgang des Risi- kos zeigte sich auch bei den 50-64- und den 25-49-Jährigen, während in der Gruppe der 12-24-Jähri- gen zu Beginn der 90er Jahre Höchstwerte erreicht wurden und erst danach wieder ein Rückgang ein- setzte (Klaus, 2000, S. 7). Klaus & Rennison (2002) erweitern die Perspektive auf den Zeitraum zwischen 1976 und 2000. Sie zeigen, dass seit Mitte der 80er Jahre die Gruppe der 65-Jährigen und Älteren von allen Altersgrup- pen (ab 12 Jahren) das geringste Risiko hat32, einem Tötungsdelikt zum Opfer zu fallen. Zudem ist das Viktimisierungsrisiko der Älteren im untersuchten Zeitraum kontinuierlich gefallen und hat al- leine im Zeitraum 1991 bis 2000 um 51% abgenommen. Dieser Rückgang liegt in einer ähnlichen Größenordnung wie in allen anderen Altersgruppen; dort hatte es aber zuvor – insbesondere in den Altersgruppen 18-24 und 12-17 Jahre – starke Zuwächse gegeben. Die Arbeit von Weaver, Martin & Petee (2004) ist ein Beispiel für den Versuch einer Analyse von Bezügen zwischen Deliktsmerkmalen und sozialstrukturellen Variablen. Weaver et al. (2004) unter- suchen auf County-Ebene Zusammenhänge zwischen der Häufigkeit von Tötungsdelikten an Älte- ren und konservativ-protestantischen Orientierungen (denen von den Autoren eine besondere Beto- nung des Wertes des Respekts vor Älteren zugeschrieben wird). Die Arbeit kommt zu dem grund- sätzlichen Befund, dass der protestantische Konservatismus der Kultur der amerikanischen Südstaa- ten keinen besonderen Schutz Älterer vor Tötungsdelikten mit sich bringe. Die Analyse zeigte, dass Viktimisierungsrisiken Älterer gerade im Süden der USA und in Counties mit einem hohen Anteil von Personen, die sich zu einer konservativ-protestantischen Glaubengemeinschaft bekennen, er- höht sind.

30 Die Befunde sind auch vor dem Hintergrund eines – bedingt durch die geringere durchschnittliche Lebens- erwartung von Männern – im Alter zunehmenden Frauenanteiles an der Gesamtbevölkerung zu sehen. 31 Die Anteile als unbekannt klassifizierter Täter-Opfer-Beziehungen lassen vermuten, dass der tatsächliche Wert darüber liegt. 32 Zuvor waren die 12-27-Jährigen etwas weniger gefährdet. 42 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

Rennison (2001) analysiert Daten zu Tötungsdelikten in Partnerschaften aus den Supplemental Ho- micide Reports33 des FBI. Im Jahr 1999 wurden in den USA 1.218 Morde an Frauen durch ihre Intim- partner registriert. Das höchste Opferrisiko bestand dabei in der Altersgruppe 35-49 Jahre, während die Altersgruppe ab 50 Jahren unter den Erwachsenen die geringste Gefährdung aufwies (0.6 Opfer pro 100.000 Frauen). Von ihren Partnern getrennt lebende Frauen erwiesen sich als stärker durch Tö- tungsdelikte gefährdet als verheiratete (und mit dem Partner zusammen lebende), geschiedene oder ledige Frauen. Im Zeitraum 1993 bis 1999 gingen für Frauen aller Altersgruppen die Viktimisie- rungsrisiken zurück; allerdings war u.a. in der Altersgruppe ab 65 Jahren 1997-1999 wieder eine an- steigende Tendenz erkennbar. Shackelford, Buss & Peters (2000) untersuchten – ebenfalls auf der Grundlage der Supplemental Homicide Reports - 13.670 Fälle, in denen Frauen zwischen 1976 und 1994 von ihren Ehepartnern getötet wurden. Das Durchschnittsalter der Opfer lag bei 39.4 Jahren. Shackelford et al. berichten, dass Ehefrauen vor dem 20. Lebensjahr mit Abstand das höchste Vikti- misierungsrisiko hatten (> 60 jährliche Tötungsfälle pro eine Million Frauen). Dieses Risiko sinkt dann stark ab und erreicht in den Altersgruppen der 45-54-, 55-64- und 65-74-jährigen Frauen seinen Tiefststand (jeweils deutlich unter 10 Fälle p.a. und pro eine Million Frauen), steigt aber dann an und liegt in der höchsten Altersgruppe (85+) knapp unter 20 Fällen. Shackelford et al. mutmaßen, dass dieser Wert vor allem auf „mercy killings“ schwer kranker Frauen durch ihre Ehemänner zurückge- he. Chu & Kraus (2004) untersuchen anhand von Daten des National Incident-Based Reporting System (NIBRS) für die Jahre 1995 bis 1999 Tötungsdelikte (homicide) und schwere Körperverletzungsde- likte (aggravated assault) in verschiedenen Altersgruppen; die Analyse bezog 4.778 getötete Perso- nen und 389.457 Opfer von schweren Körperverletzungsdelikten ein. In beiden Deliktsbereichen waren vor allem Männer der Altersgruppe 15-39 betroffen. Jedoch stieg der Anteil der getöteten Op- fer mit dem Alter an (bis 14 Jahre: 0.9%; 15-39 Jahre: 1.0%; 40-64 Jahre: 1.8%) und erreichte in der Gruppe der 65-Jährigen und Älteren mit 7.3% den mit Abstand höchsten Wert. Insbesondere hatten Personen über 65 Jahre ein deutlich erhöhtes Risiko, in Folge eines Körperverletzungsdeliktes zu sterben, das mit einer Waffe oder einem anderen gefährlichen Werkzeug begangen wurde. Etwas ausführlicher soll eine Arbeit von Abrahamse (1999) dargestellt werden, der altersspezifische Viktimisierungsraten auf der Basis der Supplemental Homicide Reports (ca. 100.000 Fälle aus dem Zeitraum 1988-1992) untersuchte. Den Ergebnissen zufolge ist das Risiko, Opfer eines Tötungsde- likts zu werden, bei Geburt relativ hoch. Es sinkt dann bis zum 7. oder 8. Lebensjahr rasch auf den tiefsten Stand während der gesamten Lebensspanne ab, steigt anschließend steil an und erreicht Höchstwerte (ca. 18 Personen pro 100.000) zwischen dem 20. und dem 25. Lebensjahr. Das Viktimi- sierungsrisiko sinkt danach kontinuierlich bis etwa zum Alter von 75 Jahren – und beginnt dann wie- der zu steigen. Diese Risikoverläufe sind prinzipiell für Männer und Frauen ähnlich, wobei das Tö- tungsrisiko der Männer stets über dem der Frauen liegt. Anhand von Merkmalen wie Täter-Op- fer-Beziehung, Schusswaffengebrauch und Tatumstände / Tatmotive ordnete Abrahamse (1999) je- den der untersuchten Fälle einem von zehn Deliktsmustern zu; in einer darauf fußenden Betrachtung wird u.a. Folgendes deutlich:

33 Die Supplemental Homicide Reports ergänzen die Daten der Uniform Crime Reports in Bezug auf Tötungs- delikte. Sie enthalten u.a. Informationen zu Tatzeiten, Tatorten, Tatumständen, Tötungsarten, zur Tä- ter-Opfer-Beziehung sowie zu demographischen Merkmalen von Tätern und Opfern. soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 43 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

• In der am stärksten besetzten Kategorie „Tötung im Kontext von Streit / Auseinandersetzung“ gibt es ab ca. dem 20. Lebensjahr einen nahezu stetigen Rückgang des Viktimisierungsrisikos bis ins hohe Alter.34 • Das Risiko, im Zuge eines Raubes mit Schusswaffe getötet zu werden, nimmt bei Männern etwa ab dem 20. Lebensjahr kontinuierlich ab, steigt aber nach dem 85. Lebensjahr wieder merklich an. • In Bezug auf Fälle der Tötung im Zuge eines Raubes oder Diebstahlsdelikts ohne Schusswaffe fand Abrahamse (1999) bei beiden Geschlechtern einen stetigen Anstieg des Viktimisierungsrisi- kos mit dem Alter; bei den Hochaltrigen handelt es sich um die am stärksten besetzte Deliktskate- gorie überhaupt. Abrahamse (1999, S.174) führt die erhöhte Wahrscheinlichkeit, an einmal erlit- tenen Verletzungen zu sterben sowie die Möglichkeit einer gezielten Selektion gebrechlicher Op- fer durch die Täter als mögliche Ursachen an. • Das Risiko, Opfer eines Tötungsdelikts im Kontext einer Vergewaltigung zu werden, ist nach den Befunden von Abrahamse (1999, S. 172) lediglich für Frauen der Altersgruppe 15-25 vergleich- bar hoch wie für Frauen der Altersgruppe ab 80 Jahren; alle anderen Altersgruppen sind im Hin- blick auf dieses spezifische Deliktsmuster weniger gefährdet. • Tötungen durch Partner und Ex-Partner machen vor allem bei weiblichen Opfern einen großen Teil aller Fälle aus. Das Risiko nimmt bei Frauen ca. ab dem 30., bei Männern etwa ab dem 35. Le- bensjahr ab; bei Männern jenseits des 85. Lebensjahres weisen die von Abrahamse präsentierten Daten auf einen Anstieg des Risikos hin. Insgesamt machen die Befunde von Abrahamse (1999) deutlich, dass es nicht ausreicht, Kriminali- tätsopfer ab dem 60. Lebensjahr zu einer dann nicht weiter differenzierbaren Gruppe zusammenzu- fassen. Zumindest auf der Grundlage von US-Daten ist in Bezug auf Tötungsdelikte davon auszuge- hen, dass der Trend zu einer sich immer weiter reduzierenden Gefährdung bei Hochaltrigen gebro- chen wird und dass es darüber hinaus bestimmte Erscheinungsformen von Tötungsdelikten gibt – Abrahamse nennt hier vor allem die nicht mittels Schusswaffe begangene Tötung im Zuge eines Eigentumsdelikts –, von denen alte Menschen in besonderem Maße betroffen sind. Ähnlich hatten zuvor Fox & Levin (1991) die Supplemental Homicide Reports der Jahre 1976-1985 analysiert. Auch sie fanden, dass das Viktimisierungsrisiko nach dem 75. Lebensjahr wieder an- steigt. Insbesondere stellten sie fest, dass Menschen jenseits des 65. Lebensjahres ein deutlich höhe- res Risiko als Jüngere haben, im Verlauf eines Raubdeliktes zu Tode zu kommen. Auf 1.000 Raube kamen in der Altersgruppe 12-64 Jahre 1.45 tödliche Ausgänge, bei den 65-Jährigen und Älteren hin- gegen 4.87. Obwohl die Älteren seltener Raubopfer wurden als Jüngere, ergab sich dadurch insge- samt ein höheres Risiko, Opfer eines Raubes mit tödlichem Ausgang zu werden (0.97 jährliche To- desopfer pro 100.000 Jüngere, 1.31 Todesopfer pro 100.000 Ältere). Fox & Levin (1991) fanden, dass Ältere relativ seltner durch Schusswaffen und häufiger durch rohe physische Gewalt zu Tode kommen. Ohrui, He, Tomita & Sasaki (2005) analysierten Berichte einer großen japanischen Tageszeitung („Asahi Shinbun“) zu Tötungen Pflegebedürftiger der Altersgruppe ab 40 Jahren durch überlastete Pflegepersonen, mit denen die Opfer in einem Haushalt lebten. Für den Zeitraum 1997-2003 identifi- zierten sie 130 einschlägige Fälle. Die Täter waren durchschnittlich 66.3, die Opfer 72.5 Jahre alt. 57% der Opfer waren demenzkrank, 40% in Folge von Schlaganfällen bettlägerig. Jeweils etwa die

34 Dieser Kategorie wurden offenbar vor allem Tötungsdelikte an Männern zugeordnet; vgl. Abrahamse (1999, S. 172). 44 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

Hälfte der Taten wurde von Ehepartnern und von Söhnen / Töchtern begangen. Als weitaus häufigste Tötungsmethode nennen Ohrui et al. (2005, S.554) die Strangulation des Opfers (68%). Die Autoren heben die ungenügende Berücksichtigung von Demenzerkrankungen in der im Jahr 2000 eingeführten japanischen Pflegeversicherung als einen möglicherweise tatbegünstigenden Umstand hervor. Akaza et al. (2003) untersuchten 15 tödliche elder abuse-Fälle in der japanischen Präfektur Gifu zwi- schen 1990 und 2000. Es handelte sich dabei um zehn weibliche und fünf männliche Opfer im Alter von 66 bis 87 Jahre; durchschnittlich waren die Getöteten 74.5 Jahre alt. 13 der 15 Opfer wurden physisch und fünf psychisch misshandelt, vier vernachlässigt und drei finanziell ausgebeutet; in acht Fällen waren die Opfer von mehr als einem Deliktstypus betroffen. Die Todesursachen standen in Verbindung mit diesen Viktimisierungsformen; bei physischer Misshandlung lagen meist innere Blutungen vor, insbesondere Einblutungen in die Gehirnhäute; bei Vernachlässigung waren Verhun- gern oder Speisebreiaspirationen festzustellen. Die Tötungen erfolgten fast ausschließlich durch Per- sonen aus dem familiären Umfeld der Opfer und hier insbesondere durch Söhne (7 Fälle). Gerade die Tötungen durch Söhne waren dadurch gekennzeichnet, dass die Täter über ein geringes oder gar kein Einkommen verfügten, alkoholkrank waren oder an schwerwiegenden psychischen Erkrankungen litten. Die Opfer von Vernachlässigung waren demenzkrank bzw. wiesen starke Einschränkungen im Bereich alltäglicher Aktivitäten auf und lebten sozial isoliert. Einige amerikanische Studien befassen sich mit Fällen kombinierter Fremd- und Selbsttötung bei äl- teren Paaren35. Cohen, Llorente & Eisdorfer (1998) fanden anhand einer Fallstichprobe (n=171) aus Florida, dass die Inzidenz derartiger Tötungen in 5 der 7 untersuchten Jahre in der Altersgruppe ab 55 Jahre höher lag als bei Jüngeren. Die Täter waren nahezu ausschließlich Männer. Cohen et al. be- schreiben zwei Fallgruppen, von denen die eine durch hohes Alter und schlechten Gesundheitszu- stand der betroffenen Personen sowie durch Depression und Alkoholmissbrauch auf Seiten der Täter gekennzeichnet ist, die andere durch einen großen Altersunterschied zwischen den Partnern, eine konflikthafte Partnerschaft, Gewalt und Trennungen. Malphurs, Eisdorfer & Cohen (2001) vergli- chen ältere (55+) Männer, die zunächst ihre Partnerin und dann sich getötet hatten (n=27) mit alters- gleichen Suizidanten (n=26). Relativ zu letzteren zeichneten erstere sich dadurch aus, dass sie häufig Pflegeverantwortung übernommen hatten und insgesamt in besserer gesundheitlicher Verfassung waren; Depression war in beiden Gruppen weit verbreitet. In einer weiteren Vergleichsstudie zwi- schen Selbsttötungen und kombinierten Fremd-Selbsttötungen arbeiteten Malphurs & Cohen (2005) vorangegangene häusliche Gewalt als einen bedeutsamen Faktor beim Zustandekommen von homicide–suicides heraus. Vor allem die Arbeiten von Maisch (1996; 1997) und Beine (1998; 1999; vgl. auch Brodgen, 2001; Eisenberg, 1997) weisen auf vielfach lange Zeit unentdeckt gebliebene Fälle der Tötung kranker und pflegebedürftiger Menschen in Krankenhäusern und Langzeitpflegeeinrichtungen hin. Käferstein, Madea & Sticht (1996) beschreiben den Fall einer im Raum Köln ambulant tätigen Altenpflegerin, die wegen der Tötung von fünf Frauen sowie eines Mannes im Alter von 80 bis 88 Jahren nach § 211 StGB verurteilt wurde.36 Karger, Lorin De La Grandmaison, Bajanowski & Brinkmann (2004) be-

35 Einen Fall von Tötung mit anschließendem Suizid analysieren auch Bungardt, Ogbuihi, Groß & Rittner (2003). 36 Lediglich in einem dieser Fälle entstand frühzeitig ein Vergiftungsverdacht, so dass bald nach dem Tod ei- ne Obduktion durchgeführt wurde, wobei eine Vergiftung nachgewiesen werden konnte. In allen anderen Fällen war zunächst ein „natürlicher Tod“ bescheinigt worden. soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 45 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten richten über Ergebnisse von 155 aufeinander folgenden forensischen Exhumierungen am Rechtsme- dizinischen Institut der Universität Münster im Zeitraum 1967-2001. In 57 Fällen wurden bedeutsa- me Abweichungen von der ärztlich bescheinigten Todesursache festgestellt. Dabei handelte es sich in 25 Fällen um Tötungsdelikte, darunter Vergiftungen, Einwirkung stumpfer Gewalt sowie eine Se- rientötung von 15 Patienten eines Krankenhauses durch Luftinjektion in die peripheren Venen. Soos (1999; 2000) weist auf die besondere Gefahr unentdeckter Tötungsdelikte bei älteren Menschen hin. Soos (2000) präsentiert 50 Fälle von Tötungsdelikten an Menschen ab 65 Jahren, die zunächst als na- türliche Tode bzw. Unfälle klassifiziert worden waren. Er ordnet die Fälle fünf motivationalen Kon- stellationen zu: Befreiung von pflegerischer Überlastung, Bereicherung, Hass / Abneigung gegen- über Alten, Rache und Gerontophilie (d.h. sexuell motivierte Delikte). Soos kritisiert die sinkende Zahl von Obduktionen als eine Randbedingung der Fehlklassifikation von Tötungsdelikten bei Älte- ren. Er schlägt die Bildung multiprofessionell besetzter „fatality review committees“37 vor, denen u.a. Pathologen, Toxikologen, Geriatriepfleger, Geriater, Ernährungsfachleute mit geriatrischer Ausrichtung, forensische Psychiater, einschlägig erfahrene Polizeibeamte und Staatsanwälte ange- hören sollen (Soos, 1999).38 Zusammenfassend ergibt sich aus den vorliegenden Studien das Bild eines insgesamt im Alter gerin- gen Tötungsrisikos, zugleich möglicherweise aber eines Anstiegs bei Hochaltrigen. In dem seltenen Deliktsbereich der Raubmorde erscheinen ältere Menschen vergleichsweise stark gefährdet; ein rela- tiv zu Jüngeren höheres Tötungsrisiko besteht möglicherweise im Kontext von Körperverletzungs- delikten. Die vorliegenden Studien weisen darauf hin, dass vorsätzliche Tötungsdelikte an Älteren vorwiegend in der Wohnung des Opfers von männlichen, den Opfern meist bekannten Tätern began- gen werden. Die Anwendung stumpfer Gewalt sowie Erwürgen, Erdrosseln und Ersticken spielen dabei als Tötungsformen eine Rolle; Schusswaffengebrauch kommt seltener als bei jüngeren Opfern vor. Gesundheitliche Einschränkungen und soziale Isolation erscheinen als Faktoren, welche die Vulnerabilität einer Person erhöhen. Als besondere Fallgruppen im Hinblick auf Tötungsdelikte an älteren Menschen erscheinen Tötungen gesundheitlich beeinträchtigter älterer Frauen durch ihre Partner (mit anschließendem Suizid des Partners), Tötungen Pflegebedürftiger durch überlastete Angehörige sowie – zum Teil lange unentdeckt bleibende – serienhafte Tötungen in Heimen und Kliniken, durch Pflegekräfte und Ärzte.

37 Der US-Bundesstaat Maine hat im Jahr 2003 (im Rahmen eines Modellprogramms) das Maine Elder Death Analysis Review Team (MEDART) ins Leben gerufen. Die multiprofessionell und institutionenübergrei- fend besetzte Arbeitsgruppe soll Todesfälle sowie Fälle, in denen alte Menschen und vulnerable Erwachse- ne schwerwiegende Verletzungen erlitten, daraufhin überprüfen, ob Tod bzw. Verletzung auf Misshand- lung oder Vernachlässigung zurückzuführen sind (vgl. Office of the Maine Attorney General, 2004). 38 Auch rechtsmedizinische Befunde aus Deutschland weisen auf ein Dunkelfeld im Bereich der Tötungsde- likte hin. Brinkmann et al. (1997; vgl. auch Brinkmann, 1997) berichten, dass unter rund 13.000 Sektions- fällen an 23 deutschen rechtsmedizinischen Instituten 10 Fälle von Tötungsdelikten entdeckt wurden, bei denen zunächst eine natürliche Todesursache bescheinigt worden war. Unter 717 Fällen mit dem Vermerk einer unklaren Todesursache waren 35 Tötungsdelikte. Drei weitere Tötungsdelikte wurden von den Rechtsmedizinern in einer Gruppe von 29 Fällen entdeckt, bei denen eine Exhumierung angeordnet worden war. Brinkmann et al. (1997) schätzen aufgrund dieser Befunde, dass pro Jahr in Deutschland bei minde- stens 1.200 Tötungsdelikten fälschlich eine natürliche Todesursache festgestellt wird und in weiteren 100 Fällen von Tötungsdelikten die Todesursache als „ungeklärt“ eingestuft wird. Vgl. zu der Thematik auch Scheib (2002). 46 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

4 Zusammenfassung und Diskussion Die Untersuchung hat gezeigt, dass ältere Menschen – wie in den weitaus meisten Kriminalitätsfel- dern - auch im Bereich der polizeilich registrierten Tötungsdelikte weniger gefährdet sind als jüngere Erwachsene. Zwei Ausnahmen verdienen Erwähnung. Bei von der Polizei als Morde in Zusammen- hang mit Raubdelikten klassifizierten Fällen weisen ältere Menschen – und hier vor allem die Män- ner – von allen Altersgruppen das höchste Viktimisierungsrisiko auf. Auch als Opfer fahrlässiger Tö- tungen werden Ältere häufiger kriminalstatistisch erfasst als Jüngere. In diesem Deliktsbereich ist vor allem das Viktimisierungsrisiko der älteren Frauen erhöht. Explorative Analysen von Fallberich- ten deuten darauf hin, dass fahrlässige Tötung oft im Kontext von Krankenhäusern und stationären Altenpflegeeinrichtungen angenommen wird. Polizeilich-kriminalstatistische Daten zu Tötungsdelikten zeigen ferner insofern Auffälligkeiten, als der Anteil von Opfern vollendeter Delikte an allen Opfern in der Altersgruppe ab 60 Jahren deutlich und kontinuierlich größer ist als bei Jüngeren. Mehrere einander ergänzende Faktoren kommen für die Erklärung dieses Phänomens in Betracht; insbesondere können einerseits erhöhte körperliche Verletzbarkeit und geringere Verteidigungsfähigkeit eine Rolle spielen, andererseits der Umstand, dass Ältere weniger in Kontexten agieren, in denen typischerweise polizeilicherseits versuchte Tötungsdelikte registriert werden. Vorliegende Erkenntnisse zur Phänomenologie behördlich registrierter Tötungsdelikte an Älteren zeigen, dass vorsätzliche Tötungen zu einem hohen Anteil im – räumlich wie interpersonal verstan- denen – Nahraum lokalisiert sind. Die Täter sind ganz überwiegend männlich. Zur Tötung werden selten (jedenfalls seltener als bei jüngeren Opfern) Schusswaffen eingesetzt; vielmehr wird der Tod durch Erschlagen, Erstechen oder Ersticken herbeigeführt. Neben Beziehungsdelikten sind bei Älte- ren vor allem Raubtaten und Einbruchsdelikte von Bedeutung, in deren Verlauf es zur Tötung des Opfers kommt. Nicht zuletzt die Untersuchung von Abrahamse (1999) macht deutlich, dass es inner- halb der großen Gruppe der Tötungsdelikte einer differenzierenden (und über strafrechtliche Tatbestände hinausgehenden) Betrachtung nach Deliktsmustern bedarf. Mehrere Studien auf der Basis der US-amerikanischen Supplemental Homicide Reports weisen fer- ner darauf hin, dass der aufgrund deutscher PKS-Daten zu vermutende Rückgang des Tötungsrisikos mit dem Alter sich jedenfalls in den USA nicht ins hohe Alter hinein fortsetzt, dass vielmehr – nach- dem das Risiko seit dem frühen Erwachsenenalter kontinuierlich gesunken ist – im Verlauf der ach- ten Lebensdekade die Wahrscheinlichkeit wächst, einem polizeilich registrierten Tötungsdelikt zum Opfer zu fallen. Sollte dies auch in Deutschland der Fall sein, so würde dieser Umstand bislang durch die Aufteilung der Opfer auf breite Alterskategorien (21-59 Jahre vs. 60 Jahre und mehr) in der Poli- zeilichen Kriminalstatistik verdeckt. Immer wieder wird auch die Frage aufgeworfen, ob es im Hinblick auf alte und sehr alte Menschen möglicherweise ein spezifisches Problem des Nicht-Erkennens nicht natürlicher oder unfallbeding- ter Todesfälle und des resultierenden Verbleibens von Tötungsdelikten im Dunkelfeld gibt. In den letzten Jahren häufen sich Publikationen (u.a. Beine, 1998; 1999; Heinemann & Püschel, 1996; Kar- ger et al., 2004; Maisch, 1996; 1997; Pounder, 2003; Rückert, 2000; Schlesinger, 2001; Smith, 2002), in denen darauf hingewiesen wird, dass eine beträchtliche Zahl von Tötungsdelikten für im- mer oder zumindest für längere Zeit unerkannt und unentdeckt bleiben. Gerade auch vor dem Hinter- grund einer in Deutschland im internationalen Vergleich geringen und zudem sinkenden soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 47 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

Obduktionsrate39 gewinnen derartige Erkenntnisse an Bedeutung. Konzentrierte sich das Interesse der Forschung zeitweilig vor allem auf möglicherweise unentdeckte (und als Fälle von Sudden Infant Death Syndrome fehldiagnostizierte) Tötungen von Säuglingen und Kleinkindern, so sind spätestens seit dem Shipman-Fall40 in Großbritannien auch ältere Menschen als potenzielle Opfer unerkannter Tötungsdelikte in den Blickpunkt gerückt. Angesichts des Umstandes, dass immer wieder Fälle se- rienhafter Tötungen alter, schwerkranker und pflegebedürftiger Menschen aufgedeckt werden, die sich u.a. durch hohe Opferzahlen und durch einen vergleichsweise langen Tatzeitraum auszeichnen, erscheint die Hypothese jedenfalls nicht abwegig, dass Hochaltrige und Pflegebedürftige möglicher- weise in stärkerem Maße als andere Gruppen Opfer von Tötungsdelikten werden, die in der Polizeili- chen Kriminalstatistik keinen Niederschlag finden. Für die Annahme, dass Dunkelfeldanteile bei älteren Opfern von Tötungsdelikten eine spezifische Struktur haben können, können über solche Beobachtungen hinaus vor allem folgende Argumente ins Feld geführt werden: 1. Häuslichkeit und Privatheit nehmen im Leben älterer Menschen insgesamt einen größeren Stel- lenwert ein als bei jungen Menschen. Dies ist im Hinblick auf Viktimisierungsrisiken insofern von Bedeutung, als Tatgelegenheitsstrukturen, Täter-Opfer-Beziehungen, Deliktsmuster und Möglichkeiten der Tatentdeckung und Tatverdeckung sich zwischen dem öffentlichen Raum und der privat-häuslichen Sphäre unterscheiden (vgl. dazu auch die Ergebnisse der KFN-Opfer- befragung 1992; Wetzels, Greve, Mecklenburg, Bilsky & Pfeiffer, 1995). Nahraumdelikte wer- den per definitionem im privaten Raum, „hinter verschlossenen Türen“ begangen und sind damit den Blicken der Öffentlichkeit entzogen. 2. Ein erhöhtes Morbiditätsniveau im Alter und entsprechende Erwartungen einer erhöhten Morbi- dität und Mortalität bringen die Gefahr mit sich, dass gewaltförmige Viktimisierungen und ins- besondere Tötungen als solche nicht erkannt, sondern vor dem Hintergrund tatsächlichen oder vermeintlichen Krankheitsgeschehens interpretiert werden. Rechtsmedizinische Studien weisen darauf hin, dass Tötungsdelikte zu beträchtlichen Anteilen zunächst oder für immer unentdeckt bleiben. Es erscheint plausibel, dass dies vor allem dann der Fall ist, wenn der Tod ohnehin er- wartet wurde oder sein Eintritt jedenfalls nicht als ein außergewöhnliches und in besonderem Maße erklärungsbedürftiges Ereignis aufgefasst wird (bzw. wenn das soziale Umfeld des Getö- teten ein Interesse daran hat, den Todesfall als natürlich erscheinen zu lassen). Der Umstand, dass immer wieder serienhafte Tötungsdelikte an älteren Menschen bekannt werden, bei denen zwischen dem ersten Delikt und der Materialisierung eines Verdachts in polizeilichen und justi-

39 Nach Brinkmann, Du Chesne & Vennemann (2002) ist in der Bundesrepublik Deutschland der Anteil kli- nisch-pathologischer Obduktionen an allen Todesfällen zwischen 1994 und 1999 von 4% auf 3% gesunken, der der forensischen Obduktionen bei 2% geblieben. Im internationalen Vergleich seien diese Raten sehr gering. Ein im Jahr 2004 in Angriff genommenes forensisches Sektionsregister, in dem „alle nichtnatürli- chen und forensisch relevanten natürlichen Todesfälle dokumentiert“ werden sollen (Bratzke, Parzeller & Köster, 2004, S. A1259), zielt u.a. darauf ab, langfristig die Chancen einer korrekten Klassifikation nicht-natürlicher Todesfälle zu verbessern. 40 Der wegen fünfzehnfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilte Arzt Harold Shipman soll nach den Er- kenntnissen einer Untersuchungskommission zwischen 1975 und 1998 insgesamt 215 Patientinnen und Pa- tienten durch Giftinjektionen (meist Opiate) getötet haben. Bei den Opfern handelte es sich mehrheitlich um alleinlebende ältere Frauen. Shipman erhängte sich im Januar 2004 in der Haft. 48 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

ziellen Ermittlungen große Zeiträume liegen, weist auf die Möglichkeit hin, dass gerade im Hin- blick auf diese Altersgruppe Gewalteinwirkungen fehlgedeutet werden.41 3. In der Gruppe der Hochaltrigen treten im Vergleich zu jüngeren Altersgruppen Merkmale (ge- sundheitliche Beeinträchtigungen, insbesondere demenzielle Erkrankungen, Einschränkungen der Kommunikationsfähigkeit und der Mobilität, soziale Isolation) vermehrt und verstärkt auf, welche erstens die Vulnerabilität (im Sinne von Angreifbarkeit sowie von Anfälligkeit für schwerwiegende Viktimisierungsfolgen) der Person vergrößern, zweitens die Wahrscheinlich- keit reduzieren, dass es zur Tatentdeckung und zu Strafverfolgungsmaßnahmen kommt und drit- tens - dies ist in Bezug auf versuchte Tötungsdelikte bedeutsam - die Chance beträchtlich ver- mindern, dass die Person im Rahmen einer Opferbefragung erreicht wird und dort über ihre Vik- timisierung berichtet. Tötungsdelikte an älteren Menschen stellen in einem mehrfachen Sinne eine besondere Herausforde- rung für die viktimologische Forschung dar: • Tötungsdelikte insgesamt haben insofern einen „viktimologischen Sonderstatus“, als die für die Forschung in Frage kommenden Datenquellen sich von denen bei nicht-tödlichen Delikten unter- scheiden. Opferbefragungen scheiden in Bezug auf vollendete Delikte kategorisch aus; auch breit gestreute Täter- und Informantenbefragungen sind angesichts der Schwere und damit auch im Dunkelfeld zu erwartenden Seltenheit der Deliktskategorie wenig aussichtsreich. • Hochaltrige Kriminalitäts- und Gewaltopfer stellen in Bezug auf jeden Deliktsbereich eine beson- dere Herausforderung dar, da im Alter der Anteil derjenigen wächst, die sich gegen eine Viktimi- sierung nicht zur Wehr setzen und weder den Strafverfolgungsbehörden noch einem Wissen- schaftler über ihre Erfahrungen berichten können; die ca. 1 Million Demenzkranken in der Bun- desrepublik können als Prototyp dieser Problemkonstellation betrachtet werden. • Schließlich finden Tötungsdelikte an Hochaltrigen und Pflegebedürftigen unter den Randbedin- gungen statt, dass der Tod dieser Personen vielfach als „natürlicher Fortgang der Dinge“ erwartet wird und gerade angesichts der in Deutschland niedrigen Obduktionsquote bei hochaltrigen Men- schen die Wahrscheinlichkeit zunimmt, dass Tötungsdelikte nicht erkannt, sondern als natürlicher Tod diagnostiziert werden. Weiterführende Analysen von Tötungsrisiken im höheren und hohen Alter machen multidisziplinäre Forschungszugänge und vor allem die Zusammenarbeit von Sozialwissenschaftlern und Medizinern erforderlich. Benötigt werden dabei polizeiliche Daten, die differenzierte Risikoanalysen erlauben. Zentral, im Hinblick auf die Polizeiliche Kriminalstatistik sind vor allem stärker altersdifferenzierte Opferdaten (sowohl für Personen ab dem 60. Lebensjahr als auch für die Altersgruppe 21-59 Jahre) sowie die Möglichkeit, im Hinblick auf Kriminalitätsopfer erhobene Daten (Alter, Geschlecht, Na- tionalität, Beziehung zum Tatverdächtigen etc.) miteinander sowie mit Tat- und Tatverdächtigen- merkmalen zu verknüpfen.

41 Der Shipman-Fall mit einem Begehungszeitraum von nahezu einem Vierteljahrhundert (1975-1998) mag hier als drastisches Beispiel dienen. soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 49 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

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Zu dem Autor Thomas Görgen, Dr. phil., Dipl.-Psych. Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e.V. Lützerodestr. 9, 30161 Hannover, 54 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

Anhang

Tabelle A-1: Weibliche Opfer von Morddelikten 1993-2004 (Polizeiliche Kriminalstatistik; PKS-Schlüsselzahl 0100)

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 Opfer 60 J. und älter Opfer gesamt 86 57 80 89 68 55 60 66 64 66 71 69 Opfer Versuch 21 8 28 33 21 16 16 22 17 24 18 22 Opfer vollendeter Del. 65 49 52 56 47 39 44 44 47 42 53 47 Versuchsanteil % 24,42% 14,04% 35,00% 37,08% 30,88% 29,09% 26,67% 33,33% 26,56% 36,36% 25,35% 31,88% Opfer pro 100.000 0,841 0,557 0,775 0,852 0,643 0,513 0,551 0,595 0,565 0,573 0,613 0,592 der Altersgruppe Opfer vollend. Delikte 0,635 0,479 0,504 0,536 0,445 0,364 0,404 0,396 0,415 0,365 0,458 0,403 pro 100.000 Opfer 21-59 J. Opfer gesamt 387 385 386 383 335 283 294 308 268 259 288 262 Opfer Versuch 183 185 193 178 140 142 132 164 136 134 134 138 Opfer vollendeter Del. 204 200 193 205 195 141 162 144 132 125 154 124 Versuchsanteil % 47,29% 48,05% 50,00% 46,48% 41,79% 50,18% 44,90% 53,25% 50,75% 51,74% 46,53% 52,67% Opfer pro 100.000 der 1,720 1,700 1,707 1,698 1,492 1,268 1,327 1,400 1,227 1,189 1,320 1,201 Altersgruppe Opfer vollend. Delikte 0,906 0,883 0,854 0,909 0,868 0,632 0,731 0,655 0,604 0,574 0,706 0,568 pro 100.000 Opfer 18-20 J. Opfer gesamt 29 30 21 30 20 20 28 28 25 23 20 11 Opfer Versuch 11 10 11 16 14 7 11 13 17 16 14 5 Opfer vollendeter Del. 18 20 10 14 6 13 17 15 8766 Versuchsanteil % 37,93% 33,33% 52,38% 53,33% 70,00% 35,00% 39,29% 46,43% 68,00% 69,57% 70,00% 45,45% Opfer pro 100.000 der 2,245 2,425 1,698 2,394 1,562 1,541 2,099 2,047 1,792 1,656 1,451 0,805 Altersgruppe Opfer vollend. Delikte 1,394 1,617 0,809 1,117 0,469 1,002 1,275 1,097 0,573 0,504 0,435 0,439 pro 100.000 Opfer 14-17 J. Opfer gesamt 25 13 27 33 17 25 18 16 7 24 28 11 Opfer Versuch 7 7 15 20 9 12 12 3 1 14 18 8 Opfer vollendeter Del. 18 6 12 13 8 13 6 13 6 10 10 3 Versuchsanteil % 28,00% 53,85% 55,56% 60,61% 52,94% 48,00% 66,67% 18,75% 14,29% 58,33% 64,29% 72,73% Opfer pro 100.000 der 1,556 0,789 1,592 1,896 0,956 1,392 1,011 0,902 0,393 1,327 1,515 0,588 Altersgruppe Opfer vollend. Delikte 1,120 0,364 0,707 0,747 0,450 0,724 0,337 0,733 0,337 0,553 0,541 0,160 pro 100.000 Opfer bis 13 J. Opfer gesamt 47 74 35 58 34 42 30 41 38 37 34 39 Opfer Versuch 24 32 17 23 21 18 14 19 15 19 8 15 Opfer vollendeter Del. 23 42 18 35 13 24 16 22 23 18 26 24 Versuchsanteil % 51,06% 43,24% 48,57% 39,66% 61,76% 42,86% 46,67% 46,34% 39,47% 51,35% 23,53% 38,46% Opfer pro 100.000 der 0,778 1,221 0,581 0,967 0,570 0,707 0,510 0,702 0,659 0,652 0,611 0,714 Altersgruppe Opfer vollend. Delikte 0,381 0,693 0,299 0,583 0,218 0,404 0,272 0,377 0,399 0,317 0,467 0,440 pro 100.000 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 55 Ältere Menschen als Opfer von Tötungsdelikten

Tabelle A-2: Männliche Opfer von Morddelikten 1993–2004 (Polizeiliche Kriminalstatistik; PKS-Schlüsselzahl 0100)

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 Opfer 60 J. und älter Opfer gesamt 69 61 84 79 62 48 68 49 52 68 49 67 Opfer Versuch 21 22 28 32 29 20 32 24 20 21 21 34 Opfer vollendeter Del. 48 39 56 47 33 28 36 25 32 47 28 33 Versuchsanteil % 30,43% 36,07% 33,33% 40,51% 46,77% 41,67% 47,06% 48,98% 38,46% 30,88% 42,86% 50,75% Opfer pro 100.000 der 1,101 0,959 1,282 1,168 0,888 0,665 0,909 0,630 0,643 0,814 0,575 0,772 Altersgruppe Opfer vollend. Delikte 0,766 0,613 0,855 0,695 0,472 0,388 0,481 0,321 0,396 0,562 0,329 0,380 pro 100.000 Opfer 21-59 J. Opfer gesamt 719 647 661 665 539 473 516 508 457 434 376 383 Opfer Versuch 443 395 394 373 295 264 312 317 281 261 254 246 Opfer vollendeter Del. 276 252 267 292 244 209 204 191 176 173 122 137 Versuchsanteil % 61,61% 61,05% 59,61% 56,09% 54,73% 55,81% 60,47% 62,40% 61,49% 60,14% 67,55% 64,23% Opfer pro 100.000 der 3,046 2,728 2,796 2,821 2,299 2,034 2,239 2,223 2,017 1,923 1,667 1,700 Altersgruppe Opfer vollend. Delikte 1,169 1,062 1,129 1,239 1,041 0,899 0,885 0,836 0,777 0,767 0,541 0,608 pro 100.000 Opfer 18-20 J. Opfer gesamt 38 42 30 43 21 28 30 40 25 26 16 12 Opfer Versuch 23 29 18 22 10 20 23 31 20 21 13 10 Opfer vollendeter Del. 15 13 12 21 11 879553 2 Versuchsanteil % 60,53% 69,05% 60,00% 51,16% 47,62% 71,43% 76,67% 77,50% 80,00% 80,77% 81,25% 83,33% Opfer pro 100.000 der 2,787 3,215 2,302 3,252 1,557 2,051 2,141 2,793 1,715 1,790 1,108 0,840 Altersgruppe Opfer vollend. Delikte 1,100 0,995 0,921 1,588 0,816 0,586 0,500 0,628 0,343 0,344 0,208 0,140 pro 100.000 Opfer 14-17 J. Opfer gesamt 19 12 15 22 19 12 9 14 18 12 10 21 Opfer Versuch 7 8 10 11 13 10 4 10 13 10 6 12 Opfer vollendeter Del. 12 4 5 11 6 254524 9 Versuchsanteil % 36,84% 66,67% 66,67% 50,00% 68,42% 83,33% 44,44% 71,43% 72,22% 83,33% 60,00% 57,14% Opfer pro 100.000 der 1,114 0,688 0,836 1,197 1,011 0,633 0,479 0,747 0,959 0,628 0,512 1,063 Altersgruppe Opfer vollend. Delikte 0,704 0,229 0,279 0,598 0,319 0,106 0,266 0,214 0,266 0,105 0,205 0,456 pro 100.000 Opfer bis 13 J. Opfer gesamt 46 75 55 39 33 37 32 38 42 40 29 32 Opfer Versuch 26 38 25 13 13 16 8 8 16 20 13 18 id14829954 Opfer 20 37 30 26 20 21 24 30 26 20 16 14 vollendeter Del. Versuchsanteil % 56,52% 50,67% 45,45% 33,33% 39,39% 43,24% 25,00% 21,05% 38,10% 50,00% 44,83% 56,25% Opfer pro 100.000 der 0,723 1,174 0,866 0,617 0,524 0,591 0,516 0,617 0,691 0,668 0,494 0,557 Altersgruppe Opfer vollend. Delikte 0,314 0,579 0,472 0,411 0,318 0,335 0,387 0,487 0,428 0,334 0,273 0,243 pro 100.000 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 57 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

[1-F] Alber, Jan; Brandenstein, Martin; Albrecht, Hans-Jörg, Prof.Dr.; Dürr, Thomas; Fludernik, Monika, Prof.Dr.; Gander, Hans-Helmuth, Prof.Dr.; Krenberger, Verena; Lederer, Thomas; Özsöz, Figen; Olson, Greta, Dr. (Bearbeitung); Fludernik, Monika, Prof.Dr.; Albrecht, Hans-Jörg, Prof.Dr.; Gander, Hans-Helmuth, Prof.Dr. (Leitung): Recht, Norm, Kriminalisierung

INHALT: Das literaturwissenschaftliche Projekt thematisiert einerseits die diskursive Stigmatisie- rung von Personengruppen, die in Folge der Übertretung von Rechtsnormen ausgegrenzt werden (Kriminalisierung); andererseits befasst es sich mit der Erfahrung dieser Stigmatisie- rung, die häufig zu einer neuen Identitätskonstitution führt, und in erster Linie mit dem Ort der Ausgrenzung, dem Gefängnis, assoziiert ist. Literarisch werden diese Prozesse in Zu- schreibungsdiskursen, Metaphern und imagologischen Entwürfen bzw. Strategien der Sympa- thiewerbung oder Sympathielenkung greifbar. Ziele des Projekts sind: die Beschreibung und Analyse diskursiver Ausgrenzungspraktiken sowie der Markierung sozialer Identität in litera- rischen und nichtliterarischen Gattungen der englischen Literatur (Roman, Drama, Film, Journalismus, Autobiographie, Hagiographie, kriminologischer Fachdiskurs), soweit sie den 'Verbrecher' charakterisieren; die Analyse literarischer Topoi, von Metaphorik und visueller Darstellung (auch im Film), soweit diese die diskursiven Ausgrenzungen ergänzen bzw. kon- terkarieren; die historische Analyse dieser Stilmittel am Beispiel ausgewählter Genre von der Spätrenaissance bis zur Moderne, inklusive Filmanalysen, da der Film im 20. Jahrhundert die wichtigste Quelle für Alltagsvorstellungen von Gefängnisrealität ist; die Untersuchung des Einflusses der Tiermetaphorik auf den Wissenschaftsdiskurs, besonders der positivistischen Kriminologie. Schließlich will das Projekt die theoretischen Positionen Foucaults und des New Historicism bezüglich des Verhältnisses von Macht und Diskurs entscheidend modifi- zieren. ZEITRAUM: Mittelalter bis 20. Jahrhundert GEOGRAPHISCHER RAUM: Deutsch- land, Großbritannien, USA VERÖFFENTLICHUNGEN: Fludernik, Monika: Prison metaphors - the carceral imaginary? in: Fludernik, Monika; Olson, Greta (eds.): In the grip of the law: trials, prisons and the space be- tween. Frankfurt am Main: P. Lang 2004, pp. 145-168. ISBN 3-631-52455-2. ISBN 0-8204- 6592-5.+++Alber, Jan: Bodies behind bars: the disciplining of the prisoner's body in British and American prison movies. in: Fludernik, Monika; Olson, Greta (eds.): In the grip of the law: trials, prisons and the space between. Frankfurt am Main: P. Lang 2004, pp. 241-270. ISBN 3-631-52455-2. ISBN 0-8204-6592-5.+++Olson, Greta: Law as thought pattern and or- dering principle in Shakespeare's trial scenes. in: Fludernik, Monika; Olson, Greta (eds.): In the grip of the law: trials, prisons and the space between. Frankfurt am Main: P. Lang 2004, pp. 43-64. ISBN 3-631-52455-2. ISBN 0-8204-6592-5.+++Albrecht, Hans-Jörg; Serassis, Telemach; Kania, Harald (eds.): Images of crime II: representations of crime and the criminal in politics, society, the media, and the arts. Schriftenreihe des Max-Planck-Instituts für aus- ländisches und internationales Strafrecht, Reihe K: Kriminologische Forschungsberichte, Bd. K 113. Freiburg im Br.: Edition iuscrim 2001. ISBN 3-86113-042-4.+++ Fludernik, Monika: Fiction versus reality: what is the function of prisons in literary texts? in: Albrecht, Hans- Jörg; Serassis, Telemach; Kania, Harald (eds.): Images of crime II: representations of crime and the criminal in politics, society, the media, and the arts. Schriftenreihe des Max-Planck- Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht, Reihe K: Kriminologische For- schungsberichte, Bd. K 113. Freiburg im Br.: Edition iuscrim 2001, S. 279-298. ISBN 3- 58 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

86113-042-4.+++Dies.: Carceral topography: spatiality, liminality and corporality in the liter- ary prison. in: Textual Practice, 13, 1999, 1, pp. 43-77. ISSN 0950-236X.+++ Dies.: The prison as world - the world as prison: theoretical and historical aspects of two recurrent To- poi. in: Symbolism - an international journal of critical aesthetics, Vol 3, pp. 145-189. ISSN 1528-3623. ISBN 0-404-63563-6. ART: Eigenprojekt; gefördert BEGINN: 2004-04 ENDE: 2006-04 AUFTRAGGEBER: nein FI- NANZIERER: Deutsche Forschungsgemeinschaft INSTITUTION: Universität Freiburg, Philosophische Fakultät, Philosophisches Seminar (Werthmannplatz 3, 79085 Freiburg im Breisgau); Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht (Günterstalstr. 73, 79100 Freiburg im Breisgau); Universität Frei- burg, Philologische Fakultät, Englisches Seminar (79085 Freiburg im Breisgau) KONTAKT: Lohman, Luise (Tel. 0761-2033310)

[2-L] Amrhein-Hofmann, Christine: Monismus und Dualismus in den Völkerrechtslehren, (Rechtsfragen der Globalisierung, 7), Berlin: Duncker & Humblot 2003, 367 S., ISBN: 3-428-10832-9

INHALT: Die Rechtsordnung wird zwar in erster Linie, aber nicht nur von einzelstaatlichem Recht bestimmt. Allerdings lassen sich auch aus dem europäischen Recht oder dem Völker- recht Rechte und Pflichten sowohl für die Einzelstaaten als auch für Individuen ableiten. Die Autorin stellt im Hauptteil ihrer Studie zwei gegensätzliche rechtsdogmatische Herangehens- weisen an dieses Problem vor: den Monismus, der das Völkerrecht und das innerstaatliche Recht als eine einheitliche Rechtsordnung auffasst und den Dualismus, der beide als getrennte Rechtskreise ansieht. Die jeweiligen Ansätze haben Konsequenzen für den innerstaatlichen Vollzug von Völkerrechtsnormen. Nach der Lehre des Dualismus ist ein innerstaatlicher Transformations- beziehungsweise Vollzugsakt nötig, um Völkerrechtsnormen Geltung zu verschaffen. Nach der Lehre des Monismus haben Völkerrechtsnormen unmittelbare inner- staatliche Geltung, sofern sie höherem nationalen Recht nicht widersprechen. Wie ein Staat konkret seine Beziehungen zum Völkerrecht ordnet, zeigt die Autorin dann abschließend am Beispiel der Bundesrepublik Deutschland. Sie stellt fest, dass sogar das Verfassungsgericht sowohl monistische als auch dualistische Grundkonzeptionen vertritt. Der 'Gegensatz zwi- schen Monismus und Dualismus (besteht) nicht nur in den Völkerrechtslehren, sondern auch innerhalb der Staatenpraxis weiter (...)' (346). (ZPol, VS)

[3-L] Anger, Thorsten: Islam in der Schule: rechtliche Wirkungen der Religionsfreiheit und der Gewissensfreiheit sowie des Staatskirchenrechts im öffentlichen Schulwesen, (Münsterische Beiträge zur Rechts- wissenschaft, 152), Berlin: Duncker & Humblot 2003, 446 S., ISBN: 3-428-11288-1

INHALT: Der zunehmende Anteil von Muslimen in der Bundesrepublik stellt auch das tradierte, historisch wesentlich auf die christlichen Kirchen bezogene Staatskirchenrecht vor neue Prob- leme. Anger entwickelt in der Auseinandersetzung mit verfassungsrechtlicher Literatur sowie Urteilen des Bundesverfassungsgerichts eine differenzierte juristische Definition des Schutz- bereiches sowie der Schranken der grundgesetzlich garantierten Religionsfreiheit. Dabei be- zieht er von vornherein mögliche neuartige Regelungsbereiche und Konflikte ein, die sich durch 'den Islam' ergeben. Angers Ergebnis ist liberal: 'Keinesfalls rechtfertigt die Präsenz soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 59 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

des Islam (...) eine restriktive Interpretation der Grundrechtsgarantie, die weder eine Stütze in der Verfassung findet noch sich mit einem Verfassungswandel begründen lässt.' (149). Im zweiten Teil wendet Anger seine rechtliche Definition auf verschiedene Konfliktbereiche an, wobei er auch die Erfahrungen Frankreichs vergleichend heranzieht. Zunächst diskutiert er verschiedene aus dem religiös motivierten Verhalten der Schülerinnen und Schüler, respekti- ve der entsprechenden elterlichen Vorstellungen resultierende Konflikte. Hierbei geht es um Bekleidungsvorschriften, Unterrichtsbefreiung vom Sportunterricht sowie die Teilnahme am Sexualkundeunterricht. Als zweite wichtige Frage nimmt der Autor das Tragen religiös moti- vierter Kleidung durch Lehrerinnen in den Blick, wobei er zu dem eindeutigen Ergebnis kommt, dass 'das Kopftuchtragen einer muslimischen Lehrerin keine dienstlichen Pflichten (verletzt).' (299). Abschließend diskutiert der Autor die Bedingungen für die Einführung eines islamischen Religionsunterrichts. (ZPol, VS)

[4-F] Antoine, Jörg (Bearbeitung): Aktive Sterbehilfe in der Grundrechtsordnung

INHALT: Die Arbeit hat die Beurteilung der "aktiven" Sterbehilfe aus verfassungsrechtlicher Sicht zum Gegenstand. Die einschlägigen Argumente werden verfassungsrechtlich, das heißt grundrechtlich eingefangen und systematisch verarbeitet. Fundierend auf einer kommunikati- ven Interpretation der Menschenwürde soll aus der Autonomieperspektive des Art. 1 I GG ei- ne konsistente Interpretation des Lebensrechts (Art. 2 II GG) jenseits der Alternative von Hei- ligkeit des Lebens versus Interessenschutz vorgestellt werden. Eingehend behandelt werden auch bislang wenig erörterte Fallkonstellationen der aktiven Sterbehilfe: Patientenverfügung, Früheuthanasie, aktive Sterbehilfe bei Kindern und "Hirntoten". Letztlich besitzt der Gesetz- geber bei der Pönalisierung wie bei der Legalisierung der aktiven Sterbehilfe einen Einschät- zungs-, Gestaltungs- und Abwägungsspielraum, um den Konflikt zwischen seiner Verpflich- tung zum effektiven Lebensschutz und dem Recht auf bioethische Selbstbestimmung über das eigene Leben und Sterben (Art. 2 II 1 GG i.V.m. Art. 1 I GG) aufzulösen. Strikt einzuhalten- de Grenzen und die hohen Anforderungen an den gesetzgeberischen Lebensschutz werden aufgezeigt. VERÖFFENTLICHUNGEN: Antoine, Jörg: Aktive Sterbehilfe in der Grundrechtsordnung. Schriften zum Öffentlichen Recht (SÖR), Bd. 966. Zugl. Diss. Humboldt-Univ. Berlin 2002. Berlin: Duncker & Humblot 2004, 479 S. ISBN 3-428-11179-6. ART: Dissertation; gefördert AUFTRAGGEBER: nein FINANZIERER: Deutsche Forschungsge- meinschaft INSTITUTION: Antoine, J. (Brandenstinstr. 55, 30519 Hannover) KONTAKT: Bearbeiter (Tel. 0511-8485870, e-mail: [email protected])

[5-L] Arndt, Claus: Amt und Mandat: ausgewählte Reden und Schriften. Bd. 5, Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges. 2004, 133 S., ISBN: 3-8329-0551-0

INHALT: Arndt war als Jurist in der Hamburgischen Senatsverwaltung tätig und lehrte Staats- recht, außerdem gehörte er viele Jahre dem Bundestag an. Der fünfte Band seiner Reden und Schriften versammelt Texte zu den Themenkreisen Grund- und Menschenrechte sowie Ver- fassungsfragen. Dabei werden zum Teil eher allgemeine Darstellungen und Positionen entwi- 60 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

ckelt, zum Teil setzt sich der Autor mit Einzelthemen auseinander, wie etwa der Freigabe von Stasi-Akten Prominenter anlässlich der Klage von Altbundeskanzler Helmut Kohl oder der Frage, ob Frauen in der Bundeswehr Dienst mit der Waffe leisten dürfen. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt auf der Diskussion juristischer Aspekte. Einige Beiträge richten sich an Fachleute, andere eher an ein breites Publikum. Aus dem Inhaltsverzeichnis: I. Grund- und Menschenrechte Ein Schriftsteller als Menschenrechtler (1983); Menschenrechte und Politik (o. J.); Zum Abhörurteil des Bundesverfassungsgerichts (2000); Stasi-Unterlagen Prominen- ter (2001); Aktives Zuhören (2001); Le regime juridique des interceptions de securite a la lu- miere de l'experience allemande (2001); II. Verfassungsfragen Auszug aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht am 19.04.1994 in Karls- ruhe (1996); Das Zuwanderungsgesetz im Bundesrat (2002); Frauen und Bundeswehr (2000); Waffeneinsatz von Frauen in der Bundeswehr (2000); Gesetzgebung in Deutschland 2003 (2003); Richterauswahl für die Obersten Bundesgerichte (2002); Bürger, schützt Eure Verfas- sung! (2001); Die Bedeutung eines eigenständigen Justizministeriums (1999); Heller und die Volkssouveränität und die repräsentative Demokratie (1986). (ZPol, VS)

[6-L] Bader, Peter: Das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt: neues im Kündigungsschutzgesetz und im Befris- tungsrecht, in: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht : Zweiwochenschrift für die betriebliche Praxis, Jg. 21/2004, Nr. 2, S. 65-76 (Standort: UB Bonn(5)-Z 86/58; UuStB Köln(38)-FHM XF 00406; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: "Am 1.1. 2004 sind wichtige Änderungen im Kündigungsschutzgesetz und im Teilzeit und Befristungsgesetz in Kraft getreten. Es handelt sich dabei um einen Teilbereich der A- genda 2010, die nach den Vorstellungen der Regierungskoalition zur Belebung des Arbeits- marktes beitragen soll. Zum Teil erscheinen nun Regelungen wieder, die es von Oktober 1996 bis Ende 1998 schon gab, zum Teil werden neue Wege beschritten. Der nachstehende Beitrag gibt einen Überblick über die Neuregelungen und die wesentlichen Probleme, die sich bei der Anwendung des neuen Rechts ergeben." (Autorenreferat)

[7-L] Baeck, Ulrich; Lösler, Annette: Neue Entwicklungen im Arbeitszeitrecht, in: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht : Zweiwochen- schrift für die betriebliche Praxis, Jg. 22/2005, H. 5, S. 247-250 (Standort: UB Bonn(5)-Z 86/58; UuStB Köln(38)-FHM XF 00406; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: "Der Beitrag setzt sich mit dem Arbeitszeitbegriff und den derzeit aktuellen Fragen, insbesondere zum Bereitschaftsdienst auseinander. Er untersucht die Auswirkungen der ge- planten Änderungen in der EG-Arbeitszeitrichtlinie auf den Arbeitszeitbegriff." (Autorenrefe- rat)

[8-L] Baer, Susanne: Geschlecht und Recht - zur rechtspolitischen Steuerung der Geschlechterverhältnisse, in: Michael Meuser, Claudia Neusüß (Hrsg.): Gender Mainstreaming : Konzepte - Handlungsfelder - Instrumente, 2004, S. 71-83, ISBN: 3-89331-508-X (Standort: UB Essen(465)-OGX42431; Graue Literatur) soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 61 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

INHALT: "Die Geschichte, die Veränderungen und vor allem das Steuerungspotenzial von Recht- sprechungen in Bezug auf Gleichstellung stehen hier im Mittelpunkt. Die Autorin betont, dass sich im deutschen Recht das Ziel, Geschlechterverhältnisse gerechter zu gestalten und ge- schlechtsbezogene Diskriminierung zu beenden, vielfach ausgestaltet findet. Welche Wirkung hat Recht auf Geschlechterverhältnisse? Was kann Recht dazu beitragen, im Kontext der 'Strategie des Gender Mainstreaming Geschlechterverhältnisse gleichstellungsorientiert zu prägen?'. Wird die Wirkung von Recht betrachtet, zeige sich unter anderem, dass Gleichstel- lungspolitik - trotz langjähriger Nutzung juristischer Mittel - nur eingeschränkt erfolgreich sei. Zentral ist dabei die Aussage der Autorin, dass die in Deutschland bestehenden Gleich- stellungsdefizite weniger auf fehlendes Recht als auf 'mangelnde Rechtsdurchsetzung' zu- rückzuführen sind. Eben hier sieht sie die besondere Chance für den Ansatz des Gender Mainstreaming. Juristische Akteure können sensibilisiert und in Richtung eines entsprechen- den 'Rechtsbewusstseins' qualifiziert werden. Es gelte, rechtliche Grundlagen zu verbessern, die noch keine Gleichstellungsorientierung beinhalten, vor allem aber, bestehendes Gleich- stellungsrecht umzusetzen." (Textauszug)

[9-L] Bauer, Thomas K.; Bender, Stefan; Bonin, Holger: Arbeitsmarkt-Reformen: Betriebe reagieren kaum auf Änderungen beim Kündigungsschutz, (IAB Kurzbericht, 15/2004), Nürnberg 2004, 4 S.; 285 KB (Graue Literatur; URL: http://doku.iab.de/kurzber/2004/kb1504.pdf)

INHALT: "Im Focus der Debatte um den Kündigungsschutz stehen oft die vermuteten Beschäfti- gungseffekte: Die einen befürchten Arbeitsplatzabbau, die anderen erwarten positive Wir- kungen. In den letzten Jahren hat es sowohl eine Lockerung (1996) als auch eine Verschär- fung (1999) des Kündigungsschutzes gegeben. So konnten diese Thesen anhand der Wirk- lichkeit überprüft werden. Eine empirische Analyse des betrieblichen Einstellungsverhaltens jeweils vor und nach der Gesetzesänderung bestätigt bisherige Untersuchungen auf der ge- samtwirtschaftlichen Ebene. Die Variation der Schwellenwerte im deutschen Kündigungs- schutzrecht hat weder die Zahl der Einstellungen noch die Zahl der Kündigungen messbar verändert. Deshalb ist ein signifikanter Einfluss auf das Beschäftigungsniveau bzw. die Ar- beitslosigkeit ebenfalls auszuschließen. Die Ausgestaltung des Kündigungsschutzes ist für den Arbeitsmarkt trotzdem nicht irrelevant: Sie beeinflusst möglicherweise die Struktur der Beschäftigung ebenso wie die Flexibilität der Betriebe. Das Beschäftigungsargument ist aber - trotz Arbeitsmarktkrise - nicht stichhaltig." (Autorenreferat)

[10-L] Behrens, Walther; Schliemann, Harald; Thüsing, Gregor; Wank, Rolf; Eichenhofer, Eber- hard; Gay, Vivienne; Robertson, Sally; Friant, Martine le: Umsetzung der europäischen Antidiskriminierungsrichtlinien im Arbeits- und Sozialrecht: die deutsche, französische, englische und internationale Sicht, in: Neue Zeitschrift für Arbeits- recht : Zweiwochenschrift für die betriebliche Praxis, Jg. 21/2004, Sonderbeilage 22, S. 1-59 (Standort: UB Bonn(5)-Z 86/58; UuStB Köln(38)-FHM XF 00406; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: Der Beitrag dokumentiert die Vorträge, die auf einer Tagung der Arbeitsgruppe EIAS - Europäisches und Internationales Arbeits- und Sozialrecht im Deutschen Arbeitsgerichtsver- band e.V. - die sich mit der Umsetzung der Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2002/ 62 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

73/EG zur Änderung der Gleichbehandlungsrichtlinie befasste, am 11. u. 12.11.2004 in Ham- burg gehalten wurden. Vertreter aus Wissenschaft, Rechtsprechung und Praxis untersuchen die kontrovers diskutierten europäischen Antidiskriminierungsrichtlinien auf ihren Inhalt und ihre Umsetzung hin. Zunächst wird der Inhalt der Richtlinien unter Berücksichtigung seiner US-amerikanischen Wurzeln sowie des angelsächsischen Rechts vorgestellt. Es folgen Kom- mentare der Pläne zur Umsetzung der Richtlinien in das deutsche Arbeitsrecht und zu den Rechtsfolgen der Richtlinien für das deutsche Sozialrecht. Anschließend werden die Auswir- kungen der Richtlinien auf das englische Arbeits- und Sozialrecht behandelt. Abschließend erfolgt ein Bericht über die zum Teil erfolgte Umsetzung der Antidiskriminierungsrichtlinien in nationales französisches Recht und die auf dieser Basis ergangene Rechtsprechung. Inhalt- lich werden folgende Probleme behandelt: Überkreuzdiskriminierung, Eingriff in die Ver- tragsfreiheit und Privatrechtssphäre, Änderung des Schuldrechts durch etwaige sanktionsbe- wehrte, verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung, die Beeinflussung grundgesetzge- schützter Selbstbestimmung von Religionsgemeinschaften sowie die Überlagerung und Ver- einheitlichung national unterschiedlichen Kündigungsrechts durch einen europarechtlich sanktionierten Einstellungszwang. (IAB)

[11-L] Bellmann, Lutz: Einstellungshemmnis Kündigungsschutz?, in: Arbeit und Beruf : Fachzeitschrift für die Aufga- ben der Bundesanstalt für Arbeit, Jg. 55/2004, H. 10, S. 300 (Standort: UuStB Köln(38)-Mhaa 01386; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: In der Debatte um den Kündigungsschutz in Deutschland geht es im Kern darum, ob die Absicht des Gesetzgebers, soziale Härten bei Kündigungen zu vermeiden, sich nicht ins Gegenteil verkehrt und zum Einstellungshemmnis für Angehörige bestimmter Personengrup- pen, wie ältere Arbeitnehmer, wird. Unternehmen stellen bei temporären Auftragsspitzen neue Beschäftigte ein, wenn sie nicht befürchten müssen, diese bei einer ungünstigen Ent- wicklung der Absatzlage nicht wieder entlassen zu können. Kündigungsschutzregeln werden oftmals unterlaufen, indem Beschäftigungsverhältnisse befristet oder Leiharbeiter eingestellt werden. Insofern ist es fraglich, ob bei weniger Kündigungsschutz in einer Aufschwungphase das Beschäftigungsniveau schneller steigt. Allerdings werden Befristungen und Leiharbeit ei- ne geringere Bedeutung erlangen. In konjunkturell schwächeren Zeiten werden aber auch Entlassungen schneller vorgenommen, was zu einer Verringerung der betrieblichen Fluktua- tion führt. Viele Arbeitsmarktexperten betrachten das geltende Kündigungsschutzrecht jedoch als problematisch, da einer Kündigung im Regelfall ein arbeitsgerichtliches Verfahren folgt, welches mit Kosten und Unsicherheiten hauptsächlich für die Betriebe verbunden ist: 'Das deutsche Kündigungsschutzsystem ist zu einem einzigen Abfindungsbasar verkommen.' Ge- gen diese Auffassung spricht jedoch, dass ein Einfluss des Kündigungsschutzes auf das Ein- stellungsverhalten von Betrieben durch empirische Studien nicht nachgewiesen werden konn- te. (IAB)

[12-L] Blum, Peter: Wege zu besserer Gesetzgebung - sachverständige Beratung, Begründung, Folgeabschätzung und Wirkungskontrolle, (Verhandlungen des Fünfundsechzigsten Deutschen Juristentages : Gut- achten, Bd. 1), München: Beck 2004, 159 S., ISBN: 3-406-52252-1 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 63 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

INHALT: Blum, Mitglied des dreiköpfigen Kollegiums des Gesetzgebungs- und Beratungsdiens- tes beim niedersächsischen Landtag, untersucht, mit welchen Verfahrensschritten bezie- hungsweise Beratungseinrichtungen sich die Qualität von Gesetzen verbessern ließe. Die Qualität eines Gesetzes bestimmt sich nach drei verschiedenen Zielen: Aus juristischer Sicht stehen Sachangemessenheit, Widerspruchsfreiheit sowie Erforderlichkeit im Vordergrund; aus der Perspektive der demokratischen Legitimation ist 'nur ein solches Gesetz ('gut'), das vom Parlament selbst glaubwürdig, in einer für die Bevölkerung erfahrbaren Form, geistig er- fasst und gebilligt worden ist - jedenfalls in seinen wesentlichen Zügen' (15). Dazu tritt als 'rationales Qualitätsmerkmal', dass ein Gesetz geeignet ist, 'den regelungsbedürftigen Sach- verhalt möglichst schnell zu regeln und damit aus dem gesellschaftlichen Streit zu bekom- men' (17). Die einerseits verfassungsrechtliche, aber auch von umfangreicher Erfahrung mit dem Alltag parlamentarischen Entscheidens gesättigte Analyse und Diskussion verschiedener Vorschläge zeigt, dass formalisierte, in Recht gegossene Verfahrensvorschriften häufig nicht geeignet sind, die gewünschte Qualitätsverbesserung im Gesetzgebungsverfahren zu errei- chen. So haben weder auf Regierungsseite eingeführte Gesetzgebungsstandards noch das aus- führlich vorgestellte Institut der 'Gesetzesfolgenabschätzung', das in Niedersachsen für die Regierung verbindlich gemacht wurde, wesentliche Auswirkungen auf die Gesetzgebung ge- habt, sondern eher zu Umgehungsstrategien wie einem höheren Anteil von Gesetzentwürfen der Mehrheitsfraktionen geführt. Wesentliche Empfehlungen des Autors sind ein nach briti- schem Vorbild gestaltetes, bei der Regierung angesiedeltes 'Parliamentary Counsel Office', das im Wechselspiel mit der Fachbürokratie die Gesetzentwürfe der Regierung ausarbeitet, sowie auf Parlamentsseite ein Gesetzgebungs- und Beratungsdienst nach niedersächsischem Vorbild. Darüber hinaus hält er eine - jedoch nicht mit scharfen Sanktionen bewehrte - Pflicht, Gesetzentwürfe mit einer Mindestbegründung zu versehen sowie die Formulierung von 'Bürgerkommentaren', d. h. Erläuterungen, die den Gesetzesinhalt auch dem nicht juris- tisch gebildeten Bürger verständlich machen, für sinnvoll. (ZPol, VS)

[13-L] Böllinger, Lorenz: Die ewige Wiederkehr des Biologismus: über das Verhältnis von Wissenschaft und Interes- sen am Beispiel des Cannabis-Konsums, in: Kriminologisches Journal, Jg. 37/2005, H. 1, S. 23- 38 (Standort: UuStB Köln(38)-XF146; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: Immer wieder verursacht die massenmediale Bekanntgabe von scheinbar unwiderleg- baren naturwissenschaftlichen Studienergebnissen über die Schädlichkeit von Drogen neue Wellen von Drogenfurcht, welche von der Politik regelmäßig im Sinne einer Verschärfung repressiver Drogenpolitik aufgenommen werden. Am Beispiel einer genaueren Durchsicht zweier solcher "Kampagnen" betreffend Cannabis und MDMA ("Ecstasy") wird gezeigt, dass die Untersuchungsergebnisse über angeblich neurobiologisch nachzuweisende Hirnschäden die in den Medien verbreiteten Gefahrenszenarios nicht wirklich tragen. Sie werden vielmehr in vereinfachender und dramatisierender Realitätsverzerrung für drogenpolitische Zwecke in- strumentalisiert. Selbst wenn man die Ergebnisse als wahr voraussetzen würde, müssten dar- aus rationale Schlussfolgerungen gezogen werden, welche dem kontraproduktiven Straf- rechtsparadigma widersprechen. Abschließend werden Hypothesen und Konzepte vorgestellt, wie die Empfänglichkeit von Öffentlichkeit und manchen Naturwissenschaftlern für biologis- tische Drogenmythen psychoanalytisch verstanden werden kann. (ICI2)

64 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

[14-L] Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (Urheber): Bürokratieabbau im Arbeitsrecht: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Rainer Brüderle u.a. und der Fraktion der FDP - Drucksache 15/4570, in: Verhandlungen des Deutschen Bundestages / Drucksachen, 2004, Dr. 15/4602, 5 S.; 85 KB (Standort: UuStB Köln(38)-LS R932; Kopie über den Literaturdienst erhältlich; URL: http://dip.bundestag.de/btd/15/046/1504602.pdf)

INHALT: Die Anfrage bezieht sich auf einen Entwurf zum 'Gesetz zur Umsetzung von Vorschlä- gen zur Bürokratieabbau und Deregulierung aus den Regionen und zur Änderung wohnungs- rechtlicher Vorschriften' und kritisiert, dass insbesondere kleine und mittlere Unternehmen durch das geltende Arbeitsrecht mit hohen Kosten und unüberschaubaren bürokratischen Vorschriften konfrontiert würden. Die einzelnen Fragen beziehen sich auf die Beseitigung bü- rokratischer Hemmnisse, die Entbürokratisierung der Regelungen zum Arbeitsschutz, die Schaffung eines einheitlichen Arbeitsgesetzbuches, die Vereinheitlichung der Schwellenwerte im Arbeitsrecht sowie zu Fragen des Kündigungsschutzes sowie zu Ersteinstellungsgebot und Kettenarbeitsverträgen. In der Antwort wird unter anderem darauf hingewiesen, dass mit den Reformen im Rahmen der Agenda 2010 bereits notwendige Änderungen im Arbeitsrecht (Kündigungsschutzrecht, Regelungen über befristete Arbeitsverträge) durchgeführt wurden und damit die Förderung von Neueinstellungen initiiert worden sei. (IAB)

[15-L] Bundesregierung (Urheber): Aktueller Stand der Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Max Stadler, Ernst Burgbacher, Gisela Piltz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP - Drucksache 15/3774, in: Verhandlungen des Deutschen Bundestages / Drucksachen, 2004, Dr. 15/3896, 3 S.; 72 KB (Standort: UuStB Köln(38)-LS R932; Kopie über den Literaturdienst erhältlich; URL: http://dip.bundestag.de/btd/15/038/1503896.pdf)

INHALT: Bei dem Erlass von Rechtverordnungen zum neuen Zuwanderungsgesetz aus dem Jahr 2004 handelt es sich im Wesentlichen um Regelungen zur Durchführung des Zuwanderungs- gesetzes, zur Aufnahme von Beschäftigungen im Rahmen des gesetzlichen Anwerbestopps, sowie zur Ausgestaltung und Durchführung der Integrationskurse. Die Bundesregierung ist aufgefordert, die erforderlichen Verordnungsentwürfe auszugestalten und in das Verfahren zu geben, das für einige Verordnungen die Zustimmung des Bundesrates vorsieht. Eine zeitnahe Umsetzung der Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen ist notwendig, um sicher- zustellen, dass die Verordnungen am 1. Januar 2005 zum Vollzug des Zuwanderungsgesetzes rechtzeitig anwendbar sind. Es wird nach dem aktuellen Stand (Oktober 2004) der Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes gefragt, und ob mit Konflikten zwischen Bund und Ländern zu rechnen ist, die eine Umsetzung des Gesetzes blockieren können. In ihrer Antwort stellt die Bundesregierung eine reibungslose Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes in Aussicht. (IAB)

[16-L] Clark, Andrew; Postel-Vinay, Fabien: Job security and job protection, (Discussion Paper / Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit GmbH, No. 1489), Bonn 2005, 47 S.; 521 KB (Graue Literatur; URL: ftp://ftp.iza.org/dps/dp1489.pdf) soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 65 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

INHALT: "We construct indicators of the perception of job security for various types of jobs in 12 European countries using individual data from the European Community Household Panel (ECHP). We then consider the relation between reported job security and OECD summary measures of Employment Protection Legislation (EPL) strictness on one hand, and Unem- ployment Insurance Benefit (UIB) generosity on the other. We find that, after controlling for selection into job types, workers feel most secure in permanent public sector jobs, least secure in temporary jobs, with permanent private sector jobs occupying an intermediate position. We also find that perceived job security in both permanent private and temporary jobs is posi- tively correlated with UIB generosity, while the relationship with EPL strictness is negative: workers feel less secure in countries where jobs are more protected. These correlations are absent for permanent public jobs, suggesting that such jobs are perceived to be by and large insulated from labor market fluctuations." (author's abstract)

[17-F] Dammann, Klaus, Prof.Dr. (Bearbeitung): Juristische Risiken

INHALT: Im Rahmen der Risikosoziologie (vor allem Niklas Luhmanns) wird die Produktion und Nutzung von Unsicherheit im juristischen Entscheiden untersucht. ZEITRAUM: 1975- 2002 GEOGRAPHISCHER RAUM: Deutschland METHODE: theoretisch: Moderne Kommunikationstheorie aus dem, was meistens "Moderne Systemtheorie" oder "System-/ Umwelttheorie" (nach Niklas Luhmann) genannt wird; me- thodisch: Mehr-Fallstudie im Rahmen einer Repliktationslogik (analytische Generalisierung) vgl. Rober K. Yin, Case Study Research. DATENGEWINNUNG: Inhaltsanalyse, standardi- siert; Aktenanalyse, standardisiert (Mehr-/ Fallstudien -Replikationslogik- Yin). Feldarbeit durch Mitarbeiter/-innen des Projekts. VERÖFFENTLICHUNGEN: Dammann, Klaus: Vollzugsdefizite oder Vollzugsfehler? Juristi- sche Risiken bei Umweltschutz- und Technikkonflikten. in: Hiller, Petra; Krücken, Georg (Hg.): Risiko und Regulierung. Soziologische Beiträge zu Technikkontrolle und präventiver Umweltpolitik. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1997, S. 39-69. ART: Eigenprojekt; gefördert BEGINN: 1994-01 ENDE: 2004-12 AUFTRAGGEBER: nein FI- NANZIERER: Institution; private Förderer INSTITUTION: Universität Bielefeld, Fak. für Soziologie, WE V Arbeit und Organisation Lehr- stuhl Öffentliche Verwaltung (Postfach 100131, 33501 Bielefeld) KONTAKT: Bearbeiter (Tel. 0521-106-3985, e-mail: [email protected])

[18-L] Däubler-Gmelin, Herta; Mohr, Irina (Hrsg.): Recht schafft Zukunft: Perspektiven der Rechtspolitik in einer globalisierten Welt ; Doku- mentation des Rechtspolitischen Kongresses 2002 in Karlsruhe, Berlin: J. H. W. Dietz Nachf. 2003, 279 S., ISBN: 3-8012-0335-2

INHALT: Der hier dokumentierte rechtspolitische Kongress hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die aktuelle Debatte um die Internationalisierung des Rechts aufzugreifen und in einen breite- ren gesellschaftspolitischen Kontext zu stellen. Die insgesamt 28, zum Teil relativ kurzen Beiträge spiegeln die Bandbreite der damit angesprochenen Herausforderungen und Frage- stellungen wider und reichen von grundsätzlichen Analysen bis zu konkreten Empfehlungen für die Praxis. Aus dem Inhaltsverzeichnis: Baber Johansen: Offenbarte Normen, staatliche 66 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

Gesetze und globales Recht. Das juristische Erbe des Islams in der Moderne (30-51); Antonio Vitorino: EU-Rechtspolitik als globales Modell? (62-70); Ingolf Pernice: Welche Verfassung braucht Europa? (100-111); Jürgen Jekewitz: Europäischer Rechtsstaat - Eurojust und Euro- pol. Wer kontrolliert und sichert die Rechte der Bürger? (151-160); Jürgen Meyer: Menschen- rechte und Internationaler Strafgerichtshof (167-176); Bernd Holznagel: Gleiche Chancen beim Zugang zu neuen Medien - Chancengleichheit beim Zugang zum Recht (201-210); Klaus Hahnzog: E-Democracy als neue Form von Willensbildung und Partizipation? (211- 219); Brigitte Zypries: Moderierender und aktivierender Staat - wer setzt Werte und Ent- scheidungen durch? (220-225); Gunnar Folke Schuppert: Public Private Partnership - was heißt das? (240-248); Heide Pfarr: Gleichstellung ja: Gesetze oder Vereinbarungen? (257- 262). (ZPol, VS)

[19-L] Depenheuer, Otto (Hrsg.): Recht und Tabu, Wiesbaden: Westdt. Verl. 2003, 212 S., ISBN: 3-531-14065-5

INHALT: Die Beiträge gehen größtenteils auf ein Seminar der Hanns Martin Schleyer-Stiftung aus dem Januar 2002 zurück. Der Herausgeber hofft mit ihrer Hilfe Rechts- wie Staatslehre 'über die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit aufzuklären und sie derart zu stärken' (23). Depen- heuer meint, 'das Tabu hindert den Totalitätsanspruch des Rationalismus und ermöglicht da- durch gerade Rationalität' (11). Derart fundamental diskutiert das Tabu jedoch keiner der Au- toren. Ihre zum Teil äußerst breit angelegten Reflexionen bleiben allzu häufig nur 'vorder- gründige Spekulationen' (67) und ohne den nötigen Verweis auf die philosophische Grundla- genforschung. Die zumeist essayistischen Texte erlauben einen Problemeinstieg in das Feld des Tabus, wenn auch nur bedingt einen Forschungseinstieg. Im Sinne des Sammelbandthe- mas sei vor allem der hervorragende Text von Ulrich Haltern zur Lektüre empfohlen. Der Beitrag von Josef Isensee erschien wenig verändert bereits als Einzelpublikation (siehe ZPol 2/04: 771 f.). Aus dem Inhaltsverzeichnis: Otto Depenheuer: Recht und Tabu - ein Proble- maufriß (7-23); I. Annäherungen an den Begriff: Dirk Fabricius: Der Begriff des Tabus. Funktion, Entstehung und Auflösung individueller und kollektiver Tabus (27-59); Gerd Roel- lecke: Das Geheimnis der Tabus. Kulturell bedingte Orientierungen in Grenzsituationen (61- 74); II. Das Tabu in der Praxis: Volker Nickel: Das Tabu in der Werbung. Wie weit darf Werbung gehen? (77-92); Michael Mertes: Das Tabu in der politischen Kommunikation. Po- litisches Handeln im Bereich des Unsagbaren (93-111); III. Rechtstheorie des Tabus: Josef Isensee: Verbotene Bäume im Garten der Freiheit. Das Tabu im Verfassungsstaat (115-140); Ulrich Haltern: Recht als Tabu? Was Juristen nicht wissen wollen sollten (141-190); Thomas Butz: Tabu als Legitimation von Herrschaft. Kulturgeschichtliche Verlaufsformen von Tabui- sierung und Enttabuisierung (191-210). (ZPol, VS)

[20-L] Deutscher Bundestag Fraktion der FDP (Urheber): Reform des Kündigungsschutzgesetzes - Abschaffung von Hemmnissen für die Einstellung neuer Mitarbeiter: Antrag der Fraktion der FDP, in: Verhandlungen des Deutschen Bundesta- ges / Drucksachen, 2004, Dr. 15/3724, S. 1-3; 67 KB (Standort: UuStB Köln(38)-LS R932; Kopie über den Literaturdienst erhältlich; URL: http://dip.bundestag.de/btd/15/037/1503724.pdf)

