VERÖFFENTLICHUNGEN DES BRANDENBURGISCHEN LANDESHAUPTARCHIVS

Achim Beyer Die kurbrandenburgische Residenzenlandschaft im „langen 16. Jahrhundert“ Die kurbrandenburgischeDie Residenzenlandschaft Jahrhundert“ 16. im „langen

• Beyer Beyer

BWV • BERLINER WISSENSCHAFTS-VERLAG

Achim Beyer Die kurbrandenburgische Residenzenlandschaft im „langen 16. Jahrhundert“ VERÖFFENTLICHUNGEN DES BRANDENBURGISCHEN LANDESHAUPTARCHIVS

Begründet von Friedrich Beck Herausgegeben von Klaus Neitmann

Band 65 Achim Beyer

Die kurbrandenburgische Residenzenlandschaft im „langen 16. Jahrhundert“

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ISBN 978-3-8305-3247-7

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Vorwort 9

A. Einleitung 13 I. Untersuchungsgegenstand 13 II. Residenzbildung und Stadtgeschichte – ein historischer Abriss der Entwicklung des Cöllner Schlosses bis zum Um- und Neubau unter Joachim II. 19 III. Natur – Raum – Bewegung: Über die kurbrandenburgische Residenzenpraxis in der Frühneuzeit 29 IV. Magnifi zenz und dynastische Legitimation: Die Hohenzollern als Parvenues unter den Reichsfürsten 34

B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert 41 I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 41 1. Zur Quellenlage 41 2. Das Stadtschloss der Hohenzollern: eine Zwingburg? 44 3. Das Spreeschloss als Sitz des Fürsten 50 3.1 Das Schlossgebäude als exponierter Ort für die Pfl ege des dynastischen Gedächtnisses 50 3.2 Die räumliche Gestaltung und ihre erinnerungsstiftende Funktion 56 3.3. Der Fall Küstrin – ein knapper Exkurs 70 3.4 Kurfürstliche Grablege und Memoria 72 4. Das Spreeschloss als Sitz zentraler Verwaltungsinstitutionen 81 II. Zur Bautätigkeit der Hohenzollern außerhalb von Cölln-Berlin 88 1. Zum landesherrlichen Festungsbau als Ausdruck interdynastischen Konkurrenzdenkens 88 2. Die Landesfestung als Ort des fürstlichen Hofl agers und Zeichen höfi scher Repräsentation 96 3. Die kurfürstlichen Jagdhäuser in der Mark 103 3.1 Jagdrevier und Jagdhaus – Instrumente fürstlicher Autoritäts- und Herrschaftssicherung 105 6 Inhaltsverzeichnis

3.2 Das kurfürstliche Jagdhaus als Ort hoheitlichen und dynastischen Handelns 110 3.3 Die funktionale und räumliche Struktur der brandenburgischen Jagdhäuser 117 III. Die Ausstrahlung des kurfürstlichen Hofes auf die Adelssitze in der Mark 128 IV. Sächsischer Einfl uss und sächsisches Anspruchsniveau 138 V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 170 1. Der landesherrliche Hof 170 2. Der Alltag bei Hofe – Hierarchie und Zeremoniell 182 3. Die kurfürstliche Kammer 188 4. Die kurfürstlichen Räte 194 5. Die kurfürstliche Verwaltung in den brandenburgischen Landschaften 196 6. Die kurfürstliche Ämter- und Finanzverwaltung 199 7. Die märkische Gerichtsverfassung 204 7.1 Die Gerichtstage auf der Ratstube im Schloss 208 7.2 Das Konsistorium 210 8. Das märkische Ständewesen – Struktur, Kompetenz, Einfl uss und Grenzen 212 8.1 Zur ökonomischen Situation der Hohenzollern in der zweiten Hälfte des „langen 16. Jahrhunderts“ – ein Exkurs 217 8.2 Das „Ständische Kreditwerk“ 226 8.3 Das Interesse der Stände an der Schuldenpolitik des Fürsten 228 VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 232 1. Kurfürstlicher Hof und Residenzstadt 232 1.1 Zur materiellen Versorgung des Hofs 232 1.2 Die ökonomische Bedeutung des Amts Mühlenhof für die materielle Grundversorgung 234 1.3 Die Bedeutung der brandenburgischen Kaufherrenfamilien für die Basisversorgung des Hofes 239 1.4 Die Versorgung des Hofes mit Produkten gehobenen und höchsten Anspruchs 245 1.5 Beziehungen und Verfl echtungen zwischen Hofgesellschaft und Stadtbürgertum 255 Inhaltsverzeichnis 7

2. Kurfürstlicher Hof und lokale Herrschaft 261 2.1 Die politischen und ökonomischen Voraussetzungen im Verhältnis von Adel und Landesherr 261 2.2 Der Einfl uss der Cöllner Hofgesellschaft auf die Entwicklung der landschaftlich verfassten Ritterschaft 266 2.3 Zur Rolle und Bedeutung landfremder Amtsträger am Hofe und in der Landesverwaltung 271

C. Schlussbetrachtung 277

D. Quellen und Literatur 285 1. Ungedruckte Quellen 285 2. Gedruckte Quellen 286 3. Darstellungen 292

Ortsregister 357

Personenregister 363

Abbildungsnachweis 371

Abbildungen 373

Vorwort

„Reiseherrschaft“ und „Residenzherrschaft“ sind zwei zusammengehörige geschichts- wissenschaftliche Leitbegriffe, die in der Mittelalterforschung für die Beschreibung von unterschiedlichen Formen der Herrschaftsausübung entwickelt worden sind. Die „Reise- herrschaft“ ist von der deutschen Mediävistik vornehmlich für das hochmittelalterliche deutsche Königtum analysiert worden. Sie ging von der Beobachtung aus, dass die ka- rolingischen, ottonischen, salischen und staufi schen Herrscher ständig in ihrem weiten Reich umherritten, dass sie immer wieder dessen verschiedene Teile in mehr oder minder stark ausgeprägter Regelmäßigkeit aufsuchten und durchzogen, dass sie auf ihren Umzü- gen für ihre kurz- oder längerfristigen Aufenthalte einzelne Orte bevorzugten und an ih- nen hochrangige Regierungsakte vornahmen, dass sie durch ihr persönliches Erscheinen vor Ort ihre Autorität gegenüber Adel und Kirche zur Geltung brachten. Über das gesamte Reich waren die Königspfalzen verstreut, Wohnanlagen mit dazugehörigem Wirtschafts- betrieb, auf denen sie mit ihrer Begleitung für Tage oder allenfalls für wenige Wochen verweilten und ihren politischen Aufgaben nachgingen. Demgegenüber ist die „Residenz- herrschaft“ in Deutschland besonders für die spätmittelalterlichen Landesherrschaften un- tersucht worden. Seit dem 13./14. Jahrhundert konzentrierten sich die Fürsten allmählich auf wenige oder gar einen einzigen Mittelpunkt ihres Territoriums. Auf einigen oftmals mit Städten verbundenen Burgen oder in einem einzigen Schloss hielten sie sich nicht nur wochen-, sondern sogar monatelang auf, solche hochgeschätzten Sitze bauten sie zur dau- erhaften Bleibe ihrer Familie und ihres Hofes aus und regierten von diesen Punkten aus mit ihren dort entstehenden zentralen Verwaltungsbehörden ihr gesamtes Territorium. Das „Reich ohne Hauptstadt“ war von dem unaufhörlich in seinen Landen umherziehenden König gekennzeichnet gewesen, das „Territorium mit Residenz“ erlebte einen ortsansäs- sig gewordenen Landesherrn und einen lokalen Mittelpunkt seines politischen Lebens. Wie die genaue Betrachtung der Verhältnisse zeigt, dürfen die beiden Begriffe „Reise-“ und „Residenzherrschaft“ freilich nicht in aller Schärfe einander gegenüber- gestellt werden, ist etwa dem Irrtum vorzubeugen, die Reiseherrschaft kenne keine Mit- telpunkte. Die hochmittelalterlichen Pfalzen und sonstigen königlichen Aufenthaltsorte unterschieden sich in ihrem Rang, wie besonders den verschiedenartigen an ihnen wahr- genommenen Regierungshandlungen abzulesen ist, erheblich voneinander, einige ragten zumindest zeitweise unter ihnen merklich hervor. Auch die spätmittelalterlichen Fürsten wählten in vergleichbarer Weise vielfach mehrere Burgen für längerfristige Aufenthalte aus und wechselten zwischen ihnen, bis schließlich ein einziger Ort ein eindeutiges Über- gewicht gewonnen hatte. Die Reise- geht dann eindeutig in die Residenzherrschaft über, wenn der Landesherr vorwiegend an einem einzigen Ort verweilt, wenn er dorthin von seinen Reisen immer wieder zurückkehrt und seine (Zentral)Behörden dort dauerhaft ihre Arbeit verrichten. In manchen Fällen hat sich die Entscheidung zugunsten einer Residenz erst in einem langen und offenen Prozess herausgeschält, in anderen Fällen ist sie punk- tuell zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer bestimmten Lage getroffen worden. Als 10 Vorwort der Hochmeister des Deutschen Ordens nach dessen Vertreibung aus dem Heiligen Land 1309 in das größte von der Bruderschaft beherrschte Territorium, das Preußenland zwi- schen Weichsel und Memel, übersiedelte, erwählte er die Marienburg an der Nogat, eine einige Jahrzehnte zuvor erbaute Burg eines Ordenskonventes mit benachbarter Stadt, zu seinem „Haupthaus“, wie es in der Sprache der Quellen heißt, d.h. er bestimmte die Mari- enburg zu seinem Wohnsitz und seiner Arbeitsstätte, von hier aus lenkte er mit seinen ihn unterstützenden Brüdern die Geschicke des Staates. Als Kurfürst Friedrich II. von Bran- denburg in den 1440er Jahren den Widerstand der bedeutendsten Stadt seines Kurfürsten- tums, der Doppelstadt Berlin-Cölln, gegen seine Herrschaftsansprüche überwand, zwang er sie dazu, ihm am Stadtrand ein Grundstück zur Erbauung eines fürstlichen Schlosses abzutreten, das er und seine Nachfolger sowie ihr Hof und ihre Behörden fortan als erst- rangige Wirkungsstätte benutzten. Die Marienburg ebenso wie das Cöllner Stadtschloss wurden von ihren Herrschern über Generationen hinweg durch ihre architektonische Aus- gestaltung zu sichtbaren Zentren ihrer Territorien ausgestaltet. Die Entscheidung zuguns- ten einer Residenz ist nicht immer geräuschlos und ohne Widerspruch gefällt worden. Kurfürst Albrecht Achilles von Brandenburg ermahnte (ergebnislos) von Franken aus seinen ihn in der Mark Brandenburg als Statthalter vertretenden Sohn Johann Cicero mit wirtschaftlichen Überlegungen dazu, sein Hofl ager jeweils für ein Vierteljahr in einer der märkischen Einzellandschaften aufzuschlagen, da dessen wirtschaftliche Bedürfnisse aus dem jeweiligen Umland für einen begrenzten Zeitraum leicht befriedigt werden konnten; wenn das Hofl ager hingegen dauerhaft in Berlin-Cölln verbleibe, drohe es die seiner Ver- sorgung dienenden kurfürstlichen Besitzungen in seiner Umgebung auszusaugen. Es ist allerdings nachdrücklich hervorzuheben, dass die Landesherren auch nach der Herausbildung einer Residenz bzw. Residenzstadt ihre Umzüge durch ihr Land nicht voll- ständig eingestellt haben. Im Gegenteil: Trotz eines bestehenden Mittelpunktes nahmen ihre Umritte innerhalb ihrer Territorien weiterhin einen solchen Umfang an, dass man berechtigt ist, vom „Residenzherrscher unterwegs“ zu sprechen. Für die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts kann berechnet werden, dass der Hochmeister etwa 2/3 des Jahres in der Marienburg und dem dazugehörigen, ihm unmittelbar unterstellten Verwaltungsbezirk, der Komturei Marienburg, verbrachte, während er während des restlichen Drittels regel- mäßig nach einem erkennbaren Rhythmus die verschiedenen Landschaften seines Staates durchstreifte. Residenzherrschaft beinhaltet durchaus, dass der Herrscher die intensive Bereisung seines Herrschaftsgebietes fortführt; sie muss zu den konstitutiven Elementen seiner Herrschaftspraxis gezählt werden. Aus diesen grundsätzlichen Gegebenheiten fol- gen zahlreiche Fragen zum Verständnis und zur Deutung des Vorganges. Welche Aufent- haltsorte benutzt der Fürst auf seinen Reisen, wo nimmt er für sich und seine Umgebung Quartier? Wie sind seine Bleiben ausgestattet? Welche Tätigkeiten nimmt er an ihnen wahr? Wozu dienen überhaupt seine andauernden Umzüge, welche Bedeutung haben sie für seine Beziehungen zu seinen Untertanen? Die funktionale Analyse seiner Reisen und seiner Reisestationen legt offen, dass die „Hauptresidenz“ eines Territoriums durch „Ne- benresidenzen“ ergänzt wird, durch weitere landesherrliche Wirkungsstätten unterschied- lichen Gewichtes mit verschiedenartigen Zwecksetzungen. Die Residenzenforschung hat daher nicht nur die Entstehung der „großen“ Residenz innerhalb eines Territoriums zu Vorwort 11 untersuchen, sondern auch weitere fürstliche Wohnsitze in ihrer jeweiligen Qualität zu erfassen. So wird ihr Blick auf die gesamte „Residenzenlandschaft“ geweitet, kommt es ihr darauf an, deren Zusammensetzung und Gefüge zu erhellen, das Zusammenspiel von Herrschaftszentrale und Herrscherpräsenz in den verschiedenen Regionen des Territori- ums zu klären. Die nachfolgende Arbeit von Achim Beyer ist in die vorstehend ganz knapp skizzierte, seit langem mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Ansätzen verfolgte Forschungs- thematik einzuordnen. Sie untersucht das kurbrandenburgische Residenzenproblem vom späten 15. Jahrhundert bis zum Ausbruch des 30jährigen Krieges in einer Verbindung von großzügigem Überblick und ausgewählten Spezialfragen. Sie behandelt sowohl die „Hauptresidenz“ Berlin-Cölln als auch die weiteren, über die Mark Brandenburg ver- streuten „Nebenresidenzen“ unter Ausnutzung des methodischen und inhaltlichen In- strumentariums, das die in den letzten Jahrzehnten in Deutschland sehr rührige Residen- zen- und Hofforschung dazu bereitgestellt hat. Die Vorliebe des Verfassers gilt dabei den in ihrem jüngeren Zweig dominierenden kulturwissenschaftlichen Erkenntnisinteressen, der Erläuterung der Hofkultur und der höfi schen Zeichensysteme, mit denen eine Dynas- tie sich innerhalb des europäischenWettbewerbes der großen Geschlechter zur Legitimie- rung ihrer Ansprüche auf Größe und Ruhm darzustellen hatte. Die verfassungs- und ver- waltungsgeschichtlichen Felder, die die ältere brandenburg-preußische Historiographie gepfl egt hat, treten demgegenüber zurück, ohne dass sie mit ihren Anliegen überholt sind. Berliner Schloss und Berliner Hof haben wiederholt große Aufmerksamkeit auf sich ge- zogen, aber der kurfürstliche „Residenzherrscher unterwegs“ hat einen vergleichbaren Spürsinn noch nicht geweckt, so dass etwa eine wesentliche Aufgabe der Grundlagenfor- schung wie die Erarbeitung der landesherrlichen Itinerare (Reisewege) noch anzupacken ist oder Regierungspraxis und Verwaltungsalltag in der Arbeitsteilung zwischen dem im Lande umherreisenden, seine dortigen Nebenresidenzen aufsuchenden Kurfürsten einer- seits, den in der Hauptresidenz angesiedelten, ortsfest gewordenen Behörden andererseits noch zu erhellen sind. Es bleibt zu hoffen, dass zur weiteren Erforschung der kurbranden- burgischen Residenzlandschaft im Reformationszeitalter das reiche Erkenntnispotential der älteren borussischen Historikerschaft wiederaufgegriffen und fortgeführt wird, nach- dem Achim Beyer die Erkenntniswege der aktuellen kulturgeschichtlichen Forschungs- tendenzen dafür so fruchtbar genutzt hat.

Potsdam, im März 2014 Dr. Klaus Neitmann Direktor des Brandenburgischen Landeshauptarchivs

*** 12 Vorwort

Die vorliegende Studie wurde von der Philosophischen Fakultät der Universität Potsdam im Sommersemester 2011 als Dissertation angenommen. Für den Druck ist die Arbeit deutlich gekürzt, einzelne Kapitel überarbeitet beziehungsweise ergänzt worden. Betreut wurde sie von Herrn Prof. Dr. Peter-Michael Hahn. Für sein stetes Interesse, seine wertvollen fachkundigen wie kritischen Ratschläge und Hinweise und seine überaus menschliche Zuwendung danke ich ihm an dieser Stelle ausdrücklich. Mein Dank gilt ebenso Herrn Prof. Dr. Günther Lottes, der sich freundlicherweise be- reit erklärte, das Zweitgutachten zu übernehmen. Ausdrücklich danken möchte ich dem Direktor des Brandenburgischen Landeshaupt- archivs, Herrn PD Dr. Klaus Neitmann, für seine bereitwillige Aufnahme meiner Disser- tation in die Schriftenreihe des Brandenburgischen Landeshauptarchivs. Besonders zu Dank verpfl ichtet bin ich Sabine Prigge, die mir mit ihrem weiten reli- gions- und wirtschaftsgeschichtlichen Horizont jederzeit eine ebenso kritische wie kom- petente Gesprächspartnerin war sowie Herrn Prof. Dr. Frank Göse für seine kritische Lek- türe meiner Arbeit. Großer Dank gebührt zu guter Letzt meinem Freund und Kollegen Matthias Fisch- bach-Städing für seine uneigennützige und für mich unschätzbare technische Unterstüt- zung bei der Manuskriptgestaltung der Dissertationsfassung. Gewidmet ist diese Arbeit meiner Mutter sowie meiner Gala, die ihren Entstehungs- prozess über einen langen Zeitraum hinweg aufmerksam und stetig begleitet hat.

Bonn, im Winter 2013/2014 Achim Beyer A. Einleitung

I. Untersuchungsgegenstand

Die Geschichte der Höfe und Residenzen in spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Zeit erfreut sich seit gut zwei Dezennien eines regen Forschungsinteresses1. Eine ganze Reihe von Studien zu Residenzorten inner- und außerhalb des Alten Reiches verdanken sich diesem erfreulichen Umstand2. Zumeist in interdisziplinärer Betrachtungsweise fragen viele dieser Arbeiten über den engeren Kreis der kunst- und baugeschichtlichen Untersuchung des einzelnen Residenz- schlosses hinaus verstärkt nach dessen funktionaler und zeichenhafter Komponente. Im Zentrum einer Reihe von Untersuchungen steht insbesondere die herrschaftliche, admi- nistrative, repräsentative, aber auch die soziale und ökonomische Aufgabe, die das jewei- lige Hofl ager zu erfüllen hatte. Für die kurbrandenburgische Residenzenlandschaft fehlte es bislang an einer solchen umfassenden Darstellung. Insbesondere die Forschungen zur Geschichte des Hohenzol- lernschlosses zu Cölln an der Spree blieben weitestgehend eine Domäne der Bau- und Kunstgeschichte3. Die interdisziplinäre Untersuchung der funktionalen Seite der Resi-

1 Vgl. Patze, Hans: Die Bildung der landesherrlichen Residenzen im Reich während des 14. Jahrhun- derts, in: Rausch, W. (Hg.): Stadt und Stadtherr im 14. Jahrhundert. Entwicklung und Funktionen, Linz 1972, S. 1 – 54; ferner ders./Streich, Gerhard: Die landesherrlichen Residenzen im spätmittel- alterlichen Deutschen Reich, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 118 (1982), S. 205 – 220; Rösener, Werner: Artikel „Hof“, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 5, München 1991, Sp. 66 – 67; Hahn, Peter-Michael: Höfe und Residenzen des reichischen Adels im Heiligen Römischen Reich im 17. und 18. Jahrhundert: Der Obersächsische Reichskreis, in: Zivot na dvorech barokní slechty (1600 – 1750) (=Opera Historica 5), 1 (1996), S. 65 – 90; Schlögl, Rudolf: Der frühneuzeitliche Hof als Kommunikationsraum. Interaktionstheoretische Perspektiven der Forschung, in: Becker, Frank (Hg.): Geschichte und Systemtheorie. Exemplarische Fallstudien (= Campus Historische Studien; Bd. 37), a.M./New York 2004, S. 185 – 225. 2 Vgl. hierzu etwa Paravicini, Werner: Die Residenzen der Herzöge von Burgund 1363 – 1477, in: Patze, Hans (Hg.): Fürstliche Residenzen, Sigmaringen 1991, S. 107 – 163; ferner Kasten, Bernd: Residenzen und Hofhaltungen der Herzöge von Jülich im 15. und beginnenden 16. Jahrhundert, in: Busse, G. W. (Hg.): Burg und Schloß als Lebensort in Mittelalter und Renaissance (Studia huma- niora. Düsseldorfer Studien zu Mittelalter und Renaissance, Bd. 26), Düsseldorf 1995, S. 35 – 82; Winterling, Aloys: Der Hof der Kurfürsten zu Köln 1688 – 1794. Eine Fallstudie zur Bedeutung „ab- solutistischer“ Hofhaltung, Bonn 1986; Scholz, Michael: Residenz, Hof und Verwaltung der Erzbi- schöfe von Magdeburg in Halle in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, Sigmaringen 1998; Stuth, Steffen: Höfe und Residenzen. Untersuchungen zu den Höfen der Herzöge von Mecklenburg im 16. und 17. Jahrhundert (Quellen und Studien aus den Landesarchiven Mecklenburg-Vorpommerns, Bd. 4), Bremen-Rostock 2001. 3 Hierzu grundlegend: Geyer, Albert: Geschichte des Schlosses zu Berlin, Bd. 1: Die kurfürstliche Zeit bis zum Jahre 1698, Berlin 1936, 2. Aufl . Berlin 1993; ferner Dohme, Robert: Das Königliche Schloß in Berlin. Eine baugeschichtliche Studie, Leipzig 1876; Peschken, Goerd/Klünner, Hans- Werner: Das Berliner Schloß, unter Mitarbeit von Fritz-Eugen Keller und Thilo Eggeling, Frank- furt am Main-Berlin-Wien 1982; Wiesinger, Liselotte: Das Berliner Schloß. Von der kurfürstlichen Residenz zum Königsschloß, Darmstadt 1989; Peschken, Goerd: Das königliche Schloß zu Berlin, 14 A. Einleitung denzenlandschaft bildete – abgesehen von einer Reihe von Spezialstudien zu einzelnen speziellen Themenfeldern4 – ein Forschungsdesiderat, das es für das gesamte 16. Jahr- hundert zu schließen galt. Außerhalb des Gesichtskreises der kurbrandenburgischen Residenzenforschung stan- den darüber hinaus die kurbrandenburgischen Jagdhäuser und Landesfestungen, an denen der brandenburgische Landesfürst, wie zu zeigen sein wird, regelmäßig und vielfach über einen längeren Zeitraum hinweg Hof hielt und von wo aus er Herrschaft ausübte. Eine Untersuchung dieser Herrschaftsbauten und ihre Einordnung in die kurbrandenburgische Residenzkultur stand bislang ebenfalls aus. Die vorliegende Studie verfolgt mithin die Absicht, in interdisziplinärem Zugriff für das „lange 16. Jahrhundert“ die kurbrandenburgische Residenzenlandschaft auf ihre be- stimmenden Funktionsmerkmale hin zu untersuchen. Hierzu schöpft der Verfasser nicht zuletzt aus dem reichen Bestand der gedruckten wie ungedruckten Quellen. Neben den Beständen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs zu Potsdam haben sich diejenigen des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz für alle Fragen, die kurbrandenbur- gische Hofkultur betreffend, als besonders ergiebig erwiesen. Nicht zuletzt auch dank der reichen Materialbasis, auf die sich noch die ältere schloss- historische Literatur stützen konnte, wird vor allem das Schloss der Hohenzollern zu Cölln an der Spree als ein Ort politischer, wirtschaftlicher, religiöser und kultureller Zentralität sicht- und greifbar. Das Hofl ager der Hohenzollern entwickelte sich über das „lange 16. Jahrhundert“ hinweg und mit zunehmender Verschriftlichung zu einem „Zen- trum politischer Strukturen vormoderner Prägung“ (W. Neugebauer), die es genauer zu untersuchen und in ihrem konkreten politisch-sozialen Funktionszusammenhang zu ver- orten gilt5. In diesem Zusammenhang interessieren namentlich folgende Fragen: Welche Bedeutung spielte der Hof für die Eliten der Mark, vor allem für den einheimischen Adel, das städtische Bürgertum sowie für ausländische Funktionseliten? Welche Aufstiegschan-

Bd. 1: Die Baugeschichte von 1688 – 1701 mit Nachträgen zur Baugeschichte des Schlosses seit 1442. Beiträge von Hans Junecke und Erich Konter, München 1992. 4 So etwa von Neugebauer, Wolfgang: Residenz-Verwaltung-Repräsentation. Das Berliner Schloß und seine historischen Funktionen vom 15. bis zum 20. Jahrhundert, Potsdam 1999; ders.: Resi- denzenpraxis und Politik in Kurbrandenburg im 16. Jahrhundert, in: JbLG 51 (2000), S. 124 – 138; Hahn, Peter-Michael: Die Hofhaltung der Hohenzollern. Der Kampf um Anerkennung, in: Bahners, Patrick/Roellecke, Gerd (Hg.): Preußische Stile. Ein Staat als Kunststück, Stuttgart 2001, S. 73 – 89; Ribbe, Wolfgang (Hg.): Schloß und Schloßbezirk in der Mitte , Berlin 2005. 5 Vgl. hierzu grundlegend Elias, Norbert: Die höfi sche Gesellschaft. Untersuchungen zur Soziologie des Königtums und der höfi schen Aristokratie, 6. Aufl ., Frankfurt/Main 1992; Kruedener, Jürgen Freiherr von: Die Rolle des Hofes im Absolutismus, Stuttgart 1973; Bauer, Volker: Die höfi sche Gesellschaft in Deutschland von der Mitte des 17. bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts. Versuch einer Typologie, Tübingen 1993, S. 23 – 25. – Für Brandenburg-Preußen einschlägige Untersuchun- gen, die sich diesem Ansatz verpfl ichtet fühlen, beschäftigen sich namentlich mit der dortigen Resi- denzkultur im 17. und 18. Jahrhundert. Vgl. dazu Kunisch, Johannes: Funktion und Ausbau der kur- fürstlich-königlichen Residenzen in Brandenburg-Preußen im Zeitalter des Absolutismus, in: FBPG N.F. 3 (1993), S. 167 – 192; ders.: Hofkultur und höfi sche Gesellschaft in Brandenburg-Preußen im Zeitalter des Absolutismus, in: Buck, August (Hg.): Europäische Hofkultur im 16. und 17. Jahrhun- dert, 3 Bde., Hamburg 1981, hier Bd. 3, S. 735 – 744. I. Untersuchungsgegenstand 15 cen und politischen Partizipationsmöglichkeiten bot ihnen der kurbrandenburgische Hof? In welchem Verhältnis standen die Landstände zur Residenz der brandenburgischen Kur- fürsten? Waren die über die Mark verstreuten Hofl ager der Hohenzollern Orte zur Aus- bildung eines „persönlichen Regiments“? Gab es einen Zusammenhang zwischen dem wachsenden Repräsentationsbedarf und den von Johann Cicero bis Johann Sigismund mehr oder weniger ausgeprägten (reichs-)politischen Aktivitäten? Inwieweit hatte der Ausbau von Schloss und Hofl eben seit 1536/37 über die persönlichen Neigungen des Mo- narchen hinaus auch eine politische Funktion, inwiefern war eine solche vom Landesfürs- ten überhaupt intendiert? Inwieweit war der Ausbau des Hofes wichtig für Stellung im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation? Darf man beim Ausbau der kurbrandenburgischen Residenzenlandschaft im „langen 16. Jahrhundert“ von einem In- strument zur Integration für Dynastie und alten Landesfamilien sprechen? Inwiefern ver- mochte also der Ausbau des Hofes und der Hofkultur die herrschaftlichen Beziehungen zwischen den Landsassen und dem kurfürstlichen Hause zu intensivieren? Soweit sich quellenmäßig überblicken lässt, handelte es sich bei dem Hof der Hohen- zollern um einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor für die Doppelstadt Cölln-Berlin und deren Umland. Von dieser These ausgehend, müssen folgende Fragen geklärt werden6: Welche Auswirkungen zeitigte der Neu-, Um- und Ausbau des Cöllner Schlosses wie des gesamten Residenzengefüges in ökonomischer Hinsicht? Wie sahen die fi nanziellen und personellen Beziehungen zwischen Hof und städtischem Bürgertum bzw. zwischen Hof und Adel, insbesondere dem Landadel, aus? Wie gestaltete sich die wirtschaftliche Ver- sorgung des Hofes in einer Zeit naturalwirtschaftlicher Prägung? Welche Folgen zeitigte die notorische „Schuldenwirtschaft“ der brandenburgischen Kurfürsten in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung generell und zum einheimischen Adel und städtischen Bür- gertum speziell? Welche Wirkung übte die fürstliche Misswirtschaft auf den entstehenden territorialen Kreditmarkt, und welche längerfristige Entwicklung des Gütermarktes ging davon aus? Nachzugehen sein wird aber auch der Funktion des sogenannten Statuskon- sums, der auch am kurbrandenburgischen Hof zu beobachten ist. Welche Funktion kam der öffentlichen Zurschaustellung von Wohlstand bei der Markierung und Dokumentie- rung der sozialen Rangposition innerhalb der höfi schen Gesellschaft zu?7 Weiterhin wird nach der Rolle der Konfessionalisierung und der damit verbundenen Säkularisierung von Klostergütern in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht zu fragen sein sowie nach der Bedeutung der personalen Konstellationen innerhalb der Hofstaats- gesellschaft generell8 wie für die Entwicklung des ritterschaftlichen Besitzes in der Mark Brandenburg im Besonderen. In welchem Verhältnis standen am Hofe erworbener indi- vidueller Reichtum, persönlicher Status und politische Macht? Wie prägnant war der Zu-

6 Zur höfi schen Wirtschaftsgesinnung vgl. mit weiterführender Literatur: Bauer, Volker: a.a.O., S. 10 – 13; ferner Winterling, Aloys: Der Hof der Kurfürsten von Köln 1688 – 1794, S. 8 ff. 7 Hierzu grundlegend Veblen, Thorsten: The Theory of the Leisure Class, New York 1899; Müller, Rainer A.: Der Fürstenhof in der Frühen Neuzeit, München 1995, S. 92 – 94. 8 Hierzu Müller, Rainer A.: a.a.O., S. 98; Bauer, Volker: a.a.O., S. 25 f.; Schlögl, Rudolf: Der früh- neuzeitliche Hof als Kommunikationsraum, S. 185 – 225. 16 A. Einleitung sammenhang zwischen Hoftätigkeit und Gütererwerb? In welchem Umfange entschieden materielle Ausstattung und „Hofnähe“ über mentale Ausrichtung und Lebensstil von Adel und städtischem Bürgertum? Lässt sich bereits für das 16. Jahrhundert von einer kulturel- len Hegemonie der Hofgesellschaft über die lokale Adelsgesellschaft sprechen?9 Namentlich unter Kurfürst Joachim II. fand der Prozess der Residenzbildung nicht nur durch den Ausbau des Cöllner Schlosses seinen vorläufi gen Abschluss; seit 1536 war das Schloss auch Grablege der Hohenzollern. Damit wuchs Hof und Schloss auch eine neue Funktion als geistliches Zentrum zu, von dem so bis dahin keine Rede sein konnte. Verstärkend wirkte in dieser Hinsicht die Reformation, deren Durchsetzung am Hofe wie in der gesamten Mark von den brandenburgischen Kurfürsten bis zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges betrieben wurde. In diesem Zusammenhang sind folgende Fra- gestellungen von Interesse: Inwiefern ist es berechtigt, bereits seit der Zeit um die Mitte des 16. Jahrhunderts vom Schloss als von einem Ort kirchlich-religiöser Zentralität zu sprechen? Lässt sich die Strahlkraft der am und im Schloss angesiedelten geistlichen In- stanzen auf die Mark Brandenburg und ihre Bewohner bestimmen? Existierte ein kon- fessionell determiniertes personales Netzwerk, mittels dessen kirchlich-religiöse, lands- mannschaftliche und professionelle Rekrutierungsmuster zu bestimmen sind, welche die Struktur des Hofes prägten? Welche Rolle spielte der konfessionelle Faktor im Alltag des Hofes, insbesondere bei der Freundes- und Gattenwahl?10 Es ist bekannt, dass das Kammergericht seit 1516 seinen Sitz in einem Turm an der Dominikanerkirche, also unmittelbar dem Schlosskomplex angelagert, hatte. Mithin tritt uns die Cöllnische Residenz seit diesem Zeitpunkt in ihrer rechtlichen Funktionskom- ponente entgegen. Aus den Hofordnungen dieser Zeit lässt sich darüber hinaus deutlich ihr administratives Nutzungsprofi l erkennen. Von einer „ordnung der rethe“ ist dort die Rede, in der die Stunden des Dienstbeginns ebenso geregelt werden wie das Prozedere bei Audienzen. Deuten diese Ausführungen somit auf einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Schlossausbau und Ausbau des administrativen Apparates hin? Was bedeutet überhaupt Aufbau und Entwicklung von landesherrschaftlichen Strukturen unter den spe- zifi schen Bedingungen der „Vormoderne“? Ist dem Schlosskomplex als Sitz der Verwal- tung sowie der zentralen juristischen Instanzen in und für die Kurmark Brandenburg ein die landesfürstliche Herrschaft sichernder Charakter zuzusprechen? Immerhin mussten sich die schlossgesessenen Geschlechter, zwar befreit von der Rechtsprechung der obers- ten Gerichte der einzelnen Landesteile, so etwa dem uckermärkischen oder altmärkischen Quartalsgericht, vor dem Landesherrn bzw. dem Kammergericht verantworten.

9 Hierzu jüngst Beyer, Achim: Die Religionspolitik der Hohenzollern im 16. Jahrhundert: Zwischen Autonomie und Abhängigkeit, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 148 (2012), S. 239–275. 10 Zum Patronageansatz vgl. insbes. Press, Volker: Patronat und Klientel im Heiligen Römischen Reich, in: Maczak, Antoni (Hg.): Klientelsysteme im Europa der Frühen Neuzeit (Schriften des Historischen Kollegs Bd. 9), München 1988, S. 19 – 47, bes. S. 35 ff.; Moraw, Peter: Über Patrone und Klienten im Heiligen Römischen Reich des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit, in: Maczak, Antoni (Hg.): a.a.O., S. 1 – 18, bes. S. 11 ff. I. Untersuchungsgegenstand 17

Die Cöllner Residenz war von ihrem Selbstverständnis her nicht zuletzt auch ein kul- tureller Ort; er war gedacht als ein Ort der Repräsentation und der Darstellung und Ver- kündigung von Status und Magnifi zenz. Dem trug nicht nur die Schlossarchitektur in ihrer visuell-symbolischen Zeichenhaftigkeit Rechnung, die es somit selbstredend präzise zu analysieren und historisch-politisch im europäischen Kontext zu verorten gilt. Im Schloss zu Cölln an der Spree sahen Bewohner wie Besucher im großen Saal des Renaissance- baus Bilder von Lucas Cranach d.J., es fanden namentlich unter Kurfürst Johann Georg aufwendige Hoffeste statt. Auf der 1538 angelegten „Stechbahn“ vor dem Kaspar-Theiß- Bau wurden nach Maßgabe des fi nanziell Möglichen festliche Turniere veranstaltet. Zur Unterhaltung der Gesellschaft sowie zur Generierung von dynastischer Reputation inner- halb und außerhalb des Hofes wurden Feuerwerke, Schlittenfahrten und Wettrennen in- szeniert. Das kurfürstliche Selbstverständnis, vor allem in Verbindung mit der Schlossar- chitektur, zu analysieren, gehört also zweifellos zu den zentralen Aufgaben dieser Arbeit. Zu untersuchen ist auch der Vorbildcharakter der kurbrandenburgischen Residenzenland- schaft und in diesem Zusammenhang die Nachahmung der Hofkultur durch Landadel und städtisches Bürgertum. Es wird zu untersuchen sein, welche zeichenhafte Wirkung vom Hof auf den landsässigen Adel und das städtische Bürgertum – gerade auch in architekto- nischer Hinsicht – ausging. Darüber hinaus ist nach den zeremonialen Aspekten des Hof- lebens, im Alltag ebenso wie bei festlichen Anlässen, etwa bei Audienzen als politischer Kontaktpfl ege mit Gesandtschaften ausländischer Höfe oder bei Fürstentreffen, und ihrer politischen Bedeutung zu fragen. Die Zahl der Pferde, mit denen jemand eingeholt wurde, die Zahl und der Rang des Hofpersonals, die Anzahl der Salutschüsse, die Pracht und Ma- gnifi zenz der Räume und deren Ausstattung, die Anzahl der Gänge und die Qualität wie Quantität der Speisen, die Zahl und der Rang der Dienerschaft u.a.m. wird uns zu interes- sieren haben, da sich darin die beanspruchte beziehungsweise tatsächliche Bedeutsamkeit des Fürsten und seiner Familie dokumentierte und manifestierte. Denn: Im zeremoniellen Zeichensystem wurden dessen politische wie dynastische Geltungsansprüche im inter- wie innerhöfi schen Konkurrenzkampf für jedermann sicht- und lesbar. Für das kurbran- denburgische Territorium im „langen 16. Jahrhundert“ noch weitestgehend unbekannt sind ferner die Zusammenhänge zwischen den gewählten Formen der Visualisierung von Herrschaft, hier insbesondere Schlossarchitektur und Schlossausstattung in Cölln-Berlin, und deren politischer Funktion. Inwieweit konnte und musste der erhöhte Reprä sen ta- tions be darf am Hofe der brandenburgischen Kurfürsten dieser Epoche als wichtig für die außen- und innenpolitische Stellung der Mark Bandenburg betrachtet werden? Insbeson- dere den neueren kultursemiotischen Ansätzen der Kulturgeschichte verpfl ichtet11, misst die vorliegende Studie namentlich der Kunst und hier vor allem der Architektur emi- nente politische Bedeutung bei. Das Bemühen, die außerordentlich verlockenden und pu- blikumswirksamen Möglichkeiten dieser visuellen „Symbol- und Bedeutungsträger“ im Sinne einer gezielten dynastischen Propaganda zu dechiffrieren, entspricht ganz diesem

11 Dinges, Martin: Neue Kulturgeschichte, in: Eibach, Joachim/Lottes, Günther (Hg.): Kompass der Geschichtswissenschaft. Ein Handbuch, Göttingen 2002, S. 179 ff.; zur Kultursemiotik insbes. S. 188 ff. 18 A. Einleitung

Ansatz, der davon ausgeht, dass Macht und Herrschaft für den Menschen der Frühneuzeit zu einem nicht geringen Teil auf ihrer bloßen Sichtbarmachung beruhten. Die Kunst ent- wickelte sich mithin zur Fortsetzung der Politik mit anderen Mittel, um ein recht einpräg- sames, von Heinz Duchhardt abgewandeltes Clausewitz-Zitat zu bemühen12. Dieses Dik- tum gilt nicht erst für die Zeit um 1700. Vorformen eines solchen Verständnisses fi nden sich schon im späten Mittelalter. Die Untersuchung der im kurbrandenburgischen Hofl a- ger verwendeten Medien wie etwa Medaillen, Münzen, Porträts, Inschriften, Grablegen u.a.m. wird diesen Tatbestand erweisen und zeigen, wie mit solchen propagandistischen Mitteln Machtansprüche innerhalb und außerhalb der höfi schen Öffentlichkeit Alteuropas in zeichenhafter Weise prätendiert und visualisiert wurden13. Insofern bedarf es der Un- tersuchung der Zeichensprache höfi scher Repräsentation im „langen 16. Jahrhundert“ auf deren politische und soziale Botschaft hin14. Die Funktion der Repräsentation im Rahmen der landesherrlichen Politik sowie ihre Ausstrahlung auf das Territorium wie auch auf die Beziehungen zu auswärtigen kulturellen Zentren spielen hier eine bedeutende Rolle. Der Rezeption kultureller außermärkischer Standards durch die Hohenzollern wird in diesem Kontext genauer nachzugehen sein. Bislang von der Forschung so gut wie vernachlässigt wurde bedauerlicherweise auch die vergleichende Betrachtung des Cöllner Hofes etwa mit benachbarten und konkurrie- renden Höfen. Eine ausgewogene und gerechte Einordnung und Bewertung der kurbran- denburgischen Hofkultur wurde auf diese Weise, beabsichtigt oder unbeabsichtigt, ver- hindert. Vor dem Hintergrund des Kampfes der Hohenzollern um rang- und statusmäßige interdynastische Anerkennung im Alten Reich verdient dieser Aspekt, namentlich in sei- nem Verhältnis zum sächsischen Nachbarn und unter Herausarbeitung und besonderer Berücksichtigung des engen fi nanzpolitischen Spielraums der Hohenzollern, jedoch be- sonderer Beachtung. Nicht unerheblich war auch das für heutige Zeitgenossen kaum nachvollziehbare, ganz andersartige Raumempfi nden. Gerade mit Blick auf die Bereitschaft der Menschen, Kulturgüter zu erwerben oder Leitvorstellungen und kulturelle Muster zu rezipieren,

12 Duchhardt, Heinz: Anspruch und Architektur: Das Beispiel Berlin, in: FBPG N.F. 1 (1991), S. 31 – 52, hier S. 31; so auch bezüglich des Verhältnisses von Habsburgern und Bourbonen im 17. Jahrhundert Polleross, F.B.: „Sonnenkönig und Österreichische Sonne“, in: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte 40 (1987), S. 239 – 256, hier S. 239; Burke, Peter: Ludwig XIV. Die Inszenierung des Sonnenkönigs, 3. Aufl ., Berlin 2009, S. 212. 13 Vgl. Stollberg-Rilinger: Berichte und Kritik. Zeremoniell, Ritual, Symbol. Neue Forschungen zur symbolischen Kommunikation in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, in: ZHF 27 (2000), Heft 3, S. 389 ff.; ferner Althoff, Gerd/Siep, Ludwig: Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur französischen Revolution. Der neue Münsterer Sonderfor- schungsbereich 496, in: Frühmittelalterliche Studien, Jahrbuch des Instituts der Frühmittelalterfor- schung der Universität Münster 34 (2000), S. 393 ff.; Hahn, Peter-Michael/Schütte, Ulrich: Thesen zur Rekonstruktion höfi scher Zeichensysteme in der Frühen Neuzeit, in: Mitteilungen der Residen- zen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 13 (2003), Nr. 2, S. 19 – 47. 14 Vgl. hierzu grundlegend Elias, Norbert: Die höfi sche Gesellschaft. Untersuchungen zur Soziologie des Königtums und der höfi schen Aristokratie, 6. Aufl ., Frankfurt/Main 1992; Stollberg-Rilinger, Barbara: Höfi sche Öffentlichkeit. Zur zeremoniellen Selbstdarstellung des brandenburgischen Ho- fes vor dem europäischen Publikum, in: FBPG N.F. 7 (1997), S. 145 – 176. II. Residenzbildung und Stadtgeschichte 19

zeitigte die naturräumliche Dimension erhebliche Auswirkungen. Die naturräumliche Gliederung der Mark Brandenburg trug erheblich dazu bei, die soziale und kulturelle, aber auch die politische „Blickrichtung“ der einzelnen Landschaften und ihrer Bewohner zu kanalisieren und zu begrenzen. Es stellt sich somit die Frage, wie hoch die Integrati- onsfähigkeit des Hofes angesichts der räumlichen Distanzen und Barrieren zu veranschla- gen ist. Eine genauere Untersuchung der Plazierung der Schlösser der Herrscherfamilie außerhalb der Haupt- und Residenzstadt sowie eine räumliche Untersuchung des Güterer- werbs der Höfl inge könnte in diesem Zusammenhang aufschlussreich sein. Nicht zuletzt in Verbindung mit der Ausbildung „staatlicher“ Strukturen in spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Zeit verdient die naturräumliche Dimension größere Aufmerksamkeit.

