1. Teil: Siegfrieds Tod Auf Der Burg Zu Xanten Im Niederland Herrscht Das Stolze Geschlecht Der Wälsungen
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DAS NIBELUNGENLIED (vorgetragen auf der Anreise nach Worms von Annemarie Reinitzhuber) 1. Teil: Siegfrieds Tod Auf der Burg zu Xanten im Niederland herrscht das stolze Geschlecht der Wälsungen. Unter der Obhut von König Siegmund und seiner Frau Sieglinde wächst deren Sohn Siegfried zum stattlichen Jüngling heran. Als zukünftiger Nachfolger seines Vaters muss er sich einer umfangreichen Ausbildung unterziehen, diese soll aber noch durch Erlernen eines Handwerks ergänzt werden. Wegen seiner körperlichen Kräfte möchte er sich zusätzliche Kenntnisse über das Schmiedehandwerk bei dem berühmten Meister Mine aneignen. Als Siegfried zum ersten Mal an dem Ambos steht, schlägt er so gewaltig auf das glühende Eisen ein, dass die Splitter nur so herumfliegen und der Ambos tief in den Boden versinkt. Mine beginnt sich vor dem hünenhaften Jungen zu fürchten. Hinterlistig wie er war, überlegt er, wie er Siegfried wieder loswerden könne. Deshalb gibt er ihm den Auftrag, bei einem Köhler in einer finsteren Bergschlucht Holzkohlen zu holen. Dabei verschweigt er aber, dass dort kein Köhler sondern ein Lindwurm haust. „Der kehrt nie wieder“, meint der Schmied zu sich spottend. Singend zieht also Siegfried am nächsten Morgen bewaffnet mit einem selbstgeschmiedeten Schwert durch den Wald dahin. Zwischen immer engeren Felsenwänden erhebt sich plötzlich das furchtbare Ungetüm: „Die Doppelzunge züngelte, der Rachen hauchte heiß, der Schuppenschweifumzingelte den Wälsungsohn im Kreis!“ Mutig schwingt Siegfried sein gutes Schwert. Der erste furchtbare Schlag hat dem Lindwurm gleich eine erhebliche Wunde zugefügt, neue Schläge rauben dem grässlichen Leibe bald die Lebenskräfte. Ein letzter Hieb trennt das Haupt vom Rumpfe. Dann verbrennt er das tote Untier auf einem Scheiterhaufen, ein heißer Strom aus Blut und Fett quillt hervor. Neugierig taucht er einen Finger in den Sud und augenblicks wird dieser mit einer festen Hornschicht überzogen, die auch sein scharfes Schwert nicht zu ritzen vermag. „Wenn ich hierin bade“, überlegt Siegfried, „dann werde ich am ganzen Körper unverwundbar sein“. Entkleidet wälzt er sich im rinnenden Blute und Fette und sein ganzer Körper wird von einer undurchdringbaren Haut überzogen. Nur zwischen den Schulterblättern hat sich ein Lindenblatt festgelegt - diese Stelle bleibt verwundbar – hier sollte ihm tückischer Verrat die frühe Todeswunde schlagen! Dies ist wohl eine der bekanntesten Taten des jungen Siegfried, die ich Euch ausführlich erzählt habe. Über viele weitere Taten könnte ich berichten: beispielsweise über seinen heldenhaften Kampf gegen hundert Gegner, darunter 12 Riesen und den starken Zwerg Alberich, über den Gewinn des unermesslichen Goldhorts von König Nibelung, über sein Schwert Balmung sowie über die berühmte Tarnkappe, die ihm zusätzliche Kräfte verleiht. Siegfried kann mit sich und der Welt durchaus zufrieden sein, nur eines fehlt noch zu seinem Glück: eine Frau! Da hört er von Kriemhild, der Königstochter am Hof zu Worms – die schönste Jungfrau weit und breit! Er beschließt, zusammen mit 12 der edelsten Ritter ins