23104 Deutscher – 19. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Oktober 2020

Michael Theurer (A) ( [FDP]: Genau!) ( [AfD]: Nur mit der AfD! (C) Die anderen geben alle zu Protokoll!) sodass vor allen Dingen die Arbeitsplätze gesichert wer- den. Wenn an dieser Stelle darüber diskutiert wird, – Ja, gut. Soll ich jetzt weiterreden? warum wir diese Unternehmen retten wollen, dann geht (Dr. [BÜNDNIS 90/DIE es nämlich nicht um Wirtschaftspolitik in dem Sinne, GRÜNEN]: Reden Sie doch einfach weiter! dass nur Unternehmen gerettet werden, sondern darum, Einfach ignorieren!) dass auch Arbeitsplätze gerettet werden. – Gut, genau. – Was steht da drin? Wir sagen: Hier muss die Bundesregierung dringend handeln; denn wir haben hier eine Lücke bei der Finan- Wir haben bisher zwei Verfahren zur Ermittlung dieser zierung von Eigenkapital. Kredite allein reichen nicht Kosten, geregelt in zwei verschiedenen Gesetzen. Das ist aus. Wir brauchen also nicht nur Liquiditätsbrücken, son- nicht sinnvoll. Deswegen wird mit diesem vorliegenden dern auch Solvenzbrücken. Gesetzentwurf das Ganze vereinheitlicht und auf ein Ver- fahren reduziert. Das ist der eine Punkt; das ist vernünf- Das ist unser Vorschlag, und wir bitten dringend, dass tig. die Bundesregierung hier endlich handelt. Das Zweite, was geregelt wird, ist das Verfahren zur Vielen Dank. Sicherung von Gebieten, die für die oberirdische Erkun- dung reserviert werden sollen, damit diese oberirdische (Beifall bei der FDP) Erkundung nicht gestört wird. Das wird vereinfacht. Auch das ist vernünftig. Vizepräsidentin : Was nicht vernünftig ist, ist, dass die AfD für diese Danke. – Die Reden von , SPD, Thomas vernünftige, einfache Lösung eine eigene Debatte anzet- Lutze, Linke, Claudia Müller, Bündnis 90/Die Grünen, teln möchte. und Dr. , CDU/CSU, nehmen wir zu Proto- koll.1) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- ordneten der FDP und der LINKEN) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der Da fragt man sich: Warum wohl? SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN) ( [AfD]: Warum sitzen wir hier? Um zu debattieren!) Ich schließe die Aussprache. Wir haben, glaube ich, alle gemeinsam die Vermutung, Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwurfs (B) dass es der AfD mal wieder darum geht, eine solche (D) auf Drucksache 19/22861 an die in der Tagesordnung Gelegenheit zu nutzen, um ihre Vorstellung von der Kern- aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es weitere energiepolitik in Deutschland vorzustellen und uns mal Überweisungsvorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann wieder zu erklären, warum es völlig sinnlos ist, dass wir verfahren wir wie vorgeschlagen. aus der Atomenergie aussteigen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf: (Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜND- Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- NIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordne- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpas- ten der SPD – Widerspruch des Abg. Andreas sung der Kostenvorschriften im Bereich der Bleck [AfD]) Entsorgung radioaktiver Abfälle sowie zur Sie wissen natürlich, dass Sie so etwas durch eine Änderung weiterer Vorschriften Gesetzesänderung erreichen könnten. Das wollen Sie; Drucksache 19/22779 das ist auch legitim. Es ist aber nicht mehrheitsfähig ( [AfD]: Noch nicht!) Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (f) Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 der GO und deswegen witzlos. Und weil es auch in der Bevölke- rung nicht mehrheitsfähig ist, Für die Aussprache ist eine Dauer von 30 Minuten beschlossen. (Enrico Komning [AfD]: Das stimmt nicht!) versuchen Sie, uns diese ganze Geschichte durch einen Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege Trick schmackhaft zu machen, sozusagen durch die Hin- Karsten Möring für die CDU/CSU-Fraktion. tertür, indem Sie den Leuten weismachen, man könnte (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – das mit einem Verzicht auf Endlager verbinden. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE (Dr. [AfD]: Richtig! GRÜNEN]: Aber jetzt keine elf Minuten!) Geologisches Endlager!) Dieses Thema hatten wir ja schon mehrfach. Das Dum- Karsten Möring (CDU/CSU): me ist nur: Es funktioniert nicht. Auch wenn Sie uns das Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! zehnmal erzählen, funktioniert es nicht. Sie wollen es Wir debattieren jetzt im Folgenden über die Kostenvor- über die Partitionierung und Transmutation erreichen, schriften im Bereich der Entsorgung radioaktiver Abfälle. das heißt die Separierung von Teilen des radioaktiven Abfalls und die Umwandlung in weniger stark strahlen- 1) Anlage 7 des Material, das schneller zerfällt und nicht 1 Million Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Oktober 2020 23105