INHALT: Ausgehend von der Annahme, dass die bisherigen Reformen am Arbeitsmarkt nicht ausreichen, um Anreize für Neueinstellungen zu schaffen, schlägt die FDP-Fraktion vor, das soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 67 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

Kündigungsschutzrecht durch ein Vertragsoptionsmodell zu ergänzen, das Arbeitgebern wie Arbeitnehmern erlaubt, Arbeitsverhältnisse auf rechtssichere Weise zu beenden. Insbesondere sollen damit langwierige Kündigungsschutzprozesse vermieden werden. Im einzelnen enthält der Vorschlag folgende Regelungen: Kein Kündigungsschutz in den ersten vier Jahren der Betriebszugehörigkeit; Kündigungsschutzrecht nur noch in Betrieben mit mehr als 50 Arbeit- nehmern; Einführung eines Vertragsoptionsmodells, mit dem bereits bei Vertragsabschluss Regelungen wie Abfindungszahlungen oder Verpflichtung zu Weiterbildungsmaßnahmen vereinbart werden können; Ansprüche nach der Kündigung können nur noch drei Monate gel- tend gemacht werden; die Ausübung von Abfindungs- oder Qualifizierungsoptionen darf nicht zu Sperr- oder Ruhefristen beim Bezug von Arbeitslosengeld führen. (IAB)

[21-L] Everts, Arne: Plebiszitäre Unterschriftenaktionen, (Schriften zum öffentlichen Recht, 951), Berlin: Duncker & Humblot 2004, 327 S., ISBN: 3-428-11392-6

INHALT: Der Autor prüft die rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen von Unterschriftenaktionen staatlicher und kommunaler Organe sowie von politischen Parteien. Zuerst diskutiert er aus- führlich den Begriff der 'plebiszitären Unterschriftenaktion' und grenzt ihn gegen verwandte Begriffe wie den der Volksbefragung ab. Beide unterscheiden sich u. a. durch die angewand- ten Verfahren, mit denen die Meinung der Bevölkerung erfasst werden soll. Anschließend prüft er die rechtliche Zulässigkeit dieser Unterschriftenaktionen aus vorwiegend verfas- sungsrechtlicher Perspektive. Er kommt zu dem Ergebnis, dass diese Aktionen weder auf Bundes- oder Landesebene noch in den Kommunen verfassungsrechtlich zulässig sind. Gegen Unterschriftenaktionen, die von Parteien initiiert werden, bestünden jedoch weder auf Bun- des- noch auf Landesebene verfassungsrechtliche Einwände. (ZPol, VS)

[22-L] Ferrer, Jordi; Iglesias, Marisa (Hrsg.): Law, politics, and morality: European perspectives: globalisation, democracy, and citizen- ship - prospects for the European Union, (Schriften zur Rechtstheorie), Berlin: Duncker & Humblot 2003, 254 S., ISBN: 3-428-10944-9

INHALT: Im November 2001 kamen junge europäische Philosophen aus England, Estland, Frankreich, Italien, Spanien und der Schweiz in Tossa de Mar (Spanien); zu einer Tagung zu- sammen. Dabei handelte es sich um die erste Veranstaltung einer Reihe von drei rechtsphilo- sophischen Konferenzen von Doktoranden. Sie beschäftigten sich mit dem Multikulturalis- mus, der Integration von Minderheiten in Estland, Aspekten der deliberativen Demokratie sowie der europäischen Staatsbürgerschaft. Inhalt I. Globalisation and Multiculturalism: Neus Torbisco: Building the European Polity: Towards a Multicultural Model of Integration? (17- 52); Vello Pettai: Prospects for Multiethnic Democracy in Europe: Debating Minority Inte- gration in Estonia (53-81); Maria Laura Tasso: Multimoralism and Multiculturalism: Some Reflections on a Proposal of Martin D. Farrell (83-97); II. Deliberation and Democracy: Sa- mantha Besson: Disagreement and Democracy: From Vote to Deliberation and Back Again? The Move toward Deliberative 'Voting Ethics' (101-135); Jose Luis Marti Marmol: The De- mocratic European State: Republicanism and Deliberative Democracy (137-173); Guillaume Tusseau: Democracy and Information: The Perspective of Jeremy Bentham's Political Panop- tism (175-197); III. Citizenship and the European Union: Nick W. Barber: Citizenship, Na- 68 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

tionalism and the European Union (201-226); Maribel Narvaez Mora: European Citizens: Rights and Identities (227-247). (ZPol, VS)

[23-L] Fiebig, Jan-Peter: Der Einsatz der Bundeswehr im Innern: verfassungsrechtliche Zulässigkeit von innerstaatli- chen Verwendungen der Streitkräfte bei Großveranstaltungen und terroristischen Bedro- hungen, (Schriften zum öffentlichen Recht, 943), Berlin: Duncker & Humblot 2004, 467 S., ISBN: 3-428-11118-4

INHALT: Ausgehend von der seit Beginn der 90er-Jahre und in besonderer Weise seit dem 11. September 2001 geführten Diskussion über Notwendigkeit und verfassungsrechtliche Gren- zen eines Einsatzes der Bundeswehr im Innern analysiert Fiebig eine Vielzahl konkreter Einsatzmöglichkeiten im Hinblick auf ihre verfassungsrechtliche Zulässigkeit. Als reale Aus- gangssituationen wählt der Autor zum einen Großveranstaltungen mit ihrem Bedarf an (ver- fassungsrechtlich zulässigen) Service- wie an (verfassungsrechtlich unzulässigen) Bewa- chungstätigkeiten. Zentrales Augenmerk liegt darüber hinaus auf verschiedenen Szenarien terroristischer Bedrohung. Fiebig bestätigt den auch in der öffentlichen Diskussion weitge- hend herrschenden Konsens, dass das Grundgesetz in seiner gültigen Fassung einem Einsatz der Bundeswehr im Inneren bis auf eng begrenzte Ausnahmen entgegensteht. 'Abgesehen von terroristischen Angriffen, die außerhalb der Bundesrepublik begonnen werden, von Angriffen auf Einrichtungen der Bundeswehr i. e. S. selbst und von terroristischen Angriffen unter Verwendung von Massenvernichtungswaffen oder Methoden mit dem Potential einer Wir- kung wie solche sind Einsätze der Bundeswehr i. e. S. nach dem GG ausgeschlossen.' (418) Die im Grundgesetz getroffenen Regelungen sind insofern abschließend, jede Erweiterung setzt eine Grundgesetzänderung voraus. Ob dies verfassungspolitisch sinnvoll und das geeig- nete Mittel wäre, steht nicht im Zentrum der Untersuchung. (ZPol, VS)

[24-L] Fischer-Lescano, Andreas; Christensen, Ralph: Auctoritatis interpositio: die Dekonstruktion des Dezisionismus durch die Systemtheorie, in: Der Staat : Zeitschrift für Staatslehre und Verfassungsgeschichte, deutsches und europäisches öffentliches Recht, Bd. 44/2005, H. 2, S. 213-241 (Standort: UuStB Köln(38)-FHM XF7; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: In der Moderne verlagert sich die Ausübung politischer Macht zunehmend vom Ge- setzgeber auf die Dezision des im Einzelfall entscheidenden Richters. Die Diskussion über den Strukturwandel von Rechtsprechung und staatlicher Machtausübung (Richterkönig oder Subsumtionsautomat) wird auch mit dem Namen von Carl Schmitt verbunden. Bereits 1912 in "Gesetz und Urteil" hatte Schmitt die Auflösung der klassischen Methoden der Gesetzes- auslegung beschrieben und dagegen ein Modell der Emanzipation der richterlichen Entschei- dung gegenüber der Norm gestellt. Auf den ersten Blick trifft sich diese Analyse mit aktuel- len rechtssoziologischen Beschreibungen. Insbesondere Niklas Luhmann steht in offensichtli- cher Nähe zu Carl Schmitt. Es geht beiden um das Verständnis rechtlichen Entscheidens, um die eigentümlichen Prozesse der Metamorphose von Nicht-Recht zu Recht durch ein "Dazwi- schen", das juristisch als "auctoritatem interponere" bezeichnet wird. Luhmann sieht entgegen dem Schmittschen Dezisionismus in der Rechtsentscheidungen jedoch eher einen Aufschub von Recht. "Recht ist im Text allein nicht zu finden, deswegen muss über Recht gesprochen soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 69 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

und gestritten werden. Doch weil das Sprechen über Recht nur selten in herrschaftsfreien Diskursen zu einem Konsens führt, muss entschieden werden. Aber weil auch anders ent- schieden werden könnte, braucht man eine Begründung. Und weil auch diese nicht ausreicht, braucht man dazu noch Rechtsmittel. Doch auch hier endet der Aufschub des Rechts nicht mit der Rechtskraft. Denn es gibt keine letzten Gründe, nur vorletzte. Die auctoritas ist in eine be- ständig fluktuierende interpositio verschoben. Sie ist personal, sachlich und temporal nicht fi- xierbar". (ICA2)

[25-L] Freiberg, Stephan: Grundrechte und Bürgerverantwortung: zum Abbau der Staatsverschuldung und zur Priva- tisierung öffentlicher Aufgaben der Daseinsvorsorge, (Berichte aus der Rechtswissenschaft), Aachen: Shaker 2004, VI, 158 S., ISBN: 3-8322-2810-1 (Standort: SUB Berlin(1a)-1A544774)

INHALT: Mit der Privatisierung von Staatsaufgaben stellt sich die Frage, ob Private willkürlich von ihrer Vertrags- und Eigentumsfreiheit Gebrauch machen können oder ob sie für gleiche Freiheiten anderer Privater im rechtlichen Sinne Verantwortung tragen. Nur im letztgenann- ten Fall würde auch angesichts einer Privatisierung von Staatsaufgaben eine rechtliche Ge- währleistung der Grundfreiheiten und damit der Menschenwürde fortbestehen. Es handelt sich hier um die Frage nach der Drittwirkung der Grundrechte, die mit den staatlichen Finan- zierungsproblemen in der Bundesrepublik plötzlich aktuell geworden ist. Der Verfasser zeichnet im ersten Teil seiner Untersuchung den Stand der Drittwirkungsdiskussion nach. Im zweiten Teil setzt er sich mit der rechtsphilosophischen Diskussion über die gleichen Freihei- ten auseinander (Rawls, Habermas) und formuliert rechtstheoretische Schlussfolgerungen aus dem Streit über prozedurale Diskursregeln oder inhaltliche Gerechtigkeitssätze. Im dritten Teil der Untersuchung werden Vorschläge für die Festlegung der rechtlichen Verantwortung Privater für gleiche Freiheiten anderer Privater formuliert. Dabei geht es um Aspekte der Da- seinsvorsorge, um Regelungen zur Drittwirkung im BGB, um das Modell der Bürgerversiche- rung sowie um den Bereich des Steuerrechts. (ICE2)

[26-L] Gindulis, Edith: Der Konflikt um die Abtreibung: Die Bestimmungsfaktoren der Gesetzgebung zum Schwan- gerschaftsabbruch im OECD-Ländervergleich, (Studien zur Politikwissenschaft), Wiesbaden: Westdt. Verl. 2003, 209 S., ISBN: 3-531-14119-8

INHALT: Mittels einer Regressionsanalyse untersucht die Autorin anhand von 22 OECD- Ländern zunächst, welchen Einfluss die folgenden Faktoren auf die Gestaltung der Regelun- gen zum Schwangerschaftsabbruch hatten: sozioökonomische Variablen (u. a. Bruttoinlands- produkt, Frauenerwerbstätigkeit); kulturell-religiöse Variablen (Anteil von Katholiken bzw. Protestanten an der Gesamtbevölkerung); parteipolitische Variablen (parteipolitische Zusam- mensetzungen der Regierungen); geschlechtsspezifische Variablen (Frauenanteil in den Par- lamenten, Anteil der Ministerinnen) sowie politisch-institutionelle Variablen (Institutionenin- dex in Anlehnung an Lijphart). Diese wurden als Durchschnittswerte aus den Jahren 1960 bis 1998 berechnet. Gindulis kommt zu folgendem Ergebnis: Je höher in dem vorhergehenden Berechnungszeitraum der sozioökonomische Entwicklungsstand und je stärker links gerichte- te Parteien an der Regierung beteiligt waren, desto liberaler war die Gestaltung der rechtli- chen Bestimmungen. Um den Einfluss der Parteien näher zu untersuchen, führte die Autorin 70 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

qualitative Fallstudien in drei Ländern (Deutschland, Österreich, Schweiz) durch, deren Rechtslage zwar divergiert, die jedoch ähnliche sozioökonomische Variablen aufweisen. Sie gelangt zu dem Ergebnis, dass insbesondere das jeweils unterschiedliche Institutionengefüge die konkrete Gestaltung der Rechtslage erklären könne. (ZPol, VS)

[27-F] Graeff, Peter, PD Dr. (Bearbeitung); Mehlkop, Guido, Dr. (Leitung): Anomie und Mord

INHALT: Durkheim betrachtet Verbrechen (als Unterform abweichenden Verhaltens) als norma- les Phänomen in einer Gesellschaft. Jede Gesellschaft hat eine "normale" Mordrate, die mit biologischen, psychologischen und sozialpsychologischen Determinanten erklärt werden kann. Eine "pathologische" Mordrate hingegen liegt dann vor, wenn die aktuelle Mordrate in einem Jahr signifikant von der normalen Mordrate abweicht. Diese pathologische Mordrate ist nun nach Durkheim mit rein soziologischen Determinanten zu erklären, sprich mit anomi- schen Entwicklungen in dieser Gesellschaft. ART: Eigenprojekt BEGINN: 2004-11 ENDE: 2004-12 AUFTRAGGEBER: keine Angabe FI- NANZIERER: keine Angabe INSTITUTION: Technische Universität Dresden, Philosophische Fakultät, Institut für Soziologie Lehrstuhl für Makrosoziologie (01062 Dresden) KONTAKT: Leiter (e-mail: [email protected], Tel. 0351-463-34112)

[28-F] Gross, Dominique (Bearbeitung); Epiney, Astrid, Prof.Dr. (Betreuung): Das gemeinschaftsrechtliche Genehmigungsverfahren bei der Freisetzung und dem Inver- kehrbringen gentechnisch veränderter Organismen

INHALT: Die rasante Entwicklung der Biotechnologie und insbesondere der Gentechnologie in den letzten Jahren verlangt nach entsprechend aktuellen und flexiblen rechtlichen Bestim- mungen. Zwischen dem Anspruch nach attraktiven Forschungsbedingungen einerseits und dem Sicherheitsanspruch der Bevölkerung und dem Umweltschutz andererseits besteht ein heikles Spannungsfeld, welches unter dem Regime der Europäischen Freisetzungsrichtlinie 1990/220 zu einem de-fakto-Moratorium geführt hat. Mit der Freisetzungsrichtlinie 2001/18 hat die Europäische Gemeinschaft nun ein Regelwerk erlassen, welches die Freisetzung (ins- besondere zu Forschungszwecken) sowie das Inverkehrbringen (insbesondere zu gewerbli- chen Zwecken) unter restriktiven Bedingungen erlaubt. In diesem Dissertationsprojekt wer- den die europäischen Regelungen für die Freisetzung und das Inverkehrbringen von GVO eingehend dargestellt und analysiert. ZEITRAUM: 2001-2003 GEOGRAPHISCHER RAUM: Schweiz METHODE: rechtliche Untersuchung ART: Dissertation BEGINN: 2002-01 ENDE: 2004-12 AUFTRAGGEBER: keine Angabe FI- NANZIERER: Wissenschaftler INSTITUTION: Universität Fribourg, Rechtswissenschaftliche Fakultät, Institut für Europarecht (Av. de Beauregard 11, 1700 Fribourg, Schweiz)

soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 71 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

[29-L] Gutsche, Günter: Kriminologische Aspekte des Kommunitarismus: die "gute Gesellschaft" oder "die Fähig- keit, das Richtige vom Falschen zu scheiden", in: Kari-Maria Karliczek (Hrsg.): Kriminologi- sche Erkundungen : wissenschaftliches Symposium aus Anlass des 65. Geburtstages von Klaus Sessar, Münster: Lit Verl., 2004, S. 123-142, ISBN: 3-8258-8013-3 (Standort: ULB Münster(6)- 3F54417)

INHALT: Der Kommunitarismus als sozialwissenschaftliche und soziale Strömung strebt eine problematische Ausweitung sozialer Kontrolle an. Im Kommunitarismus wird die Gesell- schaft zu einer Gemeinschaft von Gemeinschaften, in der der Unterschied von Moral und Recht verwischt wird. Statt dieser Version der "guten Gesellschaft" ist vielmehr ein Höchst- maß an Transparenz und Öffentlichkeit gefordert, um sozial unverantwortliches Handeln be- kämpfen zu können. Dem entspricht das Konzept der Zivilgesellschaft. Auch in Deutschland ist der Kommunitarismus auf wissenschaftliche Akzeptanz gestoßen; allerdings tritt er hier nicht so akzentuiert als Kritik am Liberalismus auf wie in den USA. Es gibt auch prominente Befürworter dieser Denkrichtung in der Politik. Eine soziale Bewegung ist er allerdings in Europa nicht. (ICE)

[30-L] Hermes, Siegfried: Das Recht einer "soziologischen Rechtslehre": zum Rechtsbegriff in Max Webers Soziologie des Rechts, in: Rechtstheorie : Zeitschrift für Logik und Juristische Methodenlehre, Rechtsinfor- matik, Kommunikationsforschung, Normen- und Handlungstheorie, Soziologie und Philosophie des Rechts, Bd. 35/2004, H. 2, S. 195-231

INHALT: Die Entstehungsgeschichte von Max Webers "Grundriss" - und das heißt im vorliegen- den Zusammenhang die Textgeschichte der Rechtssoziologie - wirft Licht auf eine besonders schwierige Rezeptionslage. Ganz überwiegend nehmen Weber-Forscher die disziplinäre Zu- ordnung dieses Textes (Soziologie), seine textliche Einheit und Geschlossenheit (Rechtsso- ziologie), v. a. aber seinen "soziologischen" Grundbegriff (Rechtsbegriff) und dessen basale Bedeutung für die Rechtssoziologie als selbstverständlich hin. Es werden die methodisch- begrifflichen Grundlagen von Webers Rechtssoziologie auf ihre Differenzen, Inkonsistenzen und Brüche geprüft und für das Verständnis der Rechtssoziologie bewertet. Zunächst geht es dabei um die scheinbar unproblematische, durch Selbstzuschreibungen Webers ja wiederholt bestätigte Behandlung des Rechts unter soziologischem Vorzeichen. Untersucht wird hier, was sich über Webers soziologische Standortbestimmung sagen lässt (Methodenreflexion; Verhältnis zu Nationalökonomie, Psychologie, Jurisprudenz), und was dieses soziologische Selbstverständnis über das "Soziologische" an "Wirtschaft und Gesellschaft" im allgemeinen, an der Rechtssoziologie im besonderen sagt. Lassen sich kontextbedingte Varianten des Rechtsbegriffs ausmachen? Und, wenn ja: Handelt es sich dabei lediglich um Akzentuierun- gen der verschiedenen Merkmale eines Begriffs, um werkgenetisch begründete Inkonsisten- zen oder bedeutungsvolle Begriffsverschiebungen? Die Ausführungen zeigen, dass die dispa- rate Werkgeschichte, die sich in einem aus heterogenen Manuskriptbeständen zusammenge- fügten Rechts-Text niederschlägt, letztlich nicht ohne Wirkung auf den soziologischen Rechtsbegriff bleibt. (ICA2)

72 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

[31-L] Hoeren, Thomas: Eine kontraktualistische Konzeption der Informationsgerechtigkeit, in: Rechtstheorie : Zeit- schrift für Logik und Juristische Methodenlehre, Rechtsinformatik, Kommunikationsforschung, Normen- und Handlungstheorie, Soziologie und Philosophie des Rechts, Jg. 34/2003, H. 3, S. 333- 343

INHALT: Der Autor skizziert eine vertragstheoretische Konzeption der Informationsgerechtig- keit, wobei er sich auf die Gerechtigkeitstheorie von John Rawls stützt, die die politisch- philosophische Gerechtigkeitsdiskussion der letzten 30 Jahre weitestgehend beherrscht hat. Die inhaltlichen Implikationen dieser Theorie aufgreifend, wird eine kontraktualistische Kon- zeption der Informationsgerechtigkeit als Fairness entwickelt. Dazu werden in einem ersten Schritt zunächst Begriff und Bedeutung der Informationsgerechtigkeit nachgezeichnet. An- schließend werden das vertragstheoretische Begründungsmuster der Rawlsschen Gerechtig- keitstheorie und ihre Gerechtigkeitsprinzipien dargelegt, die aus zwei unterschiedlichen Tei- len besteht: einerseits aus der Entwicklung einer hypothetischen Entscheidungssituation, die die Entwicklung fairer Grundsätze garantiert, und andererseits aus der Darstellung von Ge- rechtigkeitsprinzipien, die sich Rawls zufolge als deduzierbares Ergebnis jener Situation prä- sentieren. Um diesen Ansatz für eine Konzeption der Informationsgerechtigkeit als Fairness fruchtbar zu machen, diskutiert der Autor die Möglichkeit, wie die beiden von Rawls abgelei- teten Gerechtigkeitsprinzipien unmittelbar auf die Verteilung von Informationen angewendet werden können. (ICI2)

[32-L] Isensee, Josef: Tabu im freiheitlichen Staat: jenseits und diesseits der Rationalität des Rechts, (Schönburger Gespräche zu Recht und Staat), Paderborn: Schöningh 2003, 100 S., ISBN: 3-506-71692-1

INHALT: In dem breit angelegten Band versucht der Staatsrechtler Isensee eine Rekonstruktion politischer, rechtlicher und gesellschaftlicher Tabus im aufgeklärten Rechtsstaat zu liefern. Sein Text ist von dem Gedanken inspiriert, was zu lesen wäre, 'wenn ein ethnologisch ausge- bildeter Polynesier das Leben der Eingeborenen in Deutschland beschriebe' (51). Aus dem Inhaltsverzeichnis: I. Urbild des Tabus: der verbotene Baum 1. Schutz des Menschen vor sich selbst 2. Sicherung von Herrschaft II. Jenseits der Zweckrationalität des Rechts III. Politische Dimensionen des Tabus IV. Dialektik der Aufklärung V. Verfassungsstaat ohne Tabu? - Grundrechte und Demokratie als Rationalitäts- und Transparenzgewähr VI. Funktionsnot- wendige Themenverbote - das zweckrationale Geheimnis VII. Verfassung als Tabu? VIII. Po- litische Tabuierung von Verfassungsnormen: 1. Tarifautonomie 2. Sozialstaat 3. Verbot der Vorteilsnahme 4. Das Verbot der Folter 5. Staatspflicht zur Friedlichkeit IX. Tabus der Ge- sellschaft 1. Ambivalenz der Meinungsfreiheit 2. Political correctness 3. Das absolute Tabu: die Verwerfung des Nationalsozialismus. X. Tabu der kulturellen Identität (ZPol, VS)

[33-L] Isensee, Josef (Hrsg.): Der Terror, der Staat und das Recht, (Wissenschaftliche Abhandlungen und Reden zur Philoso- phie, Politik und Geistesgeschichte, 32), Berlin: Duncker & Humblot 2004, 108 S., ISBN: 3-428- 11127-3 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 73 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

INHALT: Die Aufgabe, den neuen internationalen Terrorismus 'entschlossen, wenngleich in den Grenzen des Rechts' zu bekämpfen (37), stellt für die etablierten rechtsstaatlichen Verfahren eine höchst widersprüchliche, an Grenzen der normativen Begründbarkeit heranreichende Herausforderung dar, stehen die terroristischen Aktionen doch quer zu den Kategorien des staatlichen und internationalen Rechts (6). Die Autoren versuchen diese Grenzen aus der Sicht der Völkerrechtslehre, der Politikwissenschaft und der Staatsrechtslehre zu markieren. Dass es dabei zu durchaus unterschiedlichen Einschätzungen des Phänomens kommt - etwa hinsichtlich der These eines zugrunde liegenden Kulturkonfliktes - kann angesichts der Kom- plexität des Themas nicht überraschen. Die Beiträge beruhen auf einer Tagung der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Sektion der Görres-Gesellschaft vom September 2002 in Erfurt. Aus dem Inhaltsverzeichnis: Eckardt Klein: Die Herausforderung durch den internationalen Terrorismus - Hört hier das Völkerrecht auf? (9-39); Christian Hacke: Weltordnungspolitik nach dem 11. September: Die deutsch-amerikanischen Beziehungen im Zeichen des Kriegs gegen den Terror und der Irak-Krise (41-54); Bernd Grzeszick: Staat und Terrorismus. Eine staatstheoretische Überlegung in praktischer Absicht (55-81); Josef Isensee: Nachwort: Der Terror und der Staat, dem das Leben lieb ist (83-108). (ZPol, VS)

[34-L] IZA Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit GmbH (Urheber): Führt die Lockerung des Kündigungsschutzes zu mehr Beschäftigung in Deutschland?: neue Studie untersucht betriebliche Anpassungen im Zeitverlauf, in: IZA Compact, 2005, Nr. 1, S. 1-3 (URL: http://www.iza.org/ProductFunctions/publication/compact_de/mp_entries/11072801 41.64/dokumentFile/compact_d_1-05.pdf)

INHALT: Der Artikel berichtet über die Ergebnisse einer in Zusammenarbeit von Thomas Bauer (RWI Essen, Ruhr-Universität Bochum und IZA, Bonn), Stefan Bender (IAB, Nürnberg) und Holger Bonin (IZA) entstandenen Studie, in der die Effekte unterschiedlich strikter deutscher Kündigungsschutzregelungen auf die Beschäftigungsdynamik kleiner Unternehmen unter- sucht werden. Dies geschieht auf Basis eines großen Datensatzes, in dem Daten von Arbeit- gebern und Beschäftigten miteinander verbunden sind. Mit einem Differenzen-in-Dif- ferenzen-Ansatz (DiD) wird untersucht, wie sich eine Veränderung der Schwelle, ab der klei- ne Unternehmen vom Kündigungsschutz ausgenommen sind, auf Einstellungen und Entlas- sungen auswirkt. Die empirischen Ergebnisse zeigen, dass der veränderte Schwellenwert im Kündigungsschutz keine statistisch signifikanten Effekte sowohl auf das Beschäftigungsni- veau als auch die Fluktuation von Arbeitnehmern hat. (IAB2)

[35-L] Jahn, Elke J.; Walwei, Ulrich: Die Reform des Kündigungsschutzes: fragliche beschäftigungspolitische Impulse, in: Orien- tierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, 2004, H. 99, S. 27-32 (Standort: UuStB Köln(38)-XG5963; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: Durch das im Januar 2004 in Kraft getretene Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt sollen die Betriebe motiviert werden, mehr Arbeitnehmer einzustellen. Die neuen Regelungen werden dargestellt, und die Auswirkungen der Gesetzesreform in der Praxis werden disku- tiert. Der geänderte Kündigungsschutz in Kleinbetrieben hat kaum Auswirkungen auf die Ar- beitsplatzdynamik in Kleinbetrieben. Die Beschränkung der Auswahlkriterien bei betriebsbe- dingter Kündigung auf Lebensalter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Schwerbehinderung 74 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

und Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers soll die Sozialauswahl für die Unternehmen er- leichtern. Die grundlegendste Änderung ist die Abfindungsoption bei betriebsbedingter Kün- digung, d.h. das Wahlrecht zwischen Kündigungsschutzklage und Abfindung. Die erhoffte Rechts- und Planungssicherheit für Unternehmen wird jedoch dadurch nicht gewährleistet, da es für die Unternehmen nicht kalkulierbar ist, welche Option vom Arbeitnehmer gewählt wird. Auch von der Reform des Befristungsrechts und von der Neuregelung für Existenz- gründer in Hinblick auf befristete Arbeitsverträge wird kein Effekt für den Arbeitsmarkt er- wartet. Fazit: Von der Reform des Kündigungsrechts gehen kaum beschäftigungspolitische Impulse aus. Eine Reform sollte für den juristischen Laien verständlich sein, für beide Seiten Anreiz bieten, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Schaden zu vermeiden, sowie die Rechts- und Planungssicherheit für alle Beteiligten erhöhen. (IAB)

[36-L] Jahn, Elke J.; Walwei, Ulrich: Kündigungsschutz: nicht kleckern, sondern klotzen, in: IAB Forum : das Magazin des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit, 2005, Nr. 1, S. 26-29

INHALT: "Von der vorsichtigen Lockerung des Kündigungsschutzes für Kleinbetriebe zu Beginn des Jahres dürften keine spürbaren Beschäftigungseffekte ausgehen. Diese Einschätzung wird auch durch aktuelle empirische Befunde des IAB gestützt. Gleichwohl hat ein strikter Kündi- gungsschutz weit reichende Folgen für die Chancenverteilung am Arbeitsmarkt. Wollte man dessen Dynamik entscheidend verbessern, wären mutigere Reformschritte angebracht auch beim Kündigungsschutz." (Autorenreferat)

[37-L] Karliczek, Kari-Maria: Vom Nutzen qualitativer Forschung in der Kriminologie, in: Kari-Maria Karliczek (Hrsg.): Kriminologische Erkundungen : wissenschaftliches Symposium aus Anlass des 65. Geburtstages von Klaus Sessar, Münster: Lit Verl., 2004, S. 210-225, ISBN: 3-8258-8013-3 (Standort: ULB Münster(6)-3F54417)

INHALT: Die Verfasserin stellt ein qualitatives Erhebungsdesign vor, das im Rahmen eines For- schungsprojekts zu Wirtschaftskriminalität entwickelt wurde. Behandelt werden die Struktur des Untersuchungssamples, die Durchführung leitfadenorientierter Experteninterviews, die Auswertung der Interviews mit Hilfe einer zusammenfassenden qualitativen Inhaltsanalyse, die Entwicklung eines Kategoriensystems, Typenbildung und Triangulation. Der Beitrag macht deutlich, dass es möglich ist, mit Hilfe der beschriebenen methodischen Vorgehens- weise zu überprüfbaren und validen Ergebnisse zu kommen. (ICE2)

[38-L] Kemmerer, Alexandra: Atempausen des Rechts: wenn die Ordnung verstummt, ist die Völkerrechtstheorie gefragt, in: Internationale Politik, Jg. 60/2005, Nr. 5, S. 52-59 (Standort: UuStB Köln(38)-LS G 09335; Kopie über den Literaturdienst erhältlich; URL: http://www.econdoc.de/ de/indexip.htm)

INHALT: Dahrendorf sieht in der Situation in Berlin im Frühjahr 1945 ein Szenario der Anomie. Für Kelsen bedeutet die Berliner Erklärung der Alliierten vom 5. Juni 1945, mit der sich diese als Souverän eines Kondominiums installieren, den Untergang des Deutschen Reiches. Dem- soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 75 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

gegenüber ging die herrschende rechtswissenschaftliche Lehre schon bald vom Fortbestand deutscher Staatlichkeit aus. Kelsen zeichnet sich durch eine strikte, zuweilen artifiziell anmu- tende Trennung des Rechts von all seinen sozialen, historischen und politischen Bezügen aus. Hierin liegt die fortdauernde Aktualität seines Denkens. (ICE2)

[39-L] Kim, Dokyun: Gerechtigkeit und Verfassung: eine Rawlssche Deutung der bundesverfassungsgerichtlichen Formel 'eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Betrachtungsweise', (Kieler Rechtswis- senschaftliche Abhandlungen, 44), Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges. 2004, 559 S., ISBN: 3-8329- 0705-X

INHALT: In dieser rechtsphilosophischen Arbeit wird versucht, die politische Theorie von Rawls für die verfassungstheoretische Bestimmung des grundgesetzlichen Gerechtigkeitsbegriffs nutzbar zu machen. Kim stellet eingangs fest, dass sich das Bundesverfassungsgericht zwar ständig auf eine der Verfassung zugrunde liegende Idee der Gerechtigkeit bezieht; wie 'das Gericht die Idee (...) auffasst, ist jedoch (...) alles andere als klar' (27). Kim arbeitet daher zu- nächst heraus, aus welchen Komponenten die verfassungsgerichtliche Konzeption der Ge- rechtigkeit besteht. Hieraus ergebe sich die Notwendigkeit einer 'konstitutionalistischen The- orie der Verfassungsgerechtigkeit', die hinsichtlich der Gemeinschaftskomponente 'liberal' sein müsse und bezogen auf die praktische Vernunft 'prozedural' im Sinne von 'Fairness' und 'Diskursivität'. Zugleich müsse die dabei zugrunde gelegte Vorstellung der 'moralischen Au- tonomie, der Gemeinschaftsbezogenheit und der Interessensmaximierung Rechnung tragen' (529). Kim prüft nun umfassend, inwieweit Rawls' politische Konzeption der Gerechtigkeit diese Grundbedingungen erfüllt. Er kommt zum Ergebnis: 'Rawls' liberal-politischer Konzep- tion der Gerechtigkeit fehlt ein adäquates Verfahren der Abwägung zwischen den Gerechtig- keitskriterien' (532). Umgekehrt bedeutet dies, dass sie eine vollständige konstitutionalisti- sche Theorie der Verfassungsgerechtigkeit wäre, soweit man sie nur um eine solche 'Abwä- gungstheorie' erweiterte. Zugleich ist damit gezeigt, dass verfassungsgerichtliche Rechtspre- chung zu Begriffen wie 'Gerechtigkeit', 'Gemeinwohl' usw. ohne fundierte politisch- philosophische Reflexion höchst fragwürdig bleibt. (ZPol, VS)

[40-L] Kloepfer, Michael (Hrsg.): Die transparente Verwaltung: Zugangsfreiheit zu öffentlichen Informationen, (Beiträge zum Informationsrecht, 6), Berlin: Duncker & Humblot 2003, 202 S., ISBN: 3-428-11101-X

INHALT: Dokumentation einer Tagung des Forschungszentrums Technikrecht im Juli 2002 in der HU Berlin, bei der es u. a. um einen ersten Erfahrungsaustausch mit den neuen Gesetzen über Zugangsrechte zu öffentlichen Informationen sowie um die Vorstellung theoretisch- konzeptioneller Überlegungen für ein Informationsgesetzbuch ging. Damit verknüpft der Band politische Zielvorstellungen mit juristischen Fragestellungen. Aus dem Inhaltsverzeich- nis: Michael Kloepfer: Die öffentliche Verwaltung in der Informationsgesellschaft (9-32); Renate Künast: Verbraucherschutz durch Informationszugang - Das Verbraucherinformati- onsgesetz (33-38); Claus Henning Schapper: Bundes-Informationsfreiheitsgesetz - Die öffent- liche Verwaltung in der Bürgergesellschaft (39-47); Friedrich Schoch: Der Professorenent- wurf eines Informationsfreiheitsgesetzes (49-66); Hansjürgen Garstka: Internationale Ent- wicklungen des Informationszugangsrechts (67-72); Alfred Duschanek: Der Zugang zu Ver- 76 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

waltungsinformationen in Österreich (73-84); Manfred Redelfs: Umweltschutz durch Infor- mationszugang: Erfahrungen mit dem Umweltinformationsgesetz (UIG); (85-107); Björn Rohde-Liebenau: Korruptionsprävention durch Informationszugang (109-122); Marianne Birthler: Vergangenheitsbewältigung durch Informationszugang (123-132). (ZPol, VS)

[41-F] Klug, Stefan; Hupfeld, Jörg; Gabriel, Ute; Orth, Ulrich (Bearbeitung); Oswald, Margit E. (Leitung): Normwidriges Verhalten und retributive Gerechtigkeitsüberlegungen

INHALT: Im Forschungsprojekt wurden drei psychologische Fragestellungen aus dem Bereich der retributiven Gerechtigkeit bei juristischen Laien bearbeitet: 1. Es wurde geprüft, ob die in der Forschung diskutierten Gerechtigkeitsprinzipien empirisch voneinander abgrenzbar sind. 2. Es wurde analysiert, welche zentralen psychologischen Dimensionen den verschiedenen Strafzielpräferenzen zugrunde liegen. 3. Aus einer attributionspsychologischen Perspektive wurde untersucht, ob der Zusammenhang zwischen Schadensbeurteilung und Strafforderun- gen durch die Verantwortungsattribution mediiert wird und wie sich Kontextinformationen über eine gestiegene Kriminalitätsrate oder die Fokussierung des Opfers bei der Berichterstat- tung von Straftaten auf die (Straf-)Reaktionen auswirken. Für die empirische Analyse wurden zwei Untersuchungen durchgeführt, eine Fragebogenstudie mit Datenerhebungen in der deutschsprachigen Schweiz (Bern) und Deutschland (Erlangen), sowie eine experimentelle Untersuchung (Bern). In den Untersuchungen wurden die Deliktbewertungen und Strafreakti- onen der Untersuchungsteilnehmer in Bezug auf Fallgeschichten zu drei bzw. zwei verschie- denen Delikten erfasst. Die Ergebnisse zu den drei Fragestellungen zeigen: 1. Eine stabile Struktur voneinander abgrenzbarer Gerechtigkeitsprinzipien ist empirisch belegbar. Diese Struktur verändert sich weder in Abhängigkeit vom Erhebungsort (Bern, Erlangen) noch von der Deliktart. 2. Strafzielpräferenzen können anhand von zwei Dimensionen klassifiziert wer- den: Einem Strafhärtefaktor und einem Mikro-Makrofaktor, der die Überzeugung der Person erfasst, ob Strafgerechtigkeit eher aus einer allgemeinen und vergleichenden Perspektive (Makrogerechtigkeit) oder aber eher aus der Perspektive der konkret an der Straftat beteilig- ten Personen (Mikrogerechtigkeit) hergestellt werden soll. 3. Menschen berücksichtigen den tatsächlichen Schaden bei ihren punitiven Reaktionen wesentlich stärker, als die Attributi- onstheorie vorhersagen würde. Die Kontextinformationen über eine gestiegene Kriminalitäts- rate und die Fokussierung des Opfers beeinflussen in der vorgenommenen experimentellen Manipulation die Strafforderungen hingegen nicht. Während die Ergebnisse zu den ersten beiden Fragestellungen Implikationen für die psychologische Theorienbildung im Bereich der retributiven Gerechtigkeit haben, weisen die Ergebnisse zur dritten Fragestellung zusätzlich ethische Implikationen auf. So sind bei vollendeten versus zufällig nicht vollendeten Taten (die also zu unterschiedlich schweren Schäden führen) unterschiedliche Strafhärten, wie von den Untersuchungsteilnehmern gefordert, aus einer ethischen Perspektive nicht zu legitimie- ren, weil die Täter die gleichen Absichten hatten und auch die gleichen Tatvorkehrungen ge- troffen haben. Sollten sich bei Untersuchungen zum Strafverhalten von Richtern ähnliche Er- gebnisse zeigen, so wäre dies unakzeptabel. GEOGRAPHISCHER RAUM: Stadt Bern (Schweiz), Nürnberg/ Erlangen (Deutschland) METHODE: Die empirische Analyse soll im Rahmen eines binationalen Vergleichs (Schweiz/ Deutschland) durchgeführt werden, um die Robustheit und damit die Validität der gefunde- nen Strukturen zu überprüfen. Die Untersuchung basiert auf den mittels standardisierter Fra- gebögen erfassten individuellen Einstellungen zu unterschiedlichen retributiven Gerechtig- soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 77 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

keitsüberlegungen und Strafzielen. Da den individuellen und gesellschaftlichen Werten in beiden Ländern weitgehend gleiche Strukturen zugrundeliegen (vgl. Schwartz, 1994), werden auch in Hinblick auf die retributiven Gerechtigkeitsüberlegungen ähnliche Strukturen erwar- tet. Aufgrund eines stärker ausgeprägten Föderalismus in der Schweiz und einer geringeren sozialstaatlichen Orientierung (vgl. Schwartz, 1994), sind andererseits interessante Unter- schiede in der Gewichtung der einzelnen Gerechtigkeitsdimensionen zu erwarten. Weiterhin soll untersucht werden, wie Strafzielpräferenzen und die Gewichtung grundlegender Dimen- sionen retributiver Strafüberlegungen variieren, wenn sich fallbezogene Merkmale und Kon- textbedingungen der Fallschilderungen verändern. Im Gegensatz zu der (oben skizzierten) e- her differentialpsychologisch ausgerichteten dimensionalen Untersuchung retributiver Ge- rechtigkeitsüberlegungen basiert die Analyse der Kontextabhängigkeit von Strafüberlegungen auf einem experimentellen Design. Im Rahmen der Untersuchung werden unterschiedliche Delikte (Diebstahl, sexueller Missbrauch, Raub, Betrug) im Rahmen fiktiver Fallschilderun- gen dargestellt. Neben der Deliktart werden zugleich verschiedene Fall- und Kontextmerkma- le experimentell variiert (z.B. Anzahl der Tätervorstrafen, Fokussierung des Opferschadens und deliktsbezogene Kriminalitätsbelastung). Abhängige Variablen sind u.a. die Gewichtung zentraler Dimensionen retributiver Gerechtigkeitsüberlegungen und Strafintentionen. Um Aufschluss darüber zu erhalten, wie Veränderungen in den Ausprägungen der Abhängigen Variablen kognitiv vermittelt werden, sollen das Attributionsverhalten, die Art und Weise der kognitiven Repräsentation des Täters (individualisiert vs. stereotypisiert) und die subjektive Deliktschwere als Mediatorvariablen erfasst werden. Die Durchführung des Experiments er- folgt weitgehend rechnergestützt. DATENGEWINNUNG: Standardisierte Befragung, schrift- lich (Stichprobe: je 200-300 -geplant-; Wohnbevölkerung in Schweiz/ Deutschland; Aus- wahlverfahren: Zufall). Experiment (Stichprobe: 192 -geplant-; Versuchspersonen). VERÖFFENTLICHUNGEN: Oswald, M. E.; Hupfeld, J.; Klug, S. C.; Gabriel, U.: Lay-per- spectives on criminal deviance, goals of punishment, and punitivity. in: Social Justice Re- search, 15, pp. 85-98.+++Oswald, M. E.; Orth, U.; Aeberhard, M.; Schneider, E.: Punitive re- actions to completed crimes versus accidentally uncompleted crimes. in: Journal of Applied Social Psychology. ART: Eigenprojekt; gefördert BEGINN: 1999-01 ENDE: 2002-07 AUFTRAGGEBER: keine An- gabe FINANZIERER: Volkswagen Stiftung INSTITUTION: Universität Bern, Philosophisch-Historische Fakultät, Institut für Psychologie Lehrstuhl für Sozialpsychologie und Rechtspsychologie (Muesmattstr. 45, 3000 Bern, Schweiz)

[42-L] Köppl, Stefan: Italien: Transition ohne Reform?: gescheiterte Anläufe zur Verfassungsreform 1983-1998 im Vergleich, Stuttgart: Ibidem-Verl. 2003, 194 S., ISBN: 3-89821-262-9

INHALT: Innerhalb von nur 15 Jahren sind in Italien drei Versuche zur Verfassungsreform ge- scheitert. Köppl gibt im ersten Teil einen Überblick über die Ziele, Akteure und den Verlauf dieser missglückten Reformen. Er arbeitet insbesondere die Gründe für ihr Scheitern heraus, wie etwa die große Anzahl an beteiligten Akteuren mit unterschiedlichen Zielen. Im An- schluss führt er einen Vergleich der Reformen durch und zeigt Kontinuitäten und Verände- rungen auf. Wesentliche Probleme wie die starke Zersplitterung der politischen Landschaft sowie Funktionsdefizite des politischen Systems bestünden seit Jahren in unveränderter Form. Trotzdem, so das Fazit des Autors, befinde sich Italien nicht mehr in einer Transitionsphase 78 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

oder verharre sogar im Zustand der Ersten Republik. Vielmehr habe es durchaus auch deutli- che Veränderungen gegeben. So seien die Parteien inzwischen im Wesentlichen bündnis- und regierungsfähig und die jahrzehntelange Kontinuität der Regierung einer einzigen Partei ('democrazia bloccata') sei aufgebrochen. (ZPol, VS)

[43-L] Kötter, Matthias: Rechtskultur statt Leitkultur: zur Versachlichung der Integrationsdebatte, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Jg. 50/2005, H. 1, S. 83-89 (Standort: UB Bonn(5)-Z59/69; UuStB Köln(38)-FHM XE00157; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: Integration fördert immer die Bildung von Einheit, indem sie einzelne Elemente in ein größeres Ganzes eingliedert. Wer soziale Integration fordert, muss sich deshalb fragen, worin dieses Ganze zu sehen ist und worauf der zu Integrierende festzulegen ist. Ferner stellt sich die Frage, durch welche Steuerungsmittel das Integrationsziel zu erreichen ist. Nach einem viel diskutierten Vorschlag sollen sich Zuwanderer an eine deutsche oder europäische Leit- kultur anpassen und Integration sollte folglich diese Anpassung fördern. Doch was ist "Leit- kultur"? Der Begriff bezieht sich auf einen höchst unbestimmten Kanon von Werten, die das Wissen, Wollen und Handeln der Menschen in dieser Gesellschaft leiten. In der bisherigen Debatte ist es aber nach Meinung des Autors erst gar nicht versucht worden, den Begriff auf konkrete Inhalte herunterzubrechen und ihn anhand von Beispielen zu diskutieren. Scheidet das Konzept einer Leitkultur als Integrationsziel also aus, stellt sich weiterhin die Frage, wel- che Erwartung an einen Zuwanderer zu stellen und auf welche Ordnung er festzulegen ist. Der Autor thematisiert vor diesem Hintergrund die Bürgerpflicht zur Rechtsbefolgung, die Bedeutung von Kulturalität und Integration für eine normative Sozialisierung sowie den Iden- titätseingriff durch das neue Zuwanderungsrecht. (ICI2)

[44-L] Kotzur, Markus: Die Weltgemeinschaft im Ausnahmezustand?: politische Einheitsbildung im Zeichen der Prävention ; eine Skizze, in: Archiv des Völkerrechts, Bd. 42/2004, H. 4, S. 353-388 (Standort: UuStB Köln(38)-FHM Ga 00252; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: Der Autor analysiert die Idee von Ausnahmezustand in ihrer verfassungssoziologi- schen, verfassungstheoretischen und verfassungsphilosophischen Dimension, beschreibt die Rechtfertigungsstrategien des Irakkrieges im Lichte des geltenden Völkerrechts und zeigt Perspektiven für Konzeption und Selbstverständnis des zukünftigen Völkerrechts auf. Drama- tische Ereignisse wie der Kosovokrieg und die Terrorakte vom 11. September provozieren ei- nen schleichenden Wandel im Selbstverständnis. Die hoch umstrittene völkerrechtliche Dokt- rin vom notwendigen Präventivschlag findet ihr Pendant im umfassenden Präventionsstaat, in dem übergesetzlicher Notstand Legitimationskraft für eine Rechtsordnung der Ausnahmere- geln führt. Der Autor sieht die Notwendigkeit für mehr verfassende Strukturen auf internatio- naler Ebene zur Stärkung der UN. Das mit dem Terminus Ausnahmezustand umschriebene, unbestreitbare Phänomen der Bedrohung darf einer Verfassungstheorie des Systemversagens, einer Normkonstruktion vom Pathologischen Moment her, keinen Vorschub leisten. Erste und letzte Legitimationsgrundlage ist die Würde des Menschen und, bei aller notwendigen Si- cherheitsvorsorge, die Präponderanz der Freiheit. (Lo) soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 79 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

[45-L] Krawietz, Werner: Jenseits von national und staatlich organisierten Rechtssystemen: normative Kommunikati- on von Recht in der modernen Weltgesellschaft, in: Rechtstheorie : Zeitschrift für Logik und Juristische Methodenlehre, Rechtsinformatik, Kommunikationsforschung, Normen- und Hand- lungstheorie, Soziologie und Philosophie des Rechts, Jg. 34/2003, H. 3, S. 317-331

INHALT: In der vorliegenden Abhandlung wird der Versuch unternommen, eine Theorie der normativen Kommunikation, insbesondere derjenigen des Rechts, zu skizzieren und zu be- gründen, da die institutionellen und systemischen Voraussetzungen der Rechtskommunikati- on nach Einschätzung des Autors bisher kaum eingehend untersucht worden sind. Seine the- senhaften Überlegungen stellen ein Plädoyer für den Aufbau einer Informations- und Kom- munikationstheorie des Rechts dar, die in der modernen Wissensgesellschaft zur Verwissen- schaftlichung des Rechtsdenkens und zu einer gesteigerten Professionalisierung der Juristen- ausbildung beitragen soll. Er diskutiert ferner einige grundlegende Annahmen, die in der konventionellen dogmatischen Rechtswissenschaft einer realistischen Einschätzung der juris- tischen Argumentation und Kommunikation entgegenstehen. Seine Analysen führen zu einer Kritik an den basalen Annahmen der kontinentaleuropäischen dogmatischen Rechtswissen- schaft, die von der konventionellen Willens- und Subjekttheorie des Rechts oft ungeprüft vor- ausgesetzt werden. Diese Kritik bezieht sich auch auf die rein individualistische Normen- und Handlungstheorie, deren Prämissen einer näheren Überprüfung nicht standhalten und daher einer kommunikationstheoretischen Aufarbeitung und Rekonstruktion bedürfen. (ICI2)

[46-L] Krugmann, Michael: Das Recht der Minderheiten: Legitimation und Grenzen des Minderheitenschutzes, (Schrif- ten zum öffentlichen Recht, 955), Berlin: Duncker & Humblot 2004, 445 S., ISBN: 3-428-11435-3

INHALT: Der Autor unterteilt die juristische Analyse des Minderheitenrechts in drei Abschnitte. Zunächst erläutert er die grundsätzlichen rechtlichen Probleme, die im Zusammenhang mit der Existenz von Minderheiten in einem Land sowie mit der Anwendung von Minderheiten- rechten entstehen können. Hierzu zählt v. a. die bislang ungelöste Definitionsproblematik des Begriffs 'Minderheit'. In einem zweiten Teil widmet sich Krugmann der juristischen - und letztlich auch moralischen - Legitimation des Minderheitenrechts. Hierzu werden sowohl in- ternationale Verträge als auch nationale, sich aus dem deutschen Grundgesetz ergebende Rechtsgrundsätze herangezogen. Der dritte Teil behandelt schließlich die Grenzen des Min- derheitenrechts, die sich durch rechtliche und moralische Pflichten von Minderheiten (wie beispielsweise der Integrationspflicht) sowie durch mangelnde Verwirklichungsmöglichkei- ten von Schutzrechten für Minderheiten ergeben. Krugmann legt damit eine umfassende Ana- lyse des internationalen sowie nationalen Minderheitenschutzes vor. (ZPol, VS)

[47-L] Leunig, Sven: Föderale Verhandlungen: Bundesrat, Bundestag und Bundesregierung im Gesetzgebungs- prozess, (Europäische Hochschulschriften. Reihe 31, Politikwissenschaft, 469), Frankfurt am Main: P. Lang 2003, 267 S., ISBN: 3-631-51223-6

INHALT: Dem Bundesrat wird häufig vorgeworfen, dass er nach parteipolitischen Erwägungen entscheide und dabei Landesinteressen vernachlässige. Leunig untersucht diese Kritik auf ih- 80 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

ren Gehalt. Seine Kernthese findet in wesentlichen Punkten Bestätigung: 'Die Strukturen fö- deraler Verhandlungen im Gesetzgebungsprozess hängen wesentlich von den parteipoliti- schen Mehrheitsverhältnissen in Bundesrat und Bundestag ab' (245). Die Arbeit basiert auf acht Fallstudien aus den Jahren 1987 bis 1994, in denen Leunig untersucht, wie die Struktu- ren der Verhandlungen zwischen Bundesrat, Bundesregierung und Bundestag durch die Mehrheitsverhältnisse beeinflusst wurden. Unter Strukturen fasst er die dominierenden Inte- ressenkonflikte, die beteiligten Akteure, die Gremien, den Verhandlungsverlauf und die Verhandlungs- sowie Kompromisstechniken zusammen. In den Fallstudien wurde gezeigt, dass insbesondere die dominierenden Konflikte (koalitions- und parteiinterne Sachkonflikte bei gleichen Mehrheiten, parteipolitische Sachkonflikte bei divergierenden Mehrheiten) sowie die Nutzung bestimmter Gremien zur Konfliktlösung (Vermittlungsausschuss versus Partei- präsidien) nachweisbar von den Mehrheitsverhältnissen beeinflusst werden. (ZPol, VS)

[48-L] Malmendier, Bertrand: Vom wohlerworbenen Recht zur verrechtlichten Freiheit: Forderungen an das Öffentliche Recht der Gegenwart aus der geschichtlichen Entwicklung des Staatsabwehranspruchs, (Schriften zum öffentlichen Recht, 915), Berlin: Duncker & Humblot 2003, 541 S., ISBN: 3-428- 10539-7

INHALT: Themen dieser Monografie sind die rechtliche Dimension und die Tragweite der Frei- heit: Was ist Freiheit im rechtlichen Sinne, wie artikuliert sie sich und wie wird sie prozessual durchgesetzt? Malmendier will mit einem Gesamtüberblick über die vielschichtige Entwick- lung des Staatsabwehranspruchs und seiner Durchsetzung in der gerichtlichen Realität zum besseren Verständnis des heutigen öffentlich-rechtlichen Abwehranspruchs beitragen. Im ers- ten (materiellen) Teil zeichnet der Autor die Entwicklung des Staatsabwehranspruchs vom ausgehenden 18. Jahrhundert bis zum Bonner Grundgesetz nach. Im Wege einer integrieren- den Methode handelt er zugleich dogmatische Probleme des heutigen öffentlichen Rechts im Sinne der Aufgabenstellung des Untertitels mit ab. Im zweiten (prozessualen) Teil stellt er die gerichtliche Durchsetzbarkeit dieser Individualansprüche im Spiegel der Zeiten bis zum heu- tigen Verwaltungsprozess dar. Malmendier arbeitet so detailliert Grundlagen, Struktur, Vor- aussetzungen, Konkurrenzen und Zusammenhänge des als verrechtlichte Freiheit bestehenden Abwehranspruchs im historischen Kontext heraus. (ZPol, VS)

[49-L] März, Wolfgang (Hrsg.): An den Grenzen des Rechts: Kolloquium zum 60. Geburtstag von Wolfgang Graf Vitzthum, (Wissenschaftliche Abhandlungen und Reden zur Philosophie, Politik und Geistesgeschichte, 31), Berlin: Duncker & Humblot 2003, 239 S., ISBN: 3-428-11346-2

INHALT: 'An den Grenzen des Rechts' - und bisweilen auch jenseits ihrer Linien, in der Nachbar- schaft - bewegt sich der Jurist, seit sein neuzeitliches Denken weiche Übergänge und diffuse Randzonen des Bewusstseins, des Seins und des Sollens durch scharfe Begrifflichkeit rationa- lisiert und normativ objektiviert hat. (...) Indem das Recht an Grenzen stößt (und sie eventuell auch verschiebt oder einebnet), erkennt es zugleich das 'andere', jenseits Liegende in seinem Eigenwert an, sei es Politik, Wirtschaft, Religion oder Ethik und Moral.' (5) In den vier über- arbeiteten Vorträgen, die Graf Vitzthums Schüler im November 2001 an der Universität Tü- bingen zu Ehren des Jubilars gehalten haben, loten sie solche Grenzen am Beispiel der gesetz- soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 81 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

lichen Regelung der gentechnischen Forschung, des parlamentarischen Untersuchungsaus- schussgesetzes, der Europäischen Zentralbank sowie der Terrorismusbekämpfung aus. Aus dem Inhaltsverzeichnis: Tatjana Geddert-Steinacher: Gentechnische Entgrenzung des Men- schenbildes? (19-42); Wolfgang März: Das Parlamentarische Untersuchungsausschussgesetz. Reform an den Grenzen des Verfassungsrechts (43-77); Jörn Axel Kämmerer: Grenzen des Europarechts. Die Europäische Zentralbank als Hüterin der Gemeinschaftswährung (79-99); Stefan Talmon: Grenzen der 'Grenzenlosen Gerechtigkeit'. Die völkerrechtlichen Grenzen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus nach dem 11. September 2001 (101-183). (ZPol, VS)

[50-L] Meyer, Stephan: Gemeinwohlauftrag und föderatives Zustimmungserfordernis - eine Antinomie der Verfas- sung?: dogmatische Untersuchung zum Scheitern eines Gesetzesbeschlusses im Bundesrat nach Artikel 78 des Grundgesetzes, (Schriften zum öffentlichen Recht, 962), Berlin: Duncker & Humblot 2004, 275 S., ISBN: 3-428-11462-0

INHALT: Meyer greift die Ablehnung eines vom Bundestag beschlossenen zustimmungspflichti- gen Bundesgesetzes durch den Bundesrat als verfassungsrechtliches Problem auf. Er knüpft dabei an die Frage an, welches Organ von Verfassung wegen legitimiert ist, die Erforderlich- keit eines Gesetzes abschließend festzustellen. Im ersten Teil seiner verfassungsdogmatischen Untersuchung zeigt Meyer, wie sich aus Grundrechten, Staatszielbestimmungen und grundle- genden Staatsprinzipien - wie Rechtsstaatlichkeit und Demokratie - sowohl eine inhaltliche Bestimmung des Gemeinwohls herleiten lässt als auch eine staatliche Pflicht, dieses aktiv zu fördern. Damit ist die Grundlage für die von Meyer aufgeworfene Problemstellung entwi- ckelt: Mit welchem Recht kann sich der Bundesrat der gemeinsamen Feststellung von Bun- desregierung und Bundestag entgegenstellen, dass eine Regelung zur Förderung des Ge- meinwohls notwendig ist? Um diese Frage zu beantworten, betrachtet der Autor das bundes- staatliche Gefüge der Bundesrepublik näher. Im Ergebnis konstatiert er eine weitgehende Prä- rogative der Bundesregierung, gestützt auf das Vertrauen des Parlaments. Den Ländern weist Meyer - im Gegensatz zur Rechtsprechung und weiten Teilen der juristischen Literatur - eine lediglich vom Bund abgeleitete Staatsgewalt zu. Bundesstaatlichkeit bestimmt er funktional als 'Wirklichkeitswerdung und damit das Verfügbarhalten von alternativen Gemeinwohlkon- zepten in einem realen staatlichen Leben' (223). Beim Bundesrat liege daher die 'ex-post Kon- trolle' (246) und die 'Wahrnehmung der Alternativfunktion' bei gegebener 'Definitionssupre- matie der Bundesregierung' (247). Zustimmungsverweigerung sei damit zulässig, wenn sie 'auf der Annahme einer zu starken Einbuße politischer Potenz der Länder' gründe (247). (ZPol, VS)

[51-L] Möstl, Markus: Sicherheit oder Freiheit im Internet?, in: Christoph Bieber, Claus Leggewie (Hrsg.): Interaktivi- tät : ein transdisziplinärer Schlüsselbegriff, Frankfurt am Main: Campus Verl., 2004, S. 257-271, ISBN: 3-593-37603-2

INHALT: Der Staat als der überkommene Garant von Sicherheit scheint in den Weiten des World Wide Web bisweilen auf verlorenem Posten zu stehen. Der vorliegende Beitrag zeigt in An- betracht dieser Lage, dass Sicherheitsgewährleistung im Internet unverzichtbar ist, sowohl 82 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

um Internetfreiheit, etwa die Freiheit informationeller Selbstbestimmung im Netz, überhaupt erst wirksam werden zu lassen, als auch, um das Internet nicht von einem Raum der Freiheit zu einem Raum des Freiheitsmissbrauchs auf Kosten anderer verkommen zu lassen, in dem z. B. unbehelligt zum Hass auf Minderheiten aufgestachelt, Kinder missbraucht und sonstige strafbare Handlungen begangen werden können. Weiterhin sind einzig der Staat bzw. supra- und internationale Zusammenschlüsse von Staaten zu dieser Sicherheitsgewährleistung in der Lage. Das Internet braucht den Staat, um ein Raum freier und sicherer Kommunikation zu sein und zu bleiben. Insgesamt sind daher staatliche Sicherheitsanstrengungen im Netz nicht allein in ihrer Rolle als Feind der Freiheit zu sehen; sie sind vielmehr legitim, weil sie, wie etwa im Fall des Datenschutzes, wirkliche Internetfreiheit überhaupt erst ermöglichen. (ICA2)

[52-L] Muthers, Kerstin: Rechtsgrundlagen und Verfahren zur Festsetzung staatlicher Mittel zur Parteienfinanzie- rung, (Osnabrücker Beiträge zur Parteienforschung, 2), Göttingen: V&R unipress 2004, 257 S., ISBN: 3-89971-157-2

INHALT: Muthers beschäftigt sich mit dem Verfahren, welches bei der Bemessung und Aus- schüttung des staatlichen Teils der Parteienfinanzierung angewendet wird. Gerade dieser Be- reich ist im Jahr 2003 durch die 8. Novelle des Parteiengesetzes maßgeblich verändert wor- den. Ausgehend von einem kurzen historischen Abriss, der die Entwicklung der Gesetzge- bung und Rechtsprechung zur Parteienfinanzierung nachzeichnet, zeigt die Autorin die we- sentlichen rechtlich-institutionellen Neuerungen auf, die fortan im Festsetzungsverfahren zu berücksichtigen sind. Anschließend unternimmt sie den Versuch, den gesamten Verfahrens- ablauf als einen einheitlichen Verwaltungsvorgang - unter Berücksichtigung der einschlägi- gen Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes - darzustellen und die einzelnen Schritte aus dem Blickwinkel der Praxis zu kommentieren. Dabei macht sie insbesondere auf die Probleme aufmerksam, mit denen die Bundestagsverwaltung bei der Anwendung der Vor- schriften des Parteiengesetzes zu kämpfen hat. In diesem Zusammenhang fragt die Autorin, welchen inhaltlichen Kriterien die Rechenschaftsberichte der politischen Parteien genügen müssen, um nicht den Anspruch auf staatliche Teilfinanzierung zu verwirken. Muthers schließt mit ihrer Arbeit eine echte Forschungslücke, da sie erstmals eine umfassende Darstel- lung des gesamten Festsetzungsverfahrens vorlegt und die einzelnen Verfahrensabschnitte un- ter Würdigung von Rechtsprechung und Literatur kritisch kommentiert. So ist ein Kompendi- um entstanden, das nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch in der Praxis gute Dienste leisten wird. (ZPol, VS)

[53-L] Nicolaus, Helmut: Parteienfinanzierung zwischen Krisen und Krisenbehebung, (Schriftenreihe der Juristischen Studiengesellschaft Hannover, 37), Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges. 2004, 64 S., ISBN: 3-8329- 0434-4

INHALT: Nicolaus untersucht in dem Band die Änderungen der Achten Novelle des Parteienge- setzes vom 28. Juni 2002. Er fragt, ob mit den neuen Regelungen zur Parteienfinanzierung nunmehr ein wirksames rechtliches Instrumentarium bereitsteht, um die Missbräuche aufzu- decken, zu sanktionieren und zu unterbinden, die in den letzten Jahren durch zahlreiche Fi- soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 83 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

nanzskandale und Spendenaffären der politischen Parteien offenbar geworden sind. Er be- schränkt sich jedoch darauf, die Neuerungen im Parteienfinanzierungsrecht in aller Knappheit darzustellen und vor allem die Schlupflöcher aufzuzeigen, die auch nach der Reform noch be- stehen. Sein Urteil fällt entsprechend ernüchternd aus: Obwohl die Gesetzesnovelle gerade im Bereich der Rechenschaftspflicht eine Vielzahl von lobenswerten Änderungen bereithalte, die für einen erheblichen Zuwachs an Transparenz und Kontrolle gesorgt hätten, bleibe die Re- form insgesamt unbefriedigend. Ein Missbrauch könne auch durch das neue Parteiengesetz nicht verhindert werden, und nach wie vor bestünden zu viele Möglichkeiten beziehungswei- se institutionelle Anreize, die Vorschriften zu umgehen. So gelangt Nicolaus zu dem Schluss: '(...) nach dem Parteispendenskandal ist vor dem Parteispendenskandal' (33). (ZPol, VS)

[54-L] Ott, Claus; Schäfer, Hans-Bernd (Hrsg.): Ökonomische Analyse des Sozialschutzprinzips im Zivilrecht: vor einem Paradigmenwechsel im Zivilrecht? Beiträge zum 9. Travemünder Symposium zur ökonomischen Analyse des Rechts, 24.-27. März 2004, Tübingen: Mohr Siebeck 2004, 491 S., ISBN: 3-16-148500-9

INHALT: "Das Verhältnis von Sozialschutz und Marktrationalität und die Frage nach der Funkti- on des Sozialschutzprinzips im Zivilrecht stehen im Mittelpunkt dieses Buches. Es umfasst 10 Beiträge, die aus rechtsund wirtschaftswissenschaftlicher Sicht die bestimmten Regelungsbe- reichen des Zivil- und Wirtschaftsrechts immanente Richtigkeitsgewähr in ihrem Verhältnis zu den Kriterien ökonomischer Effizienz und zum Prinzip des Sozialschutzes analysieren. Untersucht werden im einzelnen Fragen der Vertragsgerechtigkeit, des Gläubigerschutzes und der Unternehmenshaftung und des Anlegerschutzes auf dem Kapitalmarkt. Weitere Beiträge befassen sich mit der ökonomischen Bewertung von Kündigungsschutzregeln und Regeln der Arbeitnehmerhaftung sowie mit der Modernisierung und Erfolgsmessung des Justiz." (Auto- renreferat). Inhaltsverzeichnis: Dieter Schmidtchen, Roland Kirstein: Störung der Vertragspa- rität - Horst Eidenmüller: Kommentar zu Dieter Schmidtchen: Verhandlungsanalyse, Ver- tragsparität und Vertragsrecht; Georg von Wangenheim: Wie kommt es zu umfangreichem Sozialschutz im Zivilrecht?; Peter Mankowski: Kommentar; Günter H. Roth: Gläubigerschutz durch Wettbewerb: Gesellschaftsform und Ausfallrisiko; Roland Kirstein: Kommentar; Gert Brüggemeier: Unternehmenshaftung Enterprise Liability; Holger Fleischer: Kommentar zu Gert Brüggemeier: Gelöste und ungelöste Probleme der Unternehmenshaftung; Andreas En- gert: Regulierung von Investmentfonds; Laszlo Goerke: Kommentar; Klaus Heine, Karl- Heinz Schild: Ökonomische Bewertung von Kündigungsschutzregeln; Christian Kirchner: Kommentar; Martin Schneider: Erfolgsmessung in Gerichten; Peter Weise: Kommentar; Fer- nando Gomez, Mireia Artigot-Golobardes: Who should bear the costs of workplace injuries? The difficult coordination of workers compensation and tort liability in economic perspective; Jochen Bigus: Kommentar; Stefano Lombardo, Nils-Christian Wunderlich: Über den ökono- mischen Sinn und Unsinn eines Haftungsdurchgriffs im Recht der Kapitalgesellschaften; He- ribert Hirte: Kommentar; Avery Wiener Katz: Vertragsrecht im Zeitalter des Internets: eine ökonomische Perspektive; Thomas Eger: Kommentar.

[55-L] Peczenik, Aleksander (Hrsg.): Proceedings of the 21st IVR World Congress: Lund (Sweden), 12-17 August, 2003, (Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie , Beiheft, 95), Stuttgart: Steiner 2004, 218 S., ISBN: 3-515- 08483-5 84 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

INHALT: Der erste Abschnitt versammelt fünf Beiträge, die sich mit Rawls' 'The Law of Peoples' beschäftigen. Im dritten Teil steht die 'Ibero-American Experience' im Vordergrund. Die bei- den anderen Abschnitte beinhalten Texte zu Menschenrechten und Globalisierung, zur De- konstruktion des Rechts, zur Generationengerechtigkeit, zum zivilen Ungehorsam, zur politi- schen Gleichheit, aber auch zu Familien- und Kinderrechten unter. Bis auf je einen deutsch- und spanischsprachigen Beitrag sind die Beiträge durchweg auf Englisch verfasst. Vorange- stellt ist ihnen eine Übersicht, in der der Herausgeber alle bereits veröffentlichten Beiträge der Jahrestagung mit ihrem Erscheinungsort auflistet. Aus dem Inhaltsverzeichnis: Introduc- tion and Opening Lecture Beverly McLachlin: Imagining the Other: Legal Rights and Diver- sity in the Modern World (15-22); On Rawls's 'Laws of Peoples' Alyssa Rose Bernstein: De- mocratization as an Aim of Intervention: Rawls's Law of Peoples on Just War, Human Rights, and Toleration (23-35); Chris Brown: Decent Peoples, Outlaw States, Burdened Societies: Conceptual Categories in the Law of Peoples (36-44); Kok-chor Tan: Nationalism and Cos- mopolitanism in The Law of Peoples (45-53); Alistair M. Macleod: Rawls on Human Rights: Justification and Selective Enforcement (54-63); David A. Reidy: Rawls on Global Economic Justice (64-76); General Problems of Justice Isabel Trujillo: Impartial vs. Contractarian Rea- sons. How Can the International Duty of Assistance Be Justified (77-86); F. Javier Blazques Ruiz: Derechos humanos, Globalizacion, Migraciones (87-95); John A. Baker: The Concep- tual Geography of Restorative Justice (96-105); Haig Khatchadourian: Compensation & Reparation as Forms of Compensatory Justice (106-115); Raul Madrid: Deconstruction and Universality of Law (116-122) Justice in Ibero-American Experience Bernardino Bravo Lira: Fortdauer und Problematik des Rechtsstaats in Iberoamerika (16.-21. Jahrhundert) (123-136); Rolando Tamayo: Rights, Distribution, and Access to Justice (137-145); Imer B. Flores: As- sessing Democracy and Rule of Law: Access to Justice (146-154); Rodolfo Vazquez: On Equality and Education (155-162); Specific Problems of Justice Susumu Morimura: The Na- ture of Obligation to Future Generations (163-168); Federico Fernandez-Creuhet Lopez: Good Practice: a Critical View (169-175); Maria Jose Falcon y Tella: The Presumption of In- nocence and Civil Disobedience (176-183); Christopher B. Gray: Two Visions of Equality (184-192); Silvia Augeneder: The Denial of Human Dignity from a Legal & Philosophical Point of View (193-200); Maria Isabel Garrido Gomez: Law and Politics for the Protection of Family Rights (201-210); Elisabeth Brake: Responsibility, Paternity, and the Costs of Rearing Children: Do abortion rights undermine child support obligations? (211-218). (ZPol, VS)

[56-L] Pelzer, Marei: Zurück zum Fremden-Polizeirecht?: Anti-Terror-Gesetzgebung im Zuwanderungsgesetz, in: Bürgerrechte & Polizei : CILIP, 2005, Nr. 1 = H. 80, S. 21-26

INHALT: "Schon die Anti-Terrorpakete nach dem 11. September 2001 schränkten vor allem die Rechte hier lebender MigrantInnen und Flüchtlinge ein. Mit dem Zuwanderungsgesetz wurde der gesetzgeberische Aktionismus fortgesetzt." (Autorenreferat)

[57-L] Pfaff, Victor: Die mutterlose Gesellschaft: die desintegrative Wirkung des Paragraf 36 AufenthG, in: Zeit- schrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik, Jg. 25/2005, H. 1, S. 8-10 (Standort: UuStB (Köln)38-XF442; Kopie über den Literaturdienst erhältlich) soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 85 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

INHALT: Der Autor weist in seiner Abhandlung darauf hin, dass das deutsche Ausländergesetz einige desintegrative Vorschriften enthält, die unverändert in das Aufenthaltsgesetz über- nommen worden sind. Er verdeutlicht die nationale Rechtslage am Beispiel der vorüberge- henden familiären Hilfeleistung durch im Ausland lebende Angehörige, die im Krankheits- oder Pflegefall von der restriktiven Regelung des "erweiterten Familiennachzugs" betroffen sind. Der Autor erörtert die gesetzliche Regelung in Par. 36 Aufenthaltsgesetz sowie die Be- deutung der Richtlinie 2003/86/EG im Europäischen Gemeinschaftsrecht für eine bessere In- tegration von ausländischen Staatsbürgern auf dem Wege der Familienzusammenführung. (ICI)

[58-L] Platter, Julia: Das parlamentarische Untersuchungsverfahren vor dem Verfassungsgericht: eine Betrach- tung zum Rechtsschutz vor und nach dem Erlaß des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestages (PUAG) und in Thüringen, (Beiträge zum Parlamentsrecht, 59), Berlin: Duncker & Humblot 2004, 259 S., ISBN: 3-428-11221-0

INHALT: Nach langwierigen Vorarbeiten von insgesamt 33 Untersuchungsausschüssen verab- schiedete der Bundestag im Jahre 2001 das so genannte Untersuchungsausschussgesetz (PU- AG) ohne Gegenstimme. Dadurch sollten die bislang bestehenden rechtlichen Lücken und Probleme beseitigt werden. Die Autorin vergleicht im ersten Teil die alte und die neue Rechtslage und betrachtet dabei insbesondere den kritischen Punkt des Rechtsschutzes. Im zweiten Teil fragt Platter, inwieweit die Reform den Rechtsschutz verbessert hat. Ein Fazit lautet, dass die Neuregelung in Teilen verfassungsrechtlich nicht ausreichend verankert ist. Vor diesem Hintergrund diskutiert sie im dritten Teil die Ausgestaltung der entsprechenden Rechtslage im Bundesland Thüringen. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass diesem sehr eigen- ständigen Modell Vorbildcharakter für weitere Reformen auf Bundesebene zugesprochen werden kann. (ZPol, VS)

[59-L] Raab, Thomas: Betriebliche Bündnisse für Arbeit: Königsweg aus der Beschäftigungskrise, in: Zeitschrift für Arbeitsrecht, Jg. 35/2004, Nr. 3, S. 371-403 (Standort: UuStB Köln(38)-XF175; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: "Der Umstand, dass in der Praxis eine Vielzahl von 'betrieblichen Bündnissen für Ar- beit' geschlossen werden, um in der Krise des Unternehmens Arbeitsplätze zu sichern, zeigt, dass die immer wieder erhobene Behauptung, dass die geltenden Flexibilisierungsinstrumente des Tarifvertrages in Gestalt tariflicher Öffnungsklauseln ausreichen, um den Bedürfnissen der Praxis in besonderen Ausnahmefällen Rechnung zu tragen, in dieser Allgemeinheit nicht zutrifft. Es wäre auch nicht gerechtfertigt, solchen Vereinbarungen pauschal zu unterstellen, dass sie allein Ergebnis der überlegenen Verhandlungsposition der Arbeitgeberseite sind. Vielmehr kann die Bereitschaft zu Einschränkungen tariflicher Rechte auch darauf beruhen, dass die Grenzen der Zumutbarkeit für das einzelne Unternehmen vor Ort besser erkannt werden und die Arbeitnehmer und Betriebsräte ohne Rücksicht auf die Verbandspolitik ent- scheiden können. Eine rechtliche Absicherung solcher Bündnisse für Arbeit ist möglich. Der Schutz der Tarifautonomie des Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG steht dem nicht generell entgegen. So erscheint eine Lockerung der zwingenden Wirkung des Tarifvertrages durch abweichende in- 86 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

dividualvertragliche Abreden gerechtfertigt, wenn der Betriebsrat einer vorgeschlagenen Re- gelung zugestimmt und diese damit als angemessenen Interessenausgleich akzeptiert hat. Un- ter dieser Voraussetzung erscheint es gerechtfertigt, davon auszugehen, dass die Zustimmung des Arbeitnehmers das Ergebnis einer freien, selbstbestimmten Entscheidung ist. Da der Ta- rifvertrag Ausdruck kollektiver Privatautonomie ist, ist eine abweichende privatautonome Entscheidung des einzelnen Arbeitnehmers zu respektieren. Dagegen kann von dem Tarifver- trag nicht ohne Mitwirkung des betroffenen Arbeitnehmers zu dessen Ungunsten abgewichen werden. Eine gesetzliche Öffnungsklausel zugunsten von Betriebsvereinbarungen wäre daher nicht nur rechtspolitisch verfehlt, sondern auch verfassungsrechtlich unzulässig, weil sie die Möglichkeit beinhaltet, dem Arbeitnehmer gegen seinen Willen den Tarifschutz zu entziehen und auf eine Entmündigung der Arbeitnehmer durch die Betriebsparteien hinauslaufen würde. Eine solche Regelung wäre mit der geltenden, auf dem Prinzip der Selbstbestimmung beru- henden Arbeitsrechtsordnung unvereinbar." (Autorenreferat)

[60-L] Raasch, Sibylle: Vom Verbot der Geschlechtsdiskriminierung zum Schutz von Diversity: Umsetzung der neuen EU-Antidiskriminierungsrichtlinien in Deutschland, in: Kritische Justiz : Vierteljahres- schrift für Recht und Politik, Jg. 37/2004, H. 4, S. 394-412 (Standort: UuStB Köln(38)-XF126; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: "Die EU hat seit 1975 neun Richtlinien zur Verwirklichung der Gleichbehandlung von Männern und Frauen erlassen, wobei die jüngste Richtlinie 2002/73/EG (Änderung der Richt- linie 76/207/EWG) erst bis zum 5. Oktober 2005 in nationales Recht umzusetzen ist. Orien- tiert an der Richtlinie 76/207/EWG (Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung) hat die EU im Jahr 2000 darüber hinaus mit den Richtlinien 2000/43/EG (Antirassismusrichtlinie) und 2000/78/EG (Rahmenrichtlinie Beschäftigung und Beruf) ihren Diskriminierungsschutz auf die Merkmale zugeschriebene Rasse und ethnische Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung und sexuelle Ausrichtung ausgedehnt. Diese beiden Richtlinien hätten bereits bis zum 19. Juli bzw. 2. Dezember 2003 in Deutsch- land umgesetzt sein müssen. Die Kommission hat deshalb im Juli 2004 ein Vertragsverlet- zungsverfahren gegen Deutschland ebenso wie auch gegen Belgien, Finnland, Griechenland, Luxemburg und Österreich eingeleitet." (Autorenreferat)

[61-L] Reiserer, Kerstin; Freckmann, Anke: Freie Mitarbeit und Mini-Jobs nach der Hartz-Reform, (Aktuelles Recht für die Praxis), Mün- chen: Beck 2003, 200 S., ISBN: 3-406-50796-4

INHALT: Zum Jahreswechsel 2002/2003 hat der Bundestag das Erste und Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ('Hartz-Gesetze') beschlossen. Für den Bereich der freien Mitarbeit bzw. der Scheinselbständigkeit ist dies das dritte Reformwerk seit 1999. U.a. wurden zum 1.1.2003 die bisherigen Kriterien für Scheinselbständige beseitigt und mit der 'Ich-AG' ein neues Instrument zur Förderung der Selbständigkeit eingeführt. Auch die ge- ringfügige Beschäftigung hat zum 1.4.2003 grundlegende Änderungen erfahren. Der Anwen- dungsbereich der 'Mini-Jobs' wurde erweitert durch die Erhöhung der Geringfügigkeitsgrenze auf EURO 400.-, die Einführung einer so genannten Gleitzone bis EURO 800.- sowie Son- derregelungen für Tätigkeiten im Privathaushalt. Ferner ist es seit dem 1.4.2003 wieder mög- soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 87 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

lich, einen versicherungsfreien Minijob neben der Hauptbeschäftigung auszuüben. Aus der Sicht der anwaltlichen Praxis wird ein Überblick über die gesetzliche Neuregelung beider Komplexe unter Beachtung der arbeitsrechtlichen, sozialversicherungsrechtlichen und steuer- rechtlichen Besonderheiten gegeben. Zahlreiche Übersichten, Checklisten und Beispiele ver- anschaulichen die Wirkungsweise der einzelnen Normen im Zusammenspiel. (IAB)

[62-L] Richter, Eike: Recht in interaktiven Umgebungen, in: Christoph Bieber, Claus Leggewie (Hrsg.): Interaktivität : ein transdisziplinärer Schlüsselbegriff, Frankfurt am Main: Campus Verl., 2004, S. 240-256, ISBN: 3-593-37603-2

INHALT: Das rechtliche Handeln ist selbst ein Teil eines voraussetzungsreichen Handlungsnetz- werkes. Sofern es darum geht, diese Funktionsbedingungen auszuloten, muss sich die Rechtswissenschaft dafür interessieren, wie ihre Nachbarwissenschaften Veränderungen in Staat und Gesellschaft erklären. Dies gilt heute mehr denn je für den sich vollziehenden Wandel der an nationalen Grenzen orientierten Industriegesellschaften zu einer globalen In- formations- und Wissensgesellschaft, den die Soziologie, die Politikwissenschaft, die Kom- munikationswissenschaft und andere mit der Analyse und Deskription von Gesellschaft be- fassten Wissenschaften mit Begriffen wie Vernetzung, Verlinkung, Virtualität, Hypertextuali- tät, aber eben auch mit jenem der Interaktivität zu beschreiben suchen. Der vorliegende Bei- trag versucht, den Begriff der Interaktivität auf einige Grundkategorien rechtlichen Denkens zu beziehen und vor dem Hintergrund der mit ihm zur Auffassung gebrachten Veränderungen der Kommunikationsstrukturen einige grundsätzliche Überlegungen zum Verhältnis von Recht und Technik anzustellen. In weiteren Schritten werden sich andeutende Veränderungen rechtlicher Räumlichkeit und das Verhältnis von Recht und Öffentlichkeit betrachtet, um ab- schließend einen Blick auf einige Aspekte der demokratischen Legitimation des Rechts zu werfen. (ICA2)