II. Residenzbildung und Stadtgeschichte – ein historischer Abriss der Entwicklung des Cöllner Schlosses bis zum Um- und Neubau unter Joachim II.

Residenzbildung und Stadtgeschichte gehören untrennbar zusammen. Ihr Verhältnis zu- einander ist das zwischen Konfl ikt und Symbiose15. Dieser Befund der Residenzenfor- schung erweist sich auch mit Blick auf die Beziehung zwischen der Doppelstadt Berlin- Cölln und dem markgräfl ich-kurfürstlichen Schlossbau als zutreffend16. Am Anfang jedoch waren die Städte Berlin und Cölln17. Die Doppelstadt, in zentra- ler und verkehrsgeographisch günstiger Lage zwischen Havel und Spree sowie im Kno-

15 Müller, Rainer A.: Der Fürstenhof in der Frühen Neuzeit (= Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 33), München 1995, S. 94 ff.; Neitmann, Klaus: Was ist eine Residenz? Methodische Überle- gungen zur Erforschung der spätmittelalterlichen Residenzbildung, in: Johanek, Peter (Hg.): Vor- träge und Forschungen zur Residenzenfrage (= Residenzenforschung, Bd. 1), Sigmaringen 1990, S. 11 – 43; Moraw, Peter: Was war eine Residenz im Spätmittelalter?, in: Zeitschrift für Historische Forschung 18 (1991), S. 461 – 468; Hirsch, Volker: Nochmals: Was war eine Residenz im späten Mittelalter?, in: Mitteilungen der Residenzen-Kommission 13,1 (2003) S. 16 – 22; Müller, Matthias: Spätmittelalterliches Fürstentum im Spiegel der Architektur. Überlegungen zu den repräsentativen Aufgaben landesherrlicher Schlossbauten um 1500 im Alten Reich, in: Nolte, Cordula u.a. (Hg.): Principes. Dynastien und Höfe im spätmittelalterlichen Reich, Sigmaringen 2002, S. 107 – 145; Hahn, Peter-Michael: Residenzbildung und Hofgesellschaft in Brandenburg und Preußen vom Ende des 15. bis zum Ausgang des 17. Jahrhunderts, in: Ribbe, Wolfgang (Hg.): Schloß und Schloßbezirk in der Mitte Berlins, Berlin 2005, S. 45 – 57. 16 Müller-Mertens, Eckhard: Die landesherrliche Residenz in Berlin und Kölln 1280 – 1486. Mark- grafenhof, Herrschaftsschwerpunkt, Residenzstadt, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 36,2 (1988), S. 138 – 154. 17 Zur Geschichte der Doppelstadt: Schich, Winfried: Die Entstehung Berlins. Die mittelalterliche Stadt, in: Geschichte Berlins von den Anfängen bis 1945, Berlin 1987; neuerdings Ribbe, Wolf- gang: Berlin als brandenburgisch-preußische Residenz und Hauptstadt Preußens und des Reiches, in: Neugebauer, Wolfgang (Hg.): Handbuch der Preussischen Geschichte, Bd. 1: Das 17. und 18. Jahrhundert und Große Themen der Geschichte Preußens, Berlin 2009, S. 933 – 1123, hier bes. S. 948 – 964 [§2: Vorstufen und Herausbildung der Residenz Berlin/Cölln bis zum Ausgang des Mit- telalters]. 20 A. Einleitung tenpunkt der bedeutenden Nord-Süd-Fernstraße18, die die Spree über den Mühlendamm querte, entwickelte sich seit dem 13. Jahrhundert rasch zu einer wirtschaftlich prosperie- renden Handels- und Hansestadt19 mit weit verzweigten Fernhandelsbeziehungen20. Es handelte sich um zwei voll ausgebildete Bürgerstädte, deren kommunale Autono- mie in der Phase der Schwäche der landesherrlichen Gewalt erkämpft worden war und sie zu einem wichtigen politischen Faktor in der Markgrafschaft machte. Ausdruck die- ser politischen Führungsrolle Berlins im 14. Jahrhundert waren beispielsweise die Zu- sammentreffen der Stände in Berlin. Im Auftrag des Landesherrn und auf Forderung der Stände rief der Berliner Rat Ständeversammlungen nach Berlin. Selbst die Markgrafen wandten sich in wittelsbachischer Zeit an die Ratmannen von Berlin und Cölln in Landes- angelegenheiten. Als „caput“ und Versammlungsort der märkischen Städte beanspruchte Berlin auch zeitweise die Führungsrolle in den diversen Städtebünden, die sich je nach den herrschenden Machtverhältnissen mal gegen den Landesherrn, mal gegen den mär- kischen Adel wandten21. Schon in askanischer Zeit erkannten die brandenburgischen Markgrafen die Bedeu- tung der Stadt und bedienten sich ihrer als Instrument markgräfl icher Territorialpolitik. Aufgaben der Landesverteidigung wuchsen der Doppelstadt zu; gleichzeitig galt sie in Ermangelung einer landesherrlichen Burg immer wieder als Ort der markgräfl ichen Hof- haltung im Rahmen der Reiseherrschaft. Hof hielt der Landesherr in der 1261 erstmals erwähnten „aula“ in Berlin, dem späte- ren „Hohen Haus“ beim Franziskanerkloster in der Berliner Klosterstraße unmittelbar an

18 Diese Fernstraße verband den bedeutenden Handels- und Messeplatz Leipzig mit den Oderüber- gängen. Die üblichen Verkehrswege von Oberdeutschland nach Norden und Nordosten waren: a) Leipzig – Düben – Treuenbrietzen – Berlin – Stettin und Danzig, b) Augsburg – Nürnberg – Leipzig – Köthen – Magdeburg – Ülzen – Lüneburg – Hamburg und Lübeck beziehungsweise c) Leipzig – Halle – Aschersleben – Braunschweig – Bremen. Vgl. dazu Köster, Gerhard: Die Entwicklung der nordostdeutschen Verkehrsstraßen bis 1800, in: FBPG 48 (1936), S. 120 – 145; Heller, H.: Die Handelswege Innerdeutschlands im 16., 17. und 18. Jahrhundert und ihre Bezie- hungen zu Leipzig (= Neues Archiv für sächsische Geschichte und Altertumskunde, Bd. 5), Dres- den 1884, S. 6, 28 f.; ferner: Borrmann, Richard: Die Bau- und Kunstdenkmäler von Berlin, Berlin 1893 [Nachdruck als Beiheft 8 der „Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin“, Berlin 1982], s.v. Mühlendamm, S. 394. 19 Näheres vgl. Schich, Winfried: Das mittelalterliche Berlin (1237 – 1411), in: Ribbe, Wolfgang (Hg.): Geschichte Berlins, Bd. 1, 2. Aufl ., München 1988, S. 137 – 248; Schulz, Knut: Vom Herrschafts- antritt der Hohenzollern bis zum Ausbruch des dreißigjährigen Krieges (1411/12 – 1618), in: Ribbe, Wolfgang (Hg.): Geschichte Berlins, Bd. 1: Von der Frühgeschichte bis zur Industrialisierung, 2. durchges. Aufl ., München 1988, S. 251 – 340. 20 Ribbe, Wolfgang: Cölln bei Berlin. Die topographische und stadtgeschichtliche Entwicklung der Spree-Insel im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, in: Engel, Helmut/Haspel, Jörg/Ribbe, Wolf- gang (Hg.): Geschichtswerkstatt Spree-Insel, Berlin 1998, S. 73 – 86, bes. S. 74. 21 Priebatsch, Felix: Die Hohenzollern und die Städte der Mark im 15. Jahrhundert (= Die deutschen Städte im Kampfe mit der Fürstengewalt, Bd. 1), Berlin 1892; Schulz, Knut: Vom Herrschaftsan- tritt der Hohenzollern, S. 254 – 273; Böcker, Heidelore: Die Festigung der Landesherrschaft durch die hohenzollernschen Kurfürsten und der Ausbau der Mark zum fürstlichen Territorialstaat wäh- rend des 15. Jahrhunderts, in: Materna, Ingo/Ribbe, Wolfgang (Hg.): Brandenburgische Geschichte, Berlin 1995, S. 169 – 230. II. Residenzbildung und Stadtgeschichte 21 der Stadtmauer22. Markgräfl iche Herrschafts- und städtische Autonomieansprüche exis- tierten lange Zeit erstaunlich friedlich nebeneinander. Dies galt für das Verhältnis zwi- schen Stadt und Hof in askanischer Zeit ebenso wie in wittelsbachischer und luxembur- gischer. Erst mit dem Eintritt der Hohenzollern im Jahre 1411 in die Landesherrschaft änderte sich dies grundlegend. Im Zuge des im Laufe des 15. Jahrhunderts voranschrei- tenden Prozesses der Territorialisierung erfolgten gezielte Angriffe auf die städtische Au- tonomie. Ein erster des Hohenzollernschen Statthalters Johann Alchimist richtete sich 1428/32 gegen Frankfurt an der Oder23. Kurze Zeit später traf es auch Berlin-Cölln als das Haupt der Markgrafschaft24. Unter bewusster Ausnutzung eines innerstädtischen Konfl ikts zwischen patrizischem Rat und städtischer Opposition verlangte Kurfürst Friedrich II. die Auslieferung der Stadtschlüssel für die Tore beider Städte durch Bürgermeister und Rat25. Vorwand für diesen gezielten Eingriff in die städtischen Autonomierechte war ein Hilfeer- suchen der beiden streitenden Parteien an den im „Hohen Haus“ Hof haltenden Kurfürs- ten. Im Vergleich der beiden Städte vom 26. Februar 1442, bei dem der Kurfürst die Rolle des Schiedsrichters übernommen hatte, wurde die gerade einmal zehn Jahre zuvor ge- schlossene formale Vereinigung zwischen Berlin und Cölln kraft landesherrlicher Gewalt wieder aufgelöst und Bündnisse der Städte innerhalb und außerhalb der Mark untersagt. Das Bündnisverbot zielte in erster Linie auf die Hanse mit Lübeck und Hamburg. Statt des vormals gemeinsamen Rathauses auf der die beiden Städte verbindenden Langen Brücke erhielt jede Stadt wieder ihren eigenen Rat. Weiterhin bestimmte der Vertrag von nun an ein landesfürstliches Bestätigungsrecht für die jährlich neu zu wählenden Räte. Ih- nen waren die Stadtschlüssel beider Städte unter der Bedingung auszuhändigen, dass der Landesherr jederzeit ein Verfügungsrecht über die Schlösser und Schlüssel zu den Toren der Doppelstadt besaß26. Der im Vergleich vom 26. Februar 1442 erstmals deutlich doku-

22 Dazu insbesondere Ahrens, Karl-Heinz: Residenz und Herrschaft. Studien zu Herrschaftsorganisa- tion, Herrschaftspraxis und Residenzbildung der Markgrafen von Brandenburg im späten Mittel- alter (= Europäische Hochschulschriften, Reihe III, Bd. 427), Frankfurt am Main 1990, S. 19 – 88 sowie Müller-Mertens, Eckhard: Die landesherrliche Residenz, S. 138 – 154. Zum Hohen Haus: Kohte, Julius: Das Hohe Haus in Berlin. Ein Beitrag zur Baugeschichte Berlins im Mittelalter, in: FBPG 48 (1936), S. 146 – 163; Klünner, Hans-Werner: Vom Hohen Haus zur „Burg“ Kurfürst Fried- rich II., in: Peschken, Goerd/Klünner, Hans-Werner: Das Berliner Schloß, unter Mitarbeit von Fritz- Eugen Keller und Thilo Eggeling, Frankfurt am Main-Berlin-Wien 1982, S. 11 – 19. 23 Riedel, CDB, A XXIII, Nr. 240, S. 192 ff.; CDB, A XXIV, S. 314; vgl. ferner Priebatsch, Felix: Die Hohenzollern und die Städte, S. 62 ff.; Schulz, Knut: Vom Herrschaftsantritt der Hohenzollern, S. 257 – 260, bes. S. 258 u. 259. – Im Jahre 1496 verlor Frankfurt an der Oder die Freiheit der Rats- wahl und das Oberste Gericht; seitdem musste die Stadt wieder Urbede entrichten. 24 Schulz, Knut: a.a.O., S. 260 ff. 25 Schulz, Knut: a.a.O., S. 264. 26 GStA PK, I.HA, Rep. 78, Nr. 9, fol. 256; Voigt, Ferdinand/Fidicin, Ernst (Bearb.): Urkunden-Buch zur Berlinischen Chronik, Berlin 1880, S. 379, Nr. 95: „Sy hebben ok (...) syner gnaden dy slotele van allen doren van beyden steden Berlin und Colen oever geantwertt, dy forder na syner und syner herschopp und der benanten stede notdorff to bestellen, und ok eynen anderen Rath to kesen und to setten, des syne gnade gantzen macht und vullen gewaltt hebben schoelde.“ Vgl. ferner Ribbe, Wolfgang: Cölln bei Berlin, S. 73 – 86, bes. S. 76 f. sowie Schich, Winfried: Anlage und Funktion des Schlosses und des Schloßbezirks in Mittelalter und Renaissance, in: Ribbe, Wolfgang (Hg.): Schloß und Schloßbezirk in der Mitte Berlins. Das Zentrum der Stadt als politischer und gesell- 22 A. Einleitung mentierte landesfürstliche Anspruch auf die volle Verfügungsgewalt über „seine“ Stadt muss darüber hinaus als Teil eines größeren Entwicklungsprozesses im 15. Jahrhundert gelesen werden. In ihm spiegelt sich der Anspruch auf die Konstituierung territorialstaat- licher Gewalt im Landesfürstentum. Die Entscheidung des zweiten hohenzollernschen Kurfürsten zum Schlossbau visualisiert diesen Anspruch gleichsam mit den Mitteln der Architektur. Im Cöllner Schlossbau wird dieser Anspruch auf politisch-„staatliche“ Zen- tralisation im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit gleichsam Stein27. Diesen Paradig- menwechsel in Herrschaftsanspruch und Herrschaftspraxis haben schon die Zeitgenossen empfunden. Albert Krantz, der Chronist der stolzen Hamburger Hansestadt, interpre- tierte den Schlossbau zu Recht als „fraenum antiquae libertatis“28. Müller-Mertens deu- tete die Entscheidung zum Schlossbau als einen ersten Schritt der Entwicklung Berlins zur Haupt- und Residenzstadt des Kurfürstentums Brandenburg29. Vollends evident wird die Bedeutung des Schlossbaus vor dem Hintergrund des ins- gesamt achtjährigen Widerstands der Doppelstadt gegen die Verträge von 1442. Bereits im August 1442, also ein halbes Jahr später, gelang Friedrich II. mit der gewaltsamen Besetzung und Unterwerfung Berlin-Cöllns eine wichtige Vorentscheidung im Kampf zwischen kurfürstlichem Herrschafts- und städtischem Autonomieanspruch. Der für die Geschichte des Schlossbaus so wichtige zweite Vergleich vom 29. August 1442 diktierte die Unterwerfung der Bürgerschaft unter den Willen des Markgrafen30 sowie die zwangs- weise Abtretung eines Baugrundstücks für den geplanten Bau eines Schlosses. Der Rat der Stadt trat zu diesem Zweck das Spreeinsel-Gelände zwischen Dominikanerkloster, Langer Brücke, Fluss und Stadtmauer, und zwar unter Einbeziehung des nördlichen Ab- schnitts der Cöllner Stadtmauer, ab. In den Worten der damaligen Zeit wird der Bauplatz folgendermaßen beschrieben: „von dem Closter predecker ordens, den ordt von der Clos-

schaftlicher Ort (= Publikationen der Historischen Kommission zu Berlin), Berlin 2005, S. 25 – 44, hier S. 28. 27 Zum Schlossbau: Borrmann, Richard: Die Bau- und Kunstdenkmäler, S. 258 – 301; Geyer, Albert: Geschichte des Schlosses zu Berlin, Bd. 1: Die kurfürstliche Zeit bis zum Jahre 1698, [T. 1]: Der Text; [T. 2]: Die Bilder, Berlin 1936; Peschken, Goerd/Klünner, Hans-Werner (Hg.): Das Berliner Schloß. Das klassische Berlin, Frankfurt am Main-Wien-Berlin 1982; Wiesinger, Liselotte: Das Berliner Schloß. Von der kurfürstlichen Residenz zum Königsschloß, Darmstadt 1989; Peschken, Goerd: Das königliche Schloß zu Berlin, Bd. 1: Die Baugeschichte von 1688 – 1701 mit Nachträgen zur Baugeschichte des Schlosses seit 1442, Berlin 1992; Neugebauer, Wolfgang: Residenz-Verwal- tung-Repräsentation. Das Berliner Schloß und seine historischen Funktionen vom 15. bis zum 20. Jahrhundert (= Kleine Schriftenreihe der Historischen Kommission zu Berlin, H. 1), Potsdam 1999; Schich, Winfried: Anlage und Funktion des Schlosses und des Schloßbezirks in Mittelalter und Re- naissance, in: Ribbe, Wolfgang (Hg.): Schloß und Schloßbezirk in der Mitte Berlins. Das Zentrum der Stadt als politischer und gesellschaftlicher Ort (= Publikationen der Historischen Kommission zu Berlin), Berlin 2005, S. 25 – 44. 28 Krantz, Albert: Wandalia, Köln 1519, lib. XII, cap.10. 29 Zur Unterscheidung von Residenz und Hauptstadt: Neitmann, Klaus: Was ist eine Residenz?, S. 11 – 43; Moraw, Peter: Was war eine Residenz im Spätmittelalter?, S. 461 – 468; Hirsch, Volker: Nochmals: Was war eine Residenz im späten Mittelalter?, S. 16 – 22. 30 Voigt, Ferdinand/Fidicin, Ernst (Bearb.): Urkunden-Buch zur Berlinischen Chronik, Berlin 1880, S. 382, Nr. 98. II. Residenzbildung und Stadtgeschichte 23 ter porten na der langen brugge wente an die Sprew, dy Sprew langes nedder wente an dy stattmure, wes in dem orde und winkele begrepen is, und dartho den Werder, dy an dem orde over dye stattmure und over dy graven wente an dy Sprewe lyt; dartho dy Stattmure von der Sprew wente gegen dat Closter und dy Closter mure langes wente an dy statt mu- ren, mit tormen wigkhuseren und graven“.31 Am 18. März 1443 erwarb Friedrich II. zu- sätzlich ein den Äbten von Lehnin gehörendes Grundstück, das sich wahrscheinlich zwi- schen Dominikanerkloster und Mühlengraben befunden hat32. Ferner musste die Doppelstadt das vormals gemeinsame Rathaus „up der Sprew“ nun endgültig an den Kurfürsten abtreten. Bezeichnenderweise fand dort, ganz im Sinne der Entwicklung der Doppelstadt von der freien Stadtgemeinde zur Fürstenstadt33, das lan- desfürstliche Hofgericht seinen Sitz. Am 31. Juli 1442 wurde die Grundsteinlegung zum Schlossbau, und zwar in Anwesenheit des Kurfürsten, gefeiert34: „Nach gots geburt Tau- send virhundert unnd im dreyundvirczigstenn Jarenn an sand Peters abennd ad vincula zu vespertzeyt wurd der Erste stein gelegt am newenn Sloß zu Cöln, und tet mein gnediger herre Marggrave Fridrich kürfürste etc. mit seiner eigen handt.“35 Als letzten verzweifelten Angriff auf die landesherrlichen Territorialisierungs- und Zentralisierungsbemühungen muss der „Berliner Unwille“ gewertet werden36. Den Bür- gern der Doppelstadt gelang es zwar im Jahre 1448, das „Hohe Haus“ zu stürmen, in die dortige Kanzlei einzudringen, wichtige Schriftstücke zu vernichten sowie in Cölln das für den Bau des neuen Schlossgrabens errichtete Stauwehr zu zerstören und so den Schloss- bau unter Wasser zu setzen, aber die Tatsache, dass das Schloss bereits gut zwei Jahre spä- ter bezugsfertig war, erweist diesen Unwillen als aussichtsloses Nachhutgefecht. Denn: Noch im selben Jahr wurde ein Vertrag mit dem Schieferdecker Bertold aus Dassleben

31 Urkunde vom 29. August 1442, in: Voigt, Ferdinand/Fidicin, Ernst (Bearb.): a.a.O., S. 382, Nr. 98. 32 Voigt, Ferdinand/Fidicin, Ernst (Bearb.): a.a.O., S. 385 f., Nr. 106. 33 Vgl. Wiese-Schorn, Luise: Von der autonomen zur beauftragten Selbstverwaltung. Die Integration der deutschen Stadt in den Territorialstaat am Beispiel der Verwaltungsgeschichte von Osnabrück und Göttingen in der frühen Neuzeit, in: Osnabrücker Mitteilungen 82 (1976), S. 29 – 59; Ahrens, Karl-Heinz: Die Verfassung der Stadt Berlin im Mittelalter, in: Bürger-Bauer-Edelmann. Berlin im Mittelalter, hrsg. vom Museum für Vor- und Frühgeschichte Berlin, Berlin 1987, S. 72 – 93, bes. S. 92. 34 Schulz, Kurt: Residenzstadt und Gesellschaft vom Hoch- zum Spätmittelalter, in: Funk, Klaus/Jans- sen, Wilhelm (Hg.): Territorium und Residenz am Niederrhein (= Klever Archiv, Bd. 14), Kleve 1993, S. 211 – 227. 35 Kopiareintrag mitgeteilt bei Voigt, Ferdinand/Fidicin, Ernst (Hg.): a.a.O., S. 388, Nr. 112. Ferner in: Ledebur, Leopold von (Hg.): Allgemeines Archiv für die Geschichtskunde des Preußischen Staates 2 (1830), S. 350 ff. 36 Näheres dazu bei: Kaeber, Ernst: Der „Berliner Unwille“ und seine Vorgeschichte (1929), in: ders.: Beiträge zur Berliner Geschichte. Ausgewählte Aufsätze (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, Bd. 14), bearb. von Werner Vogel, Berlin 1964, S. 60 – 118; Müller-Mer- tens, Eckhard: Zur Städtepolitik der ersten märkischen Hohenzollern und zum Berliner Unwillen, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 4 (1956), S. 525 – 545; Neumeister, Peter: Persönlichkei- ten des „Berliner Unwillens“ 1447/48. Die Familie Reiche, in: Berlin in Geschichte und Gegen- wart. Jahrbuch des Landesarchivs Berlin 1994, S. 41 – 59; Schulz, Knut: Vom Herrschaftsantritt der Hohenzollern, S. 264; Böcker, Heidelore: Die Festigung der Landesherrschaft, S. 169 – 230, hier S. 184 – 188. 24 A. Einleitung zur Eindeckung des Schlossneubaues abgeschlossen37; Anfang 1451 siedelte der Hof von Berlin nach Cölln um; am 12. März 1451 urkundete Friedrich II. erstmalig in seinem neuen Residenzschloss38; am 15. Dezember 1451 überließ er das „Hohe Haus“ seinem Kammermeister Ritter Georg von Waldenfels sowie den gegenüberliegenden Wirtschafts- hof seinem Küchenmeister Ulrich Zeuschel zu Burglehen. Insbesondere letzterer Schritt macht deutlich, wie sicher sich Friedrich seines kurfürstlichen Herrschaftsanspruchs mitt- lerweile gewesen sein muss. Dass er diese Gebäude in der Klosterstraße als Freihäuser und Burglehen seinen beiden höchsten höfi schen Amtsträgern überantwortete, und zwar mit der ausdrücklichen Erklärung, das „neue Schloss“ zu „handhaben, schützen, bewa- chen, helffen wehren“39, spricht keineswegs gegen diese Annahme, sondern belegt viel- mehr die nun qua landesherrlicher Gewalt und nicht mehr städtischer Autonomie vorge- nommene Vereinigung der Doppelstadt. Gerade die Verknüpfung der „Burglehen“ in der „alten Burg“ zu Berlin mit dem „Schloss“, der „neuen Burg“ in Cölln – darin ist Winfried Schich uneingeschränkt zuzustimmen40 – dokumentiert den Prozess der Residenzbildung. Allerdings schloss dieser keineswegs aus, dass noch bis weit ins 16. Jahrhundert hinein das bereits unter den wittelsbachischen und luxemburgischen Markgrafen als Residenz dienende Tangermünde auf regionaler Basis seine politische und administrative Funktion bewahren konnte, und zwar nicht nur als (Sommer-)Residenz des Landesherrn, sondern darüber hinaus als Ort der Rechtspfl ege und des landesherrlichen Archivs41. Offensicht- lich bedeutete der Bau des Spreeinselschlosses keineswegs das abrupte Ende der Reise- herrschaft zugunsten der Ortsstabilität42. Auch weiterhin zog der Kurfürst mit seinem Hof durch die Lande. Tangermünde war noch lange ein Residenzort neben anderen. Dem im gesamten Alten Reich zu beobachtenden Prozess der Territorialisierung und der damit verbundenen bürokratischen Zentralisation43 trug der brandenburgische Lan- desherr in seinen Landen insofern Rechnung, als er den Auf- und Ausbau alter und neuer landesherrlicher Institutionen in seiner Residenzstadt und insbesondere im neuen Schloss-

37 Vgl. Raumer, Georg Wilhelm von (Hrsg.): Codex diplomaticus Brandenburgensis Continuatus. Sammlung ungedruckter Urkunden zur Brandenburgischen Geschichte, T. 1, Berlin-Stettin-Elbing 1831, Nr. 74, S. 216. 38 Noch am 19. Februar 1451 urkundet Friedrich II. im „Hohen Haus“ in der Klosterstraße. Vgl. dazu Voigt, Ferdinand/Fidicin, Ernst (Bearb.): a.a.O., S. 418, Nr. 180 und S. 419 f., Nr. 182; ferner Lede- bur, Leopold von (Hg.): Archiv für die Geschichtskunde des Preußischen Staates 2 (1830), S. 351. 39 Voigt, Ferdinand/Fidicin, Ernst (Bearb.): a.a.O., S. 421 – 423, Nr. 184 und 185, bes. S. 422. 40 Schich, Winfried: Anlage und Funktion des Schlosses, S. 30. 41 Vgl. zum Tangermünder Hofgericht Holtze, Friedrich: Geschichte des Kammergerichts in Branden- burg-Preußen, 1. Tl., Berlin 1890, S. 96 f.; ferner Schapper, Gerhard: Die Hofordnung von 1470 und die Verwaltung am Berliner Hofe zur Zeit Kurfürst Albrechts im historischen Zusammenhange behandelt, Leipzig 1912, S. 74 f., 280 – 282. 42 Zur mittelalterlichen Praxis der Reiseherrschaft: Fey, Hans-Joachim: Reise und Herrschaft der Markgrafen von Brandenburg (1134 – 1319) (= Mitteldeutsche Forschungen, Bd. 84), Köln/Wien 1981; Ahrens, Karl-Heinz: Residenz und Herrschaft, bes. S. 19 – 88. Vgl. für den wettinischen Raum: Streich, Brigitte: Zwischen Reiseherrschaft und Residenzbildung. Der Wettinische Hof im späten Mittelalter, Köln 1989. 43 Vgl. Näf, Werner: Frühformen „des modernen Staates“ im Spätmittelalter, in: Hofmann, H. H.: Die Entstehung des modernen souveränen Staates, Köln, Berlin 1967, S. 110 f. II. Residenzbildung und Stadtgeschichte 25 komplex forcierte. Diese auch in der Mark zu beobachtende Tendenz zur Intensivierung landesfürstlicher Herrschaft erstreckte sich auf alle zentralen Felder des gesellschaftli- chen Lebens. Diese Expansion landesherrlichen Herrschaftsanspruches galt nicht allein für das Feld von Politik und Verwaltung. Im fi nanzwirtschaftlichen Bereich fand sie sich ebenso wie in dem der Rechtsprechung oder der geistlichen Angelegenheiten44. Ganz auf dieser Linie lag der Umzug seiner Kanzlei vom „Hohen Haus“ in Berlin ins Cöllner Schloss45. Dieser erfolgte unmittelbar nach Fertigstellung des Schlosses. Und ebenso konsequent ist es, das Schloss beziehungsweise den Schlossbezirk zum Ort höchstrichterlicher Rechtsprechung zu erheben, indem der Kurfürst das einstige gemein- same Rathaus der Städte Berlin und Cölln auf der Langen Brücke „vor dem Schloss“ zum Sitz des obersten Hofrichters, also eines kurfürstlichen Amtsträgers, bestimmte46. Das kurfürstliche Kammergericht und das Gericht der Räte hatten seit 1470 ihren Sitz im Schloss47 ebenso das zentrale kurfürstliche Archiv48 und die zentrale Kasse49. Die Nieder- lassung der Hofrentei mit dem Hofrentmeister an der Spitze dokumentierte sichtbar die Tendenz zur wirtschaftlichen Zentralisierung50.

44 Zu diesem Themenkomplex beispielhaft: Fried, P.: „Modernstaatliche Entwicklungstendenzen im bayrischen Ständestaat des Spätmittelalters. Ein methodischer Versuch, in: Patze, Hans (Hg.): Der deutsche Territorialstaat im 14. Jahrhundert, Bd. 2 (= Vorträge und Forschungen, Bd. 14), Sigma- ringen 1971, S. 301 ff. 45 Kohte, Julius: Das Hohe Haus in Berlin, S. 146 – 163; Klünner, Hans-Werner: Vom Hohen Haus zur „Burg“, S. 11 – 19. 46 Ahrens, Karl-Heinz: Residenz und Herrschaft, S. 157 f. In einer kurfürstlichen Urkunde von etwa 1450 lesen wir: „... unnser oberste Hoffgericht In unnsern Landen der Nuwen Margk zu Brandem- borg, das wir ytzund her gein Coln vor unnser Slos gelegt haben, mit sampt dem schriber Ampt des- selben hoffgerichts und allen zugehorungen, rechten und gerechtickeiten“. 47 Vgl. Holtze, Friedrich: Geschichte des Kammergerichts, S. 94 – 97; Koller, Heinrich: Zur Funktion des Schlosses an der Wende zur Neuzeit, in: Ludwig, Peter (Hg.), Festschrift für Hermann Fillitz (= Aachener Kunstblätter, Bd. 60), Köln 1994, S. 343 – 346. Notwendiger Funktionsbestandteil des Schlosses an der Schwelle zur Neuzeit war Koller zufolge die überregionale Gerichtsstätte. 48 Vgl. Klinkenborg, Melle: Geschichte des Geheimen Staatsarchivs zu Berlin, Abt. 1 (= Mitteilungen der K. Preussischen Archivverwaltung, Heft 18), Leipzig 1911. 49 Vgl. Ahrens, Karl-Heinz, Residenz und Herrschaft, S. 152, 164 f.; Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion des brandenburgischen Adels im 16. Jahrhundert (= Historische und Pädagogische Stu- dien, Bd. 9), Berlin 1979, S. 141 – 160; Schich, Winfried: Anlage und Funktion des Schlosses, S. 32. 50 Schapper, Gerhard: Die Hofordnung von 1470, S. 107 ff., 112, 117; Neugebauer, Wolfgang: Resi- denz-Verwaltung-Repräsentation, S. 14. 26 A. Einleitung

Die Neigung zur geistlichen Zentralisierung51 wiederum wird deutlich in der Aufwer- tung der Erasmuskapelle im Schloss52 zum geistlichen Institut. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Beharrlichkeit und Umsicht, mit der der Kurfürst dieses Ziel Schritt für Schritt verfolgte. Mit päpstlicher und bischöfl icher Genehmigung ließ Friedrich II. 1451 die Schlosskapelle zur Parochialkirche mit Tauf- und Begräbnisrecht erheben und bestellte – sozusagen als ein weiteres Band zwischen Berlin und Cölln – den Berliner Propst, Franz Steger, zum Pfarrer der Schlosskapelle in Cölln53. Der Aufwertung seines neuen Residenzkomplexes54 diente auch der Um- und Ausbau der ursprünglich kleinen Kapelle55. Bis dahin wohl nur aus einem vor der Apsis liegenden Raum und einem Vor- raum bestehend, wurde sie nun um einen neuen langgestreckten Chor erweitert56. Darüber hinaus wissen wir von der überaus reichen Ausstattung der Erasmuskapelle mit Kirchen- schätzen und Reliquien, die unter anderem auch aus Kirchen und Klöstern der Mark – wohl nicht immer freiwillig – ins Schloss an der Spree überführt wurden57. Von dem

51 Zum landesherrlichen Kirchenregiment allgemein vgl. Hartung, Fritz: Deutsche Verfassungsge- schichte vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart, 9. Aufl ., Stuttgart 1969, S. 70; Willoweit, Die- ter: Das landesherrliche Kirchenregiment, in: Jeserich, K.G.A./Pohl, H./ Unruh, G. Chr. von (Hg.): Deutsche Verfassungsgeschichte 1, Stuttgart 1983, S. 361 – 369; Heckel, J.: Cura religionis, Ius in sacra, Ius circa sacra, in: Kirchenrechtliche Abhandlungen 117/118 (1938), S. 224 – 298 (ND: Li- belli 49, Darmstadt 1962); Liermann, H.: Untersuchungen zum Sakralrecht des protestantischen Herrschers, in: ZSRG KA 30 (1941), S. 311 – 383; Hashagen, Justus: Staat und Kirche vor der Re- formation, Essen 1931, S. 427 ff.; vgl. zum vorreformatorischen landesherrlichen Kirchenregiment in der Mark Brandenburg vor allem Hahn, Peter-Michael: Kirchenschutz und Landesherrschaft in der Mark Brandenburg im späten 15. und frühen 16. Jahrhundert, in: Jahrbuch für Geschichte Mit- tel- und Ostdeutschlands 28 (1979), S. 179 – 220. 52 Zur Schlosskapelle als unverzichtbarem Funktionsbestandteil eines neuzeitlichen Schlosses: Schock, Werner (Hg.): Burg- und Schloßkapellen (= Veröffentlichungen der Deutschen Burgen- vereinigung e.V., Reihe B. Schriften, Bd. 3), Stuttgart 1995; Streich, Gerhard: Palastkapellen mit- teldeutscher Bischöfe während des Mittelalters. Herrschaftsrepräsentation und Patrozinienwahl, in: Schmidt, Roderich (Hg.): Mitteldeutsche Bistümer im Spätmittelalter, Lüneburg 1988, S. 115 – 153. 53 Geyer, Albert: Geschichte des Schlosses, S. 16. Dazu vor allem Wagner, Friedrich: Die älteste Geschichte des Domes und Domstiftes zu Kölln-Berlin, in: Hohenzollern-Jahrbuch 8 (1904), S. 37 – 59. 54 Neugebauer spricht in diesem Zusammenhang von einem „überlokal-geistlich[en] Funktionsmerk- mal“. Vgl. dazu Neugebauer, Wolfgang: Residenz-Verwaltung-Repräsentation, S. 15. 55 Zur Aufwertung der Cöllner Schlosskapelle vgl. u.a. Streich, Gerhard: Burg und Kirche wäh- rend des deutschen Mittelalters. Untersuchungen zur Sakraltopographie von Pfalzen, Burgen und Herrensitzen (= Vorträge und Forschungen Sonderband 29), Sigmaringen 1984, S. 343 – 362 und 483 – 489; ferner Patze, Hans/Paravicini, Werner (Hg.): Fürstliche Residenzen im spätmittelalterli- chen Europa (=Vorträge und Forschungen 36), Sigmaringen 1991, S. 480 ff. 56 Wiesinger, Liselotte: Das Berliner Schloß, S. 10. – Dem landesfürstlichen Anspruch auf die Aus- stattung des weltlichen Herrschaftssitzes mit sakraler Zentralität im engeren Sinne waren seitens der Hohenzollern enge Grenzen gesetzt, genügte das kulturelle Kapital der Mark Brandenburg doch in keiner Weise den eigenen Ansprüchen. Mangels einheimischer Fachkräfte musste etwa der Bau- meister Claus Sandow aus dem anhaltinischen Zerbst nach Cölln geholt werden, um den Chorbau ins Werk zu setzen. Dieses Phänomen insbesondere kultureller Abhängigkeit der Mark und ihrer Dynastie von ausländischen Ressourcen begegnet uns bis weit ins 17. Jahrhundert hinein. 57 Vgl. Tacke, Andreas: Der Reliquienschatz der Berlin-Cöllner Stiftskirche des Kurfürsten Joa- chim II. von Brandenburg. Ein Beitrag zur Reformationsgeschichte, in: Jahrbuch für Berlin-Bran- denburgische Kirchengeschichte 57 (1989), S. 125 – 236. II. Residenzbildung und Stadtgeschichte 27

Splendor des von den Hohenzollern zusammengetragenen Reliquienschatzes schwärmte noch um 1590 der märkische Chronist Nicolaus Leutinger (1547 – 1612) mit den Worten: „Vix alibi tantum sacrorum apparatum tantamque magnifi centiam eorum invenias. Sta- tuas Christi et Mariae ex solido auro et gemmis pretiosissimis apostolorum omnium et sanctorum ex argento videre licet. Caerimoniae, quarum adhuc observantissima est, sic ta- men ut purati Evangelii suus constet honos et reverentia, non nisi vasis et materiis maximi pretii peraguntur. Res sacratae, quarum usus est in ejusmodi negotiis, omnes auro insig- nes sunt in argento, ornamenta templi at aulaea autem purpurea, quae singularia sunt, et cum quavis regia magnifi centia certant, non nisi diebus festis aut illustri Principis pompa proferuntur. Campanae et rhopala stupendae sunt admirationis.“ („Kaum anderswo fi n- det man eine so große Ausstattung von Heiligtümern und eine so große Pracht derselben. Man kann die Statuen Christi und der Maria aus gediegenem und kostbarsten Edel- steinen sehen, die Statuen aller Apostel und der Heiligen aus Silber. Die Zeremonien, die bis heute auf das sorgfältigste beobachtet werden, so jedoch, dass des gereinigten Evange- liums Ehre und Achtung besteht, werden nur mit Gefäßen und Stoffen von größtem Wert verrichtet. Die geweihten, bei derartigen Handlungen in Gebrauch befi ndlichen Gegen- stände sind alle in Silber gefertigt und mit Gold überzogen, der Schmuck des Domes so- wie die purpurnen Behänge aber, die ganz besonderer Art sind und mit jeder königlichen Pracht wetteifern, werden nur an Festtagen oder bei außerordentlicher Prachtentfaltung des Fürsten gebraucht. Die Glocken und Klöppel sind von staunenswerter Größe.“)58 Und der österreichische Vizekanzler Erwin von Ulm anerkannte, versehen mit einer leichten Spitze bezüglich der Herkunft der Reliquiensammlung: „ein gar ansehnlicher Schatz in dem Dom zu Cöln an der Spree aus allen stiftern und Klöstern zusammengeklaubt (...), so dem zu Rom und Venedig, auch S. Denys in Frankreich nicht viel zuvor giebt“59. Andererseits sind die für denselben Zeitraum quellenmäßig belegten massiven Schwierigkeiten bekannt, die es 1537 hinsichtlich der Ausstattung des Glockenturms mit einem kunstvollen Geläut zu überwinden galt. Nicht nur musste eigens ein Experte aus dem fernen Lothringen in die Mark geholt werden, um die gewünschte Glocke von beson- deren Ausmaßen gießen zu lassen. Offensichtlich fehlte es auch an den dementsprechen- den Produktionsstätten beziehungsweise mangelte es an dem notwendigen „Know how“ zu deren Herstellung in der näheren Umgebung. Zudem wurden eine Reihe märkischer Städte – möglicherweise Ausdruck ökonomischer Schwäche und technologischer Rück- ständigkeit zugleich – gegen Herabsetzung von Zöllen, Steuern und anderer Vergünsti- gungen genötigt, ihre Glocken abzutreten. Die prunkvollen Heiltümer, die Friedrich II. 1455 für seine Vermittlertätigkeit im Streit zwischen dem Deutschen Orden und der pol-

