Widerstand 1938-1945
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Ausg. Nr. 30 • 7. Feber 2005 Unparteiisches, unabhängiges und – derzeit noch – kostenloses Magazin speziell für Österreicherinnen und Österreicher in aller Welt in zwei pdf- Formaten • http://www.oe-journal.at Widerstand 1938-1945 Nationalratspräsident Andreas Khol lud, gemeinsam mit dem Verteidigungs- ministerium, der Politischen Akademie der ÖVP, dem Renner-Institut, dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands und der katholischen Kirche, zur Tagung »Widerstand in Österreich 1938 - 1945«. Foto: Parlament / Gregor Zeitler ie Tagung „Widerstand in Österreich zur Eröffnung des Symposions. Es gehe dar- Identifikation mit ihm sei lange nicht so D1938 – 1945“ fand im Rahmen der Auf- um, mit scharfem Blick auch die Schatten- stark gewesen, wie dies wünschenswert ge- taktveranstaltungen zum Jubiläumsjahr 2005 seiten unserer Vergangenheit ins Auge zu wesen wäre, klagte Khol. Viele Widerstands- statt. In einer Reihe von Vorträgen wurden fassen, meinte Khol und erinnerte daran, daß gruppen seien auch in der Bevölkerung iso- verschiedene Aspekte des Widerstands be- im Jänner 1945 die Mordmaschine des NS- liert gewesen und es habe lange gebraucht, leuchtet. Abgeschlossen wurde die Veranstal- Regimes noch voll im Gange war. Das KZ bis der Widerstand vom 20. Juli 1944 auch tung mit einer Podiumsdiskussion zum Mauthausen war noch in Betrieb, Todes- in Österreich Anerkennung gefunden und in Tagungsthema, an der auch hochrangige urteile wurden verhängt und vollstreckt, seiner Bedeutung für Österreich erkannt Wissenschafter und Zeitzeugen teilnahmen. Menschen an Laternenpfählen aufgehängt. wurde. Der Angriffskrieg der Nationalsozia- Es habe aber auch Hoffnung gegeben – den listen war kein österreichischer Krieg, man Nationalratspräsident Widerstand unter dem Titel „Walküre“ in hat sich daher nicht mit dem Aufstand dage- Dr. Andreas Khol Wien, die Aktionen in Innsbruck, das befreit gen identifiziert. übergeben werden konnte und die Tätigkeit Das Jahr 2005 sei kein Jubeljahr, sondern der Widerstandsgruppe 05. Inhaltsverzeichnis Seite 3 ein Gedankenjahr, sagte Nationalratspräsi- Der Widerstand sei in Österreich nicht Impressum Seite 49 dent Dr. Andreas Khol in seiner Ansprache ohne Ambivalenz gesehen worden, die ÖSTERREICH JOURNAL NR. 30 / 07. 02. 2005 2 Innenpolitik Inzwischen habe man gelernt, die Verant- Bundespräsident Hitler-Armee ein und hielt die Forderung für wortung für die Taten der Österreicher im Dr. Heinz Fischer berechtigt, trotz der so genannten Befreiungs- Dienste des Nationalsozialismus zu tragen, amnestie von 1946, alle Urteile der Wehr- aber man würdige auch unbefangener den Bundespräsident Dr. Heinz Fischer be- machtsjustiz und vergleichbarer Sonderge- tapferen Widerstand, den Österreicher dage- zeichnete Gedenktage als Marksteine der hi- richte wegen Desertion, Wehrdienstverwei- gen leisteten, wie Robert Bernardis, dem die storischen Entwicklung mit Relevanz für die gerung, Fahnenflucht, Hochverrat etc. durch Republik spät aber doch ein Denkmal gesetzt Zukunft. Es sei daher wichtig, das Jubi- einen demonstrativen Akt des Gesetzgebers habe. Auch Carl Szokoll wird am 6. April läumsjahr 2005 nicht als eine „Choreogra- aufzuheben. Als einen der vielen guten phie des Jubels“ zu sehen, sondern nach- denklich und lernbereit auf das Erreichte zurückzublicken. Das erfordere auch, in die dunkle Zeit der nationalsozialistischen Dik- tatur hinabzutauchen, als es ein Verbrechen war, sich Österreich als einen eigenen Staat zu wünschen, Jude zu sein oder eine auslän- dische Radiostation zu hören. Daher müßten wir nach den Menschen forschen, die ihren Glauben an andere Werte unter Gefahr ihres Lebens aufrecht erhalten und oft auch mit ihrem Leben und dem ihrer Angehörigen bezahlt haben. Zudem gelte es, jene in unse- re Rückbesinnung einzubeziehen, die die- sem Regime den Dienst verweigerten und gegen dieses Regime tätig wurden, den Widerstand in- und außerhalb Österreichs, Foto: Parlament / Gregor Zeitler Foto: Parlament / Gregor Zeitler den Widerstand in der Wehrmacht und den NR-Präsident Dr. Andreas Khol: »Das Widerstand des Gewissens. BP Dr. Heinz Fischer: »Der Mut dieser Jahr 2005 ist kein Jubeljahr, sondern Männer und Frauen, gegen das Un- ein Gedankenjahr« Warum so viele Jahre verstreichen mußten, rechtsregime des Nationalsozialismus bis angemessene Antworten auf Fragen nach aktiv zu werden, verdient Anerkennung« durch eine Geste geehrt, ein Hof in der Ros- dem militärischen und zivilen Widerstand sauerkaserne wird nach ihm benannt werden. gegeben wurden, sei schwierig zu beantwor- Gründe dafür nannte Fischer, daß der Aus- Papst Leo XIII. habe schon im 19. Jahrhun- ten. Der Übergang von einer so brutalen druck „Befreiungsamnestie“ auf einen Gna- dert die Frage nach dem