[63-L] Rübenkönig, Judith: Die Rechenschaftspflicht der politischen Parteien nach Art. 21 Absatz 1 Satz 4 Grundgesetz, (Europäische Hochschulschriften. Reihe 2, Rechtswissenschaft, 3819), Frankfurt am Main: P. Lang 2003, 312 S., ISBN: 3-631-51766-1

INHALT: Die verschiedenen Parteispendenaffären und -skandale der letzten Jahre haben die Dis- kussion um die Rechenschaftsberichte der Parteien neu entfacht; dabei blieb jedoch die Frage nach der Auslegung des diesbezüglichen Art. 21 Abs. 1 S. 4 des Grundgesetzes häufig unter- belichtet. Diese Lücke will die Autorin schließen. Sie diskutiert im ersten Teil zunächst die historische Entwicklung und Begründung der entsprechenden Rechtsnormen seit der Weima- rer Republik. Danach geht sie auf Novellierungen ein und arbeitet detailliert den Umfang, die Grenzen und die Absicherung der derzeit gültigen Fassung heraus. Die überwiegend rechts- wissenschaftlich orientierte Arbeit ist für Nichtjuristen nur bedingt zugänglich. Der Anhang enthält verschiedene Fassungen und Entwürfe des Gesetzes. (ZPol, VS)

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[64-L] Ruge, Reinhard: Die Gewährleistungsverantwortung des Staates und der Regulatory State: zur veränderten Rolle des Staates nach der Deregulierung der Stromwirtschaft in Deutschland, Großbritan- nien und der EU, (Schriften zum öffentlichen Recht, 944), Berlin: Duncker & Humblot 2004, 347 S., ISBN: 3-428-11350-0

INHALT: Die rechtsvergleichende Arbeit hat die veränderte Rolle des Staates infolge der Deregu- lierungs- und Privatisierungspolitik der letzten Jahrzehnte in Großbritannien, Deutschland und der EU zum Thema. Dieser Wandel wurde in Deutschland häufig als Rückzug aus der selbsttätigen Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben (Erfüllungsverantwortung) hin zu einer Gewährleistung einer funktionierenden Infrastruktur durch das Setzen entsprechender Rah- menbedingungen (Gewährleistungsverantwortung) beschrieben. In Großbritannien wird diese Veränderung als der Übergang vom 'Providing State' zum 'Regulatory State' thematisiert. Al- lerdings gibt es in beiden Ländern historisch bedingt unterschiedliche Einbindungen der ent- sprechenden Diskussion: Die britische Debatte wird vor dem Hintergrund wirtschaftswissen- schaftlicher Theorie- und Begriffsbildung geführt, während sich in Deutschland eine eigen- ständige Begrifflichkeit innerhalb der Staatsrechtslehre herausgebildet hat. Im ersten Teil der Arbeit analysiert der Autor deshalb die den Deregulierungsentscheidungen zugrunde liegen- den wirtschaftswissenschaftlichen Konzepte, um diese dann mit den rechtswissenschaftlichen Ansätzen zu vergleichen. Danach wird die Veränderung des EU-Rechts im Stromsektor ana- lysiert; anschließend führt der Autor den eigentlichen Rechtsvergleich Deutschland - Großbri- tannien für die Stromwirtschaft durch und arbeitet Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede her- aus. Er kommt zu dem Ergebnis, dass der oft diagnostizierte Wandel von der Erfüllungs- zur Gewährleistungsverantwortung den tatsächlichen Veränderungen nur eingeschränkt gerecht wird, da die Stromversorgung auch früher nicht durch den Staat selbst geleistet wurde. In Großbritannien könne man jedoch durchaus von einem Wandel vom 'Providing' zum 'Regula- tory State' sprechen. (ZPol, VS)

[65-L] Schulz-Schaeffer, Ingo: Rechtsdogmatik als Gegenstand der Rechtssoziologie: für eine Rechtssoziologie "mit noch mehr Recht", in: Zeitschrift für Rechtssoziologie, Bd. 25/2004, H. 2, S. 141-174 (Standort: Uu StB Köln(38)-XG06262; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: "Bis heute bringt die Rechtssoziologie für die Rechtsdogmatik, also für die Tätigkeit und die Erzeugnisse der methodisch kontrollierten Auslegung des kodifizierten Rechts, wenig Interesse auf. Ihren Gegenstand sieht die Rechtssoziologie in der Erforschung der empiri- schen sozialen Rechtswirklichkeit. Die gültigen Regeln der Auslegung des geltenden Rechts sind, sofern sie in der Rechtspraxis Beachtung finden, Bestandteil der Konstitution dieser Rechtswirklichkeit. Dem rechtssoziologischen Desinteresse an der Rechtsdogmatik liegt mit- hin explizit oder implizit die Annahme zu Grunde, dass die Rechtsdogmatik keinen beach- tenswerten Beitrag dieser Art zur Konstitution der Rechtswirklichkeit leistet. Der vorliegende Beitrag untersucht einige Entwicklungslinien der Rechtssoziologie, die dieser Annahme Vor- schub geleistet haben. In der Auseinandersetzung mit ihnen wird argumentiert, dass Anlass zu einer veränderten Bewertung der soziologischen Relevanz der dogmatischen Jurisprudenz be- steht." (Autorenreferat)

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[66-F] Schütte, Wolfgang, Prof.Dr.jur. (Leitung): Sozialstaat und Humandienstleistungen

INHALT: Sozialstaat und Humandienstleistungen: Neue Aufgabenverteilung zwischen öffentli- chen und privaten Organisationen. Ziel: Das Verhältnis von öffentlichen Leistungs-trägern und privaten und gemeinnützigen Leistungserbringern, die personenbezogene Dienstleistun- gen in öffentlicher Verantwortung und Finanzierung anbieten, hat sich in den letzten Jahren grundlegend gewandelt. Zum einen ist der Druck in Richtung Wirtschaftlichkeit auf der Fi- nanzierungs- wie auch auf der Erbringerseite erheblich angestiegen. Zum zweiten steigen die Ansprüche an die Dienstleistungsqualität auf Seiten der Betroffenen und Kostenträger. Drit- tens haben sich die Vorstellungen zu einer zeitgemäßen Aufgabenverteilung zwischen staatli- chen und nichtstaatlichen Instanzen verändert: Konzeptuelle Vorstellungen wie "enabling State", "aktivierender Staat" und "Supervisionsstaat" beschreiben Pfade für ein neues Rollen- verständnis des Sozialstaates im Verhältnis zu gesellschaftlichen Aktivitäten. All dies hat er- hebliche Auswirkungen auf den Teil des Sozialrechts, der sich mit dem Verhältnis von staat- licher Finanzierung, Sicherstellung der Versorgung und Qualitätssicherung einerseits und den überwiegend privatrechtlich organisierten Leistungserbringern andererseits beschäftigt: dem sog. "Leistungserbringungsrecht". Seine Deutung zwischen Wirtschaftsrecht, privatrechtli- chem Vertragsrecht, Europarecht und nationalem öffentlichem Recht ist bislang noch nicht recht gelungen. Der Gesetzgeber hat zu diesen Unklarheiten wesentlich beigetragen durch ei- ne Welle hektischer Novellierungen. In den letzten Jahren wurden alle einschlägigen Vor- schriften in den verschiedenen Zweigen des Sozialleistungsrechts neu gefasst. Zudem hat je- des sozialrechtliche Leistungssystem historisch starke Eigenarten herausgebildet, die es fast unmöglich machen, von einer einheitlichen rechtlichen Aufgabenzuordnung zu sprechen. Vor diesem Hintergrund diente das Forschungsvorhaben dazu, das gegenwärtig kodifizierte Leis- tungserbringungsrecht im Sozialrecht und seine dogmatische Bearbeitung unter rechtssyste- matischen wie unter sozialpolitischen Aspekten zu bewerten und fortzuentwickeln. Seit 2001 ist der Autor im Ehrenamt als neutraler Vorsitzender bzw. stellvertretender Vorsitzender in verschiedenen sozialrechtlichen Schiedsstellen tätig, in dem im Leistungserbringungsrecht beteiligten Organisationen bei Nichteinigung Vereinbarungen für Behinderteneinrichtungen, Pflegeheime und -Dienste sowie Krankenhäuser verhandeln; insofern ist er mit diesem Rechtsgebiet auch in eigener Spruchpraxis befasst. Verlauf, Ergebnisse und Perspektiven: Im Sommersemester 2004 wurde u.a. beim Sozialgericht Hamburg, am Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Sozialrecht in München sowie in der Rolle des ehrenamtli- chen Mit-Vorsitzenden bei den Hamburger Schiedsstellen hospitiert. Der Antragsteller setzt das Projekt mit einer auf das Leistungserbringungsrecht ausgerichteten sozialrechtlichen Ziel- setzung fort. Er arbeitet an Grundzügen eines die besonderen Leistungsgesetze übergreifen- den Leistungserbringungsrechts. Auf seine Anregungen hin werden der Deutsche Verein und die Vorsitzenden der sozialrechtlichen Schiedsstellen sich demnächst mit den Perspektiven eines einheitlichen Konfliktregulierungsmodells im Rahmen des sozialrechlichen Vertrags- wesens auseinandersetzen und eine gesetzgeberische Initiative zur Ergänzung des Allgemei- nen Sozialrechts erörtern. VERÖFFENTLICHUNGEN: Wissenschaftliche Tagung zum Recht der Rehabilitation und Teil- habe, Universität Kiel und Sozialversicherungsträger, Kiel 13.-14.11.03: Der Vorrang der Rehabilitation vor Rente, inzwischen erschienen in: Zeitschrift für Sozialreform, 2004, H. 4. Weitere Publikationen sind im Netz unter: http://www.sgb-ix-umsetzen.de abrufbar. ART: keine Angabe BEGINN: 2003-09 ENDE: 2005-08 AUFTRAGGEBER: keine Angabe FI- NANZIERER: keine Angabe 90 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

INSTITUTION: Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, FB Sozialpädagogik (Saarlandstr. 30, 22303 Hamburg) KONTAKT: Leiter (Tel. 040-42875-7123, Fax: 040-42863-2572 o. -2576, e-mail: [email protected])

[67-L] Sessar, Klaus: Verbrechen als soziale Konstruktion: eine kriminologische Vorlesung, in: Kari-Maria Karlic- zek (Hrsg.): Kriminologische Erkundungen : wissenschaftliches Symposium aus Anlass des 65. Geburtstages von Klaus Sessar, Münster: Lit Verl., 2004, S. 32-77, ISBN: 3-8258-8013-3 (Stand- ort: ULB Münster(6)-3F54417)

INHALT: Der Verfasser knüpft seine Überlegungen an die provozierende These von der Normali- tät und Funktionalität des Verbrechens. Er zeichnet im Folgenden die Bemühungen der tradi- tionellen Kriminologie nach, das Verbrechen theoretisch zu erklären, und macht in seiner Auseinandersetzung mit methodischen und inhaltlichen Aspekten der Kausalitätsproblematik deutlich, dass die Kriminologie neue Denkansätze benötigt. Hierbei verlagert sich der Fokus von einzelnen Ursachen, die sich mit zunehmender Komplexität kaum noch isolieren lassen, auf Texturen von Zusammenhängen mit vielfältigen Verbindungen. Mit der Schwächung ü- berkommener kriminologischer Kausalitätsvorstellungen geht eine Relativierung der Krimi- nalitätsbilder einher, die diesen Vorstellungen entsprechen. Jeder allgemeine Erklärungsver- such von Kriminalität muss an der Heterogenität strafbarer Verhaltensweisen scheitern, denen nur das Merkmal des Verbotenseins gemeinsam ist. Hier setzt der auf dem symbolischen In- teraktionismus basierende Labeling Approach an, der von neueren konstruktivistischen An- sätzen weiterentwickelt wird. Perspektiven der Forschung in der modernen Kriminologie sieht der Verfasser in einer Hinwendung zur Systemforschung. (ICE)

[68-L] Siems, Mathias: Die Idee des Neoliberalen im deutschen Recht, in: Rechtstheorie : Zeitschrift für Logik und Juristische Methodenlehre, Rechtsinformatik, Kommunikationsforschung, Normen- und Hand- lungstheorie, Soziologie und Philosophie des Rechts, Bd. 35/2004, H. 1, S. 1-18

INHALT: Unter dem Einfluss neoliberaler Theorien wird das Arbeitsrecht häufig als Hemmnis für den Standort Deutschland angesehen und es soll daher unter den Stichworten der Deregu- lierung und Flexibilisierung eingeschränkt werden. Demgegenüber verstehen Wirtschafts- rechtler unter Neoliberalismus meist den Ordoliberalismus, der sich - stark verkürzt - gerade durch das Erfordernis einer staatlichen Regulierung zum Schutze des Wettbewerbes aus- zeichnet. Diese Konfusion wird noch dadurch verstärkt, dass im politischen Sprachgebrauch in der Globalisierung und dem Schröder-Blair-Papier Ausprägungen neoliberalen Gedanken- guts gesehen werden. Vor diesem Hintergrund ist es schwierig, eine umfassende neoliberale Rechtstheorie zu entwickeln. Bestimmten Gesetzen oder Normen können jedoch neoliberale Grundsätze als Auslegungstopoi zugrunde liegen. Neben der Entstehungsgeschichte betrifft dies vor allem den objektiven Telos und die Beschreibung der Wirkung des Rechts. Bevor der vorliegende Beitrag diesen rechtlichen Überlegungen im Einzelnen nachgeht, wird ausgehend vom klassischen Liberalismus schrittweise eine nähere Konkretisierung des Begriffes des Neoliberalismus versucht. Der Anknüpfungspunkt für den deutschen Neoliberalismus ist der Ordoliberalismus. Kennzeichnend ist dabei vor allem, dass durch staatliche Aktivitäten, die soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 91 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

auch Freiheitseinschränkung enthalten können, insgesamt eine freiheitliche Ordnung ermög- licht werden soll. Entscheidend ist also nicht eine formale Garantie einer gesetzlich gesicher- ten Freiheit, sondern die reale Chance tatsächlich erfüllter Freiheit: "Die Freiheit des Schafes, mit dem Wolf zusammenzuleben, bedeutet wenig bei Abwesenheit des Hirten". (ICA2)

[69-L] Stern, Klaus (Hrsg.): Zeitgemäßes Zuwanderungs- und Asylrecht - ein Problem der Industriestaaten: internatio- nale wissenschaftliche Tagung des Japanisch-Deutschen Zentrums Berlin vom 16. bis 18. Juni 2002, (Schriften zum öffentlichen Recht, 922), Berlin: Duncker & Humblot 2003, 285 S., ISBN: 3-428-11149-4

INHALT: Aus dem Inhaltsverzeichnis: Referate Albrecht Randelzhofer: Die völker- und verfas- sungsrechtlichen Grundlagen des deutschen Asylrechts (19-31); Hiroaki Kobayashi: Asyl-, Ausländer- und Zuwanderungsrecht in Japan: die Verfassungs- und einfachgesetzlichen Rechtsgrundlagen (33-50); Rudolf Streinz: Gibt es ein europäisches Einwanderungs- und A- sylrecht? - Probleme der Vergemeinschaftung (67-98); Kay Hailbronner: Zuwanderungsbe- grenzung oder Zuwanderungserleichterung? - Das Zuwanderungsgesetz 2002 im Spiegel der Vorstellungen der politischen Parteien (99-123); Koichi Miyazawa: Neuere Entwicklung der japanischen Ausländerpolitik unter besonderer Berücksichtigung der Straffälligkeit von Gast- arbeiterkindern aus Brasilien (125-132); Statements. (ZPol, VS)

[70-L] Stiftung Marktwirtschaft - Frankfurter Institut (Hrsg.): Flexibler Kündigungsschutz am Arbeitsmarkt, (Schriftenreihe / Stiftung Marktwirtschaft, 41), Berlin 2004, 62 S.; 133 KB, ISBN: 3-89015-096-9 (Standort: IAB-253 BP 043; Graue Literatur; URL: http://www.chancenfueralle.de/Downloads/PDF_-_Dateien/Publikationen_Kostenlose_ Downloads/Studie-Kuendigungsschutz.pdf)

INHALT: Der seit 1951 bestehende gesetzliche Kündigungsschutz führt dazu, dass viele Unter- nehmen wegen der unflexiblen Entlassungsregelung vor Neueinstellungen zurückschrecken. Vor diesem Hintergrund entwickelt der 'Kronberger Kreis' in seiner Studie den Reformvor- schlag, den gesetzlichen Kündigungsschutz einzelvertraglich abdingbar zu machen, unter Beibehaltung des Verbots willkürlicher Kündigungen. Der Stellenwert des bisherigen gesetz- lichen Kündigungsschutzes wird erläutert. Die einzelnen Kritikpunkte daran werden über- prüft. Den Wirkungen eines gesetzlichen Kündigungsschutzes auf dem freien Markt und bei Tariflöhnen werden die Vorzüge eines privat vereinbarten Kündigungsschutzes entgegen gehalten. Dabei wird eine graduelle Umsetzung der marktorientierten Reformstrategie emp- fohlen, die nicht die bestehenden, sondern erst die neu abzuschließenden Arbeitsverhältnisse betrifft. (IAB)

[71-L] Strasser, Peter: Das neue Kontrolldenken in der Kriminologie, in: Kriminologisches Journal, Jg. 37/2005, H. 1, S. 39-52 (Standort: UuStB Köln(38)-XF146; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: Es gab eine Zeit, da gehörte es zur Standardausrüstung des kritischen Bewusstseins, sich gegen das vermutete oder tatsächliche Eindringen biologischer Theorien in den Bereich 92 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

der Humanwissenschaften zu wehren. Diese Zeit - die Zeit der Kritischen Kriminologie - ist bis auf weiteres vorbei, wie der Autor am Beispiel einiger theoretischer Diskurse und empiri- scher Untersuchungen zeigt. In den akademisch aussichtsreichen Aktionsfeldern ist man sei- ner These zufolge stolz darauf, sich nicht mehr mit alten metaphysischen Theoremen oder anthropologischen Spekulationen herumschlagen zu müssen: Man ist wieder Biologist. Das bedeutet unter anderem, dass man auf eine immer bessere Feinsteuerung sozialer Verhaltens- weisen durch biowissenschaftliche Fortschritte setzt, gleichgültig ob verhaltenstechnologi- scher, pharmakologischer oder - als Fernziel - eugenischer Art. Bei all dem ist es gar nicht so wichtig, wie wirklichkeitsnah die naturalistischen und posthumanistischen Leitideen sind. Viel wichtiger ist die Stimmung, aus der heraus ein scheinbar enttabuisiertes Bild vom aso- zialen Menschen sozial implementiert wird. Denn rund um ein solches Bild können sich neue Kontrollstrategien inmitten der Unkontrollierbarkeit des neokapitalistischen Systems durch- setzen und verfestigen. (ICI2)

[72-F] Theuerkauf, Sarah, Dipl.iur. (Bearbeitung); Epiney, Astrid, Prof. (Betreuung): Das Verbot politischer Parteien als Verstoß gegen die EMRK (Europäische Menschen- rechtskonvention) - Analyse der Rechtsprechung des EGMR (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) zu Parteiverboten

INHALT: Nachdem in den vergangenen Jahren durch den EGMR zahlreiche Entscheidungen über Parteiverbote, insbesondere über Fälle in der Türkei, ergangen sind, habe ich mich entschlos- sen, im Rahmen meiner Dissertation die Urteile des EGMR zu analysieren und gemeinsame Leitlinien herauszuarbeiten; dies auch vor dem Hintergrund, dass ein zusammenfassendes Werk über dieses Thema bisher fehlt. Zunächst sollen Grundlagen der EMRK erarbeitet wer- den, bevor dann die Rolle von politische Parteien in verschiedenen EMRK-Mitgliedstaaten sowie der EU und das Rechtsinstitut des Parteiverbots näher untersucht werden. Zum Schluss wird anhand der Urteile des EGMR untersucht, welchen menschenrechtlichen Maßstäben na- tionale Parteiverbote unterliegen. ZEITRAUM: September 2003 bis ca. 2005 GEOGRAPHI- SCHER RAUM: EMRK-Mitgliedstaaten, Europäische Union METHODE: Untersuchung von Urteilen des EGMR; Analyse von nationalem Recht und juristi- scher Literatur ART: Dissertation BEGINN: 2003-09 ENDE: 2005-12 AUFTRAGGEBER: nein FINANZIERER: Wissenschaftler INSTITUTION: Universität Fribourg, Rechtswissenschaftliche Fakultät, Institut für Europarecht (Av. de Beauregard 11, 1700 Fribourg, Schweiz) KONTAKT: Bearbeiterin (e-mail: [email protected])

[73-L] Thiele, Ulrich: Carl Schmitts Klassiker-Interpretation und ihre verfassungsdogmatische Funktion, in: Rechtstheorie : Zeitschrift für Logik und Juristische Methodenlehre, Rechtsinformatik, Kommuni- kationsforschung, Normen- und Handlungstheorie, Soziologie und Philosophie des Rechts, Bd. 35/2004, H. 2, S. 232-246

INHALT: Die klassische Streitfrage in der Schmitt-Exegese lautet: Wie lässt sich Schmitts Option im Frühjahr 1933 für die nationalsozialistische Diktatur erklären? Steht seine Parteinahme für die Machtergreifung in einem Kontinuitäts- oder Diskontinuitätsverhältnis zu seiner Analyse soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 93 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

der Weimarer Reichsverfassung? Schmitt gilt als ein Meister der Camouflage, der seine ei- gentlichen Argumentationsabsichten gut zu verbergen wusste. Außerdem bewegen sich seine Argumentationen häufig zugleich in juristischen, politischen, philosophischen und auch poli- tisch-theologischen Theoriekontexten. Und schließlich oszillieren nicht selten deskriptive Aussagen (z.B. hinsichtlich der Verfassungsgeschichte) und normative Aussagen (z.B. über die wahre Demokratie) ineinander, wobei die Übergänge mit Bedacht fließend gehalten wer- den. So gelingt es Schmitt immer wieder, strategische Perspektivwechsel wie normative Posi- tionswechsel aussehen zu lassen und umgekehrt, was die Rezeption nicht erleichtert. Am Bei- spiel von Carl Schmitts verfälschender Sieyes-Exegese, die von strategisch zentraler Bedeu- tung gewesen ist, zeigt der Beitrag: Nur wenn man Sieyes' Pouvoir-Constituant-Theorie von ihrem substanziellen Prozeduralismus befreit, lässt sich das Volk in seiner konstituierenden Funktion als bloße Zurechnungseinheit präsentieren, während es bei Sieyes stets als reale Entscheidungseinheit gedacht war. Carl Schmitts "unselige" Indienstnahme der Demokratie- theorie Rousseaus und der Pouvoir-Constituant-Theorie Sieyes' für seine Legitimierung der Machtergreifung hat sehr effektiv dazu beigetragen, dass im weiteren Sinne basisdemokrati- schen Demokratiekonzeptionen bis heute ein totalitärer Ruf anhängt. (ICA2)

[74-L] Tießler-Marenda, Elke: Verbesserter Schutz vor Diskriminierung?: Einführung in den Entwurf für ein Antidiskri- minierungsgesetz, in: Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik, Jg. 25/2005, H. 3/4, S. 100-106 (Standort: UuStB (Köln)38-XF442; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: Ziel des Beitrags ist es, vor europarechtlichem Hintergrund einen ersten Einblick in den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung europäischer Antidiskriminierungsvorschriften in Deutschland zu geben und es unter dem Gesichtspunkt zu bewerten, in wie weit es das Schutzniveau insbesondere für Menschen mit Migrationshintergrund verbessert. Die Verfas- serin würdigt das Gesetz als wichtigen Schritt zur Entwicklung eines konsistenten Antidis- kriminierungsrechts in Deutschland. Verbesserungen konstatiert sie beim Schutz vor Diskri- minierung im Beschäftigungsbereich sowie beim Schutz von Menschen mit Migrationshin- tergrund im allgemeinen Zivilrecht. Demgegenüber bleiben in den Bereichen Sozialschutz und Bildung Defizite bestehen. (ICE2)

[75-L] Uslucan, Sükrü: Fataler Doppelpass ins Abseits? - zum "tückischen" Rückerwerb der türkischen Staatsange- hörigkeit, in: Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik, Jg. 25/2005, H. 3/4, S. 115-120 (Standort: UuStB (Köln)38-XF442; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: Der Verfasser stellt zunächst die Fälle des Rückerwerbs der türkischen Staatsangehö- rigkeit durch eingebürgerte Deutsch-Türken vor und nach der Gesetzesänderung im Jahr 2000 einander gegenüber. Er beschäftigt sich im Folgenden mit den rechtlichen Folgen eines Rück- erwerbs wie auch mit den Möglichkeiten einer Wiedereinbürgerung oder Aufenthaltsgewäh- rung. Es schließt sich eine Diskussion des angeblichen Mehrstaatigkeitsverbotes ("Vermei- dungsprinzip") in der Tradition des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts an, wobei der Ver- fasser auf die allmähliche Erosion des Vermeidungsprinzips aufmerksam macht. In seinem Fazit konstatiert der Verfasser, dass die staatsangehörigkeitsrechtliche Rechtslage den Betrof- 94 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

fenen häufig unklar bleibt. Erfolgreiche gesellschaftliche Integration sei allerdings eben nicht an dem Besitz einer oder mehrerer Staatsangehörigkeiten messbar. (ICE2)

[76-L] Weinacht, Paul-Ludwig: Zivilisation durch richtiges Recht: zu Montesquieus Naturrechtskonzeption, in: Bernhard Schäfers, Justin Stagl (Hrsg.): Kultur und Religion, Institutionen und Charisma im Zivilisations- prozess, Konstanz: Hartung-Gorre, 2005, S. 83-99, ISBN: 3-89649-966-1

INHALT: "Paul-Ludwig Weinacht zeigt die Bedeutung von Montesquieus Naturrechtskonzeption für die soziokulturellen Ordnungen bürgerlicher Gesellschaften und damit ihrer Zivilisation. In den 'Persischen Briefen' von 1721 lässt sich die Leitidee einer an Recht und Politik orien- tierten Zivilisation auffinden. Anhand des Märchens von dem Volk der Troglodyten entwi- ckelt Montesquieu eine Neuerung des Zivilisationskonzepts: Die Tugendrepublik, welche nicht mehr die einzige Hochform der Zivilisation darstellt, gründet sich auf Menschlichkeit und Gerechtigkeit. Als Beispiel für Montesquieus Bestreben, innerhalb einer solchen Zivilisa- tion die richtigen Gesetze anzuwenden, wählt Weinacht dessen Erläuterungen zum Verbot der Verwandten-Ehe und kommt zu dem Schluss: Es gibt nicht nur eine europäische Zivilisati- on." (Autorenreferat)

[77-L] Weinrich, Martin: Norm, Abweichung und Zuschreibung als Grundbegriffe einer reflexiven Kriminologie, in: Kari-Maria Karliczek (Hrsg.): Kriminologische Erkundungen : wissenschaftliches Symposium aus Anlass des 65. Geburtstages von Klaus Sessar, Münster: Lit Verl., 2004, S. 179-209, ISBN: 3- 8258-8013-3 (Standort: ULB Münster(6)-3F54417)

INHALT: Der Verfasser siedelt seine Überlegungen zu einer reflexiven Kriminologie auf der Ebene zwischen Mikro- und Makrosoziologie an. Er umreißt den verwendeten Krimina- litätsbegriff und definiert das Strafrecht als den zentralen sozialen Tatbestand, von dem kri- minologische Theoriebildung auszugehen hat. Norm, Abweichung, Zuschreibung und Sankti- onierung werden als Grundbegriffe der Kriminologie erläutert, die "sozialanthropologische Grundtatsachen" thematisieren und "in dieser Eigenschaft von unschätzbarer theoretischer Fruchtbarkeit für die Kriminologie als Reflexionswissenschaft sein können". Erkenntnisinte- resse einer reflexiven Kriminologie ist es, "die Ko-Evolution von Delinquenz und Gesell- schaft retrograd beschreiben und kausal rekonstruieren zu können". (ICE2)

[78-L] Weßels, Bernhard: Wie Vertrauen verloren geht: Einsichten von Abgeordneten des Bundestags, in: WZB- Mitteilungen, 2005, H. 107, S. 13-16 (Standort: UuStB Köln(38)-XA1592; Kopie über den Litera- turdienst erhältlich; URL: http://www.wz-berlin.de/publikation/pdf/wm107/13.pdf)

INHALT: "Die in den letzten Monaten öffentlich gewordenen Nebenverdienste von Politikern haben zu einem Vertrauensverlust der Bürger gegenüber der Politik geführt. Die meisten Ab- geordneten des Deutschen Bundestags sehen in diesem Vertrauensverlust ein ernsthaftes Problem für die Demokratie in Deutschland. Aber sie erachten nicht nur Affären und Skanda- le als dessen Ursache, sondern ebenso Repräsentations- und Vermittlungsprobleme der Poli- soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 95 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

tik. Die Bundestagsabgeordneten haben offenbar ein komplexes Verständnis von Vertrauens- generierung. Daher sollte ihnen bewusst sein, dass Vertrauensverluste schnell eintreten, Ver- trauen jedoch nur langsam zurückzugewinnen ist. Warum, so die offene Frage, kommt es dennoch immer wieder zu Vertrauensbrüchen?" (Autorenreferat)

[79-L] Weßler-Hoth, Susanne: Paragraph 1a KSchG - Steine statt Brot für Arbeitnehmer?: oder: Führt das Gesetz zu Re- formen am Arbeitsmarkt zu mehr Sperrzeiten?, in: Informationen zum Arbeitslosenrecht und Sozialhilferecht, Jg. 21/2003, H. 6, S. 246-248

INHALT: Aus juristischer Sicht wird der Frage nachgegangen, ob die Neuregelung des Kündi- gungsschutzgesetzes, das am 1. Januar 2004 in Kraft tritt, zu mehr Sperrzeiten führt, denn im Gesetzentwurf und seiner Begründung finden die zu erwartenden sozialrechtlichen Auswir- kungen des gesetzlichen Abfindungsanspruchs, insbesondere auf den Eintritt einer Sperrzeit nach Paragraph v144 Abs. 1 Nr. 1 AGB III keine Erwähnung. Die Bundesregierung hat auf die Frage, ob es erforderlich sei, durch eine ergänzende gesetzliche Regelung klarzustellen, dass die Inanspruchnahme einer Abfindung keine Sperrzeit auslöst, geantwortet, eine solche Klarstellung sei nicht erforderlich. Eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe trete nur dann ein, wenn der Arbeitslose die Arbeitslosigkeit aktiv verursacht hat. Bei Betrachtung der einschlä- gigen Rechtsprechung des BSG und der Verwaltungspraxis der Bundesanstalt für Arbeit er- geben sich jedoch Zweifel an dieser Argumentation. Dargelegt und erläutert werden ver- schiedene Urteile zu dem Thema. Geschlussfolgert wird, dass 'unter Berücksichtigung der vom Gesetzgeber mit der Einfügung des Paragraph 1a in das Kündigungsschutzgesetz ver- folgten Zielsetzung, vor allem im Interesse der Unternehmen eine einfach zu handhabende, unbürokratische, kostengünstige und kalkulierbare Alternative zum Kündigungsschutzprozess einzuführen, man zu Gunsten des Arbeitnehmers bei Inanspruchnahme der Regelung des Pa- ragraph 1 a KSchG das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die einvernehmliche Auflö- sung des Beschäftigungsverhältnisses annehmen (wird) müssen'. (IAB)

[80-F] Weyers, Stefan, Dr.; Eckensberger, Lutz H., Prof.Dr. (Bearbeitung): Die Entwicklung rechtlicher Vorstellungen und Orientierungen in der Adoleszenz im Kon- text religiös-kultureller Differenz

INHALT: Das Recht stellt ein Regelsystem für Handlungen dar, dem in modernen Gesellschaften wachsende Bedeutung zukommt. Rechtliche Denkfiguren emergieren im Übergang zum Ju- gendalter. Das Projekt zielt daher auf die Rekonstruktion der Entwicklung rechtlicher Vor- stellungen und Orientierungen in der Adoleszenz. Im Zentrum stehen die Rechtsdimensionen Unrecht und Sanktion, verfahrensmäßige Konfliktregelung, demokratische Normsetzung und Menschenrechte. Rechtliche Vorstellungen sind eingebettet in moralische, religiöse und kon- ventionelle Deutungen. In westlichen Gesellschaften ist das säkulare Recht die zentrale In- stanz für die Regulation öffentlicher Konflikte. In vielen traditionellen Kulturen sind Religi- on, Moral, Recht und Konvention dagegen viel stärker miteinander verzahnt. In mehrikultu- rellen Gesellschaften ist daher von Interesse, wie Jugendliche unterschiedlicher religiös- kultureller Herkunft Rechtsnormen interpretieren und wie sie die Regelsysteme Recht, Moral, Religion und Konvention miteinander koordinieren. GEOGRAPHISCHER RAUM: Bundes- republik Deutschland 96 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

METHODE: Untersucht werden 72 christliche und islamische Jugendliche im Alter von 12-22 Jahren, die in Deutschland aufgewachsen sind. Mit ihnen werden Interviews zum allgemeinen Verständnis von Rechtsnormen sowie zu alltagsweltlichen Konflikten durchgeführt. Die Imp- likationen der Untersuchung für die Förderung demokratischen Rechtsbewusstseins sollen systematisch aufgearbeitet und mit Fachleuten diskutiert werden. VERÖFFENTLICHUNGEN: Weyers, Stefan: Die Entwicklung von Rechtsvorstellungen im Kontext religiös-kultureller Differenz. in: DIPF informiert. Journal des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung, 2005, Nr. 8 (im Druck). ARBEITSPAPIERE: Weyers, Stefan; Eckensberger, Lutz H.: Die Entwicklung rechtlicher Vorstellungen und Ori- entierungen in der Adoleszenz im Kontext religiös-kultureller Differenz. Antrag an die DFG. Frankfurt/ Main 2004. ART: gefördert BEGINN: 2005-07 AUFTRAGGEBER: nein FINANZIERER: Deutsche For- schungsgemeinschaft INSTITUTION: Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung -DIPF- (Postfach 900270, 60442 Frankfurt am Main); Universität Frankfurt, FB 04 Erziehungswissenschaften, Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft WE I (Robert-Mayer-Str. 1, Fach 111, 60054 Frankfurt am Main) KONTAKT: Weyers, Stefan (Dr. Tel. 069-798-23735, e-mail: [email protected])

[81-L] Wiefelspütz, Dieter: Das Untersuchungsausschussgesetz, Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges. 2003, 297 S., ISBN: 3-78 90-8323-2

INHALT: Nach vielen gescheiterten Anläufen hat der Deutsche Bundestag im Jahr 2001 einstim- mig ein Gesetz über parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschlossen. Wiefelspütz, seit 1987 selbst Mitglied im Geschäftsordnungsausschuss des Bundestages und somit an den Beratungen unmittelbar beteiligt, stellt die rechtlichen Grundlagen und konkreten Regelungen ausführlich dar. Dabei geht er auch auf die Rechtslage in den Bundesländern, die lange Zeit vom Bundestag angewandten Regeln der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft sowie die verschiedenen Anläufe zu einer bundesgesetzlichen Regelung ein. Wiefelspütz diskutiert differierende Vorschläge zu Einzelfragen kritisch. Insgesamt kommt er zu einer positiven Bewertung des Gesetzes. Zwar sei es nur begrenzt innovativ, sein wesentlicher Vorteil liege jedoch darin, dass zentrale Streitfragen, wie Minderheitenrechte bei der Ausgestaltung des Einsetzungsbeschlusses, Rechte der Mehrheit hinsichtlich der Berufung von Zeugen und der Reihenfolge der Befragung sowie Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrechte nunmehr ge- regelt seien. (ZPol, VS)

[82-L] Wiefelspütz, Dieter: Der Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte und der Bundestag: ein erster Gesetzent- wurf, in: Recht und Politik : Vierteljahreshefte für Rechts- und Verwaltungspolitik, Jg. 40/2004, H. 2, S. 101-107 (Standort: UuStB Köln(38)-XF98; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: Der Gesetzentwurf der SPD-Bundestagsfraktion stellt eine Reaktion auf Entscheidun- gen des Bundesverfassungsgerichts von 1994 und 2003 dar. Er definiert den zentralen Begriff des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts und umfasst Regelungen zum Antrag der Bundesregierung, zum vereinfachten Zustimmungsverfahren, zur nachträglichen Zustim- soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 97 1 Allgemeine Darstellungen, Theorien, Politiken, Methoden

mung, zur Unterrichtung des Bundestags sowie zum Rückholrecht des Bundestags. Bei dem vorgeschlagenen Gesetz handelt es sich dabei um ein Verfahrensgesetz, das die Frage nach dem Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte selbst nicht beantwortet. (ICE)

2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

[83-L] Bannenberg, Britta; Schaupensteiner, Wolfgang J.: Korruption in Deutschland: Portrait einer Wachstumsbranche, (Beck'sche Reihe, 1564), München: Beck 2004, 227 S., ISBN: 3-406-51066-3

INHALT: Korruption ist in Deutschland ein weit verbreitetes Phänomen, so die zentrale Aussage des Autorenteams. In manchen Branchen und in Teilen der Verwaltung gehöre sie praktisch zum Geschäftsalltag; ein Unrechtsbewusstsein sei bei den Akteuren dagegen kaum vorhan- den. Die Professorin für Kriminologie und der Oberstaatsanwalt geben einen Überblick über dieses Phänomen in Deutschland: Zunächst wird dargestellt, was unter Korruption zu verste- hen ist und welche Formen von Korruption existieren. Zudem werden die Dimensionen der korruptionsbedingten volkswirtschaftlichen Schäden skizziert. Danach stellen die Autoren dar, mit welchen Methoden Korruptionsbeziehungen aufgebaut werden. Anschließend wird eine größere Anzahl von Fallbeispielen mit Namen der betreffenden Akteure sowie Zahlen- angaben angeführt. Schließlich entwickeln die Autoren Handlungsvorschläge zur Verringe- rung der Korruption, u. a. fordern sie den Ausschluss von auffällig gewordenen Unternehmen aus der öffentlichen Auftragsvergabe und die Einführung von umfassenden Sanktionsmög- lichkeiten gegen juristische Personen (Unternehmensstrafrecht). (ZPol, VS)

[84-F] Becker, Rolf, Prof.Dr.; Heintze, Isolde, Dipl.-Soz. (Bearbeitung); Mehlkop, Guido, Dr. (Leitung): Kriminalität in Dresden

INHALT: Ziel des Vorhabens ist die empirische Überprüfung eines theoretischen Modells, das zu erklären versucht, warum und unter welchen Bedingungen Individuen bereit sind, Straftaten zu begehen. Nach der ökonomischen Theorie abweichenden Verhaltens ist Kriminalität als gesellschaftliches Phänomen das aggregierte Ergebnis absichtsvoller Entscheidungen und Handlungen von Individuen. Sie begehen dann Straftaten, wenn diese aus ihrer Sicht eher Vorteile (wie Wohlstand oder soziale Anerkennung) erbringen als legale Handlungen. In die- sem Fall versuchen sie zielgerichtet über Straftaten, Gewinne zu erzielen, und achten dabei darauf, dass für sie selbst keine nachteiligen Konsequenzen (wie etwa Strafen, soziale Äch- tung oder Selbstbeschädigung) entstehen. Dieses ökonomische Grundmodell vernachlässigt jedoch den Einfluss von Sozialisationseffekten, internalisierten Normen und die subjektive Wahrnehmung von Gelegenheiten für Straftaten und ihre Erfolgswahrscheinlichkeiten, wel- che wiederum die Kosten-Nutzen-Abwägungen und damit den Entscheidungsprozess für oder gegen die Ausführung einer Straftat steuern. Diese Einflüsse variieren zwischen den sozialen Schichten und aus theoretischer Sicht kann damit verdeutlicht werden, dass die häufig im All- tag vertretene Hypothese, untere und ärmere Sozialschichten seien krimineller als die ökono- 98 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

misch privilegierten Sozialschichten, auf einem ökologischen Fehlschluss beruht. GEOGRA- PHISCHER RAUM: Dresden METHODE: Mittels einer postalischen Befragung von Dresdner Bürgern sollen Daten über deren delinquentes Handeln (Ladendiebstahl, Steuerhinterziehung, Schwarzfahren, Unfallflucht und Versicherungsbetrug) erhoben werden. Anhand dieser Daten soll das modifizierte ökonomi- sche Modell der Kriminalität auf seine Tragfähigkeit überprüft und seine Erklärungskraft mit der von alternativen Erklärungsansätzen verglichen werden. ART: gefördert BEGINN: 2004-11 ENDE: 2007-04 AUFTRAGGEBER: nein INSTITUTION: Technische Universität Dresden, Philosophische Fakultät, Institut für Soziologie Lehrstuhl für Makrosoziologie (01062 Dresden) KONTAKT: Leiter (e-mail: [email protected], Tel. 0351-463-34112)

[85-L] Bischof, Boris A.: Europäische Rasterfahndung: grenzenlose Sicherheit oder gläserne Europäer?, in: Kritische Justiz : Vierteljahresschrift für Recht und Politik, Jg. 37/2004, H. 4, S. 361-380 (Standort: UuStB Köln(38)-XF126; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: "In allen deutschen Bundesländern wurden nach den Anschlägen auf das World Trade Center in New York am 11.9.2001 präventive Rasterfahndungen durchgeführt. Die Diskussi- on in der Öffentlichkeit und sogar bei den Sicherheitsbehörden selbst zu dem Thema reichte vom Standpunkt, die Rasterfahndung sei in diesem Ausmaß datenschutzrechtlich verboten, über die Meinung, die Kriterien seien unzureichend, bis hin zu der Ansicht, dass die Raster- fahndung trotz allem sehr erfolgreich war. Obwohl diese nationalen Probleme und Diskussio- nen bestehen, hat die deutsche Bundesregierung den Vorschlag einer EU-weiten Rasterfahn- dung beim Rat der EU eingebracht. Die Medien und Fachzeitschriften befassten sich umfang- reich mit der nationalen deutschen Rasterfahndung, vor allem den datenschutzrechtlichen Be- denken. Die Einführung einer europaweiten Rasterfahndung wurde in Zusammenhang mit anderen Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung auf europäischer Ebene teilweise erwähnt. Eine Zusammenstellung der nationalen und europaweiten Probleme in Bezug auf eine mögli- che europäische Rasterfahndung existiert bisher nicht. Auch die Historie der Rasterfahndung ist weitgehend unbekannt. Dieser Aufsatz soll einen Beitrag zum Lückenschluss bieten und die Diskussion bereichern." (Autorenreferat)

[86-L] Blom, Herman: "Anders-Sein" bei der Polizei in Deutschland: zur Position von Polizisten ausländischer Herkunft in der Organisation, in: Polizei & Wissenschaft : unabhängige interdisziplinäre Zeit- schrift für Wissenschaft und Polizei, 2005, H. 1, S. 16-26. Der Volltext ist über www.infocon- nex.de erhältlich.

INHALT: "Mit der Einstellung 'ausländischer' Polizisten seit 1993 ist innerhalb der Polizeiorgani- sation die Gefahr der dichotomen Kategorisierung zwischen der Ingroup der Mehrheitsgesell- schaft und der Outgroup der Eingewanderten verbunden. Konkret droht die Gefahr einer drei- fachen Benachteiligung durch: a) Diskriminierung und Vorurteile; b) Die Position des 'Solo' und c) die Position des 'Token'. Polizisten ausländischer Herkunft machen aber sehr viele po- sitive Erfahrungen. Grober Rassismus fehlt fast ausschließlich. Die vielen Sprüche und Witze erscheinen als eine Form von subtilem Rassismus. Die Unbefangenheit in der Kommunikati- soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 99 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

on zwischen 'ausländischen' und deutschen Kollegen scheint zu fehlen. Die Befürchtung vor negativen Reaktionen der deutschen Kollegen ist überall greifbar. Der Beitrag der 'ausländi- schen' Polizisten an der Effektivität des polizeilichen Handelns in der multikulturellen Gesell- schaft ist aber für sie und ihren deutschen Kollegen offensichtlich." (Autorenreferat)

[87-L] Böttger, Andreas; Lobermeier, Olaf; Strobl, Rainer: Kinder und Jugendliche als Opfer rechtsextremer Gewalt: Konzeption und erste Ergebnisse eines empirischen Forschungsprojekts, in: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 16/2005, H. 1, S. 7-14

INHALT: "Im Rahmen der kontrovers und oft dramatisierend geführten Diskussion und Bericht- erstattung über Jugend und Gewalt ist jugendlichen Opfern gewalttätiger Übergriffe bisher zu wenig Aufmerksamkeit zuteil geworden. Der vorliegende Text stellt ein empirisches For- schungsprojekt des arpos Instituts Hannover vor, das sich den Opfern rechtsextremistisch mo- tivierter Gewalthandlungen aus einer biografischen Perspektive zuwendet, indem es unter- sucht, wie der Übergriff von den Betroffenen jeweils erlebt wurde und ob es durch ihn zu in- dividuellen oder sozialen Stabilitätsverlusten gekommen ist. Darüber hinaus wird in dem Pro- jekt empirisch nachgezeichnet, welche Strategien von den Betroffenen gewählt werden, um ggf. eine Restabilisierung zu erreichen, wie die entsprechenden Kompetenzen hierzu biogra- phisch erworben wurden, welche gesellschaftlichen Bedingungen bzw. Institutionen sich bei Restabilisierungsprozessen als hilfreich erwiesen haben und welche sie eher erschweren. Im ersten Teil des Textes werden das theoretische Fundament sowie die methodische Konzeption des Forschungsprojekts grob umrissen. Der zweite Teil präsentiert sodann erste empirische Ergebnisse in Bezug auf Kinder und Jugendliche als Opfer rechtsextremer Gewalt, die im Rahmen der noch andauernden Analysearbeiten mit Hilfe einer Zwischenauswertung gewon- nen wurden und als solche im Sinne vorläufiger, schlaglichtartiger, wenngleich im Einzelnen empirisch fundierter Erkenntnisse zu verstehen sind." (Autorenreferat)

[88-L] Brägger, Benjamin F.; Capus, Nadja; Cimichella, Sandro; Maag, Renie; Queloz, Nicolas; Schmid, Georg (Hrsg.): Kriminologie - wissenschaftliche und praktische Entwicklungen: gestern, heute, morgen, (Reihe Kriminologie, Bd. 22), (32. Tagung "Kriminologie - wissenschaftliche und praktische Ent- wicklungen - gestern, heute, morgen", 2004, Interlaken), Chur: Rüegger 2004, 359 S., ISBN: 3- 7253-0771-7 (Standort: B d. FH f. Polizei Villingen-Schwenningen(1019)-KL0941)

INHALT: Inhaltsverzeichnis: Uberto Gatti / Alfredo Verde: Cesare Lombroso: intuizioni geniali ed ambiguità metodologiche (23-48); Jörg Kinzig: Von der Rasterfahndung bis zum Profiling: Spuren des 'uomo delinquente' in Recht und Kriminologie (49-70); Marc Renneville: Le délit du corps en criminologie: Du 'type criminel' au 'type' criminel (71-94) ; Sabine Nowara: Die Renaissance des 'Psychopathen' - Rückfall oder Fortschritt? (85-94); Hans Werner Reinfried: Was treibt Jugendliche zu Delikten? (95-102) ; Olivier Guéniat: ACTGTCGTACTCGATCT - ou à la découverte du génotype de l'eugénisme criminel (103-112); Christian Schwarzeneg- ger: 'L'uomo delinquente' aus aktueller kriminologischer Sicht (113-136) ; Candido da Agra : La révolution scientifique de la criminologie contemporaine. Victime et sécurité: deux analy- seurs épistémiques (137-154); Karl-Ludwig Kunz: Der aktuelle Sicherheitsdiskurs als neue Herausforderung für die Kriminologie. Der Sicherheitsdiskurs der Spätmoderne (155-170); 100 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

Klaus Lüderssen: Viktimologie: Ursache und Wirkung der Entdeckung des Opfers auf die Kriminologie und die Kriminalpolitik (171-192); Monique Cossali Sauvain: Les nouvelles di- rections prises par la révision de la LAVI (193-208); Urs Edelmann: Opfer und Strafprozess. Was hilft den Opfern? Standpunkt des Leiters einer Opferhilfestelle (209-220); Jean-Pierre Garbade: Le procès-pénal: un obstacle pour la satisfaction des victimes? (221-234); Peter Albrecht: Opfer und Strafprozess: Was hilft den Opfern? Standpunkt eines Strafrichters (235- 250); Josine Junger-Tas: L'intégrité scientifique et les menaces qui pèsent sur elle. Recherche criminologique et expérience de la recherche gouvernementale aux Pays-Bas (251-272) ; Va- lentin Roschacher: Erwartungen der Strafverfolgung an die Kriminologie bei der Bekämp- fung der Organisierten Kriminalität (273-292); Susanne Krasmann: 'Makrokriminalität' - Er- folg oder Versagen der Kriminologie? (293-320); Nicolas Queloz: Quelle(s) criminologie(s) demain? Quelques scénarios imaginables, notamment sur le plan suisse (321-348).

[89-L] Cano, Miguel Angel: Die aktuellen kriminalpolitischen Tendenzen im spanischen Jugendstrafrecht. T. 2, in: Zeit- schrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 15/2004, H. 4, S. 406-416

INHALT: "Das In-Kraft-Treten des Gesetzes 'zur Regelung der strafrechtlichen Verantwortlich- keit von Minderjährigen' im Januar 2001 in Spanien (LO 5/2000 vom 12. Januar) hat nicht nur für das spanische Jugendstrafrecht eine Reform von großer juristischer Tragweite ge- bracht, sondern gleichzeitig auch ein beachtliches gesellschaftliches Echo herbeigeführt. Mit dem neuen Gesetz wird das spanische Jugendstrafrecht nicht mehr als eine untergeordnete Disziplin innerhalb der Strafrechtswissenschaften angesehen, sondern ist zu einer der bevor- zugten Gegenstände der Kriminalwissenschaften geworden. Infolge einer sensationshei- schenden Berichterstattung in den Massenmedien ist die Behandlung junger Rechtsbrecher wieder in den Blickpunkt des rechtspolitischen Interesses gerückt. Die konservative Regie- rung hat in den letzten Jahren eine merklich repressivere Kriminalpolitik angenommen. Durch die Gesetze LO 7/2000 und LO 15/2003 wurden die Unterbringungsmaßnahmen ver- schärft und eine 'Partikularklage' für den Geschädigten eingeführt. Im vorliegenden Beitrag wird die Angemessenheit einer Verschärfung des spanischen Jugendstrafrechts erörtert. Um die Analyse so weit wie möglich zu konkretisieren, werden drei grundlegende Aspekte jeder Kriminalpolitik, hier begrenzt auf das Jugendstrafrecht, berücksichtigt: Erstens die Untersu- chung der empirischen Daten in Bezug auf die Entwicklung der Jugendkriminalität; zweitens die Analyse der zur Anwendung kommenden jugendstrafrechtlichen Rechtsvorschriften; drit- tens die Darstellung der aktuellen Tendenzen im Bereich der Jugendkriminalpolitik in Spa- nien." (Autorenreferat)

[90-L] Chrapa, Michael; Heckmann, Wolfgang (Hrsg.): Jugend und Drogen in Sachsen-Anhalt, (Magdeburger Reihe, Bd. 10), Magdeburg: Verl. der Erich-Weinert-Buchh. 2002, 120 S., ISBN: 3-933999-10-3 (Standort: UB Bamberg(473)-21DT45 0IC9017-10)

INHALT: "Die schon seit Beginn der 90er Jahre in den Neuen Bundesländern befürchtete Dro- gen-Epidemie ist auch mehr als zehn Jahre nach der Wiedervereinigung noch nicht überall im gleichen Ausmaß eingetreten. Reißerische Darstellungen in den Medien und Spekulationen über Ausmaß und Gesicht der Drogen-'Welle' helfen nicht weiter. Auch im Osten Deutsch- soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 101 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

lands wird man sich auf die Existenz und den Konsum illegaler Suchtstoffe als 'Dauer-Welle' einstellen müssen. Deshalb ist es nur sinnvoll, Genaueres über Verbreitung und Konsum- Muster illegaler Drogen in Erfahrung zu bringen, um adäquate und sachliche Reaktionen zu ermöglichen. Im Land Sachsen-Anhalt konnten in den vergangenen Jahren mit öffentlicher Förderung eine Reihe empirischer Studien durchgeführt werden, die eine recht solide Grund- lage für Aktivitäten in Pädagogik und Therapie, für Planung und Politik bieten. Besonders ak- tiv in diesem Forschungs-Bereich sind zwei Institute: FOKUS in Halle und MISTEL in Mag- deburg. Sie legen hier auf vielfachen Wunsch - und mit freundlicher Unterstützung aus dem Landesministerium für Gesundheit und Soziales - eine Sammlung von Kurzfassungen ihrer Forschungsarbeiten vor." (Autorenreferat). Inhaltsverzeichnis: M. Chrapa, W. Heckmann: Einleitung: Gesellschaftliche Veränderungen und Jugendentwicklung in den östlichen Bun- desländern( 5-20); FOKUS: Schülerbefragungen zur Suchtmittelaffinität (MODRUS I und II) (21-50); W. Heckmann: Jugend(sub)kulturen in Schönebeck (51-77); FOKUS/MISTEL: Drogenkonsum bei Heranwachsenden - Befragung von Streetworker/innen (78-99); W. Heck- mann: Konsummuster illegaler Drogen in Sachsen-Anhalt (100-116).

[91-L] Dittmann, Jörg: Entwicklung der Kriminalitätseinstellungen in Deutschland: eine Zeitreihenanalyse anhand allgemeiner Bevölkerungsumfragen, (DIW Diskussionspapiere, 468), Berlin 2005, 18 S. (Graue Literatur; URL: http://www.diw.de/deutsch/produkte/publikationen/diskussionspapiere/docs/pa- pers/dp468.pdf)

INHALT: "Im vorliegenden Beitrag wird die Entwicklung in den Kriminalitätseinstellungen in Deutschland seit den 70er Jahren anhand allgemeiner Bevölkerungsumfragen nachgezeichnet. Entgegen der weit verbreiteten Meinung zeigen die Sekundäranalysen insgesamt einen be- sonders seit Mitte der 90er Jahre zu beobachtenden Bedeutungsrückgang hinsichtlich ver- schiedener Einschätzungen zur Kriminalität. Zudem liegen sowohl die Furcht vor Kriminali- tät als auch die Wahrnehmung von persönlichen Kriminalitätsrisiken in Deutschland derzeit unter dem europäischen Durchschnitt. Neben der methodischen und theoretischen Einord- nung der in der Kriminalitätsfurcht-Forschung untersuchten Aspekte und der Darstellung der wichtigsten Umfrageergebnisse werden Veränderungen in den Kriminalitätseinstellungen insbesondere anhand von Auswertungen des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) zu erklä- ren versucht. Insgesamt legen die Auswertungen der SOEP-Daten den Schluss nahe, dass es in den letzten Jahren zu Bedeutungsverschiebungen in der Wahrnehmung sozialer Probleme, wie Arbeitslosigkeit, Krieg und Kriminalität, gekommen ist." (Autorenreferat)

[92-L] Drewniak, Regine: 'Ausländerkriminalität' zwischen 'kriminologischen Binsenweisheiten' und 'ideologischem Minenfeld', in: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 15/2004, H. 4, S. 372-378

INHALT: "Anlass für den folgenden Beitrag ist die auch unter Kriminologen auffällig vehement geführte Debatte um 'Ausländerkriminalität'. Interessanter Weise sind aber die mittlerweile vorliegenden Befunde zu Kriminalitätsbelastungen zumal von jungen Zuwanderern fundiert und relativ eindeutig und verweisen auf die hohe Relevanz von (benachteiligten) sozialen und familialen Lebenssituationen und gewaltbezogenen Einstellungen für Jugendgewalt im All- gemeinen. Die höheren Belastungen mancher zugewanderter Jugendlicher lassen sich mit ih- 102 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

rer stärkeren Betroffenheit von diesen Risikofaktoren erklären. Mögliche Gründe für die gleichwohl aufgeregte wissenschaftliche Auseinandersetzung werden diskutiert." (Autorenre- ferat)

[93-L] Emig, Olaf: Zuwanderungsprozesse, soziale Probleme und Jugendkriminalität: Gedanken zur Gefahr der Instrumentalisierung des Jugendstrafrechts und zur Hilflosigkeit des Jugendhilfesystems am Beispiel jugendlicher "Intensivtäter" in Bremen, in: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 15/2004, H. 4, S. 395-405

INHALT: "Der Beitrag fasst die zum Teil unterschiedlichen Forschungsbefunde zu jugendlichen 'Intensivtätern' aus dem deutschsprachigen Raum zusammen und bezieht Erkenntnisse aus der kriminologischen Migrationsforschung mit ein, um in einem weiteren Schritt anhand einer Bremer Studie zu 'Intensivtätern' zu verdeutlichen, dass mit strafrechtlichen Mitteln auf Prob- leme, die sich aus Zuwanderungsprozessen ergeben, inadäquat reagiert wird. Auch die Ju- gendhilfe darf sich nicht für eine verfehlte Einwanderungspolitik instrumentalisieren lassen, sie muss aber ihre Angebote evaluieren und auf Wirksamkeit überprüfen sowie eine interkul- turelle Ausrichtung realisieren." (Autorenreferat)

[94-L] Gerber, Hilke: Frauen, die Kinder sexuell missbrauchen: eine explorative Studie, Berlin: Pro Business 2004, VIII, 284 S., ISBN: 3-938262-02-8 (Standort: UB Bonn(5)-2005-13)

INHALT: "Die vorliegende explorative Studie beschäftigt sich mit dem tabuisierten Bereich des sexuellen Missbrauchs durch Frauen an Kindern. Im Gegensatz zu den wenigen, bereits vor- liegenden deutschsprachigen Arbeiten, beschäftigt sich diese Studie mit den Täterinnen. An- hand qualitativer Interviews mit Opfern werden die Lebensumstände der jeweiligen Täterin sowie ihre Beziehung zum Opfer beleuchtet. Die daraus resultierenden Ergebnisse werden in einer Zusammenschau bereits vorliegender Studien über Täterinnen und vorhandener Er- kenntnisse über männliche Täter fachlich interpretiert." (Autorenreferat)

[95-L] Girtler, Roland: Der Strich: Soziologie eines Milieus, Münster: Lit Verl. 2004, 316 S., ISBN: 3-8258-7699-3 (Standort: UuStB Köln(38)-31A6959)

INHALT: Um das Rotlichtmilieu ranken sich viele Geschichten und Geheimnisse. Das vorliegen- de Buch (erschienen in der 5. Aufl. und erweitert um ein 'Rückblickendes Vorwort') versteht sich als "unterhaltsamer Führer" durch diese Schatten- und Unterwelt. "Der Strich" enthält In- formationen über die Geschichte der Prostitution, Prostitution heute, über Zuhälter, Kunden, das Leben der Frauen, sexuelle Praktiken und die Motive aller Betroffenen und Beteiligten. Das Buch beruht auf detaillierten Feldforschungen im Wiener Milieu. Die täglich deutlich werdende Stigmatisierung der Prostituierten verstärken das Gefühl, eine "minderwertige" Frau zu sein. Dies allerdings zu Unrecht, wie die Studie verdeutlicht. Die Prostituierte ist eine Frau wie jede andere auch, die eben eine besondere Art der Dienstleistung anzubieten hat, welche jedoch in unserer Kultur geringschätzig als schlimm und niedrig bewertet wird, im soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 103 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

Gegensatz zu anderen Kulturen und früheren Gesellschaften. Kennzeichnend für Subkultur und Milieu ist es, dass sie dieselben Ziele wie die Gesamtgesellschaft haben, nämlich: viel Geld und ein gutes, luxuriöses Leben. Sie bedient sich jedoch anderer Mittel, als sie eine "bürgerliche" Kultur anbietet, um diese Ziele zu erreichen. (ICA2)

[96-L] Görgen, Thomas; Greve, Werner; Tesch-Römer, Clemens; Pfeiffer, Christian: Kriminalität im Leben alter Menschen: Opfererfahrungen, Sicherheitsgefühl und Kriminali- tätsfurcht älterer Menschen im alltäglichen Lebensumfeld und in häuslichen Pflegekontex- ten ; Antrag an das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf För- derung e. Forschungsprojekts, (Forschungsberichte / Kriminologisches Forschungsinstitut Nie- dersachsen e.V., Nr. 94), Hannover 2004, 59 S. (Graue Literatur; URL: http://www.kfn.de/fb94.pdf)

INHALT: Der Bericht umfasst die Beschreibung eines geplanten Forschungsprojektes zu Gewalt- und anderen Opfererfahrungen, Sicherheitsgefühl und Kriminalitätsfurcht älterer Menschen im alltäglichen Lebensumfeld und in häuslichen Pflegekontexten für den Untersuchungszeit- raum von 2004 bis 2007. Zu den durchführenden Institutionen gehören das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN), das Institut für Psychologie Hildesheim und das Deutsche Zentrum für Altersfragen (DZA). Das Projekt besteht aus zwei inhaltlich und me- thodisch voneinander differenzierten und zugleich aufeinander bezogenen Teilstudien. Modul 1 untersucht 'Viktimisierungserfahrungen, Sicherheitsgefühl und Kriminalitätsfurcht im öf- fentlichen und privaten Raum in unterschiedlichen Lebensphasen'. Es schließt in modifizierter Form und unter stärkerer Einbeziehung hochaltriger Personen an die 1992 vom KFN mit För- derung durch das Bundesfamilienministerium durchgeführte Opferbefragung an. Modul 2 ('Viktimisierungserfahrungen im Kontext häuslicher Pflege') greift mit einem vornehmlich qualitativen Instrumentarium die auf dem Wege einer standardisierten Opferbefragung kaum zugängliche Thematik der Misshandlung und Vernachlässigung von Menschen auf, die zu Hause von Angehörigen bzw. ambulanten Diensten gepflegt werden. In beiden Untersu- chungselementen werden die primär in das sogenannte Dunkelfeld abzielenden Befragungen (standardisierte schriftliche Befragungen bzw. leitfadenorientierte problemzentrierte Inter- views) mit Verfahren der Hellfeldanalyse, d.h. der ergänzenden Analyse der Opferwerdung älterer Menschen anhand von Kriminalstatistiken und Akten einschlägiger Instanzen ver- knüpft. Von der Studie sind für die Wissenschaft wie für zahlreiche Praxisfelder bedeutsame Erkenntnisse zu erwarten. Diese betreffen vor allem Verteilung und Erscheinungsformen al- tersspezifischer Opferwerdungsrisiken, grundsätzliche Herangehensweisen und Strategien im Umgang mit dem Problem der Bedrohung älterer und pflegebedürftiger Menschen durch Kriminalität und Gewalt, Maßnahmen im Hinblick auf Furcht vor Kriminalität und Gewalt, Strategien der Opferhilfe und der Erhöhung der Zugänglichkeit von Hilfeangeboten sowie insbesondere gewalt- und kriminalpräventive Maßnahmen im Hinblick auf den Bereich der häuslichen Pflege. (ICG2)

[97-L] Görgen, Thomas; Newig, Antje; Nägele, Barbara; Herbst, Sandra: "Jetzt bin ich so alt und das hört nicht auf": sexuelle Viktimisierung im Alter, (Forschungs- berichte / Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e.V., Nr. 95), Hannover 2005, 171 S. (Standort: UuStB Köln(38)-20050106079; Graue Literatur)

104 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

INHALT: Die Autoren weisen eingangs darauf hin, dass es sich bei der sexuellen Viktimisierung im Alter um einen besonders schwer zugänglichen Forschungsbereich handelt, dass es bislang an spezifischen Studien zu dieser Problematik mangelt und dass aus dem deutschen Sprach- raum - abgesehen von aggregierten Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik und wenigen Befunden aus Opfersurveys - praktisch keine genauen Daten vorliegen. Angesichts dieses schwer zugänglichen Forschungsfeldes wurde in der vorliegenden Studie ein multi-metho- discher Zugang gewählt, welcher unterschiedliche Datenquellen und Betrachtungsperspekti- ven miteinander verbindet. Zentral für das Untersuchungskonzept sind ein breites Verständnis dessen, was das "Hellfeld" der sexuellen Viktimisierung älterer Menschen ausmacht, sowie der Versuch, im Hinblick auf Datentypen und Datenquellen unterschiedliche Facetten dieses Hellfeldes zu beleuchten. Die Studie beruht auf fünf Forschungszugängen: einer Analyse po- lizeilicher Kriminalstatistiken; einer Analyse justiziell bearbeiteter einschlägiger Fälle anhand staatsanwaltschaftlicher Akten in Niedersachsen von 2000 bis 2003; einer schriftlichen Be- fragung von Institutionen, die mit den Problemfeldern "Gewalt gegen Ältere" und (sexuelle) Gewalt gegen Frauen befasst sind; vertiefenden Interviews mit PraktikerInnen und ExpertIn- nen sowie auf Analysen von Medienberichten zu Fällen der sexuellen Viktimisierung im Al- ter. Die Darstellung der Ergebnisse konzentriert sich auf kriminalstatistische Daten für die Bundesrepublik Deutschland insgesamt; daneben werden aber auch polizeiliche Einzeldaten- sätze aus Niedersachsen und Baden-Württemberg einbezogen, um der Frage nach möglichen altersbezogenen Unterschieden in den Opfer-Tatverdächtigen-Beziehungen nachzugehen. (ICI2)

[98-F] Graeff, Peter, PD Dr. (Bearbeitung); Mehlkop, Guido, Dr. (Leitung): Politische Instabilität und Korruption

INHALT: The paper seeks to integrate theoretical and empirical analyses of corruption and politi- cal instability. First, we characterize the mechanism of corruption and political instability within a framework of a general equilibrium model underlying the possible strategies of citi- zens, firms, and government. Then, we determine the impact of optimal policies that affect corruption and political instability. Using different measures of political instability on a sam- ple of 38 to 51 countries, we find supporting evidence that there is a nexus between corrup- tion and political instability. We conclude that the type of a regime change does an influence on the level of corruption in a country; specifically, the probability of an irregular regime change decreases corruption while the probability of a regular regime change increases cor- ruption. ART: Eigenprojekt BEGINN: 2004-04 ENDE: 2004-12 AUFTRAGGEBER: keine Angabe FI- NANZIERER: keine Angabe INSTITUTION: Technische Universität Dresden, Philosophische Fakultät, Institut für Soziologie Lehrstuhl für Makrosoziologie (01062 Dresden) KONTAKT: Leiter (e-mail: [email protected], Tel. 0351-463-34112)

[99-F] Graeff, Peter, PD Dr. (Bearbeitung); Mehlkop, Guido, Dr. (Leitung): Does social capital reduce violent crime?

INHALT: We test three of the most prominent theories of crime, coming from different method- ologies: rational choice, anomic, and cultural influences. While rational choice theory belongs soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 105 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

to the theories of methodological individualism, Anomie theory and the approaches of culture belong (broadly spoken) to the family of collectivistic theories (see for this differentiation in general f.e. Collins 1994; Vanberg 1975). In individualistic theory approaches, crimes occur as result of individual decision-making. Collectivistic approaches assume social forces creat- ing pressure for (some) individuals to act deviant. The paper is organized as follows. In the first section we will discuss a (modified) Rational Choise theory of crime, the approaches of Anomic by Durkheim and Merton, and some hypotheses about the relationship between cul- ture (religion and crime). In the second section we will present data and empirical results for a cross-section of countries. The third section cocludes. ART: Eigenprojekt BEGINN: 2004-04 ENDE: 2004-12 AUFTRAGGEBER: keine Angabe FI- NANZIERER: keine Angabe INSTITUTION: Technische Universität Dresden, Philosophische Fakultät, Institut für Soziologie Lehrstuhl für Makrosoziologie (01062 Dresden) KONTAKT: Leiter (e-mail: [email protected], Tel. 0351-463-34112)

[100-L] Günter, Michael: Gruppenidentität und Idealisierung des Aggressors: gibt es Spezifika rechtsradikaler ju- gendlicher Gewalttäter?, in: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 15/2004, H. 1, S. 15-19

INHALT: "'Pure Bosheit gibt es nicht', zitierte Reinhart Lempp seinen Lehrer Ernst Kretschmer in seinem Buch über jugendliche Mörder und ergänzte, dass die forensisch psychiatrischen Er- kenntnisse und die vom Gesetz gegebenen Normen und ihre herkömmliche Interpretation zu einer 'alle Beteiligten bedrückenden Diskrepanz' führen könne. Und weiter führte Lempp zu den Motiven jugendlicher Mörder aus: 'Bei Affekttaten, wie sie bei Tötungsdelikten Jugendli- cher in der überwiegenden Zahl der Fälle vorliegen, tritt die Finalität gegenüber der Kausali- tät stark in den Hintergrund, d.h., die Täter handeln und reagieren aufgrund eines unbewältig- ten Problems, weil sie durch frühere positive und negative Erfahrungen dazu veranlasst wur- den. Sie handeln aber viel seltener und nur ausnahmsweise mit einem bestimmten Ziel, um etwas Bestimmtes mit ihrer Handlung zu bewirken... Im Allgemeinen weiß der Täter selbst sehr wenig oder gar nichts über die kausalen Faktoren seiner Tat, meist aber auch nichts, oder nur sehr Ungenaues, über die finalen Vorstellungen, die er zur Zeit der Tat gehabt hat.' Dies galt in gleicher Weise für rechtsradikale jugendliche Gewalttäter, wie der Autor sie in den letzten 10 Jahren vor allem im Rahmen von Tötungsdelikten begutachtet hat, auch wenn sie oft scheinbar sehr klare Motive angaben und eine solche Auffassung daher geradezu paradox erscheinen mag. Die angegebenen fremdenfeindlichen, neonazistischen oder diffus ideolo- gisch verbrämten Motive stellten, so zeigt er auf, ein vermutlich untergeordnetes Moment in der gesamten Tatdynamik dar. Dieser untergeordnete Aspekt wird jedoch aufgrund seiner Klarheit und scheinbaren Eindeutigkeit in der Öffentlichkeit und zum Teil auch seitens der Strafverfolgungsbehörden gerne in den Vordergrund gestellt." (Textauszug)

[101-L] Hagemann, Otmar: Kriminologie - für KriminologInnen, Herrschende oder (Kriminalitäts-) Betroffene, in: Kari- Maria Karliczek (Hrsg.): Kriminologische Erkundungen : wissenschaftliches Symposium aus Anlass des 65. Geburtstages von Klaus Sessar, Münster: Lit Verl., 2004, S. 143-169, ISBN: 3- 8258-8013-3 (Standort: ULB Münster(6)-3F54417) 106 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

INHALT: Anknüpfend an Tolstois Roman "Auferstehung" aus dem Jahr 1899 stellt der Verfasser zunächst die Entwicklung der Kriminologie seit dem Ende des 19. Jahrhunderts dar. Erkennt- nisfortschritte der Kriminologie betreffen die Dichotomie von Gut und Böse, die Zuschrei- bung von Kriminalität sowie Fragen von Macht und Herrschaft. Eine Kriminologie der Zu- kunft, so fordert der Verfasser, soll sich kritisch mit Phänomenen auf der Meso- und Makro- ebene befassen, sie soll den Begriff der Kriminalität durch den des Konflikts ersetzen, sie soll am Handeln konkreter Menschen ansetzen, mehr Augenmerk auf qualitative Methoden legen und das Ganze im Auge behalten. Diesen Forderungen entspricht das Konzept der Restorative Justice, das der Verfasser in seinen Grundzügen vorstellt. Ein durch dieses Konzept inspirier- tes Forschungsprogramm umfasst die Themen (1) Sprache und Symbolik, (2) Replacement Discourse, (3) Rechtsprechung von unten, (4) Schutzrechte und Vigilantismus sowie (5) Re- aktionen auf Fehlverhalten. (ICE2)

[102-L] Heimerdinger, Astrid: "Gefährliche Straftäter": eine Problemgruppe der Kriminalpolitik?, in: Bewährungshilfe : Soziales - Strafrecht - Kriminalpolitik, Jg. 52/2005, H. 1, S. 52-56 (Standort: UuStB Köln(38)- Si88-A,9,4-; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: Die Verfasserin dokumentiert die Beiträge zu einer Fachtagung, die am 15./16. No- vember 2004 von der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden veranstaltet wurde. Be- handelt wurden die folgenden Themen: (1) historische Entwicklung und Deutungsaspekte des Gefährlichkeitsbegriffs; (2) der Gefährlichkeitsbegriff aus Sicht der Polizei; (3) die Anwen- dung kriminalrechtlicher freiheitsentziehender Maßregeln; (4) Gefährlichkeitspotenzial inhaf- tierter Straftäter; (5) gefährliche Straftäter in der Strafvollstreckung; (6) Gefährlichkeitsprog- nose bei Sexualdelikten mit Todesfolge; (7) der Psychiatrisch-Psychologische Dienst im Jus- tizvollzug des Kantons Zürich; (8) Karriereverläufe gefährlicher Sexualstraftäter; (9) die Wirksamkeit der Behandlung von Sexualstraftätern; (10) Langzeiteinrichtungen im psychiat- rischen Maßregelvollzug; (11) Fallstudie: Kindesentführung und sexueller Missbrauch im Rückfall. (ICE)

[103-L] Henning, Christoph: Private Virtues, Public Vices?: Sozialphilosophische Implikationen der Rede von Korrupti- on, in: Stephan A. Jansen, Birger P. Priddat (Hrsg.): Korruption : unaufgeklärter Kapitalismus - Multidisziplinäre Perspektiven zu Funktionen und Folgen der Korruption, Wiesbaden: VS Verl. für Sozialwiss., 2005, S. 189-204, ISBN: 3-531-14561-4

INHALT: Der Verfasser differenziert zwischen Korruption und der (gehäuften) Rede von Korrup- tion. Er behandelt Korruption aus medientheoretischer Sicht als Moralisierung der politischen Sprache und aus sozialphilosophischer Sicht als Frage moralischen Marktversagens. Den sprachlichen Megatrend der Moralisierung sieht er im Kontext der überzyklischen Ausbrei- tung des Marktmodells. Die moralische Bewertung von Marktphänomenen macht ein Paradox sichtbar: obwohl der Markt als Organisationsprinzip eine moralfordernde Wirkung hat, ist er selbst nicht moralisch. In der Korruption wird der Kampf zwischen den zwei Ordnungsprin- zipien Markt und Staat deutlich. Der moralisierende Korruptionsdiskurs bezieht sich stets auf Individuen; demgegenüber müssten strukturelle Erklärungsmuster stärker in den Vordergrund treten. (ICE2) soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 107 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

[104-F] Herbers, Karin, Dipl.-Psych.; Schacht, Gabi (Bearbeitung); Löbmann, Rebecca, Dr.phil. (Leitung): Evaluation der Beratungs- und Interventionsstellen (BISS) für Opfer häuslicher Gewalt

INHALT: Ziel des Forschungsprojekts ist es, die in einigen Regionen Niedersachsens als Modell- projekt eingeführten pro-aktiven Beratungs- und Interventionsstellen (BISS) für Opfer häusli- cher Gewalt zu evaluieren. Am 1. Januar 2002 ist in Deutschland ein neues Gesetz zum Schutz von Opfern häuslicher Gewalt in Kraft getreten: das Gewaltschutzgesetz (GewSchG). Geschädigte haben dadurch die Möglichkeit, bei einem Familiengericht/ allgemeinen Pro- zessgericht einen Antrag auf Überlassung der gemeinsam genutzten Wohnung (Paragr. 2) o- der auf Schutzanordnungen gegenüber dem Täter/ der Täterin - wie Betretungsverbot, Annä- herungsverbot und Kontaktverbot (Paragr. 1) - zu stellen. Die Polizei ergänzt das neue zivil- rechtliche Instrumentarium durch eine häufigere Wegweisung des Täters/ der Täterin aus der Wohnung. Idealerweise sollen während dieses in der Regel 7 Tage andauernden Platzverwei- ses die zivilrechtlichen Schutzanordnungen in Kraft treten, d.h. ein entsprechender Antrag ge- stellt und bewilligt werden. Im Rahmen des Aktionsplans des Landes Niedersachsen zur Be- kämpfung der Gewalt gegen Frauen im häuslichen Bereich wurden in 6 Modellregionen sog. Beratungs- und Interventionsstellen (BISS) eingerichtet. Zu den Aufgaben der BISS zählen insbesondere die Information über die rechtlichen Grundlagen sowie die Vermittlung rechtli- cher Beratung der Opfer, die Sicherheitsplanung und die psychosoziale Krisenintervention. Im Unterschied zu herkömmlichen Beratungsstellen verfolgen die BISS einen pro-aktiven Ansatz: Sie erhalten von der Polizei Mitteilung über deren Einsätze bei häuslicher Gewalt, nehmen dann von sich aus Kontakt mit Geschädigten auf und bieten ihre Hilfe an. Die BISS sind somit Teil der Interventionskette Polizei - BISS - Gericht. Die Evaluationsstudie will folgende Fragen beantworten: 1. Wie lassen sich die BISS charakterisieren? 2. Bewährt sich der pro-aktive Ansatz in der Praxis? 3. Wie wird die BISS-Beratung von den Beratenen be- wertet? 4. Wie lassen sich die Fälle häuslicher Gewalt auf den drei Ebenen Polizei, BISS und Justiz beschreiben? 5. Welche Maßnahmen werden von der Polizei bei häuslicher Gewalt ge- troffen? 6. Welche Frauen entscheiden sich für einen Antrag nach GewSchG und welche Er- folgsaussichten haben die Anträge? GEOGRAPHISCHER RAUM: Niedersachsen METHODE: Zur Beantwortung dieser Fragen wurden zwei Strategien verfolgt: Erstens die mög- lichst umfassende Dokumentation von Fällen, zweitens die Befragung ausgewählter Gruppen. Für die Dokumentation einschlägiger Fälle wurden in Zusammenarbeit mit den jeweiligen In- stitutionen - Polizei, BISS und Justiz - entsprechende Datenbanken entwickelt. Diese erlauben eine regional differenzierbare Erhebung der jeweiligen Fallzahlen sowie eine kurze Beschrei- bung der einzelnen Fälle. Diese Daten wurden fortlaufend für das Jahr 2003 erhoben. Sicht- weisen und Erfahrungen von Geschädigten und von an der skizzierten Interventionskette mitwirkenden Praktikerinnen wurden über quantitative und qualitative Befragungen erfasst. DATENGEWINNUNG: Feldarbeit durch Mitarbeiter/-innen des Projekts. ART: gefördert BEGINN: 2002-05 ENDE: 2004-12 AUFTRAGGEBER: nein FINANZIERER: Land Niedersachsen Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit INSTITUTION: Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e.V. (Lützerodestr. 9, 30161 Hannover) KONTAKT: Leiterin (e-mail: [email protected])

108 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

[105-L] Heubrock, Dietmar; Faesel, Peter; Busch, Juliane: Geiselnahmen im psychosozialen Nahraum: Merkmale von Tätern, Opfern und Täter- Opfer-Beziehungen bei besonderen Konflikt- und Bedrohungslagen, in: Polizei & Wissen- schaft : unabhängige interdisziplinäre Zeitschrift für Wissenschaft und Polizei, 2005, H. 2, S. 32- 43. Der Volltext ist über www.infoconnex.de erhältlich.