Karsten Möring (A) Jahre, sondern vielleicht nur ein paar Tausend Jahre auf- Ich bedanke mich bei meinen Berichterstatterkollegen, (C) bewahrt werden muss. Damit wollen Sie uns bzw. der die ihre Reden zu Protokoll geben. Bevölkerung das schmackhaft machen. Es stimmt aber Ich wünsche uns einen schönen Abend. nicht. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der LIN- Es funktioniert deswegen nicht, weil die technischen KEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Verfahren dafür nach wie vor nicht existieren. Es gibt sowie des Abg. [FDP]) zwar Ansätze dafür, es wird auch geforscht – dagegen kann man nichts sagen –: Aber was wollen Sie damit erreichen? Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Rainer Kraft für die Schauen wir mal auf das von Ihnen in vielen anderen AfD-Fraktion. Fällen hochverehrte Russland: Die Russen machen so etwas zum Teil aus dem Uran, das in den radioaktiven (Beifall bei der AfD – [AfD]: Abfällen nach der Verbrennung in den abgebrannten Endlich mal ein bisschen Sachverstand! – Brennelementen übrig bleibt. Sie ziehen es heraus und [FDP]: Das ist eine strahlende machen daraus neuen Brennstoff. Sie haben zwei Reakto- Zukunft hier!) ren, in denen sie das weiterverwenden. Dr. Rainer Kraft (AfD): Was machen die Russen aber noch? Sie suchen einen Verehrte Präsidentin! Werte Kollegen! Verehrte Gäste! Endlagerstandort. Uns liegt ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur (Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE Anpassung der Kostenvorschriften im Bereich der nukle- GRÜNEN]: Ja, eben!) aren Entsorgung vor. Viele Änderungen sind sinnvoll – ja, da haben Sie recht, Herr Möring –, aber eben nicht Sind sie blöd, oder haben sie vielleicht die Idee, dass das alle. Wir reden jetzt über die, die es nicht sind. trotzdem notwendig ist? Warum sind denn die Finnen so weit, dass sie ein Endlager bauen? Warum sind die Fran- Die für die nun ausgewiesenen Gebiete nicht mehr zosen und die Schweizer so weit, dass sie einen Endlager- zulässige Anwendung von § 21 Absatz 2 des Standort- standort suchen? Und wir haben ein Suchverfahren ent- auswahlgesetzes greift in die unternehmerische Freiheit wickelt und suchen ebenfalls einen Standort. Sind die alle derjenigen ein, die dort bereits bergmännisch aktiv sind. bekloppt, und nur Sie haben den Stein der Weisen? Bislang durften diese in möglichen Auswahlgebieten bergmännisch ausbauen, wenn im Untergrund bereits (Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN) ähnliche Vorhaben vorhanden waren. Dies ist ihnen nun (B) untersagt. Wir haben es mit einer Enteignung unter Tage (D) Nein, natürlich nicht. In Wirklichkeit geht es gar nicht um zu tun. diese Frage, sondern darum, mit der Kernenergie wieder loszulegen. Womit wir auch schon beim Thema der untertägigen Erschließung wären. In manchen Bundesländern sind Dazu sage ich Ihnen eins: Selbst dann, wenn Sie recht Vorhaben in Teufen unterhalb von 100 Metern eben nicht hätten und Partitionierung und Transmutation die Lösung genehmigungspflichtig. Diese Vorhaben sollen nun eben- des Problems wären, würden wir doch nicht auf eine End- falls den Sicherungsvorschriften des § 21 Standortaus- lagersuche verzichten. Wir wissen doch gar nicht, was wahlgesetz unterworfen werden. Die zuständigen Lan- dabei herauskommt. Sie lassen forschen – mit einem desbehörden werden somit verpflichtet, diese Vorhaben Ergebnis in vielleicht 20, 30, 40 oder 50 Jahren. Wenn dem Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsor- Sie dann eine Lösung haben, dann müssen Sie das Mate- gung anzuzeigen. Das ist nicht nur ein Eingriff in den rial, das Sie über Transmutation in eigenen Reaktoren Föderalismus, das ist auch ein offensichtlicher bürokrati- noch mal aufbereiten wollen, immer noch über mehrere scher Mehraufwand. Jahre lagern, und zwar dann in Zwischenlagern. Umso erstaunlicher ist es dann, wenn uns im Ge- Wir haben aber schon Zwischenlager. Und die Leute, setzentwurf mitgeteilt wird, dass für die Länder und die an den Zwischenlagern wohnen, warten darauf, dass Kommunen eine finanzielle Entlastung erwartet wird. sie das Zeug vor der Haustür endlich loswerden. Wollen 175 000 Euro sollen durch die Änderung von § 21 Stand- Sie denen allen erzählen: „Vielleicht haben wir eine bes- ortauswahlgesetz eingespart werden, obwohl damit ein sere Lösung, und deswegen müsst ihr noch ein paar Jahr- zusätzlicher Verwaltungsakt geschaffen wird. – Liebe zehnte damit leben“? Das ist doch Quatsch, Regierung, das ist ja nicht mal ansatzweise plausibel. (Beifall des Abg. Grigorios Aggelidis [FDP]) (Beifall bei der AfD) vor allen Dingen deswegen, weil immer noch strahlendes Damit sind wir auch schon beim Zwischenbericht der Material übrig bleibt, das eingelagert werden muss, und Bundesgesellschaft für Endlagerung. Fast halb Deutsch- weil es immer noch über Jahrhunderte oder auch Tausen- land ist nun potenzielles Endlager, und sofort hat der de von Jahren, wenn auch vielleicht nicht für 1 Million Streit begonnen. Überhaupt zeigt sich in der Art und Jahre, sicher gelagert werden muss. Weise des Umgangs mit den nuklearen Wertstoffen die falsche Herangehensweise an das Thema. De facto, Herr Deswegen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, Möring, wird nämlich in § 1 des Standortauswahlgesetzes können wir feststellen: Diese Debatte ist überflüssig. die Endgültigkeit erst in 500 Jahren eingefordert. (Beifall des Abg. Grigorios Aggelidis [FDP]) (Zuruf von der AfD: Richtig!)