Der Rote Bulle
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Der rote Bulle Dietrich Mateschitz ist der Überflieger der österrei- Gläserne Flunder: Flugzeuge, chischen Wirtschaft. Mit der Energiebrause Red Bull Rennwagen und moderne hat er ein Milliardenvermögen verdient und mit Kunstwerke sind im blitzenden dem futuristischen Hangar-7 bescherte er Salzburg Hangar 7 ausgestellt. Unter der am Flughafen eine neue Touristenattraktion Kuppel, nur über eine geschwungene Brücke zu erreichen, schwebt 66 www.merian.de vollverglast die „Threesixty Bar“ Text: Christian Sywottek, Fotos:Dennis Williamson www.merian.de 67 er König der Dosen regiert sein Reich von einem gläsernen Vulkan aus. Dieser Vul- kan steht in Fuschl im Salzkammergut, rund 25 Kilometer östlich von Salz- burg, mitten in einem künstlichen See. Wenn der König ausfliegen will, ver- lässt er seinen Bürokegel und braust, gern mit dem Motorrad, zum Salz- burger Flughafen, wo er neben einem gigantischen Flugzeugflügel aus Glas bremst. Dort drinnen steht sein Spiel- zeug. Bomber und Kunstflugmaschinen, Marschall Titos Dienstflugzeug mit einer Spannweite von knapp 36 Metern, ein ameri- kanischer Marinejäger von 1945 – ein Dutzend Flugzeuge nennt der König sein Eigen. Der König steigt ein, hebt ab. Und wenn er dann da ganz Doben am Himmel schwebt, ja dann knackt der König wahr- scheinlich eine Dose Red Bull und schluckt genüsslich die gummibärchensüße Energiebrause, denn die „verleiht Flügel“ und hat ihn, Dietrich Mateschitz, zum Milliardär gemacht, Futuristisch: Die „Lounge Carpe Diem“ im Hangar-7 ist eher zum Wirtschaftswunder aus Fleisch und Blut, zum öster- ein Angebot für den eiligen Besucher reichischen Vorzeigehelden. Zu dem Mann, über den in Salz- burg, im Salzburger Land, in ganz Österreich jeder spricht und spekuliert. Die Geschichte des Dietrich Mateschitz und seiner Firma sie Red Bull anschauen. Das ist unser Kapital, sonst nichts.“ Red Bull erscheint wie ein Märchen. Doch es ist die Ge- Dietrich Mateschitz überlässt nichts dem Zufall. Drei Jahre schichte von einem Mann mit einem klaren Ziel, einer prä- lang mixt er im Fuschler Hinterland an der Rezeptur herum. zisen Strategie, einer Beharrlichkeit sondergleichen. Drei Jahre lang sinniert sein Studienkollege Johannes Kast- Warum er Unternehmer wurde? Mateschitz hatte einfach ner in Frankfurt am Werbespruch, bis endlich „Red Bull keine Lust mehr auf emotionslose Männer in grauen Anzü- verleiht Flügel“ steht. Strahlend: Abends spielen schillernde Farben mit den fünf Ebenen der Hangartürme gen, auf den Dienst für fremde Herren. Damals,Anfang der Im Jahr 1987 startet Mateschitz mit ein bisschen Werbung, und im Ausstellungssaal (rechts) finden Lichtshows statt achtziger Jahre, reist er als Marketingmann für die Zahn- mit Radiospots und einem rollenden Auto-Kühlschrank, aus pastafirma Blendax durch Asien, muss Jetlags und endlose dem heraus er vor Discotheken seinen Wachmacher kre- Geschäftstermine überstehen. In Thailand lernt er das vor denzt. Heutzutage verkauft Red Bull jährlich rund 2,5 Milli- allem bei Lkw-Fahrern beliebte Aufputschgetränk „Krating arden Dosen in 120 Ländern und macht dabei einen Umsatz Der Salzburger Fallschirmspringer Felix Baumgartner