INHALT: "Im Unterschied zur öffentlichen Meinung und zur medialen Präsenz finden Geisel- nahmen genauso häufig im psychosozialen Nahraum der Tatbeteiligten wie im öffentlichen Raum statt. Geiselnahmen mit prädeliktischer Beziehung zwischen den Beteiligten lassen sich in zwei Gruppen unterscheiden, bei denen sich wichtige Merkmale der Täter, der Opfer und der Täter-Opfer-Beziehung verschieben. Vor allem innerfamiliäre Geiselnahmen, bei denen ein männlicher Einzeltäter die (frühere) Partnerin und/ oder gemeinsame Kinder in seine Ge- walt bringt, bergen ein hohes Risiko der psychischen Traumatisierung der Opfer. Der Ver- handlungsführung durch die Polizei kommt daher auch in diesen Fällen eine entscheidende Bedeutung zu." (Autorenreferat)

[106-L] Hippe, Wolfgang: Lokaltermin: Kassen, Konten und Karrieren ; Korruption und Modernisierung in der Kom- munalpolitik, Essen: Klartext-Verl. 2004, 224 S., ISBN: 3-89861-298-8

INHALT: Hippe nimmt die Korruptionsaffäre um die Kölner Müllverbrennungsanlage zum An- lass, sich mit den gegenwärtigen Rahmenbedingungen kommunaler Politik auseinander zu setzen. Im Mittelpunkt stehen die Stadt Köln und die Kölner SPD. Hippe zeichnet die Ge- schichte der Müll-Affäre und ebenso den Verlauf weiterer prominenter Großprojekte der Kölner 'Klüngelpolitik' detailliert nach. Er verbindet diese mit einem Stück kommunaler Par- teiengeschichte, die bis auf die Flügelkämpfe der SPD in den 70er-Jahren zurückgeht. Aber auch christdemokratische Affären bleiben nicht unerwähnt. Der Autor betont wiederholt, dass Köln keine Ausnahme darstellt. Parteispendenaffären, Bestechungsskandale und andere poli- tische Verwerfungen und kriminelle Praktiken gehörten vielerorts ins Bild der Kommunalpo- litik. Er fragt nach den Gründen für diese Korruptionsanfälligkeit und beleuchtet die Zusam- menhänge um die politische, die finanz- und verfassungsrechtliche Stellung der Gemeinden, die Rolle der Parteien, die gegenwärtige Finanzkrise der Kommunen und ihre Reforman- strengungen sowie den allgemeinen Vertrauensverlust in die politischen Institutionen und den Mitgliederschwund in den Parteien. Dabei wird deutlich, dass die einschlägigen Skandale und Affären letztlich Folge der gegebenen Rahmenbedingungen und Ausdruck einer 'tief greifen- den Systemkrise' (213) sind. Der Autor setzt sich für die Stärkung der lokalen Demokratie ein und plädiert für einen 'dritte(n) Weg jenseits der Herrschaft von Parteien und/oder Verwal- tung (...). Dazu gehört neben der Erweiterung des finanzpolitischen Spielraums von Ländern und Kommunen zu Lasten des Bundes und die Verankerung des Konnexitätsprinzips in allen Leistungsgesetzen ebenso ein Ausbau der direkten Demokratie (...) wie eine transparente und nachvollziehbare Haushaltsführung etwa im Rahmen eines 'Bürgerhaushalts'' (56). (ZPol, VS)

soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 109 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

[107-L] Hoffmann, Jens; Özsöz, Figen; Voß, Hans-Georg W.: Erfahrungen von Stalking-Opfern mit der deutschen Polizei: wie hilfreich können behördli- che Interventionen sein?, in: Polizei & Wissenschaft : unabhängige interdisziplinäre Zeitschrift für Wissenschaft und Polizei, 2004, H. 4, S. 41-53. Der Volltext ist über www.infoconnex.de er- hältlich.

INHALT: "In der vorliegenden Studie werden die Erfahrungen von Stalking-Betroffenen aus Deutschland erfasst und mit denen britischer Opfer verglichen. Es zeigt sich, dass die psychi- schen Belastungen in der deutschen Stichprobe hoch sind: Fast 60% weisen wesentliche Di- agnosekriterien der posttraumatischen Belastungsstörung auf. Die Hilfe der Polizei empfin- den viele der Betroffenen als unzureichend. Gut 50% fühlen sich von den Beamten nicht ernst genommen, nahezu 2/3 erhalten keine konkreten Verhaltensempfehlungen für den Umgang mit dem Stalker. Der Wahrnehmung der Opfer zufolge resultiert ein Einschalten der Polizei öfter in einer Verschlechterung als in einer Verbesserung des Stalking-Falls. Ganz anders prä- sentiert sich die Situation in Großbritannien. Dort führen Polizei-Interventionen deutlich häu- figer zum Erfolg, die Opfer fühlen sich besser informiert und sind signifikant zufriedener. Be- troffene aus beiden Ländern, bei denen die Polizei zu einer Beendigung der Belästigung und Verfolgung beitrug, nennen häufig ein offensives Vorgehen der Beamten gegenüber dem Stalker als maßgeblich. Es werden schließlich konkrete polizeiliche Maßnahmen und Strate- gien diskutiert, die sich aus den Ergebnissen ableiten lassen." (Autorenreferat)

[108-L] Homes, Alexander Markus: Von der Mutter missbraucht: Frauen und die sexuelle Lust am Kind ; Sachbuch, Norder- stedt: Books on Demand 2004, 458 S., ISBN: 3-8334-1477-4 (Standort: BSB München(12)- 2005.6025)

INHALT: "Ist die sexuell unbefriedigte Mutter, die, wenn nicht gar ausschließlich, so doch vor- wiegend auf ihre Söhne und Töchter emotional und sexuell fixiert ist, bittere Realität? Das vorliegende Buch gibt auf etliche Fragen im Zusammenhang mit Frauen und Müttern, die Kinder sexuell missbrauchen oder misshandeln, umfassend Antworten. Es belegt vor allem, dass eben nicht nur Väter, sondern auch Mütter ihre Kinder sexuell missbrauchen; dass Müt- ter vorwiegend ihre Söhne missbrauchen und dies offenbar vorwiegend 'zärtlich' tun; dass sie ihre Töchter missbrauchen, sie dabei aber häufig quälen; dass allein erziehende Mütter unter den weiblichen Missbrauchern überproportional vertreten sind; dass viele männliche Sexual- straftäter erst zu solchen wurden, weil sie in der Kindheit durch die eigene Mutter sexuelle Gewalt erfahren haben; vor allem aber, dass Mütter und überhaupt Frauen als Kindes- missbraucherinnen in der Gesellschaft, in den Medien und in der Forschung kaum wahrge- nommen werden. Wie das hier vorliegende Buch beweist, muss mit Blick auf die dort aufge- führten Fakten die Geschichte des sexuellen Kindesmissbrauchs umgeschrieben, wenn nicht gar neu geschrieben werden. Hierfür spricht bereits folgender Tatbestand: Die Missbrauchsra- ten für weibliche Täter werden in internationalen Studien mit bis zu 80 Prozent und in natio- nalen (deutschen) Studien mit bis zu 40 Prozent angegeben. Dies zeigt unstrittig, dass in der gesamten Missbrauchsforschung und Öffentlichkeit dringend ein Umdenkungsprozess sowie eine Diskussion über Frauen und Mütter als Kindesmissbraucherinnen stattfinden muss." (Autorenreferat)

110 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

[109-L] Hosser, Daniela; Raddatz, Stefan: Opfererfahrungen und Gewalthandeln: Befunde einer Längsschnittuntersuchung junger Straftäter, in: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 16/2005, H. 1, S. 15-22

INHALT: "Während in Öffentlichkeit und Medien Täter und Opfer häufig noch als komplementä- re Gruppen angesehen werden, zeigen empirische Studien, dass insbesondere im Jugendalter Täter- und Opfererfahrungen oftmals identischen Personen betreffen. Dies gilt vor allem für den Bereich der Gewaltkriminalität. Erlebte Gewalt kann das Risiko späteren Gewalthandelns erhöhen, eigenes Gewalthandeln birgt wiederum ein erhöhtes Risiko selber Verletzter und damit Opfer in einer gewalttätigen Auseinandersetzung zu werden. Bei delinquenten Jugend- lichen finden sich entsprechend häufig Biographien, die durch mehrfache Opfer- und Täterer- fahrungen gleichermaßen geprägt sind. Anhand einer längsschnittlichen Untersuchung junger Strafgefangener wird untersucht, in welchem Maße und unter welchen Umständen sich bei dieser Risikogruppe frühkindliche Gewalterfahrungen einerseits und Opfererfahrungen im Jugendalter andererseits in späterem Gewalthandeln niederschlagen. Die Ergebnisse zeigen, dass Personen, die als Kind misshandelt wurden, im Jugendalter ungefähr doppelt so häufig zum Opfer wiederholter Gewalt werden. Mehrfache Opfererfahrungen aufgrund von Gewalt- delikten im Jugendalter sind nicht nur ein Indikator für Gewalthandeln im Dunkelfeld, son- dern sagen auch Gewaltdelinquenz im Hellfeld voraus. Die Wahrscheinlichkeit Gewaltdelikte zu begehen, nimmt mit der Häufigkeit von Gewalterfahrungen im Jugendalter zu. Die Ergeb- nisse werden im Hinblick auf ihre Implikationen für die Jugendhilfe diskutiert." (Autorenrefe- rat)

[110-L] Höynck, Theresia: Stärkung der Opferrolle im Jugendstrafverfahren?: zur aktuellen Debatte um die Stellung des Opfers im JGG, in: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 16/2005, H. 1, S. 34-41

INHALT: "Der Beitrag befasst sich mit der aktuellen Debatte um die Rolle des Opfers im Jugend- strafverfahren. Im Zentrum steht hierbei die Vereinbarkeit eines am Erziehungsgedanken ori- entierten Verfahrens mit der - wie auch immer ausgestalteten - Einbeziehung des Opfers als weiterem Verfahrensbeteiligten. Die Diskussion um die Notwendigkeit und ggf. die Einzel- heiten einer Reform werden auf der Grundlage eines Überblicks über die aktuelle Rechtslage dargestellt. Die verschiedenen vorliegenden Positionspapiere und Gesetzentwürfe werden vorgestellt und die darin streitigen Punkte diskutiert. Im Ergebnis wird Zurückhaltung bei ge- setzlichen Änderungen vor allem im Bereich der Aktivrechte von Opfern gefordert und eine Stärkung einer qualifizierten Beobachterrolle für sinnvoll gehalten, für die es allenfalls klei- nerer gesetzlicher Änderungen bedarf." (Autorenreferat)

[111-F] Hyner, Dirk, Dipl.-Verw.Wiss. (Bearbeitung); Schneider, Volker, Prof.Dr. (Leitung); Schneider, Volker, Prof.Dr. (Betreuung): Cybercrime bekämpfen: globale Politiknetzwerke zum Schutz von Kommunikations- und Informationsinfrastrukturen am Beispiel des eCommerce

INHALT: Modern Western societies are to a great extent highly differentiated, complex socio- technical systems that are dependent on a wide array of technologically-based critical infra- soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 111 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

structures. These infrastructures, in particular the internet, are highly sensitive to different dis- ruptive factors such as Cybercrime, Cyberterrorism or Cyberwar. At the same time, proper functioning is in turn extremely crucial for the functioning and security of modern societies. The main focus of the analysis will be put on the question how public and private actors in- teract on a global level by means of self-regulation to generate and enhance security in the internet and in particular in terms of the specific problem of eCommerce. METHODE: Untersuchungsdesign: vergleichende Fallstudie DATENGEWINNUNG: Inhaltsana- lyse, offen ("Computerworld" und "Financial Times" online, 2000-2002). Standardisierte Be- fragung, face to face (Stichprobe: 10; Auswahlverfahren: Reputationsanalyse). Feldarbeit durch Mitarbeiter/-innen des Projekts. VERÖFFENTLICHUNGEN: Schneider, Volker; Hyner, Dirk: Security in cyberspace: govern- ance by transnational policy networks. in: Koenig-Archibugi, Mathias; Zürn, Michael: New modes of governance in the global system: exploring publicness, delegation and inclusive- ness. Palgrave-Macmillan (in prep.). ART: Dissertation; gefördert BEGINN: 2002-07 ENDE: 2005-06 AUFTRAGGEBER: nein FI- NANZIERER: Volkswagen Stiftung INSTITUTION: Universität Konstanz, Rechts-, Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaftliche Sektion, FB Politik- und Verwaltungswissenschaft Lehrstuhl für materielle Staatstheorie (Postfach 5560, 78434 Konstanz) KONTAKT: Leiter (Tel. 07531-882318, e-mail: [email protected])

[112-L] Imbusch, Peter: Enthumanisierung als Entlastung: gesellschaftliche Diskurse über Täter und ihre Verbre- chen, in: Journal für Konflikt- und Gewaltforschung, Jg. 7/2005, H. 1, S. 99-122

INHALT: Der Verfasser setzt sich mit dem gesellschaftlichen Umgang mit Kriminellen auseinan- der. Im Mittelpunkt stehen dabei gesellschaftliche Diskurse über Delinquenten und deren Da- ten. Dabei geht es um bestimmte Verbrechen (Holocaust, Selbstmordanschläge, Kannibalis- mus), bei denen typischerweise eine Enthumanisierung der Täter aufritt. Der Verfasser diffe- renziert zwischen vier Typen von Enthumanisierung und fragt, welche Bedeutung Enthuma- nisierung für die Mehrheit der Bevölkerung hat. Er zeigt, dass sechs wichtige Funktionen die Erklärung dafür liefern, dass die Gesellschaft in dieser Art mit kriminellem Fehlverhalten umgeht. Der Verfasser plädiert abschließend für mehr Rationalität in der Debatte über Fakten, die nicht leicht verständlich sind, da es ihnen offensichtlich an Sinn mangelt. (ICEÜbers)

[113-L] Jansen, Stephan A.; Priddat, Birger P. (Hrsg.): Korruption: unaufgeklärter Kapitalismus - Multidisziplinäre Perspektiven zu Funktionen und Folgen der Korruption, (ZU-Schriften der Zeppelin University zwischen Wirtschaft, Kultur und Politik), Wiesbaden: VS Verl. für Sozialwiss. 2005, 223 S., ISBN: 3-531-14561-4

INHALT: "Bürger und Kunden verzweifeln an Integrität von Politikern und Vorständen, an der Vergabe von öffentlichen Aufträgen, an Empfehlungen von Banken usw. Ob in Verwaltung oder Unternehmen: Korruption ist eine prominente, medial inszenierte Vokabel, die überall betretenes Schweigen auslöst. Ein Grundelement der Korruption selbst, denn sie basiert auf der Inkommunikabilität. Wo betretenes Schweigen herrscht, muss die Wissenschaft forschend eintreten. Die Beiträge in diesem Band dienen der multidisziplinären Analyse von Motiven 112 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

und Mechanismen, von Funktionen und Folgen der Korruption. Politische, ökonomische und soziologische Aspekte stehen dabei im Vordergrund. Die ausgeführten systematischen Para- doxien der Korruption fordern komplexe Beschreibungen und ermöglichen erst so komplexe- re Antworten im Hinblick auf etwaige Präventionschancen. Dabei - so die These- leistet die moralisch-mediale Diskussion für die wissenschaftliche Analyse gerade keine Erhellung der dunklen, unaufgeklärten Seite des Kapitalismus." (Autorenreferat). Inhaltsverzeichnis: Ste- phan A. Jansen & Birger P. Priddat: Vorwort: Theorien und Thesen zur Korruption (7-10); Stephan A. Jansen: Elemente 'positiver' und 'dynamischer' Theorien der Korruption - Multi- disziplinäre Provokationen zur Form der Korruption (11-42); Josef Wieland: Die Governance der Korruption (43-62); Ingo Pies: Korruption: Diagnose und Therapie aus wirtschaftsethi- scher Sicht (63-84); Birger P. Priddat: Schwarze Löcher der Verantwortung: Korruption - Die negative Variante von Public-Private Partnership (85-102); Michael Schefczyk: Paradoxe Korruption (103-122); Markus Rhomberg: Wirklich die 'vierte Gewalt'? Funktionsverständ- nisse für die Massenmedien in der Gesellschaft (123-140); Christoph Meineke: Vom Nimbus der Unbestechlichkeit - Beamtentugend und Staatskorruption in Preußen (141-166); Alihan Kabalak: Institutionalisierte Korruption (167-188); Christoph Henning: Private Virtues, Pub- lic Vices? Sozialphilosophische Implikationen der Rede von Korruption (189-204); Robert B. Vehrkamp & Klaus Hafemann: Korruption, Arbeitsmarkt und Beschäftigung: Ergebnisse ei- ner empirischen Analyse für die osteuropäischen Transformationsländer (205-220).

[114-L] Jaschke, Hans-Gerd; Neidhardt, Klaus: Moderne Polizeiwissenschaft als Integrationswissenschaft: ein Beitrag zur Grundlagendis- kussion, in: Polizei & Wissenschaft : unabhängige interdisziplinäre Zeitschrift für Wissenschaft und Polizei, 2004, H. 4, S. 14-24. Der Volltext ist über www.infoconnex.de erhältlich.

INHALT: "Die methodischen und konzeptionellen Grundlagen der Polizeiwissenschaft in Deutschland sind noch in der Diskussion und bedürfen weiterer Klärung. Zwischen den Er- fordernissen der Praxis und der expandierenden empirischen Polizeiforschung muss Polizei- wissenschaft als Integrationswissenschaft verstanden werden, als breites Dach über den Ein- zeldisziplinen. Insoweit unterscheidet sie sich nicht von anderen wie etwa Erziehungs-, Sozi- al-, Wirtschafts- oder Ingenieurwissenschaft, die eine integrative Funktion seit langem über- nehmen. Diese These wird in drei Schritten begründet. Zunächst geht es um die Praxiserfor- dernisse der Anwender, um die Akademisierung des Polizeiberufs und die Notwendigkeit ei- ner wissenschaftlichen Ausbildung der polizeilichen Führungskräfte. Danach geht es darum, Schlüsselfragestellungen zu identifizieren, die der Polizeiwissenschaft als Orientierung und als künftiger Aufgabenkatalog dienen können. Im Schlussteil diskutieren wir Akzeptanzprob- leme der Polizeiwissenschaft, ausgehend von der Annahme, dass eine im Werden befindliche Integrationswissenschaft auf das historisch und kulturell gewachsene Berufsmilieu Rücksicht nehmen und von den Beteiligten mitgetragen werden muss." (Autorenreferat)

[115-L] Jünschke, Klaus; Paul, Bettina: "Nur nicht auffallen": Menschen in der Illegalität in Deutschland, in: Zeitschrift für Jugend- kriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 15/2004, H. 4, S. 364-372

INHALT: "Es wird geschätzt, dass derzeit bis zu einer Million Menschen illegal in Deutschland leben. Der Begriff 'Illegale' für diese Menschen ist missverständlich. Da es jedes Mal um soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 113 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

nicht vorhandene Unterlagen/ Genehmigungen geht, sei es die Bescheinigung einer Arbeitser- laubnis oder die Aufenthaltserlaubnis, trifft die französische Bezeichnung 'Sans Papiers' oder die spanische der 'sin papeles' das zugrunde liegende Phänomen und seine in den Blick ge- nommene Personengruppe eigentlich viel eher zu, als die Bezeichnung 'Illegale'. Wir behalten dies im Folgenden aber bei, weil es der im allgemeinen Sprachgebrauch eingeführte Begriff ist. Im neuen Zuwanderungsgesetz kommen die 'Illegalen' nicht vor - und bisher auch nicht in der Kriminologie, sieht man von vereinzelten Studien zu den Themen wie Menschenhandel, organisierte Kriminalität und Schleusertum ab. Vor allem die Lebenssituation, die Lebensbe- dingungen und die Konsequenzen der Abwehr von Menschen, die entweder keinen Aufent- haltsstatus besitzen oder aber bei der illegalen Grenzüberschreitung aufgegriffen werden, sind noch weitgehend unbekannt. Der folgende Beitrag nimmt sich dieses vernachlässigten The- mas an und zeigt die Schwierigkeiten auf, die in diesem Diskurs stecken. Dabei wird vor al- lem auf die vorliegenden Erkenntnisse zur Lebenssituation der als 'Illegale' bezeichneten Per- sonen eingegangen sowie auf die Herausforderungen, die die derzeitigen gesetzlichen Rege- lungen und politischen Handhabungen für Professionen beinhalten, die in ihrer Tätigkeit mit 'Illegalen' zu tun haben." (Autorenreferat)

[116-L] Kaiser, Monika: Kriminalitätsentwicklung in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2020: mehr verurteilte Ju- gendliche trotz Bevölkerungsrückgang?, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg, 2004, H. 9, S. 3-7 (Standort: UuStB Köln(38)-XG8819)

INHALT: "Bis zum Jahr 2020 ist kaum damit zu rechnen, dass sich die Zahl der rechtskräftig Verurteilten verringert. Selbst unter der Annahme, dass die Straffälligkeit des Jahres 2002 in allen Altersgruppen bis zum Jahr 2020 konstant bleibt, würde die Verurteiltenzahl geringfü- gig über dem Niveau des Jahres 2002 liegen. Setzen sich die in den einzelnen Altersgruppen zu beobachtenden Trends der Verurteiltenhäufigkeit der zurückliegenden 20 bzw. 10 Jahre al- lerdings fort, könnte das Niveau der Verurteilungen 9 bzw. 17 v.H. über dem von 2002 lie- gen. Sollte bei den Jugendlichen und Heranwachsenden der Trend einer steigenden Straffäl- ligkeit entsprechend den 90er-Jahren anhalten, würde die Zahl der verurteilten Jugendlichen und Heranwachsenden bis 2020 sogar um gut 30 v.H. zunehmen, obwohl bis dahin in Baden- Württemberg voraussichtlich 7 v.H. weniger Einwohner im Alter von 14 bis 21 Jahren leben als 2002." (Autorenreferat)

[117-L] Kant, Martina: Außer Spesen nichts gewesen?: eine Bilanz der Rasterfahndung nach dem 11.9.2001, in: Bürgerrechte & Polizei : CILIP, 2005, Nr. 1 = H. 80, S. 13-20

INHALT: "Die Daten von insgesamt rund 8,3 Millionen Menschen wurden im Zuge der bundes- weiten Rasterfahndung nach den Anschlägen vom 11. September 2001 erhoben, verarbeitet und gerastert. Damit wurde bei jedem zehnten Bewohner dieses Landes in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen. Und wofür? Dass die Rasterfahndung von Pleiten, Pech und Pannen begleitet war, offenbart nun auch ein Bericht des Bundeskriminal- amtes (BKA)." (Autorenreferat)

114 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

[118-L] Karliczek, Kari-Maria (Hrsg.): Kriminologische Erkundungen: wissenschaftliches Symposium aus Anlass des 65. Geburts- tages von Klaus Sessar, (Berliner kriminologische Studien, Bd. 6), (Wissenschaftliches Symposi- um "Kriminologie - wohin?", 2002, Berlin), Münster: Lit Verl. 2004, 282 S., ISBN: 3-8258-8013- 3 (Standort: ULB Münster(6)-3F54417)

INHALT: "Dieses Buch entstand in Folge eines Symposiums aus Anlass des 65. Geburtstages des Kriminologen Klaus Sessar. Unter der Fragestellung 'Kriminologie Wohin?' trafen sich Wis- senschaftler verschiedener Ausrichtung. Entsprechend vielfältig sind die Einblicke, die in die Möglichkeiten kriminologischen Arbeitens gegeben werden. So werden neben neuen krimi- nologischen Ideen, Ansätze vorgestellt, wie man sich kriminologischen Fragestellungen aus einer historischen, soziologischen oder politikwissenschaftlichen Perspektive nähern kann." (Autorenreferat). Inhaltsverzeichnis: Knuth Thiel: Kriminologie wohin? (8-17); Detlef Krauß: Schattenspiele. Versuch einer Annäherung an Klaus Sessar (18-31); Klaus Sessar: Verbre- chen als soziale Konstruktion. Eine kriminologische Vorlesung (32-77); Manfred Kappeler: Dekonstruktive Kriminologie Eine notwendige Bezugswissenschaft für Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit (78-90); Wolfgang Slangl: Klassenkampf, Wohlfahrtsstaat und Neolibe- ralismus. Über strukturelle Veränderungen Innerer Sicherheit (91-106); Gunhild Korfes: Im Kampf gegen den Eigenwillen - ein Fall für die Kriminologie? (107-122); Günter Glitsche: Kriminologische Aspekte des Kommunitarismus. Die 'gute Gesellschaft' oder 'die Fähigkeit, das Richtige vom Falschen zu scheiden' (123-142); Otmar Hagemann: Kriminologie - für Kriminologlnnen, Herrschende oder (Kriminalitäts-) Betroffene (143-169); Susanne Krasi- nann: Konstitutive Kriminologie - oder: Zum Topos der Täterfixierung bis in die Gegenwart (170-178); Martin Weinrich: Norm, Abweichung und Zuschreibung als Grundbegriffe einer reflexiven Kriminologie (179-209); Kari-Maria Karliczek: Vom Nutzen qualitativer For- schung in der Kriminologie (210-225); Katrin Brettfeld & Peter Wetzels: Über die präventive Kraft des Wissen: Zum gesellschaftskritischen Potential und kriminalpolitischen Nutzen kri- minologischer Dunkelfeldforschung (226-265); Horst Viehmann: Hat die Kriminologie etwas genutzt? Eine Anmerkung aus rechtschaffender Sicht als Laudatio für den Hamburger Krimi- nologen Klaus Sessar (266-273).

[119-L] Khan, Aurangzeb: Der Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnik im Rahmen der Verbrechens- bekämpfung in Deutschland am Beispiel des Bundeskriminalamtes, (Europäische Hochschul- schriften. Reihe 5, Volks- und Betriebswirtschaft, Bd. 3093), Frankfurt am Main: P. Lang 2004, 422 S., ISBN: 3-631-52163-4 (Standort: StUB Frankfurt a. M.(30)-8775284)

INHALT: "Die Informations- und Kommunikationstechnik hat sich längst in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung etabliert, darunter auch bei der Kriminalpolizei. Ohne diese Technik, deren Einsatzfelder von einfachen Fahndungsabfragen bis hin zu komplexen kriminaltechni- schen Verfahren reichen, ist eine effektive und effiziente Verbrechensbekämpfung nicht mög- lich. Als Informationszentralstelle der deutschen Polizei kommt dem Bundeskriminalamt in Deutschland hierbei eine Sonderrolle zu. In dieser Untersuchung werden die wichtigsten In- formationssysteme des Bundeskriminalamtes (u.a. INPOL, AFIS, die DNA-Analyse-Datei, ViCLAS, Kriminaltechnik) sowie sein grenzüberschreitender Informationsaustausch ausführ- lich erläutert. Auch die mit dem Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnik ein- soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 115 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

hergehenden Bedenken, vor allem in datenschutzrechtlicher Hinsicht, werden eingehend be- handelt." (Autorenreferat)

[120-L] Kleimann, Matthias; Pfeiffer, Christian: Zur Kriminalität junger Aussiedler: aktuelle Befunde und Erklärungsansätze, in: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 15/2004, H. 4, S. 378-384

INHALT: "Untersucht wird die These, dass der Anstieg der Gewaltkriminalität besonders unter deutschen Jugendlichen und Heranwachsenden in den letzten 15 Jahren auch auf eine starke Belastung junger Aussiedler, insbesondere Spätaussiedler zurückzuführen ist. Nach einer Aufarbeitung des Forschungsstandes und verschiedener Erklärungsansätze zur Kriminalitäts- belastung insbesondere junger, männlicher Aussiedler, werden diese Erkenntnisse anhand ak- tueller Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik überprüft. Problematisiert werden hier insbe- sondere die starke Divergenz in der Kriminalitätsbelastung zwischen jungen männlichen und weiblichen Spätaussiedlern sowie der Zusammenhang zwischen Gewaltdelikten, Eigentums- delikten und Vergehen im Zusammenhang mit Drogen. In einem letzten Schritt wird die Ent- wicklung des Aussiedleranteils in ausgewählten Jugendvollzugsanstalten beschrieben, der seit 1992 erheblich angestiegen ist. Insgesamt lässt sich der Schluss ziehen, dass die wachsende Kriminalitätsbelastung deutscher Jugendlicher und Heranwachsender zumindest teilweise auf eine überproportionale Belastung junger Aussiedler zurückzuführen ist. Obwohl die hohe De- linquenz dieser Gruppe in bestimmten Bereichen aus deren Herkunftsländern 'importiert' zu sein scheint, ist doch ein Großteil der Probleme 'hausgemacht', ein Resultat mangelhafter Un- terstützung bei der Integration und einer problematischen sozioökonomischen Lage vieler Spätaussiedler." (Autorenreferat)

[121-L] Kleinsteuber, Martin: Abgeurteilte und Verurteilte in Thüringen in den Jahren 1998 bis 2002, in: Statistische Mo- natshefte Thüringen, Jg. 11/2004, H. 3, S. 34-56

INHALT: "Mit den Ergebnissen des Jahres 2002 liegen in Thüringen zum fünften Mal komplette Zahlen der Strafverfolgungsstatistik vor (für 1997, dem ersten Jahr der Einführung, beschrän- ken sich die Ergebnisse auf die Verurteiltenzahlen). Nach wie vor können vom Statistischen Bundesamt nur Ergebnisse für das frühere Bundesgebiet (einschließlich Berlin-Ost) und in einigen Tabellen nachrichtlich für Brandenburg, Sachsen, Thüringen und ab 2001 auch für Mecklenburg-Vorpommern veröffentlicht werden, da weiterhin die bundesgesetzliche Grund- lage nicht verabschiedet wurde und nicht alle neuen Bundesländer die Einführung dieser ko- ordinierten Länderstatistik auf landesrechtlicher Grundlage vollzogen haben. Die Gesamtzahl der an den Thüringer Gerichten in Strafverfahren abgeurteilten Personen war in diesen Jahren bei einem Minimum von 32.667 (1998) und einem Maximum von 33.390 Personen (1999) re- lativ konstant. Der Anteil der Verurteilten an den Abgeurteilten (Verurteilungsquote) sank zunächst bis 2001 und ist 2002 wieder leicht angestiegen. Dabei wirkte sich sowohl eine stei- gende Zahl der Freisprüche als auch der Verfahrenseinstellungen sowie des Absehens von ei- ner Strafe auf die Entwicklung der Verurteilungsquote aus. Erstmals seit 1998 gab es 2002 wieder eine Zunahme der Anzahl der verurteilten Personen und eine Abnahme der anderen Entscheidungen. Die anhand der Anzahl der Verurteilten gemessene kriminelle Belastung der Bevölkerung (Verurteilte je 100.000 Einwohner) hat sich in Thüringen nur wenig verändert, 116 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

während sie im früheren Bundesgebiet von 1998 bis 2001 auf ein ähnliches Niveau wie in Thüringen gesunken ist. Zwischen den einzelnen Ländern sind jedoch erhebliche Unterschie- de zu verzeichnen. Die Verurteilungen erfolgen überwiegend nach dem Strafgesetzbuch. Je- der sechste Verurteilte in Thüringen beziehungsweise jeder fünfte Verurteilte im früheren Bundesgebiet wurde nach anderen Gesetzen verurteilt. Diese Anteile haben sich im betrachte- ten Zeitraum in beiden Regionen nur wenig verändert." (Autorenreferat)

[122-L] Krasmann, Susanne: 'Makrokriminalität': Erfolg oder Versagen der Kriminologie?, in: Benjamin F. Brägger, Nadja Capus, Sandro Cimichella, Renie Maag, Nicolas Queloz, Georg Schmid (Hrsg.): Kriminologie - wissenschaftliche und praktische Entwicklungen : gestern, heute, morgen, Diessenhofen: Rüegger, 2004, S. 293-320, ISBN: 3-7253-0771-7 (Standort: B d. FH f. Polizei Villingen-Schwennin- gen(1019)-KL0941)

INHALT: "'Makrokriminalität' stellt eine besondere Herausforderung für die Kriminologie dar, weil sie einen Perspektivenwechsel einfordert, nicht im Sinne einer Abkehr der traditionellen Analyse von Unterschichtskriminalität zugunsten von Herrschaftskriminalität, vielmehr im Sinne eines ungewohnten Blicks: Die Aufgabe einer 'Makrokriminologie' wäre die Grenzbe- trachtung. Warum die Kriminologie damit bisher Schwierigkeiten haben musste und wie sie sich entsprechender Probleme der Gegenwart annehmen könnte, untersucht dieser Beitrag." (Autorenreferat)

[123-L] Kury, Helmut; Yoshida, Toshio; Würger, Michael: Zur Prävalenz sexueller Viktimisierungen: ein Vergleich zwischen Deutschland und Japan, in: Kriminologisches Journal, Jg. 37/2005, H. 2, S. 109-127 (Standort: UuStB Köln(38)-XF146; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: Es handelt sich um eine vergleichende empirische Opferstudie im Bereich der Sexual- kriminalität, die in Deutschland und Japan durchgeführt wurde. Es wurde eine standardisierte schriftliche Befragung mit japanischen (2003) und deutschen Studentinnen (2001) durchge- führt. Fasst man alle Ergebnisse zusammen, die strafrechtlich relevant sind, so wurden 53% der deutschen und 60% der befragten japanischen Frauen mindestens einmal Opfer einer rechtlich verbotenen sexuellen Handlung. Dieses Ergebnis ist vor dem Hintergrund der all- gemein sehr niedrigen Kriminalitätsbelastung in Japan besonders signifikant. Die Zahl der nicht bekannt gewordenen Straftaten ist in Japan wesentlich höher als in Deutschland, was die These, dass japanische Frauen wesentlich stärker von sexueller Viktimisierung betroffen sind als offiziell registriert, bestätigt. Die Aufgabe der Wissenschaft muss darin bestehen, die Hin- tergründe von Sexualstraftaten weiter zu erforschen, da diese oft in einem ausgesprochen komplexen Beziehungsgeschehen als Teil eines umfassenden Konflikts geschehen. (ICF)

[124-L] Lunkenheimer, Ellen: Soziale Arbeit für Rechtsfrieden: die Umsetzung des Täter-Opfer-Ausgleichs in Rheinland- Pfalz, (Schriftenreihe Sozialpädagogik in Forschung und Praxis, Bd. 9), Hamburg: Kovac 2004, XI, 216 S., ISBN: 3-8300-1576-3 (Standort: LB Koblenz(929)-2005518) soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 117 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

INHALT: Die Verfasserin stellt zunächst die theoretischen Grundlagen des Täter-Opfer- Ausgleichs dar (rechtliche Verankerung, Sanktionseignung) und gibt einen Überblick über den einschlägigen Forschungsstand. Im Folgenden wird die Umsetzung des Täter-Opfer- Ausgleichs in Rheinland-Pfalz beschrieben. Vor dem Hintergrund einer systemtheoretischen Perspektive auf das Recht werden sodann Ergebnisse qualitativer Befragungen von Staatsan- wälten und Mediatoren diskutiert. Im Mittelpunkt steht die Bewertung der Vor- und Nachteile des Täter-Opfer-Ausgleichs aus der Sicht beider Gruppen sowie der Zusammenarbeit mit der jeweils anderen Berufsgruppe. Abschließend werden praktische Empfehlungen zum Täter- Opfer-Ausgleich formuliert. (ICE2)

[125-L] Lütkes, Anne; Rose, Frank: Grenzen der Erziehung? - Intensivtäter nicht außen vor!, in: Zeitschrift für Jugendkriminal- recht und Jugendhilfe, Jg. 16/2005, H. 1, S. 63-69

INHALT: "Der 26. Deutsche Jugendgerichtstag vom 25. bis 28. September 2004 in Leipzig stand unter dem Thema 'Verantwortung für Jugend - Qualitätssicherung und Perspektiven in der Jugendkriminalrechtspflege'. Ein Arbeitskreis beschäftigte sich mit Intensivtätern, also jener zahlenmäßig geringen, aber durch die Begehung besonders schwerer oder besonders zahlrei- cher Straftaten gekennzeichnete Tätergruppe, die in der Öffentlichkeit immer wieder beson- dere Aufmerksamkeit erlangt. An Hand dieser Tätergruppe wird im nachfolgenden am Bei- spiel Schleswig-Holsteins dargelegt, dass ein rationaler Umgang mit Jugendkriminalität nicht nur möglich, sondern geboten erscheint. Im Rahmen der Schilderung des in Schleswig- Holstein eingeschlagenen, durch Prävention und Intervention gekennzeichneten Weges wird zudem deutlich werden, dass dieser zwar nicht die häufig geforderten 'einfachen Lösungen' in Form möglichst harter Reaktionen umfasst, dafür aber im Einklang mit den vom DJGT ver- abschiedeten fachlich fundierten Vorschlägen steht." (Autorenreferat)

[126-L] Mappes-Niediek, Norbert: Balkan-Mafia: Staaten in der Hand des Verbrechens - eine Gefahr für Europa, Berlin: Links- Druck Verl. 2003, 190 S., ISBN: 3-86153-284-0

INHALT: Die Transformationsprozesse und Konflikte in den Balkanstaaten haben eine beispiel- lose Verflechtung von Politik und Kriminalität ermöglicht, so die zentrale These des Autors. Anhand zahlreicher Beispielfälle erläutert er diese Verstrickungen sowie den Einfluss und die Machenschaften krimineller Netzwerke, deren Aktivitäten vom Drogenhandel über die Prosti- tution bis hin zur Etablierung mafiaähnlicher Strukturen reichen. Zugleich zeigt er auf, wel- che strukturellen Ursachen dieses Problem hat und entwickelt Lösungsvorschläge. Dabei plä- diert er insbesondere für eine verstärkte europäische Integration - und zwar auch im wohl ver- standenen Eigeninteresse der westeuropäischen Länder: Da es schon allein aus geografischen Gründen nicht möglich sei, sich vollständig gegen die Balkanländer abzuschotten, sei davon auszugehen, dass die beschriebenen Probleme über kurz oder lang in wesentlich höherem Ausmaß in den Westen getragen werden als dies bereits jetzt der Fall sei. (ZPol, Leske u. Budrich)

118 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

[127-F] Mehlkop, Guido, Dr. (Bearbeitung); Becker, Rolf, Prof.Dr. (Leitung): Abschreckung durch harte Strafen oder ist die internationale Kontrolle wirksamer für die Verbrechensbekämpfung?

INHALT: Aus Perspektive der ökonomischen Theorie der Kriminalität (Becker 1968) sollten harte Strafen vor kriminellen Handlungen abschrecken, da sie die Kosten abweichenden Ver- haltens erhöhen. In der Realität scheint diese Abschreckungsdoktrin aber nicht per se zu funk- tionieren, da selbst in Gesellschaften mit ultimativen Strafandrohungen (Todesstrafe) Verbre- chen weiterhin begangen werden. In diesem Beitrag wird ein erweitertes ökonomisches Mo- dell kriminellen Handelns entwickelt und anhand von ALLBUS-Daten für vier Massendelikte (Steuerbetrug, Schwarzfahren, Ladendiebstahl und Trunkenheit am Steuer) empirisch über- prüft. Es kann erstens gezeigt werden, dass gemäß unserer theoretischen Erwartungen einer- seits die subjektive Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit einen größeren Einfluss auf die Entscheidung für oder wider eine kriminelle Handlung als Strafandrohung ausübt, und zweitens, dass auch die von Ökonomen in der Regel ignorierten internalisierten Konformi- tätsnormen eine sehr signifikante Rolle spielen, da Normen bereits in der ersten kognitiven Phase des Entscheidungsprozesses solche Handlungsalternativen ausschließen, die mit den Normen konfligieren. ART: Eigenprojekt BEGINN: 2004-01 ENDE: 2004-03 AUFTRAGGEBER: keine Angabe FI- NANZIERER: keine Angabe INSTITUTION: Technische Universität Dresden, Philosophische Fakultät, Institut für Soziologie Lehrstuhl für Makrosoziologie (01062 Dresden) KONTAKT: Bearbeiter (e-mail: [email protected], Tel. 0351-463-34112)

[128-L] Mensching, Anja: Den Blick zurück nach vorn: Plädoyer für eine verstehende Polizeiforschung, in: Neue Kri- minalpolitik : Forum für Praxis, Politik und Wissenschaft, Jg. 16/2004, H. 4, S. 125-127

INHALT: "Das Verhältnis der Sozialwissenschaften zur Polizei und der Polizei zu den Sozialwis- senschaften ist in der Vergangenheit aus unterschiedlichster Perspektive beschrieben worden (in letzter Zeit u.a. Bornewasser 2002, Ohlemacher 2000a, Reichertz/ Schröer 2003, Schnei- der 2000, Weitemeier 2002). Einerseits ging es dabei um die Frage, inwieweit die Sozialwis- senschaften Einzug in die Polizeiausbildung gehalten haben ('Versozialwissenschaftlichung' der Polizeiausbildung, so Ohlemacher 2000a: 3 oder 'stiefmütterliches Dasein', so Krüger 1996: 225), andererseits um die Frage, inwieweit sich die Polizei dem wissenschaftlichen Einblick öffnet und es zulässt, dass Forscher an polizeilichen Einsätzen oder Vernehmungen teilhaben bzw. Akteneinsicht nehmen und Polizeibeamte/ -innen zu ihrem Einsatzhandeln be- fragen. Mittlerweile rücken zudem Binnenverhältnisse innerhalb der Polizei vor dem Hinter- grund organisationsinterner Zusammenhänge in den Blick sozialwissenschaftlichen Forschens und eröffnen so der Polizeiforschung neue Perspektiven." (Autorenreferat)

[129-L] Möbes, Iris: Auswirkungen psychosozialer Betreuung von Opferzeugen in Strafprozessen: Ergebnisse einer Befragung am Land- und Amtsgericht Düsseldorf, Düsseldorf 2003, 78 S. (Graue Litera- tur; URL: http://diss.ub.uni-duesseldorf.de/ebib/diss/diss_files/476.pdf; http://deposit.ddb.de/cgi- bin/dokserv?idn=967503256&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=967503256.pdf) soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 119 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

INHALT: "Die Befindlichkeit von Opferzeugen an deutschen Gerichten fand bisher wenig Auf- merksamkeit. Diese kann jedoch durch die besonders belastende Situation, vor Gericht aussa- gen zu müssen, stark beeinflusst werden. Im Rahmen viktimologischer Untersuchungen konnte dieser Aspekt bereits gezeigt werden. In Düsseldorf am Landgericht und Amtsgericht wurde 1997 ein Zimmer für Zeuginnen und Zeugen eingerichtet, wo Opferzeugen professio- nell psychosozial betreut werden. Um das zunächst auf zwei Jahre begrenzte Projekt fest zu etablieren und gleichzeitig u.a. die Einrichtung weiterer Zeugenbetreuungsstellen zu erleich- tern, wurde dieses Projekt wissenschaftlich begleitet. Hierfür wurden vier Stichproben von insgesamt hundert Opfer- zeugen mit selbst entwickelten und standardisierten Fragebögen zu je drei Zeitpunkten befragt, und zwar vor der Betreuung/ Verhandlung, im Anschluss an diese und nochmals nach drei Monaten. Hierbei wurden die Personen u.a. zu ihrer jeweils momen- tanen Befindlichkeit befragt und die Ergebnisse der drei Messzeitpunkte verglichen. Es erga- ben sich für die Befindlichkeit signifikante Verbesserungen. Dieses Ergebnis unterstreicht auf wissenschaftlicher und statistischer Grundlage die Notwendigkeit der professionellen psycho- sozialen Betreuung von Opferzeugen, um eine Verbesserung von deren Befindlichkeit zu er- reichen und die Folgebeeinträchtigungen durch eine Straftat nicht noch unnötig durch die ei- ner vernachlässigenden Behandlung bei Gericht zu verstärken. Gleichzeitig konnte festge- stellt werden, dass sich eine zunächst bei vor allem Richtern, aber auch Staatsanwälten und Rechtsanwälten vorhandene Skepsis gegenüber dieser Einrichtung nicht bestätigen ließ. Die Zeugenbetreuung wurde von den Zeugen selbst und von den Juristen als notwendig einge- stuft, der positive Einfluss auf die Befindlichkeit der Zeugen bestätigt. Die vorliegende Arbeit konnte zeigen, dass diese Einrichtungen für das Befinden von Opferzeugen vor Gericht maß- gebliche Verbesserungen bringen können." (Autorenreferat)

[130-L] Möllers, Martin H. W.; Ooyen, Robert Chr. van; Spohrer, Hans-Thomas (Hrsg.): Die Polizei des Bundes in der rechtsstaatlichen pluralistischen Demokratie, Opladen: Leske u. Budrich 2003, 303 S., ISBN: 3-8100-3983-7

INHALT: Die sozialwissenschaftliche Beschäftigung mit der Polizei hat in den vergangenen Jahren einen deutlichen Aufschwung genommen. Im Vordergrund standen dabei allerdings vor allem die Länderpolizeien sowie das Bundeskriminalamt. Der Bundesgrenzschutz als Po- lizei des Bundes wurde hingegen eher am Rande berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund le- gen die Herausgeber anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Fachhochschule des Bundes, Fachbereich Bundesgrenzschutz, eine Festschrift vor, in der 'wesentliche Aufgaben- und Or- ganisationsbereiche des BGS anhand sozial- und rechtswissenschaftlicher Fragestellungen' (7) untersucht werden. Aus dem Inhaltsverzeichnis: Hochschule und Polizeiausbildung; Rechtsstaatliche Bezüge der Polizeiarbeit: Robert Chr. van Ooyen: Rechtsprechung, politi- sche Philosophie oder bloße Macht der Dezision? Das Bundesverfassungsgericht und das A- sylrecht (67-86); Anneliese Kowalczyk-Saarschmidt: Der Bundesgrenzschutz im Notstands- und Verteidigungsfall (87-110); Martin Kastner: Strafverfolgungskompetenzen des BGS - Zur Problematik der Abgrenzung zwischen Bundes- und Landeszuständigkeiten (111-139); Andreas Peilert: Rechtliche Parameter der Ordnungspartnerschaft zwischen der Bundesrepu- blik Deutschland und der Deutschen Bahn AG (141-173); Norbert Raimer: Sicherheit beim Einsatz von Sprachermittlern in polizeilichen Ermittlungsverfahren (175-201); Internationali- sierung von BGS-Aufgaben: Bernd Walter: Grenzschutz in einem zusammenwachsenden Eu- ropa - ein Paradigmawechsel (205-233); Christian Mainzinger: Aufbau des Grenzschutzes in 120 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

Bosnien und Herzegowina im Auftrag der Vereinten Nationen. Ein Erfahrungs- und Projekt- bericht des Projektleiters (235-266); BGS und Neue Steuerungsmodelle. (ZPol, VS)

[131-L] Müller, Matthias; Behrmann, Jochen: Jugendliche Intensivstraftäter in der Wahrnehmung der Professionen, in: Zeitschrift für Ju- gendkriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 15/2004, H. 2, S. 144-149

INHALT: "Dieser Beitrag kommentiert die Ergebnisse der Studienwoche 'Jugendliche Intensiv- straftäter' der DVJJ-Landesgruppe Berlin. Einleitend wird in das Thema 'Jugendliche Inten- sivstraftäter' eingeführt und auf die terminologischen Schwierigkeiten hingewiesen. An- schließend wird kurz auf die Gestaltung der Studienwoche eingegangen. Die Kommentierung verdeutlicht, dass viele Schwierigkeiten mit den schwierigen Jugendlichen bereits durch die unterschiedlichen Sichtweisen der am Jugendgerichtsverfahren beteiligten Professionen ent- stehen und liefert darüber hinaus reflexive Anregungen zum Thema. Mit der abschließenden Quintessenz werden die beschlossenen Handlungsschritte der Studienwochenteilneh- mer/innen als Lösungen der Praxis benannt." (Autorenreferat)

[132-L] Müller-Monning, Tobias Martin: Brechen und Knacken: zur Soziologie des Einbruchdiebstahls aus der Sicht der Einbrecher, Gießen 2003, 372 S. (Graue Literatur; URL: http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2003/1023/ pdf/Mueller-MonningTobias-2003-01-21.pdf; http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=9683808 16&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=968380816.pdf)

INHALT: "Die Arbeit ist ein Beitrag zur Soziologie des Einbruchsdiebstahls. Sie beschreibt den Zusammenhang zwischen dem Delikt Einbruchsdiebstahl und der Lebenssituation des Täters. Die Methoden der Biographieforschung und der Grounded Theory werden angewandt. Da- tenquelle sind Leitfaden gestützte Interviews, die mit inhaftierten Einbrechern in hessischen Vollzugsanstalten durchgeführt wurden. Insgesamt wurden 14 Interviews geführt. Das Sam- ple bestand aus 12 Personen, in deren Deliktspektrum der Einbruchsdiebstahl überwiegt. Mit zwei Personen des Samples wurde ein Interview zum Rückfall durchgeführt. Die Interviews sind im Anschluss an die Untersuchung den Interviewten ausgehändigt und mit Ihnen bespro- chen und reflektiert worden. Fünf Themenbereichen wurde spezifischer nachgegangen: Ein- bruch und Lebenssituation, die Auswahl der Objekte, Opferempathie und Schadensbewusst- sein, die Gefühle während des Einbruchs und das Erleben der Haft und ihre Wirksamkeit. Zu- sätzlich wurde nach Zusammenhang von Drogenkonsum und Einbruchsdiebstahl gefragt. Folgende Ergebnisse können beschrieben werden: Dem Einbruch geht im übertragenen Sinne ein Einbruch in der Lebenssituation des Täters voraus. Der Einbruch gibt Auskunft über die Persönlichkeit des Einbrechers und seines gesellschaftlichen Umfeldes. Der Einbruch ist tä- tertypspezifisch und hängt nur mittelbar ab von der Anmutungsqualität der Objekte, in die eingebrochen wurde. Jeder Täter sucht das Objekt nach seiner subjektiven Erfahrung, seiner Sozialisation und seiner aktuellen Lebenssituation aus. Der Zusammenhang von Einbruchs- motivation und Lebenslage liegt im Scheitern von Normalität. Der Einbruch wird gewählt, um dieses Scheitern zu beheben. Als Gründe für den Einbruch können benannt werden: der Erhalt des eigenen Selbstwertes und der eigenen Identität, der Erhalt von Normalität, der Ein- bruch bekommt den Charakter einer Selbsthilfe. Haft wird von dem Täter als ein extremer Lebenseinbruch erlebt. Sie fördert die Delinquenz. Ihre Wirkung ist konträr zum Vollzugs- soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 121 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

ziel. Die gesellschaftliche Behandlung der Sucht fördert unter der geltenden Gesetzgebung und Rechtslage den Einbruchsdiebstahl. Die Biographie der inhaftierten Einbrecher wechselt zwischen drei sozialen Räumen. Diese sind: der soziale Raum der Normalität, der soziale Raum des abweichenden Verhaltens und der soziale Raum der Haft. Dadurch, dass die Über- gänge von einem sozialen Raum in den anderen nicht gelingen, wird ein Verlaufskurvenpo- tential aktiviert. Die Verlaufskurve wird wirksam, wenn der Einbrecher in der Normalität scheitert und auf den Einbruch als sein Heilmittel zurückgreift. Wird er erneut inhaftiert, ist ein Kreislauf hergestellt, der nicht mehr aus eigener Kraft verlassen werden kann. Die Person hat die Fähigkeit verloren, ihre Wirklichkeit aktiv zu beeinflussen. Der Einbruch wird zum beherrschenden Lebensthema." (Autorenreferat)

[133-L] Neubacher, Frank; Filou, Marina; Pitsela, Angelika; Walter, Michael: Jugendkriminaltät in Deutschland und Griechenland: Registrierung, Verarbeitung, Ausfil- terung, in: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 15/2004, H. 1, S. 63-72

INHALT: "Der Beitrag stellt in der Tradition früherer Kölner Vergleichsuntersuchungen jüngste Erkenntnisse über Entwicklung und Struktur registrierter Jugendkriminalität im internationa- len Vergleich zusammen. Besondere Bedeutung wird den Registrierungs- und Verarbeitungs- strukturen beigemessen, die von Land zu Land variieren können. Für die Verarbeitung von Jugenddelinquenz auf den verschiedenen Ebenen des Kriminaljustizsystems (Polizei, Gerich- te, Strafvollzug) wird zwischen einem Trichtermodell westlichen Typs und einem Zylinder- modell östlichen Typs unterschieden. Der Beitrag fasst die Ergebnisse des zweiten Abschnitts eines Projekt zusammen, welches sich unter dem Titel 'Juvenile Delinquency and Criminal Justice Systems in a European Perspective' mit der Verarbeitung von Jugendkriminalität im deutsch-griechischen Vergleich beschäftigt und seit 2002 vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und seiner griechischen Partnerorganisation I.K.Y. gefördert wird." (Autorenreferat)

[134-L] Oberwittler, Dietrich; Köllisch, Tilman: Nicht die Jugendgewalt, sondern deren polizeiliche Registrierung hat zugenommen: Ergeb- nisse einer Vergleichsstudie nach 25 Jahren, in: Neue Kriminalpolitik : Forum für Praxis, Poli- tik und Wissenschaft, Jg. 16/2004, H. 4, S. 144-147

INHALT: "Der starke Anstieg der polizeilichen Tatverdächtigenziffern von Kindern und Jugend- lichen in den letzten Jahren, insbesondere bei den Gewaltdelikten, wird von vielen Fachleuten auf ein verändertes Anzeige- und Registrierungsverhalten zurückgeführt. Allerdings gibt es nur wenige empirische Hinweise für diese Vermutung. Anhand einer lokalen Vergleichsstu- die im Abstand von 25 Jahren präsentieren wir erstmals einen direkten Beleg für ein langfris- tiges verändertes Anzeigeverhalten bei Jugendgewalt. Wir interpretieren diesen Befund als Folge einer anhaltenden Tendenz zu einem 'institutionalisierten Risikomanagement' bei der Reaktion auf Verhaltensprobleme von Kindern und Jungendlichen und als Kehrseite des Ver- rechtlichungsprozesses von Kindheit." (Autorenreferat)

122 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

[135-L] Opfer, Björn: Organisiertes Verbrechen und politische Transformation in Bulgarien, in: WeltTrends : Zeit- schrift für internationale Politik und vergleichende Studien, Jg. 12/2004, Nr. 45, S. 59-70 (Stand- ort: UuStB Köln (38)-LXE782; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: Seit Ende der 1960er Jahre ist es in Bulgarien zu einem starken Anwachsen der organi- sierten Kriminalität gekommen. Die Beziehungen zwischen den Managern der staatlichen Unternehmen, den Sicherheitsdiensten, Parteifunktionären und Kriminellen wurden enger. In Teilen funktioniert dieses alte Netzwerk noch. Mit Hilfe von Regierungskreisen dominierte das organisierte Verbrechen seit Mitte der 1990er Jahre zentrale Teile der Wirtschaft. Seit 1996 gab es jedoch staatliche Versuche zur Zurückdrängung organisierter Kriminalität. Der Einfluss der Mafia ist immer noch ein ungelöstes Problem und eine Herausforderung für die Transformation des Landes. (ICEÜbers)

[136-F] Peters, Helge, Prof.Dr. (Leitung): Globale Homogenisierung oder lokale Differenz - eine vergleichende Fallstudie der Entwick- lung urbaner Kriminalitätsbelastung und Kontrollpolitik am Beispiel von Hamburg und München

INHALT: Das Projekt untersucht am Beispiel von zwei deutschen Großstädten (Hamburg und München), die sich in der registrierten Kriminalitätsbelastung deutlich unterscheiden, mögli- che Determinanten regionaler Unterschiede in der registrierten Kriminalität. Dabei soll insbe- sondere die Rolle lokaler Kontrollpolitik als intervenierende Einflussgröße bei der Erklärung dieser Differenz analysiert werden. Für den exemplarischen Vergleich dieser beiden urbanen Räume sollen einschlägige Daten und Erklärungsansätze aus den Bereichen Kriminologie und Kriminalsoziologie herangezogen werden. Im Mittelpunkt des theoretischen Interesses steht die Frage nach dem Verhältnis von globalen Trends der Kriminalitätsentwicklung und regio- naler, bzw. kommunaler Kontrollpolitik im weiteren Sinne. Empirisch soll das Projekt auf ei- ner differenzierten Auswertung vorhandener kriminal- und sozialstatistischer Datenbestände in beiden Städten, auf einer auf kriminologisch bedeutsame Themen fokussierenden Medien- und Politikanalyse und auf Experteninterviews mit kontrollpolitisch relevanten Akteuren be- ruhen. ZEITRAUM: 1993-2003 GEOGRAPHISCHER RAUM: Hamburg, München ART: gefördert AUFTRAGGEBER: nein FINANZIERER: Deutsche Forschungsgemeinschaft INSTITUTION: Universität Oldenburg, Fak. 04 Human- und Gesellschaftswissenschaften, Insti- tut für Soziologie (26111 Oldenburg) KONTAKT: Leiter (Tel. 0441-798-2061, e-mail: [email protected])

[137-L] Queloz, Nicolas: Quelle(s) criminologie(s) demain?: quelques scénarios imaginables, notamment sur le plan suisse, in: Benjamin F. Brägger, Nadja Capus, Sandro Cimichella, Renie Maag, Nicolas Queloz, Georg Schmid (Hrsg.): Kriminologie - wissenschaftliche und praktische Entwicklungen : gestern, heute, morgen, Diessenhofen: Rüegger, 2004, S. 321-347, ISBN: 3-7253-0771-7 (Standort: B d. FH f. Polizei Villingen-Schwenningen(1019)-KL0941)

INHALT: "Die Kriminologie zwischen Theorie und Praxis: in vielen Ländern ist die Kriminolo- gie gleichzeitig eine wissenschaftliche Disziplin und ein kohärentes Ausbildungssystem so- soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 123 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

wie eine Gesamtheit von anerkannten Berufen. Die Schweiz hat bisher diesen Entwicklungs- stand nicht erreicht. Dafür gibt es viele Gründe. Sicherlich ist dies so wegen des komplexen Charakters der Kriminologie, wegen seiner Multidisziplinarität und schliesslich wegen seines sowohl theoretischen als auch praktischen Ansatzes. Wissenschaftliche Entwicklung der Kriminologie: im wissenschaftstheoretischen Sinne hat sich die Kriminologie während der letzten Jahre nicht wirklich fortentwickelt. Es sind schliesslich nicht die stark beachteten Tri- vialitäten, wie beispielsweise die so genannte Theorie der 'broken windows', welche am Ur- sprung der 'zero tolerance'-Politik steht, die uns eine wissenschaftliche Entwicklung vortäu- schen. Sie hat im Gegenteil ihre Forschungsgebiete in einem weitgestreuten Sinne weiter- entwickelt, vom Bereich des zivilen Ungehorsames (Mikrokiminalität im Nahraum) bis hin zur organisierten Kriminalität (globalisierte Makrokriminalität). Die Kriminologie von Mor- gen hat vor allem eine wissenschaftliche Rückzentrierung nötig, d.h. sie braucht eine ver- mehrte Bemühung der Synthese und der Integration der im 20. Jahrhundert entwickelten Pa- radigma und Theorien. Dies insbesondere um eine bessere und vernetztere Erkenntnisse aus den so verschiedenen Forschungsobjekten ziehen zu können. Erwartungen an die Kriminolo- gie der Zukunft: zu dieser Fragestellung werden die wichtigsten Resultate einer im November 2003 bei Kriminologiestudierenden der Schweizer Universitäten von uns durchgeführte Um- frage vorgestellt. Entwicklungsszenarien der Kriminologie und Schlussfolgerung: ohne die Zukunft voraussagen zu wollen, ist es absehbar, dass die Kriminologie durch zwei Gegensät- ze bedroht ist. Einerseits besteht die Gefahr, dass sie implodieren wird, d.h. sie scheint er- drückt zu werden durch ihren zu schnellen Erfolg, der schlecht geleitet wird; anderseits dass sie auseinander zu brechen droht, durch eine sehr weit führende Spezialisierung von einzel- nen identitätsstarkeren und wettkämpferischen Disziplinen (wie beispielsweise in der Gene- tik, in Informatik, Ökonomie, in der Umweltwissenschaften oder im Recht). Um ein derarti- ges Auseinanderdrift zu verhindern, müssen die verschiedenen Akteure im Bereich der Kri- minologie (einschliesslich der Schweizerischen Arbeitsgruppe oder SAK) zusammenarbeiten, um die Integration und die Professionalisierung des Wissens sowie der kriminologischen Kompetenzen zu verstärken." (Autorenreferat)

[138-L] Reinfried, Hans-Werner: Was treibt Jugendliche zu Delikten?, in: Benjamin F. Brägger, Nadja Capus, Sandro Cimichella, Renie Maag, Nicolas Queloz, Georg Schmid (Hrsg.): Kriminologie - wissenschaftliche und prakti- sche Entwicklungen : gestern, heute, morgen, Diessenhofen: Rüegger, 2004, S. 95-102, ISBN: 3- 7253-0771-7 (Standort: B d. FH f. Polizei Villingen-Schwenningen(1019)-KL0941)

INHALT: "Jugendliche begehen oft Grenzüberschreitungen, die nur in einigen Fällen strafrecht- lich relevant sind. Jugendliche sind von ihrer Entwicklungsphase her generell für Übertrei- bungen und Unausgeglichenheiten anfällig. Sie schätzen ihre Kräfte und die Wirkungen ihrer Handlungen falsch ein. Meine psychologischen Untersuchungen mit Jugendlichen zeigen, dass ein Grossteil der straffälligen Jugendlichen sowohl unter schwerwiegenden Vorbelastun- gen leidet wie auch durch krisenhafte momentane psychische Konflikte zu den Taten getrie- ben wird. In ihrer Lebensgeschichte haben sie zudem Einstellungen erworben, die sie zu De- likten motivieren und ihnen helfen, ihre Taten zu begründen. Kommen im Leben eines Ju- gendlichen mehrere ungünstige Faktoren zusammen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass er im delinquenten Verhalten verharrt. In der psychologischen Begutachtung Jugendlicher ist die differenzierte Einschätzung der Beweggründe, die zur Tat führten, wichtig. Der Gutachter 124 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

darf dabei jedoch nie den Vergleich mit dem Verhalten der nicht straffälligen Jugendlichen aus dem Auge verlieren." (Autorenreferat)

[139-F] Richter, Emanuel, Prof.Dr. (Leitung): Politik und Korruption. Forschungsprojekt zur Systematik von Korruptionsfällen in moder- nen demokratischen Regierungssystemen

INHALT: Korruption tritt in allen politischen Systemen auf, allerdings in unterschiedlichen For- men und vor allem in unterschiedlicher moralischer Bewertung. Nachdem es bereits Indizes der Klassifikation für die Korruptionsdichte gib, soll in diesem Projekt die Abhängigkeit der Bewertung von Korruption als "abweichendes Verhalten" von der politischen Kultur des je- weiligen politischen Systems zum Thema gemacht werden. Es sollen vor allem systematische Überlegungen angestellt und Fallbeispiele untersucht werden. VERÖFFENTLICHUNGEN: Richter, E.: Der kommunitaristische Diskurs über Korruption: republikanische und liberale Begründungsmuster. in: Bluhm, H.; Fischer, K. (Hrsg.): Sicht- barkeit und Unsichtbarkeit der Macht: Theorien politischer Korruption. Schriftenreihe der Sektion Politische Theorien und Ideengeschichte in der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft, Bd. 3. Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges. 2002, S. 195-226. ISBN 3-7890-8271- 6. ART: keine Angabe AUFTRAGGEBER: keine Angabe FINANZIERER: keine Angabe INSTITUTION: Technische Hochschule Aachen, FB 07 Philosophische Fakultät, Institut für Politische Wissenschaft (Ahornstr. 55, 52074 Aachen) KONTAKT: Leiter (Tel. 0241-80-25414, Fax: 0241-80-22162, e-mail: [email protected])

[140-L] Röger, Ralf: Demonstrationsfreiheit für Neonazis?: Analyse des Streits zwischen BVerfG und OVG NRW und Versuch einer Aktivierung des Paragraphen 15 VersG als ehrenschützende Norm, (Schriften zum öffentlichen Recht, 938), Berlin: Duncker & Humblot 2004, 81 S., ISBN: 3-428- 11325-X

INHALT: Im Rahmen der Diskussion über die Genehmigung von Demonstrationen von Neonazis ist zwischen dem Bundesverfassungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht NRW ein hef- tiger Streit um die Auslegung des Paragraphen 15 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes ent- brannt. Im Kern geht es um die Frage, ob und mit welchen Argumenten man solche politisch unerwünschten Demonstrationen so weit wie möglich einschränken oder verbieten kann, ohne dabei die demokratischen Grundrechte auf Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäuße- rung auszuhöhlen. Im ersten Teil der juristisch orientierten Arbeit diskutiert der Autor die von den Kontrahenten vorgebrachten Begründungen und kommt zu dem Ergebnis, dass die Ar- gumente zur Einschränkung der Versammlungsfreiheit nicht überzeugend seien. Anschlie- ßend entwickelt Röger eine eigene Argumentation, die insbesondere auf einer Auslegung des Paragraphen unter dem Aspekt der ehrenschützenden Norm aufbaut. (ZPol, VS)

soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 125 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

[141-L] Rössner, Dieter: Täter-Opfer-Ausgleich: Förderung der sozialen Verantwortung und Integration durch Op- ferbezug im Jugendstrafvollzug, in: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 16/2005, H. 1, S. 30-34

INHALT: "Der Beitrag weist auf die Möglichkeit hin, auch im Rahmen des Jugendstrafvollzuges auf einen Ausgleich zwischen Täter und Opfer hinzuwirken. Der Auseinandersetzung mit der Tat und der Verletzung des Geschädigten sowie der Übernahme von Verantwortung werden eine wichtige Rolle bei der Förderung der sozialen Verantwortung des Täters sowie der Ver- wirklichung des Vollzugszieles beigemessen. Dem Täter werde damit auch eine Chance zur Reintegration eröffnet. Der Vollzug biete bereits in seiner bestehenden Form zahlreiche An- knüpfungspunkte für die Umsetzung einer solcher Arbeit mit jugendlichen oder heranwach- senden Strafgefangenen. Dabei plädiert der Autor dafür, die Auseinandersetzung mit dem Op- fer und eine evtl. Wiedergutmachung nicht autoritativ im Behandlungsplan festzusetzen, son- dern nach Möglichkeit im Wege eines Vollzugsvertrages, also auf Grundlage einer Vereinba- rung zu erreichen." (Autorenreferat)

[142-L] Saar, Katharina: Die Entdeckung und Definition von Umweltdelikten durch die Polizei in den neuen Bundes- ländern: eine empirische Untersuchung, Berlin: Wiku Verl. 2004, XXXII, 223, 50 S., ISBN: 3- 936749-40-X (Standort: UuStB Köln(38)-13Y1646)

INHALT: "Mit dem bundesdeutschen Strafgesetzbuch wurden nach der Wiedervereinigung in den neuen Bundesländern auch die Straftaten gegen die Umwelt (Paragraph 324 ff. StGB) einge- führt, die die alten Paragraph 191 a, 191 b, 192 StGB/DDR weitgehend ablösten. Angewendet wurden die Paragraph 191a ff. StGB/DDR selten, zu Verurteilungen kam es kaum. Für die neuen Bundesländer galt es daher im Rahmen des Neuaufbaus des Polizei- und Verwaltungs- apparats erstmals auch der Verfolgung von Umweltstraftaten einen festen Platz einzuräumen. Wirft man einen Blick in die Polizei Kriminalstatistik, kurz PKS, scheint ihnen dies gut ge- lungen zu sein. Bereits 1993 hat die in neuen Bundesländern registrierte Umweltkriminalität das westdeutsche Niveau erreicht, seit dem liegen die Zahlen beständig über denen der alten Länder. Allerdings fallen die in der PKS wiedergegebenen Fallzahlen in den fünf neuen Bun- desländern sehr unterschiedlich aus. Die vorliegende Untersuchung wirft einen Blick hinter die statistisch erfasste Umweltkriminalität und ihre Aufdeckung und Definition durch die Umweltsachbearbeiter der Polizei um hierbei erstaunliche Unterschiede aufzudecken. Ferner ermöglicht die Analyse des Ist-Zustandes einen Ausblick auf Verbesserungsmöglichkeiten auf dem Weg zu einer noch effektiveren Umweltstrafverfolgung." (Autorenreferat)

[143-L] Schielke, Heinrich (Redakteur): Informations- und Kommunikationskriminalität, (BKA Polizei und Forschung, Bd. 27), (Herbsttagung "Informations- und Kommunikationskriminalität", 2003, Wiesbaden), München: Luchterhand 2004, VI, 210 S., ISBN: 3-472-06108-1

INHALT: "Die Phänomenologie der IuK-Kriminalität reicht von der missbräuchlichen Verwen- dung von Telekommunikationsanlagen (sog. 'Phreaking') bis hin zu den bisher hypothetischen Bedrohungsszenarien, die durch Angriffe auf kritische Infrastrukturen (sog. 'Cyber-Terro- 126 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

rismus') entstehen können. Daneben bietet das Internet im Rahmen des e-commerce eine willkommene Plattform der verschiedensten Betrugsformen. Durch die möglich gewordenen neuen digitalisierten Begehungsweisen des klassischen Deliktspektrums bereitet das Internet als 'Nervensystem' der modernen Dienstleistungsgesellschaft der Strafverfolgung enorme Probleme. So wurde denn auch auf der Herbsttagung 2003 des Bundeskriminalamtes der Bo- gen von der 'schönen neuen Welt' bis hin zu den 'Schattenseiten' des modernen Mediums ge- spannt. Die Fragestellung, ob rechtsfreie Räume in einem gewissen Umfang zugelassen wer- den, die Anarchie im Netz also akzeptiert wird, zeigt das Spannungsfeld zwischen Strafver- folgung und Wirtschaft auf. Dieser Herausforderung muss sich die Strafverfolgung zukünftig stellen. Klassische Denkmuster und hergebrachte Methoden müssen einem neuen Instrumen- tarium weichen, das den neuen Bedingungen gerecht wird. Auch wenn das Internet der Straf- verfolgung technische und tatsächliche Grenzen setzt, darf dies nicht heißen, das Feld zu Las- ten der Sicherheit der Bürger preis zu geben. Dass dies nur in einem umfassenden und vorbe- haltlosen Dialog aller Gesellschaftsschichten erfolgreich sein kann, wurde auf der BKA- Tagung deutlich." (Autorenreferat). Inhaltsverzeichnis: Festvortrag: Peter Glotz: Schöne neue Welt? Visionen einer vernetzten Zukunft (21-32); Max-Peter Ratzel: Lage, Bedrohungsszena- rien und Handlungsbedarf (33-52); Ralf Günther: (53-70); Thomas Königshofen: Zur Zu- sammenarbeit der Strafverfolgung mit Service-Providern (71-82); Len Hynds: Der britische Ansatz zur Kooperation zwischen Polizei und Wirtschaft und Erfahrungen mit der internatio- nalenpolizeilichen Zusammenarbeit (83-92); Udo Helmbrecht: Kritische Infrastrukturen: Prä- ventionsmaßnahmen aus Sicht des BSI (93-100); Heike Heidemann-Peuser: E-Commerce, ei- ne erste Bewertung (101-114); Jörg Rheinboldt: Sicheres Handeln bei eBay (115-126); David Finn: Zukunftsperspektiven: Wirtschaftliche Entwicklung und IT Sicherheit (127-134); Klaus Brunnstein: Zukunftsperspektiven: Wirtschaftliche Entwicklung und IT Sicherheit (135-146); Waldemar Kindler: Freiheit braucht Sicherheit - Sicherheit braucht Freiheit (147-158); Ale- xander Dix: Freiheit braucht Sicherheit - Sicherheit braucht Freiheit (159-168); Ein Streitge- spräch: Rechtsfreie Räume zulassen- die Anarchie im Netz akzeptieren? (169-196).

[144-L] Schwarzenegger, Christian: "L'uomo delinquente": aus aktueller kriminologischer Sicht, in: Benjamin F. Brägger, Nadja Capus, Sandro Cimichella, Renie Maag, Nicolas Queloz, Georg Schmid (Hrsg.): Kriminologie - wissenschaftliche und praktische Entwicklungen : gestern, heute, morgen, Diessenhofen: Rüegger, 2004, S. 113-134, ISBN: 3-7253-0771-7 (Standort: B d. FH f. Polizei Villingen-Schwennin- gen(1019)-KL0941)

INHALT: "In der aktuellen kriminologischen Forschung finden biosoziale Erklärungsansätze wieder vermehrt Beachtung. Allerdings geht es dabei nicht um eine Renaissance eines biolo- gischen Determinismus, für den der Titel 'L'uomo delinquente' und LoMBROSOS Name ste- hen. Vielmehr können heute unterschiedliche Persönlichkeitsmerkmale, die mit einer erhöh- ten Kriminalitätsneigung im Zusammenhang stehen, aufgrund verhaltensgenetischer und neu- rophysiologischer Faktoren besser interpretiert werden. Es geht also nicht um eine Verdrän- gung der kriminalsoziologisch oder -psychologisch orientierten Erklärungsmodelle, sondern um eine Integration der biosozialen Erkenntnisse in diese Modelle und ein besseres Verständ- nis der Entstehungszusammenhänge des sozialschädlichen Verhaltens." (Autorenreferat)

soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 127 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

[145-F] Schwoch, Rebecca, Dr. (Bearbeitung); Schmiedebach, Heinz-Peter, Prof.Dr.med. (Lei- tung): Kinder als Opfer nationalsozialistischer Medizinverbrechen. Die Einbeziehung Minderjähri- ger in die Tötung behinderter und psychisch kranker Menschen 1939 bis 1945

INHALT: Erkenntnisse über die Einbeziehung von Kindern in nationalsozialistische Medizin- verbrechen beruhen vor allem auf Prozessakten und lokalen Forschungen. Im Zentrum der Täteraussagen wie auch der Sekundärliteratur stehen dabei die sog. "Kinderfachabteilungen". Deren Arbeit und die dort erfolgten Tötungen werden im allgemeinen von den Tötungen Er- wachsener streng geschieden und isoliert betrachtet. Diese Konzentration auf die Fachabtei- lungen lässt aber verschiedene kontextuelle Gesichtspunkte, die auch die Motive der dort täti- gen Ärzte betreffen, weitgehend außer acht. Deshalb wird in dem Projekt: 1. eine Einordnung der Kindertötungen in den Gesamtzusammenhang der NS-Tötungsverbrechen an Kranken und Behinderten vorgenommen sowie die Einbeziehung von Kindern in die "Aktion T4" und in die dezentralen Euthanasieaktionen 1941-1945 untersucht; 2. werden die zwischen den Personen und verschiedenen Institutionen bestehenden Verflechtungen im Sinne eines infor- mellen Netzwerkes beschrieben. Beispielhaft konzentriert sich diese Analyse auf eine private Kinderklinik (Wentzler Berlin), eine psychiatrische Einrichtung (Wiesengrund Berlin) und eine hochspezialisierte Forschungseinrichtung (Brandenburg-Görden). Durch die Untersu- chung der drei genannten Einrichtungen wird eine regionale Perspektive erreicht und zudem die über die einzelnen disziplinären Grenzen hinausgehenden Verbindungen, Kooperationen und arbeitsteiligen Aktionen herausgestellt. ZEITRAUM: 1939-1945 METHODE: Diskursanalyse; Aktenstudie VERÖFFENTLICHUNGEN: Beddies, Thomas; Schmiedebach, Heinz-Peter: Der Pädiater Dr. Ernst Wentzler und die Kinderklinik Frohnau (1923-1964). in: Berlin in Geschichte und Ge- genwart. Jahrbuch des Landesarchivs Berlin. Berlin 2002, S. 137-158.+++Beddies, Thomas: Kinder und Jugendliche in der Heil- und Pflegeanstalt Görden 1938-1945. in: Hübener, Kris- tina (Hrsg.): Brandenburgische Heil- und Pflegeanstalten in der NS-Zeit. Schriftenreihe zur Medizingeschichte des Landes Brandenburg, 3. Berlin 2002, S. 129-154.+++Beddies, Tho- mas; Hübener, Kristina (Hrsg.): Dokumente zur Psychiatrie im Nationalsozialismus. Schrif- tenreihe zur Medizingeschichte des Landes Brandenburg, 6. Berlin 2003.+++Beddies, Tho- mas: Kinder-"Euthanasie in Berlin-Brandenburg. in: Beddies, Thomas; Hübener, Kristina (Hrsg.): Dokumente zur Psychiatrie im Nationalsozialismus. Schriftenreihe zur Medizinge- schichte des Landes Brandenburg, 6. Berlin 2003, S. 219-248.+++Beddies, Thomas: Der Kin- derarzt und "Euthanasie"-Gutachter Ernst Wentzler. in: Monatsschrift Kinderheilkunde, 151, 2003, S. 1020-1026.+++Beddies, Thomas: Kinder-"Euthanasie" in Berlin-Brandenburg. in: Morsch, Günter; Pasquale, Sylvia de (Hrsg.): Perspektiven für die Dokumentationsstelle Brandenburg. Beiträge der Tagung in der Justizschule der Justizvollzugsanstalt Brandenburg am 29./30. Oktober 2002. Materialien der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, 2. Münster 2004, S. 123-133.+++Beddies, Thomas; Schmiedebach, Heinz-Peter: "Euthanasie"- Opfer und Versuchsobjekte. Kranke und behinderte Kinder in Berlin während des Zweiten Weltkriegs. in: Medizinhistorisches Journal, 39, 2004, S. 1-33.+++Beddies, Thomas: Kinder in der Nervenklinik der Berliner Charité. in: Beddies, Thomas; Hübener, Kristina (Hrsg.): Kinder in der NS-Psychiatrie. Schriftenreihe zur Medizingeschichte des Landes Brandenburg, 10. Berlin 2004.+++Schwoch, Rebecca: Ärztinnen in der Landesanstalt Görden, 1936-1947. Anpassung, Unterordnung oder Karriere? in: Beddies, Thomas; Hübener, Kristina (Hrsg.): Kinder in der NS-Psychiatrie. Schriftenreihe zur Medizingeschichte des Landes Brandenburg, 10. Berlin 2004.+++Beddies, Thomas: Die Einbeziehung Minderjähriger in die nationalsozia- 128 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

listischen Medizinverbrechen. in: Begleitbuch zur Ausstellung "Lebensunwert - zerstörte Le- ben" des Bundes der "Euthanasie"-Geschädigten und Zwangssterilisierten e.V. 2004 (im Druck).+++Schwoch, Rebecca: "Ich glaube, damals immer eine einwandfreie Haltung gehabt zu haben". Die Ärztin Gertrud Soeken zwischen Wissenschaft und Praxis. in: Medizinhistori- sches Journal, 2005, H. 1 (eingereicht). ART: gefördert BEGINN: 2001-05 ENDE: 2004-04 AUFTRAGGEBER: nein FINANZIERER: Deutsche Forschungsgemeinschaft INSTITUTION: Universität Hamburg, FB Medizin, Zentrum für Psychosoziale Medizin Institut für Geschichte und Ethik der Medizin (Martinistr. 52, 20246 Hamburg) KONTAKT: Bearbeiterin (e-mail: [email protected])

[146-F] Storni, Marco, Lic.phil. (Bearbeitung); Schmid, Martin, Lic.phil. (Leitung): Jugendliche im Dunkelfeld rechtsextremistischer Übergriffe: eine Opferbefragung in der Nordwestschweiz

INHALT: a) Forschungsziele: Während insbesondere in Deutschland zahlreiche Studien zu ju- gendlichen Tätern rechtsextremistischer Gewalttaten existieren, fehlen Forschungen zu Op- fern solcher Übergriffe noch völlig. Das Forschungsprojekt will deshalb aus viktimologischer Sicht (1) unabhängig von polizeilichen Statistiken Aussagen über das Ausmass rechtsextre- mistischer und rassistischer Übergriffe bei Jungendlichen zwischen 16 und 22 Jahren in länd- lichen Regionen und urbanen Zentren der Nordwestschweiz machen; (2) Ssollen Aussagen über die Reaktionen des sozialen Nahraumes der Opfer sowie der Instanzen der formellen So- zialkontrolle gemacht werden; (3) will das Forschungsprojekt die längerfristigen Auswirkun- gen eines gewaltsamen Übergriffes sowie die Verarbeitungsstrategien, welche sich ein Opfer selbst oder mit Unterstützung von formellen und informellen Hilfestellungen aneignet, unter- suchen. b) Theoretischer Hintergrund und Hypothesen: Das Forschungsprojekt geht von der Annahme aus, dass a) ein Grossteil der Opfer rechtsextremistischer und rassistischer Über- griffe Jugendliche im Alter von 16 - 22 Jahren sind, b) rechtsextreme und rassistische Gewalt, insbesondere wenn es sich um Ehrverletzungen, verbale Erniedrigungen etc. handelt, kaum zur Anzeige gelangt oder nicht als rechtsextremistische Gewalt in der Statistik auftaucht und c), das subjektive Opfererleben prägend für die Identität und die Entwicklung des Indivi- duums ist. Diese Thesen verlangen nach einer viktimologischen Forschung, welche einerseits Einblicke in das Dunkelfeld rechtsextremistischer Gewalt gewährt und andererseits auf das subjektive Erleben und Verarbeiten jugendlicher Opfer eingeht. Das Projekt erfordert zusätz- lich eine konzeptuelle Ergänzung durch die theoretische Differenzierung in primäre, tertiäre und sekundäre Viktimisierung. Als primäre Viktimisierung wird der eigentliche Übergriff verstanden. Die sekundäre Viktimisierung bezeichnet die "Verschärfung des primären Op- ferwerdens durch Fehlreaktionen des sozialen Nahraumes des Opfers und der Instanzen der formellen Sozialkontrolle" (Kiefl/ Lamnek 1986: 239). Die tertiäre Viktimisierung kann sich durch anhaltende Angstzustände, dauerndes Misstrauen gegenüber der sozialen Umwelt, Selbstabwertung, Kriminalitätsfurcht, Rückzugstendenzen etc. manifestieren. Durch diese Gliederung wird es möglich, auf folgende Forschungsfragen einzugehen: Wie gross ist das Ausmass (Dunkelfeld) der rechtsextremistisch und rassistisch motivierter Übergriffe in der Nordwestschweiz? Welche Jugendlichen (ethnische Minderheiten, Andersdenkende etc.) sind in besonderem Masse betroffen? An welchen Orten (Schule, öffentlicher Raum etc.) und zu welchen Zeitpunkten kommt es zu rechtsextremistischen und rassistischen Übergriffen? Wie reagieren der soziale Nahraum sowie die Instanzen der formellen Sozialkontrolle (z.B. Poli- soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 129 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

zei) auf das Opfer eines Übergriffs? Welchen Belastungen ist ein Opfer rechtsextremistischer oder rassistischer Gewalt nach der Tat im Besonderen ausgesetzt und wie werden diese Er- lebnisse verarbeitet? Die Vielfalt und Komplexität der zahlreichen viktimologischen Opfer- und Rechtsextremismusdefinitionen erschweren eine objektive Zuschreibung eines rechtsext- remistischen Übergriffes. Der Focus liegt deshalb bei der subjektiven Einschätzung des Op- fers über einen bestimmten Tathergangs. Sie soll sich aber insbesondere im Hinblick auf rechtsextremistische Taten an den einschränkenden Kriterien "Individuierbarkeit, negative Bewertung, Widerfahrnis, Zurechenbarkeit" und "Verletzung intersubjektiv geteilter normati- ver Erwartungen" orientieren (vgl. Greve et al. 1994). ZEITRAUM: 2004-2007 GEOGRA- PHISCHER RAUM: Nordwestschweiz METHODE: Das Forschungsprojekt sieht eine Verknüpfung von qualitativen und quantitativen Methoden vor. Dies erfordert eine methodische Dreiteilung: Die beiden ersten Teile werden nach dem klassischen Phasenmodell (Kelle/ Erzberger 1999) durchgeführt. Während der ers- ten Erhebungsphase werden die unterschiedlichen Tathergänge (primäre Viktimisierung), biographische Informationen, Freizeitverhalten, Freundeskreise sowie kulturelle und politi- sche Hintergrundüberzeugungen hinreichend flexibel und umfassend gesammelt. Um die un- terschiedlichen Wahrnehmungen, Werte und Normen adäquat erfassen zu können, ist ein qua- litatives Vorgehen zwingend. Die Daten werden mit Hilfe problemzentrierter Interviews er- hoben. Insgesamt sollen zwischen 20 und 30 Opfer befragt werden. Mit diesen in der ersten Erhebungsphase erbrachten Ergebnissen werden für den zweiten Hauptteil Hypothesen gene- riert und Kategorien abgeleitet. Diese Forschungseinheit beinhaltet die eigentliche Dunkel- feldforschung. Mit ihr sollen die Zahlen rechtsextremistischer Übergriffe quantifiziert, Grup- pen von betroffenen Jugendlichen benannt und Orte der Übergriffe bestimmt werden. Als Da- tengrundlage dient ein standardisierter Fragebogen, der an den Schulen der nachobligatori- schen Ausbildung in der Nordwestschweiz abgegeben wird. Während die ersten beiden For- schungsteile auf die primäre Viktimisierung eingehen, bilden für den dritten Hauptteil die se- kundäre und tertiäre Viktimisierung den Gegenstand des Erkenntnisinteresses. Das Opfer rechtsextremistischer und rassistischer Gewalt, welches den übergeordneten Forschungsge- genstand bildet, wird folglich aus unterschiedlichen Richtungen auf unterschiedliche Weise beleuchtet (Triangulation). Hierfür werden die bereits im ersten Hauptteil durchgeführten qualitativen Interviews herangezogen und in Bezug auf die Situation unmittelbar nach der Tat sowie auf die individuellen Verarbeitungsstrategien ausgewertet. Untersuchungsdesign: Tri- angulation von qualitativen und quantitativen Daten Durchführung der Feldarbeit: 25 Inter- views sind realisiert und werden transkribiert. Die schriftliche Befragung findet im Herbst 2005 statt. DATENGEWINNUNG: Qualitatives Interview (Stichprobe: 25-30; jugendliche Opfer rechtsextremistischer Übergriffe; Auswahlverfahren: theoretical sampling). Standardi- sierte Befragung, schriftlich (Stichprobe ca. 4.000; Jugendlichen in 200 Schulklassen der nachobligatorischen Ausbildung in der Nordwestschweiz im Alter von 16 und 25 Jahren; Auswahlverfahren: Querschnitt). ART: gefördert BEGINN: 2004-01 ENDE: 2007-12 AUFTRAGGEBER: keine Angabe FINAN- ZIERER: NFP 40 Gewalt im Alltag und organisierte Kriminalität INSTITUTION: ecce Gemeinschaft für Sozialforschung (Zähringerstr. 18, 4057 Basel, Schweiz)

[147-F] Straßner, Alexander, Dr.phil. (Bearbeitung): Die dritte Generation der "Roten Armee Fraktion". Entstehung, Struktur, Funktionslogik und Zerfall einer terroristischen Organisation

130 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

INHALT: keine Angaben ZEITRAUM: 1982-1998 VERÖFFENTLICHUNGEN: Straßner, Alexander: Biographisches Portrait: Birgit Hogefeld. in: Backes, Uwe; Jesse, Eckhard (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus & Demokratie 2003. Baden- Baden: Nomos 2003, S. 209-222.+++Ders.: Die dritte Generation der "Roten Armee Frakti- on" zwischen "Phantom" und Surrogat. in: Backes, Uwe; Jesse, Eckhard (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus und Demokratie 2001. Baden-Baden: Nomos 2001, S. 49-71. ARBEITSPAPIE- RE: Die dritte Generation der RAF - Entstehung, Struktur und Zerfall einer terroristischen Organisation. Magisterarbeit. ART: Dissertation; gefördert AUFTRAGGEBER: nein FINANZIERER: Friedrich-Naumann- Stiftung INSTITUTION: Universität Passau, Philosophische Fakultät, Lehrstuhl für Politikwissenschaft I (94030 Passau) KONTAKT: Bearbeiter (Tel. 0941-943-3557, e-mail: [email protected])

[148-L] Timmermann, Martina; Pfeiffer, Tina: Im Kampf gegen Kinderhandel und Kinderprostitution: Japan, Thailand, Philippinen, In- donesien, Hamburg 2004, 255 S., ISBN: 3-922852-99-8 (Standort: Dt.B Frankfurt a. M.(292)- 2004A10745; Graue Literatur)

INHALT: Der erste Teil des Bandes enthält vier Aufsätze, in denen das Vorgehen Japans, Thai- lands, Indonesiens sowie der Philippinen gegen Kinderhandel und Kinderprostitution darge- stellt werden. Darin werden zum einen die national sehr unterschiedlichen Ursachen der Kin- derprostitution und der gesellschaftliche Umgang damit skizziert. Zum anderen wird gezeigt, welche politischen Konsequenzen verschiedene mit diesem Thema befasste internationale Konferenzen der letzten Jahre hatten und welche nationalen Maßnahmen und Aktionspläne in der Folge initiiert wurden. Der zweite Teil enthält eine Bibliografie von Dokumenten, Berich- ten, Statistiken und sonstigen Texten zu den verschiedenen Weltkonferenzen gegen kommer- zielle und sexuelle Ausbeutung von Kindern. Internet-Adressen für das Herunterladen der entsprechenden Texte erleichtern die Materialbeschaffung. Im Anhang sind zudem verschie- dene Dokumente zum Thema abgedruckt. (ZPol, VS)

[149-L] Universität Marburg, FB 01 Rechtswissenschaften, Forschungsstelle für Pharmarecht (Hrsg.): Ärzteschaft und Industrie zwischen Forschungsförderung und Kriminalität: 3. Symposion von Wissenschaft und Praxis, (Marburger Gespräche zum Pharmarecht), Frankfurt am Main: pmi Verl. 2001, 187 S., ISBN: 3-89786-037-6 (Standort: StUB Frankfurt a. M.(30)-8734337)

INHALT: Inhaltsverzeichnis: Grußwort des Hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch an das Symposion der Forschungsstelle für Pharmarecht der Philipps-Universität Marburg (1-2); Winfried Mummenhoff: Vorwort (3-4); Georgios Gounalakis: Begrüßung und Eröffnung (5- 7); Dieter Meurer: Einführung in das Tagungsthema (8-13); Wolfgang Windfuhr: Wandlun- gen des gleichberechtigten Diskurses (14-17); Ursula Goedel: Spenden, Sponsoren, Staatsan- walt - Das Problem aus der Sicht der Strafverfolgungsbehörde (18-36); Jens Göben: Vorga- ben und Rahmenbedingungen im Dienst- und Nebentätigkeitsrecht der Wissenschaftler (37- 53); Gernot Kiefer: Forschungsförderung, Absatzförderung, Abrechnungsbetrug - Aspekte soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 131 2 Delinquenz, Kriminalität, Deliktarten, Täter, Opfer, Polizei, Verbrechensbekämpfung

des Verhältnisses zwischen Arzten und Industrie aus der Sicht der Krankenkassen (54-66); Matthias Runge: Korruptionsvorwürfe: Reaktionen und Konzepte der Industrie (67-79); Klaus Lüderssen: Drosselung des medizinischen Fortschritts durchKriminalisierung der Drittmittelförderung - Selbstregulierung der Betroffenen als Ausweg? (80-90); Jürgen Dunsch: Korruption - Kavaliersdelikt oder Krebsschaden? (91-93); Christina Hirthammer- Schmidt-Bleibtreu: Ärzteschaft und Industrie zwischen Forschungsförderung und Kriminali- tät (94-100); Thomas Mueller-Thuns: Sponsoring aus der Sicht des Steuerrechts - Eine kriti- sche Bestandsaufnahme (101-145); Ralph Backhaus: Schranken des UWG für eine Zusam- menarbeit von Ärzteschaft und pharmazeutischer Industrie (146-181); Bernd Wegener: Schlusswort und Zusammenfassung (182-185).