Widerstandsrecht mit Diktatur wie der NS-Herrschaft zu einer de- denakt hinweise, der in diesem Zusammen- dem Satz beantwortet, der heute von allen mokratischen Mehrparteienrepublik sei ein hang unpassend sei, weil es nicht um Amne- akzeptiert wird: „Wenn aber die Staatsge- komplexes Ereignis mit Hunderttausenden stierung eines begangenen Unrechts, sondern setze sich offen gegen das göttliche Recht Einzelentscheidungen gewesen, die nach- um eine neue Sicht auf den Widerstand in auflehnen, dann ist Widerstand Pflicht“. träglich nicht einfach zu beurteilen seien. In der Hitler-Armee geht. Desertion aus der Im Rahmen der Eröffnung des Sympo- diesem Zusammenhang zitierte der Bundes- Hitler-Armee könne mit der Desertion aus sions begrüßte der Nationalratspräsident ne- präsident Solschenizyn, der einmal schrieb, der Armee eines demokratischen Staates ben den Referenten eine Reihe von promi- die Grenze zwischen gut und böse ginge oft nicht verglichen werden, hielt der Bundes- nenten Gästen, an der Spitze Bundespräsi- mitten durch das Herz ein und desselben Men- präsident fest. dent Dr. Heinz Fischer, dazu Bundeskanzler schen. So sei die Grenzziehung zwischen de- In seinen weiteren Ausführungen machte Dr. Wolfgang Schüssel, die Zweite National- nen, die trotz politischer Verfehlungen wie- der Bundespräsident darauf aufmerksam, ratspräsidentin Barbara Prammer, den ehema- der voll und ganz in unser demokratisches daß im Widerstand Menschen unterschied- ligen Ministerpräsidenten der Slowakei, Jan Gemeinwesen integriert werden konnten, lichster Wertehaltungen vereint waren, Carnogursky, die Bundesministerinnen Elisa- und jenen, wo das nicht hätte stattfinden dür- Kommunisten, Sozialdemokraten, Liberale, beth Gehrer und Dr. Ursula Plassnik, den fen, außerordentlich schwierig. Auf der an- Christdemokraten und Monarchisten. Sie Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes deren Seite haben sich nicht wenige bildeten zunächst nur eine kleine Min- Dr. Karl Korinek und den Präsidenten des Widerstandskämpfer nach 1945 nicht akzep- derheit, hatten später aber mehr Zulauf und Versöhnungsfonds, Ludwig Steiner. tiert und oft ausgegrenzt gefühlt oder sich wurden nach dem Fehlschlag des 20. Juli Die unter der wissenschaftlichen Leitung zumindest um eine Anerkennung ihrer 1944 mit besonderer Brutalität verfolgt. Der von Univ.-Prof. Dr. Stefan Karner stehende Tätigkeit im Widerstand gebracht gefühlt. Mut dieser Männer und Frauen, gegen das Veranstaltung wurde von der Politischen Viele, die Hab und Gut, Verwandte und Unrechtsregime des Nationalsozialismus Akademie der ÖVP, dem Karl Renner Freunde zurückgelassen haben, um in der aktiv zu werden, verdiene Anerkennung, Re- Institut, dem Dokumentationsarchiv des Emigration ihr Leben zu retten, haben nach spekt und dankbare Aufmerksamkeit, sagte österreichischen Widerstandes und der ka- dem Krieg vergeblich auf eine Einladung zur Bundespräsident Heinz Fischer und erinner- tholischen Kirche mit Unterstützung des Rückkehr in die alte Heimat gewartet. te seinerseits daran, daß den in der Moskauer Ludwig Boltzmann Instituts für Kriegs- Der Bundespräsident ging dann speziell Deklaration vom Oktober 1943 angespro- folgenforschung veranstaltet. auf die Gruppe der Deserteure aus der chenen eigenen Beitrag Österreichs zu seiner ÖSTERREICH JOURNAL NR. 30 / 07. 02. 2005 3 Innenpolitik Befreiung vor allem jene Österreicherinnen und Österreicher geleistet haben, die im Widerstand waren. Ihr Ziel, ein unabhängi- ges Österreich, ist Wirklichkeit geworden. Es sei daher gut und richtig, daß wir uns ge- rade heute, im Gedenkjahr 2005 auch zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus bekennen und damit beschäftigen, so Fischer. Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel stellte seinen Ausführungen zum Widerstand 1938 bis 1945 den Gedanken voran, Sich- Nicht-Erinnern würde heißen, vor der Ver- gangenheit zu fliehen und könnte bedeuten, Gegenwart und Zukunft zu verspielen. Im Mittelpunkt der Tagung, die gemeinsam von SPÖ und ÖVP unter aktiver Teilnahme der v.l.n.r.: NR-Präsident Dr Andreas Khol, BP Dr. Heinz Fischer, BK Dr. Wolfgang anderen Parteien veranstaltet werde, stehe Schüssel, Mag. Dr. Brigitte Bailer-Galanda vom Dokumentationsarchiv des öster- die Frage, was damals eigentlich geschehen reichischen Widerstandes, Dr. Stefan Karner, Leiter des Ludwig-Boltzmann- Instituts für Kriegsfolgen-Forschung in Graz, und Mag. Karl Duffek, Direktor des sei. In den ersten vier Monaten des Jahres Renner-Instituts Foto: Parlament / Gregor Zeitler 1945 habe das NS-Regime noch brutale Vergeltungsschläge gegen den Widerstand sten getragen, sagte Schüssel und hob insbe- Bundeskanzler und machte darauf aufmerk- geführt, sagte der Bundeskanzler und leitete sondere den Oberösterreicher Franz Jägerstät- sam, daß es nach 1945 wenig Haß und Rache