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FEST/SPIEL/HAUS/ ST/POELTEN/ FESTIVAL/POLIFONICA/ VERDI/REQUIEM/ 27./NOV./2010 Programm / verdi requiem 1 Festival Polifonica Verdi Requiem Samstag 27. November 2010 Festspielhaus St. Pölten Großer Saal, 19.30 Uhr Dauer: ca. 90 Min. (keine Pause) Einführungsgespräch mit Markus Hennerfeind Großer Saal, 18.30 Uhr Künstlerische Leitung: Joachim Schloemer 2 verdi requiem / Programm Verdi Requiem Giuseppe Verdi (1813-1901) Messa da Requiem für Soli, Chor und Orchester (1873–74) I. Introitus. Requiem aeternam – Te decet hymnus – Kyrie II. Dies irae. Dies irae – Quantus tremor Tuba mirum – Mors stupebit Liber scriptus – Dies irae Quid sum miser Rex tremendae – Salva me Recordare – Quaerens me – Juste judex Ingemisco – Qui Mariam – Preces meae – Inter oves Confutatis – Oro supplex – Dies irae Lacrimosa – Pie Jesu III. Offertorium. Domine Jesu – Hostias – Quam olim Abrahae IV. Sanctus V. Agnus Dei VI. Communio. Lux aeterna VII. Responsorium. Libera me – Dies irae – Libera me Chor Ad Libitum, Heinrich-Schütz-Ensemble Ensemble Sonare Linz Ingrid Kaiserfeld Sopran Hermine Haselböck Mezzosopran Herbert Lippert Tenor Albert Pesendorfer Bass Heinz Ferlesch Dirigent Giuseppe Verdi 4 verdi requiem / einführung Ein Requiem für Rossini und Manzoni von Markus Hennerfeind Giuseppe Verdi gilt bis heute (und galt bereits zu seinen Lebzeiten) als der italienische Opernkomponist schlechthin. 1813 in Le Roncole bei Busseto als Sohn eines Bauern und Gastwirts geboren, blieb des Knaben musikalisches Talent nicht unentdeckt: Man sandte ihn nach Busseto zum Orgelunterricht, und schon bald spielte er Orgel in der Kirche und versuchte 1832, seine Studien am Mailänder Konservato- rium fortzusetzen. Dort allerdings lehnte man ihn ab, worauf er seine Fertigkeiten im Privatunterricht verfeinerte. 1836 hatte es Verdi zum Musikdirektor in Busseto gebracht, im selben Jahr heiratete er. 1839 schließlich versuchte er sein Glück erneut in Mailand, wo schließlich im November des Jahres seine Oper „Oberto“ mit Erfolg an der Scala herauskam. Nach dem Misserfolg seiner nächsten Mailänder Oper, „Un giorno di regno“, beschloss Verdi, das Komponieren ganz bleiben zu lassen; hinzu kam auch der Tod seiner ersten Frau zur etwa selben Zeit. Nach entsprechender Trauerphase, mit neu gewonnenen Kräften und vor allem dank der Überredungskünste des Direktors der Mailän- der Scala, ließ sich Verdi zu einer neuen Komposition breitschlagen: „Nabucco“ sollte zur Sensation geraten und Verdis Stellung als bedeu- tendster italienischer Opernkomponist seiner Zeit begründen. Freilich ging all das nicht ohne Streitigkeiten, Neid und Missgunst vonstatten – immerhin war Verdi trotz seiner Bedeutung nicht der einzige Opernkomponist Italiens. Doch wusste er, als einer, der sich seinen Ruf hart erarbeitet hatte, um seine eigenen Fähigkeiten – die Zeit zwischen 1843 und ca. 1850 bezeichnete er selbst als „Galeeren- jahre“, weil er wie ein Sklave unter Missachtung jeglicher gesundheit- licher und sonstiger Vernunft schuftete. Folgt man nämlich den bio- grafischen Stationen des vor allem wegen seiner späteren Operner- folge wie „Rigoletto“, „La Traviata“, „Il Trovatore“ oder „Aida“ be- einführung / verdi requiem 5 rühmten Komponisten, so wollte Verdi damals rasch durch unablässi- ges Arbeiten genug Geld verdienen, um sich früh ins Privatleben zu- rückziehen und fürderhin ein sorgloses Dasein als Landwirt fristen zu können. Finanzielle Unabhängigkeit schien aber doch nicht alles zu sein, bedenkt man vor allem die Qualität der Musiktheaterwerke, die Verdi zu Papier brachte: Sie zählen bis heute zu den populärsten und meistgespielten Opern überhaupt. Verdi war aber nicht nur über Jahrzehnte die einflussreichste Persön- lichkeit im italienischen Musikleben. Gleichzeitig nahm er auch auf die politischen Geschehnisse seiner Zeit Einfluss und galt als wich- tigste musikalische Identifikationsfigur des Risorgimento, der italie- nischen Unabhängigkeitsbewegung des 19. Jahrhunderts. Einer seiner bedeutendsten Mitstreiter auf diesem Gebiet war der 28 Jahre ältere Schriftsteller Alessandro Manzoni, dessen Werk und Wirken auf Verdi solchen Eindruck gemacht hatte, dass er in Andenken an den 1873 ver- storbenen Manzoni (zu einer Zeit, als er sich selbst bereits als im Ru- hestand ansah) der Mailänder Stadtregierung vorschlug, eine Toten- messe zu komponieren, die am ersten Jahrestag 1874 uraufgeführt werden sollte. Verdi selbst blieb übrigens sein Leben lang ein Kritiker der Kirche und bekennender Agnostiker. Ein Grund dafür mag sein, dass ihn der frühe Tod seiner ersten Frau sowie ihrer beider Kinder verbittert zurückgelassen hatte; Trost im Glauben zu finden, war für ihn danach schwierig geworden. Später, während der Komposition sei- nes Requiems, äußerte er sich brieflich der italienischen Intellektuel- len und Verfechterin des Risorgimento, Clarina Maffei, gegenüber: „Es stimmt: Ist man bei einem gewissen Alter angelangt, erlebt man man- che Traurigkeiten. Alles, was wir an Freuden, Schmerzen, Liebschaf- ten haben, ist leider nicht mehr stark genug, um Neigungen und ge- 6 verdi requiem / einführung genwärtige Freundschaften zu bewahren oder wenigstens Illusionen, diese Güter zu besitzen, die uns das Leben teuer machen. […] Ich, das sage ich tief enttäuscht, glaube an nichts mehr, an niemand, oder fast […] Ich habe plötzlich so große und grausame Enttäuschungen erlebt, um nicht über das Dasein entmutigt zu sein. […] Auch meine religiösen Begeisterungen sind vergangen, und kaum mehr glaube ich angesichts der Wunderlichkeiten seiner Geschöpfe an Gott …“ Diese kritische Haltung gegenüber der Religion (sowie ihren kirchlichen Hütern auf Erden) ließ Verdi auch immer wieder in seine Opern einfließen; nicht zuletzt etwa die Darstellung des Großinquisitors in Verdis Oper „Don Carlo“ lässt tief blicken. Doch zurück zur Geschichte der Messa da Requiem, deren Anfänge in das Todesjahr des Gioachino Rossini zurückreichen, jenes italieni- schen Opernkomponisten, der in Verdis Kindertagen Europas Musik- theater im Sturm erobert hatte. Am 13. November 1868 war Rossini in Paris gestorben. Verdi regte daraufhin die Komposition einer gemein- schaftlichen Totenmesse an, geschrieben von den dreizehn bedeu- tendsten italienischen Komponisten (deren Namen heute großteils vergessen sind). Das ganze Projekt sollte ohne Honorare für die Auto- ren erfolgen, die Partitur keiner weiteren