HAU Hebbel am Ufer 2021 “DER MEHRINGPLATZ KÖNNTE SO SCHÖN SEIN, WIRD ABER VON ALLEN VERNACHLÄSSIGT!” bleibt! #3 Werkstatt Mehringplatz

In Berlin wird weitergekämpft: für bezahlbaren Wohnraum, für ein urbanes demokratisches Miteinan - der, für eine gemeinwohlorientierte Stadtpolitik. Mit dem Festival “Berlin bleibt! #1” rückte das HAU 2019 die Wohnungsfrage als eine der wichtigsten sozialen Fragen unserer Zeit in den Vordergrund und diskutierte mit stadtpolitischen Initiativen in der “Werkstatt zur Enteignung und Vergesellschaf - tung des Wohnens” Visionen zur Rekommunalisierung. Die für April 2020 geplante Fortführung mit dem Titel “#KeinHausweniger: Werkstatt für die Selbstverwaltung von Berliner Haus- und Kulturpro - jekten” machte digital auf HAU3000 mit Forderungen verschiedener Akteur:innen auf die Bedeutung von solidarischen und selbstverwalteten Orten für bezahlbaren Wohn- und Arbeitsraum, preiswerte Kultur, Schutz vor Diskriminierung und nachbarschaftliche Strukturen aufmerksam.

2021 soll es insbesondere um den Mehringplatz in der direkten Nachbarschaft des HAU gehen. Ein Teil des Platzes konnte wieder in kommunale Hand überführt werden, dabei ist er immer noch eine große Baustelle (seit zehn Jahren!), seine Zukunft ein großes Fragezeichen und eine dringende Auf - forderung an die Berliner Stadtpolitik. Mit “Berlin bleibt! #3 − Werkstatt Mehringplatz” geht das HAU verstärkt der Frage nach, wie es sich mit seiner unmittelbaren Nachbarschaft verbinden kann und wie es als Nachbarin und Teil dieser Stadt durchlässiger, inklusiver und prozessorientierter werden kann. Bislang konnte die “Werkstatt Mehringplatz”, in der Künstler:innen mit Anwohner:innen ver - schiedenen Alters im Laufe des Jahres in Workshops gemeinsam arbeiten, in digitalen Formaten und Spaziergängen stattfinden. Die Ergebnisse dieser ersten Begegnungen und Prozesse von Kunst und Nachbarschaft werden vom 9. bis 27.6. in den Schaufenstern eines großen leerstehenden Ladenlokals in der Friedrichstraße am Mehringplatz zu sehen sein. Als Sichtbarmachung vieler immaterieller Ver - knüpfungen, als Geste des Commitments, Einladung für weitere Kooperationen und offizieller Start - schuss für eine Werkstatt, die im Juni 2022 zu einem Festival werden soll. Berlin bleibt, der Mehring - platz bleibt und ist mehr als nur ein Ort in dieser Stadt.

Gefördert im Rahmen des Bündnisses internationaler Produktionshäuser von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

“HIER WOHNEN VIELE INTERESSANTE MENSCHEN UND ES GIBT VIEL UNGENUTZTES POTENZIAL, WAS SICH Inhalt HOFFENTLICH IN ZUKUNFT ENTFALTEN "Wie gelingt ein gemeinsamer Plan?" von Stella Konstantinou, Volkan Türeli und Nadine Vollmer 4 “Was ist hier eigentlich los?” Gespräch mit Hendrikje Herzberg, Gülcan Yapici, Mareike Stanze, WIRD. ICH GLAUBE, ES IST EIN UNTER - Erik Krüger und Ulrike Hamann 8 SCHÄTZTER BEREICH, IN DEM ES "Lang lebe der Houseclub" Stimmen aus der Klasse 9A2 der Hector-Peterson-Schule 19 "Wie steht es um die migrantische Community in der Stadt politik?" von Hülya Kilic 22 GANZ VIEL ZU ENTDECKEN GIBT.” Akteur:innen 26 Projekte 30 Impressum 31 Zusammen mit dem Fotografen Mehmet Can Kocak hat das HAU Hebbel am Ufer mit Menschen am Mehringplatz gesprochen. Ausgehend von der Frage: “Wie fühlst du dich, wenn du an den Mehringlatz denkst?” sind Gespräche entstanden. Zitate daraus sind über das Heft verteilt, zusammen mit Fotos, auf denen die Befragten ihre Statements mit Emojis darstellen konnten. ➝ Yayının bazı bölümleri Türkçeye de çevrilecek ve HAU3000 internet sayfasından eri ilebilecektir: www.hebbel-am-ufer.de/HAU3000 ➝ Parts of this publication will be translated into English and published on HAU3000ş: www.hebbel-am-ufer.de/HAU3000 2 Wir hatten für diesen Sommer ein großes Pro - solchen Begegnungen nicht nur zeigen, was wir die Stadt und das Theater? Welche Dringlichkeit gramm geplant, eine Kiezparty, ein Festival am machen, sondern dies auch jeweils ändern und haben diese Themen jenseits von Mehringplatz. Der Anlass: Zehn Jahre House - neu justieren. Wir wollen Wissen verstehen als und Berlin? Eine Baustelle betrifft nicht alle club 1. Es sollte um die Nachbarschaft gehen, “geteiltes Wissen”, wie die Feministin und Anti - gleich. Wie können Kunst und Kultur sensibel der Houseclub gehört zu ihr dazu. Er ist eine rassistin bell hooks sagt, als “kollektive Arbeit, auf soziale Ungleichheit reagieren? Letztlich: In wichtige Verbindung des HAU zu seiner unmit - die ein Lernen durch und mit anderen” 2 bedeu - was für einer Stadt wollen wir leben und wie telbaren Umgebung: Die meisten Schüler:innen tet. Theater und Kunst können auch Ver-Lernen können wir sie mitgestalten? leben am Halleschen Tor oder am Mehringplatz von bereits Eingeübtem bedeuten, im besten Wie und der Houseclub ist Teil ihres Schulalltags. Sie Fall kann Kunst aber vor allem widerständig Mit “Berlin bleibt! #3 Werkstatt Mehringplatz” haben beispielsweise mit der Performance “It’s sein. Wir wissen auch, Theater- und Kunstinsti - laden wir ein, verhandeln, probieren aus. Dazu a battlefield, baby” das HAU-Festival “Berlin tutionen sind manchmal wenig beweglich und gehört gegenseitiges Kennenlernen, Fragen, Zu - bleibt! #1” im Jahr 2019 eröffnet und dabei ihre verweilen in ihrer eigenen Welt. Was also müs - hören, Angebote machen, gemeinsame Interes - Recherchen und Erfahrungen in Bezug auf sen wir verändern, ausprobieren, neu erfinden? sen herausfinden, Vertrauen aufbauen oder Wohnungs- und Stadtpolitik am und um den HAU to connect? Seit Langem macht das HAU auch sich auseinandersetzen und streiten. Es Mehringplatz mit dem Publikum geteilt. bereits Schritte in diese Richtung der Selbstbe - geht nicht darum, als Kunstinstitution ein Pro - fragung und Neujustierung. Das gilt es auszu - gramm abzuliefern und danach wieder zu ver - Doch für viele Nachbar:innen ist das HAU kein bauen und als Prozess weiterzutreiben. Dazu schwinden. Es geht vielmehr darum, selber aus selbstverständlicher Teil ihres Alltags – wie es lei - gehören Widersprüche, Kontroversen, Fehlver - gewohnten Bahnen auszubrechen, mit Mitteln gelingt der die Baustelle am Mehringplatz geworden ist, suche (apropos Baustelle). der Kunst prozessorientierter und vielleicht die bereits zehn Jahre existiert, genauso lange auch langsamer zu werden. Wie eine selbst ge - wie der Houseclub. Diese Dis - Denn: Sind die, die auf der wählte Baustelle, deren Plan beim Bauen selbst tanz im Alltag ist kein Allein - In was für einer Baustelle arbeiten oder von erst entsteht. Pläne und Baumaterialen werden stellungsmerkmal des HAU. Stadt wollen wir der Baustelle betroffen sind, dabei gemeinsam vereinbart. Wir sind noch Wie kann eine Kultur- oder leben und wie auf der Bühne oder im Publi - eine Weile vor Ort und hoffen, dass das Theater Kunstinstitution noch durch - kum dabei? Wenn überhaupt, es schafft, offen und wichtig zu werden für lässiger, inklusiver und wirk - können wir sie dann sehr selten. Und sind neue Mit streiter:innen und junge Menschen. lich ein Ort für viele werden? mitgestalten? die, die für die Bühne arbei - Nehmen wir uns also die Zeit, die es braucht, ein ten, vertraut damit oder zu - und die Party holen wir dann auch nach. Seit mehr als einem Jahr – mindest neugierig und offen mit einer kurzen Unterbrechung – waren die genug, die Baustelle und die, die von der Bau - Diese Publikation ist selbst Teil der Werkstatt, Bühnen für Zu schau er:in nen geschlossen und stelle betroffen sind, zu verstehen? Das sind sie ist irgendwie unfertig und spricht eine Einla - das Theater als Ort der Versammlung musste keine neuen, doch immer noch relevante Fragen. dung aus: Kommt vorbei. Schaut, wo wir gemein - pausieren. Auch Veranstaltungen im öffentli - Und es wird noch komplizierter: Die Baustelle sam dran sind. Wir stellen künstlerische Pro - chen Raum mit vielen Beteiligten konnten bis Mehringplatz liegt mitten in einem Sanierungs - zesse vor, die bereits begonnen haben, sowie in den Mai hinein kaum geplant und realisiert gebiet, fast im Zentrum , doch von den An - Akteur:innen, mit denen wir kooperieren oder werden, unser Festival kann also nicht sein, was wohner:innen gefühlt in einem “vergessenen vorhaben zu kooperieren. Ihnen und den Anwoh - es sein sollte: ein Ort des Austauschs und der Quartier”. Viele Gewerbe haben geschlossen, ein ner:innen sind wir für den intensiven Austausch gemein - intensiven Begegnung. Über die digitale Bühne neues Gewerbekonzept wird aktuell vom Sanie - und die Zusammenarbeit besonders dankbar. HAU4 erreichen wir seit Anfang der Pandemie rungsbeirat erarbeitet. Die Wohnungspolitik ist Wir wissen, dass wir noch längst nicht alle ken - unser Publikum zwar unabhängig von Ort und in einer höchst kritischen Entwicklungsphase: nengelernt haben, aber wir sind auf dem Weg. Zeit. Doch wie treten wir mit den Menschen in kommunale Wohnungsbaugesellschaften ver - Kontakt, die direkt um die Ecke wohnen? Wie sus Privateigentum in den Händen von Immobi - Wir treffen uns diesmal im Kiez, draußen vor können wir zusammenkommen, wie gelangen lienunternehmen, Mieten als Profit, absurd stei - dem gestalteten Schaufenster in der Friedrich - ihre Fragestellungen ins Theater unter diesen gende Bodenpreise, Sanierungsrückstau in Höhe straße 4 oder digital in Workshops und anderen herausfordernden Bedingungen? Wie können von Millionen. Was für eine Baustelle! Formen der Begegnung. Und 2022 auf jeden Fall wir als Theater weiterhin oder noch mehr als in live und in Farbe auf dem Mehringplatz.  den vergangenen Jahren Teil der unmittelbaren In Gesprächen mit Anwohner:innen und Ak- samer Nachbarschaft sein, uns mit ihr verbinden? teur:in nen oder im Quartiersrat, in dem das HAU Stella Konstantinou und Volkan Türeli (HAU to engagiert ist, hören wir zu: Was sind aktuelle connect), Nadine Vollmer (freie Dramaturgin) Wir begreifen unser Handwerk als eine Kunst, Entwicklungen in der unmittelbaren Nähe, was und das Team des HAU Hebbel am Ufer die Begegnungen herstellt. Doch wir wollen bei für eine Wirkung haben sie auf die Menschen,