ge- und das Engagement von Red Bull in der Stadt an der Daeng“ (Roter Stier) kennen und schätzen. Mateschitz ist von zuletzt knapp unter zwei Milliarden Euro. Statistisch hört dazu – der Mann, der sich 1999 von der Christus-Figur in Salzach. Hinter vorgehaltener Hand ist von „Redbullisie- auf einmal hellwach und sieht seine Chance: Aus diesem betrachtet trinkt jeder Österreicher jedes Jahr 14 Dosen Rio de Janeiro stürzte, um Red Bull auch in Brasilien populär rung“ die Rede, davon, dass der Mann machen könne, was er Saft müsse sich doch auch in Europa ein Geschäft machen Red Bull – Weltspitze. zu machen. Der vier Jahre später in 9000 Metern Höhe aus wolle. Was aber gar nicht so schlecht sei. Für viele ist er der lassen.Also Schluss mit Zahnpasta, Mateschitz kündigt und Längst hat sich Dietrich Mateschitz aus Fuschl vorgear- dem Flugzeug kippte mit einem knapp zwei Meter breiten Retter, der etwa dank einer großzügigen Millionenspende wird zum Macher. beitet bis nach Salzburg, ist eine feste Größe in der Stadt, Karbonflügel auf dem Rücken, und der dann bis zu 360 Kilo- die lang ersehnte Medizinische Privatuniversität Salzburg er- 1984 gründet er mit thailändischen Teilhabern im Rücken die nun auch Spielwiese seiner ausgefeilten, kompromisslo- meter pro Stunde schnell bei minus 40 Grad über den Ärmel- möglicht. Der in Stadt und Land vom Verfall bedrohte Häu- die Red Bull GmbH in Fuschl am See. Vitamine, die Amino- sen Werbestrategie geworden ist. kanal pfiff. ser und Hotels kauft und sie damit auch stilsicher erhält. sulfonsäure Taurin sowie reichlich Zucker und Koffein sind Rund ein Drittel des Firmenumsatzes gibt Red Bull welt- uch die Salzburger Eishockeyspieler hat Dietrich Der im Salzkammergut Wiesen und Wälder erwirbt, damit der Grundstoff, aus dem sich sein Erfolg speist. Das Red-Bull- weit für Marketing aus. Der agile Mateschitz setzt auf Wage- Mateschitz an sich gebunden, schnelle Männer also, kein industrieller Investor Betonklötze draufsetzen kann. Rezept ist kein Geheimnis. Mateschitz weiß: Marketing ist al- mut, der Bewunderung auslöst. Zwei von zehn Formel-1- A die keinen saftigen Rempler scheuen. Deshalb heißt Arroganter sei Dietrich Mateschitz geworden, meinen les. „Es gibt keinen Markt für Red Bull“, schreibt er, „aber wir Teams fahren unterm Bullenbanner. Von jeher finanziert die der Salzburger Klub auch nicht mehr „EC Salzburg“, sondern andere. Der vormals unauffällige, umgängliche Mann lasse werden ihn machen. Alles, was wir haben, ist diese Dose und Firma Extremsportler, darunter Klippenspringer, Kunstflie- seit 2000 „EC The Red Bulls Salzburg“. Dietrich Mateschitz Kritiker überhaupt nicht mehr an sich heran. Das „Aufstei- was ein paar Milliarden Menschen denken und fühlen, wenn ger,Abfahrtsläufer, die das Red-Bull-Logo in die Welt tragen. hatte den Klub einfach gekauft. Mittlerweile ist aus dem gersyndrom“ habe ihn gepackt, und überhaupt sei aus der Absteiger ein Top-Verein der höchsten österreichischen zuvor sehr persönlich geprägten Firma Red Bull inzwischen Eishockeyliga geworden. ein normaler Großkonzern geworden. Wer sich in Salzburg umhört, wird kaum jemanden fin- Noch laufe alles gut, darin sind sich alle einig. Was aber Macher, Mäzen