Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr auf Erfolgskurs Vorsitzender Rudolf Mies berichtet über den Aufbruch mit dem Ziel bester Qualität im Jahre 1992

Christine Schulze

enn sich Rudolf Mies (59) im Kelterhaus Wder Winzergenossenschaft in Mayschoß umschaut, fallen dem langjährigen Geschäfts- führer und Vorsitzenden der Genossenschaft die alten Geschichten ein. Er fängt an zu er- zählen, wie die schweren Stahlträger über dem alten Kellergewölbe errichtet worden,die Maische-Gärtanks nach oben gehievt und die Speichertanks an der Traubenannahme instal- liert worden sind. Kellermeister Rolf Münster zeigt die Rohrleitungen, über die die Maische je nach Öchslegraden den unterschiedlichen Tanks - zwei Dutzend stehen in luftiger Höhe – zugeführt wird. Und er erklärt, mit welchen Methoden die Maische bewegt wird, damit dem Wein alle guten Farb- und Inhaltsstoffe zukom- men. Für die Genossenschaft hieß es investieren und noch einmal investieren. Seit 1993. Die Anstrengungen haben sich gelohnt. Preise und hohe Auszeichnungen sprechen für sich. „1992 war ein ganz fürchterlicher Jahrgang“, erinnert sich Mies an den Anlass fürs Umden- Vorsitzender Rudolf Mies (l.) und Kellermeister ken in puncto Weinproduktion. In dem Super- Rolf Münster (r.) im Edelstahltank-Keller

Heimatjahrbuch Kreis 2012 u 57 stahltanks, am Bahnhof Kreuzberg stationiert und gründlich ausgeschrubbt, wurden zum Re- servelager, in das bis Mitte März 1993 200.000 Liter Wein ausgelagert waren. Bei einem Kon- trollgang in dem bitterkalten Winter fanden Mies und Münster Eisschollen in einem tollen Extrakt schwimmen. Trauben für 1,65 Millionen Liter Wein hatten die Winzer damals angeliefert, wobei die Reb- fläche mit 112,5 Hektar deutlich kleiner war als die derzeit inklusive Walporzheim 140 Hektar, von denen 130 im Ertrag sind. Und jetzt liegt die Produktion in Mayschoß bei jährlich im Durchschnitt etwas über einer Million Litern. Ergebnis waren damals sehr helle Rotweine mit wenig Substanz, nicht vergleichbar mit heu- tigen Qualitäten. Das entsprach allerdings der bundesweiten Situation, so Mies. „Wir hatten einfach zu viel Wein mit zu ge- ringer Qualität produziert, und unsere Keller- technik steckte noch in den Kinderschuhen der Der alte Fasskeller der Winzergenossenschaft 1970er und 1980er Jahre“, resümiert der Mann, Mayschoß-Altenahr der dann mit eisernem Willen und Durchset- zungskraft das Umdenken in die Wege leitete. Weinjahr überschwemmten die Winzer ihre Unterstützt wurde er dabei von Kellermeister Genossenschaft mit Lesegut, dass die Trauben- Rolf Münster, der 1988 als frischgebackener annahme für zwei Tage geschlossen werden Diplom-Ingenieur für Önologie aus Geisenheim musste. Die Lagerkapazität reichte nicht aus. nach Mayschoß gekommen war und über das Abhilfe schafften die Genossen mit Hilfe der Know-how für eine optimale Kellerausstattung Deutschen Bahn: Drei Kesselwagen mit Edel- verfügte.

Moderne Kellertechnik in der Winzergenos- senschaft Mayschoß- Altenahr: Rotwein- Maische-Gärtanks