[150-L] Weyers, Stefan: Delinquenz und Moral: eine Auseinandersetzung mit den kriminologischen Thesen Kohl- bergs, in: Kriminologisches Journal, Jg. 37/2005, H. 1, S. 3-22 (Standort: UuStB Köln(38)- XF146; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: "Ausgehend von Kohlbergs kriminologischen Thesen untersucht der Beitrag die Bezie- hung von moralischen Urteilen und Delinquenz. Nach einer kritischen Rekonstruktion der Theorie Kohlbergs und seiner kriminologischen Thesen wird zunächst eine alternative moral- theoretische Interpretation von Delinquenz skizziert, für die Strategien der Neutralisierung ei- ne wichtige Rolle spielen. Anschließend wird eine Studie mit 30 Jugendstrafgefangenen vor- gestellt, in der die moralische Urteilskompetenz, die moralische Orientierung, Straftaten und biographische Rekonstruktionen analysiert werden. Die Ergebnisse widersprechen Kohlbergs These, straffällige Jugendliche urteilten überwiegend auf den niedrigen Moralstufen 1 und 2. Es zeigt sich auch keine Beziehung zwischen den Stufen und der Schwere der Tat. Die bio- graphischen Selbstpräsentationen und retrospektiven Bewertungen der eigenen Taten lassen sich sechs unterschiedlichen Typen zuordnen. Diese Typen stehen in Beziehung zur morali- schen Orientierung, nicht aber zur Moralstufe. Bei der Diskussion der Befunde wird die Am- bivalenz vieler Straftäter gegenüber moralischen Normen betont. Für Delinquenz und deren retrospektive Deutung erscheinen weniger moralkognitive Kompetenzen, als vielmehr Pro- zesse der Aufrechterhaltung der moralischen Identität von Bedeutung." (Autorenreferat)

3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

[151-F] Albrecht, Hans-Jörg, Prof.Dr.Dr.h.c. (Leitung): Hassgewalt - Hafterfahrungen und ihre Auswirkungen auf Selbstbild und Identität

INHALT: Hasskriminalität, Gewalttaten gegen eine Person allein aufgrund bestimmter Eigen- schaften wie z.B. Rasse, Nationalität, Religion, Geschlecht oder Behinderung, findet hier zu Lande nicht zuletzt wegen der fremdenfeindlichen Exzesse in den frühen 1990er Jahren vor allem in der Rechtsextremismusforschung große Beachtung. Die besondere Bedeutung von Hassgewalt liegt zum einen darin, dass sie auf Merkmale abzielt, die das Opfer nicht beein- flussen kann und zum anderen sie der gesamten sozialen Gruppe, die das einzelne Opfer rep- 132 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

räsentiert, die Botschaft der Ablehnung und des Hasses signalisiert. Bei den Tätern handelt es sich fast ausschließlich um männliche Jugendliche und Heranwachsende, die ihre Gewaltbe- reitschaft zumeist als Teil von Gruppenaktivitäten unter Gleichgesinnten zum Ausdruck brin- gen. In der Forschungsliteratur finden sich Hinweise, wonach Gewalt gegen Minderheiten ei- ne identitätsstiftende Funktion erfüllt. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die Annah- me einer Identität, für die ein rechtsextremistisches Weltbild und nationalistische Ideologien von Bedeutung sind. Personen, die Gewalt gegen "Andere" allein aufgrund derer Zugehörig- keit zu einer bestimmten Gruppe ausüben, werden jedoch im Prozess der Gewaltausübung und durch die hieran anschließenden Reaktionen der Gesellschaft und Stafverfolgungsinstan- zen selbst zu "Anderen". Der Selbstausgrenzungsprozess korrespondiert mit einem Ausgren- zungsprozess seitens der Gesellschaft, der in der strafrechtlichen Sanktionierung zum Aus- druck kommt und eine stigmatisierende Wirkung entfalten soll. Mit der kriminologischen Studie soll untersucht werden, wie sich die schärfste Form strafrechtlicher Sanktionierung, der Freiheitsentzug, auf junge Männer auswirkt, die wegen Hassgewalt verurteilt worden sind. Im Zentrum stehen dabei Fragen nach der Veränderung der Identität, der Bindungen an extremistische Überzeugungen und Gruppen sowie der Gewaltbereitschaft, die in Interaktion mit strafrechtlich veranlassten Ausgrenzungsprozessen im Gefängnis verlaufen. Die Frage- stellung ist auf einen Prozess bezogen und wird in Form einer vergleichenden Längsschnitt- studie untersucht. ART: gefördert AUFTRAGGEBER: nein FINANZIERER: Deutsche Forschungsgemeinschaft INSTITUTION: Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht (Gün- terstalstr. 73, 79100 Freiburg im Breisgau) KONTAKT: Leiter (Tel. 0761-7081-201, Fax: 0761-7081-316, e-mail: [email protected])

[152-L] Amry, René Paul: Das Recht auf kulturelle Identität als Schranke für das Strafrecht in Lateinamerika, in: Journal für Entwicklungspolitik, Vol. 20/2004, No. 4, S. 8-24

INHALT: "Die Eroberung Lateinamerikas durch Spanien führte zu einer Überlagerung der ein- heimischen Rechtskultur durch die europäisch geprägte Rechtsordnung. Verhaltensweisen, die in indigenen Kulturen erlaubt sind, sind für das staatliche Strafrecht strafbar. Der Artikel zeigt auf, wie das staatliche Recht seit der Unabhängigkeit mit diesem Widerspruch umge- gangen ist und welche Faktoren auf die Strafrechtspolitik Einfluss genommen haben. Ab- schließend wird gezeigt, dass der gegenwärtige Stand der Diskussion durch die Verfassungs- reformen der 1990er Jahre obsolet geworden ist, und es werden neue Lösungsansätze disku- tiert." (Autorenreferat)

[153-L] Balaei, Hafez: Notwendigkeit der Professionalisierung von Dolmetschern im Justizwesen, (Studien zur Rechtswissenschaft, Bd. 157), Hamburg: Kovac 2004, XII, 168 S., ISBN: 3-8300-1629-8 (Stand- ort: B d. Bundesgerichtshofs Karlsruhe(208)-PG4302004011)

INHALT: "Der Dolmetschereinsatz ist bei Beteiligung von fremdsprachigen Personen vor Gericht zur Überwindung von sprachlichen Verfahrenshindernissen verfassungsrechtlich geboten. In Anbetracht der Vielzahl von Verfahren unter Beteiligung fremdsprachiger Personen und unter soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 133 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

Berücksichtigung der enormen Bedeutung der Dolmetscherleistung für den Ausgang eines Verfahrens erscheint die Professionalisierung von 'Gerichtsdolmetschern' notwendig, um eine Rechtsprechung im rechtsstaatlichen Sinne gewährleisten zu können." (Autorenreferat)

[154-L] Baranyi, Eva; Gonosz, Katalin; Holthusen, Bernd: Erziehung hinter Schloss und Riegel - Freiheitsentzug in pädagogisch orientierten Einrich- tungen: ein Strukturvergleich zwischen Ungarn und Deutschland, in: Zeitschrift für Jugend- kriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 16/2005, H. 1, S. 49-59

INHALT: "Vergleiche zwischen pädagogischen Systemen in europäischen Ländern - so die Er- fahrungen aus dem vom IJAB organisierten langjährigen weltweiten Fachkräfteaustausch und den bilateralen Kooperationen des DJI vor allem mit osteuropäischen Ländern - sind zwar schwierig, aber wichtig. Denn trotz kultureller und sozialer Unterschiede wird die europäi- sche Einigung auch vor pädagogischen Strukturen und Einrichtungen nicht Halt machen, werden zumindest Rahmenbedingungen wie z.B. die rechtlichen Ansprüche und Pflichten der Einzelnen und öffentlicher Einrichtungen verändert werden. Um solche Entwicklungen quali- fiziert mit gestalten zu können, ist es wichtig, auch über die eigenen Grenzen zu schauen. Es gilt beim 'Anderen', aber auch durch den Blick der 'Fremden' auf die eigene Arbeit, nach Posi- tivem zu suchen und auch Probleme zu erkennen. Deshalb haben IJAB und DJI für Deutsch- land und Mobilitas für Ungarn einen Austausch zwischen ungarischen und deutschen Fach- kräften organisiert, der sich mit der pädagogischen Arbeit unter 'geschlossenen' Bedingungen befasst hat. Um die Erkenntnisse und Fragen nicht nur für den eigenen Gebrauch zu nutzen haben sich die teilnehmenden Fachkräfte entschlossen, das in einem einwöchigen Seminar im September 2003 gesammelte Wissen trotz aller Vorläufigkeit zu dokumentieren und zu veröf- fentlichen. Die gemeinsam erarbeiteten Kenntnisse sollen in die jeweiligen Fachdebatten in Ungarn und Deutschland eingebracht und weiter notwendiger Austausch soll angeregt wer- den." (Autorenreferat)

[155-L] Bennefeld-Kersten, Katharina: Psychisch auffällige Menschen im Gefängnis - eine Erhebung im niedersächsischen Straf- vollzug, in: Bewährungshilfe : Soziales - Strafrecht - Kriminalpolitik, Jg. 52/2005, H. 1, S. 30-40 (Standort: UuStB Köln(38)-Si88-A,9,4-; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: "Im Vollzug stellt sich ein scheinbar immer größer werdendes Problem: die Frage der Unterbringung und Behandlung psychisch Auffälliger. Studien aus anderen Bundesländern lassen eine hohe Prävalenz psychischer Störungen insbesondere bei Untersuchungsgefange- nen vermuten. Vorgestellt wird eine Untersuchung aus dem niedersächsischen Strafvollzug. Die Befragung von Abteilungsleitungen hat ergeben, dass 133 Gefangene - ca. 2,5% der Stichtagsbelegung - aufgrund psychischer Auffälligkeiten der Unterbringung in einer geson- derten Station bedurft hätten. Zu 66 Gefangenen hat sich auch der psychiatrische Dienst ge- äußert. Beschrieben werden die persönliche und vollzugsrelevante Situation der Gefangenen, ihre Delikte, Diagnosen und die Einschätzung ihrer Gefährlich- und Rückfälligkeit.Im Ergeb- nis wird ein Handlungsbedarf deutlich, zumal befürchtet werden muss, dass nicht wenige der Betroffenen zum Kreis derjenigen zählen werden, die für eine Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung infrage kommen." (Autorenreferat)

134 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

[156-L] Biegi, Mandana: Die humanitäre Herausforderung: der International Criminal Court und die USA, (Demo- kratie, Sicherheit, Frieden, Bd. 163), Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges. 2004, 264 S., ISBN: 3- 8329-0690-8

INHALT: Ausgehend von dem Befund, dass die Immunität für Regierende und Befehlsverant- wortliche in Auflösung begriffen ist, zeichnet die Autorin die Geschichte des Internationalen Strafgerichtshofs nach. Am Beispiel des internationalen Strafrechts lasse sich exemplarisch zeigen, dass Politik kein rechtsfreier Raum sei und ein Fortschritt der Politik in Bezug auf den Frieden - gemäß Kant - nur als Verrechtlichung rechtsfreier Räume verstanden werden könne. Vor diesem Hintergrund gliedert sich die Studie in zwei Teile, deren erster nach dem Beitrag des Internationalen Strafgerichtshofs für die internationale Friedensforschung fragt, während der zweite sich mit den Gründen der amerikanischen Ablehnung dieser Institution beschäftigt. (ZPol, VS)

[157-L] Bosch, Julia: Immunität und internationale Verbrechen, (Nomos Universitätsschriften : Recht. Düsseldorfer Rechtswissenschaftliche Schriften, Bd. 27), Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges. 2004, 274 S., ISBN: 3-8329-0803-X (Standort: UB Bonn(5)-2004-5099)

INHALT: Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, ob und in welchem Umfang Straf- verfahren gegen amtierende und ehemalige Staatsoberhäupter, Regierungschefs, Minister und Diplomaten möglich sind, wenn die Täter beschuldigt werden, internationale Verbrechen be- gangen zu haben. Die völkerrechtliche Immunität, die diesen Personengruppen zuerkannt wird, hat zwar eine gewisse Daseinsberechtigung - insbesondere zur Aufrechterhaltung der zwischenstaatlichen Beziehungen - aber es erscheint fraglich, ob es gerechtfertigt ist, dass die Immunitätsgeltung die Bestrafung von hochrangigen (Schreibtisch-) Tätern in jedem Falle ausschließt. Wenn jemand bestraft wird, dann sind das in der Regel lediglich die Handlanger dieser Personen, also die "einfachen Beamten", die Folter oder außergerichtliche Hinrichtun- gen auf Befehl von oben begehen. Sie können sich nicht einmal mit dem Rechtfertigungs- grund des Handelns auf Befehl verteidigen, da dieser bei internationalen Verbrechen regel- mäßig ausgeschlossen ist. Die vorliegende Arbeit setzt sich daher zum Ziel, einen Vorschlag zu erarbeiten, wie bei bestimmten internationalen Verbrechen die Immunität so eingeschränkt werden kann, dass eine Bestrafung auch der Schreibtischtäter möglich ist. Zuvor werden nach einer Erörterung der Begriffsdefinitionen des Völkerstrafrechts und der internationalen Verbrechen einige neuere Fälle aus der Rechtsprechung nationaler Zivil- und Strafgerichte sowie internationaler Gerichte exemplarisch wiedergegeben, die Fragen der Immunität und internationaler Verbrechen zum Gegenstand hatten. (ICI2)

[158-L] Brunkhorst, Hauke: Folter vor Recht: das Elend des repressiven Liberalismus, in: Blätter für deutsche und interna- tionale Politik, Jg. 50/2005, H. 1, S. 75-82 (Standort: UB Bonn(5)-Z59/69; UuStB Köln(38)-FHM XE00157; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: Aufgrund des Folter-Prozesses gegen den früheren Vizepräsidenten der Frankfurter Po- lizei, Wolfgang Daschner, ist die öffentliche Debatte um die Legitimität von Folter neu ent- soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 135 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

facht worden. Der Autor analysiert die Entwicklungstendenzen zu einem repressiven Feind- strafrecht und betont die Notwendigkeit der kategorialen Unterscheidung von Recht und Mo- ral. In der dem Grundgesetz zugrunde liegenden Trennung von Recht und Moral sowie der dadurch funktional bewirkten und normativ gewollten Freisetzung individueller Selbstbe- stimmung sieht er den Schlüssel zur Lösung des in der aktuellen Folter-Debatte immer wieder zitierten Luhmannschen Problems der "tickenden Bombe". Weil es die Menschenwürde jeder legalen Einschränkung entzieht, belässt das Grundgesetz demjenigen, der in der Stunde äu- ßerster Gefahr vor einer tragischen Wahl steht, die Verantwortung für alle Folgen seines Handelns. Wer aus moralischen Gründen glaubt, foltern und als Hoheitsträger die Verfassung brechen zu müssen, um Tausenden oder auch nur einem entführten Kind das Leben zu retten, muss das mit seinem Gewissen und dem nachfolgenden moralischen Diskurs verantworten. Das dieser Freiheit verpflichtete Recht kann und darf die Person aber nicht von der morali- schen Entscheidung entlasten und damit die Zerstörung der Möglichkeit individueller Selbst- bestimmung zur Abwägung freigeben. (ICI2)

[159-L] Busch, Heiner: Verpolizeilichung des Strafverfahrens: eine Gesetzgebungsbilanz, in: Bürgerrechte & Polizei : CILIP, 2004, Nr. 3 = H. 79, S. 6-21

INHALT: "In den vergangenen zwei Jahrzehnten war das Strafverfahrensrecht einer Serie von Veränderungen unterworfen, die vor allem der Polizei einen Machtzuwachs im Ermittlungs- verfahren brachten. Die Strafprozessordnung, die einst als Magna Charta der Beschuldigten- rechte galt, wurde ins Recht der Inneren Sicherheit eingemeindet." (Autorenreferat)

[160-L] Cano, Miguel Angel: Die aktuellen kriminalpolitischen Tendenzen im spanischen Jugendstrafrecht. T. 1, in: Zeit- schrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 15/2004, H. 3, S. 275-280

INHALT: "Das In-Kraft-Treten des Gesetzes 'zur Regelung der strafrechtlichen Verantwortlich- keit von Minderjährigen' im Januar 2001 in Spanien (LO 5/2000 vom 12. Januar)' hat nicht nur für das spanische Jugendstrafrecht eine Reform von großer juristischer Tragweite ge- bracht, sondern gleichzeitig auch ein beachtliches gesellschaftliches Echo herbeigeführt. Mit dem neuen Gesetz wird das spanische Jugendstrafrecht nicht mehr als eine untergeordnete Disziplin innerhalb der Strafrechtswissenschaften angesehen, sondern ist zu einer der bevor- zugten Gegenstände der Kriminalwissenschaften geworden. Infolge einer sensationshei- schenden Berichterstattung in den Massenmedien ist die Behandlung junger Rechtsbrecher wieder in den Blickpunkt des rechtspolitischen Interesses gerückt. Die konservative Regie- rung hat in den letzten Jahren eine merklich repressivere Kriminalpolitik angenommen. Durch die Gesetze LO 7/2000 und LO 15/2003 wurden die Unterbringungsmaßnahmen ver- schärft und eine 'Partikularklage' für den Geschädigten eingeführt. Im vorliegenden Beitrag wird die Angemessenheit einer Verschärfung des spanischen Jugendstrafrechts erörtert. Um die Analyse so weit wie möglich zu konkretisieren, werden drei grundlegende Aspekte jeder Kriminalpolitik, hier begrenzt auf das Jugendstrafrecht, berücksichtigt: Erstens die Untersu- chung der empirischen Daten in Bezug auf die Entwicklung der Jugendkriminalität; zweitens die Analyse der zur Anwendung kommenden jugendstrafrechtlichen Rechtsvorschriften; drit- 136 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

tens die Darstellung der aktuellen Tendenzen im Bereich der Jugendkriminalpolitik in Spa- nien." (Autorenreferat)

[161-L] Cassani, Ursula; Dittmann, Volker; Maag, Renie; Steiner, Silvia (Hrsg.): Mehr Sicherheit - weniger Freiheit?: Ermittlungs- und Beweistechniken hinterfragt, (Reihe Kriminologie, 21), Chur: Rüegger 2003, 402 S., ISBN: 3-7253-0739-3

INHALT: Der Band dokumentiert die Jahrestagung der Schweizerischen Arbeitsgruppe für Kri- minologie in Interlaken vom März 2003, auf der u. a. Fragen der naturwissenschaftlichen Kriminalistik sowie die Bedeutung der modernen Informationstechnologien für die Fahn- dungspraxis behandelt wurden. Aus dem Inhaltsverzeichnis: Öffentliche Sicherheit - persön- liche Freiheit Mark Pieth: Strafprozess im Spannungsfeld von Sicherheit und Freiheit (15-25); Dominique Pecaud: L'espace public a l'epreuve de la videosurveillance (27-47); Edwin Kube: Rasterfahndung - Kriminologische und rechtliche Aspekte (49-69); Volker Dittmann: Täter- profile und operative Fallanalysen - Mythen und Fakten (71-89); Überwachung des Fernmel- deverkehrs Beat Künzli: Praktische Probleme bei der Umsetzung des Bundesgesetzes betref- fend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (195-216); DNA: der perfekte Be- weis? Niklaus Oberholzer: DNA Datenbanken Pro und Kontra - ein öffentlicher Disput (327- 334); Verdeckte Ermittlung, 'Pentiti' und Zeugenschutz. (ZPol, VS)

[162-F] Cornel, Heinz, Prof.Dr. (Bearbeitung): Vermeidung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen bei straffälligen Frauen in Berlin

INHALT: Ziel des Forschungsvorhabens ist die wissenschaftliche Begleitung eines Beschäfti- gungsprojektes für straffällige Frauen zur Tilgung ihrer Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe. Zu- sätzlich sollen auch die Kooperationspartner Justizvollzug für Frauen und Frauenprojekt der Sozialen Dienste der Justiz in die Untersuchung nicht nur zu Vergleichszwecken einbezogen werden, sondern darüber hinaus werden die Zugangswege zum Projekt, die Alternativen und die Bemühungen zur Motivation untersucht und verglichen. ART: keine Angabe AUFTRAGGEBER: keine Angabe FINANZIERER: keine Angabe INSTITUTION: Fachhochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin (Alice-Salomon- Platz 5, 12627 Berlin) KONTAKT: Bearbeiter (Tel. 030-99245-504, Fax: 030-99245-245, e-mail: [email protected])

[163-F] Cornel, Heinz, Prof.Dr. (Bearbeitung): Rückfälligkeit und langfristige Legalbewährung nach Vollstreckung von Jugendstrafe in Berlin und Brandenburg

INHALT: Der Antragsteller führt eine Langzeitstudie bei jungen Straftätern durch, die geeignet ist, Licht in das Dunkel der Kriminalstatistik zu bringen. Schon die Frage, wann überhaupt von "Rückfall" zu sprechen ist, scheint ungeklärt. Die zentrale politische Frage ist dabei, wie sinnvoll es ist, junge Menschen in Haft zu bringen und inwieweit sozialpädagogische Metho- den für diese Klientel eingesetzt werden. Langfristig ergeben sich aus der Beantwortung die- ser Fragen Forderungen an Kriminalpolitik und Sozialpädagogik. Die Untersuchung wird für soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 137 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

Sozialisationsbedingungen und Werdegang von Männern Aufschlüsse bringen, da das männ- liche Geschlecht bei Strafgefangenen weit überrepräsentiert ist und die Studie sich auf männ- liche Strafgefangene bezieht. GEOGRAPHISCHER RAUM: Berlin, Brandenburg ART: keine Angabe AUFTRAGGEBER: keine Angabe FINANZIERER: keine Angabe INSTITUTION: Fachhochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin (Alice-Salomon- Platz 5, 12627 Berlin) KONTAKT: Bearbeiter (Tel. 030-99245-504, Fax: 030-99245-245, e-mail: [email protected])

[164-F] Dahle, Klaus-Peter, Dr.phil. (Bearbeitung): Validierung und Weiterentwicklung integrativer Methoden zur Rückfallprognose bei Straf- gefangenen und Sicherungsverwahrten mit gravierenden Gewaltdelikten

INHALT: In Anbetracht aktueller Gesetzesnovellen, die die Tragweite von Rückfallprognosen für strafrechtliche Entscheidungen vor allem bei Tätern mit schweren Gewaltdelikten erheblich erweitert haben, erscheint der Bestand gesicherter Kenntnisse über geeignete Methoden und die Zuverlässigkeit solcher Prognosen defizitär. Das Ziel der Studie ist daher die Überprüfung der tatsächlichen Vorhersagegüte moderner Prognoseverfahren und die Entwicklung einer ge- eigneten integrativen, d.h. empirische Zusammenhänge und individuelle Besonderheiten be- rücksichtigenden (und damit den rechtlichen Anforderungen genügenden) Beurteilungsme- thodik für diese spezielle Zielgruppe. METHODE: Das Vorhaben ist als retrospektive Untersuchung angelegt, mit einer Katamnese- dauer von acht bis zehn Jahren nach Entlassung aus der Strafhaft oder Sicherungsverwahrung in der Justizvollzugsanstalt Berlin-Tegel. Es werden alle ehemaligen Strafgefangene der Ent- lassungsjahrgänge 1995-1998 einbezogen, die wegen Tötungs- oder Sexualdelikten inhaftiert waren sowie alle entlassenen Sicherungsverwahrten. Darüber hinaus wird eine Zufallsstich- probe von Tätern mit anderen gravierenden Gewaltdelikten gezogen, insgesamt umfasst die Stichprobengröße 300 ehemalige Gefangene. ART: gefördert AUFTRAGGEBER: nein FINANZIERER: Deutsche Forschungsgemeinschaft INSTITUTION: Freie Universität Berlin, Medizinische Fakultät Charité - Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin -CBF-, Forensische Medizin WE 14 Institut für Forensi- sche Psychiatrie (Limonenstr. 27, 12203 Berlin) KONTAKT: Bearbeiter (Tel. 030-8445-1417, e-mail: [email protected])

[165-L] Deichsel, Wolfgang: Was Jugendrichter/innen beim Richten ausrichten und anrichten!: eine kritische Auseinan- dersetzung mit dem Begriff der "schädlichen Neigungen", in: Zeitschrift für Jugendkriminal- recht und Jugendhilfe, Jg. 15/2004, H. 3, S. 266-275

INHALT: "Der Beitrag setzt sich auf vielschichtige Weise mit der justizpraktischen Anwendung des Merkmals der 'schädlichen Neigungen' im Rahmen der Verurteilung zur Jugendstrafe nach Paragraf 17 Abs. 2 JGG auseinander. Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelte Interpretation sei persönlichkeitsorientiert. Sie sei in der Diagnose wie der Reak- tion sozial diskriminierend, da die Entstehungszusammenhänge der festgestellten Persönlich- keitsmängel keine Berücksichtigung finden. Der Autor sieht es als Aufgabe der JGH an, in ih- rem Bericht auf das Vorliegen schädlicher Neigungen einzugehen, stellt jedoch einerseits fest, 138 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

dass es noch an der Entwicklung fachlicher Qualitätsstandards für die Stellungnahme der JGH zum Vorliegen schädlicher Neigungen fehlt, andererseits aber die Rezeption der JGH- Stellungnahmen durch die Richter unbefriedigend sei. In diesem Zusammenhang analysiert er Entstehungsbedingungen für das Zustandekommen der Diagnose der schädlichen Neigungen im JGH-Bericht wie dem Urteil. Weiterhin setzt er sich mit der Frage auseinander, ob es nicht geboten wäre, zur Frage des Vorliegens schädlicher Neigungen forensische Gutachter zu be- auftragen. Schließlich geht er auf die Frage ein, ob der Jugendstrafvollzug unter spezialprä- ventiver Perspektive das geeignete Instrument ist, um die festgestellten schädlichen Neigun- gen erzieherisch zu behandeln." (Autorenreferat)

[166-L] Gercke, Björn: TK-Überwachung: noch keine Reform: Geltungsdauer der Paragrafen 100g, 100h StPO ver- längert, in: Bürgerrechte & Polizei : CILIP, 2004, Nr. 3 = H. 79, S. 31-37

INHALT: "Seit Jahren wird eine Gesamtnovellierung der strafprozessualen Telekommunikations- überwachung (TKÜ) diskutiert. Wenn auch mit unterschiedlichen Zielen, stimmen Strafver- folgungsbehörden, Verteidigerinnen und Verteidiger, Gerichte, Lehre und Gesetzgeber über- ein, dass die TKÜ in 'ein harmonisches Gesamtsystem der strafprozessualen heimlichen Er- mittlungsmethoden einzugliedern' sei." (Autorenreferat)

[167-L] Grafe, Roman: Deutsche Gerechtigkeit: Prozesse gegen DDR-Grenzschützen und ihre Befehlsgeber, Berlin: Siedler 2004, 532 S., ISBN: 3-88680-819-X

INHALT: Von den mehr als 3.000 Ermittlungsverfahren wegen Gewalttaten an der DDR-Grenze wurden 90 Prozent eingestellt. Mindestens 400 Menschen sind an dieser Grenze gestorben, aber ein Drittel der angeklagten Grenzer wurde freigesprochen. Nur sieben Todesschützen wurden rechtskräftig zu Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt. Grafe, der 2002 'Die Grenze durch Deutschland' veröffentlichte (siehe ZPol 2/03: 901), protokolliert die Prozesse gegen die Grenzer, die das letzte Opfer an der Mauer, Chris Gueffroy, töteten, gegen die Grenztrup- pen-Führung, gegen sechs Mitglieder des SED-Politbüros sowie weitere Verfahren gegen Grenzer, die auf Menschen schossen. Eingefügt sind kurze Porträts derjenigen Rechtsanwälte, die ihren uneinsichtigen Klienten ideologisch nahe stehen. Ergänzend interviewte der Autor ein Minenopfer, den Vater eines Opfers, Staatsanwälte, Richter und den ehemaligen Vize- Verteidigungsminister und IM, Fritz Streletz. Dokumentiert sind ferner Urteilsbegründungen aus verschiedenen Prozessen. Die zuvor protokollierten Prozessverläufe gleichen allerdings eher Possen mit völlig uneinsichtigen Angeklagten, die zumeist Bewährungsstrafen erhielten. Diese 'Bewährungsstrafen kommen einer kollektiven Entlastung gleich' (309), sagt dazu die Mutter des letzten Mauertoten. Die Urteile basieren auf der Annahme eines 'vermeidbaren Verbotsirrtum(s)' (289). Die Milde gegenüber den Tätern erklärt der Autor damit, dass sich die Richter als Diener eines Staates den Opfern, die sich von ihrem Staat eindeutig abwand- ten, fremder gefühlt hätten als den ihrem Staat dienenden Tätern. Die Privilegierung von poli- tischen Kriminellen habe in Deutschland Tradition, so Grafe, der damit an die zögerliche Strafverfolgung von NS-Tätern erinnert. (ZPol, VS)

soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 139 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

[168-L] Günther, Klaus: Kritik der Strafe. T. 2, in: WestEnd : neue Zeitschrift für Sozialforschung, Jg. 2/2005, H. 1, S. 131-141

INHALT: Der Autor erörtert zunächst die apokryphen Rechtfertigungen der Strafe, die dem offi- ziellen Rechtfertigungsdiskurs nachgeordnet sind. Die heterogenen Begründungen verweisen auf die Notwendigkeit der Strafe als das geringere Übel im Vergleich zu einem ungehemmt und unkontrolliert sich ausagierenden Strafbedürfnis (1), als ein Sicherungsmittel zum Schutz der Allgemeinheit (2), als pädagogische Maßnahme in einem moralischen Lernprozess (3) und als Korrektur einer ungerechten Ungleichverteilung in der Gesellschaft (4). Gemeinsam ist diesen Rechtfertigungen, dass sie mit Gründen operieren, so dass sie sich auch mit Gegen- Gründen kritisieren lassen, wie der Autor im einzelnen zeigt. Er setzt sich ferner mit der Er- klärung des Strafbedürfnisses als kontrafaktisches Verhalten gegenüber der Welt kritisch aus- einander. Diese Erklärungsweisen interpretieren Strafe als gesellschaftlichen Systemschutz durch Individualisierung, als Mittel der psychischen Verdrängung eigener abweichender Im- pulse und als metaphysische Heilung des gekränkten Glaubens an eine gerechte Welt. (ICI2)

[169-L] Haffke, Bernhard: Vom Rechtsstaat zum Sicherheitsstaat?, in: Kritische Justiz : Vierteljahresschrift für Recht und Politik, Jg. 38/2005, H. 1, S. 17-35 (Standort: UuStB Köln(38)-XF126; Kopie über den Literatur- dienst erhältlich)

INHALT: Bei dem Beitrag handelt es sich um einen Vortrag, den der Verfasser auf dem 23. Sym- posion des Instituts für Konfliktforschung und des Vereins Deutscher Strafverteidiger am 27. März 2004 in Maria Laach gehalten hat und der um einen aktuellen Anhang erweitert wurde. Der Verfasser behandelt eingangs Transzendentalbedingungen strafrechtlicher Vergesell- schaftung sowie das Verhältnis von Schuld und Gefährlichkeit. Es schließt sich ein Überblick über die jüngste Gesetzgebungs-, Rechtsprechungs- und Reformgeschichte betreffend Sexual- straftaten und Sicherungsverwahrung in Deutschland an. Diese Gesetze werden im Folgenden daraufhin befragt, in wie weit sie den Sicherheitsbedürfnissen der Allgemeinheit Rechnung tragen und damit die kriminalpolitische Vision eines Kriminal-Sicherheitsrechts in die Tat umgesetzt haben. Es zeigt sich, dass alle einschlägigen Gesetze bewusst und gezielt unter die Herrschaft präventiver Sicherheits- und Schutzlogik gestellt worden sind. In einem Anhang setzt sich der Verfasser mit der jüngsten bundesrechtlichen Entwicklung zur nachträglichen Sicherungsverwahrung auseinander. (ICE)

[170-L] Hassemer, Winfried: Jugend im Strafrecht: Eröffnungsvortrag zum 26. Deutschen Jugendgerichtstag, in: Zeit- schrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 15/2004, H. 4, S. 344-356

INHALT: "In den Medien werden häufig Fälle geschildert, die ein Scheitern des (Jugend-) Straf- rechts beschreiben. Wenn der Ansatz des Jugendstrafrechts nicht vermittelt werden kann, löst dies Angriffe auf die im Strafrecht verankerten Garantien (bspw. Datenschutz, Kausalitätser- fordernis, Schuldprinzip) aus, die für ein Scheitern des Strafrechts an sich selbst verantwort- lich gemacht werden. Kriminalpolitik lässt sich auf Dauer nicht gegen normative gesellschaft- liche Verständigung machen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Einstellungen umstandslos 140 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

in gesetzliche und justitielle Praxis umzusetzen sind. Der Beitrag skizziert als Antwort die Grundlinien eines guten Jugendstrafrechts. Er findet sie vor allem im Erziehungsziel, in der Differenzierung und dem Konzept der Formalisierung. Differenzierung ist dem Jugendstraf- recht immanent, da es aus der Differenzierung zum allgemeinen Strafrecht einerseits und dem Rechtsstatus des Kindes andererseits entstanden sei. Zwar sind die konkreten Grenzziehungen verhandelbar, sie könnten jedoch als solche nicht abgeschafft werden, ohne zugleich das Ju- gendstrafrecht abzuschaffen. Gegen den Erziehungsgedanken wird - berechtigte - Kritik vor- gebracht. Dennoch ist er notwendig. Es setzt das aus den Prinzipien der Menschenwürde und des Sozialstaats abgeleitete verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot bezogen auf noch in ihrer Reifung befindliche junge Menschen um und versorgt die Rechtsfolgen des Jugendstraf- rechts mit einem inhaltlichen Ziel. Zwar ist es Aufgabe des Jugendstrafrechts qua seiner Ei- genschaft als Strafrecht, sanktionierende Antworten auf Normverletzungen zu geben. Der Er- ziehungsgedanke ist jedoch zugleich erforderlich, um der eingeschränkten strafrechtlichen Verantwortlichkeit Jugendlicher gerecht zu werden. Das am Erziehungsgedanken orientierte, individualisierende Jugendstrafrecht steht schließlich zum Konzept der Formalisierung in ei- nem spezifischen Spannungsverhältnis. Die Formalisierung im Strafrecht ist die große zivili- satorische Errungenschaft der Aufklärung: Sie gewährt Gleichmäßigkeit und Gerechtigkeit, Transparenz und Prinzipientreue. Da Jugendstrafrecht Strafrecht ist, unterliegt es uneinge- schränkt den Bewertungsmaßstäben an die Verhältnismäßigkeit seiner Rechtsfolgen." (Auto- renreferat)

[171-L] Hechler, Oliver: "Schwere Jungs" und "Muttersöhnchen": adoleszente Straftäter zwischen Jugend- und Erwachsenenstrafrecht, in: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 15/2004, H. 2, S. 138-144

INHALT: "Vor dem Hintergrund klinisch-psychologischer Beratung und entwicklungspsychoana- lytischer Einschätzung wird dargestellt, mit welchen Schwierigkeiten sich Jugendliche, junge Erwachsene und deren Eltern an eine psychologische Beratungsstelle wenden. Es kann deut- lich nachgezeichnet werden, dass die adoleszenten Entwicklungen der Jugendlichen und jun- gen Erwachsenen häufig riskante und delinquente Verläufe nehmen. In dieser Perspektive er- öffnen sich zwei Fragestellungen, denen im vorliegenden Artikel nachgegangen werden soll. Erstens, wie können die nicht selten selbst- und fremdschädigenden adoleszenten Entwick- lungsverläufe günstig beeinflusst werden? Und zweitens, wie sind die begangenen Straftaten der Jugendlichen und insbesondere der jungen Erwachsenen strafrechtlich einzuordnen?" (Autorenreferat)

[172-L] Heinz, Wolfgang: Die neue Rückfallstatistik - Legalbewährung junger Straftäter, in: Zeitschrift für Jugendkri- minalrecht und Jugendhilfe, Jg. 15/2004, H. 1, S. 35-48

INHALT: "Anfang Februar legte das Bundesministerium der Justiz eine von dem Autor dieses Beitrags sowie seinem Mitarbeiter Peter Sutterer und dem Göttinger Professor für Kriminolo- gie und Strafrecht Dr. Jörg-Martin Jehle erstellte erste umfassende bundesweite Rückfallsta- tistik vor, die ambulante und informelle Sanktionierungen berücksichtigt. Die Statistik beruht auf einer Auswertung aller im Bundeszentralregister eingetragenen im Jahre 1994 erfolgten soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 141 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

Verurteilungen zu einer ambulanten Sanktion, zu Jugendarrest oder einer ambulanten Maßre- gel, aller Verfahrenseinstellungen nach den Paragrafen 45, 47 JGG sowie der in diesem Jahr erfolgten Entlassungen aus freiheitsentziehenden Strafen oder Rechtsfolgen. Sie berücksich- tigt die in einem vierjährigen Zeitraum bis 1998 angefallenen erneuten formellen oder infor- mellen Sanktionierungen. Der Beitrag schildert das Vorgehen bei Erstellung der Rückfallsta- tistik auf Grundlage der Daten des Bundeszentralregisters und setzt sich sodann mit der Me- thodik auseinander, so u.a. mit der Auswahl der Bezugsgrößen, insbesondere mit der Frage, ob neben den formell Sanktionierten auch die informell Sanktionierten bei der Bezugs- und Rückfalltat einbezogen werden sollen. Er kommt zu dem Ergebnis, dass von allen erfassten Personen fast zwei Drittel (64%) nicht rückfällig wurden, die Rückfallraten tendenziell mit der schwere der Vorsanktion zunehmen und sie zur unbedingten Jugendstrafe sowie zu Ju- gendarrest Verurteilten die höchsten Rückfallraten aufweisen." (Autorenreferat)

[173-L] Hirtenlehner, Helmut: Bestimmungsgrößen der vollzugsgerichtlichen Entscheidung über die bedingte Entlassung nach zwei Dritteln der Freiheitsstrafe: eine empirische Analyse justizieller Entscheidungs- kriterien am Beispiel von Sexual- und Gewaltsstraftätern, in: Österreichische Zeitschrift für Soziologie : Vierteljahresschrift der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie, Jg. 30/2005, H. 2, S. 7-40 (Standort: UuStB Köln(38)-XH02528; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: "Die Entlassungspraxis der österreichischen Vollzugsgerichte wird durchwegs als re- striktiv bezeichnet. Anhand einer Auswertung von 638 Entlassungsverfahren bei wegen Se- xual-, Raub- oder Körperverletzungsdelikten verurteilten Gefangenen werden die Hintergrün- de dafür untersucht. Verantwortlich für die eher zurückhaltende Entlassungspraxis zeichnen zum einen eine sehr restriktive Empfehlungspolitik der Staatsanwaltschaften und zum ande- ren die eigenen Erwägungen der Vollzugsrichter. Die Richter füllen ihren Ermessensfreiraum zuallererst durch Kriterien aus dem Bereich der bisherigen Legalkarriere und sekundär auch durch ausgewählte Merkmale der aktuellen Verurteilung aus. Es werden vor allem solche In- formationen zur Entscheidungsfindung herangezogen, die aus Sicht der Attributionstheorie als Indikatoren einer stabilen kriminellen Disposition zu betrachten sind. Die Empfehlungen der Justizanstalten stellen dagegen keine maßgeblichen Entscheidungsgrößen dar." (Autoren- referat)

[174-L] Hörnle, Tatjana: "Justice as fairness": ein Modell auch für das Strafverfahren?", in: Rechtstheorie : Zeitschrift für Logik und Juristische Methodenlehre, Rechtsinformatik, Kommunikationsforschung, Normen- und Handlungstheorie, Soziologie und Philosophie des Rechts, Bd. 35/2004, H. 2, S. 175-194

INHALT: Soziale Praktiken sind gerecht, wenn sie mit Prinzipien im Einklang stehen, die von den beteiligten Personen als fair akzeptiert werden können. Darauf aufbauend, entwickelte Rawls seine berühmt gewordene Theorie der gerechten Gesellschaftsorganisation, die ausge- hend von einem fairen Entscheidungsverfahren unter dem "Schleier des Nichtwissens" zu Freiheits- und Gleichheitsprinzipien kommt. Gegenstand der vorliegenden Ausführungen ist die Fragestellung, ob die methodische Herangehensweise - von Fairness zu der dadurch zu er- reichenden Gerechtigkeit des Endergebnisses - auch für das Strafverfahren anwendbar ist. Das Fairnessprinzip und der Gedanke der Verfahrensgerechtigkeit wird traditionell im anglo- 142 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

amerikanischen Rechtskreis stärker betont als im kontinental-europäischen Rechtsdenken. Als Ergebnis der Überlegungen konstatiert die Autorin: Auch wenn "Gerechtigkeit als Fairness" keine Maxime für die Schuldfeststellung sein kann, ist "Gerechtigkeit durch Fairness" ein Motto, das teilweise Verfahrensstrukturen zu erklären vermag, die zur sachlichen Aufklärung beitragen können. Fairness bleibt jedoch ein dienendes Prinzip zur Ausbalancierung wider- streitender Interessen. (ICA2)

[175-L] Hüls, Silke: Die Rolle des Opferzeugen im Strafverfahren gegen Jugendliche, in: Zeitschrift für Jugend- kriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 16/2005, H. 1, S. 22-30

INHALT: "Sind die Rechte des Opferzeugen im Strafverfahren gegen jugendliche Beschuldigte reformbedürftig? Der Beitrag beleuchtet die Situation der Opferzeugen im Strafverfahren ge- gen Jugendliche aus zwei Perspektiven: Zunächst erfolgt eine Bestandsaufnahme der gesetz- lich gewährten Rechte, die Opfern jugendlicher Straftäter zustehen. Hier ist festzustellen, dass die rechtliche Situation des Opferzeugen im Jugendstrafverfahren im wesentlichen der des Opferzeugen im Strafverfahren gegen Erwachsene entspricht. Uneingeschränkt anwendbar sind die gesetzlich verankerten Opferschutzrechte; Einschränkungen erfahren allerdings zum Teil Informations- und Teilhaberechte der Opfer, und zwar insoweit, als diese im Konflikt mit dem Erziehungsgedanken des Jugendstrafverfahrens stehen. Da also die den Opfern gesetz- lich gewährten Rechte im Jugendstrafverfahren weitestgehend den Rechten der Opfer von erwachsenen Beschuldigten entsprechen, ist die zweite, die rechtstatsächliche Perspektive be- sonders interessant: Werden Opfer jugendlicher Beschuldigter im Strafverfahren nach dem JGG in der Praxis anders behandelt als Opfer erwachsener Beschuldigter? Eine Untersuchung zur Umsetzung der gewährten Opferrechte im Strafverfahren gegen Jugendliche steht leider noch aus, so dass hier bislang nur der Forschungsbedarf aufgezeigt werden kann. Da aber erst die Kenntnis der rechtstatsächlichen Situation eine Beurteilung der Rolle des Opferzeugen im Strafverfahren gegen Jugendliche erlaubt, besteht dringender Bedarf für eine empirische Un- tersuchung zur Implementierung der Opferrechte im Jugendstrafverfahren." (Autorenreferat)

[176-L] Jehle, Jörg-Martin: Strafrechtliche Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus: Rechtswirklichkeit und aktuelle Probleme, in: Bewährungshilfe : Soziales - Strafrecht - Kriminalpolitik, Jg. 52/2005, H. 1, S. 3-14 (Standort: UuStB Köln(38)-Si88-A,9,4-; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: "Es wird berichtet über Anordnung und Vollzug der Maßregel nach Paragraph 63 StGB. Nach einem statistischen Überblick über die zahlenmäßige Entwicklung der Anord- nungen und der Belegung werden differenziert die zur Unterbringung führenden Deliktsgrup- pen und Krankheitsbilder beschrieben. Ein weiterer Abschnitt befasst sich mit Behandlung und Erfolg des Maßregelvollzugs, woraus abschließend Schlussfolgerungen für Kriminalpoli- tik und Strafrechtspraxis gezogen werden." (Autorenreferat)

soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 143 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

[177-L] Kilchling, Michael: Zukunftsperspektiven für das Jugendstrafrecht in der erweiterten Europäischen Union, in: Recht der Jugend und des Bildungswesens : Zeitschrift für Schule, Berufsbildung und Jugender- ziehung, Jg. 51/2003, H. 3, S. 323-334 (Standort: UuStB Köln(38)-EWA Z 0333; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: "Der Autor beleuchtet in seinem Beitrag ... punktuell und exemplarisch Jugend(straf- )rechtsmodelle und -konzepte der einzelnen EU-Beitrittsländer. Er gibt einen Einblick in de- ren Situation, diskutiert die Perspektiven für eine mögliche Vereinheitlichung innerhalb der Europäischen Union und geht im Besonderen auf die damit auftretenden Probleme ein. Dabei gelangt auch das Recht der bisherigen Mitgliedsstaaten in den Blickpunkt." (Autorenreferat)

[178-L] Koepsel, Klaus: Auf dem Weg nach Europa - Fortschritte und Hindernisse: beschrieben am Beispiel der Ent- wicklung des Justizvollzuges, in: Bewährungshilfe : Soziales - Strafrecht - Kriminalpolitik, Jg. 51/2004, H. 4, S. 335-344 (Standort: UuStB Köln(38)-Si88-A,9,4-; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: "Der Beitrag beschreibt die Unterschiede im Strafrecht und Strafvollzug in den europä- ischen Ländern. Versuche der Angleichung des Strafvollzugs in Europa werden mittels der vom Europarat erarbeiteten Regeln für das Gefängniswesen dargestellt. Zudem werden Hemmnisse auf dem Weg zu einem einheitlichen Strafvollzug beispielhaft skizziert, die je- doch nach Ansicht des Autors ein weiteres Zusammenwachsen Europas auch auf dem Gebiet des Strafvollzugs nicht aufhalten dürften." (Autorenreferat)

[179-L] Kramer, Helmut; Wette, Wolfram (Hrsg.): Recht ist, was den Waffen nützt: Justiz und Pazifismus im 20. Jahrhundert, Berlin: Aufbau- Verl. 2004, 432 S., ISBN: 3-351-02578-5

INHALT: Pazifisten waren in früherer Zeit, vor allem im Dritten Reich, oftmals polizeilicher und strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt und wurden nicht selten von einer willfährigen Justiz zu hohen Strafen bis hin zum Tode verurteilt. Zur Begründung der Urteile wurden Argumente wie Landesverrat, Wehrkraftzersetzung und Ähnliches vorgebracht. Es gab jedoch auch Per- sönlichkeiten, die sich dieser herrschenden Meinung widersetzten. Die Autoren thematisieren beide Seiten - sowohl die bereitwillige Unterstützung militärfreundlicher Positionen durch die Justiz als auch einzelne kritische Stimmen. Der Band dokumentiert eine interdisziplinäre Fachtagung mit dem Titel 'Justiz und Pazifismus im 20. Jahrhundert', die im Oktober 2002 in Recklinghausen stattfand. Teilnehmer waren in erster Linie Historiker und Juristen, dem- entsprechend sind auch die Schwerpunkte der Beiträge gelagert. Aus dem Inhaltsverzeichnis: Helmut Kramer / Wolfram Wette: Pazifisten im Visier der Justiz. Ein bedrückendes Kapitel der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts (11-58); Christian Jansen: Pazifisten in Deutschland. Entwicklungen und innere Widersprüche (1800-1940) (59-78); Karl Holl: Pazi- fistische Programmatik und pazifistische Lebensbilder im Wandel der Generationen zwischen 1830 und 1945. Eine Problemskizze (79-99); Wolfram Wette: August Bebel und Wilhelm Liebknecht. Die Sozialistenführer als Gegner des deutsch-französischen Krieges von 1870/71 (100-108); Feliks Tych: Das Vorgehen der Justiz gegen Pazifisten im Wilhelminischen 144 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

Deutschland. Die Strafprozesse gegen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht (109-126); Wolfram Wette: Justiz und pazifistische Offiziere in der Zeit der Weimarer Republik (127- 142); Ingo Müller: Landesverratsprozesse und Beleidigungsverfahren gegen Pazifisten in der Weimarer Republik (143-159); Otmar Jung: 'Ein weißer Rabe' unter den Richtern der ersten Republik: Senatspräsident Freymuth (160-175); Gerd Hankel: Auf verlorenem Posten: Frie- denspolitik und Völkerrecht in der Weimarer Republik (176-189); Ingo Müller: Der 'Welt- bühnen'-Prozess: Carl von Ossietzky und die politische Justiz (190-198); Manfred Messer- schmidt: Die Wehrmachtsjustiz gegen 'Zersetzer' und Pazifisten (199-217); Helmut Kramer: Die versäumte juristische Aufarbeitung der Wehrmachtsjustiz (218-233); Wolfgang Kraus- haar: Protest gegen die Wiederbewaffnung (234-246); Helmut Kramer: Der Widerstand ge- gen die Aufrüstung der Bundesrepublik vor Gericht (247-254); Ulrich Finckh: Justiz und Kriegsdienstverweigerung in der Bundesrepublik (255-274); Helmut Kramer: Justiz und Kriegsdienstverweigerung in der DDR (275-294); Hans-Ernst Böttcher: Strafbare Nötigung oder Ausübung von Grundrechten? Die gerichtliche Auseinandersetzung mit den Sitzblocka- den gegen den NATO-Doppelbeschluss (295-316); Otto Gritschneder: 'Soldaten sind Mörder.' Das Tucholsky-Zitat von 1931 im Lichte einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1994 (317-320); Martin Kutschka: Militäreinsätze vor dem Bundesverfassungsgericht (321-336); Helmut Kramer: Strafrecht ist schlichtweg nicht politisch. Ein Strafverfahren ge- gen Kritiker des Krieges gegen Jugoslawien (337-344). (ZPol, VS)

[180-L] Kravagna, Simon: Schwarze Stereotype und weiße Behörden: Afrikaner, Drogenkriminalität und Strafverfol- gung durch Polizei und Justiz, in: SWS-Rundschau, Jg. 45/2005, H. 2, S. 266-288 (Standort: UuStB Köln(38)-XH05177; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: "Der Artikel untersucht am Beispiel schwarzer Drogendealer, ob und inwiefern Afrika- ner in Wien in der Strafverfolgung durch Polizei und Justiz aufgrund ihrer ethnischen Identi- tät einer selektiven Behandlung unterzogen werden. Die vorliegende Analyse von 83 Ge- richtsurteilen, die am Straflandesgericht Wien erhoben wurden, zeigt, dass Schwarze zu signi- fikant höheren Haftstrafen verurteilt werden als Weiße. Die Detailanalysen dieser Arbeit wei- sen darauf hin, dass die Strafunterschiede nicht zur Gänze durch strafrelevante Faktoren wie etwa höhere Drogenumsätze durch schwarze Drogenhändler zu erklären sind. Zudem proble- matisiert der Artikel die Zurechnung vieler schwarzer Dealer durch Polizei und Justiz zur so genannten 'nigerianischen Drogenmafia' sowie die selektive Anwendung von besonderen Er- mittlungsmethoden gegenüber Afrikanern." (Autorenreferat)

[181-L] Kravagna, Simon: Der Faktor Hautfarbe in der quantitativen Analyse von Gerichtsurteilen gegen weiße und schwarze Straftäter in Wien, in: Österreichische Zeitschrift für Soziologie : Vierteljahresschrift der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie, Jg. 30/2005, H. 2, S. 41-64 (Standort: UuStB Köln(38)-XH02528; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: "Die populäre Gleichstellung 'Schwarzer ist gleich Dealer' macht vor allem (männliche) Afrikaner zum Inbegriff des Typus des unerwünschten Ausländers in Wien. Im Kontakt mit der Justiz könnte das speziell schlechte 'Image' von Menschen mit schwarzer Hautfarbe auch die richterliche Urteilsfindung beeinflussen. Tatsächlich zeigt die Analyse von 83 Urteilen in soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 145 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

Suchtmittelverfahren am Straflandesgericht Wien signifikante Strafdifferenzen zwischen weißen und schwarzen Angeklagten. Im unteren Strafenbereich sind die unterschiedlichen Gefängnisstrafen laut statistischen Analysen nur unzureichend durch eine geringfügig höhere Drogenmenge bei schwarzen Dealern zu erklären. Im oberen Strafenbereich können sowohl größere Drogenmengen und ein höherer Organisationsgrad schwarzer Dealer als auch die be- sondere Strafverfolgung dieser Gruppe durch Polizei und Justiz die Strafdifferenzen erklären. Aufgrund des eingeschränkten Forschungsdesigns der Arbeit in Bezug auf den zeitlichen Un- tersuchungszeitraum sowie der eingeschränkten Analyse von möglichen Einflussfaktoren kann dadurch keinesfalls eine 'rassistische Struktur' innerhalb der Wiener Justiz als nachge- wiesen gelten. Die Vermutung, dass es Diskriminierungstendenzen aufgrund der Hautfarbe in der Strafverfolgung gibt, wird aber durch die Analyse eher bestärkt als entkräftet." (Autoren- referat)

[182-L] Leisner, Walter: Das letzte Wort: der Richter späte Gewalt, Berlin: Duncker & Humblot 2003, 289 S., ISBN: 3- 428-11236-9

INHALT: "Die Judikative wird bisher vor allem in ihrer Unabhängigkeit betrachtet, im Übrigen in den Einzelheiten ihrer Organisation und ihres prozessualen Wirkens. Es gilt jedoch, sie als solche systematisch vertiefend zu untersuchen: Ist dies eine 'Verfassungsgewalt'? Das wird hier versucht, in der Begründung vor allem folgender Thesen: - Rechtsprechende Tätigkeit lässt sich in der Vielfalt ihrer Rechtswirkungen nicht erfassen. Funktional ist eine 'Dritte Ge- walt' nicht zu definieren. - Am nächsten kommt dem noch der Hinweis auf das 'Letzte Wort', das den Richtern vorbehalten ist. 'Unabhängig' ist auch manch andere Staatsinstanz. - Die Ge- richtsbarkeit ist wesentlich und vielfach 'verschränkt' mit Legislative und Administrative, de- ren Entscheidungen sie verendgültigt. - Richterrecht ist notwendig; 'Gesetz' ist für den Bürger das abschließende Richterwort. - Verfassungsgerichtsbarkeit ist eine Form der Judikative sui generis, etwas wie eine eingeschränkte Verfassungsgesetzgebung, verfassungssouverän im Sinne des Dezisionismus. - 'Macht der Richter' gibt es als solche so wenig wie einen 'Richter- staat'. Dem auf den Einzelfall gerichteten Richtertum ist (durch)brechend-flächendeckender Gewalteinsatz fremd. Richter handeln kaum je machtbewusst. - Gerichte sind Instanzen 'mo- ralisierender' Staatsgewalt. Doch aus Moral erwächst nicht Richtermacht. - Richterliche Ge- walt kommt notwendig und überzeugend spät - oft zu spät. Dies nimmt ihr entscheidend Mächtigkeit, die sie mit Recht der Gründlichkeit opfert. Richter brauchen nicht Reformen, sondern Ruhe." (Autorenreferat). Inhaltsübersicht: A. Rechtsprechende Gewalt - Judikative als Verfassungs-Pouvoir: Die Richter: nächste Gewalt beim Bürger, auch beim Volk? - Der "Richterstaat": historisch-dogmatische Bewusstwerdung einer Judikative als Gewalt - Judika- tive und "Gewalt als Verfassungsbegriff" - B. Funktionale Kriterien der rechtsprechenden Gewalt - das "Wesen des Richtens": Judikative als Rechtsanwendung? - "Kontradiktorisches Verfahren": eine Besonderheit des Richtens? - Rechtsprechende Gewalt als "Macht des Letz- ten Wortes" - Die Judikative als "neutrale Gewalt" - Judikative: wesentlich unabhängige Staatsgewalt: die Unabhängigkeit richterlicher Tätigkeit - Problematisches Ergebnis funktio- naler Betrachtung: Richtertätigkeit in Gewaltenverschränkung oder als "offene Gewalt" - C. Die organisatorische Einheit der Dritten Gewalt: "Gewalt": Notwendigkeit einer organisatori- schen Einheit? - Antihierarchische Wesenszüge richterlicher Entscheidungstätigkeit? - Ver- fahrensdifferenzierung gegen Gewalteinheit? - Unabhängigkeit: die organisatorische Einheit der Gerichtsbarkeit - Fazit: Organisationsrechtliche Einheit der Dritten Gewalt: und doch 146 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

funktionale Uneinheitlichkeit - D. Gerichtsbarkeit als Machtausübung - Richter und Macht: Die Fragestellung: Richterliche "Gewalt"-Ausübung in Machtbewusstsein? - Gerichtsbarkeit und Macht: in antithetischer Spannung - Die Machtferne des Richtens - Der Richter zwischen dem Macht-Dienst des Legisten und einem "Richteraufstand" - Der Richter als (nicht-)"öf- fentliche Person" in der Öffentlichkeit der Demokratie - Gerichtsbarkeit: gestaltungs(un)- fähig? - Ein Epilog: Verfassungsrichter doch als Machtträger? - Die Richter und die (Macht der) Moral - E. Die späte Macht der Judikative: Rechtsentscheidungen: "Grundsätzlich außer- halb der Zeit", "ohne Zeitgefühl" - Der Prozess: ein wesentlich zeitferner Vorgang - Das zeit- lose Denken der Richter - Instanzenzug als Entzeitlichung - Verfassungsgerichtsbarkeit als späte (weiter verspätende) Judikative - Faktischer Wirkungsverlust als Machtverlust der Ge- richtsbarkeit - Gegensteuern: aus der Verspätung? - Späte Gewalt: Schicksal und Machtver- lust der Richter - F. Judikative als Gewalt in der gewaltenteilenden Demokratie?: Dritte Ge- walt: ein Pouvoir? - Judikative als "antipolitische Gegenkraft" - Ausblick: Gerichtsbarkeit auf dem Grat zwischen gemäßigter Staatsform und entarteter Demokratie - Zusammenfassung der Ergebnisse.

[183-L] Lutz, Carsten: Kompetenzkonflikte und Aufgabenverteilung zwischen nationalen und internationalen Ge- richten: erste Bausteine einer Weltgerichtsordnung, (Rechtsfragen der Globalisierung, 5), Ber- lin: Duncker & Humblot 2003, 231 S., ISBN: 3-428-10957-0

INHALT: In den letzten Jahrzehnten sind im Zuge eines beschleunigten Internationalisierungs- prozesses zahlreiche neue überstaatliche Gerichte entstanden. Deren Spruchtätigkeit besitzt direkte oder indirekte Auswirkungen auf die Tätigkeit nationaler Gerichte, ohne dass stets verlässliche Koordinierungsmechanismen und überzeugende Lösungen für vielfältig denkbare Kollisionslagen vorhanden wären. Nach einer Bestandsaufnahme der bisher vorzufindenden Aufgabenverteilung zwischen den verschiedenen nationalen, supranationalen und internatio- nalen Gerichten und der sie leitenden Prinzipien sowie einer vergleichenden Strukturanalyse entwickelt der Autor daraus thesenhaft erste dogmatische Bausteine einer zukünftigen Welt- gerichtsordnung. Diese Bausteine beschreiben Grundvoraussetzungen, die beachtet werden müssen, und Veränderungen, die vorgenommen werden können, damit die Funktionsfähigkeit der Judikative trotz zunehmender Internationalisierung und Verflechtung insgesamt gewahrt werden kann. (ZPol, VS)

[184-L] Manske, Gisela: Verbrechen gegen die Menschlichkeit als Verbrechen an der Menschheit: zu einem zentralen Begriff der internationalen Strafgerichtsbarkeit, (Hamburger Studien zum Europäischen und Internationalen Recht, 35), Berlin: Duncker & Humblot 2003, 400 S., ISBN: 3-428-10590-7

INHALT: Die Autorin untersucht, warum Verbrechen gegen die Menschlichkeit als Verbrechen an der gesamten Menschheit zu verstehen sind. Diese Frage wurde sogar unter den Richtern des Internationalen Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien kontrovers diskutiert. Als Ausgangspunkt dient die Mehrdeutigkeit des Begriffs 'crimes against humanity'. Die Un- terschiede im Verständnis des damit gemeinten Konzepts wirken sich gerade dann aus, wenn Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf internationaler Ebene gegen den Willen des Bege- hungsstaates bestraft werden sollen. Mittels einer umfassenden Analyse der historischen Ent- soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 147 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

wicklung dieses Konzepts sowie seiner Bezugspunkte im internationalen Rechtssystem wird der Kernpunkt der Verbrechen gegen die Menschlichkeit herausgearbeitet und eine Erklärung für die universelle Betroffenheit abgeleitet. Unter Berücksichtigung rechtsphilosophischer Konzepte formuliert die Verfasserin ihr Ergebnis als Thesen: Der Verstoß gegen das Men- schenrechtsprinzip stellt den Kernpunkt der Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar, der unabhängig von Gruppenkriterien bestehende Grundsatz der Rechtssubjektivität des Indivi- duums verlangt eine Ahndung durch die internationale Gemeinschaft. Aus dem Inhaltsver- zeichnis: I. Historische Entstehung und Entwicklung des Konzeptes der 'Verbrechen gegen die Menschlichkeit' II. Kodifikation von Teilbereichen des Konzeptes in internationalen Ab- kommen III. Definitionen des Tatbestandes der Verbrechen gegen die Menschlichkeit IV. In- terpretation des Konzeptes durch die Rechtsprechung V. Verbrechen gegen die Menschlich- keit als Verstoß gegen einen Mindeststandard 'menschlichen Verhaltens' VI. Verbrechen ge- gen die Menschlichkeit als internationale Verbrechen VII. Verbrechen gegen die Menschlich- keit als Verbrechen an der Menschheit. (ZPol, VS)

[185-L] Narr, Wolf-Dieter: Folter absolut relativ: das Fragwürdige am Daschner-Urteil, in: Bürgerrechte & Polizei : CI- LIP, 2005, Nr. 1 = H. 80, S. 69-74

INHALT: "Nicht die milde Strafe macht das Daschner-Urteil des Frankfurter Landgerichts prob- lematisch, sondern die Behandlung der Folter als individuelles Fehlverhalten." (Autorenrefe- rat)

[186-L] Niehaus, Michael: Warum gestehen?: diskursanalytische Bemerkungen zur Psychologie des Strafverfahrens, in: Polizei & Wissenschaft : unabhängige interdisziplinäre Zeitschrift für Wissenschaft und Poli- zei, 2004, H. 4, S. 2-13. Der Volltext ist über www.infoconnex.de erhältlich.