und immer Marketing-Mann den, der sich öffentlich äußern will über Dietrich Mateschitz werde passieren, wenn Dietrich Mateschitz etwas verlangt, www.merian.de 69 Geknickt: Aus Dollarnoten gefaltete Bullen in einer Origami-Ausstellung im Hangar Abgehoben: Am Flughafen wölbt sich seit 2003 das aus 1754 Glastafeln konstruierte Dach des Hangar-7 MERIAN| INFO „Wir leben hier im Schlaraffenland der Fliegerei“, sagt Der HANGAR-7 ist öffentlich zu- Chefpilot Sigi Angerer. Wo sonst leistet man sich so viele be- gänglich, der Eintritt frei. Die Flug- zeuge und Kunstausstellungen tagte, aber startbereite Flugzeuge. Alpha Jets, Kunstflug- können täglich zwischen 9 und 22 Einladend: unten die Lounge, auf der mittleren Ebene das Doppeldecker, Amphibienflieger, Hubschrauber, eine mäch- Uhr besichtigt werden. Restaurant „Ikarus“ und oben die „Mayday Bar“ tige Militär-Trainingsmaschine, die aussieht wie eine wütende Im Restaurant Ikarus kochen Spit- Hummel. Wer den Hangar-7 besucht, kann ganz dicht heran- zenköche aus aller Welt im Mo- treten an die fliegenden Kisten und den Duft ihrer Motoren Bestaunt: Die ausgestellten Flugzeuge und Automobile ziehen vor allem männliche natswechsel. Täglich 12-14 und riechen. Wobei natürlich passieren kann, dass mal eine kleine Besucher an. Alle Maschinen werden regelmäßig gewartet und sind startklar 18.30-22 Uhr. Besuchern des was der Stadt und ihren Bürgern wirklich gegen den Strich Maschine fehlt, weil Chef Mateschitz gerade mit Sigi Angerer Restaurants steht ab 18.30 Uhr geht? Könne das gut gehen, wenn ein Mann allein so viel nach Florida fliegt, um in den Everglades-Sümpfen nach den die Threesixty Bar offen. Wilhelm-Spazier-Straße 7a Einfluss gewinnt? Schon jetzt traue sich niemand mehr, ihm Krokodilen zu schauen. „Da sitzen wir dann und staunen dar- Tel. (06 62) 219 70 zu widersprechen, auch aus Angst, irgendwann einmal seine über, was wir gerade gemacht haben“, sagt Angerer. Kunst, Gastronomie.Wie das kommt? „Diesen Aufwand kann [email protected] Hilfe zu brauchen. Mit dem Hangar-7 hat Dietrich Mateschitz ein Symbol nicht jeder leisten“, sagt Roland Trettl. „Dietrich Mateschitz www.hangar-7.com islang ist Dietrich Mateschitz mit seiner Firma Red für den Wandel seiner Firma auf die Wiese gesetzt – aus den ist Perfektionist, wir haben nicht den totalen Kostendruck.“ Bull vor allem ein wichtiger Werbeträger für Salz- einstigen Energie-Freaks sind äußerst erfolgreiche Unter- Ikarus-Patron und Star-Koch Eckart Witzigmann ergänzt: Bburg. Insbesondere, seit er 2003 am „Salzburg Air- nehmer geworden. „Der Mateschitz riecht den Trend – und wenn er etwas als port W. A. Mozart“ den Hangar-7 eröffnete, ein Stück faszi- Auch die Bullenwasser-Trinker der ersten Stunde sind mitt- richtig erkannt hat, dann zieht er es auch durch.“ nierender Moderne, draußen vor der ansonsten so mit Ge- lerweile ins gediegene Alter gekommen. Da muss das Image in einziges Mal erst hat Dietrich Mateschitz hörbar Damit war das Maß für viele Austria-Fans voll. Heftig schichte erfüllten Stadt. nachziehen. Deshalb zeigt Dietrich Mateschitz neben seinen Kritik auf sich gezogen – als er im April 2005 den stritt sich die flugs gegründete „Initiative Violett-Weiß“ Wie eine riesenhafte