1 Der Houseclub am HAU ist ein Ort, an dem Schüler:innen und Künstler:innen zusammenkommen. Ab der siebten und bis zur zehnten Klasse ist die Theaterklasse der Hector- Peterson-Schule Teil des Houseclubs. Sie ist somit Teil des HAU-Programms und das HAU ist Teil des Schullebens. In der Unterrichtszeit kommen die Schüler:innen ins Theater und es beginnt, so die Schüler:innen, “ein Abenteuer und manchmal harte Arbeit”. Das, was entsteht, kann irritieren, macht Spaß, braucht Mut, kehrt Gewöhn liches um, ist Spiel und Kunst.

2 Vgl. bell hooks, Teaching Community. A Pedagogy of Hope, New York 2003. Zitiert nach: Nora Sternfeld: Verlernen vermitteln, in: Andrea Sabisch, Torsten Meyer und Plan ? Eva Sturm (Hg.), Kunstpädagogische Positionen, 30/2014, Hamburg 2014, S. 17. 4 5 “ICH WOHNE SEIT 50 JAHREN HIER IN DIESEM “ICH HABE ZWÖLF JAHRE AM MEHRINGPLATZ WOHNKOMPLEX, GANZ DICHT AN DER FRÜHE - GEWOHNT UND BIN JETZT NACH LICHTENBERG REN MAUER, DIE WIEDERVEREINIGUNG HABEN GEZOGEN. IST RUHIGER DORT.” WIR VOLL MITERLEBT. ICH WÜNSCHE DEM MEHRINGPLATZ, DASS ER ENDLICH MAL FER - TIG WIRD. UND DASS DANN EIN GRANDIOSES FEST GEFEIERT WIRD, DIE FAMILIEN DORT SITZEN KÖNNEN, CAFÉS UND RESTAURANTS AUFMACHEN. FÜR DIE HOCHHAUSBEWOH - NER:INNEN IST DER PLATZ SO WICHTIG.”

“DIE LÄDEN IN DER NÄHE WERDEN IMMER TEURER, SO DASS SICH KEINER MEHR DIE MIETE LEISTEN KANN. DAS FINDE ICH SEHR SCHADE.”

6 7 Die Südliche zwischen Checkpoint Charlie im Norden und dem - schen Tor im Süden ist ein sehr heterogener Stadtraum. Obwohl er zu Kreuzberg ge - hört, wird er oft als Teil von Mitte wahrgenommen, was sicher auch an den zahlrei - chen modernen und hochpreisigen Neubauprojekten nördlich der Franz-Klühs-Straße liegt. Südlich dieser Linie erheben sich rund um den Mehringplatz Wohngebäude, die “Was Ende der 1960er-Jahre mehrheitlich als sozialer Wohnungsbau geplant wurden.

Zur Wohn- und Gewerbesituation: Die Hälfte des Platzes ist in den Hän - HOWOGE. Der Mehringplatz wurde oft medial als “sozialer Brennpunkt” den der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft Gewobag. Die Läden stigmatisiert, ohne die strukturellen Probleme beim Namen zu nennen. auf der Ostseite sind belebt, die Kiezstube (Gewobag), das Quartiers - Mehr als 5.000 Anwohner:innen leben hier. Die seit zehn Jahren wäh - management und das Jugendzentrum KMAntenne sind wichtige An - rende Baustelle, die Vermüllung und Drogenkriminalität belasten den laufstellen, die mit spezifischen Angeboten für die Nachbarschaft (von Alltag der Menschen. Dennoch ist der Mehringplatz ein lebendiger ur - jung bis alt) auf die Herausforderungen reagieren. Die Westseite war baner Ort und viele Bewohner:innen und Initiativen engagieren sich un - lange in privater Hand. Dort machte ein Kleingewerbe nach dem ande - verdrossen dafür, trotz der schwierigen Umstände ihren Kiez lebens - ren zu. Angesichts der schlimmen baulichen Vernachlässigung hat sich wert zu gestalten. die Mieter:inneninitiative “Mehringplatz West – Es reicht!” gegründet ist hier und die Mieter:innen haben ihre Anliegen mit Protestaktionen und Ge - Am 5. Mai 2021 lud das HAU Hebbel am Ufer einige der Akteur:in - sprächsrunden bekannt gemacht. Seit Anfang Februar ist auch die nen zu einem Runden Tisch ein, um über die Lage am Mehringplatz eigent- Westseite Eigentum einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft, der zu sprechen. lich los?”

8 9 Es diskutierten:

Hendrikje Herzberg – Die Architektin lebt seit 25 Jahren am Mehringplatz, war zeitweilig im Quartiersrat engagiert und ist Mitbegründerin der Bauhütte neben dem taz-Gebäude sowie der Mieter:inneninitiative “Mehringplatz West – Es reicht!”

Gülcan Yapici – Die gebürtige Kreuzbergerin ist Biotechnologin und Mutter von zwei Kindern und wohnt seit 22 Jahren in der Stresemannstraße. Sie ist Elternsprecherin der Kurt-Schumacher-Grundschule.

Mareike Stanze – Die Leiterin der KMAntenne, des Jugendclubs der Kreuzberger Musikalischen Aktion (KMA), hat beim Quartiers- management angefangen, arbeitet seit fast zehn Jahren im Kiez und setzt sich für die Chancengleichheit der Kinder und Jugendlichen ein.

Erik Krüger – Ist im Kiez aufgewachsen, hat als Teenager regelmäßig die KMA besucht und dort später auch selbst Workshops geleitet.

Ulrike Hamann – Die Mitbegründerin der Initiative Kotti & Co. ist Vorstandsmitglied der Wohnraumversorgung Berlin, setzt sich für die Mitbestimmung von Mieter:innen sowie für stabile und niedrige Mieten im sozialen Wohnungsbau ein.