Verwertung zugeführt wer- den. „Dem Requiem wird es zwangsläufig an musikalischer Einheit fehlen, aber es wird die große Verehrung für Rossini zeigen, um den die ganze Welt trauert», schrieb Verdi an seinen Verleger Giulio Ricordi, um ihn vom Wert des Unterfangens zu überzeugen. Eine Kommission bestimmte schließlich, welche Komponisten außer Verdi um einen Beitrag gebeten werden sollten, und schließlich lagen alle Teile der ungleichen Messe vor. Nun, die Uraufführung der Messa per Rossini fand schließlich erst knapp 120 Jahre (!) später, 1988 in einführung / verdi requiem 7 Stuttgart statt: Intrigen und unüberbrückbare Eitelkeiten der diversen Komponisten hatten die ursprünglich geplante Aufführung unmöglich gemacht. Geblieben ist Verdis eigener Beitrag zur Messe, der Schluss- satz, das Libera me. Eines der seinerzeitigen Kommissionsmitglieder, Alberto Mazzucato, hatte Verdi drei Jahre nach der misslungenen Geschichte vorgeschlagen, doch selbst ein Requiem zu komponieren, aber Verdi lehnte mit den Worten ab: „Ich liebe die unnützen Dinge nicht. Totenmessen gibt es so viele, viel zu viele! Es ist unnötig, ihnen noch eine weitere hinzuzufügen.“ Damit schien das Thema für Verdi erledigt – bis ihn der Tod des verehrten Alessandro Manzoni selbst auf die Idee brachte: Die Zeit für eine eigene intensive künstlerische Auseinandersetzung mit dem Tod war gekommen. Verdi, der schon als Jugendlicher die Werke Manzonis verschlungen hatte, darunter auch „I Promessi Sposi“, (Die Verlobten), eines der wichtigsten Werke auch der Risorgimento-Bewegung, schrieb noch 1868 anlässlich einer Begegnung mit Manzoni: „Was kann ich von Manzoni sagen? Wie die wunderschöne, undefinierbare, neue Empfin- dung beschreiben, die die Gegenwart dieses Heiligen […] in mir be- wirkt hat. Ich hätte vor ihm auf die Knie fallen mögen, wenn es uns erlaubt wäre, Menschen anzubeten. Man sagt, daß man es nicht darf, und das mag so sein: Obwohl wir viele auf die Altäre erheben, die we- der das Talent noch die Tugend von Manzoni gehabt haben.“ Fünf Jahre später war dieser von Verdi hochverehrte Meister des Wortes tot. „Schwer erschüttert mich, was Sie von Manzoni erzählen. Die Be- schreibung, die Sie mir geben, hat mich zu Tränen gerührt. Ja, zu Trä- nen – denn so sehr ich gegen die Hässlichkeit dieser Welt verhärtet bin, ein wenig Herz ist mir geblieben und ich weine noch. Sagen Sie es nicht weiter, aber es kommt vor, daß ich weine!“, verriet Verdi seiner 8 verdi requiem / einführung Freundin Clara Maffei auf die Nachricht des Todes von Manzoni. Schon am Tag, nachdem Verdi von Manzonis Ableben erfahren hatte, schrieb er an seinen Verleger Ricordi: „Ich bin zutiefst betrübt über den Tod unseres Großen. Aber ich werde nicht nach Mailand kommen, denn ich brächte es nicht übers Herz, an seiner Beisetzung teilzuneh- men. Ich werde in Kürze kommen, doch allein und ohne gesehen zu werden, um sein Grabmal zu besuchen und um vielleicht (nach weite- ren Überlegungen und nach Abwägung meiner Kräfte) etwas zu sei- nem ehrenden Gedenken vorzuschlagen.“ Verdi war nicht zuletzt mit der Berichterstattung und den Nachrufen in den Zeitungen unglück- lich und gedachte, selbst dem Verblichenen ein würdiges Denkmal zu setzen und