58 u Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2012 Moderne Gärtechnik für Rotwein fehlte im Lohn für die Anstrengungen waren ab Ende der Rotweinparadies, die Maische wurde in offe- 1990er Jahre Goldene Kammerpreismünzen, nen Bottichen vergoren. „Alkohol, Farbe und DLG-Ehrenpreise und viele andere Auszeich- Aromen blieben dabei auf der Strecke“, erinnert nungen. Ein Meilenstein war die „Entdeckung sich Mies. Die Zeit forderte ein gründliches Um- des Jahres“ durch den Gault Millau im Jahre denken, zumal Weintrinker im Ausland andere 2000, als erste und für lange Zeit einzige Ge- Maßstäbe kennen lernten und kritischer wur- nossenschaft überhaupt in dem renommierten den. Es war auch die Zeit, in der sich private Weinführer. 2010 kürte die Zeitschrift „Wein- Weingüter der wie Hehle, Jean Stodden. wirtschaft“ die Winzergenossenschaft May- Meyer-Näkel, Kreuzberg als Vorreiter für mehr schoß-Altenahr, älteste deutsche Winzerge- Qualität stark machten. nossenschaft, im Genossenschaftswettbewerb „So geht es nicht weiter, wir müssen die Brem- auf Platz eins. se ziehen“, stand für die Verantwortlichen in „Wir haben den Anfang gemacht, dann haben Mayschoß fest. Konkret hieß das, die Erntemen- andere mit ähnlichen Programmen nachge- ge pro Hektar deutlich nach unten schrauben, zogen“, zeigt sich Mies selbstbewusst. „Eine damit gehaltvolle Weine gelesen werden kön- Wiederholung der 1992er Ernte hätte zu einem nen. Das hieß auch, die Winzer – oft durch Preisverfall geführt, von dem wir uns lange Fachleute von außen - zu schulen und durch nicht hätten erholen können. In den 1970er und mehr Traubengeld Anreize für beste Qualitäten 1980er Jahren ließen sich die damaligen Ahr- zu schaffen. Qualitäten noch gut vermarkten. Jetzt könnten Schon 1993 entwickelte die Winzergenossen- wir damit nicht mehr bestehen.“ schaft Mayschoß-Altenahr ihr eigenes Quali- tätsprogramm, das bis heute gilt. Dafür stehen beim Spätburgunder etwa der Klassiker und die Winzergenossenschaft Mayschoß- Selektion XII Trauben, beim Riesling ebenfalls Altenahr – älteste Winzergenossen- der Klassiker. Winzer, die ihre Weinberge für schaft Deutschlands: die Programme anmelden, erhalten einen Zu- gegründet 1868 von 18 Winzern als schlag von 50 Prozent aufs Traubengeld. Au- „Winzer-Verein Mayschoß“, ßerdem wurde die Traubenmenge pro Hektar 1982 Zusammenschluss generell drastisch herabgesetzt. Für Übermen- gen zahlt die Genossenschaft nichts. mit der Winzergenossenschaft Altenahr, Gut kann sich Mies an das unwillige Gemur- 2009 Zusammenschluss mel bei Erläuterung des Qualitätsprogramms mit dem Winzer-Verein Walporzheim, in der Generalversammlung 1993 erinnern. 140 Hektar aktuelle Rebfläche, „Trotz Unverständnis haben es viele Winzer 416 Mitglieder, 1,1 Millionen Liter damals akzeptiert. Jetzt bestätigen alle: Es war durchschnittliche Jahresproduktion, richtig“, sagt er „Das konnte aber nicht alles ca. 8 Millionen Euro Jahresumsatz, sein“, sagt Mies. „Wir haben uns unsere Kellerei 30 Mitarbeiter in Vollzeit angeschaut und 1993 insgesamt 2,5 Millionen Spitzenlagen: Altenahrer Eck, Mark investiert.“ Ende 1994 war das neue Kel- Mayschosser Mönchberg, Walporzheimer terhaus fertig – der Grundstock für Qualität in Kräuterberg, Ahrweiler Daubhaus den Folgejahren. Schon 2000 und 2010 standen Erweiterungen an. Es wurde eine moderne Rot- Böden: Schieferverwitterung, teilsweise weinpresse angeschafft, die besonders schonend mit Lösslehm arbeitet, Kunststofftanks wurden durch Edel- Rebsorten: 60 % Spätburgunder, stahlbehältnisse ersetzt. Die nächste Erweite- 20 % Riesling, 5 % Regent, rung des Tanklagers und der Traubenannahme 4 % Frühburgunder, 4 % Domina, steht nach der Fusion mit dem Winzerverein 4% Portugieser, 3 % übrige Sorten Walporzheim vor zwei Jahren an.

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