58 Leuthinger, Nikolaus: De Marchia et rebus Brandenburgicis commentarii, hrsg. v. Johann Gottlieb Krause, Frankfurt an der Oder – Leipzig 1729, S. 188. Die Übersetzung bei Geyer, Albert: Ge- schichte des Schlosses, S. 19 f. 59 Bekmann, J. C.: Geschichte der Stadt Berlin, Bd. 2, Köln: Aus einem Bericht des österreichischen Vizekanzlers Erwin von Ulm in seinem Discursu politico, zitiert nach Geyer, Albert: Geschichte des Schlosses, S. 21. 28 A. Einleitung nischen Krone aus der Marienburg bezog60, sind ebenfalls Beleg seines beengten ökono- mischen Spielraums. Trotz der sie meist bedrängenden hohen Schuldenlast scheuten die Brandenburger je- doch selbst vor hohen Investitionen nicht zurück. Offensichtlich räumten sie der kosten- intensiven, statusmäßigen Aufwertung ihrer Herrschaft höchste Priorität ein. Ökonomi- sches Wirtschaften war vor diesem Hintergrund zweifellos nachrangig. Dies belegt auch der konsequent betriebene, systematische und kontinuierliche Ausbau der Schlosskapelle zum geistlichen Mittelpunkt der Mark in diesen Jahren. Der Empfang der Goldenen Rose, päpstliches Weihgeschenk als Auszeichnung für seine im Jahre 1453 unternommene Pilgerfahrt nach Jerusalem61, gehörte ebenso hierhin wie die 1465 mit Billigung des Papstes erfolgte Erhebung der Schlosskapelle zur Kollegi- atkirche mit Domstift zu Ehren der heiligen Jungfrau, des heiligen Kreuzes, der Heiligen Peter und Paul, Erasmus und Nicolaus62. Das Domstift wurde seiner intendierten Bedeu- tung gemäß mit einem Propst, bei dem es sich aus den oben genannten Gründen um den von Berlin handelte, einem Dechanten, einem Schatzmeister und sechs Domherren be- setzt63. Anlass und zugeschriebener Bedeutung entsprechend wohnten dem Gründungsakt neben dem Kurfürsten die Bischöfe von Brandenburg und , die Zisterzienseräbte von Lehnin, Zinna, Chorin und Himmelpfort sowie zahlreiche weltliche Große bei. Wirk- liche Magnifi zenz entfaltete sich eben erst dann, wenn ein Standesgenosse durch seine Gegenwart dem Streben nach höchstem Status die verdiente Anerkennung zollte. Mit der Erhebung der Schlosskapelle zum Domstift samt reicher Güterausstattung beschritt der Kurfürst – ex post betrachtet – den Weg zum landesherrlichen Kirchenre- giment.64 Aber bereits den Zeitgenossen stand der Stellenwert dieser kirchlichen Rang- erhöhung klar vor Augen. Indem der Berliner Propst mit Urkunde vom 20. Januar 1469

60 Vgl. Knapp, Heinrich: Das Schloß Marienburg in Preußen. Quellen und Materialien zur Bauge- schichte nach 1456, Lüneburg 1990, S. 16. 61 Schuchard, Christiane: Die Goldene Rose Papst Nikolaus’ V. von 1453 in der Berlin-Cöllner Schlosskapelle, in: Berlin in Geschichte und Gegenwart. Jahrbuch des Landesarchivs Berlin (2000), S. 7 – 25. 62 Müller, Nikolaus: Der Dom zu Berlin. Kirchen-, kultus- und kunstgeschichtliche Studien über den alten Dom zu Köln-Berlin, Berlin 1906; zur Geschichte des Domes ferner Borrmann, Richard: Die Bau- und Kunstdenkmäler, S. 159 – 168; Abb, Gustav: Das Domstift zu Cölln an der Spree, in: Abb, Gustav/Wentz, Gottfried (Hg.): Das Bistum Brandenburg (= Germania Sacra, 1. Abt., Bd. 1), T. 1, Berlin 1929, S. 211 – 232; Schneider, Julius: Die Geschichte des Berliner Domes. Von der Domstif- tung im 15. Jahrhundert bis zum Wiederaufbau im 20. Jahrhundert, Berlin 1993. 63 Wagner, Friedrich: Die älteste Geschichte des Domes, S. 37 – 59, hier S. 44 ff. sowie Wiesinger, Liselotte: Das Berliner Schloß, S. 10. 64 Wenngleich die deutschen Landesherren des Alten Reiches vielerorts schon in spätmittelalterli- cher Zeit „ein ausgedehntes Kirchenregiment“ (Fritz Hartung) praktiziert haben, so hat doch erst die Reformation dem Prinzip der Landeskirche und dem Grundsatz des landesherrlichen Kirchen- regiments zum Durchbruch verholfen. Vgl. dazu Hartung, Fritz: Deutsche Verfassungsgeschichte, S. 70. Zum Summepiskopat des Landesherrn allgemein Müller, K.: Die Anfänge der Konsisto- rialverfassung im lutherischen Deutschland, in: HZ 102 (1909), S. 1 – 30; speziell zur Mark vgl. Weichert, Friedrich: Die Anfänge des märkischen Summepiskopats. Eine Analyse der ersten re- formatorischen Kirchen- und Visitations-Ordnungen Brandenburgs, in: Jahrbuch für Berlin-Bran- denburgische Kirchengeschichte 50 (1977), S. 79 – 124. III. Natur – Raum – Bewegung 29 zum neunten Stiftsherrn und zugleich zum „oberste prelate des collegiums und stiffts zu Cöln“65, also zum neuen Cöllner Dompropst erhoben wurde, rückte er zum secundus or- dinarius nach dem Brandenburger Bischof auf. Der vermutlich zunächst aus landesfürst- licher Sicht mit der Gründung eines Domstifts verbundene Wunsch nach der Errichtung eines Landesbistums erfüllte sich jedoch nicht66. Die Einführung der Reformation in der Mark hat derartige Pläne endgültig zunichte gemacht. In der mit päpstlicher Erlaubnis er- folgten Verlegung des Domstiftes aus der Schlosskapelle in die benachbarte Dominika- nerkirche im Jahre 1536, also schon ein Jahr nach dem Regierungsantritt Joachims II., fand das Bemühen der Hohenzollern, die geistliche Zentralitätskomponente der dynas- tisch-residenziellen Aufwertung dienstbar zu machen, einen förmlichen Abschluss, „der auch äußerlich durch den noch in gotischer Formensprache erfolgten Umbau der Kirche zum Ausdruck gebracht wurde“67.

III. Natur – Raum – Bewegung: Über die kurbrandenburgische Residenzenpraxis in der Frühneuzeit

In keiner Weise unseren heutigen durch die modernen Verkehrsmittel geprägten Vorstel- lungen entsprachen die naturräumlichen Bedingungen68. Diese Feststellung gilt für die Verhältnisse im Alten Reich ebenso wie für die in der Mark Brandenburg im Besonde- ren69. Bis ins erste Drittel des 19. Jahrhunderts war der Naturraum verkehrsmäßig schlecht

65 Geyer, Albert: Geschichte des Schlosses, S. 18. 66 Das Bemühen um die Schaffung kirchlicher Mittelpunkte in Gestalt von Bischofssitzen bei ihren Residenzen lässt sich im späten Mittelalter vielfach beobachten. Jedoch nur ausnahmsweise gelang dies den Großen des Reiches, so etwa den Habsburgern 1469 mit der Erhebung Wiens und der Wie- ner Neustadt zu exemten Diözesen oder den Wettinern 1399 mit der päpstlichen Bestätigung der schon früher behaupteten Exemtion des an ihrem Residenzort Meißen bestehenden Bistums aus dem Magdeburger Metropolitanverband. Die Hohenzollern gehörten auch in dieser Hinsicht nicht dazu. Ihr Territorium zerfi el in neun Diözesen. Teile der Mark im Süden und Osten unterstanden den Bistümern Meißen, Breslau und Posen; die Altmark gehörte zu den Diözesen Verden und Hal- berstadt; Teile der Uckermark und der Neumark lagen im Bistum Cammin. In der Mark selbst la- gen die drei Bistumssitze Havelberg, Brandenburg und Lebus. Vgl. dazu Heidemann, Julius: Die Reformation in der Mark Brandenburg, Berlin 1889, S. 15 ff.; ferner mit weiterführender Literatur Andermann, Kurt: Kirche und Grablege. Zur sakralen Dimension von Residenzen, in: Andermann, Kurt (Hg.): Residenzen. Aspekte hauptstädtischer Zentralität von der Frühen Neuzeit bis zum Ende der Monarchie, Sigmaringen 1992, S. 159 – 187, bes. 161 – 163. 67 Hahn, Peter-Michael: Residenzbildung und Hofgesellschaft, S. 50. 68 Hierzu allgemein: Schadendorf, W.: Zu Pferde, im Wagen, zu Fuß, München 1959; Behringer, Wolfgang: Im Zeichen des Merkur. Reichspost und Kommunikationsrevolution in der Frühen Neu- zeit, Göttingen 2003; ders.: Wege und Holzwege. Aspekte einer Geschichte der Kommunikation in der Frühen Neuzeit, in: Fehn, K. (Hg.): Siedlungsforschung. Archäologie – Geschichte – Geogra- phie, Bd. 11, Bonn 1993, S. 297 f.; Rösener, Werner (Hg.): Kommunikation in der ländlichen Ge- sellschaft vom Mittelalter bis zur Moderne, Göttingen 2000; Kommunikation und Raum. 45. Deut- scher Historikertag in Kiel vom 14. bis 17. September 2004. 69 Vgl. hierzu vor allem Hahn, Peter-Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt. Die herrschaftliche Durchdringung des ländlichen Raumes zwischen Elbe und Aller (1300 – 1700), 30 A. Einleitung erschlossen. Namentlich im Brandenburgischen begrenzten dichte Wälder, größere Seen- gebiete, ausgedehnte Sumpfl andschaften und feuchte Niederungen den menschlichen Be- wegungsraum stark. Selbst für die Verhältnisse der damaligen Zeit befanden sich die mär- kischen Verkehrswege in einem oftmals beklagenswerten Zustand. Es handelte sich bei ihnen vielfach um sandige Pisten oder um Knüppeldämme, die besonders für Fuhrleute schlecht befahrbar waren70. Die Überquerung einer sumpfi gen Flussniederung konnte da bereits zu einem beinahe unüberwindbaren Problem werden. Erst recht galt dies für den Fall, wenn bei langanhaltenden Regenfällen schlammiger Boden und über die Ufer getre- tene Flüsse jeglichen Verkehr unter Umständen für Tage und Wochen unterbanden. Klei- nere Rinnsale verwandelten sich etwa nach einer längeren Schlechtwetterperiode oder bei Tauwetter im Nu zu reißenden Strömen. Zu bedenken ist auch, dass sich über 90 Prozent der Bevölkerung nur zu Fuß fortbewegte, einfachste Karren und Lasttiere die wichtigsten Transportmittel bildeten. Über Reitpferde und Kutschen verfügten nur wenige Adlige und reiche Ratsfamilien. Der persönliche Erfahrungsbereich eines Bauern beschränkte sich wohl auf einen Radius von 30 bis 90 Kilometern, was in etwa einer binnen ein oder zwei Tage zu erwandernden Wegstrecke entspricht71. Größere „Entfernungen“ zu überwinden

Berlin-New York 1989, S. 385 – 402; Peters, Jan: Märkische Lebenswelten. Gesellschaftsgeschichte der Herrschaft Plattenburg-Wilsnack, Prignitz 1550 – 1800 (= Veröffentlichungen des Brandenbur- gischen Landeshauptarchivs, Bd. 53), Berlin 2007, S. 739 – 769, hier bes. S. 739 – 759; Pröve, Ralf: Brandenburger unterwegs. Materielle Kommunikationsmöglichkeiten um 1700, in: Göse, Frank (Hg.): Im Schatten der Krone. Die Mark Brandenburg um 1700 (Brandenburgische Historische Studien, Bd. 11), Potsdam 2002, S. 217 – 242, hier bes. S. 221 – 223; ders.: Straßenbaupolitik und Kommunikationsverdichtung in der Kurmark. Zentrum und Region im 18. und frühen 19. Jahrhun- dert, in: Beck, Lorenz Friedrich/Göse, Frank (Hg.): Brandenburg und seine Landschaften. Zentrum und Region vom Spätmittelalter bis 1800 (Schriften der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg, N.F., Bd. 1), Berlin 2009, S. 191 – 198, bes. S. 193 f.; ferner Mundt, Johannes: Die Heer- und Handelsstraßen der Mark Brandenburg vom Zeitalter der ostdeutschen Kolonisation bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, Diss. Berlin 1932; Schich, Winfried: Die Havel als Wasser- straße im Mittelalter: Brücken, Dämme, Mühlen, Flutrinnen, Berlin 1995; Enders, Lieselott: Die Altmark: Geschichte einer kurmärkischen Landschaft in der Frühneuzeit (Ende des 15. bis Anfang des 19. Jahrhunderts), Potsdam 2008, S. 102 f., 191, 372 f.; dies.: Die Prignitz. Geschichte einer kurmärkischen Landschaft vom 12. bis zum 18. Jahrhundert, Potsdam 2000, S. 71 ff., 76 ff., 207 ff. sowie dies.: Die Uckermark: Geschichte einer kurmärkischen Landschaft vom 12. bis zum 18. Jahr- hundert, Weimar 1992, S. 23 ff., 72 ff., 555 ff.; Gräf, Holger Th./Pröve, Ralf: Wege ins Ungewisse. Eine Kulturgeschichte des Reisens, Frankfurt/Main 2001, bes. S. 75 – 109; Gautschi, Andreas/Suter, Helmut: Vom Jagen, Trinken und Regieren. Reminiszenzen aus dem Leben des Kurfürsten Johann Sigismund von Brandenburg, nach alten Briefen zitiert, Limburg an der Lahn 2005, S. 196. 70 Vgl. zum Straßenzustand im Brandenburgischen etwa den Reisebericht eines päpstlichen Gesand- ten in: Schäfer, Karlheinrich (Hg.): Ein italienischer Reisebericht über die Mark Brandenburg a. d. Jahre 1561, in: Wichmann-Jahrbuch des Diözesangeschichtsvereins im Bistum Berlin, 4 – 6 (1933), S. 62 – 79, hier bes. S. 71: „Nach einer Meile Wegs betritt man die Mark und das Gebiet des Kur- fürsten von Brandenburg. Dann über niedrige Hügel, meist über unkultivierte Heide und sumpfi ges Gelände, wo die Pferde oft bis an den Bauch versanken, nach Treuenbrietzen, 5 Meilen von Kem- berg.“ 71 Vgl. hierzu ergänzend Peters, Jan: Informations- und Kommunikationssysteme in Gutsherrschafts- gesellschaften des 17. Jahrhunderts, in: ders. (Hg.): Gutsherrschaftsgesellschaften im europäischen Vergleich. Redaktion Axel Lubinski, Berlin 1997, S. 185 – 197, hier S. 186 f., 194. III. Natur – Raum – Bewegung 31 bedeutete demnach in der räumlichen Erfahrung des zeitgenössischen Menschen vor al- lem Mühen und Entbehrungen. Das Gefühl der Unsicherheit, ja der Angst vor einer als feindlich empfundenen Natur war also allgegenwärtig72. Dem landesfürstlichen Anspruch auf verwaltungsmäßige Durchdringung waren dem- nach allein schon aufgrund der dargestellten naturräumlichen Bedingungen zweifellos äußerst enge Grenzen gezogen. Von einer stetigen Verwaltungstätigkeit in der Kurmark im Zeitraum zwischen 1470 und 1620 zu sprechen, verbietet sich allein schon vor die- sem Hintergrund. Durch Seuchen73 oder Hochwasser74, insbesondere an Elbe und Oder, geschah es immer wieder, dass Steuererhebungen und andere Verwaltungstätigkeiten für Wochen und Monate unterbrochen waren75. Die persönliche Anwesenheit des Landes- fürsten war mithin unverzichtbar, wollten die Hohenzollern zumindest für die Dauer ih- res Aufenthalts in ihrem jeweiligen Hofl ager ihren Hoheitsanspruch über Land und Leute aufrechterhalten. Von einem abrupten Ende der Reiseherrschaft seit dem Bezug des Cöll- ner Schlosses kann allein aus diesem Grunde nicht die Rede sein. Auch nach 1451 blieb die Landesherrschaft weiterhin ortsnah. Sie war personal, nicht abstrakt und zentrali- siert76. Zwar hielten sich die Hohenzollern bereits in der Zeit der Reiseherrschaft mit ih-

72 Dies galt selbst für hohe und höchste Herrschaften, wie einem Brief der Kurfürstin Katharina an Johann Sigismund vom 25.4.1602 zu entnehmen ist. Darin sagt sie eine Reise wegen ihrer ange- griffenen Gesundheit ab, aber auch aufgrund „pestilenzischer Seuche“, die sich „der Orten mercken lasset“ sowie wegen des „polnischen itziger Zeit laufenden Kriegsgesindtleins“ (GStA PK, BPH, Rep. 32 T. 1, Nr. 5, Kurfürstin Katharina an Johann Sigismund am 25.4.1602). Vgl. allgemein dazu: Richter, Dieter: Die Angst des Reisenden, die Gefahr der Reise, in: Bausinger, H. (Hg.): Reisekul- tur. Von der Pilgerfahrt zum modernen Tourismus, München 1991, S. 100 – 107. 73 GStA PK, BPH, Rep. 32 T. 1, Nr. 5. – Eine aus den Quellen geschöpfte, detaillierte Aufl istung der Pestwellen in den Teillandschaften von Altmark, Prignitz und Uckermark fi ndet sich bei Enders, Lieselott: Die Altmark, S. 1289 ff.; dies.: Die Prignitz, S. 630 sowie dies.: Die Uckermark, S. 291. Aus ihrer Zusammenstellung erhellt deutlich, dass die Pestwellen durchschnittlich alle zehn Jahre, häufi g an Orten mit Durchgangsverkehr ihr Unwesen trieben. Zum damit einhergehenden tiefgrei- fenden Einfl uss auf die Entwicklung der Bevölkerungs- und Wirtschaftsstruktur innerhalb der Kur- mark vgl. unter anderen Hahn, Peter-Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, S. 65, 82 f., 116 f., 204 f., 320. Zum Thema allgemein: Bulst, Neithard: Der schwarze Tod, in: Sae- culum 30 (1979), S. 45 ff.; Zinn, Karl: Kanonen und Pest. Über die Ursprünge der Neuzeit im 14. und 15. Jahrhundert, Opladen 1989. 74 GStA PK, XX. HBA, Konzepte K 6, Kasten 1097, Johann Sigismund an Herzogin Marie Leonara am 8.2.1602, in dem der Kurprinz von Treibeis auf der Weichsel berichtet, das seine Rückreise von Königsberg in die Mark verzögere, da die Fähre nicht in Betrieb sei. Bezüglich der Teilnahme am Ausschusstag vom Januar 1603 ließ sich Thomas v. d. Knesebeck wegen des tiefen Schnees und des Elbhochwassers, die ihm die Anreise unmöglich machten, entschuldigen (vgl. GStA PK, RP 20 M). – Eine Reihe von Beispielen für u.a. durch Hochwasser bedingte Verzögerungen in der Verwal- tungstätigkeit fi nden sich bei Hahn, Peter-Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsge- walt, S. 205, 214, 474 f.; vgl. ferner mit zahlreichen Beispielen die Historischen Aufzeichnungen Berliner Stadtschreiber, in: Riedel, CDB, D I, Berlin 1865, S. 304 – 370. 75 Vgl. dazu etwa die Aufzeichnung zum Jahre 1585, als „wegen des sterbenns, ist Churfl . Gnaden Rentey gein Spandow vorlegt gewesenn vnnd die Einnahme der Landschafft vnnd der Stette zu Brandemburg gehaltenn worden“, in: Historische Aufzeichnungen Berliner Stadtschreiber, in: Rie- del, CDB, D I, S. 315. 76 Vgl. dazu grundlegend Oestreich, Gerhard: Das persönliche Regiment der deutschen Fürsten am Beginn der Neuzeit, in: ders.: Geist und Gestalt des frühmodernen Staates. Ausgewählte Aufsätze, 32 A. Einleitung rem Hofstaat vorzugsweise im Cöllner Schloss auf77. Und seit Kurfürst Albrecht Achill 1473 seinen Sohn Johann als Statthalter der Markgrafschaft eingesetzt hatte, schlug die- ser sein Hofl ager zusehends häufi ger im Spreeschloss auf. Das heißt aber nicht, dass das Reisen von Hof und Herrscher damals mit einem Schlage aufgehört hätte. Auch unter Johanns Nachfolgern fi nden sich – nicht zufällig – zahlreiche fürstliche Herrschaftssitze in der näheren und weiteren Umgebung der Doppelstadt sowie an den Landesgrenzen, die diese auf ihren Inspektions- und Vergnügungsreisen aufsuchten und von denen aus sie Herrschaft ausübten. Erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, unter dem Großen Kurfürsten, fanden die bereits im 15. Jahrhundert zu beobachtenden Zentralisierungsbe- mühungen zu einem ersten vorläufi gen Abschluss78. Im Reformationszeitalter jedoch gestaltete sich die kurfürstliche Regierungspraxis – wie zu zeigen sein wird – in einem beträchtlichen Maße in der Form der älteren Reise- herrschaft79. Der in der Forschung häufi g anzutreffenden Auffassung, wonach mit der Re- sidenzbildung in Cölln an der Spree die Reiseherrschaft geendigt sei und sich damit eine „Zentralisierung in den Landesangelegenheiten“80 vollzogen habe, ist damit der Boden entzogen. Ein Blick auf die Residenzenpraxis der brandenburgischen Kurfürsten wird dies erweisen. Deren Aufenthaltsdauer auf ihren Landesfestungen und in ihren Jagdhäu- sern außerhalb der Residenz von Cölln-Berlin spricht in diesem Zusammenhang eine ebenso beredte Sprache wie die polyfunktionale Verwendung dieser Hofl ager durch die Kurfürsten. Sie eigneten sich für diplomatischen Verkehr und Repräsentation ebenso wie

Berlin 1969 [zuerst 1935], S. 204, 210, 217 – 223; ferner Klinkenborg, Melle: Ratsstube und Kanz- lei in Brandenburg im 16. Jahrhundert, in: FBPG 26 (1913), S. 413 – 428, hier 415 – 419; ders.: Die kurfürstliche Kammer und die Begründung des Geheimen Rats in Brandenburg, in: HZ 114 (1915), S. 473 – 488, hier S. 477; Schotte, Walther: Fürstentum und Stände in der Mark Brandenburg unter der Regierung Joachims I. (= Veröffentlichungen des Vereins für Geschichte der Mark Branden- burg), Leipzig 1911, S. 50 („persönliches Regiment“); Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 144 ff., 172. 77 Im Zeitraum zwischen 1447 und 1463 kamen 65 Prozent der direkten und 75 Prozent der urkund- lichen Aufenthaltsnachweise insgesamt auf Berlin und Cölln (vgl. Müller-Mertens, Eckhard: Die landesherrliche Residenz, S. 151). Müller-Mertens These von Berlin-Cölln als Herrschaftsschwer- punkt seit dem Schlossbau wird allerdings relativiert durch das Ergebnis meiner Auszählung der Geburten, Vermählungen und Todesfälle im Cöllner und Tangermünder Hofl ager zwischen 1451 und 1499. Die auf der Durchsicht der „Genealogie des Gesamthauses der Hohenzollern“ beruhende Auszählung ergibt folgendes Bild: Von 1451 bis 1470, also in den ersten beiden Jahrzehnten des Schlossneubaus, ereigneten sich – die fränkischen Besitzungen der Hohenzollern ausgenommen – sämtliche belegten Geburten, Vermählungen und Todesfälle im Hause Hohenzollern allein im Tan- germünder Hofl ager; insgesamt handelt es sich für diesen Zeitraum um fünf Geburten, vier Ver- mählungen und einen Todesfall. Mit dem Regierungsantritt Albrecht Achills resp. dem Beginn der Statthalterschaft Johann Ciceros 1473 bis zu seinem Tode verliert Tangermünde in dieser Hinsicht schlagartig jede Bedeutung. Fünf Geburten, drei Heiraten und ein Todesfall sind in dieser Zeit im Spreeschloss bezeugt. Vgl. dazu Großmann, Julius (Hg.): Genealogie des Gesamthauses Hohenzol- lern, Berlin 1905. 78 Vgl. dazu bes. Oestreich, Gerhard: Der brandenburg-preußische Geheime Rat vom Regierungs- antritt des Großen Kurfürsten bis zu der Neuordnung im Jahre 1651. Eine behördengeschichtliche Studie (= Berliner Studien zur neueren Geschichte, 1), Würzburg-Aumühle 1937, S. 4 ff. 79 Vgl. Streich, Brigitte: Zwischen Reiseherrschaft und Residenzbildung, S. 56. 80 Schultze, Johannes: Die Mark Brandenburg, Bd. 4, S. 77 f. III. Natur – Raum – Bewegung 33 als Orte der Verwaltung und des Vergnügens. Zudem ermöglichten sie dem Landesherrn eine erstaunliche Personalpräsenz auch in abgelegeneren Gebieten der Mark und trugen somit zur Konsolidierung der landesfürstlichen Herrschaft ebenso bei wie die Hauptresi- denz in Cölln-Berlin. Die Klagen von Adel und Städten über die Zentralisierungstenden- zen unter Friedrich II. und Johann Cicero mit Blick auf die Residenzbildung in der Dop- pelstadt bleiben davon unberührt. Trotz dieser auch von Albrecht Achill immer wieder vorgetragenen Widerstände ge- gen die (vermeintliche) Aufgabe der Reiseherrschaft wird es nicht gleichsam über Nacht zu einem Paradigmenwechsel in der Residenzenpraxis gekommen sein. Zwar zeichnen sich seit dem Schlossbau, spätestens jedoch seit der Übernahme der Kurfürstenwürde durch Johann Cicero erste vorsichtige Schritte zu einer Trennung von Verwaltung und Herrscher ab. Die Verwaltung mit ihren Archiven verblieb von nun an zum größten Teil im Schlosskomplex, wurde also ortsfest. Doch die für die Regierungspraxis konkret erfor- derlichen Urkunden und Akten nahm der Kurfürst auch weiterhin mit auf Reisen81. Wie anders ist die Existenz der in den zu untersuchenden Hofl agern belegten Archivräume zu erklären, die ansonsten keinerlei Sinn machten. Die These vom Schloss als einem „über- lokalen Herrschaftszentrum“82 muss – wie noch ausführlich zu zeigen sein wird – für diese frühe Zeit zumindest differenziert werden. Erst für das 17. Jahrhundert kann cum grano salis davon gesprochen werden. Korrigiert werden muss auch die in der einschlägigen Schlossliteratur erhobene Be- hauptung, Voraussetzung für die Territorialisierungspolitik der Hohenzollern sei ein all- gemeiner Landfriede gewesen, der die kontinuierliche und systematische Versorgung der Haupt- und Residenzstadt mit den Produkten des täglichen Bedarfs sicherstellte. Von der Festigung der landesherrlichen Gewalthoheit habe entscheidend Ausbau und Bedeutung der landesfürstlichen Haupt- und Residenzstadt abgehangen83. Ausländische Gesandt- schaften, die den Berlin-Cöllner Hof aufsuchten und ihm so Glanz und Renommee verlie- hen, hätten sicherer Verkehrswege ebenso bedurft wie die Bewohner der Mark, wenn sie für die Erledigung einer Rechts- oder Verwaltungsangelegenheit in die Doppelstadt rei- sen mussten84. Der hier unterstellte unaufl ösliche Zusammenhang zwischen Zentralisie- rungsbestrebungen, Durchsetzung des landesherrlichen Gewaltmonopols auf den Straßen und Residenzbildung ist in seiner Apodiktik mit Blick auf die brandenburgischen Verhält- nisse so sicherlich nicht zu halten. Richtig ist, dass der Anspruch auf Durchsetzung eines allgemeinen Landfriedens seit 1495 auch in der Mark Brandenburg offi ziell in Geltung stand. Immer wieder kam es aber bis weit ins 17. Jahrhundert hinein vor, dass adlige Feh- den, „die ausschließlich zum unfriedlichen Erwerb von städtischen Produkten und land-

81 Zum spätmittelalterlichen Kanzleigebrauch vgl. Lewinski, Ludwig: Die brandenburgische Kanzlei und das Urkundenwesen während der Regierung der beiden ersten Hohenzollernschen Markgrafen, Phil. Diss. Straßburg 1893, S.27. 82 Neugebauer, Wolfgang: Residenz-Verwaltung-Repräsentation, S. 15. 83 Zur geschätzten Einwohnerzahl der Doppelstadt vgl. Ribbe, Wolfgang: Cölln bei Berlin, S. 76. Für Cölln geht Ribbe für die Mitte des 16. Jahrhunderts von einer Bevölkerungszahl von etwas mehr als 2000 Personen aus. Bei Berlin handelt es sich um etwa doppelt so viele Einwohner. 84 Vgl. Geyer, Albert: Geschichte des Schlosses, S. 28. 34 A. Einleitung wirtschaftlichen Erzeugnissen unternommen wurden“85, jedweden Handel unterbanden86. Aufzuräumen gilt es aber auch mit dem Mythos, dass Joachim I. das Problem des Raub- rittertums zugunsten der Durchsetzung seines landesherrlichen Gewaltenmonopols ge- löst hat87. In Wahrheit fi nden sich in den Quellen anschauliche Belege dafür, dass sich der Kurfürst gar um der Durchsetzung seiner außenpolitischen Interessen willen des adligen Fehdewesens bediente. Wie anders lässt sich etwa sein Verhalten in der Kohlhaasenschen Fehde zwischen diesem und dem sächsischen Kurfürsten erklären? Erst als der Kurfürst Michael Kohlhaas seinen Schutz entzog, war dessen Schicksal besiegelt.

IV. Magnifi zenz und dynastische Legitimation: Die Hohenzollern als Parvenues unter den Reichsfürsten

Unter den führenden Dynastien des Alten Reiches mangelte es dem Hause Hohenzollern zweifellos an dynastischer Tradition88. Ein Gefühl dynastischen Unbehagens, verbunden mit dem Bewusstsein kultureller Unterlegenheit, war die unmittelbare Folge und rich- tete sich in erster Linie – verständlicherweise – gegen die in dynastischer wie kultureller Hinsicht dem Hause Hohenzollern weit überlegenen Wettiner sowie die oberdeutschen Geschlechter89. Anders als etwa die Wittelsbacher oder die Habsburger konnten die Ho-

85 Hahn, Peter-Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, S. 83. Zum Fehdewesen und ihren Auswirkungen auf die Verfassung des ländlichen Raums vgl. Patze, Hans: Grundherr- schaft und Fehde, in: ders. (Hg.): Die Grundherrschaft im späten Mittelalter, Bd. 1, Sigmaringen 1983, S. 263 ff. 86 Zahlreiche Belege für den Magdeburger Raum bei Liebe, G.: Der Straßenschutz des Mittelalters im Erzstift Magdeburg, in: GbllMagd. 38 (1903), S. 1 ff. 87 Dieser Mythos verdankt sich der borussischen Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts und ist vielfach bis heute ungeprüft von ihr tradiert worden. Zu Ursprung und Motiven seiner Entstehung vgl. Hahn, Peter-Michael: Landesstaat und Ständetum im Kurfürstentum Brandenburg während des 16. und 17. Jahrhunderts, in: Baumgart, Peter (Hg.): Ständetum und Staatsbildung in Brandenburg- Preußen, 1983, S. 44 f.; ders.: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, S. 29, 40, 74 Anm. 138. 88 Dagegen Neugebauer, Wolfgang: Das historische Argument um 1701. Politik und Geschichtspoli- tik, in: Kunisch, Johannes (Hg.): Dreihundert Jahre Preußische Königskrönung: eine Tagungsdo- kumentation (Forschungen zur Brandenburgischen und Preussischen Geschichte N.F., Beiheft 6), Berlin 2002, S. 27 – 48, hier S. 29, der das Problem hohenzollernscher Geschichts- und Legitima- tionspolitik nicht im Fehlen präsentabler Traditionen, sondern in der „Schwierigkeit hochgradiger Dezentralität“ sieht: „Vielleicht gab es für die Hohenzollern sogar zu viele Traditionen“. 89 Zu diesem Komplex: Hahn, Peter-Michael: Kursachsen und Brandenburg-Preußen. Ungleiche Gegenspieler (1485 – 1740), in: Groß, Reiner: Sachsen und die Wettiner: Chancen und Realitäten (= Dresdner Hefte. Internationale Wissenschaftliche Konferenz Dresden 27.–29.6.1989), Dres- den 1990, S. 93 – 99, hier S. 93 – 94; ders.: Landesherrliche Ordnung und dynastisches Machtstre- ben. Wettiner und Hohenzollern im 15. Jahrhundert, in: Beck, Friedrich/Neitmann, Klaus (Hg.): Brandenburgische Landesgeschichte und Archivwissenschaft. Festschrift für Lieselott Enders zum 70. Geburtstag (= Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs, Bd. 34) Weimar 1997, S. 89 – 107; Stievermann, Dieter: Die Wettiner als Hegemon im mitteldeutschen Raum (um 1500), in: Rogge, Jörg/Schirmer, Uwe (Hg.): Hochadelige Herrschaft im mitteldeutschen Raum IV. Magnifi zenz und dynastische Legitimation 35 henzollern auf keine ruhmreiche Vergangenheit zurückblicken90. Dem Cöllner Hof fehlte der herausragende Ahnherr, auf dessen Ruhm und auf dessen Verdienste man hätte in Bild und Schrift verweisen können, wie etwa die Welfen auf Heinrich den Löwen91 oder die Wittelsbacher auf Ludwig den Bayern92 oder Ruprecht von der Pfalz oder die Wetti- ner auf den mythenumwobenen Widukind93. Erst 1411 waren sie als Verweser von Kai- ser Sigismund in die Mark berufen und nach ihrer vier Jahre später erfolgten Belehnung 1417 auf dem Konstanzer Konzil in den kurfürstlichen Stand erhoben worden. Mithin rangierten sie als jüngstes Mitglied im Kurfürstenkollegium in den Augen ihrer Standes- genossen in diesem Gremium an letzter Stelle. Selbst ihre Vergangenheit als fränkisches Burggrafengeschlecht zu Nürnberg versprach nicht das für das streng hierarchische Den- ken der Zeit notwendige Prestige, verband sich das dynastische Selbstverständnis94 dieses Geschlechts doch nicht mit dem Geschick eines Landes, wie dies etwa für die Habsburger und die österreichischen Erblande oder für die Wittelsbacher und das Land Bayern der Fall war. Die politische Zersplitterung Frankens im 14. Jahrhundert verhinderte eine der- artige Entwicklung hinsichtlich eines Gefühls der Identität zwischen Dynastie und Land. Darüber hinaus mangelte es den fränkischen Hohenzollern – Folge der skizzierten poli-

(1200 bis 1600). Formen-Legitimation-Repräsentation, Stuttgart 2003, S. 379 – 393; Nicklas, Tho- mas: Macht oder Recht. Frühneuzeitliche Politik im obersächsischen Reichskreis, Stuttgart 2002. 90 Zum politischen Aufstieg der Hohenzollern vgl. mit weiterführender Literatur: Schuhmann, Gün- ther: Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach, eine Bilddokumentation zur Geschichte der Ho- henzollern in Franken, in: Jahrbuch des Vereins für Mittelfranken 90 (1980), S. 636 – 653; ferner Seyboth, Reinhard: Die Markgraftümer Ansbach und Kulmbach unter der Regierung Markgraf Friedrichs des Älteren (1486 – 1515), Göttingen 1985. 91 Zum Ahnenkult der Welfen vgl. Reese, Armin: Heinrich der Löwe als Argument. Zur dynastischen His- toriographie der Welfen im 17. und 18. Jahrhundert, in: Heinrich der Löwe und seine Zeit. Herrschaft und Repräsentation der Welfen 1125 – 1235, Ausstellungskatalog, Bd. 3, Braunschweig 1995, S. 42 ff. 92 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Magnifi zenz und dynastische Legitimation durch Übernahme kultureller Muster. Die Beziehungen der Hohenzollern zum Haus Oranien und den Niederlanden im 17. Jahr- hundert, in: Hahn, Peter-Michael/Lorenz, Hellmuth (Hg.): Formen der Visualisierung. Studien zu Adel, Fürst und Schloßbau vom 16. bis zum 18. Jahrhundert (= Quellen und Studien zur Geschichte und Kultur Brandenburg-Preußens und des Alten Reiches), Potsdam 1998, S. 13, Anm. 7. 93 Auf die Innendekoration des „Langen Ganges“ im Dresdner Schloss vom Ende die 16. Jahrhunderts als ikonographische Demonstration dynastischer Größe in Gestalt der Abbildung „des großen Wit- tekindi“ weist Hahn, Peter-Michael: a.a.O., S. 13 hin. „Ingleichen die Gallerie ..., welche 30 große Dorische Säulen und 21 hohe gewölbte Arcaden hat, worinnen des großen Wittekindi und derer al- ten sächsischen Könige Helden-Thaten in saubern Gemälden ... zu sehen“. Zitiert nach: Marx, Ha- rald: „Der Christliche Stamm Sachsen“, Kunst und Geschichte in Bildnissen der Wettiner, in: Groß, Reiner (Hg.): Sachsen und die Wettiner. Chancen und Realitäten (= Dresdner Hefte – Sonderaus- gabe), Dresden 1990, S. 51; hierzu ferner Lewerken, Heinz-Werner: Die Dresdner Rüstkammer im Neuen Stall, in: Syndram, Dirk/Scherner, Antje (Hg.): In fürstlichem Glanz. Der Dresdner Hof um 1600. Ausstellungskatalog. Mailand 2004, S. 70 – 79, hier S. 72 – 74. 94 Grundlegend zum Problemkreis des dynastischen Bewusstseins Mertens, Dieter: Geschichte und Dynastie – Zu Methode und Ziel der ‚Fürstlichen Chronik‘ Jakob Mennels, in: Andermann, Kurt (Hg.): Historiographie am Oberrhein im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit (= Oberrhei- nische Studien 7), Sigmaringen 1988, S. 121 – 153. – Auf die Bedeutung des dynastischen Elements in Maximilians Politik verweist Angermeier, Heinz: Deutsche Reichstagsakten unter Maximilian I. Bd. 5/1. Göttingen 1981, S. 68 ff. 36 A. Einleitung tischen Zersplitterung Frankens in regionale Teillandschaften – an einer identitätsstiften- den historiographischen Tradition, wie sie etwa die Habsburger und die Wittelsbacher in ihren Landen ausgebildet hatten95. Erst der Große Kurfürst sollte in den fünfziger Jahren des 17. Jahrhunderts den Grundstein für die gezielte Pfl ege einer dynastischen Erinne- rungskultur legen96. Wie gefährdet ihr dynastischer Rang angesichts dieser in den Augen der Zeitgenossen eklatanten Defi zite war, belegt der heftige Streit in den Jahren 1417 bis 1421 zwischen Herzog Ludwig dem Bärtigen von Bayern-Ingolstadt und dem Markgrafen Friedrich I. von Brandenburg. Für jenen auf eine lange ruhmreiche Geschichte seines Hauses Zurück- blickenden verkörperte der gerade erst in den Kurfürstenrang aufgerückte Hohenzoller offensichtlich den klassischen Typus des homo novus, der sich einen Rang anmaßte, der dem Alter seines Hauses in keiner Weise entsprach. Darauf weisen zumindest die äußerst beleidigenden Worte des Wittelsbachers hin, wenn er den Brandenburger als „Du newlich hoch gemachter, lugenhaftiger edelman Burggraf Friedrich von Nürmberg“97 schmäht. Den eklatanten Mangel an dynastischer Tradition zu kompensieren, musste somit das vordringliche Anliegen der Hohenzollern sein. Zu diesem Zweck beriefen sie sich in ers-