Moderation: Stella Konstantinou und Volkan Türeli, HAU Hebbel am Ufer

STELLA: Wir wollen hier heute eine Art Erkennt - aber es gibt keine Kinderärzt:innen, keine Logo - dann ist es meistens so, dass die sich zusam - nisgespräch mit euch führen, darüber, wie wir päd:innen, keine Ergotherapeut:innen, keine Kin - menschließen und eher zusammenbleiben. rund um den Mehringplatz in Zukunft zusam - der- und Jugendpsycholog:innen. Da wünsche menleben und -arbeiten wollen. Stichworte: In - ich mir ein Zentrum, wo junge Eltern diese ganze HENDRIKJE: Klar, verstehe ich. Nur das fördert frastruktur, Recht auf Stadt, Wohnraumsitua - Angebotspalette finden. Kurze Wege – ich eben nicht die Nachbarschaftshilfe. Man küm - tion, Jugend und Kultur. Was sind die Visionen glaube, das ist ganz wichtig bei uns im Kiez. mert sich immer nur in der eigenen Gruppe und und positiven Entwicklungen, die wir uns für dadurch erfährt man nur, was man schon weiß. den Mehringplatz wünschen? Und wie können HENDRIKJE: Es sollte wieder einen Blumenladen ge - Man eignet sich nicht das an, was die anderen wir uns gegenseitig unterstützen? ben. Aber wenn man kein Geld hat, kauft man Nachbar:innen denken. keine Blumen. Was ich mir VOLKAN: Stellen wir uns ein - Der Mehringplatz wirklich wünsche, ist, dass STELLA: Und du, Gülcan, was wünschst du dir für fach mal vor, heute sei der 5. die Jugendlichen, die sich da den 5. Mai 2031? ist ein lebendiger Mai 2031. Das meiste, wofür jetzt in Gruppen draußen kommt. Aber man kann die Kurt-Schumacher- ERIK: Noch mal zum 5. Mai 2031: Mein Traum nicht mal mehr rein. Den haben sie eingezäunt, ihr alle euch seit Langem ein - urbaner Ort und treffen, dealen und rumkra - GÜLCAN: Als Elternvertreterin der Kurt-Schuma - Schule nur loben – also das Personal und was für wäre, dass hier eine Entkriminalisierung stattfin - weil der angeblich neu gemacht werden sollte. gesetzt habt, um die Situa - viele Bewohner:in - keelen, alle einen Job haben cher-Grundschule ist mir die Fertigstellung dieser eine Arbeit da geleistet wird. det. Drogenkriminalität ist für Aber jetzt ist er seit Jahren eben nur eingezäunt tion am Mehringplatz positiv nen und Initiativen und Geld verdienen, damit Baustelle natürlich am wichtigsten. Aber es gibt Die Schüler:innen bekommen “Mich stört manch - mich das Hauptproblem hier. und niemand kann da spielen. zu verändern, ist eingetre - engagieren sich sie eben nicht mehr dealen auch allgemein zu wenig Angebote für Grund - hier eine sehr gute Bildung. mal die ganze kriti - Und ich meine jetzt nicht die ten. Wie sieht der Mehring - müssen. Was den AOK-Park - schüler:innen, und es fehlt eine gymnasiale Ober - Trotzdem gibt es diese Tren - 12- bis 14-Jährigen, die mal STELLA: Du sagst, Drogen sind ein Problem. Wa - sche Berichterstat - platz nun aus? Welche Lä - unverdrossen dafür, platz angeht, habe ich einen stufe. Die nächste ist meines Wissens das Leib - nung, und das schürt eben Krach machen, sondern die rum gibt es nicht mehr Straßensozialarbeit? den, Kulturangebote und trotz der schwie- anderen Schwerpunkt als niz-Gymnasium in der Gneisenaustraße. Wir müs - eine Zweiklassengesell - tung über diesen 30-Jährigen, denen du die Wäre das für euch eine konkrete Forderung? Orte der Begegnung gibt es? rigen Umstände Mareike. Ich stell mir da et - sen das Potenzial gerade der jüngeren Genera - schaft. Meine Vision ist, dass Standort. Wenn ich Drogen ansiehst, und die da ihren Kiez lebens - was vor für Leute, die grö - tion, die hier ansässig ist, mehr anerkennen. Mich Interkulturalität als Potenzial mir vorstelle, ich schon um 9 Uhr morgens ERIK: Ja, vielleicht. Aber mit Sozialarbeiter:innen MAREIKE: Ich wünsche mir, dass wert zu gestalten. ßere Wohnungen suchen. stört manchmal die ganze kritische Berichter - und als Wert anerkannt wird. bin ein junger rum brüllen und Bier trinken. allein bekommst du das nicht in den Griff. Das die Friedrichstraße 1 bis 3, Hier gibt es ja maximal Drei- stattung über diesen Standort. Wenn ich mir vor - Außerdem würde ich mir ist ein gesellschaftliches Problem, nicht nur also der Komplex, in dem sich Zimmer-Wohnungen und das stelle, ich bin ein junger Mensch und lese das, so MAREIKE: Die Selektion findet Mensch und lese wün schen, dass der Kiez hier. Man müsste da an die Wurzel gehen, an - die KMA befindet, schon in ist einfach zu wenig für Fami - negativ und defizitorientiert, dann wird es nur ja bereits im Kinderladen das, dann wird es bunter wird und die grauen statt immer nur an der Oberfläche zu kratzen. den nächsten vier Jahren saniert und dass die lien mit vier oder mehr Kindern. Und das Mitei - schwerer, aus diesem Teufelskreis rauszukom - statt. Da heißt es schon: nur schwerer, aus Blocks nicht so grau bleiben. Kurt-Schumacher-Schule fertiggestellt wird. Au - nander muss besser werden. Die Communitys men. Es ist ja vorprogrammiert, dass ich nur ei - Dort kann ich mein Kind diesem Teu felskreis Ich finde auch, es sollten VOLKAN: Es gibt keinen Ort, wo sich Junkies safe ßerdem wünsche ich mir, dass die geplanten sind leider sehr getrennt, also die türkische, die nen niedrigen Abschluss haben werde, wenn die nicht hinschicken, weil da zu raus zu kommen.” mehr Leute aus anderen Län - spritzen können? Neubauten auf dem AOK-Parkplatz 2031 fertig - arabische, die kurdische, die Spanier:innen, Ost - Gesellschaft das sowieso von mir denkt. So ent - viele Kids mit Migrationshin - dern herkommen, anstatt im - gestellt sind, sodass junge Erwachsene die europäer:innen und Deutschen. Das Quartiers - steht eine Zweiklassengesellschaft. Zum Ver - tergrund sind. Meine Tochter Gülcan Yapici mer nur aus denselben ein ERIK: Nein, das findet hier überall statt. Für uns Chance haben, aus ihrem beengten Wohnumfeld management versucht das seit vielen Jahren zu gleich: Nur einige hundert Meter entfernt gibt es war in so einem Hippie-Kin - oder zwei Nationen. Damit ist besonders die Situation in den Treppenhäu - auszuziehen und trotzdem im Kiez, in der Nähe verändern, aber es klappt einfach nicht. die Clara-Grunwald-Grundschule – die ist ganz derladen, und auch da gab wir hier so ein richtiges Multi - sern problematisch. ihrer Familien zu bleiben. Gerade wenn man in anders besetzt als unsere. Es gibt sehr viele es das Problem, dass viele Eltern ihre Kinder kulti haben. Und die Spielplätze müssen wieder eher prekären Verhältnissen lebt, braucht man ja ERIK: Na, ich glaube, irgendwelche Subkulturen deutsche Eltern, die relativ rasch einen Antrag nicht in die Kiezgrundschule schicken wollten, Spielplätze werden. Ein Beispiel: Ich wohne in STELLA: Ich habe gehört, dass es früher Security- ein starkes Netzwerk. Wir sind hier der kinder - bilden sich automatisch. Wenn ganz viele Men - auf Schulwechsel stellen, weil sie befürchten, weil sie Nachteile befürchteten. Für mich ist der Wilhelmstraße. Wenn ich hier runtergehe, Leute gab, die von der Gewobag beauftragt wur - reichste Kiez in ganz Friedrichshain-Kreuzberg, schen aus einer Nation zusammenkommen, dass ihr Kind hier keine adäquate Förderung be - das eine neue Art von Rassismus. dann ist da ein Fußballplatz, in den kommt man den, um durch die Treppenhäuser zu laufen, und