Burgunderland aufzubrechen. Am dortigen Hof herrschen drei Könige gemeinsam: Gunther – der älteste, Gernot und Giselher. Unterstützt werden sie in allen militärischen Belangen durch den welterfahrenen Hagen von Tronje, ein tapferer Vasall der Könige und deren wichtigster Ratgeber. Die Ankunft Siegfrieds mit seinem Gefolge hoch zu Ross in herrlicher Rüstung aus Gold erregt allgemeines Aufsehen. Zumal sich auch seine Heldentaten schnell herumgesprochen haben. Er wird mit herzlicher Gastlichkeit empfangen, die beste Herberge wird ihm geboten und Tag um Tag leben die Könige mit ihrem Gast. Allerdings vergeht noch fast ein Jahr bevor Siegfried Gelegenheit bekommt, Kriemhild anlässlich eines Stadtfestes das erste Mal zu Gesicht zu bekommen. Sie verlieben sich sofort ineinander. In Island herrscht zu dieser Zeit Königin Brunhild, die überaus schön und überaus stark ist. Wer sie zur Frau gewinnen möchte, muss sich ihr zu einem Wettkampf auf Leben und Tod stellen. Der Werber hat einen Speer und einen Stein weiter zu werfen und er muss weiter springen als sie – andernfalls hätte dieser sein Leben verwirkt. Auch zu Gunther war diese Kunde gedrungen und er fasst den Entschluss, das Wagnis auf sich zu nehmen. Siegfried ist bereit, ihm zu helfen, nachdem man ihm Kriemhild zur Frau versprochen hatte. Prächtig ausgestattet fahren sodann Gunther, Siegfried und Hagen den Rhein hinunter und über See nach Island. Bei deren Ankunft vereinbaren sie eine List: Siegfried wird sich als Vasall Gunthers ausgeben. Um die Unterordnung zu demonstrieren, sollte Siegfried das Pferd Gunthers am Zaum halten, als dieser aufsitzt. Brunhild und ihre Damen beobachten dies von der Burg herunter. Gunther kann die Kampfspiele mit Siegfrieds Hilfe gewinnen. Er führt nämlich zum Schein nur die Gebärden aus, während Siegfried unter der Tarnkappe unsichtbar verborgen, die Taten vollbringt. Brunhild muss sich Gunter ergeben! In Worms trifft man umfangreiche Vorbereitungen für die Ankunft der künftigen Königin. Diese – aber auch ihr stattliches Gefolge aus 2000 ausgewählten Recken, 100 Frauen und 86 Jungfrauen - werden mit großem Prunk empfangen. Beim abendlichen Hochzeitsmahl erfüllt Gunther sein Versprechen und vermählt Kriemhild mit Siegfried. Brunhild wundert sich, dass ihre Schwägerin an einen – wie sie glauben muss – nicht ebenbürtigen Mann vergeben wird? Bisher hatte Gunther seine Frau noch nicht berührt. Als er in der folgenden Nacht die Ehe vollziehen will, verweigert sich Brunhild ihm, der ihr an Kraft weit unterlegen ist, fesselt ihn und hängt ihn an einen Nagel in die Wand. Nach qualvoll verbrachter Nacht klagt er Siegfried sein Leid. Dieser verspricht ihm noch einmal zu helfen, schleicht sich am nächsten Abend unter der Tarnkappe in das königliche Schlafgemach und ringt Brunhild, die glaubt, es mit Gunther zu tun zu haben, im harten Kampf nieder. Nun kann Gunther endlich die Ehe vollziehen. Fortan ist Brunhild nicht mehr stärker als jede andere Frau! Siegfried zieht sich zurück, nachdem er ihr zuvor Ring und Gürtel genommen hat, die er später Kriemhild schenkt. Nach den Hochzeitsfeierlichkeiten kehrt Siegfried mit seiner Kriemhild nach Xanten zurück, wo er als König vom Volke mit Jubel im Niederland willkommen geheißen wird. Auf