95 Das Verdienst, auf diesen Umstand als erstes aufmerksam gemacht zu haben, kommt J.-M. Moeglin zu. Vgl. Moeglin, Jean-Marie: Dynastisches Bewusstsein und Geschichtsschreibung. Zum Selbst- verständnis der Wittelsbacher, Habsburger und Hohenzollern im Spätmittelalter, in: HZ 256 (1993), S. 593 – 635, bes. S. 631 – 635, hier S. 631; ferner Hahn, Peter-Michael: Die Hofhaltung der Hohen- zollern. Der Kampf um Anerkennung, in: Bahners, Patrick/Roelleke, Gerd (Hg.): Preussische Stile. Ein Staat als Kunststück, Stuttgart 2001, S. 73 – 89, hier S. 80. – Zur dynastischen Geschichtsschrei- bung der Habsburger wie der Wittelsbacher vgl. vor allem Coreth, A.: Österreichische Geschichts- schreibung in der Barockzeit (1620 – 1740), Wien 1950; Lhotsky, A.: Österreichische Historiogra- phie, München 1962 sowie Schmid, Alois: Geschichtsschreibung am Hofe Kurfürst Maximilians I. von Bayern, in: Glaser, Hubert (Hg.): Um Glauben und Reich, S. 330 – 340. 96 Hierzu vgl. Fischer, Ernst: Die offi zielle brandenburgische Geschichtsschreibung zur Zeit Fried- rich Wilhelms, des großen Kurfürsten (1640 – 1688), in: Zeitschrift für Preußische Geschichte und Landeskunde 15 (1878), S. 377 – 430, hier bes. S. 378; Skalweit, Stephan: Friedrich Wilhelm I. und die preußische Historie, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 6 (1957), S. 107 – 131; ferner Opgenoorth, Ernst: Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst von Brandenburg. Eine politische Biographie, Göttingen/Frankfurt a.M. 1978, Bd. 2, S. 63; Neugebauer, Wolfgang: Das historische Argument um 1701, S. 33, der dort vom „bekanntlich massiv(en) und in wiederhol- ten, geradezu verzweifelten Anläufen (unternommenen) Versuch“ des Großen Kurfürsten spricht, „die Geschichtsschreibung zu professionalisieren“; ders.: Preußen in der Historiographie. Epochen und Forschungsprobleme der Preußischen Geschichte, in: ders. (Hg.): Handbuch der Preussischen Geschichte, Bd. 1: Das 17. und 18. Jahrhundert und Große Themen der Geschichte Preußens, Berlin 2009, S. 3 – 109, hier S. 14 f. („historiographisches Legitimationsdefi zit“, „(kultur-)politische Ver- spätungslage Brandenburg-Preußens“); ferner Wittenauer, Volker: Im Dienste der Macht: Kultur und Sprache am Hof der Hohenzollern. Vom Großen Kurfürst bis zu Wilhelm II., Paderborn 2007, S. 68 – 70; Fuchs, Thomas: Dynastische Politik, symbolische Repräsentation und Standeserhöhung. Die preußische Königskrönung 1701, in: Lottes, Günther (Hg.): Vom Kurfürstentum zum „Kö- nigreich der Landstriche“. Brandenburg-Preußen im Zeitalter von Absolutismus und Aufklärung (= Aufklärung und Europa; Schriftenreihe des Forschungszentrums Europäische Aufklärung e.V., Bd. 10), Berlin 2004, S. 15 – 35, hier S. 22 – 28. 97 Riedel, CDB, C I, S. 84 – 181 (Briefwechsel zwischen Friedrich I. von Brandenburg und Herzog Ludwig dem Bärtigen von Bayern-Ingolstadt). IV. Magnifi zenz und dynastische Legitimation 37 ter Linie auf ihre großen Verdienste gegenüber Kaiser und Reich, mit denen sie ihren Auf- stieg in den Reichsfürstenstand zu legitimieren suchten. Als Ausweis ihrer dynastischen Legitimität musste etwa die Erinnerung an die ruhmreiche Rolle eines Nürnberger Burg- grafen herhalten, die er im Streit zwischen Ottokar von Böhmen und Rudolf von Habsburg zugunsten des letzteren gespielt hatte98. Gerne bemühten die Hohenzollern auch die Taten des Nürnberger Burggrafen bei der Schlacht bei Mühldorf (1322) zwischen Ludwig dem Bayern und seinem Gegenspieler Friedrich von Habsburg zugunsten des Wittelsbachers99. Offensichtlich spielte es für die Rechtfertigung ihrer Herrschaft keine Rolle, dass sie je nach politischer Interessenlage die Parteien wechselten. Namentlich unter Albrecht Achill nahmen in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts die Bemühungen zu, den Makel des Emporkömmlings unter den Reichsfürsten, der sich mit dem steilen politischen Aufstieg seiner Dynastie im 14. und frühen 15. Jahrhundert in den Augen der Zeitgenossen verband, zu tilgen. Bei diesem Versuch berief sich der Mark- graf-Kurfürst unter anderem auf die seit dem frühen 15. Jahrhundert verbreitete Theo- rie der sogenannten Quaternionen. Ihr zufolge sei das Reich bei der Übertragung auf die Deutschen auf eine Hierarchie von vier Säulen gegründet worden, in denen jeweils die verschiedenen Laienstände von den vier Herzögen bis zu den vier Bauern repräsentiert waren. Sein eigenes Geschlecht rechnete Albrecht Achill in geschickter Verdrehung dieser Theorie den insgesamt sechzehn Fürstentümern zu und leitete daraus die Ebenbürtigkeit der Hohenzollerndynastie gegenüber den anderen Fürsten des Imperium Sacrum ab100. Beliebt waren auch die nicht nur bei den Hohenzollern, sondern innerhalb des ge- samten Reichsfürstenstandes üblichen genealogischen Anstrengungen, das jeweilige Ge- schlecht auf einen großen, vielfach mythischen Ahnherrn, in unserem konkreten Fall auf die Verwandtschaft mit dem römischen Geschlecht der Colonna101, zurückzuführen. Für die Habsburger war dies König Rudolf (1273 – 1291). Dieser „erste“ Habsburger hatte seinen Söhnen – folgt man dem propagierten Selbstverständnis seines Geschlechts – die Fürstentümer Österreich und Steiermark als Dank für ihre Verdienste um das Reich ver- macht. Für die Zeit vor Rudolf bemühten die Habsburger – wie damals durchaus zeitty- pisch – römische und trojanische Ahnherren, um die Dignität ihres Hauses demonstra- tiv herauszustellen. In gezielter Rezeption dieser genealogischen Elemente ließ Albrecht

98 Zum Kampf Rudolfs mit Ottokar von Böhmen vgl. Grundmann, Herbert: Wahlkönigtum, Territori- alpolitik und Ostbewegung im 13. und 14. Jahrhundert (= Gebhardt. Handbuch der deutschen Ge- schichte, Bd. 5), 9. Aufl ., Stuttgart 1988, S. 101 – 105. 99 Vgl. Moeglin, J.-M.: Dynastisches Bewußtsein, S. 632. 100 Zur Theorie der Quaternionen vgl. Müller, Rainer A.: „Quaternionenlehre“ und Reichsstädte in Franken, in: ders. (Hg.): Reichsstädte in Franken. Aufsätze, München 1987, S. 78 – 97; ferner Moeg- lin, J.-M.: a.a.O., S. 632 f. 101 Vgl. Lhotsky, Alphons: Apis Colonna. Fabeln und Theorien über die Abkunft der Habsburger. Ein Exkurs zur Cronica Austrie des Thomas Ebendorfer, in: Das Haus Habsburg (Aufsätze und Vor- träge, 2), München 1971, S. 7 – 102, hier S. 7, 32; Coreth, Anna: Österreichische Geschichtsschrei- bung in der Barockzeit (1620 – 1740) (Veröffentlichungen der Kommission für neuere Geschichte Österreichs, 37), Wien 1950, S. 31; Berner, Ernst: Die Abstammung und älteste Genealogie der Ho- henzollern, in: FBPG 6 (1893), S. 1 – 55, hier S. 4 f.; Schuster, Georg: Der Urstamm Zollern und die Burggrafen von Nürnberg-Zollern, in: Hohenzollern-Jahrbuch 8 (1904), S. 19 – 22. 38 A. Einleitung

Achill seinen Ahnherrn Friedrich Graf von Zollern in die Nähe von Rudolf von Habs- burg, jenes beinahe schon mythischen „ersten“ Habsburgers, rücken, indem dieser jenem Friedrich zum Dank für seine Verdienste um das Reich die Burggrafschaft zu Nürnberg übertrug. Auf diese Weise stilisierte er Friedrich zu einem zweiten, genauer zu einem ho- henzollernschen Rudolf. Für die Zeit vor Friedrich bemühte Albrecht Achill in plumper Nachahmung des habsburgischen Vorbilds ebenfalls die Abstammung seines Geschlechts von den Colonna, um den Rang und die Ehre seiner Dynastie, die sie beanspruchte, zu rechtfertigen und – nötigenfalls – zu verteidigen102. Als ein im Alten Reich konsequent und gerne eingesetztes Instrument, mit dem sich damals wie heute das dynastische Prestige eines Geschlechts messen ließ und lässt, galt die dynastisch, vielfach machtpolitisch motivierte Vermählung. Sie stellte gleichsam eine Art Kristallisationspunkt dynastischer Geltung und Wertschätzung dar, nicht selten ent- puppte sie sich aber auch „als ein trügerischer Pegel politischer Hoffnungen und Wün- sche“ sowie als ein „momentane[r] Gradmesser des Prestiges eines Fürstenhauses“103. Die Hohenzollern bildeten von dieser Regel keine Ausnahme. Sie zeigten sich stets im Rahmen der Statuskonkurrenz unter den Reichsfürsten darum bemüht, ihre Familienmit- glieder möglichst prestigeträchtig und statusfördernd zu verheiraten. Wie aber schnitt das rangniedrigste Kurhaus im Vergleich mit den auf eine lange und altehrwürdige Tradition unter den alten Fürstenhäusern des Reiches zurückblickende Konkurrenz ab? Eine auf der Grundlage von Julius Großmanns „Genealogie des Gesamthauses Hohenzollern“ vom Verfasser vorgenommene statistische Auswertung, bezogen auf den Zeitraum von 1415 bis 1620, ist in diesem Zusammenhang äußerst aufschlussreich104. Konnte sich etwa das prestigeträchtigste unter den großen Geschlechtern des Alten Reiches, das Haus Habs- burg, rühmen, seine Ländereien nicht zuletzt mit den Mitteln einer gezielten Heiratspoli- tik mit den Königshäusern Alteuropas zusammengetragen zu haben, so sieht das Ergeb- nis des Hauses Hohenzollern in dieser Hinsicht deutlich bescheidener aus. Insgesamt kam es zwischen 1415 und 1620 zu 73 Hochzeiten. Die häufi gsten ehelichen Verbindungen (46 Vermählungen) erfolgten bezeichnenderweise mit rangniedrigeren Fürstenhäusern105.

102 Ludwig von Eyb, enger Berater des Markgrafen Albrecht Achill, konzediert in seinen „Denkwür- digkeiten“ unausgesprochen eine solche Imitatio der Habsburger durch seinen Fürsten, wenn er schreibt: „Also das das Fürstentumb Osterreich angeheft ist und stet in seinem herkomen uff der Grafschaft Habspurg. Als auch stet das Fürstenthumb Bairn in seinem herkomen auff der Grafschaft Beirn. Unnd nun das Fürstenthumb des Burggraffthums zu Nürnberg stet in seinem herkomen uff der Grafschaft Zolr“. Vgl. Höfl er, Constantin (Hg.): Des Ritters Ludwigs v. Eyb Denkwürdigkeiten brandenburgischer (hohenzollerischer) Fürsten. (= Quellensammlung für fränkische Geschichte, Bd. 1), Bayreuth 1849, S. 114. Gleichzeitig stellt er die Hohenzollern mit diesen Worten auf eine Rangstufe mit den altehrwürdigen Häusern Wittelsbach und Habsburg. 103 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Magnifi zenz und dynastische Legitimation, S. 15 f. 104 Vgl. Großmann, Julius (Hg.): Genealogie des Gesamthauses Hohenzollern, Berlin 1905. 105 Darunter befi nden sich die herzoglichen und fürstlichen Häuser Baiern-Landshut, Liegnitz und Brieg, Teschen-Beuthen, Pommern-Stettin, Pommern-Barth, Braunschweig-Lüneburg, Mecklen- burg-Schwerin, Baiern-Ingolstadt, Anhalt, Sachsen-Lauenburg, Pommern, Münsterberg, Krossen- Glogau, Jülich-Berg, Sachsen, Schleswig-Holstein-Gottorp, Pommern-Wolgast, Anhalt-Zerbst, Braunschweig-Wolfenbüttel, Sachsen-Meißen, Radziwill, Württemberg, Sachsen-Altenburg, Preu- ßen und Siebenbürgen. Vgl. Großmann, Julius (Hg.): Genealogie des Gesamthauses, S. 13 – 29. IV. Magnifi zenz und dynastische Legitimation 39

Gar sechzehnmal heirateten Angehörige des Hauses Hohenzollern Mitglieder eines weit unter ihnen stehenden Grafenhauses106. Dagegen gelang es ihnen in einem Zeitraum von 205 Jahren nur bescheidene viermal, ihre Familienmitglieder mit einem männlichen oder weiblichen Angehörigen eines Kurhauses zu verehelichen107. Siebenmal verbanden sie sich mit einem statuserhöhenden Königshaus108. Noch in der zweiten Hälfte des 17. Jahr- hunderts musste sich das brandenburgische Herrscherhaus auf dem europäischen Heirats- markt mit einer Randstellung zufrieden geben109. Wie fragil die Grundlagen ihres dynastischen Selbstverständnisses waren, belegt auch ein onomatologischer Vergleich etwa zwischen den Häusern Brandenburg und Habsburg. Verfügten diese in ihrer Jahrhunderte umspannenden stolzen Ahnenreihe über sogenannte Leitnamen wie Rudolf, Maximilian, Philipp, Karl, Ferdinand oder Leopold, bediente sich das Haus Hohenzollern dieses traditionsstiftenden Instruments erst seit der Regierungszeit des Großen Kurfürsten110. Von nun an bis zum Untergang der Hohenzollernmonarchie 1918 trugen die brandenburgisch-preußischen Herrscher in ununterbrochener Linie – und zwar als Einzelname oder in Kombination – dessen Namen. In diesem Umstand dokumentiert sich zweifellos ein über die tatsächlichen oder vermeintlichen militärischen und politischen Erfolge dieser Regenten gewonnenes neues Selbstverständnis der Hohenzollern. Offen- sichtlich mangelte es an einem solchen wie auch immer gearteten bis dahin, ein Leitname konnte sich jedenfalls zwischen 1415 und 1640 bezeichnenderweise nicht durchsetzen. Es wird sich im Folgenden immer wieder erweisen, welche Anstrengungen die bran- denburgischen Herrscher nicht erst seit Friedrich II. und Johann Cicero unternahmen, um den eklatanten Mangel an dynastischer Tradition gegenüber den west- und süddeut- schen Höfen zu kompensieren, der sich ja aufgrund der ständischen Rangverhältnisse aus den dargelegten Gründen auch nicht durch Rückgriff auf die fränkischen Wurzeln behe- ben ließ. Ihre gerade auch unter den beiden Joachimen unternommenen Bemühungen um Aufwertung ihres Ansehens unter den Fürsten des Reiches müssen in diesem Kontext ge- sehen werden. Insbesondere ein Blick auf Schloss und Schlossbezirk offenbart das emi- nente dynastische Bedürfnis der Hohenzollern nach Prestige- und in der Folge Machtstei- gerung gegenüber den wesentlich älteren und mithin angeseheneren Geschlechtern aus den Häusern Wettin, Wittelsbach oder Habsburg. Letztere schickten sich in diesen Jahren

106 Es handelt sich um folgende Reichsgrafen-, Markgrafen-, Pfalzgrafen-, Landgrafen- und Grafen- häuser: Gonzaga-Mantua, Hohenzollern, von Baden, Württemberg, Zweibrücken-Veldenz, Hen- neberg-Römhild, Henneberg-Schleusingen, Brandenburg-Ansbach-Bayreuth, von Rosenberg, Hessen-Darmstadt, Brandenburg-Küstrin, Martinic, Salm-Neuburg und Simmern. Vgl. dazu Groß- mann, Julius (Hg.): Genealogie des Gesamthauses, S. 13 – 29. 107 Und zwar ausschließlich mit dem sächsischen Kurhaus, also ihrem unmittelbaren Grenznachbarn im Süden der Mark. Vgl. dazu Großmann, Julius (Hg.): ebd. 108 Hierbei handelt es sich um Königshäuser im Norden und Nordosten Europas, und zwar dem dä- nischen mit insgesamt drei Vermählungen sowie mit je einer Verbindung zum böhmischen bezie- hungsweise polnischen Königshaus. Vgl. dazu Großmann, Julius (Hg.): ebd. 109 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Magnifi zenz und dynastische Legitimation, S. 15. 110 So auch jüngst Wittenauer, Volker: Im Dienste der Macht, S. 71. 40 A. Einleitung gar an, zur ersten Dynastie im römisch-deutschen Reich aufzusteigen. Dagegen haftete den märkischen Hohenzollern noch lange der Ruf der Landfremdheit an111.

111 Vgl. dazu Neugebauer, Wolfgang: Residenz-Verwaltung-Repräsentation, S. 13. B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur

1. Zur Quellenlage

Über Planung, Bau und Aussehen des Renaissanceschlosses Joachims II. sind kaum schriftliche Quellen aus der Zeit dieses Kurfürsten auf uns gekommen. Was wir über den Renaissancebau Joachims II. wissen, stammt aus verstreuten Quellen späterer Zeit. Hierzu gehören beispielsweise ein Manuskript aus dem Turmknopf der Nicolaikirche, das bei Reparaturarbeiten im Jahre 1584 dort eingelegt wurde, sowie zwei Reiseberichte. Der eine gibt Auskunft über die Reise des polnischen Bischofs Gorka im Auftrag König Si- gismunds von Polen 1540 nach Berlin, der andere stammt von Philipp Hainhofer aus dem Jahre 1617. Wissenswertes erfahren wir zudem aus dem „Microcronicon Marchium“ des märkischen Chronisten Peter Hafftitz112, der – seit etwa 1550 ein Menschenalter lang als Lehrer in der Residenzstadt tätig – unter den Chronisten des Reformationszeitalters zu den wichtigsten Zeugen der Schlossgeschichte gehört. Über die Außenansicht des Renaissanceschlosses unterrichten uns eine Reihe von Kupferstichen, Zeichnungen und Plänen aus dem 16. und 17. Jahrhundert113. Als älteste erhaltene Ansicht Berlin-Cöllns gelten die Reisebilder des Pfalzgrafen Ottheinrich aus den Jahren 1536/37114. Zwei Kopien eines im 2. Weltkrieg zerstörten Ölbildes aus Schloss

112 Hafftitz, Peter: Microcronicon Marchium. Darin kürtzlich und eigentlich verfasset ist der Zustandt des Chur- und Fürstenthumbs Brandenburg … beschrieben durch M. Petrum Hafftitium, weiland Rectorem beider Schulen zu Berlin und Cöllen an der Sprewe, Anno Domini MDXCIV, in: Riedel, CDB, D I, S. 46 – 167. Zu seiner Person siehe: Holtze, Friedrich: Die Berolinensien des Peter Haff- tiz, in: Schriften des Vereins für die Geschichte Berlins, Heft XXXI, Berlin 1894, S. 1 – 99. 113 Vgl. Clauswitz, Paul: Die Pläne von Berlin und die Entwicklung des Weichbildes, Berlin 1906. Nachdruck mit Ergänzungen in: Clauswitz, Paul/Zögner, Lothar: Die Pläne von Berlin von den An- fängen bis 1950, Berlin 1979, S. 6 – 12. Ferner: Schulz, Günther: Die ältesten Stadtpläne Berlins. 1652 bis 1757, Weinheim 1986, S. 13 – 16; ders: Die Stadtpläne von Berlin 1652 bis 1920 (= Schrif- tenreihe des Landesarchivs Berlin, Bd. 3), Berlin 1998; Börsch-Supan, Helmut: Die Berlin-Potsda- mer Residenzlandschaft in Ansichten bis zur Zeit Friedrich Wilhelms III., in: FBPG N.F. 8 (1998), S. 25 – 51, bes. S. 25 – 33. 114 Vgl. Marsch, Angelika/Biller, Josef H./ Jacob, Frank-Dietrich: Die Reisebilder Pfalzgraf Otthein- richs aus den Jahren 1536/37. Von seinem Ritt von Neuburg a. d. Donau über Prag nach Krakau und zurück über Breslau, Berlin, Wittenberg und Leipzig nach Neuburg, Faksimile- und Kommentarbd., Weißenborn 2001. 42 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Tamsel in der Neumark wurden von der älteren115 wie von der jüngeren116 bau- und kunst- historischen Forschung immer wieder zur Rekonstruktion der Außenansicht des ehemali- gen Joachimsbaues herangezogen (Abbildung 1). Gleiches gilt für das Gemälde von Ma- ximilian Roch aus dem Jahre 1834. Dieses zeigt in perspektivischer Ansicht von Südosten aus über die „Lange Brücke“ hinweg und mit großer Liebe zum Detail nicht nur die von 1698 bis 1716 barockisierten Bauteile des Schlosses, sondern auch den Spreefl ügel mit seinen Bauten aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Überaus aufschlussreich, da es sich um eine der ältesten Ansichten von Berlin handelt, ist auch die Radierung Caspar Merians aus dem Jahre 1652117 (Abbildung 2). Merians Blick richtet sich, aus Nordwesten, also von der späteren Lustgartenseite her kommend, auf die „Chur. Fürstl[iche] Resi[denz]. St[adt] Berlin v[nd] Cöln“ und zeigt das Schloss mit der Domkirche samt den dazuge- hörigen Klosterbauten. Ferner gibt die Radierung den Blick frei auf das Cöllnische Rat- haus, die Petrikirche sowie auf das Berlinische Rathaus samt Marien-, Nikolai- und Klos- terkirche. Erschienen im selben Jahr und am selben Ort beim Verlag Matthias Merian zu Frankfurt ist der Stadtplan von Johann Gregor Memhardt (Abbildung 3). Auf ihm blickt uns noch die Darstellung der alten Stadtmauern entgegen, die sowohl die Berliner als auch die Cöllnische Seite umschließen. In diesem Memhardtschen „Grundrisz der Bey- den Churf[ürstlichen] Residentz Stätte Berlin vnd Cölln an der Spree“ sind Kloster-, Ma- rien- und Nikolaikirche und Berlinisches Rathaus jenseits sowie Cöllnisches Rathaus und Petrikirche diesseits der Spree als markante Punkte herausgehoben. Sehr detailliert ist der gesamte Schlosskomplex samt Lustgarten, Domkirche und (späterer) Lindenallee darge- stellt. Für die äußere Rekonstruktion des Renaissanceschlosses wichtig sind nicht zuletzt das Randbild vom Stadtplan des La Vigne aus dem Jahre 1685 mit seiner Darstellung von Schloss- und Domkomplex aus der Vogelperspektive über die Spree hinweg (Abbil- dung 4) sowie die Bleistiftzeichnungen des augsburgischen Malers und Stechers Johann Stridbeck des Jüngeren (Abbildungen 5–6). Von ihm wohl bei seinem Aufenthalt in Ber- lin um 1690 angefertigt, dokumentieren diese Zeichnungen den Zustand des Schlosses vor seinem durch Schlüter und Eosander von Göthe vorgenommenen barocken Umbau. Das Interesse der Forschung galt namentlich drei Zeichnungen, von denen die eine den Blick von der östlichen Berliner Seite über die Spree hinweg auf Domkirche und Schloss freigibt (Abbildung 6). Der Betrachter schaut bei dieser Zeichnung frontal auf die Spree-

115 Zu nennen sind hier vor allem die Arbeiten von Dohme, Robert: Das Königliche Schloß in Berlin. Eine baugeschichtliche Studie, Leipzig 1876; Borrmann, Richard: Die Bau- und Kunstdenkmäler von Berlin, Berlin 1893 und insbesondere von Geyer, Albert: Geschichte des Schlosses zu Berlin, Bd. 1, Berlin 1936. 116 Stellvertretend seien in diesem Zusammenhang genannt die Publikationen von Peschken, Goerd/ Klünner, Hans-Werner: Das Berliner Schloß unter Mitarbeit von Fritz-Eugen Keller und Thilo Eg- geling, Frankfurt a.M. 1982; Wiesinger, Liselotte: Das Berliner Schloß. Von der kurfürstlichen Re- sidenz zum Königsschloß, Darmstadt 1989 sowie jüngst Schich, Winfried: Anlage und Funktion des Schlosses und des Schloßbezirks in Mittelalter und Renaissance, in: Ribbe, Wolfgang (Hg.): Schloß und Schloßbezirk in der Mitte Berlins. Das Zentrum der Stadt als politischer und gesell- schaftlicher Ort (= Publikationen der Historischen Kommission zu Berlin), Berlin 2005, S. 25 – 44. 117 Merian, Matthias: Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae, Frankfurt am Main 1652 [Faks.-Ausg. Kassel 1965], S. 26. I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 43

fl ügelfront, erblickt aber gleichzeitig – allerdings perspektivisch arg verzerrt – den Stech- bahnfl ügel einschließlich der von Arnold Nering, dem Baumeister des Großen Kurfürs- ten, vorgebauten Bogenlauben. Stridbecks Zeichnung zeigt weiterhin den kurfürstlichen Marstall, Bauten im Lust- garten sowie die im Südosten gelegene „Lange Brücke“, die uns hier noch als Holzbrü- cke entgegenblickt. Für das Aussehen der Innenhofseite des Schlosses von Interesse ist eine weitere Bleistiftzeichnung Stridbecks aus eben diesem Jahre. Sie zeigt sehr schön sowohl die Innenhoffront des Spreefl ügels als auch die Innenhoffassade des Stechbahn- fl ügels. Beim Anblick dieser Bleistiftzeichnung gewinnt der Betrachter einen plastischen Eindruck von der gesamten Räumlichkeit des Schlossinnenhofes. Die beiden Wendelstie- gen mit dem damit verbundenen Konsolgang an der Spreehofi nnenseite sowie der auf der linken Seite angelegte Treppenlauf zur Wendelstiege in der Mitte der Innenhoffassade des Stechbahnfl ügels sind nur die herausragendsten Bauelemente in dieser mit viel Liebe zum Detail gezeichneten Darstellung. Die beiden Kupferstiche von Jacobus Francus geben über die Darstellung des Schloss- äußeren hinaus Auskunft über die Nutzung der dargestellten Örtlichkeiten (Abbildungen 7–8). Sie stellen die beiden ältesten bekannten Illustrationen des Schlosses zu Cölln an der Spree dar118. Wird im Stich von 1593 ein Ringelrennen auf der Stechbahn aus Anlass der Taufe Markgraf Sigismunds von Brandenburg dargestellt119 (Abbildung 7), zeigt der Künstler im Stich von 1596 ein Feuerwerk aus dem Jahre 1595 zu Ehren König Chris- tian IV. von Dänemark am selben Ort120 (Abbildung 8). Ungenauigkeiten in der Darstel- lung der Stechbahnfront reduzieren allerdings den Quellenwert mit Blick auf den Versuch einer Rekonstruktion des Schlossäußeren. Abschließend sei noch auf eine lavierte Feder- zeichnung von Jan van Call den Älteren um 1690 hingewiesen. Sie fi ndet sich heute im Amsterdamer Rijksprentenkabinet. Über die „Lange Brücke“ hinweg richtet der Zeichner unseren Blick in nordwestlicher Richtung auf die Stechbahnfassade mit ihren Bogenlau- ben, erlaubt uns aber auch die Betrachtung der Spreefrontfassade sowie auf die jenseits der Spree gelegene Burgstraße.

118 Die „Relationes historicae“ erschienen zu den halbjährlichen Messen in Frankfurt am Main und stellen so etwas wie eine frühe Form der heutigen Regenbogenpresse dar. In Text und Bild erfuhren ihre Leser die neuesten Ereignisse an deutschen Fürstenhöfen und sorgten so für die in den Augen der jeweiligen Dynastie wünschenswerte Generierung von „symbolischem Kapital“ (Bourdieu). Siehe hierzu Völkel, Michaela: Das Bild vom Schloß. Darstellung und Selbstdarstellung deutscher Höfe in Architekturserien 1600 – 1800 (= Kunstwissenschaftliche Studien 92), München/Berlin 2001, S. 100 – 112; ferner Peschken, Goerd/Klünner, Hans-Werner: Das Berliner Schloß, S. 33 – 38. 119 „Auffzuge Undt ring rennen So gehalten Worden nach des Churfürsten Von Brandenburg Kindtauf- fen Zu Collen an der Spree Vom 11 bis 15 Novemb 92“. Es handelt sich hierbei um einen Bericht samt Illustration aus einer der ersten Nummern (1593) der „Relationes historicae“. Der dazugehö- rige Bericht ist vollständig abgedruckt bei Peschken, Goerd/Klünner, Hans-Werner: Das Berliner Schloß, S. 34 ff. 120 „Freuden feur so ihre C.(hur) F.(ürstliche) G.(naden) zu Brandenburg ihr Königl. Wird. (= Wür- den) in Denmarck zu sondern ehren hat abgehn lassen zu cölln an der spre Anno 1595“, Historicae relationis continuatio 1596, abgedruckt bei: Peschken, Goerd/Klünner, Hans-Werner: Das Berliner Schloß, S. 34 ff. 44 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

2. Das Stadtschloss der Hohenzollern: eine Zwingburg?

Umstritten in der einschlägigen Schlossliteratur121 ist seine äußere Gestalt122. Auf Peschken geht die Ansicht zurück, bei dem neuen Schloss an der Spree handele es sich um eine Zwingburg, die als Antwort auf den „Berliner Unwillen“ errichtet worden sei123. Als Beleg für die Richtigkeit seiner Annahme führt er unter anderem die Stadtmauer an, die nach Osten, an der Spree, nach Norden zum Werder und nach Westen zum cöllnischen Stadtgraben und Dominikaner-Kloster hin von einer hohen Mauer umgeben und im Wes- ten von einem Wartturm, dem nachmaligen Münzturm, gesichert gewesen sei und insbe- sondere durch die Verwendung von Teilen der Stadtbefestigung ihre Verteidigungsfähig- keit „gegen Stadt und Umland“ betont habe124. Auf archäologischer und bauhistorischer Grundlage hat sich Ulrich Schütte dem Urteil Peschkens angeschlossen. Auch er erkennt im „Schloss“ einen „festen, also verteidigungsfähigen“125 Bau, der in seiner Funktion als „Zitadelle“ gegen die Städte Berlin und Cölln gerichtet gewesen sei, und führt zur Un- termauerung seiner These die bereits erwähnte kurfürstliche Urkunde zur Verleihung des Burglehens vom 15.12.1451 an, in der das Schloss als „befestiget“ bezeichnet wurde und darüber hinaus die Inhaber des Burglehens darauf verpfl ichtet wurden, das neue Schloss zu schützen und zu bewachen.

121 Vgl. dazu Dohme, Richard: Das Königliche Schloß in Berlin. Eine baugeschichtliche Studie. Leip- zig 1876; ders.: Zur Baugeschichte des Berliner Schlosses, in: Zeitschrift für Bauwesen 39 (1889), Sp. 469 – 490; Dohna, Siegmar Graf zu: Kurfürstliche Schlösser in der Mark Brandenburg, T. 3: Das königliche Schloß in Berlin, Berlin 1893. Ferner u.a. Borrmann, Richard: Die Bau- und Kunst- denkmäler von Berlin. Nachdruck Berlin 1982; Geyer, Albert: Geschichte des Schlosses zu Ber- lin, Bd. 1, Berlin 1936; Peschken, Goerd/Klünner, Hans-Werner: Das Berliner Schloß, Frankfurt a. M. 1982; Wiesinger, Liselotte: Das Berliner Schloß, Darmstadt 1989; Hinterkeuser, Guido: Das Berliner Schloss. Der Umbau durch Andreas Schlüter, Berlin 2003; ders.: Sächsische Architektur für Brandenburg. Der Johann-Friedrich-Bau von Schloss Hartenfels in Torgau und das Berliner Schloss unter Kurfürst Joachim II. (1535 – 1571), in: Marx, Harald/Kluth, Eckhard (Hg.): Glaube und Macht, Sachsen im Europa der Reformationszeit, Bd. 1 Katalog, Bd. 2 Aufsätze, Dresden 2004, hier Bd. 2, S. 220 – 235; ders.: Funktion und Prestige: Der Ausbau des Berliner Schlosses im 16. Jahrhundert, in: Cranach und die Kunst der Renaissance unter den Hohenzollern. Kirche, Hof und Stadtkultur. Eine Ausstellung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Branden- burg in Kooperation mit der Evangelischen Kirchengemeinde St. Petri-St. Marien vom 31. Oktober 2009 bis 24. Januar 2010, Berlin/München 2009, S. 110 – 125; Müller, Matthias: Architektonische Spurenlese in einer untergegangenen Residenzlandschaft. Eine Annäherung an die brandenburgi- sche Residenzarchitektur des 16. Jahrhunderts und ein Ausblick auf Cranachs gemalte Schlossdar- stellungen, in: Cranach und die Kunst der Renaissance unter den Hohenzollern, S. 98 – 109. 122 Grundlegend dazu Nicolas, Raoul: Ist das Schloß Kurfürst Friedrichs II. 1540 ganz abgebrochen worden?, in: Zeitschrift des Vereins für die Geschichte Berlins 54 (1937), S. 58 – 63. 123 Peschken, Goerd/Klünner, Hans-Werner: Das Berliner Schloß, S. 19. 124 Peschken, Goerd/Klünner, Hans-Werner: a.a.O., S. 30; Peschken, Goerd: Das königliche Schloß, S. 18 f. u. S. 30. 125 Schütte, Ulrich: Das Schloß als Wehranlage. Befestigte Schlossbauten der frühen Neuzeit im alten Reich, Darmstadt 1994, S. 120. I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 45

Knut Schulz126 und Eckhard Müller-Mertens127 bestreiten hingegen den Burgcharakter unter Bezug auf Albert Geyer, der auf der Grundlage seiner Ausgrabungen und bauhisto- rischen Studien zu dem Urteil gelangt war, dass das Schloss Kurfürst Friedrichs II. keine Burg gewesen sei.128 Beide vertreten die Auffassung, das neue Schloss sei als Herren- und Wohnhof angelegt worden. Wolfgang Neugebauer nimmt in dieser Auseinandersetzung eine dritte Position ein. Er spricht zwar von einem „burgartigen Charakter“, der durch Verwendung und Umbauung von Elementen der alten Stadtbefestigung entstanden sei. Namentlich an der Nordseite des Schlosskomplexes dominiere die fortifi katorische Funk- tion. Neugebauer macht indessen darauf aufmerksam, dass die These von der Zwingburg für die Südseite des Schlosskomplexes nicht gesichert sei129. Unter Hinweis auf das funk- tionale Profi l des Schlossneubaus weist er die These von der Zwingburg zurück und stellt stattdessen die „von Anfang an“ vorhandene Funktion „als überlokales Herrschaftszen- trum“ in den Mittelpunkt seiner Argumentation. Das Schloss an der Spree sei nicht zu- letzt aus der gewachsenen Bedeutung Berlin-Cöllns als Residenzort entstanden, da die Gebäude in der Klosterstraße den Bedürfnissen der Kanzlei, die wiederum Ausdruck der zunehmenden Qualität der Schriftlichkeit in der Herrschaftsentwicklung der Mark gewe- sen sei, nicht mehr genügt hätten130. Eine affi ne Ansicht hat jüngst Winfried Schich ver- treten, der ebenfalls die Zwingburgthese mit dem Argument des dazu notwendigen und angemessenen Ausbaus der Residenz zurückgewiesen hat131. Allerdings räumt Schich in Anschluss an Ulrich Schütte132 ein, dass eine unbefestigte Stadtresidenz um 1450 eine ausgesprochene Ausnahme bedeutet hätte. In dieser Zeit sei Schlossarchitektur ohne For- tifi kationselemente nicht vorstellbar gewesen. Schich resümiert unter Bezug auf Schütte, das Cöllner Schloss habe sowohl die Funktion des Wohn- als auch diejenige des Wehr- baues in sich vereinigt133. Die moderne Schlossforschung, insbesondere der letzten zehn Jahre, hat am Beispiel der Burgen und Schlösser im Alten Reich hoch bedeutsame Erkenntnisse und Einsich- ten erbracht, die in hohem Maße aufschlussreich auch für unsere Problemstellung sind.