10 11 HENDRIKJE: Unsere Wohnungen gehörten jahre - immer nur Vorschläge machen. Das Unterneh - sammlung) vorgespielt und gesagt: Hier, lang einem privaten Immobilienfonds. Der war men muss darauf nicht eingehen. Das ist Leute, das ist die Situation – es muss sich was so gepolt, dass er eigentlich nur die Miete ha - keine Augenhöhe. ändern! Und dann kam auch relativ schnell das ben wollte und keine Instandsetzung mehr ge - Kinder- und Jugend-Beteiligungsbüro, hat mit macht hat, keine Investitionen. Selbst Aufzüge ULRIKE: Eine weitere Möglichkeit mitzuentschei - den zwei Grundschulen und unserem Jugend - funktionierten über längere Zeit nicht – bei den, ist im Mieter:innenrat. Dieser ist für die zentrum zusammengearbeitet, und die Kinder Hochhäusern natürlich ein richtiges Problem. Mieter:innenangelegenheiten auf Stadtebene konnten sich aussuchen, was sie da für Spiel - Dafür wurden die Mieten mit jeder Neuvermie - zuständig und darf eins seiner Mitglieder in geräte haben wollen. Ich glaube, so muss man tung immer höher. Unsere Initiative hat sich den Aufsichtsrat schicken. Dort geht es um die das machen am Halleschen Tor, weil das Vier - gegründet, als es einen großen Wasserscha - große Investitionsplanung für das ganze Un - tel von der Politik immer ein bisschen verges - den im Keller gab. Schon vorher hatten wir ein ternehmen. Auf der Quartierebene gibt es sen wird. Vielleicht gibt es hier einfach nicht Rattenproblem, danach wurde es immer keine Mitbestimmung. Das ist etwas, wofür wir genug Wähler:innenstimmen zu holen oder so. schlimmer. Weitere Rohrbrüche in den Woh - uns starkmachen. Aber wie es aussieht, ist das Wir sind eben nicht der Kotti, für manche viel - nungen kamen dazu. Die Verwaltung war für ein Kampf, den wir noch eine Weile führen wer - leicht gar nicht mehr richtig Kreuzberg. Da uns gar nicht mehr ansprechbar, aber Miete den. Auch die Städtischen Wohnungsbauge - muss man zehnmal so laut schreien, bis sich wurde weiter kassiert. Also haben wir uns alle sellschaften sind ja als GmbH oder Aktienge - ein bisschen was bewegt. zwei, drei Wochen getroffen und schließlich sellschaft, also als Kapitalgesellschaften, or - eine Demo organisiert. Dann kam leider diese ganisiert und somit … ULRIKE: Bei uns kümmern sich zu viele drum. blöde Pandemie. Wir haben per Videokonfe - (lacht) renz weitergemacht, so wie jetzt. Unser klares ERIK: … auf Gewinnmaximierung aus. Ziel war die Übernahme durch eine kommu - STELLA: Ich würde gern noch mal zurück zum nale Wohnungsbaugesellschaft. Dass das ge - ULRIKE: Genau. Sie sind erst mal nicht gemein - Gewerbekonzept kommen. Das ist ja jetzt ein klappt hat, war allerdings auch Zufall. Wir hat - wohlorientiert. Der Satzung nach zwar schon, spezieller Moment, denn im Westteil des Plat - ten nie Kontakt zur HOWOGE. Die hat nur ge - aber sie dürfen gar keine Mieter:innenmitbe - zes sind fast alle Läden weg, bis auf die Apo - rade Bestandskäufe gemacht, als der Fonds stimmung zulassen. Das wäre nach den juristi - theke. Also all das, was es mal gab: Drogerie, die Häuser abstoßen wollte. Jetzt sind wir in schen Vorgaben für Aktiengesellschaften und Fleischer, großes Restaurant, Blumenladen, der Phase, wo wir uns fra - GmbHs quasi gegen das Ge - Kneipe. Jetzt droht auch der Supermarkt weg - gen, wie wir mit der HOWO- “Da arbeitest du in setz. Das ist tatsächlich die zugehen. Wie findet man heraus, was der Kiez GE ins Gespräch kommen. rechtliche Lage. Das wäre braucht? Auch dort scheint man nicht dem Gebiet, wo die anders, wenn diese Unter - wirklich bereit, sich auf Mie - meisten Kinder nehmen umgewandelt wer - ERIK: Ein guter Ansatz wäre zum Beispiel, einen dass das Problem sich verschlimmert hat, seit ULRIKE: Gut, ich schau jetzt mal vom Kotti (Kott - welche Läden an wen vermietet. Dasselbe gilt ter:innenmitbestimmung leben, und es gibt den, wie das mit dem Mieten - Laden zu eröffnen, wo speziell für die Jugend - sie nicht mehr da sind, richtig? busser Tor) aus auf den Mehringplatz, weil bei für den öffentliche Raum, zum Beispiel für die einzulassen. Die sagen uns einfach keinen volksentscheid mal geplant lichen, die hier immer im Kiez abhängen, Ar - uns ja vieles ähnlich ist wie bei euch. Auch der Frage, wo Bänke stehen und wie wir uns da nur, wie das eben läuft bei war – in Anstalten öffentli - beits- und Ausbildungsplätze geschaffen wer - funktionierenden ERIK: Ja, das gab es schon mal. Auch Leute, die Kotti gilt von außen betrachtet schon immer aufhalten können. Dafür müssen wir aber zu - ihnen und wo man anrufen chen Rechts womöglich. den. In dem also nur Leute, die auch hier woh - engagiert waren, um die Treppenhäuser zwei- als Problemquartier. Das wird meist zurückge - erst ein paar Kämpfe gewinnen, die jetzt schon muss. Immerhin küm mern Spielplatz mehr. nen, angestellt werden. Das heißt dann, dass oder dreimal die Woche zu reinigen. Aber die führt auf die Migrationserfahrung, die 80 Pro - laufen. Die Sorge, ob die Mieten stabil bleiben, sie sich. Wir hatten eine Das kann doch STELLA: Das ist der rechtliche sich die Leute, die da arbeiten und einkaufen, hatten da mit einer unglaublichen Scheiße zu zent der Leute hier haben, auf wenig Einkom - hängt ja ganz stark an den Besitzverhältnis - Liste gemacht mit den 20 nicht wahr sein!” Weg, um Strukturen zu ver - immer kennen. Das würde auch zu mehr Mitei - kämpfen, für nur zehn Euro die Stunde oder so. sen. Bei uns gehören zum Beispiel viele Woh - men und so. Aber, was ihr ja auch von eurem schlimmsten Schimmel- und Mareike Stanze ändern. Es gibt auch den nander führen. Wenn ich eine Reinigungskraft wäre und so Kiez wisst, der Zusammenhalt ist trotzdem nungen der Deutsche Wohnen. Wir haben im - Nässe-Wohnungen, die ar - Weg, mit den Mitteln der was sehen würde, dann würde ich mir auch ziemlich groß. Und das war es, was wir mit un - mer gesagt, dass wir diese Häuser längst mit beiten sie auch ab. Künste und des Aktivismus ULRIKE: Man muss Kriterien für die Vergabe denken: Warum soll ich das machen? serem Projekt “I love Kotti” deutlich machen unseren Mieten bezahlt haben, also sollten sie zu agieren. schaffen. Damit hast du jetzt schon angefan - wollten – dass wir gerne hier wohnen, trotz all auch uns gehören. Zu den wichtigsten Kämp - STELLA: An der Stelle würde ich gern an Ulrike gen, Erik. Für die Entwicklung eines Gewerbe - GÜLCAN: Auch der Theodor-Wolff-Platz ist so der Probleme. Wir haben erst mal gesagt: Un - fen gehört daher die Vergesellschaftung von zurückgeben, denn Mieter:innenmitbestim - MAREIKE: Dazu möchte ich kurz die Geschichte konzepts geben Bezirke oder auch Woh - was von unhygienisch, und ich weiß nicht, wie ser wichtigstes Problem sind die hohen Mieten Wohnungsunternehmen wie die Deutsche mung ist schließlich der Ansatz, den du ver - erzählen, wie es zur Neugestaltung des Spiel - nungsunternehmen oft sehr viel Geld aus. Wir man dieses Problem lösen kann. Es gab mal und der Rassismus. Das sind die Themen, die Wohnen. Außerdem brauchen wir eine Reform folgst, richtig? platzes am Theodor-Wolff-Park kam. Der war hatten hier am Kotti ein Unternehmen, das da - eine Reinigungsaktion der Galilei-Grundschule, uns vereinen. Über alles andere kann man re - des sozialen Wohnungsbaus. Sozialwohnun - ja vor acht Jahren noch ein echter Albtraum, mit beauftragt wurde – für 100.000 Euro. Das aber nur für einige Wochen. Wenig später den. Und wenn ich mir jetzt überlege, wir ha - gen werden ja immer weniger, weil die Sozial - ULRIKE: Ja, hier haben wir ein strukturelles Pro - verdreckt und alle Spielgeräte abgebaut. Da war total absurd, weil die Nachbar:innen gar konnte man dann schon wieder nicht mehr ben 2031 – wie sieht der Kotti aus? Wie sieht bindung verloren geht. blem. Echte Mieter:innenmitbestimmung steht arbeitest du in dem Gebiet, wo die meisten Kin - nicht gefragt wurden. Dabei haben gerade sie hingehen, weil überall weggeworfene Lebens - der Mehringplatz aus? Dann würde ich mir zum nicht im Gesetz, also gibt es sie nicht. Mie - der leben, und es gibt einfach keinen funktio - die Kompetenz, zu wissen, was der Kiez mittel rumlagen. Natürlich hat das mit den Nut - einen wünschen, dass die Mieten stabil geblie - STELLA: Da würde ich gerne einhaken. Es gibt ter:innen dürfen nicht mitbestimmen. Es gibt nierenden Spielplatz mehr. Das kann doch braucht. Am besten wäre, wenn es euch ge - zer:innen des Platzes zu tun, aber eben auch ben sind und alle, die bleiben wollten, auch auch hier Beispiele dafür, wie Ziele durch Ini - bei den landeseigenen Wohnungsunterneh - nicht wahr sein! Wir haben dann ein großes länge, klarzumachen, dass sie kein Unterneh - mit einem Desinteresse der Stadt. weiterhin hier sind. Zum anderen, dass die Mie - tiativen erreicht wurden. Hendrikje, vielleicht men aber zumindest die Möglichkeit, sich als Fußballturnier organisiert, sind da mit der Ka - men damit beauftragen müssen. Um das zu er - ter:innen darüber mitentscheiden können, was magst du von der Mieter:inneninitiative “Meh - Mieter:innenbeirat zu organisieren … mera rumgelaufen und haben die Kinder be - reichen, muss man sich ermächtigen, sagen: VOLKAN: Das waren jetzt lauter Innenansichten an den Häusern gemacht wird, wie die Dienst - ringplatz West – Es reicht!” erzählen? fragt: Wie sieht das hier aus mit dem Spiel - Wir machen das. Wir organisieren Gruppen, in von Kiezbewohner:innen. Zeit, für ein bisschen leistungen und wie die Gewerbeflächen verge - HENDRIKJE: Das wollen wir gar nicht! Ein Mie - platz? Worüber ärgerst du dich? Den Film ha - denen wir die Nachbar:innen befragen. Außenperspektive. Ulrike? ben werden. Es ist ja nicht unwichtig, wer da ter:in nenbeirat hat ja keine Rechte. Der kann ben wir bei der BVV (Bezirksverordnetenver -

12 13 MAREIKE: Ich glaube, da ist die Situation bei uns HENDRIKJE: Richtig. ULRIKE: Wir am Kotti haben ja gemeinsam ein ein bisschen anders als am Kotti. Es gibt ein - richtiges Protesthaus gebaut. Das ist natürlich fach einen krassen Leerstand. Also wenn wir VOLKAN: Zum Abschluss vielleicht noch mal zum was Großes, hat aber damals 2012 dazu ge - uns da jetzt gut aufstellen, haben wir durch - Miteinander im Kiez. Wie kann man sich ver - führt, dass wir jeden Tag 24 Stunden gemein - aus die Chance, gehört zu werden. netzen? Wie auf sich aufmerksam machen? sam Wache geschoben und die Nachbar:innen begrüßt haben. Das hat uns sehr zusammen - HENDRIKJE: Na ja, die Gebietsvertretung hat ERIK: Wir brauchen konkrete Erfolgserlebnisse, gebracht, bei allen Unterschieden. schon mal versucht, ein Konzept in Gang zu etwas, was man zusammen schafft. Das würde bringen, das von allen Akteur:innen und Be - viel bewirken. GÜLCAN: Was trotzdem bleibt, ist, dass man sich wohner:innen entwickelt und getragen wird. total ungerecht behandelt fühlt. Bei uns ge - Aber umgesetzt wurde nichts, und die Gewer - HENDRIKJE: Aber was könnte das sein? Vielleicht genüber soll jetzt ein Bürohochhaus hinge - betreibenden haben die Nase voll von irgend - dieser Bolzplatz hinter unserem Haus? Da stellt werden. Da ist schon die Baugenehmi - welchen Befragungen. Nun hat der Bezirk die könnte man einfach mal die Zäune abreißen gung durch, und ich bin mir sicher, das wird Schlüsseleigentümer:innen eingeladen, das und den neu herrichten. früher fertig als unsere Schule. Irgendwelche Wirtschaftsamt, die Gewobag, die HOWOGE Büros oder Einkaufszentren werden in kürzes - und den Besitzer der alten Parkpalette, weil GÜLCAN: Letztes Jahr haben wir so eine Aktion ter Zeit errichtet, aber man schafft es nicht, der da ja auch bauen will. Mit denen wollte an unserer Schule gemacht. An einem Wo - eine Grundschule für 270 Schüler:innen zu sa - man erst mal intern sprechen. chenende sind wir Eltern mit unseren Kindern nieren. Da fragt man sich schon: Was ist hier hingegangen und haben aus Pappe auf dem eigentlich los?  STELLA: Ich höre hier, dass es eine klare Forde - Schulhof eine neue Schule gebaut. Das wurde rung nach Transparenz gibt und dass ihr in auch medial begleitet. Solche Aktionen kön - diese Gespräche mit reinwollt. nen etwas bewirken.

Der Autor Markus Liske hat dieses Gespräch im Auftrag des HAU Hebbel am Ufer redaktionell bearbeitet. Er ist ebenfalls Anwohner am Mehringplatz.