INHALT: "Geständnismotivierung ist eine polizeiliche Praxis, deren Theoretisierung problema- tisch ist, da sie im Grunde dem gesetzlichen vorgesehenen Zweck der Vernehmung zuwider- läuft. Von daher sind ältere Lehrbücher wie die Psychologie des Strafverfahrens von Roland Graßberger ergiebiger für die Frage, wie die Rede über die Motive zum Gestehen strukturiert ist. Graßberger versucht eine Typologie der Geständnismotive zu erstellen und hinsichtlich ihrer Motivierbarkeit zu unterscheiden. An verschiedenen dieser Motive lässt sich zeigen, in- wiefern eine Typologisierung auf psychologischer Ebene unbefriedigend bleiben muss. Ins- besondere verlangt das Geständnis aus gesteigertem Mitteilungsbedürfnis nach einer anderen Beschreibungsebene." (Autorenreferat)

[187-F] Oberlies, Dagmar, Prof.Dr. (Bearbeitung): Erledigungspraxis in Fällen häuslicher und sexueller Gewalt. Eine Aktenstudie bei den Staatsanwaltschaften des Landes Sachsen-Anhalt

INHALT: Das Projekt untersuchte - im Wege einer Justizaktenanalyse - die Erledigungspraxis in Fällen häuslicher und sexueller Gewaltdelikte von Männern an Frauen. Bislang gibt es nur sehr wenige Untersuchungen, die - mit quantitativen und qualitativen Methoden - die Ermitt- 148 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

lungspraxis von Polizei und Staatsanwaltschaften, soweit sie sich in der Akte widerspiegelt, sowie die getroffenen Abschlussentscheidungen von Staatsanwaltschaften und Gerichten un- tersuchen. Aus der Untersuchung werden auch Empfehlungen für die weitere rechtpolitische Diskussion abgeleitet. GEOGRAPHISCHER RAUM: Sachsen-Anhalt VERÖFFENTLICHUNGEN: keine Angaben ARBEITSPAPIERE: Bericht, 57 S. Im Internet unter: http://www.fb4.fh-frankfurt.de/projekte/sachsenanhalt_bericht.pdf abrufbar.+++Erhe- bungsbogen, 12 S. Im Internet unter: http://www.fb4.fh-frankfurt.de/projekte/sachsenanhalt _erhebungsbogen.pdf abrufbar.+++Tabellen, 56 S. Im Internet unter: http://www.fb4.fh- frankfurt.de/projekte/sachsenanhalt_tabellen.pdf abrufbar. ART: Auftragsforschung; gefördert AUFTRAGGEBER: Land Sachsen-Anhalt Ministerium für Gesundheit und Soziales FINANZIERER: Institution; Auftraggeber INSTITUTION: Fachhochschule Frankfurt am Main, FB 04 Soziale Arbeit und Gesundheit (Ni- belungenplatz 1, 60318 Frankfurt am Main) KONTAKT: Bearbeiterin (Tel. 069-1533-2821, e-mail: [email protected])

[188-L] Pieroth, Bodo: Das Verfassungsgericht als kommunikatives Element moderner Verfassungsstaatlichkeit, in: Rechtstheorie : Zeitschrift für Logik und Juristische Methodenlehre, Rechtsinformatik, Kommuni- kationsforschung, Normen- und Handlungstheorie, Soziologie und Philosophie des Rechts, Jg. 34/2003, H. 3, S. 299-305

INHALT: Erst die Verfassungsgerichtsbarkeit bringt die beiden grundlegenden Merkmale des Verfassungsstaates - die Normativität und den Vorrang der Verfassung - zur vollen Entfal- tung. Die Möglichkeit der gerichtlichen Kontrolle sichert den Vorrang der Verfassung, indem sie den Verstoß des Gesetzes gegen die Verfassung durch die Nichtigerklärung sanktioniert. Als Beispiel für eine voll ausgebaute Verfassungsgerichtsbarkeit stellt der Autor das deutsche Bundesverfassungsgericht vor und fragt nach den Grenzen dieses Ausbaus im Sinne einer Ju- ridifizierung der Politik, einer unangemessenen Zurückdrängung des Parlaments und des de- mokratischen Prinzips sowie einer Entthronung der Verfassungsrechtswissenschaft ("Verfas- sungsgerichtspositivismus"). Er skizziert die charakteristischen Merkmale des Bundesverfas- sungsgerichts, die in der organisatorischen Selbständigkeit, der umfassenden Kompetenzaus- stattung und in der besonderen Verfahrensart der Verfassungsbeschwerde bestehen. Er stellt seine Ausführungen abschließend in den allgemeinen Zusammenhang des Themas "Kommu- nikation und Recht in der modernen Wissensgesellschaft". (ICI2)

[189-F] Pöder, Stefan, Lic.jur. Lic.oec.; Knüsel, Martin, Dr.jur.; Holenstein, Urs Paul, Lic.jur. (Bearbeitung); Seiler, Hansjörg, Prof.Dr.jur. (Leitung): Schweizerisches Gerichtsorganisationsrecht

INHALT: In einer ersten (bisher bewilligten) Phase soll eine allgemein zugängliche elektronische Datenbank zum schweizerischen gerichtsorganisationsrecht erstellt werden. Darin werden eidgenössische und kantonale Rechtsgrundlagen und Entscheide sowie Literatur zum Ge- richtsorganisationsrecht systematisch aufgearbeitet, beschlagwortet und erfasst. In einer zwei- ten Phase ist eine zusammenfassende Publikation vorgesehen, welche das schweizerische Ge- richtsorganisationsrecht darstellt. ZEITRAUM: Vergangenheit und aktuell GEOGRAPHI- SCHER RAUM: Schweiz (Bund und alle Kantone) soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 149 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

METHODE: Einrichten einer Datenbankstruktur; Erfassen und Eingabe der Daten; Erstellen eines web-Auftritts und Zugänglichmachung der Datenbank DATENGEWINNUNG: Inhalts- analyse, standardisiert; Akten- und Dokumentenanalyse, standardisiert (Rechtserlasse, Mate- rialien, Gerichts- und Verwaltugsentscheide, Literatur; Auswahlverfahren: total). ART: Eigenprojekt; gefördert BEGINN: 2004-06 ENDE: 2006-05 AUFTRAGGEBER: keine An- gabe FINANZIERER: Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung INSTITUTION: Universität Luzern, Rechtswissenschaftliche Fakultät (Hirschgraben 31, 6000 Luzern, Schweiz) KONTAKT: Leiter (e-mail: [email protected])

[190-L] Reemtsma, Jan Philipp: Folter im Rechtsstaat?, Hamburg: Hamburger Ed. 2005, 150 S., ISBN: 3-936096-55-4

INHALT: Die Studie erörtert die Frage, ob Folter in einem modernen Rechtsstaat unter bestimm- ten Bedingungen (z. B. Terrorismusbekämpfung) legitimierbar ist. In Deutschland verbindet sich diese Diskussion mit dem "Fall Daschner": Der Polizeibeamte hatte dem Entführer eines Kindes Gewalt angedroht, um den Aufenthaltsort der - möglicherweise unter lebensbedrohli- chen Umständen versteckten - Geisel herauszubekommen. Der Entführer hatte geredet, doch hatte er das Kind bereits zuvor getötet. Die Kombination dieses Vorfalls und des durch den 11. September 2001 aus dem Bereich der bloßen theoretischen Fallkonstruktion hinausgetre- tenen Bedrohung großer Menschenmengen durch Terrorakte hat in Deutschland eine Diskus- sion ausgelöst, zu der das vorliegende Buch einen Beitrag leisten will. Der Autor vertritt fol- gende Position: Zum modernen Rechtsstaat gehört die Garantie an die Bürger, dass sie von Seiten des Staates niemals Handlungen unterworfen werden, die ihren Willen brechen und sie damit als Rechtssubjekte negieren. Dies gilt jedem gegenüber, auch einem "Terroristen". A- ber es gilt vor allem jenen gegenüber, die einer irrtümlichen Folter unterworfen werden könn- ten: "Sie haben es nicht in der Hand, durch eine Aussage ihre Qual zu verkürzen". (ICA2)

[191-L] Rößner, Michael: Jugendstrafrecht, Delinquenz und Normorientierung Jugendlicher: eine empirische Über- prüfung des Zusammenhanges von Sozialisation, Wertebildung, Sanktionseinstellung und Delinquenz, Hamburg 2004, V, 281 S. (Graue Literatur; URL: http://www.sub.uni-hamburg.de/ opus/volltexte/2004/2074/pdf/Dissertation.pdf; http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=97250 4877&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=972504877.pdf)

INHALT: Die Untersuchung befasst sich mit dem kriminellen Verhalten von Kindern und Ju- gendlichen in der Bundesrepublik Deutschland. Die Studie nimmt dabei die Frage zum Aus- gangspunkt, welche Einstellungsmuster (im Sinne einer kognitiven Struktur) gegenüber De- linquenz und deren Sanktionierung bei der Jugend vorzufinden sind. Die Arbeit setzt sich aus drei Teilbereichen zusammen: In einem ersten Schritt werden die theoretischen Grundlagen der Studie dargestellt. Dabei stehen der theoretische Rahmen der (Gesamt-)Untersuchung und einige Begriffsbestimmungen am Anfang. Sodann wird ein kursorischer Überblick über Stu- dien zur Thematik 'Jugend und Gewalt' gegeben, um den neuartigen Ansatz dieses Konzeptes innerhalb der bisherigen Forschung zu verorten. Im Anschluss werden die Ziele und Hypo- thesen der Arbeit herausgestellt, sowie Konzeption und Ablauf der Studie erläutert. So wird 150 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

in den Gemeinden Karlsruhe, Heilbronn, Pforzheim, Lahr, Singen, Achern und Titisee-Neu- stadt parallel eine Schülerbefragung durchgeführt. Die Auswahl der Gemeinden wird nach demographischen Merkmalen getroffen. Insgesamt haben sich 3.641 Schüler bereit erklärt, an der Untersuchung 1998 teilzunehmen. Als eine erste Annäherung an das Datenmaterial er- folgt im zweiten Schritt zunächst eine quantitative Analyse nach ausgewählten Variablen. Danach wird der Kernfrage der Untersuchung nachgegangen, welche Sanktionseinstellungs- muster Jugendliche hinsichtlich delinquenter Handlungen aufweisen. Die so gefundenen Sanktionseinstellungsmuster werden in Beziehung gesetzt zu Delinquenzverhalten und Vik- timisierungserfahrung und schließlich auf ihren Zusammenhang mit Lebenshintergründen und Sozialisationseinflüssen geprüft. Die Auswertung der Fragebögen macht deutlich, dass die Sanktionseinstellungen und die Delinquenzdisposition Jugendlicher ein Produkt der erfah- renen und gestalteten Sozialisation sind, die Normorientierung wird also in der Kindheit aus- geprägt. Im dritten Schritt werden die erarbeiteten Besonderheiten der Sanktionseinstellungs- typen zusammengeführt, um auf dieser Grundlage nach möglichen Präventionsansätzen zu fragen. (ICG2)

[192-L] Schott, Tilmann: Ausländer vor Gericht, in: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 15/2004, H. 4, S. 385-395

INHALT: "In Strafjustiz und Strafvollzug erweist sich der Umgang mit Nichtdeutschen als durch- aus nicht unproblematisch. Im Folgenden wird zunächst der Blick auf die Stellung des Aus- länders im deutschen Normensystem und sodann auf den Strafvollzug gerichtet, dessen Aus- länderanteil in den letzten Jahrzehnten nahezu kontinuierlich gestiegen ist. Davon ausgehend wird der Umgang der Strafjustiz mit Ausländern im Hinblick auf Strafausspruch betrachtet - ebenso auf die Anordnung von Untersuchungshaft. Der Verfasser, in den 90er Jahren Richter an einer Betäubungsmittelabteilung am Amtsgericht Berlin-Tiergarten, erinnert sich noch ei- ner Begegnung, als er einer neuen Kollegin vorgestellt wurde: 'Eine BtM-Abteilung? Das sind ja alles Haftsachen!" BtM bedeutet Ausländer, und das bedeutet U-Haft, so der Gedanken- gang. Wir werden uns mit dieser Frage befassen." (Autorenreferat)

[193-L] Schroeder, Friedrich-Christian (Hrsg.): Justizreform in Osteuropa, (Studien des Institut für Ostrecht München, Bd. 51), Frankfurt am Main: P. Lang 2004, 264 S., ISBN: 3-631-52398-X

INHALT: Der schnelle Zusammenbruch der politischen Systeme in den Ländern Osteuropas hatte zur Folge, dass dort auch die Rechts- und Justizsysteme in sehr kurzer Zeit modernisiert und reformiert werden mussten. Inzwischen sind die Umstellungen des materiellen Rechts weit- gehend erfolgt; derzeit stehen die Neuorganisation der Justiz und die Änderungen des Pro- zessrechts im Mittelpunkt der Bemühungen. Die Beiträge haben einerseits die europarechtli- chen und internationalen Rahmenbedingungen sowie die länderübergreifende Zusammenar- beit der Justiz zum Thema. Andererseits behandeln sie einzelne Aspekte der Justizreformen, beispielsweise die Stellung der Richter und Staatsanwälte, die Juristenausbildung und Ähnli- ches. Diese Beiträge sind überwiegend in Form von Länderberichten gehalten, in denen die entsprechenden Reformbestrebungen von Experten u. a. aus Ungarn, Slowenien, Rumänien, Russland, der Slovakischen Republik und der Tschechischen Republik präsentiert werden. In soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 151 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

der abschließend wiedergegebenen Podiumsdiskussion werden diese Darstellungen durch Beiträge weiterer Experten aus anderen Ländern ergänzt. Der Band dokumentiert die IX. Münchner Ost-West-Rechtstagung, die 2003 in München stattfand und u. a. von der bayeri- schen Staatsregierung gefördert wurde. Aus dem Inhaltsverzeichnis: A. Europarechtliche Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit in der Justiz: Alexandra Jour-Schröder: Justiz und Inneres in den mittel- und osteuropäischen Ländern (29-36); Andreas Stein: Neuere Ent- wicklungen bei der gegenseitigen Anerkennung und Vollstreckung von zivilrechtlichen Urtei- len in Europa (37-55); Matthias Weckerling: Die Tätigkeit der IRZ-Stiftung im Bereich der Justiz (57-69); B. Justizgrundrechte und Verwirklichung der EMRK: Jens Meyer-Ladewig: Justizgrundrechte in Osteuropa aus der Sicht des Europäischen Gerichtshofs für Menschen- rechte (73-81); Lech Garlicki / Ewa Schwierskott: Justizgrundrechte im polnischen Rechts- system aus der Sicht des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (83-104); C. Interna- tionale Rechtshilfe zwischen Deutschland und den MOE-Ländern: Bernd von Heintschel- Heinegg: Internationale Rechtshilfe in Strafsachen mit den Ländern Mittel- und Osteuropas aus der Sicht deutscher Staatsanwaltschaften und Gerichte (107-122); D. Die veränderte Stel- lung des Richters: Geert W. Mackenroth: Die Rolle der Richterschaft im Modernisierungs- prozess der bundesdeutschen Justiz (125-132); Zoltan Lomnici: Die ungarische Gerichtsre- form (133-159); Eliaka Wagnerova: Richterliche Unabhängigkeit in der Tschechischen Re- publik (161-168); Mitja Deisinger: Die Organisation des Gerichtswesens und die Position der Richter in Slowenien (169-185); Marian Posluch: Der Gerichtsrat der Slowakischen Republik und die Stärkung der richterlichen Unabhängigkeit in der Slowakischen Republik (187-192); E. Justizreformen in Ost- und Südosteuropa: Nikola Filtschev: Entwicklung der Strafgerichts- barkeit unter Transformationsbedingungen (195-201); Camelia Toader: Die Rolle der Justiz beim Aufbau eines demokratischen Rechtsstaats in Rumänien (203-223); Venjamin F. Jakov- lev: Die Wirtschaftsgerichtsbarkeit in Russland (225-231); F. Beiträge der Podiumsdiskussion am 22. März 2003: Manfred Weiß: Der Beitrag des Bayrischen Staatsministeriums der Justiz zur Entwicklung des Justizbereichs in den Beitrittsländern (235-238); Anton Stankov: The Reform of the Judicial System in Bulgaria with a View to the Implementation of EC-Law (239-243); Milan Hanzel: Some main features of the transformation process in the Slovak ju- dicial system (245-246); Ivan Bizjak: Die Justizreform in Slowenien (247-250); Pavel Ry- chetsk: Gewährleistung der richterlichen Unabhängigkeit und des Rechtsschutzes unter ver- änderten Rahmenbedingungen (251-256); Peter Barandy: Das Gerichtssystem in Ungarn (257-259); Peter Polt: The Status of Public Prosecution in Hungary (261-264). (ZPol, VS)

[194-L] Seif, Ulrike: Recht und Justizhoheit: historische Grundlagen des gesetzlichen Richters in Deutschland, England und Frankreich, (Schriften zur europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte, 44), Berlin: Duncker & Humblot 2003, 598 S., ISBN: 3-428-10909-0

INHALT: Die Verfasserin unterzieht die Garantie des gesetzlichen Richters einer sehr speziellen Analyse. Die entscheidende Frage nach einer gemeinsamen europäischen Verfassungstraditi- on wird mit einem historischen Vergleich ihrer Entwicklungen in der Kanonistik in Frank- reich, England und Deutschland untersucht. Die rechtshistorischen Ergebnisse einer gemein- samen Verfassungstradition finden sich in den Darstellungen zum aktuellen nationalen und europäischen Recht bestätigt. Aus dem Inhaltsverzeichnis: 1. Rechtsgeschichte 2. Länderbe- richte 3. Europarecht 1. Recht der Europäischen Menschenrechtskonvention 2. Gemein- schaftsrecht Paragraph 18 Anforderungen an den EuGH Paragraph 19 Anforderungen an das 152 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

Gericht erster Instanz (GEI) Paragraph 20 Anforderungen des Gemeinschaftsrechtlichen Ge- richtsbegriff an die mitgliedstaatliche Gerichtsorganisation (ZPol, VS)

[195-L] Selitrenny, Rita: Doppelte Überwachung: geheimdienstliche Ermittlungsmethoden in den DDR-Unter- suchungshaftanstalten, Berlin: LinksDruck Verl. 2003, 517 S., ISBN: 3-86153-311-1

INHALT: Immer wieder sei von der SED-Führung die Legende verbreitet worden, dass die Un- tersuchungshaft und die Beweismittelbeschaffung im Strafprozess ausschließlich mit recht- lich erlaubten Mitteln erfolgt seien. Die Autorin hat sich sehr engagiert die wissenschaftliche Falsifikation dieser Legende zur Aufgabe gemacht, wobei sie die Strafverfolgung aus politi- schen Motiven durch das Ministerium der Staatssicherheit und das Ministerium des Inneren in den Mittelpunkt stellt. Sehr detailliert beschreibt sie das politische Strafrecht der DDR und das Strafprozessrecht, die rechtlichen Grundlagen und die Arbeit der Polizei, der Staatssi- cherheit, der Justiz und des Kaderapparates sowie den Untersuchungshaftvollzug beim MfS. Dabei zeigt sich schnell, dass die Floskel vom 'sozialistischen Rechtsstaat' eine hohle Phrase war. So sei die 'Zuführung' - eine Festnahme ohne richterliche Anordnung - 'weltweit ziem- lich einmalig' (411) und Ausdruck völliger Willkür gewesen. Gegen das durchaus vorhandene Strafprozessrecht sei mitunter in geradezu 'staatsterroristischer Manie' (419) verstoßen wor- den, wie Selitrenny an Beispielen erläutert. Im Ergebnis beschreibt sie die DDR deshalb als einen perfekten 'Normensimulationsstaat' (417), in dem Willkür vor Recht ging. (ZPol, VS)

[196-L] Sonnen, Bernd-Rüdeger: Im Papierkorb der Politik: die Vorschläge für eine Reform des Jugendstrafrechts der 2. Ju- gendstrafrechtsreform-Kommission der DVJJ oder wie kriminologie-resistent sind unsere Politikerinnen und Politiker?, in: Recht der Jugend und des Bildungswesens : Zeitschrift für Schule, Berufsbildung und Jugenderziehung, Jg. 51/2003, H. 3, S. 309-322 (Standort: UuStB Köln(38)-EWA Z 0333; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: Die Reformvorschläge sollen die Ziele und Aufgaben des Jugendstrafrechts präzisieren. Dabei werden Erkenntnisse aus der kriminologischen, sozialwissenschaftlichen und pädago- gischen Forschung einbezogen. Es gilt ein Reaktionssystem zu schaffen, das praxisbezogen und zeitgemäß auf Rechtsüberschreitungen Jugendlicher reagiert und sowohl an den Bedürf- nissen der Jugendlichen als auch an den Interessen der Gesellschaft orientiert ist. Die politi- schen Auseinandersetzungen zu diesen Vorschlägen werden kritisch beleuchtet. Abschließend werden die Vorschläge als ein "Ausdruck einer Jugendkriminalpolitik mit Augenmaß und Be- sonnenheit, verpflichtet den Grundsätzen von Folgenorientierung, Rationalität und Humani- tät" gekennzeichnet. (DIPF/Sch.)

[197-L] Studzinsky, Silke: Die Kette der Vollstrecker: was zählt das Recht auf Freiheit von Nichtdeutschen?, in: Bürger- rechte & Polizei : CILIP, 2004, Nr. 3 = H. 79, S. 59-63 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 153 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

INHALT: "Ausländer ohne Aufenthalt, die nach einer strafrechtlichen Verurteilung aus der U- Haft entlassen werden, landen nicht in Freiheit, sondern werden ohne Haftbeschluss noch im Gerichtssaal festgenommen und in den Abschiebegewahrsam verfrachtet." (Autorenreferat)

[198-L] Thimm, Johannes: Abschied vom Folterverbot?: der amerikanische Umgang mit Gefangenen im Kampf gegen den Terrorismus, (SWP-Aktuell, 2005/11), Berlin 2005, 4 S. (Graue Literatur; URL: http://www.swp-berlin.org/common/get_document.php?id=1211)

INHALT: "In den USA hat sich anlässlich der Nominierung von Alberto Gonzales zum Justizmi- nister die Diskussion über Folter als Mittel im 'Globalen Krieg gegen den Terror' intensiviert. Gonzales befürwortet weitgehende Befugnisse des Präsidenten für den Umgang mit Gefange- nen. Seine Anhörung vor dem Senat gewährt neue Einblicke in das Rechtsverständnis der Administration. Mit der inzwischen erfolgten Bestätigung des neuen Justizministers durch den Senat dürfte sich die Praxis der unmenschlichen Behandlung von im Ausland festgehal- tenen Häftlingen verfestigen." (Autorenreferat)

[199-L] Trümner, Martina; Tiefenbacher, Torsten: Die Zusammenführung der Sozial- und Verwaltungsgerichtsbarkeit als Einstieg zur Ab- schaffung der Fachgerichtsbarkeiten, in: Recht und Politik : Vierteljahreshefte für Rechts- und Verwaltungspolitik, Jg. 40/2004, H. 4, S. 211-213 (Standort: UuStB Köln(38)-XF98; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: Um in Zukunft Richterinnen und Richter flexibel und zeitnah ihrem tatsächlichen Ar- beitsanfall entsprechend einsetzen und gleichzeitig kostendämpfende Synergieeffekte im Verwaltungsbereich der örtlichen Fachgerichte erzielen zu können, wurde im vergangenen Jahr auf der Ebene der Justizminister der Länder über die Zusammenlegung einzelner Ge- richtszweige auf Landesebene diskutiert. Der Gesetzentwurf erweitert die Zuständigkeit der Sozialgerichte, indem ihnen die Bereiche der Grundsicherung von Arbeitsuchenden und der Sozialhilfe zugewiesen werden sollen. Ein flexibler Einsatz von Richtern sowohl in der Sozi- al- wie auch in der Verwaltungsgerichtsbarkeit würde jedoch nach Auffassung der Autoren einer fachlichen Spezialisierung und damit auch sachgerechten Entscheidungsfindung zuwi- derlaufen. Die Zusammenlegung beider Gerichtsbarkeiten lässt erhebliche Einbußen der Qua- lität der richterlichen Entscheidungen befürchten. Bereits bei der geplanten Übergangslösung drohen erhebliche Qualitätsverluste, die zu einer weiteren Verunsicherung der Betroffenen führen können. So sollen z.B. Arbeitslosengeldempfänger an die Sozialgerichte, Langzeitar- beitslose jedoch an die Verwaltungsgerichte verwiesen werden. Die Vorstellung, dass ver- schiedene Gerichte mit gleichen Rechtsgrundlagen über ähnliche Fragen zu entscheiden ha- ben, lässt nach Einschätzung der Autoren befürchten, dass es zu Ungleichbehandlungen und unterschiedlichen gerichtlichen Entscheidungen kommen wird, zumal nicht davon auszuge- hen sein wird, dass jeder Fall abschließend vom Bundessozialgericht entschieden wird. (ICI2)

154 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 3 Strafverfahren, andere Gerichtsverfahren, Strafvollzug, Justiz, rechtliche Entscheidungen

[200-L] Tzschaschel, Nadja: Ausländische Gefangene im Strafvollzug: eine vergleichende Bestandsaufnahme der Voll- zugsgestaltung bei ausländischen und deutschen Gefangenen sowie eine Untersuchung zur Anwendung des Paragraph 456a StPO ; Ergebnisse einer in Nordrhein-Westfalen durchge- führten Aktenanalyse, (Studien und Materialien zum Straf- und Maßregelvollzug, Bd. 17), Pfaf- fenweiler: Centaurus-Verl.-Ges. 2002, XVII, 120, 22, IV S., ISBN: 3-8255-0377-1 (Standort: UB Bonn(5)-2003-177)

INHALT: "Der Umgang mit straffällig gewordenen Ausländern ist durch ein problematisches Zusammenwirken von strafrechtlichen und ausländerrechtlichen Regelungen gekennzeichnet. Im Strafvollzug fahrt das zu deutlichen Benachteiligungen und Vollzugsverschärfungen far ausländische Gefangene. Die vorliegende Untersuchung geht der Frage nach, wann die Voll- zugsbehörden von der Entscheidung aber eine Ausweisung Kenntnis erlangen und wie sich die Ungewissheit auf die Vollzugsplanungen und -gestaltungen auswirkt. Die Autorin analy- siert die Unterschiede bei den persönlichen Voraussetzungen und bei der Behandlung deut- scher und ausländischer Gefangener und untersucht die Praxis des Paragraph 456a StPO, wo- nach von der Vollstreckung der Freiheitsstrafe abgesehen werden kann, wenn der Verurteilte aus Deutschland ausgewiesen wird." (Autorenreferat)

[201-L] Wesel, Uwe: Der Gang nach Karlsruhe: das Bundesverfassungsgericht in der Geschichte der Bundesre- publik, München: Blessing 2004, 413 S., ISBN: 3-89667-223-1

INHALT: Das Verfassungsgericht ist aufgrund seiner Kompetenzfülle gerade im bundesdeut- schen Regierungssystem von besonderer politischer Bedeutung. Dennoch sind politikwissen- schaftliche oder zeitgeschichtliche Analysen darüber eher selten. Wesel, emeritierter Rechts- historiker an der FU Berlin und Mitarbeiter der 'Kritischen Justiz', legt hiermit - nach dem von Jörg Menzel herausgegebenen juristischen Sammelband (siehe ZPol 3/01: 1.227) - eine längst überfällige 'Geschichte' des Bundesverfassungsgerichts vor. Es handelt sich jedoch nicht um eine geschichtswissenschaftliche Darstellung im Sinne der Auswertung von Archi- valien, sondern um eine Analyse der verfassungsgerichtlichen Spruchpraxis in historisch- politischer Perspektive, verfasst in einem auch für Nicht-Juristen gut lesbaren 'Feuilleton-Stil'. Von den Parteiverbotsverfahren bis zum jüngsten 'Großen Lauschangriff' werden die zentra- len Entscheidungen, 'Krisen' und Kontroversen vor ihrem zeitgeschichtlichen Kontext entfal- tet, sodass sich über den weiten Bogen einer mehr als fünfzigjährigen Spruchpraxis insgesamt ein historisches Bild zusammenfügt, das die politische Rolle des Gerichts im Wechsel der Regierungskoalitionen beschreibt. Wesel geht dabei auch auf Urteilsreihen ein, die - wie z. B. die Rechtsprechung zu Parteien, Medien, und dem Gleichheitsgrundsatz - über Jahrzehnte immer wieder neu zu verhandeln waren. Eine Einführung zur Geschichte der Verfassungsge- richtsbarkeit und umfangreiche Literaturhinweise runden den Band ab. (ZPol, VS)

soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 155 4 Prävention, Sicherheitsdienste, Mediation, außergerichtliche Konfliktlösung, Resozialisierung

4 Prävention, Sicherheitsdienste, außergerichtliche Konfliktlösung, Resozialisierung

[202-L] Banike, Katrin: Haftvermeidungsprojekte für jugendliche Straftäter als Alternative: am Beispiel des Kölner Vereins "Maßstab e.V.", in: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 15/2004, H. 3, S. 290-293

INHALT: "'Sonst wäre ich im Knast gelandet...'. Diese Aussage könnte von jedem der Jugendli- chen stammen, der bei 'Maßstab e.V.' war und ist. Diese wenigen Worte beschreiben prägnant und aus der Perspektive der Betroffenen, welches zentrale Anliegen der Verein verfolgt, näm- lich Alternativen zu Haft und Untersuchungshaft anzubieten, um die jungen Straftäter vor dem Gefängnisleben mit seinen möglichen Auswirkungen zu bewahren. Neben der vollstän- digen Vermeidung von Untersuchungshaft und Haft wird auch die Verkürzung derselben durch den Verein angeboten." (Autorenreferat)

[203-L] Bannenberg, Britta; Rössner, Dieter; Kempfer, Jaqueline: Mehr-Ebenen-Konzepte gegen Gewalt an Schulen: empirische Wirkungen erfolgreicher Pro- gramme gegen Gewalt, in: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 15/2004, H. 2, S. 159-170

INHALT: "Gewalt an den Schulen wird nicht erst seit Erfurt (26. April 2002) oder nach aktuellen Einzelereignissen als dramatisches Problem angesehen. Stellte die Anti-Gewalt-Kommission der Bundesregierung 1990 noch fest, dass zur Aggression an Schulen kaum empirische Un- tersuchungen vorhanden seien, hat sich die Forschungslage seitdem deutlich verbessert. In- zwischen liegen viele internationale Forschungsergebnisse zu Ursachen und Gewaltpräventi- on an Schulen vor. Die skandinavischen Länder haben wichtige Beiträge zur Erforschung der Problematik geleistet. So verwundert es auch nicht, dass das wohl mit Abstand am positivsten beurteilte Interventionsprogramm aus Norwegen kommt, es handelt sich um das Anti- Bullying-Konzept von Dan Olweus. Inzwischen wird es in vielen Ländern angewendet. Zu- nächst soll geklärt werden, was unter dem Begriff und Problem des Bullying in der Schule zu verstehen ist, wie das Olweus-Interventionsprogramm funktioniert und welche Effekte es hat. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der kriminologischen Analyse und Bewertung des Pro- gramms unter besonderer Berücksichtigung von Evaluationsstudien sowie der theoretischen und kriminologischen Einordnung und Beurteilung der Wirksamkeit." (Autorenreferat)

[204-L] Bannenberg, Britta: Strategien wirkungsorientierter Kriminalprävention, in: Deutsche Zeitschrift für Kommunal- wissenschaften, Jg. 42/2003, H. 1, S. 53-68

INHALT: "Die Verhinderung von Straftaten ist besser als ihre Bestrafung. Wie aber verhindert man Gewalt in der Schule, Überfälle auf Straßen, Wohnungseinbruch, Sachbeschädigungen und andere Straftaten? Ob es sinnvoll ist, Videoüberwachungen einzusetzen und Anti- Gewalt-Programme an Schulen umzusetzen, was Städte und Kommunen unternehmen kön- nen, um die 'richtigen' Programme zu fördern, wird zu wenig wissenschaftlich hinterfragt. Die 156 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 4 Prävention, Sicherheitsdienste, Mediation, außergerichtliche Konfliktlösung, Resozialisierung

Wirkungsforschung ist wenig entwickelt, und Kommunen und Institutionen, die zu Recht fra- gen, in welche präventiven Aktivitäten sie angesichts der enormen Vielfalt kriminalpräventi- ver Projekte investieren sollen, wird wenig Orientierung geboten. Trotzdem ist es nach dem 'Düsseldorfer Gutachten' möglich, Leitlinien für angewandte Kriminalprävention zu erstellen. Zu unterscheiden ist zwischen spezifischer und unspezifischer Kriminalprävention. Bei der unspezifischen Kriminalprävention geht es um die Förderung struktureller gesellschaftlicher Basisbedingungen. Hier ist festzuhalten, dass solche allgemeinen Maßnahmen (z.B. das ge- setzliche Verbot der Kindesmisshandlung) wichtig sind, aber als Maßnahmen der Kriminal- prävention im komplexen Sozialisationsgeschehen nicht zu isolieren sind. Spezifische Krimi- nalprävention zielt auf Kriminalitätsrisiken, speziell auf gefährdete Kinder und Jugendliche in Familie, Vorschule, Kindergarten, Kommune und Schule. Rückfallverhindernde Maßnahmen richten sich an Menschen, die bereits durch Straftaten aufgefallen sind. Effektive Kriminal- prävention zeichnet sich bei Interventionen ab, die sich unmittelbar gegen das strafbare Ver- halten richten und möglichst früh, intensiv und umfassend bei Multi-Problem-Fällen ansetzen oder auf die Behandlung bestimmter Auffälligkeiten setzen. Interventionsprogramme richten sich dabei unmittelbar gegen das strafbare Verhalten auf der Basis von Normverdeutlichung und sozialer Kontrolle. Soziale Integrationsprogramme sollten möglichst früh im Kindesalter ansetzen und Risikofaktoren für delinquentes Verhalten vermindern. Intervention und Integ- ration setzen im Kernbereich der Sozialisation an: in Familie, Schule, Freizeitbereich und Wohnumgebung. Den Gedanken der Wiedergutmachung, Verantwortungsübernahme und Opferunterstützung kommt wesentliche Bedeutung zu." (Autorenreferat)

[205-L] Bornewasser, Manfred: Evaluation der Videoüberwachung: ein Praxisbericht ; Ergebnisse einer wissenschaftlichen Begleituntersuchung, in: Leon Hempel, Jörg Metelmann (Hrsg.): Bild - Raum - Kontrolle : Vi- deoüberwachung als Zeichen gesellschaftlichen Wandels, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2005, S. 235-254, ISBN: 3-518-29338-9

INHALT: Die formelle Sozialkontrolle hat in den letzten Jahren einen erheblichen Aufschwung genommen. Grund hierfür sind neue Technologien, die gänzlich veränderte Möglichkeiten der Aufzeichnung und der Observation und damit verbundene Einsatzkonzeptionen zur Be- kämpfung von Kriminalität bieten. Im Zentrum stehen hierbei Maßnahmen der Videoüberwa- chung (VÜ) im öffentlichen Raum. Sie nahmen ihren Aufschwung in Großbritannien, wo mittlerweile in über 500 Städten VÜ-Maßnahmen mit insgesamt etwa 40000Kameras zum Einsatz kommen. Von dort wurden sie aufgrund ihrer anfänglichen Erfolgsbilanz in viele Länder Europas exportiert, zum Beispiel in die Niederlande, nach Norwegen, nach Frankreich und in die Bundesrepublik Deutschland. Hier hat man in bislang etwa 15 verschiedenen Städ- ten Erfahrungen gesammelt. Der vorliegende Werkstattbericht stellt Evaluationsbefunde zu einer modellhaften VÜ-Maßnahme im Land Brandenburg dar, die seit 2002 an vier Standor- ten durchgeführt und wissenschaftlich begleitet wird. Sie endet im Frühjahr 2005. Zu Beginn werden einige Überlegungen zu den Zielen der Videoüberwachung präsentiert und das Evalu- ationsdesign der Brandenburger Studie sowie vorläufige Ergebnisse des Modellversuchs dar- gestellt. Zum Abschluss wird exemplarisch auf einige kritische Aspekte der durchgeführten summativen Evaluation eingegangen. (ICA2)

soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 157 4 Prävention, Sicherheitsdienste, Mediation, außergerichtliche Konfliktlösung, Resozialisierung

[206-L] Böttner, Sascha: Der Rollenkonflikt der Bewährungshilfe in Theorie und Praxis, (Kieler Rechtswissenschaftli- che Abhandlungen, Bd. 46), Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges. 2004, 345 S., ISBN: 3-8329-0758-0 (Standort: FHB Wiesbaden(969)-FNM000239)

INHALT: Bewährungshelfer sind heute in Deutschland das Bindeglied zwischen Justiz und Pro- banden. Die Aufgaben, die dafür vom Gesetzgeber vorgesehen sind, sind vielfältiger Natur. Sie beinhalten einerseits, dem Probanden helfend und betreuend zur Seite zu stehen. Gleich- zeitig wird dem Bewährungshelfer die Aufgabe auferlegt, im Einvernehmen mit dem Richter zu überprüfen, ob der Proband die Auflagen und Weisungen erfüllt und sich insgesamt be- währt. Die Situation des Bewährungshelfers stellt sich als komplizierter dar als z. B. die der Polizei. Hilfe und die Strafverfolgung werden durch die Polizei nebeneinander und gegenüber verschiedenen Adressaten realisiert, während in der Strafrechtspflege Kontrolle und Hilfe an derselben Person und zur selben Zeit verwirklicht werden sollen. Dieser Rollenkonflikt ist kein arbeitsfeldspezifisches Problem in der Sozialarbeit. Während allerdings die Kontroll- funktion in vielen anderen sozialpädagogischen Arbeitsbereichen, z. B. in der Drogenhilfe, eher latent zum Tragen kommt, ist sie für die Bewährungshelfer im Strafgesetzbuch fixiert. Die interaktive Ebene zwischen Bewährungshelfer und Proband erhält damit eine stärker kon- trollierende Gewichtung, als dies in den meisten anderen Arbeitsfeldern der Sozialpädagogik der Fall ist. Aus dieser Konfliktlage heraus ergibt sich eine Vielzahl von Problemen, die in der vorliegenden Arbeit nicht nur rechtsdogmatisch, sondern im Rahmen einer schriftlichen Befragung aller Bewährungshelfer in Deutschland auch empirisch untersucht werden. In die- ser Weise wird gezeigt, welche Veränderungen möglich und vertretbar sind, um bestehende Rollenkonflikte zu lösen bzw. zu entschärfen. (ICI2)

[207-L] Bussmann, Kai-D.; England, Peter: Vermeidung von U-Haft an Jugendlichen und Heranwachsenden: eine kriminologische Ana- lyse unter besonderer Berücksichtigung der Situation in Sachsen-Anhalt, in: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 15/2004, H. 3, S. 280-289

INHALT: "Jede kriminologische Analyse vorhandener strafjustitieller Einrichtungen und Maß- nahmen bewegt sich notwendigerweise im Koordinatensystem rechtlicher Regelungen. Hier werden die Handlungsspielräume für die intervenierenden Instanzen festgelegt. Zugleich sind jedoch immer auch die Interpretationen zu berücksichtigen, die von den juristischen Ent- scheidungsträgern ausgeübt werden. Das Recht wird somit erst durch die justitiellen Akteure belebt. Es gilt deshalb auch im Folgenden das Recht der U-Haft als 'law in the books' und als 'law in action' zu beschreiben. Die Ergebnisse der strafrechtssoziologischen Forschung lassen bereits vermuten, dass die Anordnung von U-Haft in hohem Maße von kriminalpolitischen Zeitströmungen abhängig ist. Mittlerweile gehört es zum festen kriminologischen Wissensbe- stand, dass die Belegung der U-Haftanstalten weniger von der Kriminalitätsentwicklung ab- hängt, sondern mehr von externen Faktoren. Nach diesen bundesweiten Analysen untersucht der Beitrag die Entwicklung der Untersuchungshaftanwendung in Sachsen-Anhalt und disku- tiert konkrete Ansätze zur Förderung der Untersuchungshaftvermeidung in diesem Bundes- land." (Autorenreferat)

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[208-L] Goold, Benjamin: Unter dem Auge der Kamera: Closed Circuit Television und Polizeiarbeit, in: Leon Hempel, Jörg Metelmann (Hrsg.): Bild - Raum - Kontrolle : Videoüberwachung als Zeichen gesellschaftli- chen Wandels, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2005, S. 221-234, ISBN: 3-518-29338-9

INHALT: Mit Hilfe von Kameras können Städte 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr unter Aufsicht gestellt werden. Die Polizei erhält dadurch gewaltige Mengen an Informationen über Verdachtsmomente, kriminelle Aktivitäten und die Bevölkerung im Ganzen. Vorbestrafte o- der Verdächtige können vergleichsweise mühelos und unauffällig verfolgt und ihre Aktivitä- ten registriert werden. Der vorliegende Beitrag setzt sich vor diesem Hintergrund mit der "Techno-Polizei"-These auseinander, der zufolge diese neuen Technologien im wesentlichen dazu führen, dass Ordnungsmächte zu autoritäreren Methoden und schärferer sozialer Kon- trolle greifen. Es fehlen jedoch Studien, wie Kamerasysteme in der konkreten Praxis einge- setzt werden. Der Autor diskutiert daher einige ausgewählte Ergebnisse einer großangelegten Studie zum Einsatz von Videoüberwachung durch die britische Polizei. Sie stützt sich insbe- sondere auf Nachforschungen, die zwischen Juni 1997 und März 2.000 in sechs videoüber- wachten Städten im Süden Englands durchgeführt wurden. Das zentrale Anliegen war es he- rauszufinden, ob das Aufstellen von Kameras im öffentlichen Raum (1) zu Änderungen des polizeilichen Streifendienstes oder des Einsatzes polizeilicher Ressourcen geführt hat, und (2) Erkenntnisse darüber zu sammeln, wie Informationen zusammengetragen und verarbeitet werden. Es zeigt sich, dass das der Einsatz der Videoüberwachung kaum den Befürchtungen der Kritiker entspricht. (ICA2)

[209-L] Heinz, Wolfgang: Kommunale Kriminalprävention aus wissenschaftlicher Sicht, in: Bewährungshilfe : Soziales - Strafrecht - Kriminalpolitik, Jg. 51/2004, H. 4, S. 363-381 (Standort: UuStB Köln(38)-Si88-A,9,4- ; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: "Aus kriminologischer und kriminalpolitischer Sicht ist Kommunale Kriminalpräventi- on eine Idee von bestechender Vernünftigkeit. Die Einsicht in die begrenzte Wirksamkeit re- pressiver Strategien und in den Vorrang von Prävention vor Repression scheint sich in der Arbeit vor Ort durchgesetzt zu haben. Freilich sind Defizite unübersehbar. So sind die ver- fügbaren Informationen darüber lückenhaft, wer wo was mit welchen Zielen und Trägern durchführt. Nicht die Reduzierung besonders sozialschädlicher Kriminalität scheint im Mit- telpunkt zu stehen; schwerpunktmäßig scheint es vor allem um die Eindämmung von Jugend- sowie um Drogenkriminalität zu gehen. In der Euphorie des Aufbruchs zu neuen Ufern ist die erforderliche Grundsatzdiskussion über Ziele, Mittel und - vor allem - Grenzen (nicht nur Kommunaler) Kriminalprävention sowie über das Verhältnis von Kriminalprävention zur So- zialpolitik zu kurz gekommen. Schließlich sind Dokumentationen der Erfahrungen - positiver wie negativer - die Ausnahme; Programm- oder Ergebnisevaluation noch weithin Forderung. Ohne Evaluation ist aber eine rationale Projektplanung nicht möglich, können die (bei weitem nicht ausgeschöpften) Möglichkeiten der Prävention nicht optimal eingesetzt werden kön- nen." (Autorenreferat)

soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 159 4 Prävention, Sicherheitsdienste, Mediation, außergerichtliche Konfliktlösung, Resozialisierung

[210-L] Hempel, Leon; Metelmann, Jörg (Hrsg.): Bild - Raum - Kontrolle: Videoüberwachung als Zeichen gesellschaftlichen Wandels, (Suhr- kamp-Taschenbuch Wissenschaft, Bd. 1738), Frankfurt am Main: Suhrkamp 2005, 402 S., ISBN: 3-518-29338-9

INHALT: "Videoüberwachung hat sich in Deutschland als Praxis sozialer Kontrolle etabliert. Von privater wie öffentlicher Seite werden Kameras installiert, deren Präsenz die ständig zuneh- mende Überwachung der Gesellschaft sichtbar macht. Die Videoüberwachung liefert der me- dialen Öffentlichkeit ein Bild ihrer selbst und wird zugleich zum Indiz für deren Wandel. Die Praxis und der Symbolcharakter der Überwachungskamera lässt sich aus verschiedenen theo- retischen Perspektiven untersuchen, die die Grenzverschiebungen im Selbstverständnis heuti- ger Gesellschaften unterschiedlich reflektieren: von der Norm zum Risiko, von der Diszipli- nar- zur Kontrollgesellschaft, in der privater und öffentlicher, ziviler und militärischer Sektor miteinander verflochten sind. Es geht dabei nicht mehr um soziale Biographien und Zusam- menhänge, sondern um Verhaltensraster, mittels deren Individuen sortiert werden. Der Band vereint Beiträge aus Kultur- und Medienwissenschaft, Kriminologie, Psychologie, Stadt- und Techniksoziologie, Humangeographie, Evaluationsforschung sowie Politik- und vergleichen- der Rechtswissenschaft. Sein Ziel ist es, eine Grundlage für die Auseinandersetzung mit den neuen Formen von Überwachung zu schaffen, wie sie sich exemplarisch in der Videoüberwa- chung manifestieren." (Autorenreferat). Inhaltsverzeichnis: Leon Hempel und Jörg Metel- mann: Bild - Raum - Kontrolle. Videoüberwachung als Zeichen gesellschaftlichen Wandels (9-21); Interview mit David Lyon: 'Wir haben gerade erst begonnen'. Überwachen zwischen Klassifikation und Ethik des Antlitzes (22-34); Lutz Ellrich: Gefangen im Bild? 'Big Brother' und die gesellschaftliche Wahrnehmung der Überwachung (35-50); Leon Hempel: A Perfect Marriage. Die Aktivierung des Fernsehzuschauers als Videobeobachter (51-72); Winfried Pauleit: Photographesomenon. Videoüberwachung und bildende Kunst (73-90); Dietmar Kammerer: 'Are you dressed for it?' Der Mythos der Videoüberwachung in der visuellen Kul- tur (91-105); Heather Cameron: The Next Generation. Visuelle Überwachung im Zeitalter von Datenbanken und Funk-Etiketten (106-121); Wolfgang Ernst: Hinter der Kamera. Spei- chern und Erkennen (122-140); Georg Franck: Werben und Überwachen. Zur Transformati- ondes städtischen Raums (141-155); Frank Helten: Reaktive Aufmerksamkeit. Videoüberwa- chung in Berliner Shopping Malis (156-173); Jörg Metelmann: Kontroll-Raum. In-der- Medienwelt-Sein und die zwei Topologien der Videoüberwachung (174-188); Francisco Klauser: Raum = Energie + Information. Videoüberwachung als Raumaneignung (189-203); Vibeke Jorgensen: Der besorgte Blick der Eltern. Sozialpsychologie der Kameraüberwachung in Kindergärten (204-220); Benjamin Goold: Unter dem Auge der Kamera. Closed Circuit Television und Polizeiarbeit (221-234); Manfred Bornewasser: Evaluation der Videoüberwa- chung: Ein Praxisbericht. Ergebnisse einer wissenschaftlichenBegleituntersuchung (235-256); Eric Töpfer: Die Kamera als Waffe? Videoüberwachung und der Wandel des 'Krieges' (257- 272); Nils Leopold: Rechtskulturbruch. Die Ausbreitung derVideoüberwachung und die un- zulängliche Reaktion des Rechts (273-292); Marianne Gras:Überwachungsgesellschaft. Her- ausforderung für das Recht in Europa (293-307); Susanne Krasmann: Mobilität: Videoüber- wachung als Chiffre einer Gouvernementalität der Gegenwart (308-324); Markus Schroer: Sehen, Beobachten, Überwachen. Beitrag zu einer Soziologie der Aufmerksamkeit (325-341); Werner Rammen: Gestörter Blickwechsel durch Videoüberwachung? Ambivalenzen und A- symmetrien soziotechnischer Beobachtungsordnungen (342-359); Clive Norris: Vom Persön- lichen zum Digitalen. Videoüberwachung, das Panopticon und die technologische Verbin- dung von Verdacht und gesellschaftlicher Kontrolle (360-401). 160 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 4 Prävention, Sicherheitsdienste, Mediation, außergerichtliche Konfliktlösung, Resozialisierung

[211-F] Herrmann, Heike, Dr.; Sagel-Grande, Irene, Dr.; DuBois-Reymond, Manuela, Prof.Dr.; Stangl, Wolfgang, Univ.-Doz. Dr.; Krajewski, Krzysztof, Prof.Dr.; Irk, Frerenc, Prof.Dr.; Breckner, Ingrid, Prof.Dr. (Bearbeitung); Sessar, Klaus, Prof.Dr. (Leitung): Unsicherheit in europäischen Großstädten. Kriminalitätsbezogene Furcht im Kontext neuer sozialer Ängste und Konzepte kommunaler Prävention

INHALT: a) Auf welche Weise formen und verändern die gegenwärtigen Transformationsprozes- se, gekennzeichnet u.a. durch Globalisierung, Individualisierung und Marginalisierung, die emotionalen und kognitiven Einstellungen und Verhaltensweisen der Bürgerinnen und Bürger in den untersuchten Städten? b) Auf welche Weise haben diese Veränderungen mit sozial- räumlichen Faktoren zu tun; welche Ressourcen im individuellen Bereich wie dem des Ge- meinwesens existieren oder könnten aktiviert werden, um die negativen Konsequenzen sol- cher Veränderungen zu kompensieren? c) Welche - impliziten oder expliziten - Sicherheits- und Präventionsstrategien werden durch wen in den besagten Städten entwickelt und durchge- führt? Und schließlich: d) Welche politisch motivierten Maßnahmen auf regionalem, nationa- lem oder europäischem Niveau könnten geeignet sein, existierende oder absehbare Unsicher- heiten in diesen und anderen europäischen Städten von ähnlicher Größe und Struktur zu ver- ringern bzw. zu verhüten? (S.a. http://www.insec.uni-hamburg.de ). GEOGRAPHISCHER RAUM: Amsterdam, Budapest, Hamburg, Krakau, Wien METHODE: Ausgangsbeobachtungen und theoretischer Rahmen des Projekts ist die "Globalisie- rung von Risiken", innerhalb welcher die sozialen kulturellen und räumlichen Dimensionen städtischer Unsicherheiten untersucht werden sollen. Untersuchungsdesign: vergleichende Stadtforschung DATENGEWINNUNG: Aktenanalyse, offen. Beobachtung, teilnehmend. Qualitatives Interview (Stichprobe: 30; Experten. Bewohner/ Akteure). Standardisierte Befra- gung, face to face (Stichprobe: 1.000 pro Stadt; Bewohner/ Akteure zweier Quartiere; Aus- wahlverfahren: Zufall). Feldarbeit durch Mitarbeiter/-innen des Projekts; Feldarbeit durch ein kommerzielles Umfrageinstitut. VERÖFFENTLICHUNGEN: Breckner, I.: Sicherheit als Wohnqualität: Dimensionen der The- matik und ihre Relevanz für Kinder, Frauen, Senioren und Failien. in: Schubert, Herbert (Hrsg.): Sicherheit planen und gestalten! Dokumentation des Werkstadtgesprächs des Nieder- sächsischen Ministeriums für Soziales, Familien, Frauen und Gesundheit und des Verbandes der Wohnungswirtschaft in Niedersachsen und Bremen e.V. am 11. Feb. 2004 in Hanno- ver.+++Breckner, I.; Sessar, K.: Unsicherheiten in der Stadt und Kriminalitätsfurcht. Ein Ge- spräch zwischen den Autoren. in: Die alte Stadt - Vierteljahreszeitschrift für Stadtgeschichte, Stadtsoziologie und Denkmalpflege, 2003, H. 3. ARBEITSPAPIERE: Insecurities in European cities. Crime-related fears within the context of new anxieties and community - based crime prevention. Technical annex. 1. proposal title, No. SERD-2000-00289. 2001, 21 S. ART: gefördert BEGINN: 2001-10 ENDE: 2004-06 AUFTRAGGEBER: nein FINANZIERER: Europäische Kommission INSTITUTION: Universität Hamburg, FB Rechtswissenschaft, Institut für Kriminalwissenschaf- ten Abt. Kriminologie (Schlüterstr. 28, 20146 Hamburg); Technische Universität Hamburg- Harburg, FSP 1 Stadt, Umwelt und Technik Arbeitsbereich 1-06 Stadt- und Regionalökono- mie, Stadt- und Regionalsoziologie (21071 Hamburg); Institut für Rechts- und Kriminalsozio- logie (Museumstr. 5/12, 1070 Wien, Österreich) KONTAKT: Sessar, Klaus (Prof.Dr. e-mail: [email protected]); Breckner, Ingrid (Prof.Dr. Tel. 040-42878-3210, e-mail: [email protected]) soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 161 4 Prävention, Sicherheitsdienste, Mediation, außergerichtliche Konfliktlösung, Resozialisierung

[212-L] Heubrock, Dietmar; Hayer, Tobias; Rusch, Stephan; Scheithauer, Herbert: Prävention von schwerer zielgerichteter Gewalt an Schulen: rechtspsychologische und kri- minalpräventive Ansätze, in: Polizei & Wissenschaft : unabhängige interdisziplinäre Zeitschrift für Wissenschaft und Polizei, 2005, H. 1, S. 43-57. Der Volltext ist über www.infoconnex.de er- hältlich.

INHALT: "Die verschiedenen Formen schwerer zielgerichteter Gewalt an Schulen stellen für kriminalpräventive Ansätze eine große Herausforderung dar. Der Beitrag untersucht bisher entwickelte Präventionsansätze zur Verhinderung von Amoktaten und zumeist gemeinschaft- lich begangenen Gewalttaten gegen einzelne Personen in der Schule. Während die mit der Verschärfung des neuen Waffengesetzes verbundenen Zielsetzungen eher auf den generellen Zugang zu gefährlichen Waffen abheben, sind die direkte oder verdeckte Ankündigung ge- planter Gewalttaten ('Leaking') sowie psychosoziale Persönlichkeits- und Verhaltensprofile von Schulgewalttätern eher zur einzelfallbezogenen Gefährdungsanalyse geeignet." (Autoren- referat)

[213-L] Hoffmann, Birgit: Datenerhebung durch die Jugendgerichtshilfe, in: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Ju- gendhilfe, Jg. 16/2005, H. 1, S. 59-62

INHALT: "Jugendgerichtshilfe definiert ihre Rolle heute nicht mehr primär über Mitwirkung in Jugendstrafverfahren, sondern ebenso über sozialpädagogische Betreuungs- und Hilfefunkti- onen für Jugendliche als Jugendhilfe in Jugendstrafverfahren. Allen Aufgabenbereichen ist gemeinsam, dass die Aufgabenwahrnehmung für einen bestimmten Jugendlichen genaue Kenntnisse und Informationen vom Sachstand, seinen Hintergründen, der Person des Jugend- lichen und seinen Lebensbedingungen, also eine Datenerhebung, voraussetzt. Das Erlangen dieser Kenntnisse und Informationen erfolgt durch eine Datenerhebung. In diesem Beitrag sollen die Voraussetzungen und Grenzen einer Datenerhebung durch die Jugendgerichtshilfe ausgelotet werden." (Autorenreferat)

[214-L] Hoops, Sabrina; Permien, Hanna: Kinder und Jugendliche und freiheitsentziehende Maßnahmen in der Jugendhilfe: wie viele, woher, wohin, warum und wie?: erste Ergebnisse eines DJI-Forschungsprojekts, in: Zeit- schrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 16/2005, H. 1, S. 41-49

INHALT: "Das Deutsche Jugendinstitut untersucht seit Oktober 2003 mit dem Forschungsprojekt 'Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen von Kinder- und Jugendhilfe, Psychiatrie und Justiz' die aktuelle Praxis der Anordnung und Durchführung freiheitsentziehender Maßnah- men in Deutschland. Im Mittelpunkt der Studie stehen Analysen über die Indikationen und die Verfahrensgestaltung, über das Zusammenwirken der Jugendämter, freien Träger und der Familiengerichte sowie die Zusammenarbeit von Kinder- und Jugendhilfe mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Das Projekt läuft bis März 2006. Aus den schon durchgeführten Un- tersuchungen lassen sich jedoch schon erste Ergebnisse in Hinblick auf die aktuellen Platz- zahlen und die Belegung der Plätze, die den freiheitsentziehenden Maßnahmen zugrundelie- genden Konzeptionen, die Indikationsstellung sowie die Beachtung der Verfahrensstandards mitteilen." (Autorenreferat) 162 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 4 Prävention, Sicherheitsdienste, Mediation, außergerichtliche Konfliktlösung, Resozialisierung

[215-L] Kaulich, Klaus: Möglichkeiten und Grenzen der Evaluation - Betrachtungen aus Sicht der polizeilichen Kri- minalprävention: die Polizei in Nordrhein-Westfalen verankert Evaluation in ihrer Alltags- organisation, in: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 15/2004, H. 1, S. 30-34

INHALT: "Der Beitrag beschreibt, wie sich die Polizei in Nordrhein-Westfalen dem Thema 'Eva- luation' annähert. Es ist beabsichtigt, Evaluation in die allgemeine Aufbauorganisation der Kreispolizeibehörden und des Landeskriminalamtes NRW zu integrieren. Eine Arbeitshilfe Evaluation sowie ein umfangreiches Angebot an Fortbildung sollen dazu beitragen, die Kon- zeptionskompetenz der Akteure der polizeilichen Kriminalprävention zu erhöhen." (Autoren- referat)

[216-F] Kirsch, Thomas G., Dr. (Leitung): Kriminalitätsprävention in Südafrika

INHALT: Das Forschungsprojekt beschäftigt sich aus ethnologischer Perspektive mit alltagswelt- lichen und formal organisierten Praktiken der Kriminalitätsprävention im Kontext der südaf- rikanischen Stadt East London (Eastern Cape Province). Seit dem offiziellen Ende der Apart- heid im Februar 1990 befindet sich Südafrika in einer Phase spannungsvoller Transformation. Eine Problemlage, der dabei besonderes Gewicht zukommt, ist die Zunahme von Phänome- nen der Kriminalität. Vor dem Hintergrund der in Südafrika historisch vorbelasteten Politisie- rung von Gewalt und Kriminalität bringt die Auseinandersetzung mit diesen Phänomenen Diskurse von 'Normalität' und 'Devianz' sowie Praktiken der Inklusion und Exklusion hervor, in denen konkurrierende Vorstellungen von 'sozialer Ordnung' zum Ausdruck kommen. Fer- ner geht diese Auseinandersetzung mit einer Vielzahl kriminalitätspräventiver Maßnahmen einher, d.h. mit Versuchen, kriminelle Aktivitäten zu antizipieren, um proaktiv Gegenstrate- gien zu entwickeln. Als spezifische Form sozialen Handelns geht Kriminalitätsprävention somit von der Potentialität zukünftiger gewaltsamer Konflikte aus. Zugleich wird diese Po- tentialität durch kriminalitätspräventive Maßnahmen in den sozialen und materiellen Raum Südafrikas eingeschrieben. Die auf Erfahrungen mit Kriminalität, Stereotypisierungen und Imaginationen sowie politischem Gestaltungswillen basierende Antizipation wird so zu einer eigenständigen Realität, die nicht nur die Gegenwart, sondern auch die zukünftige Ausgestal- tung des gesellschaftlichen Lebens in Südafrika prägt. Vor dem Hintergrund dieser Aus- gangssituation bezieht sich die Fragestellung des Projektes zum einen auf die Aktivitäten von Community Policing Forums, Gemeinschaften des Nachbarschaftsschutzes (neighbourhood watch) und der Sicherheitsindustrie (private security industry); zum anderen werden krimina- litätspräventive Maßnahmen untersucht, die im alltagsweltlichen Rahmen informeller sozialer Beziehungen, so zum Beispiel in Familien, etabliert werden. Dabei werden auch die Interak- tionen zwischen diesen Akteuren und formalen Organisationen sowie die sich entfaltenden Verbindungen zwischen lokalen und translokalen Netzwerken herausgearbeitet. Anhand eth- nographischer Methoden (z.B. teilnehmende Beobachtung, fokussierte qualitative Interviews) wird unter anderem erfasst, wie Kriminalitätsprävention das Alltagsleben beeinflusst, wie Entscheidungen für bestimmte kriminalitätspräventive Maßnahmen getroffen werden, wie Modifikationen dieser Maßnahmen vorgenommen werden und welche Prozesse der Inklusion bzw. Exklusion im Rahmen der Kriminalitätsprävention einsetzen. Zusammenfassend zielt das Projekt als theoriegeleitete Fallstudie darauf ab, über die ethnographische Untersuchung von Praktiken der Kriminalitätsprävention a) einen exemplarischen Einblick in zentrale As- soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 163 4 Prävention, Sicherheitsdienste, Mediation, außergerichtliche Konfliktlösung, Resozialisierung

pekte der aktuellen gesellschaftlichen Rekonfiguration in Südafrika zu gewinnen, und b) Kriminalitätsprävention als einen in der ethnologischen Forschung bislang vernachlässigten Phänomenbereich empirisch und theoretisch fundiert zu erfassen. GEOGRAPHISCHER RAUM: Südafrika ART: gefördert BEGINN: 2002-08 ENDE: 2005-07 AUFTRAGGEBER: nein FINANZIERER: Deutsche Forschungsgemeinschaft INSTITUTION: Universität Halle-Wittenberg, Philosophische Fakultät, Institut für Ethnologie (06099 Halle) KONTAKT: Leiter (Tel. 0345-55-24199, e-mail: [email protected])

[217-L] Kunz, Karl-Ludwig: Der aktuelle Sicherheitsdiskurs als neue Herausforderung für die Kriminologie: der Sicher- heitsdiskurs der Spätmoderne, in: Benjamin F. Brägger, Nadja Capus, Sandro Cimichella, Renie Maag, Nicolas Queloz, Georg Schmid (Hrsg.): Kriminologie - wissenschaftliche und praktische Entwicklungen : gestern, heute, morgen, Diessenhofen: Rüegger, 2004, S. 155-170, ISBN: 3-7253- 0771-7 (Standort: B d. FH f. Polizei Villingen-Schwenningen(1019)-KL0941)

INHALT: "Seit den 1980er Jahren hat sich die Kriminalpolitik grundlegend gewandelt. Das Straf- recht richtet sich auf die Bekämpfung der Makrokriminalität durch Vorfeldkriminalisierung aus. Beim Freiheitsentzug tritt die Sicherungswirkung in den Vordergrund. Prävention wird zunehmend situativ unter Einbezug Privater betrieben. Terroristische Anschläge und einzelne schwerste Gewalttaten haben, durch mediale Aufbereitung verstärkt, ein Gefühl der Ver- wundbarkeit der eigenen Lebenswelt ausgelöst, welches sich zu einem Angstklima verdichtet. Die Kriminalpolitik gerät dadurch in das Dilemma, die Verunsicherung ernst nehmen zu müs- sen und zugleich beruhigende Signale senden zu wollen. Die Kriminologie wird nun nicht bloss in die operative Gestaltung, sondern auch in die strategische Planung der Sicherheitspo- litik eingebunden. Dies verstärkt ihre Abhängigkeit von der Politik. Gefordert ist darum von der Kriminologie nicht bloss eine Analyse der neuen Sicherheitspolitik, sondern daneben ein Überdenken der legitimen Rolle der Kriminologie als Teil dieser Politik. Der Beitrag versucht zu zeigen, dass beide Aufgaben nach einer Überprüfung des erkenntnistheoretischen und me- thodischen Instrumentariums der Kriminologie verlangen." (Autorenreferat)

[218-L] Maiwald, Kai-Olaf: Die Anforderungen mediatorischer Konfliktbearbeitung: Versuch einer typologischen Be- stimmung, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie, Bd. 25/2004, H. 2, S. 175-189 (Standort: UuStB Köln(38)-XG06262; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: "Für die gegenwärtige Entwicklung der Mediation in Deutschland ist eine sukzessive Ausweitung ihrer Anwendungsgebiete kennzeichnend. Dabei wird der Frage, ob diese Art der Konfliktbearbeitung auch für die jeweiligen Konfliktlagen geeignet ist, kaum Beachtung ge- schenkt. Um diese Frage soziologisch zu bearbeiten, benötigt man einen Begriffsrahmen, der klärt, welche Anforderungen Mediation an die zu bearbeitenden Konflikte und das mediatori- sche Handeln stellt. Der Artikel schlägt in dieser Hinsicht eine typologische Bestimmung vor, die sich auf die je spezifische Pragmatik von Formen der Konfliktvermittlung konzentriert. Im Vergleich mit 'Friedensstiftung', Rechtsprechung und Schlichtung wird unter anderem herausgearbeitet, dass eine zentrale Anforderung der Mediation in dem Vorliegen einer um- 164 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 4 Prävention, Sicherheitsdienste, Mediation, außergerichtliche Konfliktlösung, Resozialisierung

fassenden vermittelten Kooperationsorientierung besteht. Eine der zentralen Aufgaben des Mediators besteht in der stellvertretenden Sicherung der jeweiligen Kooperationsbasis." (Au- torenreferat)

[219-L] Matt, Eduard: Resozialisierung in der Lebenslaufperspektive, in: Neue Kriminalpolitik : Forum für Praxis, Politik und Wissenschaft, Jg. 16/2004, H. 4, S. 140-143

INHALT: "Resozialisierung (Reintegration, Wiedereingliederung) als Zielsetzung einer Voll- zugspolitik unterliegt in letzter Zeit verstärkt der Kritik. Auf der einen Seite finden sich Ten- denzen zu einer auf Härte und auf Strafverschärfung setzenden Kriminalpolitik. Die Herstel- lung der inneren Sicherheit wird betont, die resozialisierende Behandlung im Sinne der 3 Ts (therapy, treatment, training) tritt in den Hintergrund. Auf der anderen Seite wird deutlicher auf die Effektivität von Programmen, auf die nachweisbaren Erfolge von Resozialisierungs- maßnahmen insistiert. Ein weiterer, neuerer Strang der Argumentation nimmt eine lebenslauf- theoretische Perspektive ein und lässt sich unter dem Begriff der 'Übergänge' fassen. Diese erst im Anfang sich befindende Diskussion um Übergänge in der Kriminologie soll im Fol- genden in ihren Grundannahmen und Konsequenzen dargelegt werden, als geeignet, der The- orie und der Umsetzung des Konzeptes der Resozialisierung (wieder) neues Gewicht zu ver- leihen." (Autorenreferat)

[220-L] Merscher, Frank: Die Verzahnung von Straf- und Zivilrecht im Kampf gegen häusliche Gewalt, (Europäische Hochschulschriften. Reihe 2, Rechtswissenschaft, Bd. 3950), Frankfurt am Main: P. Lang 2004, XXXVI, 242 S., ISBN: 3-631-52310-6 (Standort: FHB Köln(832)-63QOX139)

INHALT: "Die Studie beinhaltet eine umfassende nach Anspruchsgrundlagen geordnete Darstel- lung des zivil-, straf- und verwaltungspolizeirechtlichen Instrumentariums gegen häusliche Gewalt sowohl in verfahren-, als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht. Das Werk richtet sich in erster Linie an den Rechtsanwender in der Praxis, insbesondere an Rechtsanwälte, Richter, Staatsanwälte und Polizeibeamte. Die vom Autor untersuchten Mängel des bisher geltenden Rechts einerseits sowie die vom Gesetzgeber formulierten Zielstellungen andererseits sind der Maßstab, an dem die zahlreichen Gesetzesnovellen gemessen und kritisch gewürdigt wer- den. Eingehend behandelt werden die verfahrensrechtlichen Besonderheiten der ZPO, des FGG und der HausratsVO sowie die Systematik des vorläufigen Rechtsschutzes und das Rechtsmittelverfahren. Im materiell-rechtlichen Teil werden der Geltungsbereich, die Tatbe- standsvoraussetzungen, die Darlegungs- und Beweislast sowie die Rechtsfolgen einer jeden in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage und die Normenkonkurrenz beschrieben. Im letz- ten Teil der Arbeit wird die Verzahnung von Polizei, Straf- und Zivilrecht aufgezeigt." (Auto- renreferat)

soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 165 4 Prävention, Sicherheitsdienste, Mediation, außergerichtliche Konfliktlösung, Resozialisierung

[221-L] Müller, Elke: Gerechtigkeitskonflikte in der Mediation: subjektive (Un-)Gerechtigkeit und divergierende Gerechtigkeitsvorstellungen am Beispiel von Trennung und Scheidung, (Schriftenreihe Au- ßergerichtliche Konfliktbeilegung, Bd. 1), Hamburg: Kovac 2004, 293 S., ISBN: 3-8300-1511-9 (Standort: UB Bonn(5)-2004-6182)

INHALT: "Konflikte werden regelmäßig dann heiß und hochstreitig, wenn zumindest eine Kon- fliktpartei sich ungerecht behandelt fühlt. Das Buch zeigt am Beispiel von Trennungs- und Scheidungskonflikten die Relevanz subjektiver (Un-)Gerechtigkeit für die Entstehung und nachhaltige Beilegung von Konflikten auf. Es vermittelt die für einen Umgang mit divergie- renden subjektiven Gerechtigkeitsvorstellungen wesentlichen Kenntnisse über die Psycholo- gie der Gerechtigkeit und schlägt ein Konzept für die Bearbeitung von Gerechtigkeitskonflik- ten in der Mediation vor. Die Umsetzung dieses Konzeptes in die Mediationspraxis wird an- hand von Praxisfällen sowie der exemplarischen Darstellung einzelner Sequenzen aus einem Mediationsgepräch veranschaulicht." (Autorenreferat)

[222-L] Oberwittler, Dietrich: Die Entwicklung von Kriminalität und Kriminalitätsfurcht in Deutschland: Konsequenzen für die Kriminalprävention, in: Deutsche Zeitschrift für Kommunalwissenschaften, Jg. 42/2003, H. 1, S. 31-52

INHALT: "Der Beitrag stellt kriminologische Erkenntnisse vor: über aktuelle Trends der Krimi- nalitätsentwicklung und über die Entwicklung des subjektiven Sicherheitsempfindens in Deutschland. Trotz eines Anstiegs der registrierten Jugendgewalt, der teilweise Ergebnis ei- nes geänderten Anzeigeverhaltens ist, erscheinen diese Entwicklungen insgesamt als positiv. Die räumliche Perspektive lässt erkennen, dass Problemschwerpunkte in den Großstädten lie- gen, dass jedoch die Kriminalitätsfurcht weniger durch die 'objektive' Kriminalitätslage als vielmehr durch soziale Problemlagen im Wohnquartier beeinflusst wird. Vor diesem Hinter- grund werden Konsequenzen dieser Erkenntnisse für die Kriminalprävention erörtert, deutlich wird aber auch die Notwendigkeit empirischer Evaluationen der Wirksamkeit kriminalprä- ventiver Maßnahmen." (Autorenreferat)

[223-L] Ostendorf, Heribert: Mehr Prävention und weniger Strafe, weniger Prävention und mehr Strafe oder mehr Prä- vention und mehr Strafe?, in: Bewährungshilfe : Soziales - Strafrecht - Kriminalpolitik, Jg. 52/2005, H. 1, S. 57-66 (Standort: UuStB Köln(38)-Si88-A,9,4-; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: "Der Beitrag beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Kriminalprävention und Strafe. Nach einer historischen Betrachtung der Hauptströmungen westdeutscher Kriminalpolitik werden ein Lagebild der Kriminalität skizziert und Thesen zur Qualifikation der Kriminalprä- vention entwickelt. In einer abschließenden Stellungnahme wird Tendenzen eines Sicher- heitsstrafrechts eine Absage erteilt und dafür plädiert, verstärkt Anstrengungen für eine quali- fizierte Kriminalprävention zu betreiben." (Autorenreferat)

166 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 4 Prävention, Sicherheitsdienste, Mediation, außergerichtliche Konfliktlösung, Resozialisierung

[224-L] Pies, Silke; Schrapper, Christian: Jugendkriminalität - Fakten, Probleme und Herausforderungen für kommunales Handeln, in: Deutsche Zeitschrift für Kommunalwissenschaften, Jg. 42/2003, H. 1, S. 83-98

INHALT: "Trotz einer deutlichen Zunahme der Zahl tatverdächtiger junger Menschen in den letzten Jahren besteht kein Grund zur Dramatisierung der Lage. Auch für die Bedrohung durch Jugendkriminalität gilt, dass die 'subjektiven Bedrohungsgefühle' vieler Bürger und Po- litiker und die 'objektive Bedrohungslage' oft wenig zusammenpassen. Aber es besteht auch keine Berechtigung zu bagatellisieren: Kriminelles Handeln junger Menschen ist ein ernst zu nehmender Indikator für Probleme, vor allem im Blick auf die Lebensumstände und Zu- kunftsaussichten derjenigen Menschen, die Straftaten begehen. Jedoch erfordern 'komplizierte Probleme komplexe Lösungen'. Dies sollte ein Kernmotiv kommunaler Strategien gegen Ju- gendkriminalität sein, denn es gibt keine einfachen Erklärungen, die dem Phänomen Jugend- kriminalität in seiner Vielschichtigkeit gerecht werden, und es gibt leider auch keine einfa- chen Lösungen. Orientierungspunkte für eine erfolgreiche kommunale 'Kriminalprävention' sind: Infrastruktur und Regeleinrichtungen stärken, individuelle Belastungen und Krisen als Warnsignale verstehen, besondere Förderung für belastete Gebiete und Gruppen bereitstellen, für angemessene und zeitnahe Sanktionen sorgen, eine aufgeklärte politische Kultur und ver- bindliche Kooperationen der Systeme Bildung, Jugendhilfe und Polizei/ Justiz herstellen." (Autorenreferat)

[225-L] Stangl, Wolfgang: Viel Sicherheit durch wenig Kriminalprävention?: Bemerkungen zum "Fall Wien", in: Neue Kriminalpolitik : Forum für Praxis, Politik und Wissenschaft, Jg. 17/2005, H. 1, S. 9-12

INHALT: Der Aufsatz bezieht sich auf eine Differenz, die zumindest bis heute in Tourismuskon- zepten von Werbeagenturen ("Wien ist anders") keine Rolle spielt, auch wenn es sich um ein eminent kulturelles Phänomen handelt und das "Lebensgefühl" in der Stadt nicht unerheblich beeinflusst. Die Rede ist von der Kriminalprävention in Wien, die als Teil des "InSec-Pro- jekts" untersucht wurde. Aus den Ergebnissen dieses vergleichenden EU-Projekts werden zu- nächst die wichtigsten Befunde darüber kurz dargestellt, wie die Wiener Polizei und die städ- tischen Organisationen Kriminalprävention konzipieren und ihre Umsetzung vollziehen. Da- bei wird am Beispiel der Kriminalpolizeilichen Beratung (KB) und der Arbeit der Kontaktbe- amten der Sicherheitswache deutlich, wie vergleichsweise wenig Kriminalprävention auf die- sen Ebenen in organisierter und beabsichtigter Weise in der rund 1,6 Millionen Einwohner zählenden Stadt Wien betrieben wird. (ICI2)

[226-L] Strasser, Hermann; Brink, Henning van den: Kriminalität im Dienste der Gesellschaft: oder: was Emile Durkheim zur kommunalen Kri- minalprävention gesagt hätte, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie, Bd. 25/2004, H. 2, S. 241-254 (Standort: UuStB Köln(38)-XG06262; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: "Für Durkheim ist Kriminalität eine ebenso normale wie notwendige gesellschaftliche Erscheinung. Kriminalität erfülle Funktionen, die für den Fortbestand und die Weiterentwick- lung einer Gesellschaft wichtig seien. Durch Kriminalität würden die gesellschaftlichen Nor- men symbolisch verdeutlicht, solidarisierten sich die Gesellschaftsmitglieder und werde die soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 167 4 Prävention, Sicherheitsdienste, Mediation, außergerichtliche Konfliktlösung, Resozialisierung

zukünftige Moral antizipiert. Vor diesem Hintergrund scheint die Prävention von Kriminali- tät, wie sie zur Zeit in den Kommunen verstärkt betrieben wird, zum Scheitern verurteilt und kontraproduktiv für die gesellschaftliche Entwicklung zu sein. Dieser Beitrag untersucht, in- wiefern auch Kriminalprävention gesellschaftliche Funktionen erfüllt, die jene der Kriminali- tät verstärken oder ergänzen. So dient Kriminalprävention vor allem zur Demonstration der Handlungs- und Steuerungsfähigkeit des Staates, zur symbolischen Normverdeutlichung; sie stiftet aber auch Identität und stärkt den Zusammenhalt der Bürger." (Autorenreferat)

[227-L] Stummvoll, Günter P.: Forschungsfeld geografische Kriminalstrukturanalyse, in: Österreichische Zeitschrift für So- ziologie : Vierteljahresschrift der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie, Jg. 30/2005, H. 2, S. 91-105 (Standort: UuStB Köln(38)-XH02528; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: "In diesem Diskussionsbeitrag wird ein Forschungsfeld an der Schnittstelle zwischen den Disziplinen Stadtsoziologie und Kriminologie vorgestellt, das zwar international seit den 1970er Jahren eine erstaunliche Entwicklung durchlebt hat, jedoch in Österreich bislang weitgehend unbekannt geblieben ist: Eine 'Geografische Kriminalstrukturanalyse' bietet so- wohl quantitativ wie auch qualitativ orientierten Sozialwissenschaftlern ein interessantes und ebenso wichtiges Forschungsgebiet. Im Hinblick auf einen gesamtgesellschaftlichen Problem- lösungsansatz zur Kriminalitätsproblematik steht in der Diskussion um die Zukunft des Ge- waltmonopols nicht nur die Praxis der Kriminalprävention zur Disposition, sondern ebenso die erweiterte Analyse von Kriminalstatistiken. Eine soziologische Analyse der Kriminalität beginnt dort, wo die kriminalistische Analyse endet: Kriminalitätsbrennpunkte (Crime-hot- spots) werden mit sozio-demografischen, räumlichen und alltags-soziologischen Bedingun- gen der Lebenswelt verknüpft, um eine Theorie der Tatgelegenheitsstruktur erstellen zu kön- nen und entsprechend problem-spezifisch präventive Maßnahmen konzipieren zu können. Wenn die Polizei einmal erkannt hat, dass sie Sicherheit nur in Kooperation mit sozialen und städtebaulichen Einrichtungen erfolgreich bearbeiten kann, dann muss sie sich auch für eine ebenso breite Kriminalstrukturanalyse öffnen. In diesem Beitrag soll das sozialwissenschaft- liche Potential einer regionalen Analyse der Kriminalstatistiken vorgestellt werden." (Auto- renreferat)

[228-L] Walkenhorst, Philipp: Leben in der "schwierigen Freiheit": Skizzen zum eigentlichen Fluchtpunkt pädagogischer Arbeit im Jugendstrafvollzug. T. 1, in: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 15/2004, H. 3, S. 250-259

INHALT: "Anlass des folgenden Beitrags ist die Veröffentlichung der aktuellen Rückfallstatistik des Bundesministeriums der Justiz. Hier soll nur ansatzweise auf Detailergebnisse dieser und auch anderer Übersichten zur Frage von Rückfall und Legalbewährung junger Inhaftierter eingegangen werden. Wesentlicher ist die Fragestellung, ob und was aus diesen Daten bei al- ler gebotenen Vorsicht für die pädagogische Gestaltung der vollzuglichen Arbeit und die För- derung der jungen Gefangenen abgeleitet werden kann. Der Beitrag geht in diesem Heft auf Methodik und Aussagegehalt der Rückfalluntersuchungen ein und identifiziert insbesondere Faktoren, die einen Fehlschlag des Reintegrationsversuches begünstigen. Der Beitrag wird im 168 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 4 Prävention, Sicherheitsdienste, Mediation, außergerichtliche Konfliktlösung, Resozialisierung

nächsten Heft fortgesetzt. Dieser Teil befasst sich dann mit den für die pädagogische Arbeit im Strafvollzug zu ziehenden Schlussfolgerungen." (Autorenreferat)

[229-L] Walkenhorst, Philipp: Leben in der "schwierigen Freiheit": Skizzen zum eigentlichen Fluchtpunkt pädagogischer Arbeit im Jugendstrafvollzug. T. 2, in: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Jg. 15/2004, H. 4, S. 416-425

INHALT: "Im Folgenden setzt sich der in der letzten Zeitschrift begonnene Beitrag fort. Anlass des Beitrags ist die Veröffentlichung der aktuellen Rückfallstatistik des Bundesministeriums der Justiz. Hier soll nur ansatzweise auf Detailergebnisse dieser und auch anderer Übersichten zur Frage von Rückfall und Legalbewährung junger Inhaftierter eingegangen werden. We- sentlicher ist die Fragestellung, ob und was aus diesen Daten bei aller gebotenen Vorsicht für die pädagogische Gestaltung der vollzuglichen Arbeit und die Förderung der jungen Gefan- genen abgeleitet werden kann. Teil 1 ist auf Methodik und Aussagegehalt der Rückfallunter- suchungen eingegangen und hat Faktoren identifiziert, die einen Fehlschlag des Reintegrati- onsversuches begünstigen. Teil 2 befasst sich nun mit den für die pädagogische Arbeit im Strafvollzug zu ziehenden Schlussfolgerungen." (Autorenreferat)

5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

[230-L] Bauer, Jobst-Hubertus: Weniger Kündigungsschutz gleich mehr Beschäftigung?: die Arbeitgebersicht, in: Neue Zeit- schrift für Arbeitsrecht : Zweiwochenschrift für die betriebliche Praxis, Jg. 20/2003, Sonderbeilage 21, S. 47-51 (Standort: UB Bonn(5)-Z 86/58; UuStB Köln(38)-FHM XF 00406; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: Aus Arbeitgebersicht wird der Frage nachgegangen, ob weniger Kündigungsschutz gleich mehr Beschäftigung in Deutschland bedeutet. Zu den Hauptursachen für die wirt- schaftlichen Probleme zählt ein überfrachtetes gesetzliches, korporatives und richterrechtli- ches Arbeitsrecht, das sich vor allem durch kostenträchtige Rechtsunsicherheit für die Arbeit- geberseite auszeichnet. Der Arbeitsmarkt muss von Regulierungen befreit werden, mit denen verhindert wird, dass die Unternehmen mehr Arbeitnehmer einstellen. Bemängelt wird, dass die Bundesregierung es bisher versäumt hat, die geforderten und längst überfälligen Refor- men diesbezüglich anzupacken, denn den Reformen der Arbeitsmarktpolitik zeichnen sich dadurch aus, dass a) statt Deregulierung ein weiterer Ausbau der Regelungsdichte vorge- nommen wurde, b) handwerkliche Fehler bei den Reformmaßnahmen zu beobachten sind und c) "Modernität" in dem Sinn, dass "die Beschäftigung von Anwälten, Verbandsfunktionären, Betriebsratsmitgliedern und Mitarbeiten von Personalabteilungen gefördert wird" bedeutet. Um dem entgegen zu wirken, wird ein Entwurf eines Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vorgestellt und erläutert. (IAB)

soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 169 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

[231-L] Berger Kurzen, Brigitte: E-Health und Datenschutz, Zürich: Schulthess Juristische Medien 2004, XXXI, 229 S., ISBN: 3- 7255-4766-1 (Standort: Bayer. SB München(12)-Diss.2004.1158)

INHALT: In der vorliegenden Abhandlung wird unter E-Health der Einsatz der modernen Infor- mations-, Kommunikations- und Übermittlungstechnologien zur Gewährleistung einer Quali- tätsverbesserung, Effizienzsteigerung und Rationalisierung der regionalen und weltweiten Gesundheitsversorgung verstanden. E-Health umfasst alle neuen Prozesse, die aus der An- wendung der Webtechnologie im Gesundheitswesen entstehen. Digitalisierte Daten werden angelegt, übermittelt, überwacht, elektronisch abgefragt und ausgewertet. E-Health dient so- wohl der Optimierung von Informationsübertragungen zwischen verschiedenen Beteiligten als auch der vermehrten Interaktion. Die Anwendungsbereiche umfassen z.B. die Bereitstel- lung webbasierter Informationen, die Erstellung elektronischer Patientendossiers, Telemedi- zin, Forschung und Entwicklung sowie Systembetreuung und Wartung. Die vorliegende Stu- die gibt zunächst einen systematischen Überblick über den Datenschutz im schweizerischen Gesundheitswesen, um vor diesem Hintergrund die Datenschutzprobleme und -vorkehren im Bereich E-Health näher zu untersuchen und mögliche Handlungskonzepte zu erörtern. (ICI2)

[232-L] Berthold, Christof: Die Europäische Politische Gemeinschaft (EPG) 1953 und die Europäische Union (EU) 2001: eine rechtsvergleichende Betrachtung, (Studien zum Öffentlichen Recht, Völker- und Europa- recht, 7), Frankfurt am Main: P. Lang 2003, 305 S., ISBN: 3-631-50904-9

INHALT: Berthold befasst sich mit der Satzung der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG), die 1952/53 im Auftrag der Regierungen der sechs EGKS-Staaten ausgearbeitet und nach dem Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft 1954 nicht weiterverfolgt wurde. Der Autor stellt in seiner rechtsvergleichenden Analyse dar, welche Ziele der EPG mit der heutigen Europäischen Union erreicht worden sind. Er zeigt, wo es Gemeinsamkeiten be- ziehungsweise Unterschiede gibt und fragt: 'Haben die Schöpfer der EPG-Satzung das projek- tiert, was die EU letztlich geschafft hat oder ging sie sogar darüber hinaus oder ist die EPG ein Aliud im Verhältnis zur EU/EG?' Die letzte Frage verneint Berthold. Die EPG habe in vielen Bereichen eine Vorbildfunktion für die EG/EU gehabt, die Europäische Union sei seit dem Abschluss des Maastrichter-Vertrages stärker demokratisiert und parlamentarisiert wor- den, sodass sie dem Modell der EPG in vielerlei Hinsicht ähnele und folglich zu ihren Ur- sprüngen zurückgekehrt sei. Die EPG-Satzung bleibe 'Vorbild der Gemeinschaftsordnung, da sie die erste geschriebene europäische Verfassung darstellt' (279). (ZPol, VS)

[233-L] Birkenmaier, Philipp: E-democracy: der Wandel der Demokratie durch das Internet, Berlin: Rhombos-Verl. 2004, LVIII, 296 S., ISBN: 3-937231-34-X (Standort: UB München(19)-8-04-6513)

INHALT: "Der Autor beschäftigt sich mit der Frage, ob und gegebenenfalls wie die zunehmende Verbreitung und Nutzung des Internets die Demokratie in Deutschland verändern. Dabei werden zunächst das demokratische System in Deutschland und Grundbegriffe des Internets erörtert. Anschließend stellt der Autor aktuelle e-democracy-Projekte wie e-voting, e- government und e-party vor und untersucht ihre rechtlichen Voraussetzungen. Abschließend 170 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

wird der Frage nachgegangen, wie sich diese e-democracy-Projekte auf die Demokratie in Deutschland auswirken. Der Verfasser kommt zu dem Schluss, dass das Internet ein großes demokratietheoretisches Potenzial besitzt. Dieses Potenzial kann jedoch erst zur vollen Ent- faltung kommen, wenn die Zugangsmöglichkeiten sowohl in technischer als auch in intellek- tueller Hinsicht gefördert und erweitert werden." (Autorenreferat)

[234-L] Brüggemeier, Gert (Hrsg.): Transnationalisierung des Rechts: eine Fachtagung aus Anlass des 20-jährigen Bestehens des ZERP, (Schriftenreihe des Zentrums für Europäische Rechtspolitik an der Universität Bremen (ZERP), 44), Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges. 2004, 154 S., ISBN: 3-8329-0661-4

INHALT: Der kleine Band enthält sechs Originalbeiträge einer Fachtagung, die in der Bremi- schen Bürgerschaft stattfand. In ihnen werden die 'Auflösungstendenzen klassischer Staat- lichkeit - Supranationalisierung und Regionalisierung/Privatisierung' (11) in einer globalisier- ten Welt untersucht. Im europarechtlichen Teil wird die europäische Verfassung ausführlich behandelt. Die durch EU und Europäische Menschenrechtskonvention geschützten Grund- rechte und ihr Verhältnis zu den nationalen Verfassungen beziehungsweise zum innerstaatli- chen Privatrecht stehen dabei im Mittelpunkt. Anschließend wird die Handlungsfähigkeit der EU im Zusammenhang mit der fortschreitenden ökonomischen Globalisierung aus politik- und rechtswissenschaftlicher Perspektive untersucht und bewertet. Die Analysen verdeutli- chen am Beispiel der Regelungen zur Produktsicherheit, der Arbeitsschutzvorschriften und der Klimaschutzpolitik einen in der Forschung bislang vernachlässigten Umstand: Auch die supranationale Governance ist von den Auswirkungen der Globalisierung betroffen und es bedarf verstärkter internationaler Kooperation, um der Erosion nationaler und europäischer Schutzstandards wirksam zu begegnen. Aus dem Inhaltsverzeichnis: Manfred Zuleeg: Die Umgestaltung der europäischen Verfassung (13-32); Wolfgang Hoffmann-Riem: Kohärenz der Anwendung europäischer und nationaler Grundrechte (33-59); Lord Leonard Hubert Hoffmann: Menschenrechte und das Common Law (61-66); Walter van Gerven: Remedies for Infringements of Fundamental Rights (67-88); Thomas Gehring: Schutzstandards in der Welthandelsordnung. Die Kopplung der WTO an standardsetzende internationale Institutio- nen (89-114); Ludwig Krämer: Klima: Die europäische Klimaschutzpolitik vor der globalen Herausforderung (115-141); Reimar Lüst: Beitrag der Wissenschaft zur Integration Europas (143-152). (ZPol, VS)

[235-L] Butterweck, Hellmut: Verurteilt und begnadigt: Österreich und seine NS-Straftäter, Wien: Czernin Verl. 2003, 365 S., ISBN: 3-7076-0126-9