126 Schulz, Knut: Vom Herrschaftsantritt der Hohenzollern, S. 275; in diesem Sinne auch: Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 141; Ahrens, Karl-Heinz: Residenz und Herrschaft, S. 302; Böcker, Heidelore: Die Festigung der Landesherrschaft, S. 191, Escher, Felix: Berlin und sein Umland. Zur Genese der Berliner Stadtlandschaft bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts (= Ein- zelveröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, Bd. 47), Berlin 1985, S. 54 f. 127 Müller-Mertens, Eckhard: Die landesherrliche Residenz, S. 154. 128 Geyer, Albert: Geschichte des Schlosses, S. 15. 129 Neugebauer, Wolfgang: Residenz-Verwaltung-Repräsentation, S. 12. 130 Ebd., S. 12. 131 Schich, Winfried: Anlage und Funktion, S. 43. Beachte dazu die äußerst aufschlussreiche Aussage in: Voigt, Ferdinand/Fidicin, Ernst (Hg.): a.a.O., S. 386, Nr. 106: „... dar wir denn Nu unser Nuwe Sloß und wonunge meynen zu buwen.“ 132 Schütte, Ulrich: Das Schloß als Wehranlage, S. 2. 133 Neuerdings äußerte Wolfgang Ribbe erneut Zweifel daran, ob bei der Errichtung des Berliner Schlosses die Wohnfunktion im Vordergrund gestanden habe. Dies sei – so Ribbe – „nicht erwie- sen“. Vgl. Ribbe, Wolfgang: Berlin als brandenburgisch-preußische Residenz und Hauptstadt Preu- ßens und des Reiches, in: Neugebauer, Wolfgang (Hg.): Handbuch ..., Bd. 1, Berlin 2009, S. 958, Anm. 57. 46 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Insbesondere der Studie von Stephan Hoppe über die funktionale und räumliche Struk- tur des frühen Schlossbaus in Mitteldeutschland verdanken wir die Erkenntnis, dass die „Schlossbauten des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit (...), wie auch ihre Vorgän- ger und Nachfolger, in der Regel und in erster Linie Wohnsitze adeliger Familien und ih- res Haushalts [waren]“134. Aufgrund seiner exemplarischen Rekonstruktion des Raumpro- gramms von fünf mitteldeutschen Schlossbauten des 15. und 16. Jahrhunderts135 konnte er den Nachweis führen, dass den einzelnen Mitgliedern der fürstlichen „familia“136 eine Reihe von selbstständigen Wohneinheiten zur Verfügung standen, die immer aus einer Wohnstube137 und einer Schlafkammer138 bestanden. Um ein Schloss mit moderner Raumorganisation nach sächsischem Vorbild, in des- sen Innerem die Wohnfunktion dominierte139, handelt es sich zweifelsfrei auch im Cöllner Fall140. Aus den Quellen141 geht gesichert hervor, dass die Organisation des herrschaftli- chen Wohnbereichs der dargestellten Appartementstruktur, also einer Wohneinheit, beste- hend aus einer Schlafkammer und einer Wohnstube, entsprach. Von Kurfürstin Katharina, der Gemahlin Friedrichs II., wissen wir, dass sie nach dessen Ableben ihr Zweiraumap- partement, aus Schlafkammer und Wohnstube bestehend, im Spreeschloss behielt. Dieses

134 Hoppe, Stephan: Die funktionale und räumliche Struktur des frühen Schloßbaus in Mitteldeutsch- land. Untersucht an Beispielen landesherrlicher Bauten der Zeit zwischen 1470 – 1570 (62. Veröf- fentlichung der Abteilung. Architekturgeschichte des Kunsthistorischen Instituts der Universität zu Köln, hrsg. v. G. Binding), Köln 1996, hier S. 365. 135 Es handelt sich hierbei um vier kursächsische Anlagen (die Albrechtsburg in Meißen, das Witten- berger Schloss, Schloss Hartenfels zu Torgau sowie Schloss Augustusburg) und ein Schloss der an- haltinischen Fürsten (das Bernburger Schloss). Vgl. Hoppe, Stephan: ebd. 136 Hierzu gehörten selbstverständlich der Schlossherr mit seiner engeren Familie, aber auch hochge- stellte Gäste sowie die Zahl adeliger und bürgerlicher Höfl inge oder Funktionsträger, die im Schloss standesgemäß unterzubringen und zu verköstigen waren. 137 Bei dem Begriff der Stube handelt es sich in den zeitgenössischen Quellen stets um ofenbeheizte Räume. Vgl. Hoppe, Stephan: a.a.O., S. 366, Anm. 481. 138 Mit dem Ausdruck „Kammer“ wird in den Quellen des 16. und 17. Jahrhunderts durchgängig ein nicht ofenbeheizter Raum verbunden. Eine Kammer kann sowohl ein unbeheizter Wirtschafts- als auch ein kaminbeheizter Raum sein. Vgl. dazu Hoppe, Stephan: a.a.O., S. 366, Anm. 482. 139 Freilich weist die Terminologie einzelner Quellen noch darauf hin, dass die Schlafkammer des Fürsten ursprünglich als eigentlicher herrschaftlicher Wohnraum betrachtet wurde, wie der Hoford- nung von 1537 zu entnehmen ist: „Es soll auch unser thurknecht, dieweill wir schlaffen ader eher wir ausgehen, niemand anders, dann die uns in die cammer geschworen, einlassen, es geschege dann aus sonderlichen unserm bevehlich und geheis. Desgleichen sollen die andern unsere cäme- rer auch thun; und ob wir unser gesellicht zu und in unser gemach wurdern fordern, das alsdann die graven, herrn, edelleuth ader wer sie sein, ire knecht in die hofstuben ader vor unser gemach las- sen.“ (Haß, Martin: Die Hofordnung Kurfürst Joachims II. von Brandenburg. Neu herausgegeben und durch Untersuchungen über Hofhalt und Verwaltung unter Joachim II. erläutert (= Historische Studien, H. 87), Berlin 1910, Nachdruck Vaduz 1965, S. 35 f.). Vgl. dazu bes. Hoppe, Stephan: a.a.O., S. 373. 140 Vgl. hierzu Nolte, Cordula: Die markgräfl iche Familie am Hof zu Berlin und Ansbach 1470 – 1486. Versorgung – Wohnstrukturen – Kommunikation, in: Nolte, Cordula u.a. (Hg.): Principes. Dynas- tien und Höfe im späten Mittelalter. Stuttgart 2002, S. 147 – 169, hier S. 157 – 159. 141 Die zeitgenössischen Quellen sprechen in der Regel von einem „gemach“, worunter mithin kein einzelnes Zimmer, sondern eine Raumfolge, ein Appartement, zu verstehen ist. I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 47 wurde noch um drei weitere Räume zur Unterbringung ihres Gefolges142 und einen Spei- seraum ausschließlich für ihr weibliches Personal143 erweitert. Über ein eigenes Wohn- appartement verfügte auch Markgräfi n Margarethe, zweitälteste Tochter Katharinas und Friedrichs II. Es bestand aus Kammer und Stube sowie einem Wohn- und einem Schlaf- raum für ihren Hochmeister und zwei Pagen144. Für Albrecht Achills zweite Gemahlin Anna, Tochter des Kurfürsten von Sachsen, ist ebenfalls ein Frauenzimmer bezeugt145, das nach Ansbacher Vorbild von ihrem Mann für sie „auf dem obern boden“, also unter dem Dach, eingerichtet wurde und aus einer Wohnstube und einer Schlafkammer bestand. Zu ihrem „gemach“ gehörten ferner Stube und Kammer für ihre Jungfrauen sowie eine „grossen stuben, darin man ißt“146. Aus einem Schreiben des Bischofs von Lebus vom 14. September 1475 erhellt, dass auch Albrecht Achill im Schloss zu Cölln an der Spree – obwohl er die Mark während seiner sechzehnjährigen Regentschaft nur insgesamt dreimal besuchte147 – über ein eigenes „gemach“ verfügte148. Den Wohncharakter des Cöllner Hof- lagers bezeugt ferner der Wunsch Albrecht Achills nach der Anlage einer Badestube und einer „zylstat“, also eines Schießstands, wiederum nach Ansbacher Vorbild, im Schloss- garten149. Von der „hindersten camer“ eines „gemachs“ ist ferner die Rede bezüglich der Unterbringung Markgräfi n Barbaras, Tochter Albrecht Achills, anlässlich einer ernsthaf- ten Erkrankung im Jahre 1481150. Eine erstaunlich systematisierte und geometrisch regularisierte Appartementstruktur fi ndet sich noch gut 100 Jahre später in dem Lynarschen „Quergebäude“ auf der Westseite

142 Riedel, CDB, C II, Nr. 55, S. 55. 143 „Item man sol zu malzeit nymandt ausz der kuchen speisen, denn vff den herrn sal vnd In der alten frowen gemach.“ Vgl. Riedel, CDB, C II, Nr. 93, S. 121. 144 „Ordnung vnd verlasz vnsers gnedigen Hern margrauen Albrechts (...) mit dem frewichen vnd fraunzymmern“. Vgl. Riedel, CDB, C II, Nr. 77, S. 92 f. 145 Zum Frauenzimmer als einem Ort kontrollierter Geselligkeit vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 77 f.; die Dresdner Frauenzimmerordnung Herzog Moritz’ von Sachsen von 1541 (Kern, Arthur (Hg.): Deutsche Hofordnungen des 16. und 17. Jahrhunderts. Mit Unterstützung der K. Preußischen Akademie der Wissenschaften (= Denkmäler der deutschen Kulturgeschichte, 2. Abt., Bd. 1 und 2), Berlin 1905 – 1907, hier Bd. 2, 1907, S. 36); die Ordnung Markgraf Johanns von Küstrin für den Hofmeister und den Türknecht des Frauenzimmers von etwa 1561 (Kern, Bd. 1, 1905, S. 78 – 82) sowie die Frauenzimmerordnung aus der Zeit Herzog Albrechts von Preußen (Kern, Bd. 1, 1905, S. 90 – 96). 146 Vgl. Priebatsch, Felix (Hg.): Politische Correspondenz des Kurfürsten Albrecht Achilles, Bd. I, Nr. 83, S. 166 (Zettel zum Schreiben vom 18. August 1470). 147 Vgl. das Itinerar Albrecht Achills, 16. März 1470 – 11. März 1486, in: Politische Correspondenz, Bd. III, S. 533 – 542. 148 Vgl. Politische Correspondenz , Bd. II, Nr. 153, Anm. 2; das Schreiben des Bischofs von Lebus vom 14. September 1475 spricht von einer „stub und cammer, da wir [Albrecht Achill; A.B.] inne waren“. Dieses Appartement stammte von 1443/51, also aus der Erbauungszeit des Schlosses. Dazu auch Hoppe, Stephan: Die funktionale und räumliche Struktur des frühen Schlossbaus, S. 389, Anm. 531, S. 410. 149 Vgl. Politische Correspondenz, Bd.I, Nr. 166, S. 240 (Anweisung Albrecht Achills an den Berliner Mühlschreiber Siegmund Plohofer vom 8. April 1471). Vgl. hierzu ferner Wiesinger, Liselotte: Das Berliner Schloß, S. 84; zuletzt Jager, Markus: Der Berliner Lustgarten. Gartenkunst und Stadtge- stalt in Preußens Mitte (= Kunstwissenschaftliche Studien Bd. 120), München/Berlin 2005, S. 25. 150 Vgl. Politische Correspondenz, Bd. II, Nr. 595, S. 550 f. 48 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert des inneren Schlosshofs151. Funktional erfüllte dieser Bau nach dem Willen seines kur- fürstlichen Auftraggebers die Aufgabe, den im Spreeschloss knapp gewordenen Wohn- raum zu erweitern. Das Anwachsen von Hofhaltung und Verwaltung sowie die seit der Wiedervereinigung von Alt- und Neumark erfolgte Landesvergrößerung hatten dazu ge- führt, dass für die gestiegene Zahl an in- und ausländischen Gästen, die Gesamtheit des Hofstaats sowie die große Zahl der im Schloss unterzubringenden kurfürstlichen Amts- träger nicht mehr genügend Wohnraum zur Verfügung stand. Lynars bauliche Antwort auf den diagnostizierten Wohnraummangel setzt noch heutige Betrachter in Erstaunen. Nicht nur normierte er – Ausdruck seiner für die damalige Zeit ungewöhnlichen, äußerst ratio- nalen Bauführung – die zum Bau notwendigen Werksteinteile. Fenster- und Türrahmen, Treppenstufen ebenso wie Mauersteine und Dachziegel bestellte er in großer Stückzahl und nach vorher von ihm errechneten Maßen. Diese auf Effi zienz, Ökonomie und Ratio- nalität fußende Bauführung realisierte er, indem er dort pro Geschoss vier Wohnungen á zwei Räumen nach dem inneren und äußeren Schlosshof zu anlegte, und zwar jeweils ein Vor- und ein Schlafzimmer, so dass das „Quergebäude“ über insgesamt 20 Wohnungen inklusive der vier zusätzlichen Wohnungen in den Zwerchhäusern verfügte. Für die Un- terbringung höchster Herrschaften konnten zwei Wohnungen einer Seite zusammengelegt werden. Zudem legte er anstelle der seit dem Mittelalter üblichen Hängeaborte über den Burggräben Innenklosetts an und besorgte den Bau von Abfallschächten für jeweils vier Aborte in jedem Stockwerk, die im Kellergeschoss in zwei Abfallgruben endeten. Die Zwei-Raum-Appartements waren beheizbar, in den Vorzimmern jeweils über einen Ka- chelofen, in den Schlafzimmern über einen Kamin. Soweit zur Innenraumstruktur. Wie aber stand es um die äußere Hülle, das „corpus“ des Spreeschlosses? Von einer „Zwingburg“ kann nach dem oben Gesagten, jedenfalls was das Schloss- innere angeht, mitnichten die Rede sein. Die Wohnfunktion lag dem Erbauer des ersten Schlosses als leitendes Motiv von Beginn an am Herzen. Aber auch, was das „corpus“ des Spreeschlosses anbelangt, ist die Zwingburgthese, wie sie namentlich von der älteren Forschung vertreten wurde, zurückzuweisen. Bereits Ulrich Schütte machte in seiner grundlegenden Studie zum Schloss als Wehr- anlage152 darauf aufmerksam, dass die Wehrhaftigkeit im deutschen Schlossbau des 15. und 16. Jahrhunderts zwar gegenüber dem Burgenbau deutlich zurücktritt, aber keines- wegs aufgegeben worden ist. Noch wichtiger jedoch war Schüttes begriffl iche Diffe- renzierung zwischen realer und symbolischer Wehrhaftigkeit153, zu der ihn die sorgfäl-

151 Vgl. dazu Geyer, Albert: Geschichte des Schlosses, S. 49 f., Wiesinger, Liselotte: Das Berliner Schloß, S. 78 ff., Hoppe, Stephan: Die funktionale und räumliche Struktur des frühen Schlossbaus, S. 397. – Die erhaltenen Lagepläne des Erdgeschosses und des ersten und zweiten Obergeschosses sind wiedergegeben bei: Wiesinger, Liselotte: a.a.O., Abb.37 und Peschken, Goerd/Klünner, Hans- Werner (Hg.): Das Berliner Schloß, Abb. S. 33. 152 Schütte, Ulrich: Das Schloß als Wehranlage. Befestigte Schlossbauten der frühen Neuzeit, Darm- stadt 1994. 153 Vgl. Schütte, Ulrich: a.a.O., S. 233 ff. I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 49 tige Analyse der um 1500 erfolgten Veränderungen im Kriegswesen führte154. Zu Recht konstatierte er das rasche Schwinden der militärisch funktionalen Wehrhaftigkeit ange- sichts des Sieges der Belagerungsartillerie über die Burgen und festen Rittersitze. Zwar vermochten sie ihre Bewohner noch vor plötzlichen Überfällen zu schützen, einer Artil- leriebelagerung hielten sie jedoch nicht stand. Weit vorgelagerte Bastionärssysteme über- nahmen in der Folge Aufgabe und Funktion der alten Burgen155. An die Stelle der realen Wehrhaftigkeit trat nun die symbolische. Die seit Jahrhunderten im Bewusstsein der Zeit- genossen etablierten Formen der Wehrarchitektur mit ihren Türmen, Erkern, Wehrgängen, Gräben und Zugbrücken lösten sich aus ihrem ursprünglichen funktionalen Kontext und legten sich nunmehr dem „auf andere Weise gesicherten Schloß wie ein schmückendes Dekorum“156 um157. Matthias Müller verdanken wir in diesem Zusammenhang den mei- nes Erachtens entscheidenden Hinweis, wonach die in der Schlosssymbolik vorgeführte Wehrhaftigkeit sich keineswegs vorrangig als Spielart des Militärischen begreift und sich darin erschöpft. Vielmehr erkennt er in den für den frühen und auch noch späten Schloss- bau konstitutiven Elementen die Spiegelung und Sichtbarwerdung von Ideen, die „von besonderen herrschafts- und staatsethischen Überzeugungen getragen (werden) und damit letztlich die Sphäre des religiösen, dynastischen und rechtlichen Denkens (betreffen)“158. Für zahlreiche Schlösser inner- und außerhalb der europäischen Gesittungsgemein- schaft ist in den letzten Jahren der eindrucksvolle Nachweis erbracht worden, dass ihre ostentative Wehrarchitektur von den Zeitgenossen in diesem Sinne als symbolischer

154 Vgl. im allgemeinen Wohlfeil, Rainer: Adel und neues Heerwesen, in: Rössler, Hellmuth (Hg.): Deutscher Adel, Bd. 1, 1430 – 1555, Darmstadt 1965, S. 205 ff., 223 ff.; ferner Delbrück, Hans: Ge- schichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte, T. 3, Das Mittelalter, Berlin 1907, S. 315 ff., 464 ff., bes. S. 483 ff.; Frauenholz, Eugen von: Entwicklungsgeschichte des deutschen Heerwesens, Bd. 1, München 1935, S. 114 ff.; Schmidtchen, Volker: Mittelalterliche Kriegsma- schinen, Soest 1983, S. 91 ff. – Unter landesgeschichtlicher Perspektive bedarf der Sieg der Bela- gerungsartillerie über die Burgen noch der genaueren Erforschung. 155 Für Brandenburg ist an den Um- und Ausbau der Festungen Spandau, Küstrin und Peitz zu denken, die bezeichnenderweise sämtlich auf den Fundamenten alter niedergelegter Burgen errichtet wur- den. In diesem Zusammenhang ist auch an den Niedergang des wehrhaften Teils der brandenbur- gischen Ritterschaft, der Burgherren, zu erinnern, die im Verlaufe des 15. Jahrhunderts ihre militä- rische Funktion für die Landesherrschaft einbüßten. Vgl. hierzu Biller, Thomas: Das „Bastionierte Schloß“ als Bautypus des 16. Jahrhunderts. Zur Einordnung von Schloß und Festung Homburg, in: Schmidtchen, Volker (Hg.): Festung, Ruine, Baudenkmal. Historische und denkmalpfl egerische As- pekte der Festungsforschung (Schriftenreihe Festungsforschung 3), Wesel 1984, S. 25 – 47. 156 Müller, Matthias: Spätmittelalterliches Fürstentum im Spiegel der Architektur, S. 107 – 145, hier S. 112 f. 157 Noch bis zum Ende des Alten Reiches gehörten die Hauptelemente des Schlossbaus und ihre Deri- vate wie Turm, fürstliches Haus, Saalbau, Kapelle, Schlosstor zum symbolträchtigen Fundus, aus dem sich die fürstlichen Bauherren und ihre Baumeister bei der Konzeption von Schlossbauten re- gelmäßig bedienten. Vgl. zum Komplex der herrschaftlichen Metaphorik in der Residenzarchitektur des Alten Reichs Müller, Matthias: Das Schloß als Bild des Fürsten. Herrschaftliche Metaphorik in der Residenzarchitektur des Alten Reiches (1470 – 1618), Göttingen 2004; ferner Hoppe, Stephan: Wie wird die Burg zum Schloß? Architektonische Innovation um 1470, in: Laß, Heiko (Hg.): Von der Burg zum Schloß. Landesherrlicher und adeliger Profanbau in Thüringen im 15. und 16. Jahr- hundert (Palmbaum-Texte 10), Bucha bei Jena 2001, S. 95 – 116. 158 Müller, Matthias: Spätmittelalterliches Fürstentum im Spiegel der Architektur, S. 113. 50 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Ausdruck fi ktiver Wehrhaftigkeit verstanden und seitens ihrer fürstlichen Auftraggeber als Artikulation ihres religiösen, dynastischen und rechtlichen Selbstverständnisses in herrschaftslegitimierender Absicht begriffen und gezielt eingesetzt wurde159. Das Hohenzollernschloss macht davon keine Ausnahme. Die an exponierter Stelle vorhandenen, weithin sichtbaren und unverzichtbaren Elemente mittelalterlicher Burgen- architektur am Schloss in Cölln an der Spree160, die von den Vertretern der Zwingburg- these bislang als bauhistorische Argumente für sich ins Feld geführt werden konnten, entpuppen sich bei näherem Hinsehen als herrschaftslegitimierende Zeichen, die darüber hinaus von Macht, Ruhm und Glanz der Hohenzollern-Dynastie (oder zumindest von ih- rem Anspruch darauf) künden. Welche Zeichensysteme im einzelnen zur fürstgerechten architektonischen Formensprache am Cöllner Schloss zählten, welche Funktion die kur- brandenburgische Residenz und die darin versammelten höfi schen Zeichensysteme kon- kret zu erfüllen hatten und welche Wirkung sie auf den Gast zeitigen sollten, davon an anderer Stelle mehr. Für den hier erörterten Problemzusammenhang genügt die Erkennt- nis, dass bereits für den Friedrichsbau an der Spreeseite die Zwingburgthese aus den ex- plizierten Gründen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu verwerfen ist.

3. Das Spreeschloss als Sitz des Fürsten

3.1 Das Schlossgebäude als exponierter Ort für die Pfl ege des dynastischen Gedächtnisses

Betrachtet man die Art und Weise, wie die Kurfürsten von Brandenburg in der Frühen Neuzeit mit ihrem Residenzschloss zu Cölln an der Spree umgingen, so fallen zwei Punkte auf: erstens ein schonender Umgang mit den älteren Bauteilen der ersten Schloss-

159 Mit weiterführender Literatur zu diesem Thema vgl. u.a. Hahn, Peter-Michael: Das Residenzschloss der frühen Neuzeit. Dynastisches Monument und Instrument fürstlicher Herrschaft, in: Paravicini, Werner (Hg.): Das Gehäuse der Macht. Der Raum der Herrschaft im interkulturellen Vergleich. Antike, Mittelalter, Frühe Neuzeit (= Mitteilungen der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Sonderheft 7), Kiel 2005, S. 55 – 74. 160 An dieser Stelle sei nur auf die Turm- und Erkerarchitektur, die Galeriegänge als Derivate der alten Wehrgänge, auf den Schlossgraben oder auf die Zugbrücke verwiesen, deren fortifi katorische Wir- kung bislang im Sinne der Zwingburgtheorie missdeutet wurde. So führten deren Vertreter etwa die Erwähnung einer hochgezogenen Zugbrücke und eines Wassergrabens, etwa im Zusammenhang der Flucht der Kurfürstin Elisabeth im Jahre 1528, als Argument dafür an, dass es sich aus diesem Grunde beim Cöllner Schloss nur um eine Wehrburg gehandelt haben könne. Als Beleg für einen Wehrbau wurde auch immer wieder der Bericht des Grafen Dohna vom 19. März 1659 ins Feld geführt, in dem der Vorschlag unterbreitet wird, zur Sicherung des Schlosstores bei der Hof- und Domkirche eine Wolfsgrube mit Zugbrücke anzulegen, „weil ohne dem alle Pforten ums Schloß herumb mit Brücken versehen sein“. Vgl. Bericht des Statthalters Graf Dohna an den Großen Kur- fürsten vom 19. März 1659, in: Borrmann, Richard: Die Bau- und Kunstdenkmäler, S. 259; ferner Geyer, Albert: Geschichte des Schlosses, S. 17. I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 51 anlage beziehungsweise deren Vorgängerbaus161 und zweitens eine wohl ursprünglich rei- che dekorative Ausschmückung des Baus mit ikonographischen Hinweisen auf Personen und Symbole, die auf die kurbrandenburgische Dynastie entweder direkt verwiesen oder aber in einer irgendwie gearteten politisch-dynastischen Beziehung zum Hause Hohen- zollern standen162. So ließ Kurfürst Joachim II. zwischen 1537 und 1540 seinen Neubau längs der Spree, der den gewandelten repräsentativen und funktionalen Anforderungen geschuldet war, auf den Fundamenten und Mauern des alten Schlosses von 1442/51 er- richten163. Um einen als triumphierenden Gestus gemeinten Akt der neuen Zeit über die alte wird es sich hierbei in den Augen seines fürstlichen Erbauers wohl kaum gehandelt haben. Vielmehr liegt es nahe, die Bewahrung des Grünen Huts, der Schlosskapelle und weiterer Bauzeugnisse aus der Zeit des ersten Schlossbaus in den Jahren 1442 bis 1452 und davor sowie deren schonende Integration in den Neubau als einen „Akt der Reno- vatio“, also der Wiederherstellung und Erneuerung des alten, von den Vorvätern ererbten Schlosses durch Kurfürst Joachim II. zu interpretieren164. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich beim Berliner Schlossneubau – analog den um diese Zeit verstärkt einsetzenden Schlossum- und Schlossneubauten im Reich, insbesondere im mitteldeutschen Raum165 –

161 Vgl. dazu Müller, Matthias: Warum die Könige von ihren Architekten beim Schlossbau soviel Rücksicht auf die Geschichte forderten, in: Jussen, Bernhard (Hg.): Die Macht des Königs. Herr- schaft in Europa vom Frühmittelalter bis in die Neuzeit, München 2005, S. 326 – 349; ferner Hinter- keuser, Guido: Pragmatisch oder programmatisch? Zur Retrospektivität von Kunst und Architektur am Berliner Hof zur Zeit Friedrichs III./I. (1688 – 1713), in: Berlin in Geschichte und Gegenwart, Jahrbuch des Landesarchivs Berlin 2007, S. 7 – 32; Müller, Matthias: Das Mittelalter hinter barocker Maske. Zur Visualisierung architektonischer Tradition in den Residenzbauten der Hohenzollern und Wettiner um 1700, in: Hahn, Stephanie/Sprenger, Michael (Hg.): Herrschaft – Architektur – Raum. Festschrift für Ulrich Schütte zum 60. Geburtstag, Berlin 2008, S. 124 – 146, S. 314 – 357. 162 Diese Beobachtung ist in den letzten zehn Jahren von der Forschung an zahlreichen Schlossbau- ten des Alten Reichs bestätigt und genauer auf die Motive hin untersucht worden. Insbesondere die einschlägigen Arbeiten Matthias Müllers zu diesem Problemkreis dürfen als bahnbrechend gelten. Ihnen verdankt das vorliegende Kapitel zur Funktion und Bedeutung des Hohenzollernschlosses viel. Vgl. insbesondere seine anregende Untersuchung: Müller, Matthias: Das Residenzschloß als Haupt des Fürsten. Zur Bedeutung von Corpus und Caput im frühneuzeitlichen Schloßbau der An- haltiner, in: Freitag, Werner/Hecht, Michael (Hg.): Die Fürsten von Anhalt. Herrschaftssymbolik, dynastische Vernunft und politische Konzepte in Spätmittelalter und früher Neuzeit, Halle 2003, S. 123 – 143. 163 Der Chronist und kurfürstliche Archivar Johann Cernitz berichtet, dass Joachim II. die Residenz seines Vorfahren ganz abgebrochen und seinen Neubau „a primis fundamentis“ errichtet habe. Vgl. Cernitius, Johannes: Decem e Familia Burggraviorum Nurnbergensium Electorum Brandenburgi- corum eicones ad vivum expressae etc., Berolinen. Archivi Electoralis Vice-Registratore. Witten- berg 1612, S. 59: “His insuper Marchiam suam ita rexit, ut non tantum eam splendore aedifi cio- rum, et ornamentis potentiae inprimis Palatio Electorali, quod sub cupreo tecto hodie conspicitur, immensis et sumptuosis operibus a primis fundamentis (Hervorhebung des Verf.) excitato, ac an- nis subsequentis magnifi centissime extructo decoravit, (…)”. Vgl. dazu ferner Geyer, Albert: Ge- schichte des Schlosses, S. 22; Wiesinger, Liselotte: Das Berliner Schloß, S. 30. 164 Vgl. Müller, Matthias: Das Residenzschloß als Haupt des Fürsten, S. 124. 165 Dass in Cölln-Berlin sichtbar werdende Konzept einer bewussten Gedächtnispfl ege hochadliger Fa- miliengeschichte im Medium der Architektur ist ein im fürstlichen Schlossbau der Frühen Neuzeit weit verbreitetes Phänomen (Meißener Albrechtsburg, Torgauer Schloss, Bernburger Leuchte, die Wilhelmsburg zu Schmalkalden oder der Heidelberger Ruprechtsbau sind in der Literatur gründlich 52 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert um eine bewusste und systematische Gedächtnispfl ege eines Herrschers beziehungsweise seiner Dynastie in Bezug auf seine eigenen Leistungen und die seiner Dynastie handelt. Im Vordergrund eines solchermaßen betriebenen baulichen Bemühens stand die Bewah- rung eines ehrenden Gedächtnisses der eigenen Taten beziehungsweise derjenigen seiner bereits vor langer Zeit verstorbenen Ahnen166. In Kauf nahm der Kurfürst dabei offen- sichtlich die Entstehung einer ästhetischen Diskrepanz, die er durch das bauliche Neben- einander von klobigen mittelalterlichen Bauzeugnissen und neuem, modernem und ele- gantem Renaissancebau provozierte. Ja er verstand diese ästhetische Spannung gleichsam in eine architektonische Geste von hoher Symbolkraft umzudeuten. Indem er die alten Bauzeugnisse bewahrte und in seinen modernem Anspruchsniveau genügenden Neubau einfügte, nutzte er diese, um vor aller Augen im Medium dieser Architektur auf die (tat- sächliche oder vermeintliche) dynastische Tradition seines Hauses zu verweisen. Warum aber ließ Joachim II. im Zuge des Schlossneubaus und der Schlosserweite- rung um einen zweiten Flügel an der Schlossplatzseite gerade den Grünen Hut sowie die Schlosskapelle unangetastet stehen? Der Grund dafür liegt zum einen im rechtlichen, zum anderen im religiösen Aspekt, der sich jeweils mit dem einen wie dem anderen Bauzeug- nis verband. Schon in mittelalterlicher Zeit verknüpften sich mit der Zeugniskraft alter Bauten, ins- besondere des alten Bergfrieds, Herrschafts- und Besitzrechte167. Der sogenannte Eulen- spiegelturm am Bernburger Schloss ist dafür ein eindrücklicher Beleg168. Zwar fehlen uns hinsichtlich des Grünen Huts solche mit ihm verbundenen Rechtsdokumente, die die Tra- dierung alter Herrschafts- und Besitzrechte dokumentieren könnten. Nichtsdestoweniger lassen sich jedoch auch in seinem Fall eine Reihe von Indizien ins Feld führen, mit deren

untersuchte Beispiele dafür.). Vgl. dazu Ahrens, Karl-Heinz: Die Entstehung der landesherrlichen Residenz im spätmittelalterlichen deutschen Reich. Ein Projekt der Göttinger Akademie der Wis- senschaften, in: Jahrbuch der historischen Forschung (1984), S. 29 – 36 sowie mit weiterführender Literatur bes. die „Mitteilungen der Residenzen-Kommission zu Göttingen“ und die Veröffentli- chungen des „Rudolstädter Arbeitskreises zur Residenzenkultur“. 166 Zur Bedeutung der Memoria für die politische und dynastische Stellung vgl. am Beispiel der An- haltiner: Freitag, Werner: Anhalt und die Askanier im Spätmittelalter. Familienbewußtsein, dynas- tische Vernunft und Herrschaftskonzeptionen, in: Rogge, Jörg/Schirmer, Uwe (Hg.): Hochadelige Herrschaft im mitteldeutschen Raum (1200 – 1600), Stuttgart 2003, S. 195 – 226, bes. S. 210 ff. 167 Bis heute fällt bei den hochadeligen Burgen- und Schlossbauten ins Auge, dass trotz der Zerstörun- gen, von denen diese Anlagen aufgrund von Brand- und Kriegsschäden vielfach im Laufe der Zeit betroffen waren, darauf geachtet wurde, dass zumindest einer der wehrhaften Türme erhalten blieb. Zur Bedeutung und Funktion dieser Turmbauten in der italienischen Renaissancearchitektur vgl. Moos, Stanislaus von: Der Palast als Festung: Rom und Bologna unter Papst Julius II., in: Warnke, Martin (Hg.): Politische Architektur in Europa vom Mittelalter bis heute – Repräsentation und Ge- meinschaft, Köln 1984, S. 106 – 157. 168 Im Teilungsvertrag vom 28. November 1497 bestimmten die fürstlichen Brüder Woldemar, Georg, Ernst und Rudolf von Anhalt den sogenannten Eulenspiegelturm am Bernburger Schloss zum ge- meinsamen Besitz des Gesamthauses und stilisierten ihn damit zu einem steinernen, für jedermann sichtbaren Symbol und Rechtsmal für die Unveräußerlichkeit der gesamten Herrschaft Bernburg. Vgl. hierzu ausführlich Müller, Matthias: Das Schloß als Bild des Fürsten, S. 125. I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 53

Hilfe sich die Beweggründe für seine Bewahrung überzeugend erhärten lassen169. Bauge- schichtlich gesichert ist nicht nur, dass es sich bei diesem Bauwerk um einen alten Befes- tigungsturm aus der Cöllnischen Stadtmauer handelt, den Kurfürst Friedrich II. bei deren Abriss aus Anlass des ersten Schlossbaus vor diesem Schicksal bewahrte, um ihn baulich gezielt in sein neues Hofl ager zu integrieren170. Für unseren Zusammenhang aufschluss- reich ist vor allem die Tatsache, dass der alte Befestigungsturm der Stadt Cölln bereits in mittelalterlicher Zeit als Ort für das Gefängnis in Benutzung stand171. In diesem Sinne verband sich mit ihm sinnbildhaft die gerichtshoheitliche Befugnis der Obrigkeit über das individuelle Geschick ihrer Untertanen172. Seine bis ins 17. Jahrhundert reichende Ver- wendung als Gefängnisort bestärkt diese Auffassung, diente er doch Joachim II. in dieser Funktion ebenso wie seinen Nachfolgern173. Auf seine Bedeutung als Träger von Herr- schaftsrechten deutet darüber hinaus auch sein Verwendungszweck als Aufbewahrungs- stätte des kurfürstlichen Archivs174 sowie als kurfürstlicher Wohnturm hin175. Auf Letzte- res wird an anderer Stelle noch genauer einzugehen sein.

169 Zum Grünen Hut vgl. Geyer, Albert: a.a.O., S. 13 ff., 41 f., 54; Wiesinger, Liselotte: a.a.O., S. 35; Peschken, Goerd/Klünner, Hans-Werner (Hg.): a.a.O., S. 17. 170 Die bauhistorische Beweisführung führte in seiner immer noch in dieser Hinsicht grundlegenden Studie zur Geschichte des Berliner Schlossbaus Geyer, Albert: a.a.O., S. 34. 171 Zur Turmstrafe vgl. die Hofordnung des Markgrafen Friedrich d.Ä. von Brandenburg-Ansbach von 1512 (Kern, Bd. 2, 1907, S. 230); ferner die Hofordnung des Markgrafen Karl II. von Baden-Dur- lach von 1568 (Kern, Bd. 2, 1907, S. 25 f.). 172 Verwiesen sei in diesem Kontext auf den sogenannten Mantelturm des Altenburger Schlosses sowie auf den „Roten Turm“ der Meißener Albrechtsburg, Verlies und mittelalterliche Gerichtsstätte glei- chermaßen. Vgl. hierzu Müller, Matthias: Das Schloß als Bild des Fürsten, S. 174 – 180; ferner ders.: Das Schloß als fürstliches Manifest. Zur Architekturmetaphorik in den wettinischen Residenz- schlössern von Meißen und Torgau, in: Rogge, Jörg/Schirmer, Uwe (Hg.): Hochadelige Herrschaft im mitteldeutschen Raum (1200 – 1600), Stuttgart 2003, S. 395 – 441, hier S. 409; ders.: Der Ana- chronismus als Modernität. Die Wiener Hofburg als programmatisches Leitbild für den frühneuzeit- lichen Residenzenbau im Alten Reich, in: Dmitrieva, Marina/Lamprecht, Karl (Hg.): Krakau, Prag und Wien: Funktionen von Metropolen im frühmodernen Staat, Stuttgart 2000, S. 313 – 329. 173 Vgl. König, A.B.: Versuch einer historischen Schilderung der Hauptveränderungen der Residenz- stadt Berlin, Berlin 1792 – 1798, hier Bd. 1, Beilage VIII, S. 321 f. Für die Zeit Joachims II. aus An- lass eines Besuchs des Kurfürsten von Sachsen und seiner Gemahlin weiß König, dass die Diener „so nit von Adel oder zum Dienste bestellt, ein jeder sich in seiner gewarsam enthalten, sich kegen hof in die gemach nit dringen, ob Jemants darüber befunden, wer der sein wurde, der oder diesel- ben sollen alsbaldte durch den Wechter in den grunen Hutt gefuret werden“. – Erst durch Edikt des Großen Kurfürsten von 1648 wird die Verwendung des Grünen Huts als Gefängnis eingestellt. 174 Bis zur Verlegung des kurfürstlichen Archivs, zweifellos Symbol hoheitlich-dynastischen Han- delns, in den Grünen Hut wurde es im Hohen Haus in der Berliner Klosterstraße sowie unter Fried- rich II. in seinem Tangermünder Hofl ager aufbewahrt. Vgl. dazu Nolte, Cordula: Familie, Hof und Herrschaft. Das verwandtschaftliche Beziehungs- und Kommunikationsnetz der Reichsfürsten am Beispiel der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach (1440 – 1530), [Mittelalter-Forschungen, hg. von Bernd Schneidmüller und Stefan Weinfurter, Bd. 11), Ostfi ldern 2005, S. 158. 175 Es handelte sich dem Tagebuch des Grafen Lynar zufolge um das „gemach“ der Kurfürstin. Vgl. dazu Tagebuch des Grafen Linar aus dem Jahre 1590, in: Ledebur, Leopold von (Hg.): Allgemeines Archivfür die Geschichtskunde des Preußischen Staates, Berlin 1830, S. 212 f.: „15 Juni Montag (...) ernach in meine gnedigsten frawen gemach angrin hutte [Hervorhebung d.V.] den erker gantz 54 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

An seiner westlich angrenzenden Seite korrespondiert der mit der Aura des Altehr- würdigen behaftete ehemalige Befestigungsturm nicht zufällig mit der im Zuge des Fried- richsbaus errichteten spätgotischen Schlosskapelle – bezeichnenderweise über Jahrhun- derte bis zum Untergang der Hohenzollernmonarchie Hauskapelle der Dynastie. Als solche war sie für die Hohenzollern von überragender Bedeutung. An ihr haftete in ihren Augen und in denen der Zeitgenossen die Aura des Sakralen176. Ihrer symbolischen Be- deutung entsprechend hatte sie der Erbauer des ersten Schlosses folgerichtig zum Kolle- giatstift erhoben und nach allen ihm zu Gebote stehenden (kulturellen und ökonomischen) Möglichkeiten dekorativ ausstatten lassen. Darüber hinaus stellte die Schlosskapelle ei- nen bedeutenden Ort der dynastischen Inszenierung von Memoria dar177, diente sie dem Herrscherhaus neben dem Kloster Lehnin doch als altehrwürdige Begräbnisstätte für die verstorbenen Mitglieder des Hauses Hohenzollern178, bevor sie ab 1545 in die kurfürst- liche Grablege in der Domkirche überführt wurden. Ferner stellte sie für das Geschlecht den Ort dynastischer Tauffeierlichkeiten179 dar sowie bis zu Anfang des 18. Jahrhunderts die Aufbahrungsstätte für die verstorbenen Mitglieder der kurfürstlichen, ab 1701 der königlichen Familie vor ihrer feierlich inszenierten Beisetzung im Dom180. Von dem als

und gar bestellt (...) Der 30 Juni Dienstag (...) ich bin mitt di Curfürstin in grin hut gewesen und ihre Cf. G. baw besicktige (...)“. 176 Dies galt nicht nur für die Schlosskapelle zu Cölln an der Spree, sondern generell für die Kapelle als „Ort des dynastischen „gedechtnuß“ wie als „Ort fürstlichen Gottesgnadentums“. Vgl. dazu Müller, Matthias: Das Schloß als Bild des Fürsten, S. 226 – 231 und 285 – 288. 177 Zur Funktion der Memoria und ihrem Zusammenhang mit der Sepulkralkultur vgl. Oexle, Otto Gerhard: Die Gegenwart der Toten, in: Braet, Herman/Verbeke, Werner (Hg.): Death in the Middle Ages, Löwen 1983, S. 19 – 77; ders.: Die Gegenwart der Lebenden und der Toten. Gedanken über Memoria, in: Schmid, Karl (Hg.): Gedächtnis, das Gemeinschaft stiftet, München u.a. 1985, S. 74 – 89; ders.: Memoria als Kultur, in: ders. (Hg.): Memoria als Kultur, Göttingen 1995, S. 9 – 78; ders.: Memoria und kulturelles Gedächtnis. Bemerkungen zur Memorial-Kapelle der Fugger in Augsburg, in: Grell, Chantal u.a. (Hg.): Les princes et l’histoire du XIVe au XVIIIe siècles, Bonn 1998, S. 339 – 389. 178 Für eine Zeit, in der sich Prestige und Statusniveau über den Anciennitätsgrundsatz defi nierte, mag die 1442/52 errichtete Erasmuskapelle recht jung, seine Dynastie also wenig prestigeträchtig ge- wesen sein. Im Vergleich hierzu handelte es sich hingegen bei dem Benediktinerstift Ballenstedt, Hauskapelle und Grablege der frühen Askanier, insbesondere ihres sagenumwobenen Ahnherrn, Al- brecht des Bären, um ein bereits im zweiten Drittel des 11. Jahrhunderts durch Graf Eiko von Bal- lenstedt gegründetes Kollegiatstift. Zudem galt sie als bedeutender Stützpunkt für die askanische Territorialpolitik. 179 Quellenmäßig belegt sind für den Zeitraum von 1415 bis 1620 insgesamt elf Tauffeierlichkeiten; dies ergibt eine Auswertung von Julius Großmanns „Genealogie des Gesamthauses Hohenzollern“, Berlin 1905. Indessen ist von einer wesentlich höheren Ziffer angesichts des zahlenmäßigen Um- fangs dieses Geschlechts auszugehen. Eine gründliche aus den Archiven geschöpfte Untersuchung steht in dieser Hinsicht noch aus. 180 So geschah es u.a. mit den sterblichen Überresten Joachims II., Johann Georgs, seiner Gemahlin Elisabeth, dem Kurfürsten Joachim Friedrich und seiner Gemahlin Katharina, dem Großen Kur- fürsten sowie der Königin Sophie Charlotte und König Friedrich I. Vgl. dazu Geyer, Albert: a.a.O., S. 30. Zum zeremoniellen Ablauf der mehrtägigen Trauerfeierlichkeiten vgl. Hafftitz, Peter: Mi- crocronicon Marchium [zu den Jahren 1571 und 1598], in: Riedel, CDB, D I, S. 128 – 129 und 159 – 162. I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 55 herrschaftliches „gemach“ genutzten hohen viereckigen Turm und seiner Bedeutung181, errichtet auf dem rechtwinkligen vor der Apsis gelegenen Raum der Erasmuskapelle182, wird noch in anderem Zusammenhang ausführlich die Rede sein. Für unseren Zusammen- hang genügt es, auf die bewusste räumliche Nähe zwischen Schlosskapelle und Grünem Hut aufmerksam zu machen, kommt doch darin im Medium der Architektur die zunächst unsichtbare herrschaftslegitimierende Verbindung zwischen weltlichem Hoheitsanspruch und religiöser Legitimation in Gestalt des fürstlichen Gottesgnadentums materiell zur Anschauung. Dem Zeitgenossen war diese herrschaftliche Zeichensprache durchaus ge- läufi g183. Ein weiterer symbolträchtiger Ort geschichtlich-dynastischer Erinnerungskultur war der vom ersten Schlossbau herrührende alte Wartturm, der – wie der Grüne Hut – dem 1442 erfolgten Abriss ebenfalls entgangen war184. Johann Georg diente sein Mauerwerk als traditionsstiftender Unterbau für die von ihm erbaute Wasserkunst, dem später durch seinen Einsturz zu traurigem Ruhm gelangten Münzturm. In unserem Zusammenhang in- teressiert dieser ehemalige Wartturm insbesondere seiner geographischen Lage am nord- westlichen Ende der Spreeinsel wegen, bildete er doch, wie bereits Geyer festgestellt hat, den Richtpunkt für die Ausdehnung der gesamten Schlossanlage185 (Abbildung 9). Dieser Befund gilt sowohl für den Kurfürsten Joachim II. als auch für Joachim Friedrich186. Ra- oul Nicolas187 hat diese Beobachtung Geyers aufgegriffen und nach Ansicht von Liselotte Wiesinger wahrscheinlich gemacht, „dass schon Friedrich II. das Schloss in der Ausdeh- nung angelegt hat, in der es durch die Jahrhunderte hindurch ausgebaut wurde“188. In Ni- colas’ These liegt insofern ein Stückchen Wahrheit, als er, wie Geyer und in dessen Nach- folge Wiesinger, die Bedeutung des alten Wartturms als Richtpunkt für die Ausdehnung der gesamten Schlossanlage richtig erfasst hat, Ursache und Wirkung jedoch verwech- selt. Nimmt man die an einer Vielzahl an Schlossbauten überprüften Ergebnisse, die die

181 Im zweiten Stockwerk unmittelbar über dem Kapellenraum lag, nach einer undatierten Urkunde, bis 1585 die kurfürstliche Apotheke. Später befand sich hier das „gemach“ der beiden Gemahlin- nen Friedrichs I. Zu den Wohnappartements im Kapellenturm vgl. auch Geyer, Albert: a.a.O., S. 33; Peschken, Goerd/Klünner, Hans-Werner (Hg.): a.a.O., S. 24, 32. 182 Vgl. Geyer, Albert: a.a.O., S. 27, 33, 54; Wiesinger, Liselotte: a.a.O., S. 34. 183 Vgl. Hahn, Peter-Michael/Schütte, Ulrich: Thesen zur Rekonstruktion höfi scher Zeichensysteme in der Frühen Neuzeit, in: Mitteilungen der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaf- ten zu Göttingen 13,2 (2003), S. 19 – 47. 184 Vgl. Leutinger, Nicolaus: Commentarii de Marchia et rebus Brandenburgicis, S. 89, der in dem Ka- pitel über die Curia Electoralis ohne Angabe eines Grundes feststellt: „arcisque ejus molem excita- vit, cujus rudera etiamnunc Spectatori obvia sunt“. Vgl. dazu auch Geyer, Albert: a.a.O., S. 17. 185 Vgl. Geyer, Albert: a.a.O., S. 48. In diesem Sinne auch Wiesinger, Liselotte, a.a.O., S. 81. 186 Die in Joachims Regierungszeit unternommenen Bauten, insbesondere seine Nebengebäude ent- lang der Lustgartenseite, ragten interessanterweise nicht über die dem Schloss zu gelegene Turm- seite hinaus. Auf den Bau der Gang- und Altangebäude durch Joachim Friedrich trifft dieser Befund ebenso zu. Vgl. Geyer, Albert: a.a.O., S. 48. 187 Vgl. Nicolas, Raoul: Ist das Schloß Kurfürst Friedrichs II. 1540 ganz abgebrochen worden?, S. 58 – 63. 188 Vgl. Wiesinger, Liselotte: a.a.O., S. 81 – 82; so auch Peschken, Goerd/Klünner, Hans-Werner (Hg.): a.a.O., S. 39. 56 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert jüngste Schlossforschung in Bezug auf die Bedeutung der herrschaftlichen Metaphorik in der Residenzenarchitektur hervorgebracht hat, ernst, so liegt in der Tat die Wahrschein- lichkeit nahe, dass dem Ausbau der kurbrandenburgischen Schlossanlage ein „Master- plan“ zugrunde lag. Allerdings handelt es sich dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit um keinen seines ersten Erbauers, wie Nicolas und Wiesinger annahmen, sondern um einen im Nachhinein konstruierten. Der gesamte Schlosskomplex gründete somit gleichsam auf der ex post konstruierten Folie eines verborgenen Grundrisses. Auf diese Weise ge- riet die Hohenzollernresidenz zum sichtbaren wie unsichtbaren Sinnbild der dort residie- renden Dynastie und ihrer altehrwürdigen dynastischen Abstammung. Der beanspruch- ten Dignität des Kurfürstenhauses von Brandenburg wurde in dieser Form Respekt und Reverenz erwiesen189. Eine identische Funktion hatte auch der Glockenturm an der Domkirche zu erfüllen190. Ursprünglich ebenfalls Befestigungsturm der Stadt Cölln in vorkurfürstlicher Zeit, fi gu- riert dieser in der Schlossgeschichte in besonderem Maße als Stätte obrigkeitlicher Ho- heitsansprüche. Seiner allgemein anerkannten symbolischen Bedeutung als Rechtsmal korrespondierend, diente der Glockenturm dem Landesherrn als Gerichtsstätte wie als Verlies. Letzteres befand sich offenbar in einem gewölbten Raum des rechteckigen mas- siven Turmbaus191. Im Jahre 1516 wies Joachim I. jenen Turmbau dem neueingerichteten Kammergericht als Sitz zu192, sozusagen als zugleich realer und symbolischer Akt sei- nes Bestrebens um eine Intensivierung seiner Territorialherrschaft. Joachim II. mit sei- nem augenscheinlichen Gespür für die herrschaftliche Zeichensprache baute den mittel- alterlichen Befestigungsturm neben den Chor seiner gerade neu erstandenen Domkirche schließlich zum Glockenturm um und rückte dergestalt Sakrales und Weltliches in herr- schaftslegitimierender Absicht sichtbar zusammen.