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Lang lebe der House- club!

Eigentlich wollten wir mit einer riesigen Party das zehnjährige Jubiläum des Houseclubs feiern. Schüler:innen, junge Erwachsene und Schulen rund um den Mehringplatz, aber auch aus ganz Berlin, sollten an Performances, Musik, Aus - stellungen, Workshops und anderen Aktivitäten beteiligt sein. Wir hätten den Sisterqueens und den Bands von der KMA (Kreuzberger Musikalische Aktion) gelauscht, hätten Panna Streetsoccer gespielt, Buttons gemacht und noch vieles mehr. Es hat nicht sollen sein. Doch was heute nicht ist, wird definitiv nächstes Jahr stattfinden. Dann feiern wir eben elf Jahre Houseclub. Wir schauen weh - mütig auf das Jahr 2020 zurück, freuen uns aber auch, dass der Houseclub mit “Emojiland” zum Theatertreffen der Jugend eingeladen wurde. Auf der nächsten Seite sind einige Stimmen aus der Klasse 9A2 der Hector-Peterson-Schule . Wir hoffen, dass wir uns nach dem Sommer wieder im Houseclub sehen können.

19 “ALLES WIRD GUT … IRGENDWANN!” THEATER MACHEN IST FÜR UNS IM TEAM SPIELEN UND ARBEITEN, ZEIGEN, WAS WIR KÖNNEN, EIN GEMEINSAMES ERGEBNIS ERZIELEN. MANCHMAL IST ES EIN RIESENSPASS UND MANCHMAL IST ES HARTE ARBEIT. JEDES MAL IST DER START EIN ABENTEUER, DAS DANN ZU EINER UNTERHALTUNG WIRD. DAS IST BESSER ALS “NORMALER” UNTERRICHT. ES GIBT SO VIELE LEUTE, DIE SICH UM UNS KÜMMERN, DIE WIR IN UNSEREM LEBEN SONST NICHT KENNENGELERNT HÄTTEN. WIR MÜSSEN NICHT IM KLASSENRAUM SITZEN. BEI DEN MEISTEN THEATERPROJEKTEN LERNEN WIR AUCH UNSEREN BEZIRK BESSER KENNEN.

DIE HOUSECLUB-ARBEIT IST FÜR EINIGE EIN HOBBY UND FÜR ANDERE EINE GROSSE EHRE. ES MACHT UNS STOLZ, DASS KÜNSTLER:INNEN MIT UNS ARBEITEN. TOLL IST UNSERE GAGE FÜR DIE AUFTRITTE: PIZZA ESSEN.

DAS PROJEKT “EMOJILAND” HAT UNS SUPER GEFALLEN. WIR HABEN VIEL GELACHT, WEIL WIR VIELES NUR SCHWER HINBEKOMMEN HABEN. WIR DURFTEN UNSERE EIGENEN GESCHICHTEN SCHREIBEN. WIR HABEN EMOJIS STATT WÖRTER GEFUNDEN UND SIE SELBST GEZEICHNET, DAS WAR ANSTRENGEND. WIR HABEN MODERIEREN GEÜBT, DAS KONNTEN WIR VORHER NICHT. ALS DIE MASSENSZENE “HAUS AM SEE” GEKLAPPT HAT, WAR DAS DER HAMMER. DIE FILME BLEIBEN UNS FÜR IMMER.

DURCH DEN THEATERUNTERRICHT IST UNSERE KLASSE ETWAS BESONDERES. WIR ACHTEN BESSER AUFEINANDER, HALTEN GUT ZUSAMMEN UND VERTRAUEN UNS MEHR. WIR SIND AUF ANSAGE RELATIV DISZIPLINIERT. WIR TRAUEN UNS VIEL MEHR. WIR WISSEN, DASS JEDE:R WICHTIG IST UND JEDE:R IRGENDWAS GUT KANN.

THEATER IST MEHR ALS NUR AUF DER BÜHNE STEHEN. MAN MUSS IN GANZ VIELE ROLLEN SPRINGEN. ES IST EIN JOB, DEN MAN MIT GEFÜHLEN MACHT. MAN ZEIGT DEM PUBLIKUM ETWAS, WAS ES VORHER NOCH NICHT WUSSTE. MAN ERZÄHLT DEN LEUTEN DIE BEDEUTUNG EINER SACHE IN EINER GANZ “WENN DAS LICHT HELLER WIRD, ANDEREN FORM. THEATER IST EINE KUNST, DIE NUR IM TEAM FUNKTIONIERT. VERBESSERT DAS AUCH DIE STIMMUNG AM PLATZ ZUSEHENDS.”

20 21 In jeder Familie in Berlin mit Migrationsgeschichte, erzählt Hülya Kilic in einem Gespräch, gebe es eine unfassbare mietenpolitische Geschichte, die zu tun hat mit Bürokratietraumata und fehlendem Vertrauen — nicht nur in die (städtischen) Institutionen, sondern auch in die Macht der eigenen Stimme. Ihre Arbeit versteht Wie steht sie dementsprechend als stadtpolitische Bildung und Empowerment und sie schlägt damit für uns eine Brücke zu jenen Erzählungen, die wir oft nicht hören.

So schnell, wie die Zeit tickt, so erlebe ich seit fünf Jahrzehnten den Es handelt sich hier um eine jahrzehntelange institutionelle Erstarrung permanenten Wandel dieser aufregenden Stadt, aus der ich zwar einige der Strukturen in Ignoranz. Umso wichtiger ist es, dass diese schlimmen Male ausbrechen wollte, die mich doch immer in ihrem Bann gefesselt Zustände ein Hauptaugenmerk der bestehenden Initiativen werden. Ich es um die hielt. Denn jedes Mal geschah etwas Neues. Ich bin geboren in Berlin möchte hier betonen, dass ich sehr klar gesehen habe, wie wenig die Kreuzberg 36, und ich liebe diese Stadt. Seit einigen Jahren bin ich aktiv elementaren und existenziellen Interessen berücksichtigt werden, die in verschiedenen Initiativen, die sich gegen den Ausverkauf der Stadt lauten: einsetzen. Ich bin Mitbegründerin der OraNostra, die sich seit 2018 ge - gen die Verdrängung des Kleingewerbes in der Oranienstraße und Um - 1. bezahlbarer Wohnraum, gebung einsetzt. Es fiel mir auf, dass die eigentlich Betroffenen, vor al - lem viele Kreuzberger:innen mit Migrationsgeschichte, in diesen Initia - 2. damit einhergehend gerechte Entlohnung von Arbeit, die es Menschen tiven vollkommen unterrepräsentiert sind, und so fragte ich mich: Wie überhaupt erst ermöglicht, migranti - kommt es, dass niemand von den Menschen, insbesondere aus der ers - ten und zweiten Generation der Menschen aus der Türkei, die ich lange 3. ihre Rechte wahrzunehmen zu können in Form von Teilnahme an wich - kenne und von denen ich weiß, wie lange sie sich schon selbstständig tigen politischen Entscheidungsprozessen in ihrem Lebensumfeld, in ih - mit ihren Lebensmittelgeschäften, Imbissen, Handwerksläden, Cafés, rer Straße, im Bezirk, in der Stadt, wo sie seit vier Generationen leben. Restaurants, Blumenläden etc. eine Existenz aufgebaut haben, Teil die - Moritzplatz, Kreuzberg ser Initiativen ist? Durch Gespräche mit ihnen und meinen Aktionen zum Ein wichtiger Punkt für das Miteinander in lebendiger, diverser Form im Schutz der Läden in der Oranienstraße und Umgebung wurde mir die Kiez wäre auch der Schutz des Kleingewerbes in Form eines Gesetzes, Abkopplung von den stark akademisierten sowie in der Thematik lange das längst überfällig ist. Denn der Ausverkauf der Stadt ist in vollem sche Com - routinierten Aktivist:innen, die einen Zirkel von Insider:innen innerhalb Gange. Diese Entwicklung ist fatal! Es sollte nach fünf Jahrzehnten verschiedener Initiativen bilden, deutlich. Einerseits sind aus diesen Ini - doch möglich sein, dass alteingesessene Menschen mit Migrationsge - tiativen wichtige und wirkungsmächtige stadtpolitische Bewegungen schichte im Kiez mit einer eigenen Stimme und gleichberechtigt stadt - entstanden. Andererseits vermisse ich die dauerhafte Beteiligung der politische Prozesse aktiv mitgestalten können. Hier besteht akuter Ak - direkt Betroffenen, größtenteils Menschen aus der migrantischen Com - tionsbedarf!  munity. Mit alltäglichem Lebensstress, den immer stärker wachsenden Miet- und Lebenshaltungskosten, der Versorgung der Familie und dem Kümmern um die Bildungsmöglichkeiten der Kinder, gepaart mit den tief munity in verankerten Ängsten, den Ansprüchen des immer ausgeprägteren bü - rokratischen Behördenapparats nicht genügen zu können, bleibt über - haupt kein Kopf dafür, sich für seine Rechte einzusetzen, auch wenn dies dringend notwendig wäre. Dadurch entsteht eine Blockade, ein Misstrauen gegenüber dem Anderen, da sich Menschen mit Migrations - geschichte mit oftmals traumatischen Erlebnissen stigmatisiert fühlen und sich nach außen nicht längerfristig in Initiativen wiederfinden und der Stadt - behaupten können. Hülya K. Kilic hat ein kleines Geschäft in der Oranienstraße. Sie gründete die Initiative OraNostra, einen Verbund von Klein - gewerbetreibenden und Mieter:innen aus dem Oranienstraßenkiez, und die Inititiative Oranienstraße Kreuzberg 36 (IOK36). politik? Sie stellt sich gegen den Ausverkauf der Stadt und unterstützt migrantische Communitys in der Aufklärung ihrer Rechte. Otto-Suhr-Siedlung, Kreuzberg

22 23 “AM MEHRINGPLATZ STÖREN MICH “MIR GEHT ES AM MEHRINGPLATZ ZIEMLICH VOR ALLEM DIE BAUSTELLE UND DIE GUT. WENN ICH WAS BRAUCHE, WIRD MIR GENTRIFIZIERUNG.” GEHOLFEN. HIER IST IMMER ACTION, ES IST NIE LANGWEILIG, ES IST IMMER WAS ZU TUN. DAS MIT DEN BAUSTELLEN IST SO’NE SACHE, SIE KÖNNTEN JETZT LANGSAM VERSCHWIN - DEN. SONST BIN ICH VOLL HAPPY HIER, SUPERNETTE MENSCHEN.”