INHALT: Es wird immer wieder behauptet, Österreichs Umgang mit der NS-Zeit sei durch das Vergessen gekennzeichnet und eine Vergangenheitsbewältigung habe bis heute kaum stattge- funden. Der Autor zeigt jedoch, dass zwischen 1945 und 1955 nachweislich über 23.000 Pro- zesse gegen NS-Straftäter stattgefunden haben. Auf der Grundlage der damaligen Berichter- stattung analysiert Butterweck die zeitgenössische Auseinandersetzung mit diesen Gerichts- verfahren. Aufgrund der Fülle des Materials ist die Untersuchung auf die Prozesse des Volks- gerichts Wien beschränkt. In der chronologisch geordneten Darstellung präsentiert der Autor die in den verschiedenen Verfahren vorgebrachten Argumente sowie die zum Teil kritische soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 171 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

Kommentierung der Urteile und Prozesse durch die Journalisten. Die Analyse ist vorwiegend deskriptiv gehalten. (ZPol, VS)

[236-L] Call, Horst: Grundrechtsschutz in Schweden unter rechtsvergleichenden Gesichtspunkten, (Schriften zum Internationalen Recht, 136), Berlin: Duncker & Humblot 2003, 425 S., ISBN: 3-428-11120-6

INHALT: Aufgrund unterschiedlicher historischer Erfahrungen und Entwicklungen weist der Grundrechtsschutz in Schweden andere Merkmale auf als in Deutschland. In Schweden exis- tiert keine Verfassungsgerichtsbarkeit, dafür gibt es Einrichtungen wie den Gesetzesrat oder das Amt des Ombudsmannes. Der Autor legt eine ausführliche Darstellung über den schwedi- schen Grundrechtsschutz vor, die sich vergleichend am deutschen Recht orientiert. Er stellt zunächst die Grundzüge des schwedischen Staatswesens sowie die grundrechtlichen Rechts- quellen dar und skizziert die Entwicklung des verfassungsrechtlichen Grundrechtsschutzes. Anschließend analysiert er die Grundrechtskonzeptionen und Geltungsbereiche sowie die je- weiligen Schutzvorkehrungen im deutschen und schwedischen Recht. Call gelangt zu dem Ergebnis, dass der Grundrechtsschutz in Schweden relativ schwach ausgeprägt und von dem Bestreben gekennzeichnet ist, 'die Gestaltungsmacht von Gesetzgeber und Regierung nicht durch die Wirkkraft der Grundrechte zu stark einzuschränken' (384 f.). (ZPol, VS)

[237-L] Czapska, Janina: Neue Sicherheitsphilosophie in Polen?: Krakauer Erfahrungen, in: Neue Kriminalpolitik : Forum für Praxis, Politik und Wissenschaft, Jg. 17/2005, H. 1, S. 13-16

INHALT: Die Sicherheitsphilosophie in Polen wird gegenwärtig durch Begriffe wie kommunale Kriminalprävention, "community policing", Privatisierung der Sicherheit, Subsidiaritätsprin- zip oder Mitverantwortung der Bürger umschrieben. Welche davon charakterisieren die aktu- elle Politik in Polen? Welche Sicherheitsstrategie findet sich in der Stadt Krakau in den letz- ten Jahren? Dies sind die wichtigsten Fragen, die zum Gegenstand des vorliegenden Aufsat- zes gemacht werden. Es wird darauf hingewiesen, dass auf der zentralstaatlichen politischen Ebene immer noch die Philosophie der Prävention durch Repression vorherrscht. So wie in Deutschland treten auch in Polen rechtsstaatlich orientierte Strafrechtler und empirisch orien- tierte Kriminologen den Forderungen nach ständiger Verschärfung des Strafrechts zwar ent- gegen, ohne jedoch nennenswerten Einfluss auf die Gesetzgebung ausüben zu können. Insbe- sondere vor Parlamentswahlen nutzen verschiedene populistische Parteien autoritäre Strö- mungen in der Gesellschaft und unterstützen und fördern damit eine Politik der Strafverschär- fung. Argumente über die beschränkte Wirksamkeit dieser Politik bleiben ebenso wie die In- formation ungehört, dass ca. 30.000 verurteilte Personen auf einen Platz im Gefängnis warten - ein Beweis mehr, dass die Strafverschärfung auch aus dieser Perspektive unwirksam bleibt. (ICI2)

[238-L] Däubler, Wolfgang: Die Zukunft des Arbeitsrechts, in: Arbeit und Recht : Zeitschrift für Arbeitsrechtspraxis, Jg. 53/2005, Nr. 1, S. 1-7 (Standort: UuStB Köln(38)-FHM Fa651; Kopie über den Literaturdienst erhältlich) 172 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

INHALT: "Gewerkschaften dürfen nicht nur den sozialen Rückschritt verwalten, sonst verlieren sie jede nachvollziehbare Nützlichkeit. Ihnen schlägt der Autor einerseits verstärkte Arbeit an Alltagsproblemen im Betrieb, andererseits programmatische Arbeit und generell einen Inno- vationsschub vor. Däublers Vorschläge sind: mehr Arbeitsrecht für arbeitnehmerähnliche Personen, konsequente Gleichbehandlung atypischer Beschäftigter, Beteiligung der Arbeit- nehmerseite bei Outsourcing und Erhaltung des Flächentarifs. Der Autor plädiert für Firmen- tarife, wenn ein Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist. Dann müssen aber auch Banken, Manager, Aktionäre und Gläubiger einen Beitrag leisten. Für Extremfälle, z.B. Ver- lagerung von Betrieben wohlhabender Unternehmen in Billiglohnländer, regt der Autor Verbraucherboykotts und Streiks an. Es sollte ein gesetzlicher Mindestlohn eingeführt wer- den. Eine Arbeitszeitverkürzung auf 30 Std. wäre zwar familienfreundlich, ist aber derzeit kein ernsthafter Diskussionsgegenstand. Der Autor schlägt differenzierte Regelungen je nach Arbeitsbelastung vor. Flexicurity: Eine AG bietet Beschäftigten ein Dauerarbeitsverhältnis und bringt sie jeweils dort unter, wo Bedarf besteht. Beispiele sind der sog. Gesamthafenbe- trieb oder die 'Authority' für Pflegekräfte in Privathaushalten in Kalifornien. Es bedarf inter- nationaler Regeln. Zur Innovationsförderung wichtig sind: ein wirksamer Kündigungsschutz, Abrücken von der bisherigen Praxis der Altersteilzeit und des Vorruhestandes, offene Kom- munikationskultur, Ermutigung von Querdenkern, zeitliche Freiräume, schneller Zugriff auf Forschungsmittel, ein arbeitnehmerfreundliches Arbeitnehmererfindungsrecht." (Autorenrefe- rat)

[239-L] Duncker, Anne: Ungleiches Recht für alle?: zur Rechtsgleichheit in islamischen Menschenrechtserklärungen, in: Orient : deutsche Zeitschrift für Politik und Wirtschaft des Orients ; Zeitschrift des Deutschen Orient-Instituts, Jg. 45/2004, H. 4, S. 565-581 (Standort: StBA Wiesbaden(282)-81.6568)

INHALT: Der Beitrag untersucht islamische Menschenrechtserklärungen hinsichtlich der Frage, ob dort der Aspekt der Rechtsgleichheit, also der Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz, zu dem Kanon der 'grundlegenden Menschenrechte' gehört. Dem gemäß werden den Formu- lierungen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) der Vereinten Nationen die Ausführungen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte im Islam (AEMRI), die Kairoer Erklärung sowie die Islamische Charta gegenüber gestellt. Die analysierten islami- schen Dokumente weisen deutliche Diskrepanzen zum internationalen Menschenrechtsstan- dard auf. Auch wenn die materiellrechtlichen Teile zunächst sehr ähnlich klingen, bestehen Defizite insbesondere in den Bereichen Gleichberechtigung von Frauen und Männern sowie von Muslimen und Nicht-Muslimen. Die Begriffe 'grundlegende Menschenrechte' und 'Kern- bestand der Menschenrechte' werden dabei immer wieder verwendet, ohne dass ihre Substanz definiert wird. Ein 'menschenrechtlicher Kernbestand', der einer Rechtsgleichheit aller Men- schen entbehrt, wird somit ad absurdum geführt. (ICG2)

[240-L] Engle, Eric A.: Alien torts in Europe?: human rights and tort in European law, (ZERP-Diskussionspapier, 1/2005), Bremen 2005, 76 S. (Graue Literatur; URL: http://www.zerp.uni-bremen.de/deutsch/pdf/dp1_2005.pdf) soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 173 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

INHALT: "Human rights are universally recognized. Their enforcement, however, often requires the action of particular states. This paper examines private law remedies in tort in several Member states of the European Union to remedy human rights violations occurring outside the European Union. It concludes that the laws examined are examples of universal jurisdic- tion and rights and duties of private persons under international law, which are two key ele- ments of the post-Westphalian state system." (author's abstract)

[241-L] Fehrenbacher, Ansgar: Übergangsregelungen bei der EU-Erweiterung und deren Auswirkungen im Ausländerrecht, in: Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik, Jg. 24/2004, H. 6, S. 240-246 (Standort: UuStB (Köln)38-XF442; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: Mit der Erweiterung der EU geht der Prozess der europäischen Integration weiter. Aus Sicht der EU liegt das überragende Motiv für die Osterweiterung in der dauerhaften Auswei- tung der Zone der Sicherheit, der Demokratie und der Marktwirtschaft nach Mittel- und Ost- europa. Der Beitrag zeigt die Beitrittskriterien auf, mit denen sichergestellt werden soll, dass der zum Zeitpunkt des Beitritts bereits erreichte Integrationsstand in der EU nicht mehr zu Disposition steht. Insbesondere werden die Übergangsregelungen für Arbeitnehmer und das allgemeine Freizügigkeitsrecht aus Artikel 18 EG, für Arbeitnehmer und die Dienstleistungs- freiheit, die Übergangsregelungen und die Zulassung von Arbeitnehmern zum Arbeitsmarkt, die Anwendung der Anwerbestoppausnahmeverordnung (ASAV), die Übergangregelungen und die Zulassung von Familienangehörigen zum Arbeitsmarkt, die Übergangsregelungen und die Zulassung von Berufssportlern, die Anwendung des Schengener Durchführungsüber- einkommens auf die Beitrittsstaaten analysiert. Fazit: Viele (scheinbare) Probleme werden sich dadurch lösen lassen, dass man sich bei einem Neu-Unionsbürger die Frage stellt, 'was wäre, wenn es sich um einen Italiener handeln würde'. Dies betrifft alle Nichterwerbstätigen und Selbständigen. Nur wenn ein Neu-Unionsbürger als Arbeitnehmer sich in Deutschland aufhalten will, sind die Sonderregelungen der Beitrittsverträge zu beachten. (IAB)

[242-L] Fleck, Dieter (Hrsg.): Rechtsfragen der Terrorismusbekämpfung durch Streitkräfte, (Forum Innere Führung, Bd. 24), Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges. 2004, 267 S., ISBN: 3-8329-0926-5 (Standort: UB Bonn(5)- 2004-5688)

INHALT: "In einer Zeit des sich rasant verändernden sicherheitspolitischen Umfeldes müssen sich Streitkräfte auf völlig neue Aufgaben und Handlungsfelder einstellen. Dies gilt in beson- derer Weise für die Bundeswehr vor dem Hintergrund der nach der Schaffung der deutschen Einheit gestiegenen Verantwortung für den Frieden in Europa und darüber hinaus. Strategi- sche Überlegungen wie ganz aktuelle Fragestellungen fordern die politische Leitung, die mili- tärische Führung, aber auch jeden Angehörigen der Bundeswehr zur Bestimmung seiner ei- genen Position bei Lösungsansätzen. Der konkreten Bindung an Recht und Gesetz kommt da- bei ganz besondere Bedeutung zu. Ohne deren Reflexion in den Vorjahren für die Soldaten der Bundeswehr ist eine Legitimation des Aufgaben- und Einsatzspektrums undenkbar. 'Recht und Soldatische Ordnung' waren und bleiben ein wichtiger Anwendungsbereich der Konzep- tion der 'Inneren Führung'. Von daher ist es unabdingbar, die sich fortentwickelnden Meinun- gen und Auslegungen des Völkerrechts im Auge zu behalten und am Rechtsrahmen für die 174 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

Bundeswehr zu messen. Nach dem 11. September 2001 sind der internationale Terrorismus und seine Bekämpfung ein weites Feld rechtlicher Fragestellungen." (Textauszug). Inhalts- verzeichnis: Christian Walter: Zwischen Selbstverteidigung und Völkerstrafrecht: Bausteine für ein internationales Recht der 'präventiven Terrorismus-Bekämpfung' (23-42); Martin Hochhuth: Der Begriff des Terrorismus und der formale Friedensbegriff des Völkerrechts und des innerstaatlichen öffentlichen Rechts (43-66); Wolfgang S. Heinz: Zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr in der Terrorismusbekämpfung. Analysen und Empfehlungen aus der Sicht des internationalen Menschenrechtsschutzes (67-100); Roman Schmidt-Radefeldt: Die Men- schenrechtsverpflichtungen von Streitkräften bei antiterroristischen Maßnahmen im Ausland (101-124); Stefanie Schmahl: Derogation von Menschenrechtsverpflichtungen in Notstands- lagen (125-146); Silja Vöneky: Die Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts auf terro- ristische Akte und ihre Bekämpfung (147-166); Joachim Wieland: Verfassungsrechtliche Grundlagen polizeiähnlicher Einsätze der Bundeswehr (167-182); Tade Matthias Spranger: Einsatz der Streitkräfte zur Abwehr terroristischer Bedrohungen im Luftraum (183-200); Mordechai Kremnitzer: Präventives Töten (201-222); Heike Krieger: Die gerichtliche Kon- trolle von militärischen Operationen (223-250).

[243-L] Frank, Andreas: Die Entschädigungsunwürdigkeit in der deutschen Kriegsopferversorgung: mit einem Bei- trag zur politiktheoretischen Begründung der Menschenwürde und einer rechtsvergleichen- den Untersuchung zum österreichischen Kriegsopferrecht, (Spektrum Politikwissenschaft, 26), Würzburg: Ergon Verl. 2003, 352 S., ISBN: 3-89913-298-X

INHALT: Sind auch diejenigen, die beispielsweise als Soldaten der Deutschen Wehrmacht oder als Angehörige der SS-Wachmannschaften einen gesundheitlichen Schaden erlitten haben und damit Kriegsopfer geworden sind, wiedergutmachungs- und entschädigungsberechtigt oder sind sie einer staatlichen Entschädigungsleistung nicht würdig? Kann ihr Anspruch (be- ziehungsweise der ihrer Angehörigen) ausgeschlossen, verwirkt oder kann er versagt werden? Und wie verhält es sich, wenn die Unwürdigkeit nach jahrzehntelangem Leistungsbezug fest- gestellt wird? Der Autor untersucht diese Fragen anhand der erst 1997 - nicht zuletzt wegen des massiven außenpolitischen Drucks - in das BVG (Bundesversorgungsgesetz) eingefügten Unwürdigkeitsklausel des Paragraph 1a BVG. Danach sind Leistungen an Kriegsopfer für die Zukunft zu entziehen, wenn diese während der Herrschaft des Nationalsozialismus gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen haben. Zurzeit des Inkraft- tretens im Januar 1998 lebten von ehemals 4,4 Millionen Berechtigten noch 1 Million; bis September 2001 hat es seitdem gegenüber Beschädigten 86 und (ihren) Hinterbliebenen 37 Entziehungen/Versagungen gegeben, hinzu kommen 248 Fälle laufender Ermittlungen wegen konkreter Verdachtsmomente. Der Untersuchungsgegenstand ist der Besonderheit geschuldet, dass Paragraph 1a BVG staatsgestütztes, kollektives Unrecht zugrunde liegt, das von einem Einzelnen während der Zeit des Nationalsozialismus begangen wurde. Das Fallmaterial zeigt die Anwendungsschwierigkeiten im Rahmen eingehender Interessenabwägungen auf. (ZPol, VS)

soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 175 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

[244-L] Halbach, Uwe: Drogenströme durch den GUS-Raum: Symptom und Ursache von Instabilität, (SWP-Studie, 2004/S 47), Berlin 2004, 31 S. (Graue Literatur; URL: http://www.swp-berlin.org/common/get_document.php?id=1096)

INHALT: "Durch den Schmuggel von Drogen und anderer Konterbande tangiert die Instabilität in einigen Regionen des GUS-Raums die europäische Sicherheit. Den Hintergrund für den Zu- sammenhang zwischen Schmuggel und regionaler Instabilität bilden poröse nachsowjetische Staatsgrenzen, schwache und zum Teil korrupte Sicherheitsstrukturen (Grenzschutz, Zoll, Po- lizei), lokale Gewaltmärkte und ungelöste Regionalkonflikte. Die vorliegende Studie beschäf- tigt sich mit dem von Afghanistan ausgehenden Schmuggel opiumhaltiger Drogen durch zent- ralasiatische und südkaukasische Staaten sowie durch Russland. Sie analysiert den Übergang von Transit- zu Konsumräumen für afghanische Opiate entlang der 'neuen Seidenstraße', die damit zusammenhängenden medizinischen und sozialen Probleme wie die Koppelung zwi- schen Drogenströmen und HIV-Epidemien, die Vernetzung mit anderen Schmuggelaktivitä- ten (Waffenhandel, Menschenhandel), den Zusammenhang zwischen Schmuggel und schlechter Regierungsführung, Korruption und 'schwacher Staatlichkeit' im GUS-Raum. Dar- aus werden Empfehlungen an die europäische und internationale Politik auf dem Feld der Drogenbekämpfung in Eurasien abgeleitet." (Autorenreferat)

[245-L] Hamm, Brigitte: Menschenrechte: ein Grundlagenbuch, Opladen: Leske u. Budrich 2003, 177 S., ISBN: 3-8100- 2338-8

INHALT: Die sich als Grundlagenbuch verstehende Schrift bietet einen allgemeinen Einblick in die Menschenrechtsproblematik. Als Adressaten spricht die Autorin vor allem Studierende der Sozialwissenschaften, Lehrer, Dozenten der politischen Bildung, Journalisten und allge- mein an der Thematik Interessierte an. Sowohl die übersichtliche Struktur der Kapitel als auch der gewählte sprachliche Stil ermöglichen aufgrund des weitgehenden Verzichts auf rein fachwissenschaftliche Terminologie einen leichten Zugang zu den Texten und machen damit das Buch tatsächlich für ein breites Publikum attraktiv. Die Texte durchdringt das eindeutige Votum Hamms für die Einhaltung und den Schutz der Menschenrechte, wobei man bei der Lektüre ihr starkes emotionales Engagement für die Verteidigung der Rechte der Frauen be- sonders spürt. Die anzustrebende sachliche Auseinandersetzung mit der Thematik wird durch die offene Positionierung nur im Kapitel zur Begründung der Menschenrechte und deren U- niversalität beeinträchtigt. So kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Univer- salität der Menschenrechte für Hamm eine nicht weiter fragwürdige Selbstverständlichkeit zu sein scheint. In ihren Ausführungen zur Begründung der Menschenrechte finden sich ledig- lich historische Nachzeichnungen zur Ideengeschichte und der politischen Geschichte der Kämpfe um Menschenrechte. Dem einführenden Charakter der Schrift entsprechend, er- scheint eine systematische Darstellung und Diskussion der Argumentationen zum Für und Wider der Universalität der Menschenrechte wünschenswert und angemessen. Aus dem In- haltsverzeichnis: 1. Ideengeschichtliche und historische Begründung der Menschenrechte 2. Was sind Menschenrechte? 3. Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte 4. Menschenrechte von Frauen 5. Menschenrechte und Vereinte Nationen 6. Zur Bewertung des Menschenrechtsregimes 7. Der Schutz der Menschenrechte in unterschiedlichen Regionen der Welt 8. Akteure für den Schutz der Menschenrechte: Staaten und Nichtregierungsorganisatio- 176 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

nen 9. Privatwirtschaft in der Verantwortung für den Schutz der Menschenrechte 10. Die Menschenrechtspolitik Deutschlands 11. Ausblick: Menschenrechte im 21. Jahrhundert (ZPol, VS)

[246-L] Hartwig, Ina; Spengler, Tilman (Hrsg.): Neue Rechtsordnungen, (Kursbuch, 155), Berlin: Rowohlt 2003, 192 S., ISBN: 3-87134-155-X

INHALT: Vor dem Hintergrund zunehmender Globalisierung, neuer internationaler wie nationa- ler Bedrohungslagen und nicht zuletzt eines ökonomisch erzwungenen Umbaus sozialer Re- gulierungen ist das Recht in Bewegung gekommen. Die neuen Rechtsordnungen, die sich in aktueller Rechtspolitik und Rechtsprechung abzeichnen, scheinen widersprüchliche Tenden- zen zu befördern, die teils auf Entformalisierung und Entstaatlichung, teils auf rigidere Nor- mierungs- und Sanktionslogiken des Rechts hinauslaufen. Die Autoren des neuen Kursbuches versuchen diese Entwicklungen durch Fallstudien und Impressionen zu illustrieren, die sich hauptsächlich auf Fragen des Völkerrechts, der inneren Sicherheit und der Sozialpolitik be- ziehen. Aus dem Inhaltsverzeichnis: Klaus Günther: Anwaltsimperien (1-14); Sylke Tempel: Gottesrecht im weltlichen Staat (15-27); Uwe Wesel: Die Konjunktur der Menschenrechte. Ein Ausflug nach Guantanamo (28-36); Dunja Mel?i?: Haager Wegmarken. Der postmoderne Fortschritt des Völkerrechts (37-51); Kai Strittmatter: Rote Rechtslinien. Ein chinesisches Aufbauprojekt (52-61); Claus Kreß: Jus contra bellum: Quo vadis? Das Friedenssicherungs- recht nach dem Gewalteinsatz der 'Koalition der Willigen' gegen den Irak (62-80); Günther Teubner: Globale Zivilverfassungen. Alternativen zu einer staatszentrierten Verfassungstheo- rie (81-97); Rainer Maria Kiesow: Weltrecht Ruinenrecht (98-107); Horst Meier: Die Versu- chung der Folter. Eine deutsche Bestandsaufnahme (108-121); Harald Keller: Die Fernsehge- richte. Prozesse, Prozeduren, Possen (122-133); Klaus Lüderssen: Der vergessene Blick in die Täterseele (134-146); Christian Gampert: Draußen vor der Tür. Das Bundesverfassungsge- richt benachteiligt uneheliche Kinder und grenzt ihre Väter aus (147-156); Peter Raue: Die neue Klagelust. Literatur vor Gericht - des Dichters Frust? (157-164); Heribert Prantl: Zurück in die Wälder? Über das Recht auf soziale Gerechtigkeit (165-174); Friedrich Ani: Aus den Aufzeichnungen des Ludwig G. (175-180); Christian Bommarius: Der absolute Verdacht. Es gibt kein Recht auf Innere Sicherheit (181-190). (ZPol, VS);

[247-L] Heinisch, Jan: Wohnraummiete im politischen System von BRD und DDR: eine rechtsvergleichende Unter- suchung zum Einfluss sozialistischer Ideologie auf das Schuldrecht, (Nomos Universitäts- schriften : Recht. Düsseldorfer Rechtswissenschaftliche Schriften, Bd. 28), Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges. 2004, 172 S., ISBN: 3-8329-0845-5 (Standort: ULB Düsseldorf(61)-de6523)

INHALT: "Der Autor widmet sich dem Wohnraummietrecht der BRD sowie demjenigen der ehemaligen DDR. Er untersucht das Bürgerliche Gesetzbuch und das Zivilgesetzbuch auf ihre ideologische Prägung. Durch einen Vergleich zeigt er auf, inwieweit sich die Schuldrechts- ordnung in der DDR unter dem Einfluss der sozialistischen Ideologie verändert hat. Dabei liegt das besondere Augenmerk auf dem Versuch der SED-Diktatur, das Recht zur Verwirkli- chung ihrer Ziele zu instrumentalisieren. Aus rechtstheoretischer Sicht gelangt der Autor au- ßerdem zu der abstrakten Erkenntnis, dass (und inwieweit) Zivilrecht unter verschiedenen I- soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 177 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

deologien wandelbar, aber offenbar auch im so genannten 'real existierenden Sozialismus' nicht verzichtbar war." (Autorenreferat)

[248-L] Heuser, Robert: Der Weg des "chinesischen Rechtsstaats": in neuen Schuhen auf alten Pfaden?, in: China aktuell, Jg. 33/2004, Nr. 11, S. 1221-1224 (URL: http://www.duei.de/ifa/de/content/premium/ca/Nov04/premium/Heuser.html)

INHALT: Angesichts der rechtspolitischen Entwicklung in der VR China setzt sich der Verfasser mit der Frage auseinander, welche Institute oder Strukturen der gegenwärtigen chinesischen Rechtsordnung auf die Beschränkung staatlicher Willkür abzielen und ob sie als Kontinuität traditioneller Methoden oder als beginnende Hinwendung zum Rechtsstaat zu kennzeichnen sind. Es sind im Wesentlichen Neuerungen wie Verwaltungsprozess und Staatshaftung, Nor- mierung des Verwaltungshandelns und des Verwaltungsverfahrens, die bei westlichen Beob- achtern die Vorstellung eines Rechtsstaats hervorrufen. Im Gegensatz zu solchen Vorstellun- gen sieht der Verfasser die auf eine Beschränkung staatlicher Willkür zielenden neuen Struk- turen jedoch nicht als Ausdruck einer Rechtsstaatstendenz, sondern als moderne Variante tra- ditionschinesischer Herrschaftsordnung und -technik. Diese Interpretation relativierend er- kennt der Verfasser jedoch an, dass in den neuen Rechtsstrukturen auch die Anerkennung des Bürgers als Recht-Inhaber gegenüber der Exekutive (und damit die Aufgabe des Rechtsschut- zes) impliziert ist, was als "eine Art konstitutioneller Bewegung" gesehen werden könnte. (ICE2)

[249-L] Klein, Eckart; Menke, Christoph (Hrsg.): Menschenrechte und Bioethik, (Menschenrechtszentrum der Universität Potsdam, 21), Berlin: Berliner Wissenschafts-Verl. 2004, 245 S., ISBN: 3-8305-0574-4

INHALT: Die Menschenrechte sind für viele Gesellschaften zum zentralen moralischen Orientie- rungspunkt geworden und können somit am ehesten als eine Art internationaler Normenkon- sens betrachtet werden. Allerdings stellt sich die Frage, inwieweit sie auch zum zentralen Be- zugspunkt der aktuellen bioethischen Diskussionen werden könnten, da die zur Debatte ste- henden Formen menschlichen Lebens unzweifelhaft noch keinen personalen Status haben. In den Beiträgen des ersten Teils wird analysiert, inwieweit die Zugehörigkeit zur Spezies Mensch oder das 'Personsein' Bedingung für die Zuerkennung der Menschenrechte ist und ob sich ein Lebensrecht für die frühen Formen menschlichen Lebens aus den Menschenrechten begründen lässt. Der zweite Teil trägt den Titel 'Eugenik und Freiheit'. Darin geht es um ein- zelne Aspekte der Reproduktionsmedizin sowie das mögliche Verbot der Präimplantationsdi- agnostik. Im letzten Kapitel diskutieren die Autoren die Rolle des Staates und entwickeln Handlungsempfehlungen für die Ausgestaltung von Institutionen und Strukturen. Das Buch dokumentiert eine Tagung, die am genannten Zentrum im Jahre 2003 stattfand. Aus dem In- haltsverzeichnis: I. Leben und Würde: Walter Schweidler: Gattungszugehörigkeit als Person- sein - Zur rechtlichen Konstitution des Menschen (13-23); Werner Heun: Gattungszugehörig- keit oder Personsein als Anknüpfungspunkt der Menschenrechte? (24-41); Christoph Enders: Gattungszugehörigkeit oder Personsein als Anknüpfungspunkt der Menschenrechte? - Kom- mentar (42-48); Ernst Benda: Das Verhältnis von Menschenwürde und Lebensrecht (49-64); Anton Leist: Das Verhältnis von Menschenwürde und Lebensrecht (65-88); II. Eugenik und 178 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

Freiheit: Matthias Kettner: Reproduktionsmedizin in den Grenzen der Menschenrechte (91- 110); Reinhard Merkel: Verbot der Präimplantationsdiagnostik: Zur Frage der rechtlichen und ethischen Legitimation (111-145); Gesa Lindemann: Menschenwürde und Lebendigkeit (146- 173); Martin Honecker: Woher stammen die Kriterien menschlicher Normalität? (174-186); III. Die Verantwortung des Staates: Görg Haverkate: Staatliche Entscheidung und Neutralität im Streit um die Humangenetik (189-202); Helmuth Schulze-Fielitz: Bioethische Beratungs- und Entscheidungsgremien als Schutzmechanismen für Menschenrechte? (203-237); Chris- toph Enders: Die Verantwortung des Staates - Kommentar (238-239). (ZPol, VS)

[250-L] Koenig, Christian; Lorz, Alexander (Hrsg.): Die Universalität der Menschenrechte: philosophische Grundlagen ; nationale Gewährleis- tungen ; internationale Garantien, (Veröffentlichungen des Walther-Schücking-Instituts für In- ternationales Recht an der Universität Kiel, 143), Berlin: Duncker & Humblot 2003, 404 S., ISBN: 3-428-10746-2

INHALT: Aus Anlass des 60. Geburtstages Riedels haben einige seiner akademischen Schüler diesen Sammelband zusammengestellt. Er enthält eine Auswahl von Beiträgen und Aufsät- zen, die in den letzten Jahren an unterschiedlichen Stellen veröffentlicht wurden. Übergrei- fendes Thema sind die Bemühungen um die Aufrechterhaltung und Durchsetzung des univer- salen Geltungsanspruchs der Menschenrechte. Neben einigen rechts- und staatstheoretischen Ausführungen steht dabei der Forschungs- und Arbeitsschwerpunkt des Autors - die wirt- schaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte - im Vordergrund. An vielen Stellen kommt hier das praktische Engagement des Autors im entsprechenden UN-Ausschuss zur Geltung, welches den Beiträgen eine besondere Sachkunde und Aktualität beschert. Der Sam- melband bietet damit nicht nur einen Überblick über das bisherige fachliche Wirken Riedels, sondern stellt zugleich ein Kompendium einiger zentraler Fragestellungen des Umweltvölker- rechts und des Menschenrechtsschutzes dar. Aus dem Inhaltsverzeichnis: I. Der Universali- tätsanspruch des Rechts als Grundlage menschenrechtlicher Forderungen: Standards and Sources. Farewell to the Exclusivity of the Sources Triad in International Law? (1991); Recht, Zwang, Effektivität - Muß Recht justizförmig sein? (1995); International Environ- mental Law - A Law to Serve the Public Interest? - An Analysis of the Scope of the Binding Effect of Basic Principles (1997); Universeller Menschenrechtsschutz - Vom Anspruch zur Durchsetzung (1998); Universality of Human Rights and Cultural Pluralism (1999); II. Nati- onale Gewährleistung universeller Menschenrechtsgedanken: Die Habeas Corpus-Akte - 300 Jahre Tradition und Praxis einer britischen Freiheitsgarantie (1980); Die Eigentumsgarantie als Problem des Verfassungsrechts und der Allgemeinen Staatslehre am Beispiel Großbritan- niens (1982); The Bill of Rights Fallacy? (1983); Gentechnologie und Embryonenschutz als Verfassungs- und Regelungsproblem (1986); Die Grundrechtssaat ist aufgegangen - Zeit nachzusähen? (1999); III. Internationale Garantien universeller Menschenrechte: Die Mei- nungsfreiheit als Menschenrecht und ihre Verbürgung durch die Europäische Menschen- rechtskonvention - Ansätze zu einer internationalen Menschenrechtsordnung (1986); Asserti- on and Protection of Human Rights in International Treaties and Their Impact on the Basic Law (1987); Menschenrechte der dritten Dimension (1989); Menschenrechte als Gruppen- rechte auf der Grundlage kollektiver Unrechtserfahrungen (1999); Verhandlungslösungen im Rahmen des Sozialpakts der Vereinten Nationen (2001). (ZPol, VS)

soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 179 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

[251-L] Koreuber, Mechthild; Mager, Ute (Hrsg.): Recht und Geschlecht: zwischen Gleichberechtigung, Gleichstellung und Differenz, (Schriften zur Gleichstellung der Frau, Bd. 27), Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges. 2004, 215 S., ISBN: 3- 8329-0782-3 (Standort: ULB Düsseldorf(61)-jurd1674)

INHALT: "Die Themen des vorliegenden Buches sind weit gespannt. Sie gelten zivilrechtlichen, strafrechtlichen, öffentlich-rechtlichen Fragestellungen. Sie richten den Blick auf Gesetz- gebung, administrativen Gesetzesvollzug und kontrollierende Rechtsprechung. Sie behandeln verfassungsrechtliche und europarechtliche Vorgaben. Sie reflektieren grundsätzlich und rechtstheoretisch, und sie führen dies alles zusammen in praxisnah ausfallenden Analysen zu aktuellen Einzelproblemen. Sie sind konzentriert in allererster Linie auf die deutsche Rechts- ordnung und Rechtswirklichkeit. Das könnte vielleicht fortgesetzt werden unter Einbeziehung auch des Völkerrechts und vor allem den Kontinent Europa überschreitender Rechtsverglei- chung. Denn der interkulturelle Vergleich, die Erkundung des Anderen bei der Suche nach dem konsensfähigen Gemeinsamen - das sind wichtige Aufgaben (auch) der Rechtswissen- schaft in dem Kontext der so genannten Globalisierung." (Textauszug). Inhaltsverzeichnis: Philip Kunig: Geleitwort (5-8); Mechthild Koreuber, Ute Mager: Recht und Geschlecht - Eine interdisziplinäre Einführung (9-18); Susanne Baer: Justitia ohne Augenbinde? - Zur Kategorie Geschlecht in der Rechtswissenschaft (19-32); Beate Rudolf: Verankerung des Gleichstel- lungsgebots auf Europaebene - Fortschritt oder Regression? (33-58); Sabine Berghahn: Der Ritt auf der Schnecke - Rechtliche Gleichstellung in der Bundesrepublik Deutschland (59- 80); Ursula Nelles: Der Gesetzgeber und die Interessen der Frauen (81-98); Alexandra Goy: Sexuelle Belästigung - Ein juristisch unscharfer Sachverhalt? (99-108); Konstanze Plett: Das unterschätzte Familienrecht - Zur Konstruktion von Geschlecht durch Recht (109-120); Christine Fuchsloch: Moderne und geschlechtergerechte Anforderungen an eine Alterssiche- rung (121-136); Margot Gebhardt-Benischke: Gender Mainstreaming, Frauenförderung und Rechtsentwicklung im Hochschulbereich - Vom Machtverhältnis zum Rechtsverhältnis und Verfahren (137-152); Elke Gurlit: Vergabe öffentlicher Aufträge als Instrument der Frauen- förderung (153-170); Marion Eckertz-Höfer: Frauenförderung im öffentlichen Dienst - Wirk- samkeitsfragen (171-192); Jutta Limbach: Wie männlich ist die Rechtswissenschaft? (193- 206).

[252-F] Kovács, Erika, Dr. (Bearbeitung); Birk, Rolf, Prof.Dr. (Betreuung): Die Tariffähigkeit im deutschen und ungarischen Arbeitsrecht (Arbeitstitel)

INHALT: Die deutschen arbeitsrechtlichen Regelungen waren ein Vorbild für Ungarn bei der Neuregelung des ungarischen Arbeitsrechts nach der Wende. Es sollen die Ähnlichkeiten und Unterschiede im ungarischen und deutschen Arbeitsrecht bezüglich der Ziele, Voraussetzun- gen und Umsetzung der Tariffähigkeit untersucht werden. Das Ziel dieser Arbeit ist es, die folgenden Probleme im ungarischen Arbeitsrecht zu analysieren und Lösungsansätze anzubie- ten: Vermischung der Zuständigkeiten des Tarifvertrages und der Betriebsvereinbarung; Do- minanz des Haustarifvertrages als Tarifform; mangelnde Regelungen auf überbetrieblicher Ebene. GEOGRAPHISCHER RAUM: Deutschland, Ungarn ART: Dissertation BEGINN: 2004-09 ENDE: 2006-09 AUFTRAGGEBER: keine Angabe FI- NANZIERER: Institution INSTITUTION: Institut für Arbeitsrecht und Arbeitsbeziehungen in der Europäischen Gemein- schaft -IAAEG- an der Universität Trier (54286 Trier) 180 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

KONTAKT: Bearbeiterin (Tel. 0651-201-4745, e-mail: [email protected])

[253-L] Kreß, Hartmut (Hrsg.): Religionsfreiheit als Leitbild: Staatskirchenrecht in Deutschland und Europa im Prozess der Reform, (Ethik Interdisziplinär, Bd. 5), Münster: Lit Verl. 2004, 350 S., ISBN: 3-8258-7364-1 (Standort: UB Bonn(5)-2004-4937)

INHALT: "Seit einigen Jahren findet in der Bundesrepublik Deutschland sowie in zahlreichen anderen europäischen Staaten das Religions- und Staatskirchenrecht wieder erhebliche Be- achtung. Im Kontext des heutigen- weltanschaulichen Pluralismus bahnt sich hierzu ein rechtspolitischer Reformprozess an. Über die Stellung der Kirchen und Religionsgemein- schaften in der Gesellschaft entzünden sich Debatten, die sogar in der breiteren Öffentlichkeit Aufmerksamkeit beanspruchen. Durch die Fortschritte in der europäischen Einigung, konkret auch durch die Kontroverse darüber, ob die Verfassung der Europäischen Union den Namen Gottes nennen solle, ist nochmals zusätzliche Dynamik entstanden. Die Grundlagen sowie die Einzelbestimmungen des Staatskirchen- und Religionsrechts, die in der Bundesrepublik Deutschland, in anderen Staaten Europas oder europarechtlich eine Rolle spielen, werden zu- künftig abgesehen davon, dass die Kirchen sie erörtern, zu einem gewichtigen Gegenstand der Rechtspolitik und richterlichen Rechtsfortbildung sowie zum Thema der Rechtswissen- schaften und der Sozialethik werden." (Textauszug). Inhaltsverzeichnis: Frank Surall: Religi- onsfreiheit als Leitbild. Einführung in die Beiträge des Bandes (9-18); Hartmut Kreß: Religi- onsfreiheit und Toleranz als Leitbild: Kulturelle Grundlagen - sozial- und rechtsethische Problemstellungen (21-58); Gerhard Höver: 'Das Recht der Person und der Gemeinschaften auf gesellschaftliche und bürgerliche Freiheit in religiösen Dingen'. Zur Grundlegung und Konkretisierung der Religionsfreiheit im Verständnis der katholischen Kirche (59-77); Her- mann Weber: Rechtspolitische Probleme der Kirchensteuer (81-103); Hermann Reichold: Selbstbestimmung der Kirche oder (nur) Tendenzschutz? Europa und das deutsche kirchliche Arbeitsrecht (105-118); Stefan Muckel: Der Islam im Staatskirchenrecht der Bundesrepublik Deutschland (119-139); Ralf B. Abel: Sekten, Psychogruppen, neue Heilskonzerne. Religi- onsrecht als Mittel zum Zweck? (141-165); Hans Michael Heinig: Das Religionsverfassungs- recht im Konventsentwurf für einen 'Vertrag über eine Verfassung für Europa' (169-183); Fe- lix Leinemann: Das Religionsrecht in Europa. Der Beitrag und Stellung der christlichen Kir- chen (185-198); Peter Hintze: Politik und Religion im Europa der Moderne (199-214); Günter Eßer: Nationale Kirchen und internationale Kirchenunion am Beispiel der Utrechter Union der alt-katholischen Kirchen (215-236); Sophie van Bijsterveld: Staat und Kirche in den Nie- derlanden. Grundstrukturen und neue Dynamik (239-256); Dieter Kraus: Der Verhältnis von Staat und Kirche bzw. Religionsgemeinschaften in der Schweiz (257-273); Oliver O'Dono- van: 'Establishment'. State-Church Relations in England (275-292); Jozef Krukowski: Grundsatzfragen des Staatskirchenrechts in Polen (293-304); Martin Illert: Die neuere Ent- wicklung im Verhältnis zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften in Bulgarien (305-318); Martin Hauser: Aktuelle rumänische Religionsgesetzgebung auf dem Hintergrund der rumänischen Geschichte (319-336); Werner Theobald: Pluralismus und Religionsfreiheit in Russland. Die Wiederentdeckung religiöser Philosophie im postsowjetischen Gegenwarts- denken (337-347).

soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 181 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

[254-F] Lohmann, Ulrich, Prof.Dr.Dr. (Bearbeitung): Zur Rechtsordnung der DDR. Annotierte Beiträge aus den Jahren 1977 bis 1996. Mit einem resümierenden Nachwort

INHALT: 'Objektive Erfahrungen und deren subjektive Verarbeitung von DDR-Geschichte' sol- len unter der Perspektive 'Unrechtsstaat' oder 'sozialistische Errungenschaften' untersucht werden. Der Autor möchte seine 'langjährige fachliche Beobachtung und Interpretation des DDR-Rechts systematisch ordnen und, mit einem resümierenden längeren Nachwort verse- hen, in einem Band zusammenfassen'. Die dieser Analyse zugrundeliegenden Erfahrungsbe- richte sind 'weitgehend zu DDR-Zeiten geschrieben worden' - also ohne Verfügbarkeit heuti- ger Kenntnisse und Beurteilungskriterien -, so dass eine unvoreingenommene realitätsnahe Analyse erwartet werden kann. In die betreffende Analyse sollen Kriterien der 'Rechtsphilo- sophie, gefolgt von der Menschen- und Grundrechtstheorie sowie der Staats- und Verfas- sungslehre' einfließen. Im Anschluss daran sollen Zivil- und Familienrecht, Strafrecht, Ar- beitsrecht, Sozialrecht, Gerichtsverfassungs- und -verfahrensrecht in dem fraglichen Zusam- menhang reflektiert werden. Hierbei soll 'Recht ... nicht in seiner inneren Dogmatik, sondern als Subsystem der Gesellschaft in seinen sozialen Auswirkungen erfasst' werden. Die Rele- vanz dieses Projektes für die Lehre und Berufspraxis ergibt sich durch die Intention, mit dem betreffenden Wissen die 'Voraussetzungen, Implikationen und Auswirkungen unseres Hilfe- systems durch die Befassung mit dem Betreuungsmodell der DDR plastischer (zu) machen'. ART: keine Angabe AUFTRAGGEBER: keine Angabe FINANZIERER: keine Angabe INSTITUTION: Fachhochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin (Alice-Salomon- Platz 5, 12627 Berlin) KONTAKT: Bearbeiter (Tel. 030-99245-525, e-mail: [email protected])

[255-L] Mahler, Claudia; Weiß, Norman (Hrsg.): Menschenrechtsschutz im Spiegel von Wissenschaft und Praxis, (Menschenrechtszentrum der Universität Potsdam, 20), Berlin: Berliner Wissenschafts-Verl. 2004, 373 S., ISBN: 3-8305-0581- 7

INHALT: Die Autoren geben einen Überblick über verschiedene Aspekte des Menschenrechts- schutzes aus der Sicht der Rechtswissenschaft, der Philosophie, Politikwissenschaft und Ge- schichtswissenschaft. Auch Praktiker der Menschenrechtsarbeit kommen zu Wort. Die Bei- träge basieren auf einer Vortragsreihe, die im Wintersemester 2002/2003 vom Menschen- Rechtszentrum der Universität Potsdam veranstaltet wurde. Sie sind so unterschiedlichen Themen gewidmet wie der Bioethik, dem Internationalen Strafgerichtshof, der Europäischen Grundrechtecharta, dem Edikt zu Potsdam und der Französischen Menschenrechtserklärung von 1789. Aus dem Inhaltsverzeichnis: Christoph Menke: Menschenrechte und Gemeinsinn (9-28); Anne Dieter: Das Edikt von Potsdam - Ein Beitrag zu seiner Entstehungsgeschichte (29-53); Anna Golze: Die Französische Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 - Historisches Dokument oder Instrument für den Grundrechtsschutz heute? (54-89); Stefan Gosepath: Menschenrechte als Grundsicherung (90-109); Daniel Thym: Charta, Grundgesetz und EMRK: Ein kohärentes Gesamtsystem des Grundrechtsschutzes in Europa? (110-147); Claudia Mahler / Norman Weiß: Europäische Menschenrechtskonvention und nationales Recht: Deutschland - eine Spurensuche / Österreich - ein Königsweg? (148-213); Franca Fül- le: Aktuelle Rechtsfragen der Bioethik im nationalen, europäischen und internationalen Ver- gleich (214-256); Claudia Mahler: Der Internationale Strafgerichtshof (ICC) (257-291); Nor- 182 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

man Weiß: Sind Minderheitenrechte Menschenrechte? (292-320); Beate Mäder-Metcalf: Prä- ventive Menschenrechtspolitik? (321-327); Anja Mihr: Menschenrechtsbildung: Grundlagen, Methoden, Möglichkeiten, Grenzen (328-358); Wolfgang S. Heinz: Handlungsstrategien für die Umsetzung der Menschenrechte - Aus der Arbeit des Deutschen Instituts für Menschen- rechte (359-371); (ZPol, VS)

[256-F] Mahler, Claudia, Dr.jur.; Weiß, Norman, Dr.jur. (Bearbeitung): MenschenRechtsschutz im Spiegel von Wissenschaft und Praxis

INHALT: Der vorliegende Band versammelt Beiträge sowohl aus unterschiedlichsten wissen- schaftlichen Forschungsdisziplinen (Rechtswissenschaften, Philosophie, Politologie, Ge- schichtswissenschaften u.a.) als auch der praktischen Menschenrechtsarbeit. Diskutiert wer- den grundlegende und aktuelle Themen des internationalen Menschenrechtsschutzes: Bio- ethik, Internationaler Strafgerichtshof, Europäische Grundrechtecharta sowie Menschen- rechtsbildung. In den Beiträgen zum Edikt von Potsdam und der Französischen Menschen- rechtserklärung von 1789 werden die geschichtlichen Grundlagen erläutert und auf ihre aktu- ellen Auswirkungen hin untersucht. Systematische Auseinandersetzungen mit grundlegenden menschenrechtlichen Fragen nehmen die Arbeiten zu Minderheitenrechten, dem Vergleich der Auswirkungen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Deutschland und Österreich, Menschenrechten und Gemeinsinn sowie Menschenrechten als Grundsicherung vor. Beiträge zu der Menschenrechtspolitik im Auswärtigen Amt und der Arbeit des deutschen Instituts für Menschenrechte liefern mit ihrer handlungsorientiert- analytischen Betrachtungsweise eine wertvolle Ergänzung. Die Beiträge gehen auf Vorträge zurück, die im Wintersemester 2002/2003 in der vom MenschenRechtsZentrum der Universi- tät Potsdam seit 1995/96 regelmäßig veranstalteten Reihe "Ausgewählte Fragen des Men- schenrechtsschutzes" gehaltenen wurden. Sie verschaffen einen ausgezeichneten Einblick in den Stand der derzeitigen Menschenrechtsdiskussion in Theorie und Praxis. VERÖFFENTLICHUNGEN: Mahler, Claudia; Weiß, Norman: Menschenrechtsschutz im Spie- gel von Wissenschaft und Praxis. Berlin: Berliner Wiss.-Verl. 2004, 373 S. ISBN 3-8305- 0581-7. ART: Eigenprojekt; gefördert BEGINN: 2002-10 ENDE: 2003-02 AUFTRAGGEBER: nein FI- NANZIERER: Institution; Margarete-Markus-Charity INSTITUTION: Universität Potsdam, MenschenRechtsZentrum (August-Bebel-Str. 89, 14482 Potsdam) KONTAKT: Weiß, Norman (Dr. Tel. 0331-9773450, e-mail: [email protected])

[257-L] Matthiessen, Stephanie: Gemeinsame elterliche Sorge in scheidungssoziologischer Perspektive, (Europäische Hoch- schulschriften. Reihe 2, Rechtswissenschaft, Bd. 4042), Frankfurt am Main: P. Lang 2004, 290 S., ISBN: 3-631-53060-9

INHALT: "Die Arbeit befasst sich mit der Entwicklung des elterlichen Sorgerechts nach der Scheidung. Das am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Kindschaftsrechtsreformgesetz hat die Re- gelung der elterlichen Sorge aus dem Zwangsverbund der Scheidung herausgenommen. Dies hat zur Folge, dass eine gerichtliche Sorgerechtsregelung bei Trennung der Eltern nach der Konzeption des neuen Paragraph 1671 BGB nur auf Antrag eines Elternteils erfolgt. Stellt soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 183 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

kein Elternteil einen Antrag, bleibt es bei der gemeinsamen Sorge, auch wenn die Eltern zer- stritten und nicht kooperationsbereit sind. Vor dem Hintergrund des Wandels der Geschlech- terrollen, den daraus resultierenden Veränderungen der Rollendefinitionen und Konfliktsitua- tionen zwischen Mann und Frau sowie des Verständnisses von Ehe, Familie und anderen Le- bensformen, wird schwerpunktmäßig die Problematik und der Begründungszwang einer Mut- ter dargestellt, die ein gemeinsames Sorgerecht nach Scheidung ablehnt." (Autorenreferat)

[258-L] McEldowney, John; Weick, Günter (Hrsg.): Human Rights in Transition, Frankfurt am Main: P. Lang 2003, 231 S., ISBN: 3-631-51102-7

INHALT: In der britischen Demokratie verkörperte das Parlament Jahrhunderte lang die Volks- souveränität und die oberste Rechtsgewalt. Die demokratisch gewählte Volksvertretung als Gesetzgeberin sollte prinzipiell nicht durch ein Verfassungsdokument oder internationale Verträge gebunden sein. In der Bundesrepublik Deutschland kommt demgegenüber dem Grundgesetz, vergleichbar der US-amerikanischen Verfassung, höchste Rechtsgeltung zu, so- dass sich die deutsche und die britische Demokratie hier bislang fundamental unterschieden. Die von der neu gewählten Labour-Regierung 1998 verabschiedete britische Menschen- rechtsakte, mittels derer die Europäische Menschenrechtskonvention in das britische Recht übernommen wurde, stellt vor diesem Hintergrund einen Einschnitt in der englischen Rechts- kultur dar. Dieser war mit motivierend für einen englisch-deutschen Erfahrungsaustausch: Im Herbst 2000 fand in Warwick ein Symposium zu den deutschen und britischen Erfahrungen in der Menschenrechtspolitik statt. Die in diesem Band abgedruckten Symposiumsbeiträge sind staatsrechtlich oder rechtsphilosophisch ausgerichtet, stellen jedoch durch ihren Analy- segegenstand, die europäische Menschenrechtsdebatte, auch politikwissenschaftlich sehr re- levante Untersuchungen dar. Aus dem Inhaltsverzeichnis: John McEldowney: Human Rights in Transition: The Human Rights Act 1998 (9-30); Dallal Stevens: Asylum Law in the UK: New Beginnings or a False Dawn? (69-83); Samantha Halliday: A comparative analysis of some of the legal parameters of the right to life and the right to privacy in the regulation of abortion (85-105); Alan C. Neal: Fundamental Social Rights in the European Union: 'Floor of Rights' or 'Drift to the Bottom'? (107-125); Rhiannon Talbot: Draconian Powers, Experimen- tation and Human Rights in British Counter-terrorism Legislation (127-157); Jan Schapp: Problems of Universal Validity of Human Rights (159-166); Thomas Groß: Immigration and Asylum Law under European Influence (167-180); Günter Heine: Civil Liberties and EURO- POL: Towards a European Police Office Empowered to Operational Matters? (181-192); Raimund Waltermann: Human Rights and Civil Liberties in European and in German Social Security Law (201-207). (ZPol, VS)

[259-L] Mett, Frauke: Das Konzept des Selbstbestimmungsrechts der Völker: eine Arbeit unter besonderer Be- rücksichtigung der Auflösung der Sowjetunion und des Zerfalls Jugoslawiens, (Europäische Hochschulschriften. Reihe 2, Rechtswissenschaft, 3822), Frankfurt am Main: P. Lang 2004, 405 S., ISBN: 3-631-51402-6

INHALT: Die Autorin hat die Vielzahl von Fällen, in denen ethnische Gruppen in den 90er- Jahren das Selbstbestimmungsrecht für sich forderten, zum Anlass genommen, das Konzept an sich zu untersuchen. Dazu gibt sie zunächst eine Einführung in die philosophischen 184 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

Grundlagen des Selbstbestimmungsrechts. Sie zeigt, dass zwei grundlegende Konzepte prä- gend waren, die sich heute noch im Konflikt zwischen territorialer und ethnischer-nationaler Ausrichtung äußern: einerseits das aus der Aufklärung stammende demokratische Selbstbe- stimmungskonzept und andererseits das nationale. In einem weiteren Schritt stellt Mett dann die Entwicklung des Selbstbestimmungsrechts bis 1990 dar. Sie weist nach, dass seit der De- kolonialisierung ein Konzept einheitlich und kontinuierlich angewandt wurde. Dieses beruhe auf der Trägerschaft: 'Träger des Selbstbestimmungsrechts ist jede territoriale Einheit, der in den internationalen Beziehungen ein eigener Status zukommt.' (200) Im dritten Teil der Ar- beit werden dann anhand der Auflösung der Tschechoslowakei und Eritreas, der Sowjetunion und Jugoslawiens die Entwicklungen von 1990 bis 2000 nachgezeichnet. Die Autorin betont, dass die Entscheidung über die Trägerschaft des Selbstbestimmungsrechts immer beim Staatsvolk liegt. So könne auch aus der Auflösung eines Staatsvolks die Trägerschaft für ein eigenes Selbstbestimmungsrecht ethnischer Gruppen erwachsen. (ZPol, VS)

[260-L] Möschel, Wernhard: Dezentrale Lohnfindung und Tarifautonomie: Vortrag, gehalten am 7. Juli 2003 beim 'Münchner Seminar' im ifo Institut, in: Ifo-Schnelldienst : Wochenberichte, Jg. 56/2003, H. 15, S. 7-14 (Standort: UuStB Köln(38)-FHM XG1454; Kopie über den Literaturdienst erhältlich; URL: http://www.econdoc.de/_de/indexifos.htm)

INHALT: Für die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland wird u.a. die Starrheit in der Ordnung des Arbeitsmarktes, vor allem die Praxis des Flächentarifvertrages, verantwortlich gemacht. Als Abhilfe wird eine stärkere Dezentralisierung der Lohnfindung diskutiert. Zunächst wird unter dem Aspekt der Uniformität die Praxis der Tarifverträge dargestellt; hierher gehört auch das Phänomen tarifvertraglich vereinbarter Öffnungsklauseln, im Unterschied zu den erst noch einzuführenden gesetzlichen Öffnungsklauseln. Begründet wird dann, dass schon das gelten- de Recht in hohem Maße Flexibilität ermöglicht, dies auch im Sinne betriebsnäher geführter Lohnverhandlungen. Aufgezeigt werden dann die verschiedenen Positionen, welche gegen- wärtig auf der Ebene des Gesetzgebers im Hinblick auf gesetzliche Öffnungsklauseln formu- liert werden. Abschließend werden die unterschiedlichen Lösungsansätze mit der grundge- setzlichen geschützten Autonomie der Tarifparteien konfrontiert, um im gegebenen rechtli- chen Rahmen dem Flächentarifvertrag und damit dem Arbeitsmarkt größere Flexibilität zu verleihen: inhaltlich unbeschränkte Öffnungsklauseln, Verknüpfung der Öffnungsklauseln mit dem so genannten Günstigkeitsprinzip, Experimentierklauseln. Der verfassungsrechtliche wie polit-ökonomisch sinnvollste Reformvorschlag ist eine Verbindung gesetzlicher Öff- nungsklauseln mit dem Günstigkeitsprinzip. (IAB)

[261-L] Neue Hoffnung für betriebliche "Bündnisse für Arbeit" nach dem Urteil des BAG vom 19.3.2003?, in: Betriebs-Berater : Zeitschrift für Recht und Wirtschaft, Jg. 58/2003, H. 48, S. 2569-2574 (Standort: UuStB Köln(38)-FHM Fa548; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: "Nachdem man bis zum Jahr 1999 auf eine Entscheidung des BAG zu betrieblichen Beschäftigungsbündnissen und dem Kampf der Gewerkschaften hiergegen warten musste, liegt jetzt in Zeiten der konjunkturellen Krise nach 'nur' weiteren vier Jahren eine erneute Ent- scheidung des BAG zu dieser Rechtsfrage vor. Hatte der 1. Senat in seinem 'Burda-Beschluss' vom 20.4.1999 (BB 1999, 1657) noch alle Hoffnung zur Umsetzung von betrieblichen Be- soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 185 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

schäftigungspakten zunichte gemacht, scheinen sich nach der Entscheidung des 4. BAG- Senates vom 19.3.2003 (4 AZR 271/02, BB 2003, 2355) die Chancen für eine Umsetzung dieser Beschäftigungsabreden, für die in der Praxis nach wie vor ein großes Bedürfnis be- steht, erheblich verbessert zu haben." (Autorenreferat)

[262-L] Neuhold, Brita; Pirstner, Renate; Ulrich, Silvia: Menschenrechte - Frauenrechte: internationale, europarechtliche und innerstaatliche Di- mensionen, Innsbruck: Studien-Verl. 2003, 316 S., ISBN: 3-7065-1812-0

INHALT: Mit ihrer als Einführung konzipierten Überblicksdarstellung über den Zusammenhang von Menschenrechten und Frauenrechten wollen die Autorinnen 'dazu beitragen, den 'blinden Fleck' im internationalen, europäischen und innerstaatlichen Recht und die Ausklammerung von Frauenrechten aus juristischer Theorie und Praxis zu beleuchten' (15). An diesen drei Rechtsbereichen orientiert sich auch die Gliederung des Bandes. Brita Neuhold stellt zunächst die historische Genese der Menschenrechte vor und diskutiert im Hauptteil ihres Beitrags drei Problemkreise, die sie heute als zentral für die Verwirklichung von Frauenrechten ansieht: die Diskussion über Universalität und Partikularität von Menschenrechten, die Nachrangigkeit wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Menschenrechte und schließlich die zunehmende Gewalt gegen Frauen. Im zweiten Teil des Handbuchs befasst sich Renate Pirstner mit den europarechtlichen Dimensionen der Gender-Problematik. Sie stellt die Entstehung der ent- sprechenden Normen auf EU-Ebene dar und erläutert die Vertragsnormen im Arbeitsrecht sowie die Vorschriften zum Gewaltschutz. In Teil III untersucht Silvia Ulrich dann die Gen- der-Dimension in der österreichischen Rechtsprechung. (ZPol, VS)

[263-L] Neves, Marcelo: Vom Rechtspluralismus zum sozialen Durcheinander: der Mangel an Identität der Rechts- sphäre(n) in der peripheren Moderne und seine Implikationen in Lateinamerika, in: Hauke Brunkhorst, Gerd Grözinger, Wenzel Matiaske (Hrsg.): Peripherie und Zentrum in der Weltgesell- schaft, München: Hampp, 2004, S. 165-194, ISBN: 3-87988-875-2

INHALT: "Marcelo Neves greift eine andere rechtsphilosophische Auseinandersetzung auf, die aber eine strukturelle Ähnlichkeit mit der Frage von Universalität vs. Differenz hat. Sein Bei- trag beschäftigt sich mit der Genese von Rechtsaussagen: sind sie monistisch zu interpretieren oder gibt es nicht ganz verschiedene, darunter auch staatsferne Quellen? Mit Bezug auf Teubner wird dabei zwischen 'autopoetischem', 'teil-autonomen' und 'gesellschaftlich diffu- sem' Recht unterschieden. Stellt sich schon hier die Frage nach dem, vermutlich prekären, Zusammenwirken solch unterschiedlicher Formen, ist eine Übertragung auf latein-ameri- kanische Verhältnisse vollends problematisch. Die dort aufzufindende 'periphere Moderne' mit ihren Durchdringungen von Recht, Politik und Wirtschaft erlaubt den einzelnen Sphären nicht ausreichend die funktionale Geschlossenheit des europäischen/nordamerikanischen Typs. Es kommt statt dessen nur zu einem 'sozialen Durcheinander'. Eine rechtspluralistische Interpretation Lateinamerikas verstärkt diese Fehlentwicklung. Denn dass Rechtssysteme e- xistieren, ist noch nicht ausreichend für eine Aussage über ihre Effizienz: dazu bedarf es der Überwindung partikularistischer Interessen." (Autorenreferat)

186 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

[264-L] Nolte, Georg; Schreiber, Hans-Ludwig (Hrsg.): Der Mensch und seine Rechte: Grundlagen und Brennpunkte der Menschenrechte zu Be- ginn des 21. Jahrhunderts, Göttingen: Wallstein 2004, 204 S., ISBN: 3-89244-757-8

INHALT: Der Band dokumentiert die Ergebnisse einer Göttinger Ringvorlesung aus dem Som- mersemesters 2003. Aus dem Inhaltsverzeichnis: Christian Starck: Menschenrechte - aus den Büchern in die Verfassungen (9-27); Wilfried Barner: Unmenschlichkeit: Vorspiele auf dem Theater (28-50); Jochen Abr. Frowein: Terrorismus als Herausforderung für den Menschen- rechtsschutz (51-70); Tilman Zülich: Auf keinem Auge blind: Der Einsatz für die Rechte be- drohter Völker (71-85); Georg Nolte: Messias oder Machiavell? Die Menschenrechtspolitik der USA (86-107); Kerstin Müller: Aktuelle Herausforderungen der internationalen Men- schenrechtspolitik und die Rolle der Bundesrepublik Deutschland (108-120); Tilman Nagel: Erst der Muslim ist ein freier Mensch! Die Menschenrechte aus islamischer Sicht (121-136); Ai-er Chen: Das Verständnis der Menschenrechte in China und im Westen (137-150); Ilona Ostner: Wem gehört das Kind? Von der elterlichen Gewalt zum Recht des Kindes (151-170); Werner Heun: Gleichheit im Zeitalter neuer Ungleichheit (171-191); Thomas Buergenthal: Legitimität von Regierungen und die Menschenrechtskonvention (192-202). (ZPol, VS)

[265-L] Peter, Erich: Unbegleitete Minderjährige im Lichte des Zuwanderungsgesetzes und der EU-Asylrechts- harmonisierung, in: Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik, Jg. 25/2005, H. 1, S. 11- 18 (Standort: UuStB (Köln)38-XF442; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: Wie schon bei der Asylrechtsnovelle in den Jahren 1992/1993 war die Rechtsstellung der unbegleiteten Flüchtlingskinder auch im Diskurs um die Ausgestaltung des Zuwande- rungsgesetzes (ZuwG) nur ein Randthema. Festzuhalten bleibt aber, dass nach 11 Jahren der Erörterung der rechtlichen Situation dieser Kindesgruppe nun ein Anlass gekommen ist, das deutsche Ausländer- und Asylrecht an die völkerrechtlichen Vorgaben der UN-Kinderrechts- konvention (KRK) anzupassen. Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung hat das Gesetzes- paket jedoch noch nicht seine vorerst abschließenden Konturen erhalten. Insbesondere mit Blick auf EU-Richtlinien sind Änderungsgesetze zu erwarten, wobei die EU-Asylrechts- harmonisierung einen breiten Raum einnimmt. Im vorliegenden Beitrag kann aus Raumgrün- den nicht tiefgreifend auf die Neukonzeption des Zuwanderungsrechts einschließlich der a- sylverfahrensrechtlichen Neuerungen eingegangen werden. Auch ist nicht beabsichtigt, die maßgeblichen EU-Richtlinien in ihren Einzelheiten zu erörtern. Es werden vielmehr nur Ein- zelregelungen des Aufenthaltsgesetzes(AufenthG), des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) sowie der jeweiligen EU-Richtlinien kommentiert, soweit sie vom Standpunkt des Autors aus betrachtet für unbegleitete Minderjährige eine hervorzuhebende Bedeutung in der Systematik des zukünftigen Rechts haben. (ICI2)

[266-L] Randeria, Shalini: Verwobene Moderne: Zivilgesellschaft, Kastenbindungen und nicht-staatliches Familien- recht im (post)kolonialen Indien, in: Soziale Welt, Sonderband, 2004, Nr. 15, S. 155-178

INHALT: Im Rahmen einer sozialwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Konfiguratio- nen der Moderne in Indiens Gesellschaft erläutert die Autorin aus sozialanthropologischer soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 187 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

Sicht Zivilgesellschaft, Kastenbindungen und nicht-staatliches Familienrecht im (post- )kolonialen Indien. Ausgehend von empirischem Material aus Indien wird dabei für eine kosmopolitische Auffassung von Zivilgesellschaft plädiert, die die (post-)koloniale Differenz in den Pfaden und Ergebnissen von Modernisierungsprozessen berücksichtigt. In einem ersten Schritt wird eine verflechtungsgeschichtliche Perspektive auf die Zivilgesellschaft vorgestellt. Es wird argumentiert, dass der Kolonialismus konstitutiv für die europäische Moderne ist und daher weder räumlich noch konzeptuell außerhalb von ihr verortet werden kann. Europäische Konfigurationen der Moderne sind daher als Motor, aber auch als Ergebnis der kolonialen Verschränkung zu verstehen. Im zweiten Schritt folgt ein Überblick über die indischen sozi- alwissenschaftlichen Diskurse zum Stellenwert von Tradition in einer modernen Zivilgesell- schaft. Anhand empirischen Materials zur Kastensolidarität und zum Pluralismus des Famili- enrechts wird im dritten Schritt gezeigt, dass die postkoloniale Moderne Indiens Formen von Sozialität und Praktiken von Zivilität aufweist, die das westliche Verständnis von Zivilgesell- schaft in Frage stellen. Hier wird argumentiert, dass die gegenwärtige Form und die Funktion der partikularen Bindungen zu Kasten und die Funktion von Kastenräten als Formen zivilge- sellschaftlicher Selbstorganisation zwischen Familie und Staat interpretiert werden können. In einem vierten Schritt werden die veränderten Konturen des Verhältnisses von Staat, Gemein- schaft und Zivilgesellschaft anhand des Rechtspluralismus im Bereich des Familienrechts in Gujarat (Westindien) diskutiert. Dabei wird deutlich, dass die familienrechtliche Selbstregu- lierung von Gemeinschaften durch autonome Kastenversammlungen eine bedeutende Domä- ne der Zivilgesellschaft im (post-)kolonialen Indien darstellt. In einem abschließenden fünften Schritt werden die in diesem Bereich vorhandenen 'informellen', nicht-staatlichen Institutio- nen der Rechtsprechung in Form von Kastenräten untersucht, die quasi-autonom ihre eigenen Normen für die Mehrheit der niedrigeren Kasten unter Hindus und Muslimen festlegen und durchsetzen. (ICG2)

[267-L] Ranjbar, Reza: Das Rechtsregime des Kaspischen Meeres und die Praxis der Anrainerstaaten, (Veröffentli- chungen aus dem Institut für Internationale Angelegenheiten der Universität Hamburg, 26), Ba- den-Baden: Nomos Verl.-Ges. 2004, 179 S., ISBN: 3-8329-0458-1

INHALT: Von einer breiteren Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet, findet in der Region des Kaspischen Meeres seit dem Ende des Ost-West-Konfliktes ein machtpolitisches Ringen um Öl- und Gasvorkommen sowie die damit verbundenen Pipelineführungen statt. Geostrategi- sche und wirtschaftliche Interessen der USA und Russlands, aber auch der Regionalmächte Türkei und Iran treffen hier aufeinander. Auch multinationale Energieunternehmen spielen eine bedeutende, teils von den Staaten instrumentalisierte, teils staatlichen Interessen zuwi- derlaufende Rolle. Vor diesem Hintergrund ist die in der Dissertation aufgeworfene Frage nach der völkerrechtlichen Einordnung und den daraus erwachsenden Konsequenzen für die Aufteilung und die Nutzung des ölreichen Kaspischen Meeres ein Politikum ersten Ranges. Folgerichtig geht der Autor ausführlich auf die politische Dimension seiner völkerrechtlichen Fragestellung ein. Auch wenn nicht jede Verästelung der juristischen Argumentation politik- wissenschaftlich relevant ist, bietet die Arbeit eine kompetente Darstellung der Problematik. (ZPol, VS)

188 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

[268-L] Redecker, Niels von: Die polnischen Vertreibungsdekrete und die offenen Vermögensfragen zwischen Deutsch- land und Polen, (Studien des Instituts für Ostrecht, Bd. 44), Frankfurt am Main: P. Lang 2004, 129 S., ISBN: 3-631-52869-8 (Standort: UB Erfurt/ Gotha(547)-NT3100R314(2))

INHALT: "Bislang hat niemand die Fragen aufgearbeitet, welche der polnischen Vertreibungsde- krete noch gelten und welche Rechtswirkung sie heute entfalten. Diese Lücke im Forschungs- stand wird geschlossen. Eine Auswertung von Gerichtsurteilen zeigt, dass die Rechtsverfol- gung in Polen, die sich gegen die Enteignungen im Zuge der Vertreibung der Deutschen rich- tet, nicht aussichtslos ist. Dies gilt insbesondere für jüdische Grundstückseigentümer. Ferner veranschaulicht die Darstellung des Grundstückserwerbs durch Deutsche in Polen, dass die Heimatvertriebenen ihr 'Recht auf Heimat' bereits heute recht problemlos genießen können. Der Band enthält alle polnischen Vertreibungsdekrete im heutigen Wortlaut. Damit ist er ein Nachschlagewerk für alle, die sich in der Debatte über deren Weitergeltung ein eigenes Urteil bilden wollen." (Autorenreferat)

[269-L] Rehwald, Rainer: Weniger Kündigungsschutz gleich mehr Beschäftigung?: die Gewerkschaftssicht, in: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht : Zweiwochenschrift für die betriebliche Praxis, Jg. 20/2003, Sonder- beilage 21, S. 46-47 (Standort: UB Bonn(5)-Z 86/58; UuStB Köln(38)-FHM XF 00406; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: Aus gewerkschaftlicher Sicht wird der Frage nachgegangen, ob weniger Kündigungs- schutz gleich mehr Beschäftigung in Deutschland bedeutet. Zunächst wird zu klären versucht, ob der Bestandsschutz für Arbeitsverhältnisse angemessen oder reformbedürftig bezüglich Befristungen, bezüglich arbeitgeberseitigen Kündigungen, bei Betriebsübergängen und bei Massenentlassungen ist. Der Bestandsschutz für Arbeitsverhältnisse wird als reformbedürftig angesehen. Darüber hinaus wird eine allgemeine Weiterbeschäftigungspflicht bei betriebsbe- dingten Kündigungen bis zum Abschluss der ersten Instanz aus Gründen der Beschäftigungs- sicherung für erforderlich erachtet. Die Reformbestrebungen seitens der Regierung werden als Verschlechterung abgelehnt, da keinerlei Beschäftigungseffekt erkennbar ist. Allenfalls die geplante Anhebung der maximalen Dauer von Befristungen ohne Sachgrund von zwei auf vier Jahre bei Existenzgründungen könnte zu mehr Beschäftigung führen. Das Betriebsverfas- sungsgesetz sieht keine Verlängerung der einwöchigen Anhörungsfrist seitens des Betriebs- rats bei Massenentlassungen vor, und können somit fristgemäß keine ordnungsmäßige Stel- lungnahme zu den Kündigungen abgeben. Begrüßt werden würde, wenn ein weiterer Wider- spruchsgrund des Betriebsrats bei betriebsbedingten Kündigungen eingeführt würde, der dar- auf abstellt, das der Arbeitgeber zuvor nicht ausreichend andere Maßnahmen zur Beschäfti- gungssicherung versucht hat. Eine einseitige Belastung von Arbeitnehmern wird abgelehnt. Auch ist wird die Absicherung gegen Arbeitslosigkeit für verbesserungswürdig angesehen. Es wird kein Zusammenhang zwischen Bestandsschutz und Beschäftigungsquote gesehen. (IAB)

soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 189 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

[270-L] Riemann, Frank: Die Transparenz der Europäischen Union: das neue Recht auf Zugang zu Dokumenten von Parlament, Rat und Kommission, (Veröffentlichungen des Walther-Schücking-Instituts für In- ternationales Recht an der Universität Kiel, 146), Berlin: Duncker & Humblot 2004, 331 S., ISBN: 3-428-11284-9

INHALT: Transparenz ist ein zentrales Charakteristikum jeder demokratischen Regierungsform. Die Europäische Union hat in einer Erklärung zur Schlussakte des Vertrages von Maastricht festgelegt, dass 'die Transparenz des Beschlußverfahrens den demokratischen Charakter der Organe und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Verwaltung stärkt' (18). Seither wird auf allen europäischen Ebenen versucht, diesem Gedanken zu entsprechen. Der Autor beleuchtet einen zentralen Eckpunkt der Transparenz der EU: das durch Artikel 255 EG-Vertrag und die Verordnung Nr. 1049/2001 neu gestaltete Recht der Bürger, Einsicht in Dokumente der euro- päischen Institutionen zu nehmen. Riemann analysiert die Verordnung im Detail und zeigt, dass das neue Recht auf Dokumentenzugang insofern positiv zu bewerten ist, als es die Betei- ligungs- und Kontrollmöglichkeiten der Bürger erweitert und somit den demokratischen Cha- rakter der EU stärkt. (ZPol, VS)

[271-L] Rister, Bianca: Tarifliche Öffnungsklauseln könnten mehr sein als ein Notnagel, in: Orientierungen zur Wirt- schafts- und Gesellschaftspolitik, 2003, H. 98, S. 38-40 (Standort: UuStB Köln(38)-XG5963; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: Die Autorin skizziert die Position der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber- verbände (BDA) zum Instrument der tariflichen Öffnungsklauseln. Sie fordert größere Frei- räume der Betriebe bei der Lohngestaltung. (IAB)

[272-L] Schabas, William A.: Genozid im Völkerrecht, Hamburg: Hamburger Ed. 2003, 792 S., ISBN: 3-930908-88-3

INHALT: Schabas, Leiter des Irish Centre for Human Rights und Professor für Völkerrecht an der Universität Galway, legt mit diesem Buch eine ebenso umfassende wie aktuelle Darstel- lung der Geschichte, des Tatbestands und der Realisierungschancen des Genozidverbotes vor. Schabas zeigt sich dabei im Besonderen beeinflusst von der Erfahrung des Völkermords in Ruanda 1994, dessen Entwicklung und versuchte rechtliche Aufarbeitung er für verschiedene Institutionen begleitete und analysierte. Dadurch gewinnt die streckenweise als juristischer Kommentar zu lesende Auslegung der Menschenrechtskonvention von 1948 ihre besondere Eindringlichkeit: 'Es steckt mehr Leidenschaft in diesem Buch, als auf den ersten Blick sicht- bar wird.' (12) Schabas sieht das ehemalige Jugoslawien und Ruanda als genau jene Fälle von Völkermord, die 1948 bei Verabschiedung der Konvention von den Verfassern und der dahin- ter stehenden Staatengemeinschaft als Anwendungsfälle in Betracht gezogen wurden. Vor diesem Hintergrund sieht er ein großes unausgeschöpftes Potenzial in der Konvention: 'Das wissenschaftliche Schrifttum hat sich weit mehr auf die wahrgenommenen Unzulänglichkei- ten der Konvention als auf eine Klärung des Inhalts der tatsächlichen Bestimmungen konzent- riert.' (702) In der Frage, ob das Potenzial der Konvention eher durch eine Erweiterung ihres Gegenstandsbereiches oder aber durch eine Stärkung der aus der Konvention erwachsenden 190 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

Pflichten bei der Prävention und der Verhinderung von Völkermord zu finden sei, plädiert Schabas für die Beibehaltung der relativ engen Definition der Konvention, um andererseits die Verbindlichkeit der sich daraus ableitenden Pflichten zu erhöhen - bis hin zur militäri- schen Intervention. Aus dem Inhaltsverzeichnis: 1. Ursprünge des strafrechtlichen Genozid- verbotes 2. Ausarbeitung der Konvention und spätere normative Entwicklungen 3. Die durch die Völkermordkonvention geschützten Gruppen 4. Der objektive Tatbestand (actus reus) des Völkermordes 5. Der subjektive Tatbestand (mens rea) des Völkermordes 6. 'Sonstige' oder äandere' Handlungen des Völkermordes 7. Verteidigungen (ädefences') gegen den Vorwurf des Völkermordes 8. Strafrechtliche Verfolgung von Völkermord vor internationalen und na- tionalen Gerichten 9. Staatenverantwortlichkeit für Völkermord und die Rolle des Internatio- nalen Gerichtshofs 10. Verhütung von Völkermord 11. Die Völkermordkonvention: vertrags- rechtliche Fragen.(ZPol, VS)

[273-L] Scharf, Albert; Fedotov, Michail (Hrsg.): Medienrecht im Vergleich Deutschland-Russland: eine Initiative des Petersburger Dialogs, Würzburg: Königshausen u. Neumann 2004, 414 S., ISBN: 3-8260-2943-7 (Standort: B d. Inst. f. Auslandsbez. Stuttgart(212)-24839)

INHALT: Eine Gruppe von russischen und deutschen Experten im Bereich des Medienrechts legt eine rechtsvergleichende Analyse vor, die aufzeigt, auf welche Herausforderungen die Me- dienfreiheit gegenwärtig trifft und welche Wege zur Überwindung dieser Herausforderungen von den Rechtssystemen beider Länder angeboten werden. Im Einzelnen werden Gesetzge- bung und Praxis der Rechtsanwendung in achtzehn Fragenkomplexen für beide Länder darge- stellt. Dabei handelt es sich um folgende Bereiche: verfassungsrechtliche Grundlagen, Schranken der Meinungs- und Medienfreiheit, Mediengesetzgebung und -struktur, öffentlich- rechtlicher Rundfunk, Rolle internationaler Verträge, Selbstregulierung, Zuständigkeit von Exekutivbehörden, Registrierung und Lizenzierung, Eigentumsrecht, Recht auf Information, Zugang zu geschützten Informationen, Schutz der persönlichen Ehre, Schutz der Individual- sphäre, gerichtliche Kontrolle der Informationsverbreitung, Schutz der Informationsquellen, Schutz der öffentlichen Moral und Jugendschutz, Werbung, Wahlen. (ICE2)

[274-L] Schellhaaß, Horst M.: Ist weniger Kündigungsschutz gleich mehr Beschäftigung?, in: Neue Zeitschrift für Arbeits- recht : Zweiwochenschrift für die betriebliche Praxis, Jg. 20/2003, Sonderbeilage 21, S. 28-34 (Standort: UB Bonn(5)-Z 86/58; UuStB Köln(38)-FHM XF 00406; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: Als eine Ursache für die Entwicklung der hohen Arbeitslosigkeit in Deutschland wird u.a. das Arbeitsrecht angesehen, denn es reduziert den Kündigungsschutz auf ein kompensa- torisches Krisenmanagement, das auf sozialstaatlich unliebsame Verwerfungen in der betrieb- lichen Beschäftigungspolitik reagiert. Es wird der Frage nachgegangen, ob der Gesetzgeber und die zur Auslegung der Gesetze berufenen Rechtsprechung dazu da ist, die Besitzstände der Arbeitsplatzbesitzer zu verteidigen oder den Arbeitslosen im Rahmen funktionsfähiger Arbeitsmärkte eine Chance auf Wiedereingliederung in das Arbeitsleben zu eröffnen. Gezeigt wird, wie die sozial-politisch gut gemeinten, aber die ökonomischen Anreizwirkungen miss- achtenden Kündigungsschutzregelungen die Arbeitslosigkeit verfestigt haben. Darauf aufbau- soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 191 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

end werden Strategien für eine anreizkompatible Verwirklichung der Ziele des Kündigungs- schutzes entwickelt. Vorgestellt wird ein ökonomisches Konzept, das im Interesse einer Wi- dereingliederung der Arbeitslosen in das Berufsleben den sozialstaatlichen Bestandsschutz auf die schutzbedürftigen Tatbestände fokussiert und die eigenverantwortliche Vorsorge jedes Arbeitnehmers zur Erhaltung seiner Wettbewerbsfähigkeit betont, und das voll mit dem Grundgesetz kompatibel ist. (IAB)

[275-L] Spies, Rainer: Kündigungsschutz im internationalen Vergleich, in: Personalführung, 2004, Nr. 11, S. 52-58 (Standort: UuStB Köln(38)-FHM XG4877; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: "In der Debatte um den Kündigungsschutz in Deutschland wird regelmäßig auf andere Länder mit einem vermeintlich liberaleren Kündigungsschutzrecht verwiesen. In Deutschland dagegen gehe der Schutz vor Kündigungen zu weit, was im Übrigen auch ein Ranking der OECD bestätigt hat. Der Autor fragt nach dem Zusammenhang von Arbeitslosigkeit und Kündigungsschutzregelungen, stellt ausgewählte Landesregelungen vor (Großbritannien, Dä- nemark, Österreich, Spanien, Niederlande) und erörtert die Frage der Vergleichbarkeit. Die Grenzen der Vergleichbarkeit offenbart ein Blick in die USA. Sie stellen mit ihrem liberalen Kündigungsschutzrecht im Vergleich zu den meisten europäischen Ländern (mit Ausnahme von Großbritannien) nach wie vor eine Ausnahme dar." (Autorenreferat)