3.2 Die räumliche Gestaltung und ihre erinnerungsstiftende Funktion

Richtete sich der Blick im vorigen Kapitel primär auf die Person des Herrschers bezie- hungsweise auf dessen Dynastie, so muss unser Interesse im folgenden dem Schlossbau

189 Um ein zweites Beispiel für einen verborgenen Traditionsrest handelt es sich bei dem Reitschne- cken auf der Schlossinnenhofseite des Spreefl ügels, einem massigen, oktogonalen Turm mit Ram- penaufstieg aus der Zeit Joachims II. Einem bauhistorischen Befund zufolge, der bei zwei Nach- grabungen im Anschluss an eine Reparatur der Wasserleitung vor dem Portalbau der Wendeltreppe im Kleinen Schlosshof entstand, ruht dieser sogenannte Reitschnecken zum Teil – dem Auge ver- borgen – auf dem Mauerwerk eines runden Turms, der wohl aus der Zeit des ersten Schlossbaus stammt. Nach Geyer enthielt der Turm wahrscheinlich den Treppenaufgang zu den Geschossen des Schlosses Friedrichs II. Vgl. Geyer, Albert: a.a.O., S. 16. 190 Zum Glockenturm an der Domkirche vgl. Geyer, Albert: a.a.O., S. 12. 191 So Küster, Georg Gottfried/Müller, Johann Christian: Altes und Neues Berlin [...], T. 1 – 4, hier T. 1, S. 49. 192 Vgl. Holtze, Friedrich: 500 Jahre Geschichte des Kammergerichts. Schriften des Vereins für die Ge- schichte Berlins, Heft XLVII, Berlin 1913, S. 367; ferner Geyer, Albert: a.a.O., S. 13. I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 57 als Visibilisierung des fürstlichen Territoriums gelten193. Der Turm und seine Derivate, das fürstliche Haus, der Saalbau, die Kapelle und das Schlosstor, mithin die Hauptele- mente des Schlossbaus um 1500, hatten letztere Funktion zu erfüllen. Es handelt sich hierbei um Chiffren einer für den Zeitgenossen selbstverständlich geläufi gen Zeichen- sprache, die es erst wieder der Vergessenheit mühsam zu entreißen, in ihrem semanti- schen Kontext zu entziffern und ikonologisch zu erschließen gilt194. Auf diese Hauptelemente eines repräsentativen Schlossbaus griffen sämtliche größe- ren und kleineren Schlossbauten zurück, gehörten jene doch zum festen Bestand eines Residenzschlosses. In bewusster Rezeption des französischen Vorbilds195 verbreiteten sich die dort im 13. und 14. Jahrhundert entwickelten Architekturformen allmählich und mit teils deutlicher zeitlicher Verzögerung in den Residenzstädten des Alten Reichs196. Im mitteldeutschen Raum treffen wir sie wohl erstmalig ab 1471 in der Meißener Alb- rechtsburg an, dem „Initialbau“, der gleichsam den Auftakt für eine ganze Reihe weiterer anspruchsvoller Schlossbauten im Auftrag nicht nur des wettinischen Fürstenhauses bil- dete197. Die repräsentativen Treppentürme, die Zusammenfassung von Fenstern zu Ach- sen, die systematische Fortführung solcher Fensterachsen im Dachgeschoss in Gestalt von Zwerchhäusern und Lukarnen begegnen uns im Sächsischen198 in bewusster eigener Fortentwicklung des französischen Vorbilds wohl erstmalig199. Repräsentative Beispiele für diese Form von Schlossarchitektur fi nden sich im Anschluss an das Meißener Vor-

193 Für diese beiden funktionalen Seiten des frühneuzeitlichen Schlossbaus hat Müller die beiden komplementär gemeinten Begriffe „Corpus“ und „Caput“ verwendet. Vgl. zu diesem heuristi- schen Begriffspaar Müller, Matthias: Das Residenzschloß als Haupt des Fürsten, S. 123 – 143, bes. S. 133 – 134. 194 In diesem Kontext wird auch die Aussage Francesco Chiaramella de Gandinos verständlich, der den Markgrafen Georg Friedrich vom projektierten, aber nie realisierten Bau der Festung in Baiers- dorf mit der Bemerkung überzeugen wollte, solche „stattlich vestung“ werde dem Landesherrn „zu ewige gedechtnus geraichen“. Vgl. dazu StABa, Rep. C3, Nr. 191, Gutachten aus dem Jahre 1562. 195 Vgl. hierzu Müller, Matthias: Am Ende verstellten Bäume den Blick des Herrschers: Schloß und Garten als Spiegelbild des klugen Regenten in der Frühen Neuzeit, in: Fürstliche Garten(t)räume. Schlösser und Gärten in Mecklenburg und Vorpommern, Katalog anlässlich der Sonderausstellung des Vineta-Museums der Stadt Barth, Sommer 2003, S. 14 – 33. 196 Zur Ausbreitung der neuen Architekturformen vgl. Hoppe, Stephan: Die funktionale und räumliche Struktur, S. 19 – 33. 197 Vgl. Müller, Matthias: Das Schloß als fürstliches Manifest, S. 399. 198 Namentlich der sächsische Baumeister Arnold von Westfalen gilt als spiritus rector der neuen ar- chitektonischen Formensprache. Zu seiner Person vgl. Lemper, Ernst-Heinz: Arnold von Westfalen. Berufs- und Lebensbild eines deutschen Werkmeisters der Spätgotik, in: Mrusek, Hans-Joachim (Hg.): Die Albrechtsburg zu Meißen. Leipzig 1972, S. 35 – 40. 199 Vgl. Koch, Georg Friedrich: Studien zum Schlossbau des 16. Jahrhunderts in Mitteldeutsch- land, in: Beiträge zur Kunstgeschichte. Festgabe Heinz Rudolf Rosemann, München/Berlin 1960, S. 155 – 186; zum französischen Schlossbau grundlegend Albrecht, Uwe: Von der Burg zum Schloß. Französische Schloßbaukunst im Spätmittelalter, Worms 1986; ders.: Der Adelssitz im Mittelalter. Studien zum Verhältnis von Architektur und Lebensform in Nord- und Westeuropa, München/Ber- lin 1995. 58 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert bild ab 1474 am Torgauer Schloss200. Auch das Dresdner Hofl ager folgt dieser innovati- ven Architektursprache in Form des Baus eines neuen Torgebäudes mit kunstvollem Er- ker und des Ausbaus zu einer geschlossenen Rechteckanlage201. In Wittenberg entstand ab 1489/90 ein vollständiger Schlossbau anstelle einer älteren Burg für den sächsischen Kurfürsten Friedrich den Weisen (1486 – 1525). Während selbst kleinere reichsständische Territorialfürsten, zu denen etwa der Meiße- ner Bischof202, der Erzbischof von Magdeburg203 oder der Bischof von Merseburg gehör- ten, fast gleichzeitig mit Kursachsen begannen, ihre Residenzen schlagartig ausbauen zu lassen, folgten die brandenburgischen Hohenzollern diesem Beispiel erst mit deutlicher Verspätung204. Ab 1538 ließ Joachim II. sein Cöllner Hofl ager an der Spree, sächsischem Anspruchsniveau folgend, als vollständigen Neubau errichten. Nicht allein pragmatische oder ästhetische Argumente, wie etwa der akute Raumman- gel im ersten Schloss oder der Wunsch nach einem künstlerisch ansprechenden Erschei- nungsbild, werden ihn zu seinem Schlossneubau motiviert haben. Statuskonkurrenz und Prestigestreben haben mit Sicherheit nicht unwesentlich zum Neubau „a primis funda- mentis“ beigetragen. Aufgrund seiner zahlreichen Reisen an die frühneuzeitlichen Fürs- tenhöfe waren dem Kurfürsten zudem die Möglichkeiten bekannt, die ihm die Entwick- lung der neuen, innovativen architekturästhetischen Formensprache mit ihren Türmen, Erkern, kleinen Rückzugs- und Studierräumen sowie der Einsatz der bildkünstlerischen Herrschaftszeichen in Wort und Bild als politisch-kulturelle Ausdrucksträger boten205. In dieser der politischen Adelsikonographie entlehnten Formensprache, die im Alten Reich nach 1500 allgemeine Anerkennung erlangt hatte und sich auch am Hohenzollernschloss

200 Vgl. dazu die grundlegenden Studien von Lewy, Max: Schloß Hartenfels bei Torgau, Berlin 1908; Findeisen, Peter/Magirius, Heinrich (Bearb.): Die Denkmale der Stadt Torgau, Leipzig 1976; ferner Hoppe, Stephan: Die funktionale und räumliche Struktur, S. 131 – 244. 201 Vgl. Delang, Steffen/Oelsner, Norbert: Das Dresdener Schloß im späten Mittelalter, in: Das Dres- dener Schloß. Monument sächsischer Geschichte und Kultur, Dresden 1992, S. 53 – 56; ferner May, Walter: Die Architektur der Reformationszeit in Dresden und Sachsen, in: Dresdner Heft 73 (2003), S. 60 – 68, hier S. 66 – 67. 202 Der Meißener Bischofsbau entstand ab ungefähr 1476, erlebte seine Vollendung jedoch nicht. Vgl. dazu Gurlitt, Cornelius: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kö- nigreichs Sachsen, Heft 40: Meißen (Burgberg). Dresden 1919, hier S. 359 – 367. 203 Zum ab 1483 errichteten Neubau der Moritzbug in Halle an der Saale vgl. Roch, Irene: Zur Bau- gestalt der spätgotischen Moritzburg in Halle (Saale), in: Burgen und Schlösser 32 (1991), Sonder- heft, S. 21 – 25; ferner Piechocki, Werner: Zur Bau- und Wirkungsgeschichte der Moritzburg Halle, in: Galeriespiegel der Stadt. Galerie Moritzburg, Halle 9 (1984), H. 33, 2/84, S. 3 – 25; Hüneke, An dreas: Die Moritzburg zu Halle, Leipzig 1978; Wäscher, Hermann: Die Baugeschichte der Mo- ritzburg in Halle, Halle/S. 1955. 204 Nicht ohne Grund bat der brandenburgische Kurfürst seinen sächsischen Kollegen Johann Friedrich von Sachsen um die Sendung seines Baumeisters Konrad Krebs. Nach Torgauer Vorbild, dessen neuer Saalbau gerade durch ihn vollendet worden war, sollte er für den Spreeneubau einen Saalbau mit offenem Treppenturm, hohen Zwerchhausgiebeln und runden Eckerkern entwerfen. Die Aus- führung oblag in erster Linie dem wohl von Krebs in Torgau ausgebildeten Kaspar Theiss. Vgl. dazu die einschlägigen Studien zum Berliner Schloss von Geyer, Wiesinger und Peschken/Klünner. 205 An Stelle vieler Indizien hierfür sei nur auf seinen Besuch auf Schloss Hartenfels anlässlich eines Jagdaufenthalts auf der Lochau zwischen Wittenberg und Torgau hingewiesen. I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 59 in reichlicher Menge wiederfi ndet, dokumentierte und visualisierte sich der dynastische Anspruch auf landesherrliche Macht im Zeichen der seit dem 15. Jahrhundert verstärkt zu beobachtenden Verdichtung von Herrschaft. In der architektonischen und bildkünst- lerischen Form des Schlossbaus fand sie auch an der Spree ihren herrschaftsmetaphori- schen Ausdruck. Das Bestreben der Hohenzollern, im Medium des Joachimbaus ihr fürstliches Selbst- verständnis zur Anschauung zu bringen, erhellt bereits ein fl üchtiger Blick auf die in der neuen Formensprache gestaltete Außenansicht ihres Hofl agers, deren markanteste Zei- chen neben den zahlreichen Erkern und Zwerchhäusern wohl die äußerst turmreiche Sil- houette gewesen sein muss206. Diese stellte sich mit hoher Wahrscheinlichkeit folgender- maßen dar (Abbildung 10–11): Es handelte sich um eine dreigeschossige Zwei-Flügel-Anlage, bestehend aus dem sogenannten Schlossplatz- und einem zweiten parallel zur Spree erbauten Flügel. Der Schlossplatzfl ügel reichte von der Ecke an der Spree bis zum späteren Portal II und wurde von zwei erkerartig gegliederten Rundtürmen an den Ecken eingefasst. Mittig befand sich ein doppelgeschossiger Balkon über einer rundbogigen Doppelarkade. Kandelaberartige Säulen trugen den in Höhe des oberen Stockwerks befi ndlichen zweiten offenen Bal- kon. Das Dachgeschoss gestaltete sich als eine alternierende Anordnung von vier kleinen Giebelerkern und fünf großen, mehrstöckig gebildeten Zwerchhäusern. Wies das Erdge- schoss eine einfache Quaderung auf, fi el im ersten und zweiten Obergeschoss die reiche Bemalung zwischen den Fensterreihen auf. Spätgotische Vorhangbögen akzentuierten die mäßig großen Fenster. Im rechten Winkel zum Schlossplatz- befand sich der Spreefl ügel. Sein Gepräge erhielt er durch den aus älterer Zeit stammenden „Kapellenturm“ und durch den so genannten „Grünen Hut“. Beim Kapellenturm handelte es sich um einen vierecki- gen Turm, der über dem rechteckigen, der Apsis vorgelagerten Raum der Erasmuskapelle errichtet worden war. Unter einem von zwei Konsolen getragenen Balkon befand sich ein Fenster mit einer Mittelsäule und einem spätgotischen sächsischen Vorhangbogen. Beim „Grünen Hut“ handelte es sich um einen kupfergedeckten, offenen Rundbau. Als „eine Art Belvedere in zierlichen Renaissanceformen“ gestaltet, identifi zierte ihn bereits Borr- mann207. Er befand sich unmittelbar neben der Wohnung der Kurfürstin im Kapellenturm. Die der Stechbahn- und der Spreeseite zugewandte turmreiche Fassadengliederung begegnet uns ebenfalls auf der Innenhofseite. Das gleiche Arrangement der Fenster und Dacherker fand sich auch dort. Ihr markantes Gepräge erhielt die Innenhofseite durch steilaufragende Stiegenhäuser in der Mitte beider Fronten. Auf der Innenhofseite des Schlossplatzfl ügels befand sich ein offener, runder Treppenturm. Dieser von Säulen- stellungen durchbrochene sogenannte Wendelstein ruhte auf einem in Höhe des Erdge-

206 Erste bildliche Darstellungen des Hohenzollernschlosses existieren erst seit dem Ende des 16. Jahr- hunderts, weswegen wir auf Rekonstruktionen des Joachimbaus und seines Vorgängerbaus ange- wiesen sind. Vgl. dazu Geyer, Albert: a.a.O., S. 22 – 32, bes. S. 26; Wiesinger, Liselotte: a.a.O., S. 29 – 48, bes. S. 37, Abb.16 der Rekonstruktion des Joachimschlosses, von der Langen Brücke aus von Südosten, nach A. Geyer (1936). 207 Borrmann, Richard: Die Bau- und Kunstdenkmäler, S. 259. 60 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert schosses errichteten Altan, der wohl ursprünglich über zwei wahrscheinlich symmetrisch angelegte Freitreppen zugänglich war. Die offene Wendelstiege erschloss sämtliche Ge- schosse bis in den Giebel mit seinen markanten Giebelerkern und Zwerchhäusern hinein. Der wahrscheinlich im ersten Geschoss befi ndliche „Lange Saal“, der in seinen Ausma- ßen wohl die ganze Länge des Stechbahnfl ügels einnahm, war auf diesem Wege ebenso zu erreichen wie das zweite Obergeschoss. Dessen Räume erschlossen sich dem Besucher über eine in dieser Höhe befi ndliche, auf Konsolen ausgekragte Gallerie, die die Funktion eines Verbindungsganges für die obere Zimmerreihe besaß. Den Hauptakzent der Innenhofseite des Spreefl ügels bildete ein eng zusammenstehen- des Turmpaar, bestehend aus einem kleinen, schlankeren und einem größeren, höheren je oktogonalen Treppenturm. Bei letzterem, dem sogenannten Reitschnecken, handelte es sich um eine spiralig, zum Hinaufreiten bestimmte Rampe, die zu Zeiten Joachims II. in Traufhöhe auf offener Terrasse, mit einer Balustrade als Umlauf, endete. Aus Mangel an inneren Verbindungsräumen führte von dort aus eine Bogengallerie die Innenhofseite ent- lang auf den Stechbahnfl ügel zu. Über diese Gallerie waren die einzelnen Räume zu er- reichen. Die gegenüberliegende Seite des Spreefl ügels stieß auf einen im rechten Winkel anschließenden schlichten zweigeschossigen Bau, der im Erdgeschoss wohl den Marstall und im Obergeschoss das Zeughaus beherbergte. Dieser Bau begrenzte den Schlosshof zum Lustgarten hin. Die unter Joachims Nachfolgern im Laufe des 16. Jahrhunderts hinzugekommenen Bauten folgen diesem neuen Bild- und Raumprogramm weitgehend. Bei einem Erweite- rungsbau aus der Zeit Johann Georgs etwa, dem sogenannten Lynarschen Eckbau, han- delte es sich um ein viergeschossiges Gebäude mit in der zeittypischen Stilsprache ge- haltenen Giebeln und Zwerchhäusern. Ein runder Treppenturm, bekrönt von einer für jedermann weithin sichtbaren Turmspitze, befand sich am Ende des „Eckbaus“208. Selbst wenn sämtliche Erweiterungsbauten Lynars die Merkmale eines im Vergleich zum Joa- chimsbau eher als streng, nüchtern und schmucklos zu charakterisierenden Baustils tru- gen209, so verfügen auch sie weiterhin über die markanten Herrschaftszeichen des (mit- tel)deutschen Schlossbaus um 1500: Ecktürmchen und Zwerchgiebel im Dachgeschoss, dekorative Rahmung der horizontalen Geschosse durch Voluten, Galeriebauten, Trep- pentürme. Sowohl auf das um 1590 erbaute „Herzoginn Haus“ als auch auf das um 1593 errichtete sogenannte „Quergebäude“ trifft diese Aussage zu210. Gleichsam in Weiterent- wicklung dieser Formensprache trat um 1600 der Bau sogenannter Altan- beziehungs- weise Terrassengebäude hinzu211.

208 Zum Lynarschen „Eckbau“ vgl. Geyer, Albert: a.a.O., S. 35 – 38; Wiesinger, Liselotte: a.a.O., S. 52 f.; Peschken, Goerd/Klünner, Hans-Werner (Hg.): a.a.O., S. 29 f. 209 Vgl. hierzu Wiesinger, Liselotte: a.a.O., S. 49 ff.; Peschken, Goerd/Klünner, Hans-Werner (Hg.): a.a.O., S. 29 ff. 210 Vgl. dazu Geyer, Albert: a.a.O., S. 21; Wiesinger, Liselotte: a.a.O., S. 71 – 74; Peschken, Goerd/ Klünner, Hans-Werner (Hg.): a.a.O., S. 30 – 33. 211 Es handelte sich bei den von Joachim Friedrich veranlassten Bauten um insgesamt fünf Altan- be- ziehungsweise Terrassengebäude: erstens das Ganggebäude im Anschluss an das aus Joachimischer Zeit stammende Zeug- und Marstallgebäude bis hin zum Wasserturm; zweitens das Altangebäude I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 61

Über Funktion und Bedeutung der genannten Schlossbauelemente hat sich schon die ältere Forschung Gedanken gemacht. Bereits der an anderer Stelle zitierte Borr- mann sah beispielsweise in dem durch Joachim II. angelegten laubenartigen offe- nen Rundbau auf dem Grünen Hut, dessen Besucher von einer kupfergedeckten Dach- haube vor Sonne, Wind und Regen geschützt wurde, „eine Art Belvedere in zierlichen Renaissanceformen“212. Für Geyer diente er dem Aufenthalt in freier Luft und zum Aus- blick auf die Spree, die Stadt Berlin und die umgebende Landschaft213. Wiesinger sah in der Laube eine Möglichkeit für die Herrschaft, sich im Freien aufhalten zu können214. Hoppe ging bereits einen Schritt weiter, indem er wohl erstmals Belichtung, Ausblick und Größe der Stubenappartements als Determinanten der Wohnraumplazierung inter- pretierte und diese mit dem Rang der dort wohnenden Personen in Beziehung setzte215. Die exklusiven Turm- und Erkerstuben, wie sie auch das Cöllner Hofl ager der Hohenzol- lern in ausreichender Anzahl kennt216, dienten sicherlich auch dem reinen Landschaftsge- nuss. Ein Hinweis darauf fi ndet sich etwa in Beschreibungen, wie sie beispielsweise für Schloss Hartenfels überliefert sind. Von einem mit Spiegeln ausgestatteten herrschaftli- chen Stubenappartement in seinen oberen Geschossen heißt es im Reisebericht des Au- gust von Mörsperg: „Was im hof oder gassen, item auch uf dem landt, uf dem wasser die Elb, was für schiff uff und ab fahren und was außerhalb der zimmer geschieht und auch in ettlich gegenüber zimmer (...)“217, könne man aus dem Inneren der beiden Räume die- ses Appartements in Ruhe betrachten218. In ähnlicher Weise äußert sich Hainhofer in sei- nem Reisebericht von 1617 über die Lage der „Kurfürstlichen Losamenter“ und ihren damit verbundenen Reiz: „Über der Kirchen, Kuchin und Silberkammer sein die Kur-

im Anschluss an das Quergebäude Lynars (es schließt die Lücke zwischen diesem und dem ge- nannten Marstall- und Zeughausgebäude); drittens den „Newen gang am Wasser“, einen Altanbau im Westen der Schlossanlage entlang der späteren Schlossfreiheit; viertens das „vorhabende Newe gebewde“, einen Altanbau parallel zur Domkirche in der Verlängerung des Stechbahnfl ügels und fünftens um den Umbau des erwähnten alten Marstall- und Zeughausgebäudes zum zweigeschos- sigen Altanbau, dessen doppelarmige Freitreppe das Obergeschoss erschloss. Vgl. dazu Geyer, Al- bert: a.a.O., S. 49 f., Wiesinger, Liselotte: a.a.O., S. 78 ff., Peschken, Goerd/Klünner, Hans-Werner (Hg.): a.a.O., S. 40 – 41; ferner Hoppe, Stephan: Die funktionale und räumliche Struktur, S. 453 ff. 212 Borrmann, Richard: Die Bau- und Kunstdenkmäler, S. 261. 213 Geyer, Albert: a.a.O., S. 15. 214 Wiesinger, Liselotte: a.a.O., S. 35. 215 Hoppe, Stephan: a.a.O., S. 377 ff. 216 Zu nennen sind in diesem Zusammenhang der laubenartige offene Rundbau auf dem Grünen Hut, der hohe Turm der Erasmuskapelle, der fl ussabwärts auf der Ecke angebaute Treppenturm, der Treppenturm mit einer weithin sichtbaren Turmspitze am Ende des Lynarschen „Eckbaus“, der Alt- anbau am Lustgarten mit offenem Laufgang samt Brüstung, der Reitschnecken, das Terrassendach auf dem Wendelstein an der Innenhofseite des Schlossplatzfl ügels, der Balkon am linken Turm des Hauses der Herzogin sowie das System der Gang- und Altanbauten aus der Zeit Joachim Friedrichs. 217 Mörsperg, August von: Reisebuch. Das dritte Buch von Anno 1587 – Beschreibung des churfürst- lichen Schlosspalast und haus samt zugehör. Enthalten in: Johanniterchronik und Reiseberichte, Kreisbibliothek Sondershausen Ms. 1602 und 1589, zit. nach Noll-Minor, Mechthild: Die Spie- gelstube im Großen Wendelstein des Schlosses Hartenfels zu Torgau, in: Sächsische Heimatblätter 4/1996, S. 216. 218 Vgl. dazu Müller, Matthias: Das Residenzschloss als Haupt des Fürsten, S. 136. 62 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert fürstlichen Losamenter; die haben ain hübschen Prospektum, an einer Seiten auf das Wasser, die Spree hinaus und über Berlin, da dann die Kurfürsten viel schon new Gebew [der „Herzoginn Haus“; A.B.] an die Spree gebawet“. Und an anderer Stelle heißt es in demselben Tenor: „Gleich ob dem Churfürstlichen Zimmer hat der junge Prinz Markgraf Joachim Sigmund sein Losament, aus dessen Tafel-Stuben, wie auch aus Ihr. Kurf. Drl. Kammer man übersehen kann den ganzen Garten, der Kurfürstin Vorwerk, darneben et- liche Handwerker, so täglich zu Hofe benötiget, wohnen. Darbey ein Wagen Haus nebst Stallungen für die Kutschen Pferde, ain groß new Reithaus, etlich hundert Schuh lang, hoch und breit; das Jägerhaus, auch sonst ain Haus, darinnen die Wündhetzer [gemeint sind Windhundhetzer; A.B.] wohnen, das Ballhaus, und würdt dieser Ort „auf em Wer- der“ genant, gehet über die Hundtsbruggen [die heutige Schlossbrücke am ehem. Münz- turm; A.B.], darüber man die Jagdhunde fueret. An disem Wasser ist aine große Schleuse, ain Arm aus der Sprew, dadurch die Hamburgischen Schiffe mit vielen Lasten Schiffen, darbey die Wasser Kunst, welche an die Altanen des Schlosses stößet, und daselbs auch ain eingefaßter Platz zum Beeren Hatz ist. Aus obgedachten Zimmern auch das Thier- und Fasanenhaus gesehn wird.“219 Doch ihr Hauptzweck bestand freilich in etwas an- derem. Darauf deuten entsprechende Formulierungen hin, wie sie beispielsweise in den Fürstenspiegeln des 16. Jahrhunderts vorliegen. In seiner „Paedagogia Principum“ aus dem Jahre 1537 fordert Reinhard Lorich, dass die Fürsten „Hertzer/Augen/vnnd Waech- ter deß Vatterlandes [sein sollen]/welche allerest fuehlen/ersehen vnd vernemmen moe- gen/zufaelligen Vnraht“220. Erasmus von Rotterdam bringt es in seiner 1515 herausgege- benen „Institutio principis christiani“ auf den Punkt. Ihm zufolge sollen Fürsten „vorne und hinten Augen haben“221. Übertragen auf die komplexe semantische Struktur adeliger Renaissancearchitektur kann es deshalb nicht mehr erstaunen, dass der Einsatz der ge- nannten baulichen Elemente, dem spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Denken entsprechend, diesem Zweck diente. In der Gesamtikonographie der Schlossarchitektur wird der Herrscher mithin zum Symbol eines weisen Fürsten, der von oben herab sei- nen zugleich wachsamen wie beschützenden Blick auf alles, was in seinem Territorium geschieht, wirft. Dieser Vorstellung korrespondiert die quellenmäßig zu belegende, be- vorzugte Wohnlage der fürstlichen Herrschaft in den hochgelegenen Wohntürmen, die Anlage von in den Turmbauten eingerichteten hochgelegenen Studierräumen222 und der

219 Hainhofer, Philipp: Reisetagebuch aus dem Jahre 1617. Mitgeteilt von Fr. von Medem, in: Ledebur, Leopold von (Hg.): Allgemeines Archiv für die Geschichtskunde des Preußischen Staates 6 (1831), S. 193 ff.; ferner abgedruckt in: Baltische Studien, 2. Jahrgang, 2. Heft; in: Philipp Hainhofers Reise Tagebuch, Stettin 1834; in der Berliner Zeitschrift: „Der Bär“, Berlin, 10 (1884), S. 743 ff. 220 Lorich, Reinhard : Wie junge fürsten vnd grosser Herren Kinder rechtschaffen instituirt vnd unter- wisen, Marburg 1537, zit. nach Mühleisen, Hans-Otto et al. (Hg.): Fürstenspiegel der Frühen Neu- zeit, Frankfurt am Main 1997, S. 49. 221 Erasmus von Rotterdam, Institutio principis christiani [1515], zit. nach : Erasmus Desiderius von Rotterdam – Ausgewählte Schriften, Bd. 5, 1968, S. 218 f. ; vgl. ferner Schrader, Ludwig: Der Herrscher nach Erasmus von Rotterdam, in: Hecker, Hans (Hg.): Der Herrscher. Leitbild und Ab- bild in Mittelalter und Renaissance, Düsseldorf 1990, S. 179 – 200. 222 Zur Bedeutung der hochgelegenen, in Türmen befi ndlichen Studierräume vgl. Liebenwein, Wolf- gang: Studiolo. Die Entstehung eines Raumtyps und seine Entwicklung bis um 1600 (Frankfurter I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 63

Ausbau aufwendiger Turmknöpfe mit Räumen für exklusive Panoramaausblicke223 auch im Cöllner Schloss. Unter Johann Georg etwa wurde die offene Laube auf dem Grünen Hut durch den Grafen Lynar zur Erweiterung des Appartements seiner dritten Gemahlin, der Kurfürs- tin Elisabeth, in ein geschlossenes Zimmer vorgenommen224. Ebenfalls als Wohnappar- tements dienten der Kapellenturm225 über der Erasmuskapelle, der fl ussabwärts auf der Ecke angebaute Treppenturm226 und der Treppenturm mit seiner weithin sichtbaren Turm- spitze am Ende des Lynarschen „Eckbaus“227. Das Terrassendach auf dem Wendelstein an der Innenhofseite des Schlossplatzfl ügels führte signifi kanterweise hin zu einem zum „gemach“ ausgebauten Giebelgeschoss, von dem Hoppe annimmt, dass angesichts der aufwendigen Architektur von einer herrschaftlichen Nutzung auszugehen sei228. So auch der Balkon am linken Turm des Hauses der Herzogin, gesehen von der Burgstraße aus. Er befand sich wohl nicht zufällig in Höhe der Wohnung der Kurfürstin229. Der dargestellten Herrschaftssemantik folgte auch die unter Joachim Friedrich vor- genommene Anlage des Systems von Gang- und Altangebäuden. Ihre zeremonielle Be- deutung für die brandenburgischen Herrscher und ihre Gäste erhellt aus den für das Cöll- ner Hofl ager – im Vergleich etwa zur reichen Anzahl an Darstellungen von sächsischen Schlössern – recht spärlich fl ießenden bildlichen Nachrichten230. Sowohl dem Herrscher

Forschungen zur Kunst, Bd. 6), Berlin 1977, S. 37 ff.; ferner Hoppe, Stephan: Die funktionale und räumliche Struktur, S. 383 – 387. 223 Diese wird Joachim II. bei seinen Aufenthalten auf der Lochau, in Torgau und Dresden kennenge- lernt haben, wo sie quellenmäßig belegt sind. Vgl. Hoppe, Stephan: a.a.O., S. 453 – 461. 224 Noch für das preußische Kronprinzenpaar Friedrich Wilhelm IV. und Elisabeth von Bayern diente er als Wohnung. Bis zum Bau des Hofapothekengebäudes 1585 diente das Turmzimmer unmittelbar über der Kapelle im Grünen Hut als Hofapotheke; nunmehr wurde es dem Appartement der Kur- fürstin als ein weiterer Raum hinzugefügt und der zu einem Zimmer hergerichtete laubenartige Auf- bau des Grünen Huts wurde mit dem oberen Geschoss des Hauses der Herzogin verbunden. Vgl. dazu Geyer, Albert: a.a.O., S. 15, 41. 225 Vgl. Wiesinger, Liselotte: a.a.O., S. 37. 226 Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich hier um das Staatsappartement vieler brandenbur- gischer Herrscher bis zum Großen Kurfürsten. Vgl. dazu Geyer, Albert: a.a.O., S. 27; Wiesinger, Liselotte: a.a.O., S. 35. 227 Die „runde Treppe“ bildete hier den Zugang zu den herrschaftlichen Appartements der Kurfürsten Joachim II. und Johann Georg. Vgl. dazu Wiesinger, Liselotte: a.a.O., S. 62. 228 Vgl. Hoppe, Stephan: a.a.O., S. 459. 229 Vgl. das Geyer, Albert: a.a.O., S. 41. 230 Die erste Darstellung eines Hohenzollernherrschers (es handelt sich um ein ganzfi guriges Doppel- portrait von Georg Wilhelm und seiner Gemahlin Elisabeth Charlotte) mit dem Hof des Königsber- ger Schlosses im Hintergrund datiert erst aus dem Jahre 1633 (vgl. Berckenhagen, Eckhart: Die Ma- lerei in Berlin vom 13. bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert, Berlin 1964, S. 78). Möglicherweise empfanden die zeitgenössischen Künstler trotz aller angestrengten Bemühungen um dessen „image- mäßige“ Aufwertung das Spreeschloss als zu unbedeutend, um einer bildkünstlerischen Darstellung gewürdigt zu werden. Die begrenzten ökonomischen Ressourcen mögen jedoch ebenso eine Rolle gespielt haben, dass das Cöllner Hofl ager in lediglich zwei Stichen aus dem 16. Jahrhundert bildlich auf uns gekommen ist. Vgl. im Gegensatz dazu die Menge der bereits aus dem frühen 16. Jahrhun- dert datierenden Abbildungen (Gemälde, Stiche, Münzen etc.) sächsischer Schlossbauten durch so bedeutende Künstler wie Lucas Cranach, Albrecht Dürer usw. etwa in: Müller, Matthias et al. (Hg.): 64 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert als auch seinen hohen und höchsten Gästen dienten sie neben den Galerien, Balkonen, Fenstern und Podesten dazu, politisch-dynastisch bedeutsamen Ereignissen wie fürstli- chen Hochzeiten oder Taufen231, dem Empfang ausländischer („Staats“-)Gäste232, der Hul- digung der Stände233 oder anderen höfi schen Festen beizuwohnen. Das Bestreben der Hohenzollern, im Medium der Architektur ihr fürstliches Selbst- verständnis zur Anschauung zu bringen, beschränkte sich jedoch nicht allein auf die ge- baute Architektur. Darüber hinaus gehörten die zahlreichen für das Schloss bezeugten graphischen und gemalten Darstellungen zum festen Bestand eines wohl überlegten iko- nographischen Programms, mit dem sie ihr Hofl ager im Zuge der ab 1537 unternomme- nen Neukonzeption ausstatten ließen. Zum festen Bestand dieser an der äußeren Fassade wie im Schlossinneren angebrachten Herrschaftszeichen zählten neben anderen graphi- schen beziehungsweise gemalten Ausdrucksformen234 vor allem eine Reihe von in Stein gearbeiteten Bildnis-, insbesondere Fürstenreliefs sowie dynastischer Wappenschmuck235.