“ICH KOMME HIER GELEGENTLICH VORBEI. ES IST IRGENDWIE WIE EINE INSEL. DA IST WEST-KREUZBERG, SCHÖNE ALTBAUTEN, DA HINTEN DIE FRIEDRICHSTRASSE, DIE EIN BESTIMM TES KLIENTEL ANZIEHT, UND HIER SIND SO ‘NORMAL FOLKS’. DAS MACHT ES SO SYMPATHISCH, ICH MAG ES SEHR. ABER HIER ZU WOHNEN KANN AUCH DEPRESSIV MACHEN.”

24 25 Berlin bleibt! #3 – Werkstatt Mehringplatz Akteur:innen

Bauhütte Kreuzberg e.V. “erklär mir mal …” KMA / Kadir “Amigo” Memi s¸ Die Bauhütte Kreuzberg ist ein Knotenpunkt für Stadtpolitik und So - “erklär mir ma l…” ist ein digitales, queeres, (post-)migrantisches Bil - Kreuzberger Musikalische Aktion e.V. Kadir “Amigo” Memi ş ist als Tänzer, Choreograf und Gründer der inter - ziokultur in der südlichen Friedrichstadt: Eine unbebaute Projektfläche dungsformat auf Instagram. In dem Projekt werden politische Begriffe Die Kreuzberger Musikalische Aktion e.V. (KMA) ist seit 1987 anerkann - national gefeierten Tanzgruppe Flying Steps bekannt. 1984 kam er auf der Friedrichstraße, die der Stärkung des sozialen Zusammenhalts erklärt, die Wissenslücken bei Menschen schließen. In politischen Dis - ter freier Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Ziel der Arbeit ist die Kom - aus Anatolien nach Berlin und fand dort seinen Weg zu HipHop-Kultur im Kiez und einer Stadt “von unten” verpflichtet ist. Neben der Bau - kussionen werden oft ganz selbstverständlich Begriffe verwendet, die petenzförderung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen und Urban Dance. In Deutschland war er einer der Ersten, der HipHop hütte (einem ausgebauten Container) befinden sich auf dem Areal nicht alle verstehen oder kennen. Das ist nicht zuletzt an Klassismus, sowie die Förderung multikultureller Prozesse, sozialer und kultureller mit anderen Elementen verband, beispielsweise mischte er bei der ahlreiche Nachbarschaftsbeete, das Café Grundeinkommen, das Zu - assistische Fremdbezeichnungen und Deutungshoheit geknüpft. Und roduktion “Zeybreak” Elemente des türkischen Volkstanzes Zeybek z r Integration und Partizipation. Die KMA betreibt zwei Freizeitzentren – P kunftsparlament, eine Fahrradselbsthilfewerkstatt, eine Sportfläche genau da kommt “erklär mir ma l...” ins Spiel. Das selbst organisierte die Kinder- und Jugendkultureinrichtungen KMAntenne und Statthaus mit Urban Dance. Neben seinen Tanzproduktionen, u.a. in enger Ko - u.v.m. Zahlreiche Vereine, Initiativen und soziale Bewegungen nutzen Projekt zeichnet sich dadurch aus, dass queere (post-)migrantische Böcklerpark, das stadtteilorientierte Integrationshaus am Mehring - operation mit dem HAU Hebbel am Ufer, ist Memi s¸ seit Langem in der den Ort zur Vernetzung. Projektträger:in ist Bauhütte Kreuzberg e.V., Personen nicht nur vor der Kamera, sondern in jedem Produktions- platz, eine eigene Kiezkantine und eine Eventabteilung für Veranstal - Street-Art-Szene aktiv. Zusammen mit Künstlern wie Banksy oder n dessen Programmbeirat Stadtplaner:innen, Kurator:innen, Medien - nd Veröffentlichungsschritt vertreten sind. Die Themenschwer - bey war er 2003 Teil von “Backjumps – The Live Issue”, einem Aus - i u tungen, wie z.B. den Berliner Kinderkarneval der Kulturen. Die Philo - O schaffende und Wissenschaftler:innen zusammenkommen. Ziel ist es, punkte sind: Queer & Feminismus – Politik & Gesellschaft – Antirassis - sophie der KMA orientiert sich an den Werten der Solidarität, Demo - stellungsprojekt, das schon früh Schnittstellen von Street Art und Hip - Projekte mit nachhaltiger Wirkung auf die Stadtgesellschaft auf den mus – Open Spaces. Konkret widmet sich das Format Fragen wie z.B.: kratie, Menschlichkeit, Emanzipation und Interkulturalität. Ein wichti - Hop auslotete und zeitgenössische Entwicklungen der verschiedenen Weg zu bringen. “Wissen wirklich alle, was die Begriffe ‘Rassismus’ oder ‘Diaspora’ be - ger Schwerpunkt ist die Arbeit gegen Rassismus, Diskriminierung und Kunstformen präsentierte. Memi s¸ strebt mit seiner Kunst – egal ob deuten? Wann und warum kamen eigentlich Gastarbeiter:innen nach Gewalt. Bei der Projektarbeit werden die Situationen und Bedürfnisse Tanz oder Kalligrafie – nach einer Form, in der Intuition und Reflexion Deutschland/Österreich?” Wer den Newsletter vom HAU liest, kennt der jungen Menschen systematisch und geschlechterdifferenziert be - in Einklang stehen. Die Grenzen zwischen Performance und bildender Deutsche Wohnen & Co. enteignen “erklär mir mal…” schon, alle zwei Wochen wird dort ein Beitrag des rücksichtigt. Kunst verschwimmen in seinem Werk zunehmend. Die Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen wird von engagierten Projekts geteilt. Einzelpersonen sowie Menschen aus Mieter:inneninitiativen, stadtpo - litischen Gruppen und Parteien getragen. Diese Menschen eint, dass Mehringplatz West – Es reicht! sie sich die steigenden Mieten und den Ausverkauf Berlins auf den glo - HAU Hebbel am Ufer Mehmet Can Kocak Die Mieter:inneninitiative “Mehringplatz West – Es reicht!”, deren Woh - balen Finanzmärkten nicht länger gefallen lassen wollen. Den explo - Das internationale Produktionshaus HAU Hebbel am Ufer mit seinen Mehmet Can Kocak /Milen Mihaylov arbeitet als freiberuflicher Filme - nungen und Gewerbeeinheiten einem privaten Immobilienfonds mit dierenden Mieten soll etwas entgegensetzt werden, damit auch drei Bühnen HAU1, HAU2 und HAU3 produziert und präsentiert aktuelle macher, Fotograf und Videokünstler in verschiedenen Projekten, u.a. Sitz in Luxemburg gehörten, wurde im September 2019 gegründet, Durchschnitts- und Geringverdiener:innen wieder eine Wohnung fin - künstlerische Positionen an der Schnittstelle von Theater, Tanz und für das Märkische Museum Berlin, Deutsche Nationaltheater Weimar, um sich gegen anhaltende Missstände zu wehren: Schimmel in Woh - den. Deutsche Wohnen & Co enteignen sammelt dafür seit März 2021 Performance. Zudem gibt es seit 2020 das HAU4, die digitale Bühne Ballhaus Naunynstraße, Maxim Gorki Theater und HAU Hebbel am Ufer. nungen, Rattenbefall, Überschwemmungen in Kellern, Vernachlässi - Stimmen für einen Volksentscheid, um 240.000 Wohnungen aus den des HAU. Für diese Plattform werden eigens für den Online-Bereich Seine Kurzfilme wurden international auf zahlreichen Festivals ge - gungen der Bausubstanz und eine Verwahrlosung des Außengeländes Beständen von Immobilienkonzernen wie Deutsche Wohnen, Vonovia, Projekte entwickelt. Darüber hinaus sind Musik, bildende Kunst und zeigt. sind nur einige der Punkte, die die Initiative kritisierte. Sie lud ein zu Akelius & Co zu vergesellschaften und in Gemeineigentum zu über - Diskursveranstaltungen feste Bestandteile des Programms. Ohne fes - Mieter:innenversammlungen, bildete eine Steuerungsrunde und grün - führen. Mit der Vergesellschaftung würden rund zwölf Prozent der Ber - tes Ensemble werden hier internationale Koproduktionen, Festivals dete Arbeitsgruppen. Nach einer Demonstration im Januar 2020 be - liner Mietwohnungen der Spekulation entzogen und dauerhaft bezahl - und Projekte der Berliner und der (inter-)nationalen Theater- und Tanz - Yorgos Konstantinou / Imagistan richteten auch die Medien über die Missstände im Kiez. Parallel liefen bare Mieten möglich. Denn nur wenn Wohnraum wieder Gemeingut szene entwickelt und gezeigt. Das Team von HAU to connect, zu dem Yorgos Konstantinou ist Pionier im Bereich der visuellen Kommunika - gezielte Vernetzungen mit dem Quartiersmanagement, der ASUM (An - wird, kann die Wohnungskrise beendet werden und Berlin bleibt eine auch der Houseclub gehört, entwickelt gemeinsam mit Kooperations - tion, Konzeptentwickler und Zeichner. Über sieben Jahre hat er am gewandte Stadtforschung und Mieter:innenberatung), Sozial ar bei - Stadt für alle! partner:innen, Nachbar:innen, Schüler:innen und Künstler:innen For - Halleschen Tor gelebt, noch bevor das SPD-Haus gebaut wurde. Für ter:innen, der Polizei, weiteren Mieter:inneninitiativen, Politiker:innen mate und Projekte des Kennenlernens, der Begegnungen und Teilhabe “Berlin bleibt! #2” dokumentierte er in einem Animationsfilm die und Ämtern im Bezirk, auf Landes- und Bundesebene. In der Pandemie im und rund um das HAU. “Werkstatt zur Enteignung und Vergesellschaftung des Wohnens”. Für blieb die MI über Videokonferenzen und Mieter:innenbriefe aktiv. Das Die Globale e.V. / Café MadaMe die “Werkstatt Mehringplatz” hat der Impressionen des Mehringplat - gemeinsame Ziel war der Kauf durch ein landeseigenes Wohnungs - Der Verein Die Globale e.V. arbeitet schwerpunktmäßig in den Berei - zes grafisch dokumentiert und Porträts von Menschen gezeichnet, die unternehmen (LWU). Zum 1. Februar 2021 kaufte die HOWOGE, eins chen Bildungsarbeit, gesellschaftliche Integration und Gemeinwesen - Hector-Peterson-Schule & FRI-X BERG dort wohnen und arbeiten. der sechs Berliner LWUs, die schwer heruntergekommenen Liegen - arbeit. Der Verein ist am Mehringplatz u.a. mit einer Lernwerkstatt für Die Hector-Peterson-Schule ist eine integrierte Sekundarschule im schaften am Mehringplatz West. Die Mieter:inneninitiative West wird Kinder aktiv, die das Lerninteresse und die Lernmotivation der Kinder Stadtteil Friedrichshain-Kreuzberg mit dem Anspruch, zu Achtung und von der HOWOGE als Gesprächspartnerin anerkannt und hat sich von und ihr Interesse an der Erforschung ihrer natürlichen und sozialen Respekt allen Menschen gegenüber zu erziehen, unabhängig von Ge - ihrem Zusatz “Es reicht!” getrennt. Die Vision ist es, gemeinsam mit Umwelt als Voraussetzung für einen gelingenden Bildungsprozess un - schlecht, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit und geistigen und kör - der HOWOGE Lebens- und Wohnbedingungen am Mehringplatz zu terstützen. Das Angebot der Lernwerkstatt wurde 2021 ausgeweitet perlichen Fähigkeiten. Seit 2011 gibt es eine enge Partnerschaft zwi - schaffen, die sich an den Bedarfen der Mieter:innen orientieren. durch eine schulische Begleitung von Grundschulkindern. Die Globale schen der Schule und dem HAU im Kontext vom Houseclub. Auf dem e.V. betreibt zudem den kleinen Feinkost- und Geschenkeladen Kunst gleichen Schulgelände befindet sich FRI-X BERG, die Jugendkunst - und Küche. Neben fair gehandelten Produkten aus aller Welt finden schule Friedrichshain-Kreuzberg. Die FRI-X BERGer:innen sind ein Team sich dort Produkte, die Nachbar:innen hergestellt haben: von Selbst - von erfahrenen und jungen Künstler:innen und Kunstvermittler:innen gestricktem über Postkarten bis Marmelade. Back- und Strickwork - deren Anliegen es ist, die Kunst mit den Kindern und Jugendlichen neu shops machen den weiteren Einbezug von Nachbar:innen möglich. zu erfinden. Das dazugehörige Café MadaMe dient als Kieztreffpunkt, Veranstal - tungsort für kleine Konzerte und Lesungen und ist oft Anlaufstelle für ratsuchende Anwohner:innen. Hungrigen Menschen wird mittags ein preiswertes und gesundes Mittagessen mit nachhaltiger Verpackung geboten.