[276-L] Tellenbach, Silvia: Zum neuen türkischen Strafgesetzbuch, in: KAS-Auslands-Informationen, 2005, Nr. 4, S. 76-93 (Standort: UuStB Köln(38)-M XE 00681; Kopie über den Literaturdienst erhältlich; URL: http://www.kas.de/db_files/dokumente/auslandsinformationen/7_dokument_dok_pdf_6625_1.pdf)

INHALT: "Die Verabschiedung des neuen türkischen Strafgesetzbuchs im September 2004 stellt rechtsgeschichtlich einen großen Schritt in der Entwicklung der Türkei dar, wenngleich auch noch Nachbesserungsbedarf besteht. Eingeteilt ist das Werk, dessen Genese auch vor dem Hintergrund des zunehmenden Drucks der EU zu sehen ist, in einen Allgemeinen, die Grund- lagen der Strafe betreffenden Teil und einen Besonderen, völkerrechtliche Delikte, persönli- che Rechtsgüter sowie Straftaten gegen Gesellschaft und Staat betreffenden Teil. Zu seinen Neuerungen zählen die Anerkennung persönlicher Schuld als Strafvoraussetzung, eine abge- stufte Altersfestlegung für die strafrechtliche Verantwortlichkeit sowie die Neufassung der Vorschriften zur Folterbekämpfung, die Abschaffung des Ehren bzw. Blutrachemotivs bei Morden und die Strafmilderung für Mitglieder bewaffneter Banden, zu denen auch PKK- Kämpfer gezählt wurden. Nachbesserungsbedarf besteht bei der Meinungsfreiheit, und auch die Angleichung vieler Landesgesetze an das neue StGB steht noch aus. Trotz der erzielten Fortschritte gilt somit: Will die Türkei weiterhin auf Europa zugehen, ist auch die Arbeit im Strafrechtsbereich noch lange nicht getan." (Autorenreferat)

[277-L] Verbeet, Markus: Die Stellung der Judikative im englischen Verfassungsgefüge nach dem Human Rights Act 1998, (Schriften zum öffentlichen, europäischen und internationalen Recht, 15), Stuttgart: Boor- berg 2004, 207 S., ISBN: 3-415-03381-3 192 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

INHALT: Der am 2. Oktober 2000 in Kraft getretene Human Rights Act von 1998 veränderte das englische Rechtssystem erheblich, schreibt der Autor, denn er habe die Europäische Men- schenrechtskonvention in das britische Recht inkorporiert. Dieser Bruch mit dem britischen Verfassungsverständnis der Parlamentssouveränität habe eine breite Diskussion in Großbri- tannien hervorgerufen. Die Kritiker hätten vor allem einen enormen Machtzuwachs der Judi- kative befürchtet. Der Autor untersucht aus juristischer Perspektive, ob tatsächlich eine sol- che Machtverschiebung festzustellen ist. Vier Parametern stellt er in den Mittelpunkt: die Be- fugnis, über die Gültigkeit von Gesetzen zu entscheiden (Verwerfungskompetenz), die Aus- legungskompetenz, die Intensität der Kontrollfunktion (Kontrolldichte) sowie den Kreis der Antragsbefugten (Kontrollweite). Abschließend führt er einen knappen Rechtsvergleich mit dem deutschen System durch. Er kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Rolle der Richter im britischen und deutschen Rechtssystem faktisch bereits seit geraumer Zeit angenähert habe. Die Einführung des Human Rights Act sei keineswegs als grundlegender Umbruch des briti- schen Rechtssystems zu betrachten, sondern vielmehr als weiterer Schritt auf einem bereits seit längerem eingeschlagenen Weg. (ZPol, VS)

[278-L] Verick, Sher: Threshold effects of dismissal protection legislation in Germany, (Discussion Paper / For- schungsinstitut zur Zukunft der Arbeit GmbH, No. 991), Bonn 2004, 43 S.; 428 KB (Graue Litera- tur; URL: ftp://ftp.iza.org/dps/dp991.pdf)

INHALT: Der Beitrag nutzt eine Reform in der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes in Deutschland, um Beschäftigungseffekte der Gesetzgebung für kleine Unternehmen zu unter- suchen. Mit Hilfe von Unternehmens-Paneldaten für die Jahre 1997 bis 2001 wird gezeigt, dass eine Veränderung der Schwelle zu einer höheren Wahrscheinlichkeit von Persistenz und einer niedrigeren Wahrscheinlichkeit von Wachstum für die untersuchten Unternehmen in den Jahren nach der Reform führte. Dabei waren die Effekte für diejenigen Unternehmen am stärksten, die weit entfernt vom Schwellenwert lagen. Diese Ergebnisse können das Wirk- samwerden anderer institutioneller Barrieren oder Anpassungskosten als der des Kündigungs- schutzgesetzes reflektieren. Kleine Unternehmen verfügen möglicherweise nicht über voll- ständige Informationen in Bezug auf die Anwendbarkeit des Gesetzes. Diese Vermutung wird von den Ergebnissen gestützt, wenn man alle Beschäftigten als Maß für die Unternehmens- größe nimmt. Es gibt aber auch Hinweise darauf, dass diese Ergebnisse von anderen Faktoren beeinflusst sind als der Reform der Gesetzgebung. (ICEÜbers)

[279-F] Villiez, Carola von (Bearbeitung); Mohr, Georg, Prof.Dr. (Leitung): Normenbegründung in transnationalen Rechtskulturen

INHALT: Das Projekt Normenbegründung in transnationalen Rechtskulturen untersucht begriffli- che und normative Aspekte der zunehmenden politisch-rechtlichen Entnationalisierung und der daraus erwachsenen Probleme der Begründung und Entwicklung transnationaler Rechts- kulturen. Der Regelungsbedarf auf der Ebene internationaler Interaktionen hat die Frage nach Anhaltspunkten und Grundsätzen, die den allgemeinen normativen Orientierungsrahmen von Rechtskulturen abstecken, neu und radikaler als je zuvor in den Mittelpunkt sowohl praktisch- politisch-rechtlicher als auch politik- und rechtsphilosophischer Diskussionen treten lassen. soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 193 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

ART: Eigenprojekt BEGINN: 2000-01 ENDE: 2003-12 AUFTRAGGEBER: keine Angabe FI- NANZIERER: Institution INSTITUTION: Universität Bremen, FB 09 Kulturwissenschaften, Studiengang Philosophie (Postfach 330440, 28334 Bremen) KONTAKT: Leiter (Tel. 0421-218-3034 o. -2592, Fax: 0421-218-9317, e-mail: [email protected])

[280-L] Vogtmeier, Julia: Elektronischer Pressespiegel in der Informationsgesellschaft: Einordnung und Beurteilung nach dem neuen Urheberrecht, (Europäische Hochschulschriften. Reihe 2, Rechtswissenschaft, Bd. 4015), Frankfurt am Main: P. Lang 2004, XXV, 344 S., ISBN: 3-631-53029-3 (Standort: UuStB Köln(38)-13Y2088)

INHALT: "Die Bedeutung elektronischer Pressespiegel für die Informationsgesellschaft nimmt stetig zu. Insbesondere das Pressespiegelurteil des BGHs und die EU-Urheberrechtsrichtlinie machen eine Neubewertung der rechtlichen Rahmenbedingung erforderlich. Gegenstand die- ser Untersuchung ist die urheberrechtliche Beurteilung der neuen Form der digitalen Herstel- lungs- und Weiterverarbeitungsmöglichkeiten im Rahmen des Paragraph 49 UrhG. Im Licht der Informationsfreiheit wird der Frage nachgegangen, ob eine über die strengen Vorgaben des BGHs hinausgehende Privilegierung möglich ist. Die Verfasserin plädiert unter Berück- sichtigung der unterschiedlichen Entwicklungen und Umsetzungsvorschläge der europäischen Mitgliedstaaten im Ergebnis dafür, eine am Drei-Stufen-Test orientierte und technologieneut- ral ausgestaltete Harmonisierung der Pressespiegelregelung vorzunehmen." (Autorenreferat)

[281-L] Waas, Bernd: Arbeitsrecht und Arbeitsbeziehungen in den Niederlanden, in: Gesundheits- und Sozialpolitik, Jg. 58/2004, Nr. 1/2, S. 39-43 (Standort: UuStB Köln(38)-Haa902; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: Der Beitrag beleuchtet Arbeitsrechtssystem und -praxis in den Niederlanden. Es wird aufgezeigt, dass das niederländische Arbeitsrecht flexibler als das deutsche ist, insbesondere hinsichtlich besonderer Gestaltung des Arbeitsverhältnisses. Die Regelungen zum Kündi- gungsschutz und Kündigungsfristen, der Arbeitnehmerüberlassung, des Entgeldanspruchs, der Arbeitszeitrechts, des Senioritätsprinzips und der Arbeitnehmervertretungen werden er- läutert und bewertet. Anhand des Beispiels des so genannten 'Polder-Models', eine Vereinba- rung, die vorsieht, dass die Tarifparteien für das Jahr 2004 keine Lohnsteigerungen und für das Jahr 2005 höchstens eine Lohnerhöhung 'in der Nähe von Null' vereinbaren sollen, wird verdeutlicht, dass die Sozialpartnerschaft in den Niederlanden anders als in Deutschland funktioniert. Kurzfristig betrachtet, unter dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsfähigkeit der niederländischen Wirtschaft ist es von Vorteil, dass sich die Beteiligten auf einen weit gehen- den Lohnstopp geeinigt haben. Andererseits hat der Gesetzgeber Zugeständnisse gemacht, de- ren Auswirkungen auf die geringe Erwerbsbeteilung nicht zu unterschätzen sind. (IAB)

194 soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

[282-L] Werder, Axel von: Modernisierung der Mitbestimmung, in: Die Betriebswirtschaft, 2004, H. 2, S. 229-243 (Stand- ort: UuStB Köln(38)-FHM Qaa63; Kopie über den Literaturdienst erhältlich)

INHALT: "Die lebhafte Corporate Governance-Debatte der letzten Jahre hat mit der paritätischen Mitbestimmung einen zentralen Faktor für die Funktionsfähigkeit der Unternehmensführung bislang weitgehend ausgeblendet. Vor dem Hintergrund der tief greifenden ökonomischen Veränderungen, die seit des Mitbestimmungsgesetzes 1976 im Zuge Globalisierung eingetre- ten sind, führt die unternehmerische Mitbestimmung heute aber zu weit reichenden Ein- schränkungen der Überwachungseffizienz des Aufsichtsrats. Um die Corporate Governance deutscher Unternehmen weiter zu verbessern, ist daher eine Reform der Mitbestimmung drin- gend geboten. Der vorliegende Beitrag diskutiert nach einer Bestandsaufnahme und Analyse der wesentlichen Mitbestimmungsprobleme grundlegende Ansätze zur Modernisierung Mit- bestimmung und kommt zu dem Ergebnis, die Unternehmensmitbestimmung aus dem Auf- sichtsrat herausgelöst und in einem gesonderten Konsultationsrat verankert werden sollte, der hinsichtlich der unternehmerischen Angelegenheiten auf Konzernebene Informations- und Beratungsrechte einschließlich der Befugnis zur Abgabe formeller Stellungnahmen hat." (Au- torenreferat)

[283-L] Werner, Sven-Michael: Recht im Systemwandel: ein Land, zwei Systeme und das Kontinuitätsproblem in Hongkong, (Internationalrechtliche Studien : Beiträge zum Internationalen Privatrecht, zum Einheitsrecht und zur Rechtsvergleichung, 31), Frankfurt am Main: P. Lang 2004, 430 S., ISBN: 3-631-52524-9

INHALT: Seit Juli 1997 ist Hongkong eine Sonderverwaltungszone der Volksrepublik China. Die Strategie zur Bewältigung des Wandels lautet 'Ein Land, zwei Systeme'. Das bedeutet, dass die bisherigen Rechts- und Wirtschaftsordnungen in China und Hongkong bis 2047 weiterhin gelten werden. Dem Rechtssystem Hongkongs, das auf dem britischen Common Law basiert, komme 'die Hauptlast bei der Verteidigung der Autonomie Hongkongs' zu (18), denn die po- litische Frage über die Zukunft Hongkongs werde auf dem juristischen Parkett ausgetragen, so der Autor. Er fragt, wie diese beiden unterschiedlichen Rechtssysteme miteinander inter- agieren und ob sie sich möglicherweise annähern werden. In dieser Fallstudie zum Verhältnis von Politik und Recht berichtet Werner auch über die bisherigen Erfahrungen: Es habe zwar durchaus Probleme bei der Kooperation ergeben, seiner Ansicht ist aber die Gefahr, dass das Rechtssystem Hongkongs durch Unachtsamkeit verfallen wird größer als ein das herrschende 'Ein Land, zwei Systeme'-Prinzip 'verletzendes Vorgehen' (390) der Regierung in Peking. Die Art und Weise, wie Hongkong in die Volksrepublik integriert werde, sei 'Teil der Öffnungs- politik und damit der Parteilinie 'Öffnung nach Außen'' (389). (ZPol, VS)

[284-L] Zehnder, Bruno: Immunität von Staatsoberhäuptern und der Schutz elementarer Menschenrechte - der Fall Pinochet, Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges. 2003, 166 S., ISBN: 3-8329-0129-9

INHALT: Auf der Grundlage eines spanischen Haftbefehls musste das House of Lords als höchs- tes englisches Gericht im November 1998 über die Gewährleistung der Immunität für den e- hemaligen chilenischen Staatspräsidenten Pinochet entscheiden. In diesem Verfahren drückte soFid Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie 2005/2 195 5 Rechtsentwicklung, Rechtskulturen, Rechtsbewußtsein, Rechtsanwendung

sich auch das Spannungsverhältnis zwischen dem völkerrechtlichen Institut der Immunität und dem Schutz der Menschenrechte aus. Zehnder argumentiert, dass der Fall Pinochet und die Entscheidung, ihm die Immunität abzuerkennen, keineswegs eine grundsätzlich neue Entwicklung war, sondern 'dass es dadurch letztlich (...) im Wesentlichen nur zur Bestätigung bestimmter seit dem Zweiten Weltkrieg sich entwickelnder Grundsätze gekommen ist' (17). Im ersten Teil seiner Studie stellt der Autor die Grundsätze der Immunität von Staaten und ih- rer Organe dar. Er weist darauf hin, dass die Staatenimmunität seit Jahrzehnten 'schrumpft'. Staaten stünden nicht mehr quasi über dem Gesetz. Auch die Immunität von Staatsorganen, und hier insbesondere von Staatsoberhäuptern, werde ädurch das (Völker)strafrecht vielfach durchbrochen' (151), vor allem bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Den Fall Pinochet hält Zehnder zwar durchaus für einen Präzedenzfall. Er sieht im letztinstanzlichen Urteil je- doch auch eine Reihe verpasster Möglichkeiten, dem Völkerrecht nachhaltiger Geltung zu verschaffen. (ZPol, VS)

Register 197

Hinweise zur Registerbenutzung

Sachregister Grundlage für das Sachregister sind die Schlagwörter, die zur gezielten Suche der Literatur- bzw. Forschungsnachweise in unseren Datenbanken FORIS und SOLIS vergeben wurden.

Um eine differenzierte Suche zu ermöglichen, werden dabei nicht nur die Haupt-, sondern auch Nebenaspekte der Arbeiten verschlagwortet.

• Bei einem maschinell erstellten Verzeichnis wie dem obigen Sachregister führt das zwangs- läufig zu einem Nebeneinander von wesentlichen und eher marginalen Eintragungen.

Manche Begriffe machen erst in Verbindung mit anderen Sinn oder wechseln ihren Sinn in Ab- hängigkeit vom jeweiligen Zusammenhang.

• Solche Zusammenhänge gehen aber bei einem einstufigen Register typischerweise verloren.

Vermeintliche Fehleintragungen gehen fast immer aufs Konto eines dieser beiden Effekte, die sich bei der maschinellen Registererstellung grundsätzlich nicht vermeiden lassen.

Personenregister Aufgeführt sind • bei Literaturnachweisen: alle aktiv an dem Werk beteiligten Personen; • bei Forschungsnachweisen: alle als Leiter, Betreuer oder wissenschaftliche Mitarbeiter („Autoren“) eines Projekts angegebenen Personen.

Institutionenregister Aufgeführt sind nur die forschenden Institutionen. Institutionelle Auftraggeber, Finanzierer, För- derer oder dergleichen sind zwar in den Forschungsnachweisen selbst aufgeführt, nicht jedoch im Register.

Sortierung Die Sortierung folgt den lexikalischen Regeln, d.h. Umlaute werden wie der Grundbuchstabe sor- tiert. Numerische Angaben (z.B. „19. Jahrhundert“) sind ganz ans Ende sortiert, also hinter Buch- stabe Z.

Nummerierung Alle in den Registern angegebenen Zahlen beziehen sich auf die laufenden Nummern der Litera- tur- und Forschungsnachweise.

Personenregister 199

Personenregister

A Busch, Heiner 159 Alber, Jan 1 Busch, Juliane 105 Albrecht, Hans-Jörg 1, 151 Bussmann, Kai-D. 207 Amrhein-Hofmann, Christine 2 Butterweck, Hellmut 235 Amry, René Paul 152 Anger, Thorsten 3 C Antoine, Jörg 4 Call, Horst 236 Arndt, Claus 5 Cano, Miguel Angel 89, 160 Capus, Nadja 88 B Cassani, Ursula 161 Bader, Peter 6 Chrapa, Michael 90 Baeck, Ulrich 7 Christensen, Ralph 24 Baer, Susanne 8 Cimichella, Sandro 88 Balaei, Hafez 153 Clark, Andrew 16 Banike, Katrin 202 Cornel, Heinz 162, 163 Bannenberg, Britta 83, 203, 204 Czapska, Janina 237 Baranyi, Eva 154 Bauer, Jobst-Hubertus 230 D Bauer, Thomas K. 9 Dahle, Klaus-Peter 164 Becker, Rolf 84, 127 Dammann, Klaus 17 Behrens, Walther 10 Däubler, Wolfgang 238 Behrmann, Jochen 131 Däubler-Gmelin, Herta 18 Bellmann, Lutz 11 Deichsel, Wolfgang 165 Bender, Stefan 9 Depenheuer, Otto 19 Bennefeld-Kersten, Katharina 155 Dittmann, Jörg 91 Berger Kurzen, Brigitte 231 Dittmann, Volker 161 Berthold, Christof 232 Drewniak, Regine 92 Biegi, Mandana 156 DuBois-Reymond, Manuela 211 Birk, Rolf 252 Duncker, Anne 239 Birkenmaier, Philipp 233 Dürr, Thomas 1 Bischof, Boris A. 85 Blom, Herman 86 E Blum, Peter 12 Eckensberger, Lutz H. 80 Böllinger, Lorenz 13 Eichenhofer, Eberhard 10 Bonin, Holger 9 Emig, Olaf 93 Bornewasser, Manfred 205 England, Peter 207 Bosch, Julia 157 Engle, Eric A. 240 Böttger, Andreas 87 Epiney, Astrid 28, 72 Böttner, Sascha 206 Everts, Arne 21 Brägger, Benjamin F. 88 Brandenstein, Martin 1 F Breckner, Ingrid 211 Faesel, Peter 105 Brink, Henning van den 226 Fedotov, Michail 273 Brüggemeier, Gert 234 Fehrenbacher, Ansgar 241 Brunkhorst, Hauke 158 Ferrer, Jordi 22 200 Personenregister

Fiebig, Jan-Peter 23 Heubrock, Dietmar 105, 212 Filou, Marina 133 Heuser, Robert 248 Fischer-Lescano, Andreas 24 Hippe, Wolfgang 106 Fleck, Dieter 242 Hirtenlehner, Helmut 173 Fludernik, Monika 1 Hoeren, Thomas 31 Frank, Andreas 243 Hoffmann, Birgit 213 Freckmann, Anke 61 Hoffmann, Jens 107 Freiberg, Stephan 25 Holenstein, Urs Paul 189 Friant, Martine le 10 Holthusen, Bernd 154 Homes, Alexander Markus 108 G Hoops, Sabrina 214 Gabriel, Ute 41 Hörnle, Tatjana 174 Gander, Hans-Helmuth 1 Hosser, Daniela 109 Gay, Vivienne 10 Höynck, Theresia 110 Gerber, Hilke 94 Hüls, Silke 175 Gercke, Björn 166 Hupfeld, Jörg 41 Gindulis, Edith 26 Hyner, Dirk 111 Girtler, Roland 95 Gonosz, Katalin 154 I Goold, Benjamin 208 Iglesias, Marisa 22 Görgen, Thomas 96, 97 Imbusch, Peter 112 Graeff, Peter 27, 98, 99 Irk, Frerenc 211 Grafe, Roman 167 Isensee, Josef 32, 33 Greve, Werner 96 Gross, Dominique 28 J Günter, Michael 100 Jahn, Elke J. 35, 36 Günther, Klaus 168 Jansen, Stephan A. 113 Gutsche, Günter 29 Jaschke, Hans-Gerd 114 Jehle, Jörg-Martin 176 H Jünschke, Klaus 115 Haffke, Bernhard 169 Hagemann, Otmar 101 K Halbach, Uwe 244 Kaiser, Monika 116 Hamm, Brigitte 245 Kant, Martina 117 Hartwig, Ina 246 Karliczek, Kari-Maria 37, 118 Hassemer, Winfried 170 Kaulich, Klaus 215 Hayer, Tobias 212 Kemmerer, Alexandra 38 Hechler, Oliver 171 Kempfer, Jaqueline 203 Heckmann, Wolfgang 90 Khan, Aurangzeb 119 Heimerdinger, Astrid 102 Kilchling, Michael 177 Heinisch, Jan 247 Kim, Dokyun 39 Heintze, Isolde 84 Kirsch, Thomas G. 216 Heinz, Wolfgang 172, 209 Kleimann, Matthias 120 Hempel, Leon 210 Klein, Eckart 249 Henning, Christoph 103 Kleinsteuber, Martin 121 Herbers, Karin 104 Kloepfer, Michael 40 Herbst, Sandra 97 Klug, Stefan 41 Hermes, Siegfried 30 Knüsel, Martin 189 Herrmann, Heike 211 Koenig, Christian 250 Personenregister 201

Koepsel, Klaus 178 Meyer, Stephan 50 Köllisch, Tilman 134 Möbes, Iris 129 Köppl, Stefan 42 Mohr, Georg 279 Koreuber, Mechthild 251 Mohr, Irina 18 Kötter, Matthias 43 Möllers, Martin H. W. 130 Kotzur, Markus 44 Möschel, Wernhard 260 Kovács, Erika 252 Möstl, Markus 51 Krajewski, Krzysztof 211 Müller, Elke 221 Kramer, Helmut 179 Müller, Matthias 131 Krasmann, Susanne 122 Müller-Monning, Tobias Martin 132 Kravagna, Simon 180, 181 Muthers, Kerstin 52 Krawietz, Werner 45 Krenberger, Verena 1 N Kreß, Hartmut 253 Nägele, Barbara 97 Krugmann, Michael 46 Narr, Wolf-Dieter 185 Kunz, Karl-Ludwig 217 Neidhardt, Klaus 114 Kury, Helmut 123 Neubacher, Frank 133 Neuhold, Brita 262 L Neves, Marcelo 263 Lederer, Thomas 1 Newig, Antje 97 Leisner, Walter 182 Nicolaus, Helmut 53 Leunig, Sven 47 Niehaus, Michael 186 Lobermeier, Olaf 87 Nolte, Georg 264 Löbmann, Rebecca 104 Lohmann, Ulrich 254 O Lorz, Alexander 250 Oberlies, Dagmar 187 Lösler, Annette 7 Oberwittler, Dietrich 134, 222 Lunkenheimer, Ellen 124 Olson, Greta 1 Lütkes, Anne 125 Ooyen, Robert Chr. van 130 Lutz, Carsten 183 Opfer, Björn 135 Orth, Ulrich 41 M Ostendorf, Heribert 223 Maag, Renie 88, 161 Oswald, Margit E. 41 Mager, Ute 251 Ott, Claus 54 Mahler, Claudia 255, 256 Özsöz, Figen 1, 107 Maiwald, Kai-Olaf 218 Malmendier, Bertrand 48 P Manske, Gisela 184 Paul, Bettina 115 Mappes-Niediek, Norbert 126 Peczenik, Aleksander 55 März, Wolfgang 49 Pelzer, Marei 56 Matt, Eduard 219 Permien, Hanna 214 Matthiessen, Stephanie 257 Peter, Erich 265 McEldowney, John 258 Peters, Helge 136 Mehlkop, Guido 27, 84, 98, 99, 127 Pfaff, Victor 57 Menke, Christoph 249 Pfeiffer, Christian 96, 120 Mensching, Anja 128 Pfeiffer, Tina 148 Merscher, Frank 220 Pieroth, Bodo 188 Metelmann, Jörg 210 Pies, Silke 224 Mett, Frauke 259 Pirstner, Renate 262 202 Personenregister

Pitsela, Angelika 133 Schott, Tilmann 192 Platter, Julia 58 Schrapper, Christian 224 Pöder, Stefan 189 Schreiber, Hans-Ludwig 264 Postel-Vinay, Fabien 16 Schroeder, Friedrich-Christian 193 Priddat, Birger P. 113 Schulz-Schaeffer, Ingo 65 Schütte, Wolfgang 66 Q Schwarzenegger, Christian 144 Queloz, Nicolas 88, 137 Schwoch, Rebecca 145 Seif, Ulrike 194 R Seiler, Hansjörg 189 Raab, Thomas 59 Selitrenny, Rita 195 Raasch, Sibylle 60 Sessar, Klaus 67, 211 Raddatz, Stefan 109 Siems, Mathias 68 Randeria, Shalini 266 Sonnen, Bernd-Rüdeger 196 Ranjbar, Reza 267 Spengler, Tilman 246 Redecker, Niels von 268 Spies, Rainer 275 Reemtsma, Jan Philipp 190 Spohrer, Hans-Thomas 130 Rehwald, Rainer 269 Stangl, Wolfgang 211, 225 Reinfried, Hans-Werner 138 Steiner, Silvia 161 Reiserer, Kerstin 61 Stern, Klaus 69 Richter, Eike 62 Storni, Marco 146 Richter, Emanuel 139 Strasser, Hermann 226 Riemann, Frank 270 Strasser, Peter 71 Rister, Bianca 271 Straßner, Alexander 147 Robertson, Sally 10 Strobl, Rainer 87 Röger, Ralf 140 Studzinsky, Silke 197 Rose, Frank 125 Stummvoll, Günter P. 227 Rössner, Dieter 141, 203 Rößner, Michael 191 T Rübenkönig, Judith 63 Tellenbach, Silvia 276 Ruge, Reinhard 64 Tesch-Römer, Clemens 96 Rusch, Stephan 212 Theuerkauf, Sarah 72 Thiele, Ulrich 73 S Thimm, Johannes 198 Saar, Katharina 142 Thüsing, Gregor 10 Sagel-Grande, Irene 211 Tiefenbacher, Torsten 199 Schabas, William A. 272 Tießler-Marenda, Elke 74 Schacht, Gabi 104 Timmermann, Martina 148 Schäfer, Hans-Bernd 54 Trümner, Martina 199 Scharf, Albert 273 Tzschaschel, Nadja 200 Schaupensteiner, Wolfgang J. 83 Scheithauer, Herbert 212 U Schellhaaß, Horst M. 274 Ulrich, Silvia 262 Schielke, Heinrich 143 Uslucan, Sükrü 75 Schliemann, Harald 10 Schmid, Georg 88 V Schmid, Martin 146 Verbeet, Markus 277 Schmiedebach, Heinz-Peter 145 Verick, Sher 278 Schneider, Volker 111 Villiez, Carola von 279 Personenregister 203

Vogtmeier, Julia 280 Voß, Hans-Georg W. 107

W Waas, Bernd 281 Walkenhorst, Philipp 228, 229 Walter, Michael 133 Walwei, Ulrich 35, 36 Wank, Rolf 10 Weick, Günter 258 Weinacht, Paul-Ludwig 76 Weinrich, Martin 77 Weiß, Norman 255, 256 Werder, Axel von 282 Werner, Sven-Michael 283 Wesel, Uwe 201 Weßels, Bernhard 78 Weßler-Hoth, Susanne 79 Wette, Wolfram 179 Weyers, Stefan 80, 150 Wiefelspütz, Dieter 81, 82 Würger, Michael 123

Y Yoshida, Toshio 123

Z Zehnder, Bruno 284

Sachregister 205

Sachregister

A Arbeitszufriedenheit 16 Abfallwirtschaft 106 Argumentation 168 Abfindung 6, 20, 35, 36, 70, 79, 275 Artefakt 134 Abgeordneter 78 Arzt 149 Abschiebung 197 Asylrecht 69, 265 Abschreckung 127 Attentat 112 abweichendes Verhalten 27, 30, 41, 71, Attributionstheorie 173 77, 84, 99, 127, 139, 210 Aufenthaltserlaubnis 15, 57, 75 Adoleszenz 80, 171 Aufsichtsrat 282 Afrikaner 180, 181 Ausbürgerung 75 AIDS 244 Ausland 82, 240, 242 Akteur 111 Ausländer 15, 43, 57, 86, 92, 121, 192, Alkoholkonsum 191 197, 200 Altenarbeit 96 Ausländerpolitik 69 Altenheim 96 Ausländerrecht 15, 43, 56, 57, 69, 200, Altenpflege 96 241, 265 älterer Arbeitnehmer 6 Ausnahmezustand 44, 73 alter Mensch 96, 97 Ausweisung 200 Altersstruktur 116 Autopoiesis 24 Altersversorgung 251 Angst 91, 211, 222 B Anomie 27, 99 Bedrohung 44 Antidiskriminierungsgesetz 10, 74 befristetes Arbeitsverhältnis 6, 11, 14, 16, Arbeit 162 35 Arbeiterbewegung 179 Beratung 225 Arbeitgeber 11, 230, 275 Beratungsstelle 104 Arbeitgeberverband 271 Berichterstattung 13, 273 Arbeitnehmer 20 Beruf 60 Arbeitnehmerüberlassung 281 berufliche Selbständigkeit 61 Arbeitnehmervertretung 281 Berufsausübung 130 Arbeitsbereitschaft 7 Berufsbildung 130 Arbeitsbeziehungen 59, 281 Berufsmobilität 34 Arbeitslosenunterstützung 20, 79 Beschäftigung 60, 162 Arbeitslosigkeit 9, 275 Beschäftigungseffekt 9, 11, 35, 36, 70, Arbeitsmarkt 70, 260 230, 260, 269, 274, 275, 278 Arbeitsmarktpolitik 36 Beschäftigungsform 238 Arbeitsplatzsicherung 16, 59 Beschäftigungspolitik 6, 35 Arbeitsrecht 10, 14, 54, 59, 60, 61, 68, 74, Betreuung 129 79, 238, 252, 253, 254, 274, 281 Betriebsrat 261 Arbeitsschutz 14 Betriebsvereinbarung 59, 70, 252, 261 Arbeitsverhältnis 20 Betriebszugehörigkeit 20, 35 Arbeitsvertrag 14, 20, 70 Bevölkerung 112 Arbeitszeit 7, 271 Bevölkerungsentwicklung 116 Arbeitszeitflexibilität 238 Bewährung 163 Arbeitszeitverkürzung 238 Bewährungshelfer 206 206 Sachregister

Bewährungshilfe 131, 206 Diskriminierung 60, 74, 86, 95, 181, 262 Bild 210 Dogmatik 45 Bildung 74 Dokument 270 Bioethik 249, 255 Dolmetscher 153 biologische Faktoren 144 doppelte Staatsangehörigkeit 75 Biologismus 13, 71 Drittes Reich 112, 145 Biotechnik 28 Droge 13, 90, 191, 244 Bundesarbeitsgericht 261 Drogenkonsum 13, 90 Bundesgrenzschutz 130 Drogenkriminalität 126, 180, 181, 244 Bundeskompetenz 199 Drogenpolitik 13 Bundeskriminalamt 119, 130 Dunkelziffer 118, 134 Bundesland 47 Durkheim, E. 226 Bundesrat 47, 50 Bundesregierung 47, 50 E Bundesstaat 50 Ehescheidung 221, 257 Bundestag 47, 58, 81, 82 Eigentum 250 Bundesverfassungsgericht 2, 5, 39, 58, Eigentumsdelikt 132 140, 188, 201 Eigentumsrecht 273 Bundeswehr 5, 23, 82, 242 Eigentumsverhältnisse 268 Bündnis für Arbeit 59, 261 Einbürgerung 75 Bürger 98 Einfluss 84, 98, 99, 207 Bürgerbeteiligung 270 Einstellung 41, 80, 91, 112, 124, 211 bürgerliche Gesellschaft 76 Einwanderung 15 Bürgerliches Gesetzbuch 247 Electronic Business 143 Bürgerrecht 190, 255, 270 Electronic Government 233 Bürokratie 14 Elektrizitätswirtschaft 64 elektronischer Handel 111, 143 C elterliches Sorgerecht 257 Chancengleichheit 31 empirische Forschung 118, 128 Charta 255 empirische Sozialforschung 71 Christ 80 englische Sprache 1 Computer 143 Entbürokratisierung 14 Enteignung 268 D Entgrenzung 49 Datengewinnung 213, 231 Entlassung 9, 173 Datenschutz 51, 85, 210, 231 Entschädigung 243 Dekonstruktivismus 118 Entscheidungsfindung 173 deliberative Demokratie 22 Entscheidungskriterium 173 Delikt 41, 127, 142, 164, 176 Entwicklungsstörung 171 Demokratie 5, 78, 139, 182, 233, 270 Erdöl 267 Demokratieverständnis 73 Ermittlungsverfahren 130, 159, 166, 186, Demokratisierung 232 187 Demonstration 140 Erwachsener 121 Deregulierung 14, 64, 68, 271 Erziehung 170 Dezentralisation 260 Erziehungsheim 154 Dialektik 32 Ethik 190 Dienstleistung 61, 95, 241 ethnische Gruppe 22, 259 Diktatur 73, 152, 284 ethnische Herkunft 80 direkte Demokratie 21 Ethnizität 60 Sachregister 207

EU 10, 16, 18, 22, 28, 64, 72, 85, 177, Frauenförderung 251 232, 234, 241, 253, 255, 270 Frauenpolitik 26 EU-Erweiterung 241 freier Mitarbeiter 61 europäische Integration 10, 22, 126, 234, Freiheit 44, 48, 51, 143, 249, 250 241 Freiheitsrecht 158, 197, 273 Europäische Kommission 270 Freiheitsstrafe 132, 154, 162, 173, 180, Europäischer Gerichtshof 72, 193 202, 214 europäische Sicherheit 244 Freizeit 204 Europäisches Recht 2, 10, 22, 49, 57, 60, Freizeitverhalten 191 72, 177, 193, 194, 234, 240, 251, 262, Freizügigkeit 241 265, 270, 280 Fremdheit 1 Europäische Zentralbank 49 Friedensforschung 156 europäische Zusammenarbeit 178 Friedenspolitik 179 Europaparlament 270 Führungskraft 114 Europarat 270 EU-Staat 85, 178, 240 G Euthanasie 4, 145 Gefährdung 102 Evaluation 12, 205, 209, 215 Geiselnahme 105 evangelische Kirche 253 Geldstrafe 162 Exklusion 112, 216 gemeinnützige Arbeit 66 Expertenbefragung 37 Gemeinschaft 29 Gemeinwohl 50 F Gender Mainstreaming 8, 251 Fairness 31, 174 Generationenverhältnis 55 Familie 57, 96, 105, 187, 191, 204, 266 Genetik 144, 249 Familiengericht 104 genetischer Test 161, 249 Familienrecht 55, 125, 251, 254, 257, 266 Gentechnologie 28, 49 Familienzusammenführung 57 geographische Faktoren 227 Farbiger 181 Gerechtigkeit 31, 39, 41, 55, 168, 221 Fernmeldewesen 161 Gericht 153, 157, 189, 192, 193, 194 Fernsehen 210 Gerichtsbarkeit 48, 183, 184, 188, 189 Film 1 Gerichtsentscheidung 5, 17, 72, 181, 189, Firmentarifvertrag 252, 261 192, 201, 235 Flächentarifvertrag 59, 238, 260 Gerichtshilfe 131, 165, 207, 213 Flüchtling 56 Gerichtshof 18, 183 Föderalismus 15, 47, 50 Gerichtsverfassungsrecht 254 Folter 158, 185, 190, 198 geringfügige Beschäftigung 61 Formalisierung 170 Geschlecht 8, 60, 262 Forschungsansatz 31, 45, 96, 101, 150 Geschlechterverhältnis 8, 262 Forschungsdefizit 45, 101 geschlossene Anstalt 154 Forschungsergebnis 71, 101 Gesetz 5, 76, 81 Forschungsgegenstand 137 Gesetzentwurf 59, 63, 74, 82, 199, 265 Forschungsprojekt 37, 96 Gesetzesnovellierung 52, 53, 63, 110, 166, Forschung und Entwicklung 238 169, 257, 276 Französische Revolution 255 Gesetzgebung 5, 10, 12, 15, 28, 47, 50, 59, Frau 5, 26, 94, 97, 108, 162, 187, 239, 159, 236, 242, 273, 277 245, 251, 262 Gesundheitswesen 231 Frauenbild 26 Frauenerwerbstätigkeit 26 208 Sachregister

Gewalt 87, 92, 96, 97, 100, 104, 109, 134, Hypertext 62 151, 164, 187, 190, 191, 203, 212, 216, 220, 225 I Gewaltbereitschaft 102, 151 Ideengeschichte 68, 245 Gewaltenteilung 182 Identität 146, 151, 263 Gewaltkriminalität 96, 99, 102, 109, 164, Identitätsbildung 100 173, 209, 212 Ideologie 151, 247 Gewaltmonopol 190 illegale Beschäftigung 115 Gewaltverzicht 190 illegale Einwanderung 115 Gewerkschaft 238, 261, 271 Illegalität 90, 115 Gewerkschaftspolitik 269 Image 181 Gewissensfreiheit 3 Immunität 157, 284 Glaubensfreiheit 3, 253 Implementation 60 Gleichbehandlung 10, 60, 238, 262 Informationsaustausch 119 Gleichberechtigung 239, 262 Informationsfreiheit 31, 40 Gleichheit 55, 264 Informationsgesellschaft 40, 62 Gleichstellung 8, 10, 18, 251 Informationsmissbrauch 40 Globalisierung 18, 22, 55, 211, 234, 246 Informationsrecht 231, 273 Governance 113, 210 Informationssystem 119 Grenzschutz 167 Informationstechnik 119, 280 grenzüberschreitende Zusammenarbeit Informationstechnologie 143, 161, 205, 193, 241 231 Großstadt 95, 136, 211 Informationsverarbeitung 117 Grundbesitz 268 Informationsvermittlung 231 Grundgesetz 23, 39, 50, 59, 63, 158 Infrastruktur 111 Grundrecht 4, 5, 25, 32, 51, 190, 193, 234, Inhaltsanalyse 37 236, 239, 245, 250, 255, 272 Inklusion 216 Grundsicherung 256 Innenpolitik 23 Gruppe 100 innere Sicherheit 23, 88, 118, 161, 169, Gruppentherapie 171 205, 210, 217, 242, 246 GUS 244 Innovationsfähigkeit 238 Institutionalisierung 113 H institutionelle Faktoren 275 Häftling 155, 173, 198, 200, 228 interaktive Medien 51, 62 Haftung 54 Interessenausgleich 174 Handel 244 Interessenorientierung 47 Handlung 84 Interessenpolitik 47 Handlungsorientierung 19, 30 Interessenvertretung 261 Handlungstheorie 30, 45 internationale Beziehungen 183 Harmonisierung 178 internationale Politik 72, 234, 255, 256, Hass 151 264, 267 häusliche Pflege 96 Internationaler Gerichtshof 156, 255, 272 Herrschaft 19, 32 internationaler Vergleich 10, 16, 41, 72, Herrschaftsform 248 211, 275, 279 Hilfeleistung 57 internationales Abkommen 44, 255, 258, Hirnschädigung 13 264, 265 historische Analyse 195 internationale Sicherheit 44 Hochschule 130, 251 internationales Recht 2, 72, 156, 157, 184, 193, 240, 272, 284 Sachregister 209

internationales Regime 267, 284 kollektive Identität 100 internationale Zusammenarbeit 44, 51, 242 Kolonialismus 152, 266 Internationalisierung 18, 234, 238 Kommunalpolitik 106, 209, 211, 224, 226 Internet 51, 111, 143, 231, 233 Kommunikation 45, 111, 188, 238 Inzest 108 Kommunikationstechnologie 62, 119, 143, Islam 3, 239, 253, 264 231, 280 IT-Branche 143 Kommunitarismus 29, 118 Kompetenzverteilung 199 J Konferenz 148 Jude 268 Konfliktbewältigung 221 Judenverfolgung 112 Konfliktlösung 206 Judikative 182, 183, 277 Konfliktregelung 218 Jugend 89, 90, 134, 170, 177, 191, 196, Konjunktur 11 229 Konstitutionalismus 152 Jugendgericht 110, 131, 165, 175, 213 Konstruktivismus 67 Jugendhilfe 93, 131, 207, 214, 224 Konvention 194, 250 Jugendkultur 90 Konvergenz 177 Jugendlicher 80, 87, 88, 89, 90, 92, 93, Korruption 40, 78, 83, 98, 103, 106, 113, 100, 109, 115, 116, 120, 121, 125, 139, 149 131, 133, 134, 138, 141, 146, 150, Krankenversicherung 25 151, 160, 163, 165, 171, 172, 175, Krieg 44, 210 191, 202, 203, 207, 209, 212, 214, Kriegsopfer 243 224, 228, 229 Kriegsrecht 44 Jugendpolitik 224 Kriegsvölkerrecht 44 Jugendrecht 125, 160, 165, 170 Kriminalisierung 1, 149 Jugendschutz 273 Kriminalpolitik 88, 89, 102, 118, 160, 169, junger Erwachsener 151, 163, 171 170, 176, 196, 207, 217, 223, 237 Justizvollzugsanstalt 1, 120, 178, 200 Kriminaltechnik 161 Kritische Kriminologie 122 K Kultur 43 Kampagne 21 kulturelle Faktoren 26, 80, 99, 275 Kapitalismus 71, 113 kulturelle Identität 32, 152 Kapitalmarkt 54 Kulturkonflikt 33 Karriere 219 Kunde 95 Kaste 266 Kündigung 6, 20, 35, 36 katholische Kirche 253 Kündigungsschutz 6, 9, 10, 11, 14, 16, 20, Kaukasusregion 244 34, 35, 36, 54, 70, 79, 230, 238, 269, Kelsen, H. 38 274, 275, 278, 281 Kind 87, 94, 108, 134, 145, 148, 214, 257, 265 L Kindergarten 210 Labeling Approach 67 Kindeswohl 264 Länderkompetenz 199 Kirchenpolitik 253 Landgericht 185 Kirchenrecht 253 ländlicher Raum 146 Kleidung 3 Landwirtschaft 28, 152 Kleinbetrieb 14, 34, 35, 36, 278 Lebensalter 35 Klimaschutz 234 Lebensbedingungen 115 kognitive Faktoren 150 Lebenslauf 163, 219 Kohlberg, L. 150 Lebenssituation 94, 115, 132 210 Sachregister

Lebenswelt 96 Minderheit 22, 46 Legalisierung 4, 78 Minderheitenpolitik 46 Legalität 4, 78 Minderheitenrecht 46, 255, 256 Legitimation 44, 46, 73, 168, 190 Minderjährigkeit 265 Legitimität 190, 264 Mindestlohn 238 Leiharbeit 11 Ministerium 5 Leistungsanspruch 6, 20, 79 Ministerium für Staatssicherheit 195 Leitbild 43, 253 Mitarbeiter 154 Liberalisierung 275 Mitbestimmung 238, 282 Liberalismus 158 Mittelalter 1 Linksradikalismus 147 Mittelbetrieb 14, 278 Literatur 1 Mobbing 203 Lobby 78 Modellversuch 205 Lohnerhöhung 281 Moderne 45, 263, 266 Lohnfindung 260, 271 Modernisierung 266 Lohnhöhe 271 Montesquieu 76 Luhmann, N. 24 Moral 22, 29, 41, 80, 95, 103, 150, 158, 168 M moralisches Urteil 103 Maastrichter Vertrag 270 Motiv 186 Macht 24, 182 multikulturelle Gesellschaft 22 Mann 163, 239 Muslim 80, 239 Marginalität 211 Mutter 108 Markt 103 Marktmacht 68 N Marktorientierung 68 Nachkriegszeit 38 Marktversagen 103 nationales Stereotyp 180 Marktwirtschaft 68 Nationalismus 151 Massenmedien 113, 207 Nationalität 191 Maßregelvollzug 102, 176 Nationalsozialismus 32, 73, 145, 235, 243 Medien 13 NATO-Doppelbeschluss 179 Medienpolitik 273 Naturrecht 76 Medienrecht 18, 273, 280 Naturwissenschaft 13 Medizin 145 Nebenbeschäftigung 78 Meinungsfreiheit 32, 250 Neoliberalismus 68, 118 Menschenbild 249 Neonazismus 140 Menschenhandel 148, 244 Netzwerk 126, 145 Menschenrechte 5, 32, 55, 72, 184, 190, neue Medien 62 194, 234, 239, 240, 242, 245, 249, neue Technologie 119 250, 254, 255, 256, 258, 262, 264, Neurophysiologie 144 272, 284 nichtstaatliche Organisation 245 Menschenwürde 4, 55, 158, 249 Norm 1, 44, 84, 127, 279 Menschheit 184 Normativität 17, 29, 39, 45, 247 Miete 247 Normbildung 191 Mietrecht 247 Normsetzung 45, 191 Mietwohnung 247 Normverletzung 191 Migrant 56, 74, 92, 93, 120 Notstandsgesetz 73 Migrationspolitik 56 Militär 179, 242 Sachregister 211

O Politikverdrossenheit 78 OECD 26 politische Entscheidung 82 öffentliche Aufgaben 25, 64 politische Faktoren 98 öffentliche Ausgaben 52 politische Folgen 12, 233 öffentliche Leistung 66 politische Justiz 179 öffentliche Meinung 207 politische Kontrolle 51, 72, 210 öffentliche Ordnung 210, 225, 237 politische Kriminalität 78 öffentlicher Dienst 251 politische Kultur 19, 139 öffentlicher Sektor 16 politische Philosophie 259 öffentliches Gut 210 politischer Konflikt 267 öffentliches Recht 48, 242, 273 politischer Prozess 72 öffentliche Verwaltung 40 politischer Wandel 98, 135, 233, 246 Öffentlichkeit 78, 115, 205, 208 politisches Handeln 19 ökonomische Faktoren 54 politisches System 26, 42, 139, 232, 247 ökonomisches Modell 127 politische Stabilität 244 ökonomische Theorie 84 politische Unabhängigkeit 152 Online-Dienst 280 politische Willensbildung 73 Online-Medien 280 Populismus 152 Organisationen 66, 147, 225 Pornographie 51 organisierte Kriminalität 88, 126, 135, 180 Post 161 Osterweiterung 177, 241 postsozialistisches Land 113, 135, 154, Outsourcing 238 193, 211, 237, 244, 252, 253, 259, 268, 273 P Presse 280 Pädagogik 154 Pressefreiheit 273 parlamentarischer Ausschuss 49, 58, 81 Preußen 113 Partei 21, 52, 53, 63, 69 private Vorsorge 25 Parteiengesetz 52, 53 Privathaushalt 104, 220 Parteienrecht 72 Privatisierung 25, 237 Parteipolitik 47 Privatsphäre 220 Parteiverbot 72 Privatwirtschaft 16 Partnerbeziehung 221 Produktionsverlagerung 238 Pazifismus 179 Professionalisierung 153 Personaleinstellung 9, 11, 20 Prostitution 95, 148 Personalpolitik 281 Prozessordnung 159, 220 personenbezogene Dienstleistung 66 Prozessrecht 193 Persönlichkeit 165 Psychiatrie 145, 176, 214 Persönlichkeitsmerkmal 144 psychiatrische Versorgung 102, 176 Persönlichkeitsrecht 5, 273 psychische Belastung 107 Pflege 96 psychische Faktoren 13 Pflegedienst 96 psychische Folgen 87 Pflegefamilie 96 psychische Krankheit 155, 176 Pflegeheim 96 psychische Störung 155 Pflegepersonal 96 Psychologie 186 pharmazeutische Industrie 149 psychologische Beratung 171 Pluralismus 250, 263, 266 Psychopathologie 71 Political Correctness 32 psychosoziale Intervention 104, 125, 129 Politikberatung 12 psychosoziale Störung 212 Politiker 78 psychosoziale Versorgung 129 212 Sachregister

Public Private Partnership 18, 113 Regime 98 regionaler Unterschied 136, 222 Q regionale Verteilung 222 Qualifikationsanforderungen 114 Regulierung 70 qualitative Methode 37, 118 Reintegration 141 qualitatives Interview 37 Religion 3, 80, 253 Qualitätskontrolle 12 religiöse Sozialisation 26 Qualitätssicherung 12, 66 Religiosität 3, 99 Repräsentation 5 R Repression 158 Radikalismus 147 Reproduktionsmedizin 249 Rasse 60 Republik 76 Rassismus 86, 146 Ressourcen 267 Rasterfahndung 85, 117, 161 Richter 5, 17, 88, 165, 173, 182, 193, 194, Rational-Choice-Theorie 99 218, 277 Raum 210 Richterrecht 24 Rawls, J. 31, 39, 55, 174 Richtlinie 28, 265 realer Sozialismus 247 Rolle 206 Rechtsanspruch 243 Roman 1 Rechtsbewusstsein 80 Rousseau, J. 73 Rechtsdogmatik 65, 206 Rückfälligkeit 102, 125, 131, 163, 164, Rechtsgeltung 8, 174, 268 172, 219, 228, 229 Rechtsgrundlage 52, 57, 63, 81, 140, 157, Rückfalltäter 93, 102, 125, 131 189, 206, 231, 258, 265, 267, 270 Russland 193, 244, 253, 273 Rechtshilfe 193 Rüstung 179 Rechtsmittel 220 Rechtsnorm 2, 63, 80, 140 S Rechtsordnung 43, 44, 45, 188, 232, 236, Sanktion 77, 191 246, 248, 254, 258, 283 Satzung 232 Rechtsphilosophie 25, 174, 254 Scheinselbständiger 61 Rechtspolitik 8, 18, 152, 246, 253, 258, Schlichtung 218 279 Schmitt, C. 24, 73 Rechtspositivismus 38 Schuldrecht 247 Rechtsprechung 10, 17, 24, 61, 68, 72, 79, Schule 3, 191, 203, 204, 212 157, 169, 182, 184, 189, 192, 199, Schüler 203 240, 246, 261, 262, 266, 279 Schulwesen 3 Rechtsradikalismus 87, 100, 146, 151 Schwangerschaft 26 Rechtsreform 42 Schwangerschaftsabbruch 26 Rechtsschutz 58, 220, 236, 248, 255, 256, Schwerbehinderung 35 264, 280 Sekte 253 Rechtssicherheit 248 Selbständiger 61 Rechtsstaat 18, 55, 68, 76, 130, 190, 195, Selbstbestimmung 4, 51, 158 243, 248 Selbstbestimmungsrecht 259 Rechtsverletzung 240 Selbstbild 151 Rechtsverordnung 15, 28 Selbsteinschätzung 150 Rechtswissenschaft 30, 45, 68 Selbstmord 112 Reflexivität 77, 118 Sexualdelikt 97, 102, 123, 164, 169, 173, Reformpolitik 70, 79 187 Regierung 98, 264 Sexualität 95, 108 Sachregister 213

sexuelle Belästigung 251 Sportberuf 241 sexueller Missbrauch 94, 108 SS 243 Sicherheit 96, 111, 143, 225, 237 Staat 19, 24, 33, 38, 48, 51, 64, 103, 113, Sicherungsverwahrung 169 169, 188, 190, 236, 246, 266 Sinn 30 staatliche Einflussnahme 98 Soldat 243 Staatsangehörigkeit 22, 75 Solidarität 226 Staatsanwalt 124 Sozialarbeit 124, 206, 228, 229 Staatsanwaltschaft 124, 131, 187 Sozialauswahl 6, 35, 36 Staatsfunktion 64 soziale Beziehungen 216 Staatsgewalt 48 soziale Einrichtung 66 Staatsgrenze 167 soziale Faktoren 27, 99 Staatsrecht 3, 32, 33 soziale Folgen 254 Staatstheorie 38 soziale Funktion 112, 226 Staatsversagen 244 soziale Gerechtigkeit 54 Staatsverschuldung 25 soziale Herkunft 95 Staatswissenschaft 254 soziale Integration 15, 22, 43, 57, 204 Staatszerfall 259 soziale Konstruktion 67, 118 Stadt 225, 227, 237 soziale Kontrolle 71, 204, 208, 210 Stadtbevölkerung 211 soziale Norm 29, 30, 41, 54, 77, 80, 226 Stalking 107 sozialer Brennpunkt 227 Sterben 4 sozialer Raum 211 Steuerrecht 25, 61, 149 sozialer Wandel 71, 90, 210, 257 Stichprobe 37 soziale Sicherung 74 Stigmatisierung 1, 95 soziales Milieu 95 Strafanzeige 134 soziales Problem 91, 93 Strafe 127, 165, 168, 172, 223 soziales Verhalten 191 Strafentlassener 164 soziale Verantwortung 141 Straffälligenhilfe 202 Sozialgerichtsbarkeit 199 Straffälliger 109, 138, 162, 163, 202 Sozialisation 84, 191, 204 Strafgefangener 164, 228, 229 Sozialisationsbedingung 163 Strafgesetzbuch 276 Sozialisierung 43 Strafmündigkeit 116 Sozialismus 247 Strafprozess 110, 129, 159, 166, 195 Sozialkapital 99 Strafrecht 13, 77, 83, 89, 93, 121, 142, Sozialpädagogik 228 151, 152, 156, 158, 160, 169, 170, sozialpädagogische Intervention 163 171, 174, 177, 178, 184, 191, 192, Sozialpartnerschaft 281 195, 196, 200, 220, 254, 272, 276 Sozialpolitik 246 Straftat 27, 41, 84, 100, 126, 127, 131, Sozialrecht 10, 66, 199, 254 145, 150, 157, 171, 172, 184, 227 Sozialstaat 32, 66 Strafverfolgung 97, 123, 130, 143, 149, Sozialversicherung 61 157, 167, 180, 192, 195, 237 Sozialwissenschaft 245 Strafzumessung 41, 174, 180 soziologische Theorie 67 Studentin 123 sozioökonomische Entwicklung 26 Subkultur 90, 95, 100 Spätaussiedler 120 Supranationalität 183, 234 SPD 106 Systemtheorie 24 Spende 149 Systemveränderung 283 Spezialklinik 145 Szenario 137 Sponsoring 149 214 Sachregister

T Urteil 17, 140, 157, 180, 181, 185, 192, Tabu 19, 32 235 Tarifautonomie 59, 238, 260, 271 Urteilsbildung 150 Tariffähigkeit 252 Urteilsfindung 181 Tarifpartner 281 Tarifpolitik 271 V Tarifrecht 260, 261 Validierung 164 Tarifvertrag 59, 252, 260, 271 Verantwortung 25 Täter-Opfer-Ausgleich 124, 141, 174 Verbraucherschutz 40, 54 Technikfolgen 17, 233 Verfahrensrecht 175, 220, 254 Technisierung 208 Verfassung 5, 18, 19, 32, 39, 42, 44, 50, Technokratie 208 158, 182, 188, 232, 234, 236, 253, Technologie 208 258, 263, 277 Teilzeitarbeit 6 Verfassungsänderung 42 Teilzeitarbeitnehmer 61 Verfassungsgebung 182 Telekommunikation 166 Verfassungsmäßigkeit 21, 23, 44, 59, 201 Terrorismus 23, 33, 44, 49, 56, 85, 112, Verfassungsrecht 3, 4, 21, 23, 32, 42, 50, 147, 190, 198, 242, 264 242, 273 Theorie-Praxis 114 Vergangenheitsbewältigung 235 Todesstrafe 127 Vergewaltigung 123 Tötungsdelikt 27, 100, 102, 145, 164 Verhandlung 47 Tradition 266 Versammlungsfreiheit 140 traditionelle Kultur 152 verstehende Soziologie 128 Trägerschaft 154 Verteilungskonflikt 267 transatlantische Beziehungen 33 Verteilungspolitik 54 Transparenz 40, 270 Vertrag 31 Trauma 105 Vertrauen 78 Typologie 37 Vertreibung 268 Vertriebener 268 U Verwaltungsgericht 140, 199 Überwachung 159, 161, 166, 205, 208, Verwaltungshandeln 248 210 Verwaltungsrecht 220, 248 UdSSR 259 Verwaltungsverfahren 248 UdSSR-Nachfolgestaat 193, 244, 253, Verwissenschaftlichung 114 259, 273 Video 205, 208, 210 Umwelt 142 Viktimisierung 87, 96, 97, 109, 123, 146, Umweltkriminalität 142 191, 203 Umweltpolitik 234 virtuelle Gemeinschaft 62 Umweltrecht 142 virtuelle Realität 62 Umweltschutz 17, 28 Völkermord 112, 272 UNO 44, 239, 245, 250 Völkerrecht 2, 33, 44, 49, 55, 157, 179, Unternehmen 98 242, 246, 259, 267, 272, 284 Unternehmensführung 282 Volksabstimmung 21 Unternehmensgründung 36, 61 Volksbegehren 21 Unternehmenspolitik 238 Vorschlagswesen 238 Untersuchungshaft 155, 195, 202, 207 Urheberrecht 280 W Ursachenforschung 67 Waffe 212, 244 Wahl 273 Sachregister 215

Wahlrecht 35 Wahrnehmung 91, 222 Weber, M. 30 Wehrdienstverweigerer 179 Weimarer Republik 73, 179 Weltgesellschaft 44, 45 Weltordnung 44 Werbung 273 Wert 41 Wertorientierung 19, 150, 191 Wettbewerbsfähigkeit 238, 281 Widerstand 179 Wirtschaft 135 Wirtschaftlichkeit 66 Wirtschaftsethik 113 Wirtschaftskriminalität 37, 83 Wirtschaftsordnung 283 Wirtschaftsrecht 54 wissenschaftliche Beratung 12 Wissensgesellschaft 62, 188 Wohnung 104 WTO 234

Z Zentralasien 244 Zeuge 129, 175 Zivilgesellschaft 29, 40, 266 Zivilisation 76 Zivilprozess 220 Zivilrecht 54, 60, 74, 220, 247, 254 Zukunftsperspektive 238 Zuwanderung 5, 15, 43, 56, 92, 93, 265

19. Jahrhundert 48, 179 20. Jahrhundert 1, 48, 179 21. Jahrhundert 40, 69, 264

Institutionenregister 217

Institutionenregister

Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung -DIPF- 80 ecce Gemeinschaft für Sozialforschung 146 Fachhochschule Frankfurt am Main, FB 04 Soziale Arbeit und Gesundheit 187 Fachhochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin 162, 163, 254 Freie Universität Berlin, Medizinische Fakultät Charité - Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin -CBF-, Forensische Medizin WE 14 Institut für Forensische Psychiatrie 164 Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, FB Sozialpädagogik 66 Institut für Arbeitsrecht und Arbeitsbeziehungen in der Europäischen Gemeinschaft -IAAEG- an der Universität Trier 252 Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie 211 Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e.V. 104 Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht 1, 151 Technische Hochschule Aachen, FB 07 Philosophische Fakultät, Institut für Politische Wissen- schaft 139 Technische Universität Dresden, Philosophische Fakultät, Institut für Soziologie Lehrstuhl für Makrosoziologie 27, 84, 98, 99, 127 Technische Universität Hamburg-Harburg, FSP 1 Stadt, Umwelt und Technik Arbeitsbereich 1-06 Stadt- und Regionalökonomie, Stadt- und Regionalsoziologie 211 Universität Bern, Philosophisch-Historische Fakultät, Institut für Psychologie Lehrstuhl für Sozi- alpsychologie und Rechtspsychologie 41 Universität Bielefeld, Fak. für Soziologie, WE V Arbeit und Organisation Lehrstuhl Öffentliche Verwaltung 17 Universität Bremen, FB 09 Kulturwissenschaften, Studiengang Philosophie 279 Universität Frankfurt, FB 04 Erziehungswissenschaften, Institut für Allgemeine Erziehungswis- senschaft WE I 80 Universität Freiburg, Philologische Fakultät, Englisches Seminar 1 Universität Freiburg, Philosophische Fakultät, Philosophisches Seminar 1 Universität Fribourg, Rechtswissenschaftliche Fakultät, Institut für Europarecht 28, 72 Universität Halle-Wittenberg, Philosophische Fakultät, Institut für Ethnologie 216 Universität Hamburg, FB Medizin, Zentrum für Psychosoziale Medizin Institut für Geschichte und Ethik der Medizin 145 218 Institutionenregister

Universität Hamburg, FB Rechtswissenschaft, Institut für Kriminalwissenschaften Abt. Krimino- logie 211 Universität Konstanz, Rechts-, Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaftliche Sektion, FB Poli- tik- und Verwaltungswissenschaft Lehrstuhl für materielle Staatstheorie 111 Universität Luzern, Rechtswissenschaftliche Fakultät 189 Universität Oldenburg, Fak. 04 Human- und Gesellschaftswissenschaften, Institut für Soziologie 136 Universität Passau, Philosophische Fakultät, Lehrstuhl für Politikwissenschaft I 147 Universität Potsdam, MenschenRechtsZentrum 256

ANHANG

Hinweise 221

Hinweise zur Originalbeschaffung von Literatur

Die in der Datenbank SOLIS nachgewiesene Graue Literatur enthält nahezu vollständig einen Bibliotheksstandort zur Erleichterung der Ausleihe; dies gilt auch für einen Teil (40%) der nach- gewiesenen Verlagsliteratur. In SOLIS nachgewiesene Zeitschriftenaufsätze sind zu über 60% mit einem Standortvermerk versehen.

Beschaffung von Literatur über den Deutschen Leihverkehr

Die Standortvermerke in SOLIS (Kürzel, Ort und Sigel der besitzenden Bibliothek sowie Signatur der Arbeit) beziehen sich auf Bibliotheken, die dem normalen Fernleihverkehr angeschlossen sind. Sollte die gewünschte Arbeit bei Ihrer örtlichen Bibliothek nicht vorhanden sein, ersparen Ihnen die Standortvermerke für die Fernleihe („Direktbestellung“) den u.U. sehr zeitraubenden Weg über das Bibliothekenleitsystem. Elektronische Bestellungen sind ebenfalls möglich, z.B. über subito - einen bundesweiten Doku- mentlieferdienst der deutschen Bibliotheken für Aufsätze und Bücher.

Literaturdienst der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln

Aufsätze aus Zeitschriften, die für SOLIS ausgewertet werden und in der Universitäts- und Stadt- bibliothek Köln vorhanden sind, können über den Kölner Literaturdienst (KÖLI) als Kopie bestellt werden. Diese Aufsätze enthalten den Standortvermerk „UuStB Koeln(38) - Signatur der Zeit- schrift“ sowie einen Hinweis auf den Kopierdienst. Die Bestellung kann mit gelber Post, per Fax oder elektronisch erfolgen. Kosten für den Postversand bis zu je 20 Kopien pro Aufsatz betragen 4,- Euro, für Hochschulan- gehörige 2,- Euro (bei „Normalbestellung“ mit einer Lieferzeit von i.d.R. sieben Tagen); gegen Aufpreis ist eine „Eilbestellung“ (Bearbeitungszeit: ein Arbeitstag) oder auch eine Lieferung per Fax möglich.

Zur Benutzung der Forschungsnachweise

Die Inhalte der Forschungsnachweise beruhen auf den Angaben der Forscher selbst. Richten Sie deshalb bitte Anfragen jeglicher Art direkt an die genannte Forschungseinrichtung oder an den/die Wissenschaftler(in). Das gilt auch für Anfragen wegen veröffentlichter oder unveröffentlichter Literatur, die im For- schungsnachweis genannt ist.

Informations- und Dienstleistungsangebot des Informationszentrums Sozialwissenschaften

Als Serviceeinrichtung für die Sozialwissenschaften erbringt das Informationszentrum Sozialwis- senschaften (IZ) überregional und international grundlegende Dienste für Wissenschaft und Praxis. Seine Datenbanken zu Forschungsaktivitäten und Fachliteratur sowie der Zugang zu weiteren nationalen und internationalen Datenbanken sind die Basis eines umfassenden Angebotes an In- formationsdiensten für Wissenschaft, Multiplikatoren und professionelle Nutzer von Forschungs- ergebnissen. Zu seinen zentralen Aktivitäten gehören: • Aufbau und Angebot von Datenbanken mit Forschungsprojektbeschreibungen (FORIS) und Literaturhinweisen (SOLIS) • Beratung bei der Informationsbeschaffung - Auftragsrecherchen in Datenbanken weltweit • Informationstransfer von und nach Osteuropa • Informationsdienste zu ausgewählten Themen • Informationswissenschaftliche und informationstechnologische Forschung & Entwicklung • Internet-Service

Das Informationszentrum Sozialwissenschaften wurde 1969 von der Arbeitsgemeinschaft Sozial- wissenschaftlicher Institute e.V. (ASI) gegründet. Seit Dezember 1986 ist es mit dem Zentralar- chiv für empirische Sozialforschung (ZA) an der Universität zu Köln und dem Zentrum für Um- fragen, Methoden und Analysen e.V. (ZUMA), Mannheim in der Gesellschaft Sozialwissenschaft- licher Infrastruktureinrichtungen e.V. (GESIS) zusammengeschlossen. GESIS ist Mitglied der „Leibniz-Gemeinschaft“ und wird von Bund und Ländern gemeinsam gefördert. Im Januar 1992 wurde eine Außenstelle der GESIS (ab 2003 GESIS-Servicestelle Osteuropa) in Berlin eröffnet, in der die Abteilung des IZ zwei Aufgaben übernahm: Die Bestandssicherung unveröffentlichter sozialwissenschaftlicher Forschungsarbeiten der DDR und den Informations- transfer von und nach Osteuropa.

Die Datenbanken FORIS und SOLIS FORIS (Forschungsinformationssystem Sozialwissenschaften) Inhalt: FORIS informiert über laufende, geplante und abgeschlossene Forschungsarbeiten der letzten zehn Jahre aus der Bundesrepublik Deutschland, aus Österreich und der Schweiz. Die Datenbank enthält Angaben zum Inhalt, zum methodischen Vorgehen und zu Daten- gewinnungsverfahren sowie zu ersten Berichten und Veröffentlichungen. Die Namen der am Projekt beteiligten Forscher und die Institutsadresse erleichtern die Kontaktaufnahme. Fachgebiete: Soziologie, Politikwissenschaft, Sozialpolitik, Sozialpsychologie, Psychologie, Bil- dungsforschung, Erziehungswissenschaft, Kommunikationswissenschaften, Wirtschafts- wissenschaften, Demographie, Ethnologie, historische Sozialforschung, Sozialgeschichte, Methoden der Sozialforschung, Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sowie weitere inter- disziplinäre Gebiete der Sozialwissenschaften wie z.B. Frauenforschung, Freizeitfor- schung, Gerontologie, Sozialwesen oder Kriminologie. Bestand der letzten 10 Jahre: über 40.000 Forschungsprojektbeschreibungen Quellen: Erhebungen, die das IZ Sozialwissenschaften in der Bundesrepublik Deutschland, die Universitätsbibliothek der Wirtschaftsuniversität Wien in Österreich (bis 2001) und SI- DOS (Schweizerischer Informations- und Daten-Archivdienst) in der Schweiz bei sozial- wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen durchführen. Die Ergebnisse der IZ-Er-

hebung werden ergänzt durch sozialwissenschaftliche Informationen fachlich spezialisier- ter IuD-Einrichtungen wie z.B. des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit (Nürnberg) sowie durch Auswertung von Internetquellen, Hoch- schulforschungsberichten sowie Jahresberichten zentraler Fördereinrichtungen und Stif- tungen. SOLIS (Sozialwissenschaftliches Literaturinformationssystem) Inhalt: SOLIS informiert über die deutschsprachige fachwissenschaftliche Literatur ab 1945, d.h. Aufsätze in Zeitschriften, Beiträge in Sammelwerken, Monographien und Graue Literatur (Forschungsberichte, Kongressberichte), die in der Bundesrepublik Deutschland, Öster- reich oder der Schweiz erscheinen. Bei Aufsätzen aus Online-Zeitschriften und bei Grau- er Literatur ist im Standortvermerk zunehmend ein Link zum Volltext im Web vorhanden. Fachgebiete: Soziologie, Politikwissenschaft, Sozialpolitik, Sozialpsychologie, Bildungsfor- schung, Kommunikationswissenschaften, Demographie, Ethnologie, historische Sozial- forschung, Methoden der Sozialforschung, Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sowie weitere interdisziplinäre Gebiete der Sozialwissenschaften wie z.B. Frauenforschung, Freizeitforschung, Gerontologie oder Sozialwesen. Bestand: Sommer 2005 ca. 320.000 Literaturnachweise Jährlicher Zuwachs: ca. 14.000 Quellen: Zeitschriften, Monographien einschließlich Beiträgen in Sammelwerken sowie Graue Literatur. SOLIS wird vom IZ Sozialwissenschaften in Kooperation mit dem Bundesinsti- tut für Bevölkerungsforschung in Wiesbaden, der Freien Universität Berlin - Fachinfor- mationsstelle Publizistik, dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bun- desagentur für Arbeit in Nürnberg, den Herausgebern der Zeitschrift für Politikwissen- schaft und dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung hergestellt. Weitere Absprachen bestehen mit der Zentralstelle für Psychologische Information und Dokumen- tation in Trier und mit dem Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung in Frankfurt/Main.

Zugang zu den Datenbanken Der Abruf von Informationen aus den Datenbanken FORIS und SOLIS ist prinzipiell kostenpflich- tig. Beide Datenbanken sind in jeweils unterschiedlichen fachlichen Umgebungen über folgende Hosts zugänglich:

STN International GBI The Scientific & Technical Gesellschaft für Betriebswirt- Information Network schaftliche Information mbH Postfach 24 65 Postfach 81 03 60 D-76012 Karlsruhe D-81903 München Tel. (0 72 47) 80 85 55 Tel. (0 89) 99 28 79-0 www.stn-international.de www.gbi.de/_de

An nahezu allen Hochschulstandorten sowohl in Deutschland als auch in Österreich und der Schweiz sind beide Datenbanken auf der Basis von Pauschalabkommen mit den Hosts - z.B. für das GBI wiso-net - in der Bibliothek oder über Institutsrechner für die Hochschulangehörigen frei zugänglich.

infoconnex - der neue interdisziplinäre Informationsdienst bietet Individualkunden günstige Jah- respauschalpreise für den Zugang zu den Datenbanken SOLIS und FORIS - auch in Kombination mit den Literaturdatenbanken zu Pädagogik und Psychologie (www.infoconnex.de).

Im www-Angebot des IZ bzw. der GESIS steht - neben weiteren kostenfrei zugänglichen Daten- banken - ein Ausschnitt aus der FORIS-Datenbank mit Projektbeschreibungen der letzten Jahre für inhaltliche und formale Suchen zur Verfügung; dadurch besteht darüber hinaus die Möglichkeit, bereits gemeldete Projekte auf Aktualität zu prüfen sowie jederzeit neue Projekte für eine Auf- nahme in FORIS mitzuteilen.

Beratung bei der Nutzung sozialwissenschaftlicher Datenbanken Zur Unterstützung Ihrer eigenen Suche in den Datenbanken FORIS und SOLIS bietet das IZ ent- sprechende Rechercheinstrumente wie z.B. den Thesaurus oder die Klassifikation Sozialwissen- schaften. Selbstverständlich beraten wir Sie auch jederzeit bei der Umsetzung sozialwissenschaft- licher Fragestellungen in effektive Suchstrategien in unseren Datenbanken.

Auftragsrecherchen In Ihrem Auftrag und nach Ihren Wünschen führt das IZ kostengünstig Recherchen in den Daten- banken FORIS und SOLIS durch. Darüber hinaus werden Informationen aus weiteren nationalen und internationalen Datenbanken zu sozialwissenschaftlichen und/oder fachübergreifenden The- mengebieten zusammengestellt.

Informationstransfer von und nach Osteuropa Die Abteilung Informationstransfer in der GESIS-Servicestelle Osteuropa fördert die Ost-West- Kommunikation in den Sozialwissenschaften. Sie unterstützt die internationale Wissenschaftsko- operation mit einer Vielzahl von Informationsdiensten. Eine wichtige Informationsquelle für Kontakte, Publikationen oder Forschung bietet in diesem Zusammenhang auch der Newsletter „Sozialwissenschaften in Osteuropa“, der viermal jährlich in englischer Sprache erscheint.

Sozialwissenschaftlicher Fachinformationsdienst - soFid Regelmäßige Informationen zu neuer Literatur und aktueller sozialwissenschaftlicher Forschung bietet das IZ mit diesem Abonnementdienst, der sowohl in gedruckter Form als auch auf CD-ROM bezogen werden kann. Er ist vor allem konzipiert für diejenigen, die sich kontinuierlich und län- gerfristig zu einem Themenbereich informieren wollen. soFid ist zu folgenden Themenbereichen erhältlich: • Allgemeine Soziologie • Kriminalsoziologie + Rechtssoziologie • Berufssoziologie • Kultursoziologie + Kunstsoziologie • Bevölkerungsforschung • Methoden und Instrumente der • Bildungsforschung Sozialwissenschaften • Familienforschung • Migration und ethnische Minderheiten • Frauen- und Geschlechterforschung • Organisations- und Verwaltungsfor- • Freizeit - Sport - Tourismus schung • Gesellschaftlicher Wandel in den • Osteuropaforschung neuen Bundesländern • Politische Soziologie • Gesundheitsforschung • Religionsforschung • Industrie- und Betriebssoziologie • Soziale Probleme • Internationale Beziehungen + • Sozialpolitik Friedens- und Konfliktforschung • Sozialpsychologie • Jugendforschung • Stadt- und Regionalforschung • Kommunikationswissenschaft: • Technology Assessment Massenkommunikation - Medien - • Umweltforschung Sprache • Wissenschafts- und Technikforschung sowiNet - Aktuelle Themen im Internet Zu gesellschaftlich relevanten Themen in der aktuellen Diskussion werden in der Reihe sowiOnli- ne Informationen über sozialwissenschaftliche Forschungsprojekte und Veröffentlichungen auf Basis der Datenbanken FORIS und SOLIS zusammengestellt. In der Reihe sowiPlus werden sol- che Informationen darüber hinaus mit Internetquellen unterschiedlichster Art (aktuelle Meldungen, Dokumente, Analysen, Hintergrundmaterialien u.a.m.) angereichert. Alle Themen sind zu finden unter www.gesis.org/Information/SowiNet.

Forschungsübersichten Dokumentationen zu speziellen sozialwissenschaftlichen Themengebieten, Ergebnisberichte von Forschungs- und Entwicklungsarbeiten des IZ, Tagungsberichte und State-of-the-art-Reports wer- den in unregelmäßigen Abständen in verschiedenen Reihen herausgegeben.

Internet-Service Die Institute der GESIS (Gesellschaft Sozialwissenschaftlicher Infrastruktureinrichtungen e.V.) IZ (Informationszentrum Sozialwissenschaften, Bonn) ZA (Zentralarchiv für Empirische Sozialforschung an der Universität zu Köln) und ZUMA (Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen, Mannheim) bieten unter www.gesis.org gemeinsam Informationen zum gesamten Spektrum ihrer Infrastrukturleistungen sowie Zugang zu Informations- und Datenbeständen. Unter dem Menü-Punkt „Literatur- & Forschungsinformation“ bietet das IZ nicht nur Zugang zu einem Ausschnitt aus der Forschungsprojektdatenbank FORIS, sondern zu einer Reihe weiterer Datenbanken und Informationssammlungen: • Die Datenbank SOFO - sozialwissenschaftliche Forschungseinrichtungen - enthält Angaben zu universitären und außeruniversitären Instituten in der Bundesrepublik Deutschland in den Bereichen Soziologie, Politikwissenschaft, Psychologie, Erziehungswissenschaft, Kommunika- tionswissenschaft, Wirtschaftswissenschaft, Bevölkerungswissenschaft, Geschichtswissen- schaft sowie Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Gesucht werden kann nach Namen(steilen), Fachgebiet, Ort, Bundesland sowie organisatorischer Zuordnung (Hochschule, außeruniversitä- re Forschung oder öffentlicher Bereich). Neben Adressen, herausgegebenen Schriftenreihen u.ä. verweisen Hyperlinks ggf. auf die je- weiligen Homepages der Institutionen. Darüber hinaus gelangt man über einen weiteren Hyper- link zu allen Projektbeschreibungen eines Instituts, die in den letzten drei Jahren in die For- schungsdatenbank FORIS aufgenommen wurden (www.gesis.org/information/SOFO). • Die Datenbank INEastE - Social Science Research INstitutions in Eastern Europe - bietet Tätigkeitsprofile zu sozialwissenschaftlichen Einrichtungen in vierzehn osteuropäischen Län- dern. Ähnlich wie in SOFO, können auch hier die Institutionen durchsucht werden nach Na- mensteilen, Ort, Land, Personal, Fachgebiet, Tätigkeitsschwerpunkt und organisatorischer Zu- ordnung. Die zumeist ausführlichen Institutsbeschreibungen in englischer Sprache sind durch weiterführende Hyperlinks zu den Institutionen ergänzt (www.gesis.org/Information/Osteuropa/INEastE). • Sozialwissenschaftliche Zeitschriften in Deutschland, Österreich und der Schweiz stehen in einer weiteren Datenbank für Suchen zur Verfügung. Es handelt sich dabei um Fachzeitschrif- ten, die vom IZ in Kooperation mit weiteren fachlich spezialisierten Einrichtungen regelmäßig für die Literaturdatenbank SOLIS gesichtet und ausgewertet werden. Standardinformationen sind Zeitschriftentitel, Herausgeber, Verlag und ISSN - Redaktionsadresse und URL zur Ho- mepage der Zeitschrift werden sukzessive ergänzt. Immer vorhanden ist ein Link zur Daten- bank SOLIS, der automatisch eine Recherche beim GBI-Host durchführt und die in SOLIS ge- speicherten Titel der Aufsätze aus der betreffenden Zeitschrift kostenfrei anzeigt; weitere In- formationen zu den Aufsätzen wie Autoren oder Abstracts können gegen Entgelt direkt ange- fordert werden. Die Datenbank befindet sich noch im Aufbau; eine alphabetische Liste aller ausgewerteten Zeitschriften aus den deutschsprachigen Ländern kann jedoch im PDF-Format abgerufen werden.

Zu sozialwissenschaftlichen Zeitschriften in Osteuropa liegen ausführliche Profile vor, die in alphabetischer Reihenfolge für die einzelnen Länder ebenfalls abrufbar sind. Der Zugang erfolgt über www.gesis.org/Information/Zeitschriften. Über weitere Menü-Hauptpunkte werden u.a. erreicht: • die Linksammlung SocioGuide, die - gegliedert nach Ländern und Sachgebieten - Zugang zu Internetangeboten in den Sozialwissenschaften bietet (www.gesis.org/SocioGuide) sowie • der GESIS-Tagungskalender (www.gesis.org/Veranstaltungen) mit Angaben zu Thema/ Inhalt, Termin, Ort, Land, Kontaktadresse bzw. weiterführenden Links zu nationalen und internationa- len Tagungen und Kongressen in den Sozialwissenschaften sowie zu Veranstaltungen in und zu Osteuropa im Bereich der Transformationsforschung.

Elektronischer Service des IZ Das IZ-Telegramm, das vierteljährlich über Neuigkeiten und Wissenswertes aus dem IZ berichtet, sowie der Newsletter „Social Science in Eastern Europe“ können auch in elektronischer Version bezogen werden. Ein E-mail-Abonnement des IZ-Telegramms erhalten Sie über [email protected]; Textfeld: subscribe iz-telegramm IhrVorname IhrNachname Der Betreff bleibt leer, statt IhrVorname IhrNachname können Sie auch anonymous eingeben. Für den Newsletter gilt: [email protected]; Text im Betreff: subscribe oenews ***

Umfassende und aktuelle Informationen zum Gesamtangebot der Serviceleistungen des IZ inklusi- ve Preisen, Download- und Bestellmöglichkeiten finden Sie im Internet - alles auf einen Blick unter: www.gesis.org/IZ/IZ-uebersicht.htm

GESIS - Gesellschaft Sozialwissenschaftlicher Infrastruktureinrichtungen e.V. Informationszentrum Sozialwissenschaften Abteilung Informationstransfer Lennéstraße 30 in der GESIS-Servicestelle Osteuropa 53113 Bonn Schiffbauerdamm 19 • 10117 Berlin Telefon: (0228)2281-0 Telefon: (030) 23 36 11-0 Telefax: (0228) 22 81-120 Telefax: (030) 23 36 11-310 e-mail:[email protected] e-mail:[email protected]