Apelles am Fürstenhof. Facetten der Hofkunst um 1500 im Alten Reich. Katalog zur Ausstellung in den Kunstsammlungen der Veste Coburg vom 22. August bis 7. November 2010, Berlin 2010, S. 44, 48 f., 174, 199, 215, 216, 228 f., 257, 258. 231 Der Stich des Jacobus Francus anlässlich der Taufe Markgraf Sigismunds von Brandenburg im Jahre 1592 hält die Funktion der Gang- und Altangebäude bildlich fest. 232 Ein zweiter Stich des Jacobus Francus ist entstanden aus Anlass des Feuerwerks zu Ehren König Christians IV. von Dänemark im Jahre 1595 und dokumentiert die Funktion dieser Gebäudeteile für den Westgiebel des Stechbahnfl ügels im Vorhof. 233 Der Titelkupfer aus dem „Bonus Princeps“ des Johan Bercovius aus dem Jahre 1643 ist ein gutes Beispiel, allerdings schon aus späterer Zeit. Auf ihm ist die Huldigung der Stände vor dem Großen Kurfürsten im inneren Schlosshof (1643) dargestellt. 234 Zu denken ist hier in erster Linie an die bekannten Portraitgemälde der brandenburgischen Herr- scher, etwa von Lucas Cranach d.J., um 1555 (Portrait Kurfürst Joachims II. von Brandenburg) oder dasjenige von Andreas Riehl d.J., um 1590 (Portrait Kurfürst Johann Georgs von Brandenburg). Vgl. dazu Peschken, Goerd/Klünner, Hans-Werner (Hg.): a.a.O., Abb. S. 20 und 28). Hierzu zähl- ten ferner Stiche, wie dem eines unbekannten Künstlers aus dem Jahre 1608 von Kurfürst Joachim Friedrich von Brandenburg (abgebildet bei Peschken, Goerd/Klünner, Hans-Werner (Hg.): a.a.O., S. 38). Vgl. Porträt 1. Der Herrscher. Graphische Bildnisse des 16.–19. Jahrhunderts, hrsg. vom Westfälischen Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte Münster, Münster o.J., S. 14 ff. Ferner berichtet der märkische Historiograph Anton Balthasar König davon, dass anno 1566 ein Stammbaum der kurfürstlichen Familie in den Niederlanden in Auftrag gegeben wurde: „Thomas Gude hat empfangen 250 Tal (Taler; Anm. A.B.) auf 3 Reisen nach den Niederlanden, wegen der Tapezereyen, darauf der ganze churfürstliche Stamm und Herkunft sollen gemacht werden.“ (Kö- nig, Anton Balthasar: Versuch einer historischen Schilderung, S. 92). 235 Wappenschmuck sowie anderweitige Emblematik und Symbolik, in der Regel von äußerst geringer künstlerischer Qualität, ist auch andernorts in der Kurmark belegt, so etwa auf der Festung Peitz, wo über dem Cottbuser Tor im Jahre 1594 ein neues kaminbesetztes Wachtmeisterhaus erbaut und außen in primitiver Weise schwarz und weiß, also in den Farben der Hohenzollern, angestrichen wurde. Ferner wurde das segmentbogige Giebelfeld der Festung Spandau durch das von Kriegstro- phäen gerahmte brandenburgische Staatswappen geschmückt (vgl. hierzu Burger, Daniel: Die Lan- desfestungen der Hohenzollern in Franken und Brandenburg im Zeitalter der Renaissance, Mün- chen 2000, S. 261, 272, 279). Dokumentiert sind auch der Auftrag des Kurprinzen Johann Georg aus dem Jahre 1564, die alte Küche und den Marstall des Jagdhauses in der Letzlinger Heide in den Hohenzollernfarben „weiß und schwartz zu machen“ (GStA PK, I. HA Rep. 131 K441 A2, Bl.15) sowie der 1602 erteilte Auftrag an den Maler Zacharias Engelhardt, die Hörner von sechs Ochsen, die Kurfürstin Katharina als Neujahrsgeschenk zugedacht waren, ebenfalls in den Hohenzollernfar- I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 65

Ihrer Bedeutung als politisch-kulturelle Ausdrucksträger entsprechend, schmückten sie vor allem Gebäudeteile und Raumgruppen von hoher dynastischer Zeichenhaftigkeit, wie etwa die bereits in anderem Zusammenhang thematisierten herrschaftlichen Wohnappar- tements, häufi g in Eckerkern und Wohntürmen gelegen, die Wendelstiegen, für jedermann weithin sichtbare ausgekragte Konsol- und Galeriegänge oder namentlich den fürstlichen Audienzsaal236. Zwar ist die Quellenlage, was die Untersuchung der dekorativen Ausstattung des Spreeschlosses in dieser Hinsicht betrifft, im Vergleich etwa zu anderen Schlossbauten im Alten Reich nicht eben günstig237. Dennoch liegen uns von bauhistorischer respektive bauarchäologischer Seite wichtige Nachrichten bezüglich Lage und Form solcher Herr- schaftszeichen am Joachimsbau vor. Insgesamt vier relevante Orte lassen sich demnach noch lokalisieren, an denen sich bildkünstlerische Darstellungen von hoher Symbolkraft befunden haben müssen. Angesichts der bereits dargelegten Bedeutung der Schlosskapelle als dem sakralen Zentrum des brandenburgischen Herrscherhauses erstaunt es nicht, dass bauarchäolo- gischerseits die Forscher beim Versuch der Wiederherstellung seiner räumlich-plasti- schen Erscheinung anhand der erhaltenen Reste auf Hinweise für eine reiche dekora- tive Ausstattung gestoßen sind. In der Linienführung der Rippen sowie in seinen fl achen Verspannungsbögen muss das Gewölbe des Kapellenraums mit plastisch geschmückten Schlusssteinen beziehungsweise anderen Zierformen ausgestattet gewesen sein238. Für un-

ben anzumalen (Stengel, Walter: Alte Wohnkultur in Berlin und in der Mark im Spiegel der Quellen des 16.-19. Jahrhunderts, Berlin 1958, S. 170). 236 Mit Ahnenbildern der Hohenzollern bis zu Johann Sigismund ist etwa der 83 Meter lange und 18 Meter breite fürstliche Audienzsaal des Königsberger Schlosses, der sog. „Moscowitersaal“ (fertig gestellt im Herbst 1594 als Teil der neuen Westfront des Schlosses rechtzeitig zur Feier der Vermäh- lung der preußischen Herzogstochter Anna mit Johann Sigismund) vom künstlerisch eher beschei- denen preußischen Hofmaler Hans Hennenberger ausgestattet worden (vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 7, alte lit. Abt. G, Nr. 5, Die preußische Regierung an Markgraf Georg Friedrich am 19.7.1594: „..., die Decke des Saals und die beede Thürme seindt nunmehr gänzlich fertig, so wirdt ob den Fens- tern des Saals umbher die Wände mit des Chur- und Fürstlichen Hauses Brandenburgs Genealo- gia (...) und die Wände zwischen den Fenstern mit allerhandt Mahlwerck, Tapezen gleich, weil der Ort allhier soviel Tapezereyen nicht zu haben, daß der Saal ganz bekleidet und behangen werden könne, gezieret.“). – Zum ikonographischen Programm von Fürstenbildnissen am Wolfgangbau des anhaltinischen Schlosses Bernburg, am Schloss Klein Rosenburg der Grafen Barby sowie am Haus- mannsturm des Torgauer Schlosses vgl. Roch-Lemmer, Irene: Die Fürstenbildnisse am Wolfgang- bau des anhaltinischen Schlosses Bernburg, in: Freitag, Werner/Hecht, Michael (Hg.): Die Fürsten von Anhalt. Dynastische Vernunft und politische Konzepte in Spätmittelalter und früher Neuzeit, Halle 2003, S. 144 – 159. 237 Für Dresden besitzen wir Kenntnisse hinsichtlich der auf die Mehrung dynastischer Magnifi zenz zielenden Innendekoration des „Langen Ganges“: „Ingleichen die Gallerie (...), welche 30 große Dorische Säulen und 21 hohe gewölbte Arcaden hat, worinnen des großen Wittekindi und derer al- ten sächsischen Könige Helden-Thaten in saubern Gemälden (...) zu sehen“. Zitiert nach Marx, Ha- rald: „Der Christliche Stamm Sachsen“, Kunst und Geschichte in Bildnissen der Wettiner, in: Groß, Reiner (Hg.): Sachsen und die Wettiner. Chancen und Realitäten (= Dresdner Hefte – Sonderaus- gabe), Dresden 1990, S. 51. 238 Vgl. Geyer, Albert: a.a.O., S. 30; Wiesinger, Liselotte: a.a.O., S. 48; Borrmann, Richard: a.a.O., S. 212. 66 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert sere Fragestellung von besonderem Interesse sind allerdings die beiden Wappen an den Kämpfern des Trennungsbogens zwischen dem Vorraum und dem Chorraum. Es handelt sich in dem einen Fall um das sächsische und in dem anderen um das Herzoglich Preu- ßische Wappen mit dem für die Regierungszeit König Sigmunds von Polen charakteristi- schen durchschlungenen „S“. Mit welcher Berechtigung – diese Frage drängt sich geradezu auf – hingen diese bei- den Wappenschilder in der Hauskapelle der brandenburgischen Hohenzollern? Worin be- stand ihre direkte oder genauer indirekte Aussageabsicht? In Bezug auf den sächsischen Wappenschild mag es sich vordergründig um einen er- innerungsstiftenden Akt gehandelt haben, insofern dieser durchaus als Hinweis auf das Konnubium des brandenburgischen Kurfürsten mit der Tochter des wettinischen Herzogs Georg zu Sachsen-Meißen gelesen werden kann239. Doch der fürstlichen Heraldik ging es um mehr als um bloße Gedächtnispfl ege der verstorbenen kurfürstlichen Gemahlin ei- nes regierenden Herrschers. Das Bewusstsein um historische Größe und reichsfürstlichen Rang beziehungsweise deren Gefährdung artikulierte sich im Wappen ebenso wie fürstli- che Überzeugung oder Anspruch, Angehöriger eines Geschlechts von hoher Anciennität und dynastischer Magnifi zenz zu sein240. Hält man sich vor Augen, dass es sich bei den Hohenzollern um eine Dynastie von noch geringer dynastischer Dignität und Reputation handelte241, so gewinnt die demonstrative Sichtbarmachung des sächsischen Wappen-

239 In diesem Sinne deutet ihn Geyer, Albert: a.a.O., S. 30. 240 Vgl. Hecht, Michael: Hofordnungen, Wappen und Geschichtsschreibung. Fürstliches Rangbewusst- sein und dynastische Repräsentation in Anhalt im 15. und 16. Jahrhundert, in: Freitag, Werner/ Hecht, Michael (Hg.): Die Fürsten von Anhalt. Herrschaftssymbolik, dynastische Vernunft und poli- tische Konzepte in Spätmittelalter und früher Neuzeit, Halle 2003, S. 98 – 122, bes. S. 109 ff., 112 ff. 241 Noch um 1700 mangelt es den brandenburgischen Hohenzollern in ihrer Haupt- und Residenzstadt an einer stattlichen, herrschaftslegitimierenden Ahnengalerie. Die seit den achtziger Jahren des 17. Jahrhunderts im Alabastersaal des Spreeschlosses aufgestellten Büsten der brandenburgischen Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern scheinen diese Funktion nur für kurze Zeit erfüllt zu ha- ben, bis im Kontext der Königserhebung die Oraniersäle in Cölln und Schloss Oranienburg an ihre Stelle traten. Nicht zufällig geht auch die beim 1760 erfolgten Einmarsch der Russen in die bran- denburg-preußische Residenz zerstörte Herrschergalerie im Schloss Charlottenburg auf die Welfen- prinzessin Sophie Charlotte zurück. Als Ausdruck ihres Ahnenstolzes, wie er von ihrer Familie im Gegensatz zu derjenigen ihres Gemahls seit alters gepfl egt wurde, ließ sie die Wände zweier grö- ßerer Kammern, die der hochherrschaftliche Besucher auf dem Weg zur Kurfürstin-Königin durch- schreiten musste, mit zahllosen Fürstenporträts (u.a. dem Kaiserpaar, dem Zaren, dem polnischen wie englischen König, italienischen Fürsten, der oranischen Verwandtschaft sowie namentlich zahl- reichen Angehörigen des Welfenhauses) behängen (vgl. ergänzend Granier, Herman: Die Russen und Oesterreicher in Berlin im Oktober 1760, in: Hohenzollernjahrbuch 2 (1898), S. 113 – 145, hier S. 128 – 129, 133 f., 136 f., 139). In eine ähnliche Richtung weist ferner der Briefwechsel der So- phie von Hannover mit ihrem Schwiegersohn Friedrich I. Anlässlich einer Einladung an ihn auf das Jagdschloss Göhrde teilte sie ihm mit, es gebe dort keine so schönen Möbel wie in den königlichen Schlössern, aber man verfüge über acht standesgemäße Appartements für hochfürstliche Gäste. Die Säle und Vorkammern habe man überdies „mit alte gemels von fürsten und fürstinnen vom Haus Brunswig“ geschmückt (vgl. Berner, Ernst (Hg.): Aus dem Briefwechsel König Friedrichs I. und seiner Familie, Berlin 1901, S. 182 – 184; Briefe Nr. 340 und 341); aufschlussreich ist zuletzt auch die Empfehlung Sophies an Kronprinzessin Sophie Dorothea, gemeinsam mit ihrem kronprinzlichen Gemahl die altehrwürdige, auf Heinrich den Löwen zurückreichende Ahnengalerie zu betrachten I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 67 schilds in der Hauskapelle der Hohenzollern eine über eine bloße Gedächtnispfl ege weit hinausweisende Dimension. Die politisch-dynastischen Beziehungen zwischen den bei- den Häusern waren traditionsgemäß eng. In Gestalt des sächsischen Wappenschilds im Kapellenraum sollten sie zur Anschauung gebracht und dadurch eine symbolische Nähe zu den kulturell überlegenen und ranghöheren Wettinern konstruiert und inszeniert wer- den. Neben der Inszenierung von Rang und Magnifi zenz eines Geschlechts versinnbildli- chen sich im Wappen ferner die Rechte, die einem Fürsten kraft königlicher Verleihung zu- standen beziehungsweise die ihm, etwa unter Hinweis auf genealogisch begründete oder anderweitige Erbansprüche oder vertragliche Vereinbarungen, zuzustehen glaubten und von ihm eingefordert wurden242. Diese im Alten Reich allgemein übliche Praxis, Beleh- nungen zur Repräsentation von Ruhm und Ehre der eigenen Dynastie zu nutzen243, spiegelt sich bereits in den Wappendarstellungen der ersten beiden brandenburgischen Kurfürsten244 sowie denjenigen Joachims I245. Um einen solchen Fall scheint es sich auch im Falle des

(vgl. Schnath, Georg (Hg.): Briefwechsel der Kurfürstin Sophie von Hannover mit dem preußischen Königshause, Berlin/Leipzig 1927, S. 218 – 219; Briefe Nr. 307 und 308). Die Hinweise verdanken sich Hahn, Peter-Michael: Hofkultur und Hohe Politik. Sophie Charlotte von Braunschweig-Lüne- burg, die erste Königin in Preußen aus dem Hause Hannover, in: Sophie Charlotte und ihr Schloß. Ein Musenhof des Barock in Brandenburg-Preußen. Katalog der Ausstellung vom 6. November 1999 bis zum 30. Januar 2000, München/London/New York 1999, S. 31 – 42, hier S. 32, 40, 42, Anm. 36; ders.: Magnifi zenz und dynastische Legitimation durch Übernahme kultureller Muster. Die Beziehungen der Hohenzollern zum Haus Oranien und den Niederlanden im 17. Jahrhundert, in: ders./Heimann, Heinz-Peter (Hg.): Formen der Visualisierung, Potsdam 1998, S. 12, Anm. 6. 242 Vgl. Zappe, Alfred: Grundriß der Heraldik, 2. Aufl ., Limburg/Lahn 1971, S. 126. 243 Vgl. Heck, Kilian: Genealogie als Monument und Argument. Der Beitrag dynastischer Wappen zur politischen Raumbildung der Neuzeit, München 2002, S. 43 ff.; ferner allgemein Blaschke, Karl- heinz: Siegel und Wappen in Sachsen, Leipzig 1960; Gritzner, Maximilian: Geschichte des sächsi- schen Wappens, in: Vierteljahrsschrift für Wappen-, Siegel- und Familienkunde 29 (1901), S. 71 ff.; Bürger, Werner: Das große Staatswappen der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach – Entstehung und Zusammensetzung, in: Ansbacher Kulturspiegel 23 (1970), S. 3 – 16; Hecht, Michael: Landes- herrschaft im Spiegel der Heraldik: Das große Wappen des Fürstentums Anhalt in der Frühen Neu- zeit, in: Sachsen und Anhalt 22 (1999/2000), S. 267 – 288. 244 Der Burggraf von Zollern, Friedrich VI., seit 1415 Kurfürst Friedrich I. von Brandenburg, führte seit der Übertragung der Kurfürstenwürde neben dem weiß-schwarz gevierten Schild von Zollern und dem Schild mit dem schwarzen Löwen in Gold mit weiß-rot gestücktem Schildbord für Nürn- berg als Zeichen seiner neuen Würde einen Schild mit dem roten Adler in Weiß für Brandenburg in seinem Wappen. Als Folge des 1466 abgeschlossenen Vertrags von Soldin zwischen Friedrich II. und den Herzögen von Pommern-Wolgast nahmen die brandenburgischen Herrscher von nun an den roten pommerschen Greif in das kurbrandenburgische Wappen auf. Hierbei handelte es sich um den rechtlich dokumentierten, politisch jedoch keinesfalls realisierten Anspruch der Hohenzollern auf die Einziehung des durch den Tod des letzten Herzogs von Pommern-Stettin erledigten Lehens. Dieses – so der Vertrag – sollte zwar im Besitze der Herzöge von Pommern-Wolgast verbleiben, aber beiden Fürstentümern huldigen. Vgl. dazu Czok, Berthold: Chronologische Synopsis ausge- wählter Wappensiegel aller Landesherren von Brandenburg-Preußen von 1417 bis 1918, in: Archiv- mitteilungen 43 (1934), S. 15 – 27, hier S. 27, Anm. 1 und 2. 245 Die aus dem Vertrag von Grimnitz (1529) hergeleiteten Ansprüche führten seit Joachim I. zur Auf- nahme zahlreicher pommerscher Wappenschilde in das kurbrandenburgische Wappen. Vgl. dazu Czok, Berthold: a.a.O., S. 15 – 27, hier S. 27, Anm. 4. 68 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Herzoglich Preußischen Wappens in der Schlosskapelle zu handeln. Die dargestellte He- raldik, insbesondere das durchschlungene „S“ als klarer Hinweis auf das zweifellos status- fördernde Konnubium zwischen Joachim II. mit Hedwig, Tochter König Sigmunds I. von Polen, diente dem brandenburgischen Kurfürsten darüber hinaus als hoch politisches Sym- bol auf den Mitbelehnungsanspruch des kurbrandenburgischen Hauses mit dem Herzogtum Preußen246. Die Sakralität des Kapellenraums als dem Ort, wo dieses Wappen angebracht war, sollte dem Mitbelehnungsanspruch wohl eine zusätzliche, gleichsam göttliche Legi- timation verleihen247. Zum festen Bestandteil des am Beispiel des Wappenschmucks dargestellten ikonogra- phischen Programms gehörten mutatis mutandis auch die steinernen Bildnisreliefs, wie sie für die Außenfassade des Spreeschlosses dokumentiert sind. Es handelt sich in der Regel um aus Pirnaer Sandstein gefertigte fürstliche Porträtbildnisse. Die ihnen wohl sei- nerzeit zugeschriebene programmatische Bedeutung entfaltet sich jedoch erst, wenn man sich ihre Plazierung an Orten vor Augen führt, an denen sie erstens für alle Welt weithin sichtbar in Erscheinung traten: in Brüstungsfeldern an Konsolgängen oder Balkonen be- ziehungsweise an Eckerkern248 – und deren Nähe zu den herrschaftlichen Wohnapparte- ments zweitens deutlich auffällt249. Das auf Fernwirkung berechnete Erscheinen des Kur- fürsten oder seiner fürstlichen Gäste, etwa auf dem der Stechbahn zugewandten Balkon aus Anlass eines der vielen bezeugten Festturniere250 oder am Fenster des spreeseitigen

246 Seit 1466 war der König von Polen dessen Lehnsherr; 1562/63 und 1569 gab er seine Zustimmung zur Mitbelehnung Kurbrandenburgs. 247 Neben reichster ornamentaler Ausschmückung der Pilaster und Brüstungen am Treppenturm im Innenhof vor dem Stechbahnfl ügel weiß Geyer dort auch von Wappenschmuck zu berichten. Vgl. Geyer, Albert: a.a.O., S. 28. – Leider fehlt uns hinsichtlich der Größe und Form dieser Wappen- schilder jegliche Nachricht. Es lässt sich jedoch vermuten, dass der Wappenschmuck als Träger po- litisch-dynastischen Selbstverständnisses vielfache Verwendung gefunden haben wird, sei es nun als höfi sch-dynastische Inszenierung von Rang oder als Artikulation eines dynastisch-territorialpo- litischen Anspruchs. 248 Von der Berliner Schlossforschung sind bislang drei Orte nachgewiesen worden, an denen sich Bildnisreliefs befunden haben: am Konsolgang auf der Innenhofseite längs der beiden Flügelbau- ten; an einem im Zuge von Umbauarbeiten bei der Einrichtung einer Gastwohnung in den Elisa- beth-Kammern, also dem ehemaligen Appartement der Königin Elisabeth Christine (i.e. Gemahlin Friedrichs des Großen), freigelegten Erkerbogen am Runderker des spreeseitigen Eckturms sowie im Brüstungsfeld des doppelgeschossigen Balkons an der Stechbahnfront mit Blick auf den Tur- nierplatz und die Stadt Cölln. Vgl. dazu Geyer, Albert: a.a.O., S. 24,27 f.,32; Wiesinger, Liselotte: a.a.O., S. 41,43; Peschken, Goerd/Klünner, Hans-Werner (Hg.): a.a.O., S. 26 f. sowie Peschken, Goerd: a.a.O., S. 50. 249 Vgl. hierzu Thurneysser zum Thurn, Leonhard: Pison, erster Teil, Frankfurt an der Oder 1572, S. 354, der die räumliche Nähe zu den fürstlichen Appartements – er spricht bezeichnenderweise zweimal von den „gemachs“ – betont. Im übrigen machen viele Parallelbeispiele, z. B. die Anbrin- gung von Fürstenbildnissen an den Erker- und Turmstuben in Meißen, Wittenberg und Torgau als direktem Vorbild des Joachimsbaus solche Darstellungsformen auch für ihn wahrscheinlich. Vgl. dazu bes. Roch-Lemmer, Irene: Die Fürstenbildnisse am Wolfgangbau, S. 144 – 159; ferner Müller, Matthias: Das Residenzschloß als Haupt des Fürsten, S. 123 – 143, hier S. 139. 250 Vgl. dazu besonders die beiden ältesten bildlichen Schlossdarstellungen von 1592 bei Peschken, Goerd/Klünner, Hans-Werner (Hg.): a.a.O., S. 35 und 36, auf denen gemeinsam mit ihren zahlrei- chen hochherrschaftlichen Gästen das Herrscherpaar (um dieses handelt es sich mit hoher Wahr- I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 69

Runderkers anlässlich der Erbhuldigung, deutet Müller unter Hinweis auf einschlägige Bezüge in den zeitgenössischen Fürstenspiegeln als konkreten Akt der Transformation des im Bildrelief nur virtuellen Vorgangs einer fürstlichen Epiphanie in die Sphäre der leibhaftigen Wirklichkeit. Leibhaftige fürstliche Erscheinung und materielles fürstliches Bildnis seien auf diese Weise in der Vorstellung der anwesenden Menge zu einem corpus mysticum verschmolzen251. Die Programmatik der in Stein gehauenen Bildnisreliefs erschließt sich darüber hin- aus über die Kenntnis der im Bild dargestellten Personen252. Dem Leibmedikus des Kur- fürsten, Leonhard Thurneysser zum Thurn253, verdanken wir eine solche bezüglich des Konsolgangs auf der Innenhofseite der Zweifl ügelanlage254. In seiner Beschreibung er- wähnt er neben anderen ungenannten fürstlichen Personen ausdrücklich den Kurfürs- ten von Brandenburg, den sächsischen Kurfürsten Moritz, die ebenfalls aus dem Hause Wettin stammenden Landgrafen von Thüringen, den Markgrafen zu Meißen sowie den deutschen Kaiser. Diese „bildnusse“ seien „gar künstlich außgehawen / darmit diese Stein gar schön geziert“255. Abgesehen von Thurneyssers Hinweis auf die memoriale Funktion der genannten Portraitreliefs („seliger hochlöblicher gedechtnis bildnis gehawen gewest ist“), die ja keineswegs nur verstorbenen, sondern auch lebenden fürstlichen Personen galt256, fällt folgendes auf: Bei den genannten Persönlichkeiten handelte es sich bis auf die Ausnahme des Kaisers ausschließlich um protestantische Fürsten. Wie im Falle des

scheinlichkeit!) vom Balkon bzw. von der Aussichtsplattform des spreeseitigen Eckerkers sowie aus den vielen geöffneten Fenstern auf die Festgesellschaft hinunterblickt. 251 Vgl. Müller, Matthias: Das Residenzschloß als Haupt des Fürsten, S. 139. 252 Für den Erkerbogen im Runderker des spreeseitigen Eckturms sind die fürstlichen Bildnisse des Kurfürsten Joachim und seiner polnischen Gemahlin Hedwig sowie von je zwei weiteren unbe- kannten Damen und Herren bezeugt. Die dekorative Ausstattung der Portraitdarstellungen mit Gold und Farbe deutet auf ihre fürstlicherseits erfolgte Zuschreibung von ikonologischer Bedeutung hin. Zu ihrer möglichen räumlichen Zugehörigkeit zum fürstlichen Audienzsaal vgl. Geyer, Albert: a.a.O., S. 32; ferner Wiesinger, Liselotte: a.a.O., S. 43. 253 Zu ihm: Boerlin, Paul H.: Leonhard Thurneysser als Auftraggeber. Kunst im Dienste der Selbstdar- stellung zwischen Humanismus und Barock, /Stuttgart 1976; Harms, Bruno: Leonhard Thur- neysser in Berlin. Leben und Wirken, in: Der Bär von Berlin 12 (1963), S. 28 – 49; Hüttchen, Bruno: Neues über Leonhard Thurneysser, in: Beiblatt zur Zeitschrift des Vereins für die Geschichte Ber- lins, 1943, Nr. 1, S. 3 f., Nr. 2, S. 7; Spitzer, Gabriele: „und die Spree führt Gold“. Leonhard Thur- neysser zum Thurn. Astrologe – Alchimist – Arzt und Drucker im Berlin des 16. Jahrhunderts (Bei- träge aus der Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz 3), Wiesbaden 1996. 254 Quellenmäßige Erwähnung fi nden diese Portraits ferner bei Leutinger, Nicolaus: Commentarii de Marchia et rebus Brandenburgicis, S. 190; Zeiller, Martin/Merian, Matthaeus: Topographia Elec- toratus Brandenburgici et Ducatus pomeraniae. Das ist usw. Matthaei Merian Erben, Frankfurt a/M. 1652, S. 28; Hafftitz, Peter: Microcronicon Marchium [zum Jahre1553], in: Riedel, CDB, D 1, S. 115; Nicolai, Friedrich: Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, 3. Aufl ., Berlin 1786, Anhang S. 17. – Das Epitaph des Kaspar Theiß in der Berliner Nicolaikirche bringt die fürstlichen Steinreliefs ausdrücklich in Verbindung mit jenem sächsischen Bildhauer. Vgl. den Wortlaut des Epitaphs bei Küster, G.G.: Altes und Neues Berlin, Bd. III, S. 243. 255 Thurneysser zum Thurn, Leonhard : Pison, erster Teil, Frankfurt an der Oder 1572, S. 354. 256 Vgl. Oexle, Gerhard: Memoria als Kultur, S. 26. 70 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Bernburger Parallelbeispiels257 drückt sich in der verbildlichten Darstellung dieser mittel- deutschen Fürsten ein gezieltes Bekenntnis der Hohenzollern zur protestantischen Sache aus. Die Aufnahme des katholischen Kaisers in dieses visualisierte Reformatorenbündnis erklärt sich wohl nicht in der Absicht, Karl V. als gemeinsamen Gegner zu stigmatisieren. Vielmehr drückt sich darin zum einen die bis 1556 verfolgte vermittelnde Position des Brandenburgers aus, die er seit seinem Übertritt zum Luthertum in der Religionsfrage ein- genommen hatte. Zum anderen werden ihn sicherlich handfeste interessenpolitische Mo- tive zur Aufnahme des katholischen Kaisers in das dargestellte Bildprogramm bewogen haben. Nur mit der Unterstützung des Kaisers – dessen war er sich vollauf bewusst258 – ließen sich die magdeburgische wie auch die pommersche Frage im Sinne des Hauses Ho- henzollern lösen. Dazu bedurfte es der symbolischen Nähe zu Kaiser und Reich. Durch dessen Plazierung an herausragender Stelle seines Schlossbaus bemühte er sich um sein Wohlwollen259.

3.3. Der Fall Küstrin – ein knapper Exkurs

Entgegen der Dispositio Achillea vom Jahre 1473 hatte Kurfürst Joachim I. für den Fall seines Ablebens bestimmt, dass das territoriale Erbe zwischen seinen beiden Söhnen Jo- achim und Johannes, falls sie nicht „beieinander im regiment“ bleiben wollten, zu teilen sei. Joachim sollte die Mittelmark, die Uckermark, die Grafschaft Ruppin sowie Altmark und Prignitz erhalten; Markgraf Johann waren die Neumark, das Land Sternberg, Kros- sen, Züllichau, Sommerfeld sowie Kottbus und Peitz zugedacht. Der Titel eines Markgra- fen stand beiden Brüdern gleichermaßen zu, nur dass Joachim darüber hinaus denjenigen eines Kurfürsten tragen durfte. Beide Söhne haben sich mit dieser Teilungserklärung ein- verstanden gezeigt. Im Jahre 1535 fand die Erbteilung statt. Johann errichtete in den fol- genden fast 40 Jahren eine um landeshoheitliche Anerkennung unter den Fürstentümern des Reiches bestrebte, vom kurfürstlichen Bruder völlig selbständige Herrschaft jenseits der Oder260.

257 Es handelt sich um das Bildprogramm an der Bernburger „Leuchte“, das Irene Roch-Lemmer ei- ner eingehenden Würdigung unterzog. Vgl. hierzu Roch-Lemmer, Irene: Die Fürstenbildnisse am Wolfgangbau, S. 144 – 159. 258 Vgl. dazu Beyer, Achim: Die kurbrandenburgische Außenpolitik im „langen“ 16. Jahrhundert, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 147 (2011), S. 271 – 331, hier insbes. S. 275 und 291 ff. 259 Thurneysser zufolge befand sich das Portraitrelief des Kaisers, Thurneysser nennt ihn ausdrück- lich „das Haupt deutscher Nation“, „bei dem Eckstein (...) am gang“. Vgl. Thurneysser zum Thurn, Leonhard: a.a.O., S. 354. – Ein ähnliches Verhalten lässt sich bei Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen beobachten, der nach seinem Regierungsantritt 1532 zur Durchsetzung seiner Belehnung von der Cranach-Werkstatt 60 Bildnisse seiner Vorgänger anfertigen ließ. Erklärte Absicht dieser Portraitreihe war die Darstellung der wettinischen Verdienste um Kaiser und Reich. Vgl. Roch- Lemmer, Irene: Die Fürstenbildnisse am Wolfgangbau, S. 153. 260 Vgl. dazu mit weiterführender Literatur Neugebauer, Wolfgang: Die neumärkischen Stände im Lichte ihrer Tätigkeit, in: Neumärkische Stände (Rep. 23B). Bearb. v. Margot Beck und eingeleit. v. Wolfgang Neugebauer. Frankfurt a.M. 2000, S. XVII–LXXVI (= Quellen, Findbücher und Inven- I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 71

Es erstaunt vor diesem Hintergrund wenig, dass Johann darauf verzichtete, einen voll- ständigen Neubau zu errichten, sondern die altehrwürdige Küstriner Deutschordensburg zum Sitz seiner neuen Haupt- und Residenzstadt bestimmte261 und jene, dem Anspruchs- niveau der Zeit folgend, zu einer, allerdings recht unregelmäßigen Vierfl ügelanlage um- fassend um- und ausbauen ließ262. Dies entsprach zweifelsfrei der herrschaftslegitimieren- den Funktion der Tradition im Alten Reich, derer er um so dringender bedurfte, da sich seine Herrschaft auf keinerlei Legitimität stiftende Vergangenheit rückbeziehen konnte. Gleichsam eine Art creatio ex nihilo, musste sie in jeder erdenklichen Form gesichert und gefestigt werden, sei es in politisch-militärischer, ökonomischer oder aber in sym- bolischer. Die Errichtung einer als unabhängig von seinem Bruder konzipierten, eigenen dynastischen Anspruch symbolisierenden Familiengrablege in der Stadtkirche entsprach diesem Bedürfnis263. Ganz auf dieser Linie liegt auch die Tatsache, dass der Neumärker sein Hofl ager in der für die Zeit charakteristischen Formensprache erbauen ließ264. Was- sergräben, Turmbauten, volutengeschmückte Giebelfronten, Stand- und Eckerker, runde Treppentürme, repräsentative Balkons und luftige Aussichtsstuben fanden sich in Küst- rin allenthalben und entsprachen dem dekorativen wie programmatischen Anspruch des Schlossbaus um 1500265.

tare des Brandenburgischen Landeshauptarchivs, Bd. 9); ferner: Mollwo, Ludwig: Markgraf Hans von Küstrin, Hildesheim 1926. Einen knappen Abriss der neumärkischen Geschichte des 16. Jahr- hunderts bietet Göse, Frank: Zur Geschichte des neumärkischen Adels im 17./18. Jahrhundert – Ein Beitrag zum Problem des ständischen Regionalismus, in: FBPG N.F. 7 (1997), S. 1 – 47, hier S. 5 – 12. 261 Von daher erklärt sich wohl auch die Verlegung der neumärkischen „Hauptstadt“ von Soldin nach Küstrin. 262 Vgl. zum Küstriner Schlossbau Mollwo, Ludwig: a.a.O., S. 140 f., 210 f., 448 f.; Berg, Gustav: Geschichte der Stadt und Festung Cüstrin (Schriften des Vereins für Geschichte der Neumark 35 – 36), Landsberg a.d. Warthe o.J.; Biskup, Krzysztof: Die Festung Küstrin im 16. Jahrhundert, in: Schmidtchen, Volker (Hg.): Festungsforschung heute. Im Mittelpunkt: Die Bundesfestung Ulm (= Schriftenreihe Festungsforschung 6), Wesel 1985, S. 91–103; Ehrhardt, Siegismund Justus: Al- tes und Neues Küstrin, oder Beyträge zu einer historischen Nachricht von denen Schicksalen der Haupt-Stadt und Festung Küstrin in der Neumark. Aus bewährten Schriftstellern zusammen ge- lesen und zum Andencken der Wieder-Auferbauung derselben herausgegeben von S.J.E., Glogau 1769; Fredrich, Carl: Die Stadt Küstrin, Landsberg a.d. Warthe 1913; zuletzt Burger, Daniel: Die Landesfestungen der Hohenzollern, S. 195–233. 263 Vgl. Berg, Gustav: Die Hohenzollerngruft in der Pfarrkirche zu Küstrin, in: Hohenzollern-Jahrbuch 10 (1906), S. 130 – 137. 264 Zur räumlichen Gestaltung in Form von Stubenappartements sowie zur dekorativ-programmati- schen Ausgestaltung der Räume mit graphischen Darstellungen vgl. Bekmann, J. Chr.: Beschrei- bung der Neumark, ungedrucktes Manuskript, zitiert nach Berg, Gustav: Geschichte der Stadt und Festung Cüstrin, S. 124–125; ferner Burger, Daniel: Die Landesfestungen der Hohenzollern, S. 206; ferner Voss, Georg/Hoppe, Willy: Die Kunstdenkmäler der Stadt Cüstrin, Berlin 1927, S. 319–324. 265 Zum Außenansicht der Küstriner Schlossanlage vgl. die Abbildung in Matthäus Merians Topogra- phia Electoratus Brandenburgici aus dem Jahre 1652; ferner den Kupferstich von 1599, der den Eintritt des Markgrafen Johann Sigismund ins Schloss im Jahre 1595 zeigt (erschienen in: Bren- ner, S.: Continuatio Temporis, Frankfurt a. M. 1599; abgebildet in: Heckner, Ulrike: Im Dienst von Fürsten und Reformation. Fassadenmalerei an den Schlössern in Dresden und Neuburg an der Do- nau im 16. Jahrhundert, München-Berlin 1995, S. 87). 72 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Von der Forschung immer wieder irrtümlich herausgestellt wurde namentlich die for- tifi katorische Funktion des Küstriner Schlosses, und in diesem Zusammenhang wurde Schloss Küstrin sogar von ihr in eine Reihe mit den beiden brandenburgischen Landesfes- tungen gestellt266. Richtig ist vielmehr, dass es sich auch im Falle Küstrins um einen auf Repräsentation bedachten Wohnbau handelte. Seit dem ab 1537 durch Johann in Auftrag gegebenen Neubau handelte es sich bei seinen fortifi katorischen Bauelementen um reine Herrschaftszeichen, die Rang und Status seiner völlig traditionslosen, da neu errichteten, auf Souveränität pochenden Landesherrschaft dokumentieren sollten. Dem realen oder vermeintlichen Wehrbedürfnis am Zusammenfl uss von Warthe und Oder in Nachbar- schaft zu Pommern, Polen und Böhmen267 trug man vielmehr, der neuesten militärtechni- schen Entwicklung entsprechend, durch den Um- und Ausbau der Stadt zu einem bastio- nären Festungssystem ab 1559/68 Rechnung.

3.4 Kurfürstliche Grablege und Memoria

Ein unverzichtbarer Faktor, um sich im Kampf um Prestige mit den Großen des Reichs zu behaupten beziehungsweise an Status zu gewinnen, bestand neben der Bildung einer Residenz, ihrer zugleich dekorativen wie programmatischen Ausstattung mit Wappen und fürstlichen Bildnisreliefs zweifellos in der Anlage einer dynastischen Grablege268. Diese

266 Vgl. etwa Berg, Gustav: Geschichte der Stadt und Festung Cüstrin, S. 14 f. 267 Leutinger, Nicolaus: Commentarii de Marchia et rebus Brandenburgicis, §17, S. 193 äußert sich hierzu mit den Worten: „Visa haec quoque causa et, ut, occurreretur importunis atque iniustis Polo- norum postulationibus, quibus nunc Marchiam novam, nunc Episcopatum Lebusianum, nunc alia repetebant.“ 268 Zur von der Residenzforschung erarbeiteten repräsentativen und herrschaftslegitimierenden Funk- tion von dynastischen Grablegen und Grabdenkmälern vgl. insbesondere die jüngst erschienene kunsthistorische Dissertation von Inga Brinkmann: Grabdenkmäler, Grablegen und Begräbniswe- sen des lutherischen Adels. Adelige Funeralrepräsentation im Spannungsfeld von Kontinuität und Wandel im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert (Kunstwissenschaftliche Studien, Bd. 163), Ber- lin-München 2010; ferner Andermann, Kurt: Kirche und Grablege. Zur sakralen Dimension von Residenzen, in: ders.: (Hg.): Residenzen. Aspekte hauptstädtischer Zentralität von der Frühen Neu- zeit bis zum Ende der Monarchie (Oberrheinische Studien 10), Sigmaringen 1992, S. 159 – 188; Schütte, Ulrich: Sakraler Raum und die Körper der Fürsten. Schlosskapellen und genealogisches Denken in den thüringischen Territorien um 1700, in: Heck, Kilian/Jahn, Bernhard (Hg.): Genea- logie als Denkform in Mittelalter und Früher Neuzeit (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur; 80), Tübingen 2000, S. 123 – 135; Kießling, Gotthard: Der Herrschaftsstand. Aspekte repräsentativer Gestaltung im evangelischen Kirchenbau (Beiträge zur Kunstwissenschaft; 58), München 1995; ders.: Die herrschaftliche Inanspruchnahme evangelischer Kirchen an Residenz- orten, in: Unbehaun, Lutz (Hg.): Die Künste und das Schloß in der frühen Neuzeit (Rudolstädter Forschungen zur Residenzkultur; 1), München/Berlin 1998, S. 83 – 93; Schmidt, Maja: Tod und Herrschaft. Fürstliches Funeralwesen in der Frühen Neuzeit in Thüringen. Ausstellungskatalog und Katalog der Leichenzüge der Forschungsbibliothek Gotha (Veröffentlichungen der Forschungsbi- bliothek Gotha; 40), Gotha 2002; Czech, Vinzenz: Legitimation und Repräsentation. Zum Selbst- verständnis thüringisch-sächsischer Reichsgrafen in der frühen Neuzeit (Schriften zur Residenzkul- tur; 2), Berlin 2003. I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 73 galt geradezu als integraler Bestandteil jeder Residenzbildung. Fürstliche Hauskapelle und dynastische Grablege bildeten sozusagen die religiöse Achse, auf der der sakral be- gründete Herrschaftsanspruch eines Geschlechts beruhte. Als Ort der Erinnerung und als Dokumentation der Kontinuität von herrschaftlicher Präsenz bildete die fürstliche Grab- lege das einigende Band zwischen den verstorbenen und den lebenden Mitgliedern eines fürstlichen Hauses und trug so zugleich zur Bildung eines epochenübergreifenden fami- liären Bewusstseins bei269. Für die Hohenzollern indes ergab sich das Problem, dass ihnen angesichts der 1415 erfolgten Belehnung ihres Hauses mit der Markgrafschaft Brandenburg die gemeinsame Grablege als religiöses Zentrum ihrer Dynastie auf lange Sicht hin verloren ging270. Wel- che Bedeutung Heilsbronn in ihren Augen als Legitimität stiftende Kraft gehabt haben muss, lässt sich allein daran ermessen, dass die Familie noch knapp ein Jahrhundert lang an diesem Bestattungsort, und zwar für die verstorbenen Mitglieder beider Linien, fest- hielt271. Erst Kurfürst Johann Cicero brach mit dieser Tradition und fand als erster Hohen- zollernherrscher seine letzte Ruhestätte 1499 im Kloster Lehnin – der jahrhundertealten Grablege der brandenburgischen Askanier272. Durch die Wahl gerade dieses Ortes zeigte

269 Oexle, Otto Gerhard: Die Gegenwart der Toten, S. 19 – 77; ders.: Die Gegenwart der Lebenden und der Toten, S. 74 – 89; ders. (Hg.): Memoria als Kultur, S. 9 – 78; ders.: Memoria und kulturelles Ge- dächtnis, S. 339 – 389; Rader, Olaf B.: Grab und Herrschaft. Politischer Totenkult von Alexander dem Großen bis Lenin, München 2003; Babendererde, Cornell: Sterben, Tod, Begräbnis und liturgi- sches Gedächtnis bei weltlichen Reichsfürsten des Spätmittelalters (Residenzenforschung, Bd. 19), Ostfi ldern 2006. 270 Vgl. dagegen Neugebauer, Wolfgang: Das historische Argument um 1701, S. 29, der in diesem Zusammenhang auf die zahlreichen „dezentralen“ Hohenzollernschen Grablegen auf ihrer schwä- bischen Stammburg, im Kloster Stetten bei Hechingen, in der Hechinger Stiftskirche, im Kloster Heilsbronn, in Ansbach, in den „brandenburgischen Graborte(n)“, in der Fürstengruft im Königs- berger Dom verweist; in diesem Sinne auch ders.: Preußen in der Historiographie, S. 13. 271 Es handelt sich um die ersten drei brandenburgischen Kurfürsten: Friedrich I. (gest. 1440), Friedrich II. (gest. 1471) und Albrecht Achill (gest. 1486). – Zur Grablege der fränkischen Ho- henzollern in Heilsbronn: Seyboth, Reinhard: Reichsstadt und fürstliche Residenz. Nürnberg als Versorgungszentrum für die fränkischen Hohenzollernresidenzen im späten Mittelalter, in: Paravi- cini, Werner (Hg.): Alltag bei Hofe. 3. Symposium der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Ansbach 28. Februar bis 1. März 1992 (= Residenzenforschung, 5), Sigmaringen 1995, S. 65 – 81, hier S. 66, Anm. 3. Seyboth betont die Funktion von Begräbnissen verstorbener regierender Familienmitglieder als Gelegenheiten des Landesfürsten zur Selbstdar- stellung. Ferner: Schuhmann, Günther: Die Hohenzollern-Grablegen in Heilsbronn und Ansbach (Große Kunstführer 159), München und Zürich 1989. 272 Neben der Franziskaner-Klosterkirche diente Kloster Lehnin den Angehörigen der ottonischen Li- nie des Hauses Askanien als ihre eigentliche Grablege. Der johanneische Familienzweig errichtete sich sein Erbbegräbnis im Kloster Chorin. Vgl. Peschken, Goerd/Klünner, Hans-Werner: a.a.O., S. 14, 21; Riedel, Peter: Berlin. Franziskaner, in: Heimann, Heinz-Dieter/Neitmann, Klaus/Schich, Winfried (Hg.): Brandenburgisches Klosterbuch. Handbuch der Klöster, Stifte und Kommenden bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts, 2 Bde., Berlin 2007 (= Brandenburgische Historische Studien, 14), hier Bd. 1, S. 151. – Zu Kloster Lehnin jüngst mit weiterführender Literatur Warnatsch, Stephan: Lehnin. Zisterzienser, in: Heimann, Heinz-Dieter/Neitmann, Klaus/Schich, Winfried (Hg.): Bran- denburgisches Klosterbuch, Bd. 2, S. 764 – 803. 74 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert er sich darum bemüht, an die Tradition dieses altehrwürdigen Geschlechts anzuknüpfen273 und gewann dadurch, der Vorstellung seiner Zeit entsprechend, an fürstlichem Ansehen und fürstlicher Dignität. Um so unverständlicher scheint somit auf den ersten Blick die durch Joachim II. ver- anlasste Verlegung der fürstlichen Grablege von Lehnin nach Cölln-Berlin zu sein. Eigens zu diesem Anlass ließ der Kurfürst 1545 die Särge seiner beiden Vorgänger Johann Cicero und Joachim I. sowie seiner erster Gemahlin, der Kurfürstin Magdalene (gest. 1534), in die Cöllner Domkirche überführen274. Die Frage nach den Motiven, die diesen (vermeintlichen) Traditionsbruch herbeige- führt haben275, drängt sich auf und verlangt nach einer plausiblen Antwort. Offensichtlich genügte es diesem Kurfürsten nicht mehr, in monastischer Abgeschiedenheit die ruhmrei- chen und wappengeschmückten Ahnen in der dortigen Grablege vereint zu wissen. Statt- dessen bevorzugte er deren Translation in eine prächtig ausgestattete Grablege unmittel- bar bei seinem vor kurzem neuerrichteten Residenzschloss. Betrachten wir in diesem Zusammenhang die allgemeine Entwicklung der Bestattungs- gewohnheiten in den spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Herrscherhäusern, so fällt auf, dass die Hohenzollern auch darin der Tendenz ihrer Zeit folgten. Unverkennbar ent- sprach der brandenburgische Vorgang der bereits seit dem späten Mittelalter allgemein zu beobachtenden Verlegung fürstlicher Grablegen aus monastischen Einrichtungen an den Residenzort. Bereits im 14. Jahrhundert hatten die Habsburger, zweifellos eine der großen Leitdynastien im Alten Reich, ihre alte Grablege bei den Benediktinern von Muri und bei den Klarissen von Königsfelden aufgegeben, um ihre Verstorbenen im Wiener Stephans- dom beisetzen zu lassen. Die Markgrafen von Baden zogen ihre Grablege zu Beginn des 15. Jahrhunderts in das Chorherrenstift ihres Residenzschlosses und gaben ihre alte Grab- lege in der Zisterzienserinnen-Abtei Lichtenthal dafür auf. Neben etlichen anderen Dy- nastien lässt sich dieses Phänomen auch im Falle des Hauses Savoyen beobachten. An- stelle der alten Klostergrablege errichteten sie um die Mitte des 16. Jahrhunderts eine neue Grablege im Turiner Dom, in unmittelbarer Nähe zum neuen Turiner Schloss276. Weitere Beispiele für die Verlegung der fürstlichen Grablege vom dynastischen Hauskloster in die