26 27 Akteur:innen “ALLES WAS PASSIERT, BRAUCHT EWIG. IM MOMENT IST DAS WICHTIGSTE, DASS PRAXEN ERÖFFNEN MIT KINDERÄRZT:INNEN, KINDER- ongoing project / Alma Wellner Bou Quartiersmanagement am UND JUGENDTHERA PEUT:INNEN, LOGOPÄD:IN - & Lisa Schwalb Mehringplatz ongoing project (Berlin/Leipzig/Wien) wurde 2009 am Institut für An - Seit 2005 ist der gemeinnützige Verein Kunstwelt e.V. von der Senats - NEN, DIE IM BESTEN FALL MEHRSPRACHIG gewandte Theaterwissenschaft gegründet. Ihre interdisziplinären Ar - verwaltung für Stadtentwicklung in Zusammenarbeit mit dem Bezirks - (Z.B. ARABISCH, TÜRKISCH, DEUTSCH) SIND. beiten reichen von Bühnenperformances über Audiowalks und Ge - amt Friedrichshain-Kreuzberg mit der Umsetzung des Quartiersmana - sprächsformate bis zu soziokulturellen Projekten (politische und kul - gements am Mehringplatz beauftragt. Zusammen mit Bewohner:innen DAS IST DAS, WAS AM MEISTEN FEHLT. ICH turelle Bildung). Alle Arbeiten werden unter den Aspekten von Kolla - und starken Partner:innen der Quartiersentwicklung (wozu auch das FRAGE MICH, WIE WIR UNS BEWEGEN MÜSSEN, boration und Synergie vollzogen und verfolgen den Anspruch, gesell - HAU Hebbel am Ufer gehört) ermittelt und diskutiert das Vor-Ort-Team schaftliche Verhältnisse sowohl machtkritisch zu reflektieren, als seither die wichtigsten Bedarfe der Nachbarschaft, entwickelt Pro - DAMIT DAS PASSIERT. ANGEBLICH KANN DER auch in diese zu intervenieren. Mit dem Projekt “Sisterqueens” waren jektideen und bringt diese auf den Weg mit dem Ziel, eine nachhaltige Alma Wellner Bou und Lisa Schwalb bereits zweimal zu Gast im HAU Struktur für eine lebendige Nachbarschaft zu gestalten und den so - BEZIRK DAS NICHT VERLANGEN VON DER Hebbel am Ufer. “Sisterqueens” wurde 2018 als Plattform für Rap von zialen Zusammenhalt im Quartier zu stärken. So organisiert das Quar - KASSENÄRZTLICHEN VEREINIGUNG, SONDERN Mädchen aus Berlin von ongoing project ins Leben gerufen und basiert tiersmanagement beispielsweise regelmäßig stattfindende arabische auf einer engen Kooperation mit dem interkulturellen Zentrum für und türkische Thementische in Form eines Frühstückscafés für Frauen. NUR DARUM BITTEN. ICH WÜRDE JETZT WIRK - Mädchen und junge Frauen MÄDEA/Stiftung SPI und Berliner Rapper:in - Momentan findet dies in regelmäßigen Zoom-Begegnungen statt, in nen. denen sich die Frauen zu verschiedenen Themenschwerpunkten (z.B. LICH GERNE WISSEN, AUF WELCHER EBENE digitales Lernen mit Kindern, Stressmanagement im Alltag, Atemtech - UND IN WELCHEN STRUKTUREN SO WAS ENT - niken mit Inputs von Expertinnen) austauschen können. Outreach Berlin SCHIEDEN WIRD.” Outreach Berlin steht für mobile und sozialräumlich orientierte Ju - gendarbeit in elf Berliner Bezirken. Durch Streetwork sollen Jugendli - Stadt Tatreez che erreicht werden, die den Kontakt zum Hilfesystem, meist aufgrund Die Künstlerin und Kunstvermittlerin Tanja Al Kayyali und die Heilpä - negativer Erfahrungen und Enttäuschungen, abgebrochen haben. Seit dagogin Barbara Weidner (Mobile Dance e.V.) verbinden in dem Projekt sechs Jahren befindet sich auch eine Anlaufstelle am Mehringplatz. “Stadt Tatreez” Erfahrungen und Erinnerungen im Kontext von Migra - Durch verschiedene Angebote und mit viel Humor und pädagogi - tion, Flucht und Krieg mit künstlerischen und heilpädagogischen Per - schem Know-how wird ein Vertrauensverhältnis zu den Jugendlichen spektiven. Zusammen mit Frauen aus der Gemeinschaftsunterkunft aufgebaut. Die Arbeit ist dabei außerdem vielfach geprägt durch Ko - Stallschreiberstraße arbeiten sie seit 2016 in Kooperation mit dem operation mit verschiedenen Akteur:innen, Einrichtungen und Gemein - HAU Hebbel am Ufer daran, achtsame Begegnungen von Frauen und wesen. Das Motto lautet: Im Namen der Straße! einen “sicheren Ort” für alle Beteiligten herzustellen. Dabei geht es um den Austausch von Wissen und Geschichten sowie das Experi - mentieren mit Materialien mit Fokus auf die traditionelle palästinen - Parkakademie sische Stickerei Tatreez. Dabei hat sich eine Gemeinschaft von Frauen Die Parkakademie basiert auf Prozessen der Zusammenarbeit, des Ex - zwischen 16 und 60 Jahren entwickelt. Unter ihnen sind viele Mütter perimentierens und der Solidarität in Stadtentwicklungsprojekten und Personen, die teilweise seit Jahren in der Unterkunft leben, jedoch rund um den Mehringplatz. Die Zivilgesellschaft wird eingeladen, Vor - auch einige, die inzwischen eigene Wohnungen gefunden haben, so - schläge zu machen, die die Qualität des öffentlichen Raums verbes - wie Nachbarinnen und Freundinnen. sern und sich aus dem kollektiven Aufbau von Nachbarschaften ent - wickeln. Kulturinstitutionen, Verwaltung und Politik werden heraus - gefordert, neue Formate zu gestalten – sowohl Prototypen von Ideen als auch von neuen Lerngemeinschaften. Seit 2016 arbeitet die Park - akademie unter der Leitung von Maria Muñoz Duyos zusammen mit einer hybriden Gruppe von Menschen – Künstler:innen, Sozialwissen - schaftler:innen, Architekt:innen, Sozialarbeiter:innen und Aktivist:in - nen – in Arbeitsgruppen, Workshops und mit Debatten und Installa - tionen im öffentlichen Raum. Im Laufe der Zeit entstehen dabei nach - haltige Netzwerke mit innovativem Charakter, die sich in einem ge - meinsamen Ziel artikulieren: dem Gemeinwohl in den Stadtteilen. 2019 entwickelte die Parkakademie im Rahmen von “Berlin bleibt!” eine mobile Thronkonstruktion, in der Passant:innen und Bewohner:in - nen nach Ideen für eine gemeinwohlorientierte Gestaltung ihrer Um - gebung gefragt wurden.