der dortigen Burg leben die beiden in glücklicher Verbindung Jahr um Jahr. Ein gesunder Sohn mit dem Namen Gunther wird ihnen geboren. Inzwischen ist ein Jahrzehnt vergangen! Dass Siegfried, der vermeidliche Vasall Gunthers, dem Wormser Hof bislang überhaupt keine Dienste geleistet hat, erfüllt Brunhild mit wachsendem Misstrauen. Sie muss dieser Sache auf den Grund gehen! Sie schlägt deshalb vor, Siegfried und Kriemhild nach Worms einzuladen. Die beiden freuen sich sehr darüber und ziehen mit dem üblichen großen Gefolge den Rhein aufwärts ins Burgunderland. Als die beiden Frauen den Kampfturnieren der Ritter zusehen, kommt es zwischen ihnen zu einer erregten Aussprache über die Rechtsstellung und den Rang Siegfrieds. Brunhild besteht auf Unterordnung Siegfrieds unter Gunther, während Kriemhild ihn für ebenbürtig – ja sogar für überlegener hält! Dem Zank unter vier Augen folgt die Konfrontation in der Öffentlichkeit: Als die Frauen beim Kirchgang am Portal des Münsters zusammentreffen, wird Kriemhild von Brunhild barsch aufgefordert, ihr den Vortritt zu lassen: „Niemals soll vor der Frau des Königs eine Leibeigene gehen!“ Kriemhild aber übertrumpft sie, indem sie behauptet, nicht Gunther sondern Siegfried habe den Wettkampf geführt und er habe im nächtlichen Kampfe gesiegt! Brunhild bricht in Tränen aus. Kriemhild geht an ihr vorbei ins Münster. Nach der Messe wird diese von Brunhild vor dem Münster erneut gestellt: sie soll beweisen, was sie gesagt hat. Da zeigt Kriemhild triumphierend den Ring und den Gürtel, die Siegfried einst der Brünhild abgenommen hat! Nach diesem Streit sieht man die Königinnen nie mehr beieinander stehen. Hagen ist entschlossen, Brunhilds Schmach mit Siegfrieds Tod zu rächen. Es gelingt ihm, den widerstrebenden Gunther für seinen Mordplan zu gewinnen. Er fingiert eine Kriegserklärung der sächsischen und dänischen Könige an die Burgunden und Siegfried ist erwartungsgemäß bereit, statt zurück ins heimatliche Xanten hier beizustehen. Die ahnungslose Kriemhild bittet Hagen, ihren Mann zu beschützen und verrät ihm, dass Siegfried nicht am ganzen Körper unverwundbar sei. Auf die ungeschützte Stelle am Rücken solle Hagen sein ganzes Augenmerk richten. Damit dieser genau weiß, wo sich die Stelle befindet, markiert Kriemhild sie mit einem aufgestickten Kreuzchen gut sichtbar an Siegfrieds Wams. Dann lässt Hagen erneut falsche Boten auftreten und die Rücknahme der Kriegserklärung verkünden. Anstelle des Feldzugs setzt Gunther nun eine große Jagd an. Gern ist Siegfried bereit, sich auch hieran zu beteiligen. Von Unheil verkündenden Träumen heimgesucht, beschwört Kriemhild ihren Mann, an dieser Jagd fernzubleiben. Der aber schlägt ihre Warnungen in den Wind! Unter fröhlichem Hörnerschall zieht sodann die Jagdgesellschaft zu einem entfernten Revier im Odenwald. Siegfried erlegt zahlreiches Wild, wie Hirsche, Auerochsen, Wisenten und Elche. Da dringt ein wilder Eber mit gewaltigen Stoßzähnen auf ihn ein, doch der kräftig geschwungene Balmung gibt auch ihm den Tod. Beim Abschlussbankett im Wald wird der Wein vermisst. Hagen gibt vor, diesen irrtümlich an einen anderen Ort gesandt zu haben. Er verweist auf eine Quelle in der Nähe und schlägt einen Wettlauf dahin vor. Damit Gunther und