28 29 Berlin bleibt! #3 – Werkstatt Mehringplatz Projekte

Schaufenster ongoing project mit Mädchen Tanja Al Kayyali und Barbara Kadir “Amigo” Memi s¸ Friedrichstraße 4 aus Kreuzberger Musikalische Weidner mit Adiba, Amal, Opferschicht – Narben und Namen Mit: “erklär mir mal…” und Kreuzberger Aktion e.V. und Frauen aus Fatima, Fathiea, Huda, Maryam, 2.7., 19:00 / Premiere Im Anschluss bis 9.7. in der HAUthek verfügbar Musikalische Aktion e.V., ongoing pro - der Frühstücksgruppe des Olfat, Sara und Zeynep Deutsch / 3,00 € ject mit der Frauen-Frühstücksgruppe Quartiersmanagements am Stadt Tatreez* Opferschicht, das ist diese Klebefolie auf den Fenstern der U-Bahn. Sie ist dort angebracht, weil Leute Wörter und Namen in die Scheibe kratzen. Um die des Quartiersmanagement Mehring - Das Projekt “Stadt Tatreez” basiert auf der achtsamen Begegnung von Frauen, Mehringplatz Schrift wieder zum Verschwinden zu bringen, wird diese Schicht geopfert. Wer die in einem dialogischen Prozess Wissen austauschen und − mit besonderem platz, Stadt Tatreez, Mehringplatz hat die Stadt gebaut, wer bewohnt sie, wer nutzt sie ab? Raum für mich!* Fokus auf die traditionelle palästinensische Stickerei Tatreez − künstlerisch West – Es reicht!, Kadir “Amigo” Memi s¸, mit unterschiedlichen Materialien experimentieren. Das gemeinsame Herstel - Die ganze Stadt ist voller Spuren. Fasse in dieser Stadt eine Oberfläche an und Zusammen mit Frauen und Mädchen aus der südlichen Friedrichstadt widmet len eines “sicheren Ortes” für alle Beteiligten ist das Fundament der gemein - spüre die Kratzer ganzer Generationen. Sie sind die Narben und die Buchsta - Yorgos Konstantinou / Imagistan, Park - sich ongoing project der Suche nach dem Raum für sich und der Erholung im samen Arbeit. Angefangen im Rahmen der “Berlin Mondiale” und der Tandem- ben des Stadtkörpers, die jedoch häufig als Lärm und visuelle Verschmutzun - Konkreten. Platz zu haben, sich gehen und fallen zu lassen, sich selbst zu fei - Partnerschaft des HAU Hebbel am Ufer mit der Gemeinschaftsunterkunft Stall - gen wahrgenommen werden. akademie, Kiezteam Deutsche Wohnen ern und Zeit für sich zu haben, ist meist den Privilegierteren vorbehalten. Zwi - schreiberstraße in Kreuzberg veränderten sich die ursprünglich wöchentlichen schen Care-Arbeit, engen Wohnverhältnissen und erschwerten Zugängen zu Inspiriert von der Jazzstylecorner-Bewegung und der Berliner Graffitiszene & Co. enteignen und dem Houseclub Treffen in den vergangenen Monaten bedingt durch die Pandemie zu anderen Ausgleich und Ruhe sind Mädchen und Frauen aus dem Mehringplatz-Kiez arbeitet Choreograf Kadir “Amigo” Memi seit 2005 an dem Berührungspunkt Formen der Begegnung: Spaziergänge in der Nachbarschaft, auch bis zum des HAU während der Pandemie vermehrt Doppelbelastungen ausgesetzt. Dabei kann zwischen Schrift und Tanz. In der Tanzpeşrformance “Opferschicht” untersucht Mehringplatz, zu zweit oder zu dritt. Dabei wird erzählt, manchmal von Alltäg - der eigene Raum, das Zimmer für sich allein, wie es Virginia Woolf fordert, die er die urbane Kulturpraxis Scratchiti – das Einkratzen von Schriftzügen in die 9.–27.6.2021 lichem, manchmal intensiv biografisch. Orte werden gemeinsam entdeckt und Voraussetzung für Konzentration, Fokus und Muße sein – als tatsächlicher wie Zwischenräume der Stadt – und bringt sie mit speziellen Popping-Techniken sich Wege dahin zu eigen gemacht. Die Umgebung kann dabei wie eine Sti - Ein Laden ohne Ware. Eine Einladung zum Vorbeispazieren und Hineinschauen. symbolischer Raum. “Raum für mich!” fragt nach Wünschen, entwickelt indi - (Bewegungen werden “mechanisch”, einem Roboter ähnlich, ausgeführt) in ckerei-Unterlage betrachtet werden. Die Spaziergänge hinterlassen Spuren, Ein leerstehendes Ladenlokal in der Friedrichstraße 4 wird für drei Wochen viduelle, temporäre Erholungsoasen und hinterfragt Platzzuweisungen von Verbindung. Dabei sucht er nach choreografischen Darstellungen, um die Muster und Motive – improvisierend, ziellos, explorativ, wahrnehmungsinten - zum Schaufenster von “Berlin bleibt! #3 – Werkstatt Mehringplatz”. Zu sehen Mädchen und Frauen. Über mehrere Monate hinweg organisiert ongoing pro - Sehnsüchte des Schreibens sowie dessen physikalische Vorgänge zu verge - siv, zufällig oder zielgerichtet. Ebenso entstanden Postkarten- und Briefkor - sind erste Ergebnisse und Einblicke aus Begegnungen von Kunst und Nach - ject für Mädchen und Frauen aus dem Kiez in andauerndem Dialog Erholungs- genwärtigen, bei denen menschliche und nicht-menschliche Körper ineinan - respondenzen und gemeinsame Tatreez-Arbeitsaufträge per Post und Päck - barschaft: Zeichnungen, Stickereien, Fotos, Videos von Künstler:innen und und Freiräume und setzt kleine Raumtransformationen um: vom Reshaping dergreifen. Nachbar:innen, Informationen und Ausblicke darauf, was im Kiez passiert. chen. Gemeinsam gehen sie den Fragen nach: Wie können für uns organische des Wohnraums, über eine Nagelstudio-Session bis hin zu “Quality Time” mit Ursprünglich als Bühnenstück geplant, entwickelt die Kadir Memi Company Kommt vorbei und schaut, woran wir arbeiten. Verbindungen zwischen der Gemeinschaftsunterkunft und dem Kiez, der Stadt der Tochter. Zusammen mit der Zeichnerin Elsa Klée entstehen visuelle Ge - “Opferschicht” aufgrund von Corona-Einschränkungen als Film, deşr am 2. Juli entstehen? Wie können Räume entwickelt werden, in denen wir weiterhin un - Montags und donnerstags wird ein Team vom HAU Hebbel am Ufer zwi - schichten aus dem Prozess sowie Porträts der Beteiligten und ihrem Wissen 2021 auf HAU4 seine Premiere feiert. seren Interessen nachgehen, unser Wissen und unsere Expertisen einsetzen schen 12 und 16 Uhr vor Ort sein: draußen, in Eins-zu-eins-Gesprächen, über den Raum für sich als Graphic Novel. und entsprechend selbstbestimmt im Stadtteil wirken können? Was möchten Nach dem Sommer soll die Beschäftigung mit Scratchiti im Rahmen des um Informationen weiterzugeben, Kontakte zu knüpfen, einen Tee zu wir sagen? Was bewegt uns? Wie bewegen wir uns? Was brauchen wir? Was Houseclubs und der “Werkstatt Mehringplatz” als eine Workshopreihe trinken und sich auszutauschen. fordern wir? mit Schüler:innen fortgeführt werden.* “erklär mir mal …” in Zusam - menarbeit mit Kreuzberger Musikalische Aktion e.V. * Bei Interesse, an einem der Angebote teilzunehmen, oder bei Fragen melden Sie sich gerne bei uns unter: [email protected] / Sunulan etkinliklerden herhangi birisine katılmak isterseniz ya da sorularınız Mehring-DAMN! mach mal Platz …* olursa bizimle bu adres üzerinden ili kiye geçebilirsiniz: [email protected] Bei “Mehring-DAMN! mach mal Plat z…” legen junge Menschen aus dem Kiez den ş Instagram-Kanal @cheeky.tas an, um endlich einmal ihre Themen sichtbar zu ma - chen. Die Menschen hinter “erklär mir ma l…” bringen unterschiedliche Expertisen rund um die Produktion ihrer eigenen digitalen Bildungsplattform mit und teilen diese im Rahmen einer Workshopreihe. Die Teilnehmenden bilden sich im künst - lerisch-visuellen Bereich weiter, eignen sich Fähigkeiten in den Bereichen Schnitt, Video, Moderation, Recherche sowie Redaktion an. Und entwickeln Medienkom - petenzen und Strategien. Für die Kompetenzvermittlung und die Ausgestaltung des Projekts sind Zana Çobano lu, Brenda Geçkil, Victoria Jeffries, Mehran Karimi, Josephine Niang und Serkan Ünğsal verantwortlich, die mit den Teilnehmenden in regem Austausch stehen und sich wöchentlich treffen. Dabei geht es um die Un - terstützung, in einem von ihnen selbstbestimmten Projekt wirkmächtig zu wer - den. Die Konzeption ist bewusst prozessorientiert gehalten. Sie richtet sich nach den Interessen der Kiezbewohner:innen. Impressum Konzept und Programm “Berlin bleibt! #3 – Werkstatt Mehringplatz”: Stella Konstantinou, Volkan Türeli / Dramaturgische Mitarbeit: Nadine Vollmer / Projektmitarbeit: Jann Petersen, FSJ Kultur: Enya Zengin / Redaktion: Sophie Gruber, Stella Konstantinou, Jann Petersen, Volkan Türeli, Nadine Vollmer / Korrektorat: Iris Weißenböck / Gestaltung: Jürgen Fehrmann / Fotos: Mehmet Can Kocak (Seite 2, 6, 7, 19, 22, 23, 29 unten und 21) und Volkan Türeli (Seite 29 oben) / Illustrationen: Yorgos Konstantinou / Dank an: Yorgos Konstantinou und Mareike Stanze / Hrsg: HAU Hebbel am Ufer, 2021 / Intendanz & Geschäftsführung: Annemie Vanackere Flughafen, Tegel

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