273 Die Aufl istung der in Kloster Lehnin vorübergehend oder endgültig beigesetzten insgesamt 13 oder 14 Angehörigen des askanischen Herrscherhauses fi ndet sich bei: Warnatsch, Stephan: Lehnin. Zis- terzienser, Bd. 2, S. 781. 274 1555 folgte der Sarg der Kurfürstin Elisabeth, Mutter Joachims II. 275 Neben Markgraf Friedrich d. J. (gest. 1463) wurden gerade mal zwei Hohenzollern-Regenten in Kloster Lehnin zur Ruhe gebettet: besagter Kurfürst Johann Cicero sowie Kurfürst Joachim I. (vgl. Warnatsch, Stephan: Lehnin. Zisterzienser, Bd. 2, S. 781). 276 Vgl. Andenmatten, Bernard/Ripart, Laurent: Von der Klostergrablege zur Fürstengruft. Die Gräber der Herrscher des Hauses Savoyen zwischen Mittelalter und Renaissance, in: Mitteilungen der Re- sidenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, 13,1 (2003), S. 23 – 34. I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 75 fürstliche Residenz fi nden sich u.a. im Herzogtum Mecklenburg277, im Falle der Wettiner278, bei den Landgrafen von Hessen279, für das Haus Württemberg280, in der Grafschaft Mans- feld281 oder im Falle der Grafen von Henneberg-Schleusingen282. Auslöser für diese Entwicklung scheint offensichtlich die bereits in anderem Zusam- menhang konstatierte Veränderung im Herrschaftsdenken der Zeit gewesen zu sein283. Mit dem frühneuzeitlichen Anspruch auf eine Intensivierung und Territorialisierung von Herrschaft wuchsen auch die Erfordernisse nach herrschaftlicher Repräsentation. Ein Kloster war dafür sicherlich wenig geeignet. Seine Klausurvorschriften widersprachen ja geradezu dem Gedanken nach Erreichen einer größeren Öffentlichkeit für das liturgische Totengedenken284, der nicht zuletzt den gewachsenen Repräsentationsansprüchen in der frühen Neuzeit geschuldet war. Ein Stift hingegen verfügte über ganz andere Möglichkei- ten, aufwendige Begängnisfeierlichkeiten mit weltlichem Prunk zu begehen und damit die herrschende Dynastie vor den Augen einer möglichst großen Zahl an Standesgenos- sen, die mit dem Fürstenhaus verwandtschaftliche, freundschaftliche und herrschaftliche Beziehungen pfl egten, durch festliche Begräbnisfeierlichkeiten darzustellen und aufzu-

277 Hier erfolgt die Verlegung vom Hauskloster Doberan in die beiden Residenzgrablegen zu Schwe- rin und Güstrow. Vgl. Albrecht, Uwe: Fürstliche Mausoleen und Grabmäler der Renaissance in Norddeutschland und Dänemark, in: Unbehaun, Lutz (Hg.): Die Künste und das Schloß in der frü- hen Neuzeit (Rudolstädter Forschungen zur Residenzkultur, Bd. 1), München 1998, S. 111 – 130; Minneker, Ilka: Vom Kloster zur Residenz. Dynastische Memoria und Repräsentation im spät- mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Mecklenburg (= Symbolische Kommunikation und ge- sellschaftliche Wertesysteme. Schriftenreihe des Sonderforschungsbereichs 496, 18), Münster 2007; Brinkmann, Inga: Grabdenkmäler, Grablegen und Begräbniswesen des lutherischen Adels, S. 106 – 122. 278 Zu den Grablegen der Wettiner vgl. Babendererde, Cornell: Sterben, Tod, Begräbnis und liturgi- sches Gedächtnis, S. 183 – 187; speziell zum Beispiel des Freiberger Doms als Grablege der alber- tinischen Linie vgl. Andermann, Kurt: Kirche und Grablege. S. 179; jetzt Brinkmann, Inga: a.a.O., S. 122 – 155. – Diskontinuierlich ist auch die Grablegetradition der Wettiner. Bedingt durch dynas- tische Teilungen, Rangerhöhungen und Konfessionswechsel, verfügte das Haus Wettin über fünf zentrale Grablegen: das Kloster auf dem Petersberg bei Halle, Kloster Altzella, den Dom zu Mei- ßen (seit der Mitte des 15. Jahrhunderts), den Freiberger Dom (nach der Reformation), die Dresdner Hofkirche (seit der Konversion der Albertiner zum Katholizismus). 279 Zur Grablege der Landgrafen von Hessen in der Marburger Elisabethkirche vgl. Babendererde, Cornell: a.a.O., S. 187 – 189. 280 Zur Grablege der Grafen bzw. Herzöge von Württemberg in der Stuttgarter Stiftskirche vgl. Baben- dererde, Cornell: a.a.O., S. 190 – 192; vgl. ferner Andermann, Kurt: Kirche und Grablege, S. 177; zuletzt Brinkmann, Inga: a.a.O., S. 155 – 178. 281 Zur Verlegung der Grablege vom Zisterzienserinnenkloster Helfta nach St. Andres zu Eisleben und St. Georg zu Mansfeld vgl. Brinkmann, Inga: a.a.O., S. 235, 249 – 261. 282 Zum Erbbegräbnis der Grafen von Henneberg-Schleusingen im Prämonstratenserchorherrenstift zu Veßra vgl. Babendererde, Cornell: a.a.O., S. 192 – 193; Brinkmann, Inga: a.a.O., S. 236 – 238; Czech, Vinzenz: Legitimation und Repräsentation, S. 71 f. – Über eine über die Jahrhunderte unge- brochene Grablegetradition verfügten nur wenige Dynastien, so etwa die französischen Könige mit der Klosterkirche von Saint Denis oder ebenfalls bis weit ins 18. Jahrhundert hinein die englische Monarchie mit Westminster Abbey (vgl. hierzu Rader, Olaf: a.a.O., S. 81 – 84, 88). 283 Vgl. Minneker, Ilka: Vom Kloster zur Residenz, S. 1 – 26. 284 Hierzu Babendererde, Cornell: a.a.O., S. 182 f. 76 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert werten285. In der Verlegung der Grablege vom Hauskloster in die vielfach neu ausgebaute Residenz gelangten diese Motive zur Anschauung286. Zu den Medien, mit deren Hilfe die politisch-historische Neuorientierung in Szene ge- setzt werden sollte, gehörten neben den von vielen Fürsten in Auftrag gegebenen Landes- und Fürstenchroniken287, der Konstruktion von Stammbäumen und Ahnengalerien oder der auf Breitenwirkung zielenden Publikation von Leichenpredigten288, der Prägung von Medaillen289 und Schaumünzen290, nicht zuletzt die Errichtung von sakralen Grabdenkmä-

285 Babendererde, Cornell: a.a.O., S. 183. 286 Zur Problematik der Vernetzung von Ordensleben und landesherrlichem Repräsentationswillen als möglichem weiteren Motiv der Verlegung fürstlicher Grablegen vgl. Schmidt, Oliver H.: Spiritua- lität und Herrschaft (Studien zur Geschichte, Kunst und Kultur der Zisterzienser, 5), Berlin 1998; ferner Warnatsch-Gleich, Friederike: Herrschaft und Frömmigkeit. Zisterzienserinnen im Hochmit- telalter (= Studien zur Geschichte, Kunst und Kultur der Zisterzienser, 21), Berlin 2005. 287 Deutliches Zeichen kultureller Rückständigkeit und mangelnder wirtschaftlicher Ressourcen des Hohenzollernterritoriums ist auch das völlige Fehlen eines dynastischen, auf die Apotheose des re- gierenden Hauses ausgerichteten Geschichtsschreibungsprogramms im 16. Jahrhundert, wie es sich vorbildhaft bei den Habsburgern fi ndet; selbst eine machtpolitisch eher unbedeutende, aber zwei- fellos über Altehrwürdigkeit verfügende Dynastie wie die Anhaltiner initiierte um 1550 ein solches Auftragswerk. Vgl. dazu: Müller, Matthias: Das Residenzschloß als Haupt des Fürsten, S. 131 f.; Hecht, Michael: Hofordnungen, Wappen, Geschichtsschreibung, in: Freitag, Werner/Hecht, Mi- chael (Hg.): Die Fürsten von Anhalt, bes. S. 103 – 109. – Bei den historischen Arbeiten über die Mark Brandenburg, etwa von Angelus, Entzelt, Hafftitz, Creusing oder Garcaeus, handelt es sich um einfache chronikalische Darstellungen, gespickt mit Fabelgeschichten und Wundergeschichten. Brandenburgische Historiographen sind am Berliner Hof erst seit ca. 1650 angestellt worden, er- füllten ihre ihnen zugedachte Aufgabe allerdings nicht. Vgl. Neugebauer, Wolfgang: Art. „Hohen- zollern, brandenburg. Linie (ab ca. 1500)“, in: Paravicini, Werner (Hg.): Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, Ostfi ldern 2003, Teilbd.1, S. 122 – 127, hier S. 122. 288 Ein eindrucksvolles Beispiel für den Stellenwert des Ahnen- und Familienkults selbst in bürgerlich- patrizischen Kreisen bei: Schulz, Knut: Der festliche Tod. Bemerkungen zu Selbstverständnis und Tradition der Familie Distelmeyer und der höfi sch-bürgerlichen Gesellschaft in Berlin um 1600, in: Festschrift zum 125jährigen Bestehen des Herold zu Berlin. 1869 – 1994 (= Herold-Studien, Bd. 4), Berlin 1994, S. 185 – 217. 289 Vgl. hierzu: Brockmann, Günther: Die Medaillen der Kurfürsten und Könige von Brandenburg- Preußen, Bd. 1: Die Medaillen Joachims I. – Friedrich Wilhelms I. 1499 – 1740, Köln 1994; Ha- bich, Georg: Die deutschen Medailleure des XVI. Jahrhunderts, Halle an der Saale 1916; Kasten- holz, Richard: Hans Schwarz. Ein Augsburger Bildhauer und Medailleur der Renaissance, Berlin 2006; Maué, Hermann: Medaillen auf Kardinal Albrecht von Brandenburg, in: Tacke, Andreas (Hg.): Kontinuität und Zäsur. Ernst von Wettin und Albrecht von Brandenburg, Vorträge der 1. Mo- ritzburg-Tagung in Halle/Saale vom 23. bis 25. Mai 2003 (Schriftenreihe der Stiftung Moritz- burg, Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt 1), Göttingen 2005, S. 350 – 379; Steguweit, Wolf- gang/Kluge, Bernd: SUUM CUIQUE. Medaillenkunst und Münzprägung in Brandenburg-Preußen, Staatliche Museen zu Berlin, Berlin 2008. 290 Hierzu: Menadier, Julius: Die Schaumünzen des Hauses Hohenzollern. Zur Erinnerung an den 18. Januar 1901, hrsg. von der General-Verwaltung der Königlichen Museen , Berlin 1901; ders.: Eine Schaumünze des Kurfürsten Joachim II. von Brandenburg, in: Jahrbuch der Königlich-Preu- ßischen Kunstsammlungen 37 (1916), S. 209 – 212; Menadier, Julius/Dressel, H./Regling, K. (Hg.): Führer durch die Staatlichen Museen zu Berlin. Die Schausammlungen des Münzkabinetts im Kai- ser-Friedrich-Museum. Eine Münzgeschichte der europäischen Staaten, Berlin 1919. I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 77 lern und Epitaphien291. Ihre herrschaftslegitimierende Funktion äußerte sich im Grad ihrer Kostbarkeit wie ihrer Kunstfertigkeit. Die künstlerische Qualität eines solchen Prunksar- kophags in Verbindung mit den damit wohl oder übel verbundenen horrenden Kosten spiegelten die beanspruchte Rangposition und Standesgemäßheit des jeweiligen Verstor- benen und seines Geschlechts. Nicht zufällig beauftragten die beiden Hohenzollernbrü- der ausgerechnet die Nürnberger Werkstatt des Peter Vischer (1455 – 1529) mit der An- fertigung des bis in die heutige Zeit erhalten gebliebenen bronzenen Prunksarkophags292. Die Qualität, die diese Werkstatt produzierte, veranlasste neben zahlreichen anderen pro- minenten Fürsten293 auch Kaiser Maximilian294, sein Grabdenkmal von ihm anfertigen zu lassen. Ein Auftrag an Peter Vischer war mithin durchaus geeignet, die Ebenbürtigkeit des Hauses Hohenzollern innerhalb des Reichsfürstenstandes demonstrativ zu bekunden. Nicht nur die Kostbarkeit der verwendeten Materialien und die Größe des Grabmals kor-

291 Vgl. hierzu Schulte Klaus: Gutsherrschaft und Kirchenpatronat. Patronatskirchen im Havelland, in: Andreae, Almut/Geiseler, Udo (Hg.): Die Herrenhäuser des Havellandes. Eine Dokumentation ih- rer Geschichte bis in die Gegenwart, Berlin 2001, S. 334 – 367, insbes. S. 339 f., 341, 346 – 347, 350, 353 – 354, 360, 362; ferner Poscharsky, P. (Hg.): Die Bilder in den lutherischen Kirchen. Ikonogra- phische Studien, München 1998, S. 21 ff.; Schoenen, P.: s.v. Epitaph, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. V, Stuttgart 1967, Sp. 896 ff. 292 Zu den Grabdenkmälern der Vischer-Werkstatt für die Hohenzollern: Rabe, Martin Friedrich: Das Grabmal des Kurfürsten Johannes Cicero von Brandenburg in der Domkirche zu Berlin, ein Kunst- werk von Peter Vischer dem Älteren in Nürnberg beendigt von seinem Sohne Johannes Vischer (Forschungen im Gebiete der Vorzeit, Heft 1), Berlin 1843; Hauschke, Sven: Grabdenkmäler der Nürnberger Vischer-Werkstatt für die Hohenzollern, in: Cranach und die Kunst der Renaissance unter den Hohenzollern. Kirche, Hof und Stadtkultur, S. 126 – 135. – Zur Vischer-Werkstatt allge- mein: Daun, Berthold: Peter Vischer und Adam Krafft, Bielefeld/Leipzig 1905; Seeger, Georg: Pe- ter Vischer der Jüngere. Ein Beitrag zur Geschichte der Erzgießerfamilie Vischer, Leipzig 1897; Meller, Simon: Peter Vischer d.Ä. und seine Werkstatt, Leipzig 1925; Pechstein, Klaus: Beiträge zur Geschichte der Vischerhütte in Nürnberg, Diss. Berlin 1962; Stafski, Heinz: Der jüngere Peter Vischer, Nürnberg 1962; Döbner, August Wilhelm: Peter Vischer-Studien, in: Mitteilungen des Ver- eins für Geschichte der Stadt Nürnberg 9 (1985), S. 165 – 195; Hauschke, Sven: Die Grabdenkmäler der Nürnberger Vischer-Werkstatt 1453 – 1544, in: Denkmäler Deutscher Kunst: Bronzegeräte des Mittelalters, Bd. 6, Petersberg 2006. 293 So etwa die Grafen Otto (gest. 1502) und Hermann (gest. 1535) von Henneberg in den Jahren 1488 beziehungsweise 1507 – 1512 (vgl. Döbner, A.W.: Die ehernen Denkmale Hennebergischer Grafen von Peter Vischer in der Stifts-Kirche zu Römhild, München 1840; ferner Mötsch, Johannes: Die gefürsteten Grafen von Henneberg und ihre fürstlichen Standessymbole, in: Rogge, Jörg/Schirmer, Uwe (Hg.): Hochadelige Herrschaft im mitteldeutschen Raum (1200 – 1600). Formen – Legitima- tion – Repräsentation, Stuttgart 2003, S. 227 – 242, hier S. 238 f.) sowie Graf Eitelfriedrich II. von Zollern (1452 – 1512), dessen von Peter Vischer angefertigter, auf vier Löwen ruhender Sarkophag für die zollerische Familiengruft in der Stadtkirche zu Hechingen 1790 beim Abbruch der alten Kir- che zerstört wurde. Noch heute erinnert die erhalten gebliebene Grabplatte an den engen Vertrau- ten Kaiser Maximilians I. und ersten Kammergerichtspräsidenten (die Grabplatte ist abgebildet in Decker-Hauff, H.: Die Chronik der Grafen von Zimmern, Band 3, Sigmaringen 1972, S. 34; vgl. ferner Dressel, Martin: Graf Eitelfriedrich II. von Zollern (1452 – 1512). Kaiserlicher Rat Maximi- lians I. und erster Richter am Reichskammergericht (Gesellschaft für Reichskammergerichtsfor- schung), Wetzlar 1995, S. 150, Anm. 199. 294 Vgl. hierzu Hauschke, Sven: Ein Paragone um Grabdenkmäler der Vischer-Werkstatt. Kardinal Albrecht von Brandenburg und Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen, in: Anzeiger des Germa- nischen Nationalmuseums 2002, Nürnberg 2002, S. 231 – 240, hier S. 238. 78 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert respondierte dem Bemühen der Hohenzollern um Status- und Prestigegewinn295. Allein die Darstellung des verstorbenen Kurfürsten auf dem Sarkophagdeckel in Rüstung mit Kurhut auf dem Kopf, Kurszepter und Schwert in den Händen war materieller Ausdruck seiner nach Magnifi zenz strebenden Würde. Unterstrichen wurde sein gleichsam könig- licher Rang ferner durch die Darstellung von insgesamt sechs sitzenden, den Herrscher bewachenden Löwen sowie zehn den Sarkophagrand schmückenden Wappentafeln. Die umlaufende Inschrift preist ihn als den Vater zweier Kurfürsten („Herrn Albrechts Cardi- nals und Ertzbischoffs zu Meynntz und herrn Joachims des Namens des Ersten gebrueder Marggraven zu Brandenburg“)296 und stellte somit – abgesehen von dem für jedermann erkennbaren Hinweis auf ihre in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts für kurze Zeit ge- wonnene politische Macht im Reich – eine bewusste Verbindung zwischen den lebenden und verstorbenen Angehörigen des Hauses Hohenzollern her297. Zu bedenken ist allerdings, dass dieses vielleicht bedeutendste Kunstwerk, das unter Joachim I. nach Brandenburg kam, ein recht vereinzeltes Dasein in der ansonsten weit- gehend kulturlosen märkischen Landschaft fristete298. Wohl nur dank der Initiative seines einfl ussreichen Bruders, des kunstsinnigen, mäzenatisch begabten Kardinal-Erzbischofs von Mainz, hatte dieses Auftragswerk seinen Weg in die Cöllner Domkirche gefunden299. Zum Befund der Singularität des Kunstwerks in der Mark Brandenburg passt, dass die Auftragsarbeit der beiden Hohenzollernbrüder wohl in engem Zusammenhang mit der „Paragone um Grabdenkmäler der Vischer-Werkstatt“ zwischen Kardinal Albrecht von Brandenburg und Kurfürst Friedrich dem Weisen zu sehen ist300. Ausdruck ihres Konkur- renzverhaltens, ja ihrer offenen Rivalität auf dem Felde der Kunstpolitik, lieferten sich

295 Das Bronze-Epitaph misst immerhin 1,18m in der Höhe, 3,0m in der Länge und 1,78m in der Breite. Vgl. hierzu samt Abb. Brozat, Dieter: Der Berliner Dom und die Hohenzollerngruft, Berlin 1985, S. 77. 296 Vgl. Müller, J.C./Küster, G.G.: Altes und Neues Berlin, Bd. 1, Berlin 1737, § 16, S. 51 – 52 („Chur- fürst Johannis Meßingenes Monument“). – Die Grabinschriften zahlreicher in der Kirche und im Klosterhof Bestatteter fi nden sich ebenda, §17, S. 52 – 74 („Erzehlung der in der alten Grufft befi nd- lichen Chur= und Fürstlichen Grabmahle“). 297 Auf diesen Zusammenhang weist auch eine Passage aus dem Testament des Kurfürsten Johann Georg hin: „Es soll auch unser Eltester Sohn, der Churfürst, das Thumstifft, sonderlich, weil es des Churfürstl. Stamm und der Marggrafen zu Brandenburg Erbbegräbnis ist, in seinen Würden und esse, und die Kirchen agenda und Ceremonien, wie solche jetzo gebrauchet werden, erhalten und nicht abkommen, verändern, noch das Stifft verschmelern lassen.“ (Riedel, CDB, Supplementband, S. 213 f.) – Die Bedeutung der fürstlichen Grablege für die regierende Dynastie bemisst sich nicht zuletzt auch an der Kontinuität verbürgenden Zahl der dort Ruhenden. Nach Durchsicht von Julian Großmanns „Genealogie des Gesamthauses Hohenzollern“ handelt es sich bis 1620 um insgesamt 28 Mitglieder des kurfürstlichen Hauses. Vgl. dazu auch das Verzeichnis der dort beigesetzten Per- sonen in: Brozat, Dieter: Der Berliner Dom und die Hohenzollerngruft, Berlin 1985, S. 137 ff. 298 So jüngst auch Engel, Martin: Die Hohenzollerngruft in der Stiftskirche und im friderizianischen Dom, in: Die Gruft der Hohenzollern im Berliner Dom, hrsg. v. der Oberpfarr- und Domkirche zu Berlin, Berlin 2005, S. 125 – 144, hier S. 127. 299 Vgl. Börsch-Supan, Helmut: Die Kunst in Brandenburg-Preußen. Ihre Geschichte von der Renais- sance bis zum Biedermeier dargestellt am Kunstbesitz der Berliner Schlösser. Berlin 1980, S. 15. 300 Vgl. hierzu Hauschke, Sven: Ein Paragone um Grabdenkmäler der Vischer-Werkstatt, S. 231 – 240. I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 79 die beiden Herrscher einen Wettstreit um das bedeutendere Grab301. Dieser begann 1527 mit dem zwei Jahre zuvor von der Vischer-Werkstatt begonnenen Guss der Grabanlage Friedrichs des Weisen für die Wittenberger Schlosskirche302. In der Einheit von in den Boden eingelassener gravierter Grabplatte, reliefi ertem Bildepitaph und großem, gegos- senem Schriftepitaph303 übertraf die wettinische Grablege diejenige Kardinal Albrechts erheblich an Magnifi zenz und Pracht. Albrechts Grabmal304, aufgestellt im Chorraum des 1525 von ihm gegründeten „Neuen Stifts“ zu Halle, verfügte nur über eine einzige große Reliefplatte – offensichtlich für den Kardinal-Kurfürsten Anlass genug, sein Hallenser Erbbegräbnis um das bei Hans Vischer bestellte Marienepitaph (1530) und einen 1536 aufgestellten und gemeinhin Heiligen und Märtyrern vorbehaltenen Baldachin erweitern zu lassen. Die Aufwertung der Gesamtanlage gegenüber dem Wettiner ist angesichts der zeitlichen und konzeptionellen Verzahnung offensichtlich. Der gemeinsam mit seinem brandenburgischen Bruder 1524 erfolgte Auftrag an die Vischer-Werkstatt für ein Tisch- grab für ihren Vater Johann Cicero fi el wohl nicht zufällig exakt in diesen Zeitraum und war mit großer Sicherheit Teil des kunstpolitischen Konkurrenzkampfes des Mainzers mit dem Ernestiner. Von hier aus erklärt sich auch das weitgehende Fehlen von Grabplatten und Epitaphien in der Bestattungspraxis der brandenburgischen Kurfürsten – übrigens nicht nur im Ge- gensatz zu den bedeutenden Dynastien im Alten Reich305, sondern selbst im Gegensatz zur

301 Bereits Albrechts wettinischer Amtsvorgänger auf dem Magdeburger Erzstuhl und Bruder des er- nestinischen Kurfürsten, Ernst von Sachsen, hatte sich im Magdeburger Dom hinter dem Westportal eine eigene Grabkapelle errichten lassen mit der von Peter Vischer d. Ä. 1495 gegossenen Tumba als ihrem Zentrum (vgl. Hauschke, Sven: a.a.O., S. 238); mit der Tumba für Hermann VIII. (gest. 1535) und dessen Gemahlin Elisabeth aus dem Hause Hohenzollern (gest. 1507) in der Römhilder Stiftskirche hatte die Vischer-Werkstatt ein äußerst repräsentatives Grabmonument gefertigt, das den Hohenzollernbrüdern ebenfalls mit großer Wahrscheinlichkeit bekannt gewesen sein dürfte (vgl. Brinkmann, Inga: a.a.O., S. 381 sowie Anm. 1373). 302 Vgl. hierzu Junius, Wilhelm: Das Grabmal Friedrichs des Weisen, in: Kunstchronik und Kunst- markt 57 (1921/22) N.F.33, S. 524 – 526; zuletzt Brinkmann, Inga: a.a.O., S. 42, 126 – 130, 235, 247, 294. 303 Es handelt sich bei diesen sogenannten Enkomiontafeln um eigens von Philipp Melanchthon zu die- sem Zweck verfasste Lobreden auf Friedrich den Weisen, den Schutzherrn Martin Luthers sowie der Reformation. 304 Hierzu vgl. Hauschke, Sven: „Das messing gegossen gehewss umb meyn grabe“. Das Grabmal Kar- dinal Albrechts von Brandenburg in der Aschaffenburger Stiftskirche, in: Das Rätsel Grünewald. Bayerische Landesausstellung 2002/03, Augsburg 2002, S. 172 – 185. 305 Vom Wunsch diktiert, Legitimität und Anciennität ihrer dynastischen Abstammung zu begründen und widerzuspiegeln, waren auch die künstlerisch wie fi nanziell aufwendigen Projekte vieler Fürs- ten Nord- und Nordostdeutschlands, deren prominente Vorbilder etwa die kaiserliche Grablege für Maximilian I. in Innsbruck oder die fürstlichen Grablegen in Rom und Venedig, in St. Denis und Antwerpen waren. Dies dokumentieren das Freigrab König Friedrichs I. von Dänemark im Schles- wiger Dom, die Wandgräber des Philipp Brandin aus Utrecht im Chor des Doms zu Güstrow, das prächtige Wandnischengrab Herzog Albrechts I. von Preußen in Königsberg, das Freigrab Herzog Franz’ II. und seiner zweiten Gemahlin Maria von Braunschweig-Wolfenbüttel in der Lauenburger Stadtkirche oder etwa dasjenige Herzog Christophs von Mecklenburg und seiner Gemahlin Elisa- beth von Schweden in der Schweriner Domkirche eindrucksvoll. Vgl. dazu Albrecht, Uwe: Fürstli- che Mausoleen und Grabmäler, S. 111 – 130, hier bes. S. 115 – 127. 80 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert wohlbedachten Pfl ege einer prestigeträchtigen Sepulkralkultur beim märkischen Adel306 wie unter den residenzstädtischen Eliten Cölln-Berlins307! Die Initiative zum Guss des Grab- denkmals für Johann Cicero entsprang – wie gesehen – weder einer wie auch immer ge- arteten kurbrandenburgischen Tradition noch wirkte sie traditionsbildend, was wohl nicht

306 Vom hohen repräsentativen Stellenwert einer programmatischen Sepulkralkultur für den branden- burgischen Adel zeugen eine Fülle von zum Teil qualitativ hochwertigen und sehr kostenträchtigen Grabdenkmälern und Epitaphien, die namentlich im Zeitraum von etwa 1580 bis ca. 1616 in den adligen Dorfkirchen errichtet worden sind und sich teilweise bis heute erhalten haben. Als heraus- ragende Beispiele in dieser Hinsicht sind zu nennen: das Epitaph für Joachim „den Reichen“ von der Schulenburg in der Lieberoser Stadtkirche (vgl. Hahn, Peter Michael/Lorenz, Hellmut (Hg.): Herrenhäuser in Brandenburg und der Niederlausitz. Kommentierte Neuausgabe des Ansichten- werks von Alexander Duncker (1857 – 1883) 2 Bde., Berlin 2000, hier Bd. 2, S. 352), das Epitaph für Georg (II.) von Lochow auf Nennhausen und seine Frau Agnes von Werder in der Nennhau- sener Kirche (vgl. Hahn/Lorenz, Bd. 1, S. 61; Bd. 2, S. 393); das Epitaph für Heine von Brösigke auf Ketzür (Hahn/Lorenz, Bd. 1, S. 45, 50, 60, 62); das Epitaph für Dietrich von Quitzow auf Rüh- städt in der gleichnamigen Dorfkirche (Hahn/Lorenz, Bd. 2, S. 523); das Epitaph für Philipp von Quitzow auf Kletzke (Hahn/Lorenz, Bd. 1, S. 39, 41) sowie das Epitaph für Christoph und Ursula von der Hagen in der Dorfkirche zu Stölln (Hahn/Lorenz, Bd. 2, S. 570); vgl. ferner dazu Andreae, Almut/Geiseler, Udo (Hg.): Die Herrenhäuser des Havellandes. Eine Dokumentation ihrer Ge- schichte bis in die Gegenwart, Berlin 2001, S. 21 (=Epitaph für Wichmann v. Hake), 68 (=Epi- taph für Ludwig III. v. Hake), 163 (= für Joachim v. Bardeleben), 206 (= für Ursula v. Britzke so- wie für Barbara v. Hünecke, geb. v. Oppen), 346 (= für die Familie v. Lochow), 347 (= für Georg v. Lochow), 348 (= Epitaphaltar des Christoph von der Hagen auf Stölln), 349 (= Altarretabel des Thomas und Cuno von der Hagen), 354 (= Epitaph für die Mitglieder der Familie v. Hake). Ferner Goralczyk, P.: „Die Familie von Quitzow ein märkisches Adelsgeschlecht. Ihre Grabplastik“, in: Brandenburgische Denkmalpfl ege 2 (1993), S. 30 – 38; jüngst ausführlich zur Grablege der Familie von Brösicke in Ketzür Brinkmann, Inga: a.a.O., S. 206 – 215 sowie zu den Begräbnissen der Fa- milien von der Schulenburg und von Alvensleben dies.: a.a.O., S. 216 – 230. – Der Hinweis auf den 1581/82 von Rochus Guerini Graf Lynar gestifteten Altar der Nikolaikirche in Spandau fi ndet sich bei Schulte, Klaus: Gutsherrschaft und Kirchenpatronat, S. 366, Anm. 63. 307 Als Begräbniskirchen der wohlhabenden residenzstädtischen Eliten dienten namentlich die drei Stadtkirchen der Residenz (St. Nikolai, St. Marien und St. Petri), die ehem. Dominikanerkirche als Erbbegräbnisstätte wohlhabender Cöllner Familien (vgl. Heimann, Heinz-Dieter/Neitmann, Klaus/ Schich, Winfried (Hg.): Brandenburgisches Klosterbuch, Bd. 2, S. 164) sowie die Franziskaner- Klosterkirche für die Mitglieder der führenden Berliner Patrizierfamilien, vor allem der Blanken- felde (vgl. Brandenburgisches Klosterbuch, Bd. 1, S. 153; ferner Hain, Michael: Inschriften der Epitaphe an der Berliner Marienkirche, mit Übersetzungen von Max-Ottokar Kunzendorf, o.O. und o.J. (Berlin 1988); Cante, Andreas: Die Klosterkirche als Berliner Gedächtnisort, in: Kirchenruine des Grauen Klosters in Berlin. Geschichte, Forschung, Restaurierung, hrsg. v. Landesdenkmalamt Berlin, Petersberg 2007, S. 54 – 67; Deiters, Maria: Epitaphs in Dialogue with Sacred Space: Post Reformation Furnishings in the Parish Churches of St. Nikolai and St. Marien in Berlin, in: Spicer, Andrew/Thofner, Margit (Hg.): Lutheran Churches in Early Modern Europe, London 2009). Über- aus beliebt als Erbbegräbnisstätte unter dem städtischem Patriziat scheint St. Nikolai gewesen zu sein. Für diese Berliner Stadtkirche sind insgesamt sechs Erbbegräbnisse und Epitaphien dokumen- tiert, und zwar der kleine Altar mit Epitaph der Gebrüder Reiche, die Erbbegräbniskapellen Lam- pert Distelmeiers, Heinrich Straubes und der Familie Kötteritz, die Epitaphien für Markus Goltze sowie für Christian Distelmeier. Vgl. hierzu Deiters, Maria: Hof- und Stadtgesellschaft im Kirchen- raum. Gedächtnismale residenzstädtischer Eliten in der Berliner Nikolaikirche, in: Cranach und die Kunst der Renaissance unter den Hohenzollern, S. 28 – 41, hier bes. S. 30; Brehm, Knut: Grabmals- kunst aus vier Jahrhunderten. Epitaphien und Grabdenkmäler in der Nikolaikirche zu Berlin. Kata- log der Sepulkralplastik, Berlin 1994; Schulz, Knut: Der festliche Tod, S. 185 – 217. I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 81 zuletzt darauf zurückzuführen ist, dass der Anstoß dazu von außerhalb der Mark erfolgte, gleichsam vermittelt über den erzbischöfl ichen Bruder. Die steten fi nanziellen Nöte und Be- drängnisse, in denen sich die brandenburgischen Hohenzollern befanden, werden sich zu- dem im Sinne einer sepulkralen Traditionsstiftung hemmend ausgewirkt haben, ließen sie doch nur begrenzte Spielräume für kostspielige Investitionen in ostentative Prestigeprojekte zu. Angesichts dessen galt es, kunst- und kulturpolitische Prioritäten zu setzen. Die Anlage prestigeträchtiger Grablegen gehörte augenscheinlich nicht dazu. Traditionshemmend mag auch die bis dahin in der Kurmark gängige vorreformatorische Beisetzungspraxis der bran- denburgischen Hohenzollern gewirkt haben. Das Verschwinden der Särge der ersten fünf Kurfürsten von Friedrich I. bis Joachim I. legt den Schluss nahe, dass diese in hölzernen Särgen bestattet wurden, was wiederum mit dem Wunsch des ersten Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern, Friedrich I., korrespondiert, wonach sein „Begräbnus in schlechter [= schlichter] demütiger Form geschehen soll, in leinenem Tuch, ohne große hoffärtige Pompey, die nicht göttlichen Ehren dient (...)“308 An dieser Form der Bestattung hielten die Hohenzollern nolens volens bis weit ins 17. Jahrhundert hinein fest309. Noch der (Zinn-) Sarg von Kurfürst Johann Sigismund (gest. 1619) war von äußerst schlichter Form310. Ein grundlegender Wandel in der Bestattungspraxis des Hauses Brandenburg zeichnete sich erst im späten 17. Jahrhundert unter dem Großen Kurfürsten ab311.

4. Das Spreeschloss als Sitz zentraler Verwaltungsinstitutionen312

Sind wir über die Außenansicht des Renaissanceschlosses dank einer ganzen Reihe von bildlichen Quellen insgesamt durchaus gut unterrichtet, so trifft dieser Umstand

308 Zitiert nach: Engel, Martin: Die Hohenzollerngruft in der Stiftskirche und im friderizianischen Dom, in: Die Gruft der Hohenzollern im Berliner Dom, hrsg. v. der Oberpfarr- und Domkirche zu Berlin, Berlin 2005, S. 127. 309 Dass es sich bis um 1700 bei der Mehrzahl der Särge keineswegs um Prunksarkophage gehandelt hat, geht aus einer Bemerkung von Müller und Küster hervor, wonach „die andere churfürstliche Gruft im vorderen Chor (...) war, weilen alles voll hölzener (!) und zinnener Särge stund, zuge- macht“ (vgl. Müller, Johann Christoph/Küster, Georg Gottfried: Altes und Neues Berlin, Bd. 1, S. 50). 310 Abbildung des Sarkophags in: Die Gruft der Hohenzollern im Berliner Dom, hrsg. v. der Oberpfarr- und Domkirche zu Berlin, Berlin 2005, S. 82. 311 Erst mit dem Tode Luise Henriettes (1683), ersten Gemahlin des Großen Kurfürsten, beginnt die Epoche der hochbarocken Prunksärge. Diese reicht bis zum Tode König Friedrichs I. 1713. Der ver- lorene Prunksarkophag des Kurfürsten Georg Wilhelm von 1642, stilistisch noch der Renaissance zugehörig, manifestiert bereits das Bedürfnis seines Sohnes und Nachfolgers, des Großen Kur- fürsten, nach Pracht und Ehre (vgl. hierzu Lange, Heinrich: Der verlorene Prunksarg des Kurfürs- ten Georg Wilhelm, in: Die Gruft der Hohenzollern im Berliner Dom, hrsg. v. der Oberpfarr- und Domkirche zu Berlin, Berlin 2005, S. 89 – 105). – Deutlich spürt noch Friedrich I. den Mangel an dynastischer Reputation, wenn er bemerkt, es sei eine Schande, dass das Haus Hohenzollern keine Epitaphien besitze (Berner, E.: Briefwechsel König Friedrich I. mit seiner Familie. Quellen zur Ge- schichte des Hauses Hohenzollern, Bd. 1, Berlin 1901, S. 91). 312 Vgl. Spangenberg, Hans: Hof- und Zentralverwaltung der Mark Brandenburg im Mittelalter (= Ver- öffentlichungen des Vereins für Geschichte der Mark Brandenburg), Leipzig 1908. 82 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

weder auf die Einrichtung des Schlossinneren, die Lage der Wohn-, Wirtschafts- oder Re- präsentationsräume noch auf diejenige der Amtsräume zu. Zwar wissen wir dank einer auf uns gekommenen Verfügung über die Bestellung des Hofes während eines Besuches des Kurfürsten von Sachsen in den fünfziger Jahren von der Existenz einer ganzen Reihe von Räumlichkeiten im Schloss313, aber über deren Lage gibt die betreffende Quelle be- dauerlicherweise keine Auskunft314. Sieht man einmal von der Hofordnung Joachims II. aus dem Jahre 1537 ab, in der sich einige wenige Ortsangaben diesbezüglich fi nden, datiert der erste genaue und zusammenhängende Bericht über die Lage der Räume im Schloss an der Spree erst vom Beginn des 17. Jahrhunderts. Es handelt sich um den be- reits mehrfach erwähnten Reisebericht des Augsburger Kunstagenten Philipp Hainhofer aus dem Jahre 1617, den dieser über seinen Aufenthalt in der kurfürstlichen Residenzstadt anfertigte315. Bei dieser Gelegenheit hatte Hainhofer auch die kurfürstliche Residenz ein- gehend besichtigt. Die Schwierigkeit bei der Auswertung dieser Quelle für unsere Thematik liegt frag- los darin begründet, dass der Sitz der Verwaltungsorgane im Spreeschloss im Laufe des 16. Jahrhunderts mehrfach wechselte. Zum Zeitpunkt der Abfassung seines Reiseberichts hatten wesentliche bauliche Erweiterungen gerade stattgefunden bzw. lagen bereits zwei Jahrzehnte zurück. Dies trifft auf den von Johann Georg veranlassten und von dem Gra- fen Lynar zwischen 1591 bis 1595 erbauten Querfl ügel ebenso zu wie auf die Errichtung der Altangebäude im Jahre 1606, mit denen die Vierung des Schlosses auf der Fläche des späteren Schlüterbaus ihren Abschluss fand. Für ungefähr zwei Jahrzehnte diente der Lynarsche Querfl ügel, und zwar spätestens ab 1595 bis zur Fertigstellung der Altangebäude im Jahre 1606, wohl vollständig als Ort für die Amtsräume der kurfürstlichen Verwaltung, wofür der Umstand spricht, „das so- wohl das Erd- wie das zweite Geschoß gewölbt waren“316. Hainhofer indes weiß die aller- meisten Amtslokale zum Zeitpunkt seines Berlinaufenthalts bereits im 1606 errichteten Altangebäude nach der Schlossfreiheit zu. Dort lokalisiert er die Wohnung des Hausvogts unter dem großen Tor, die kurfürstliche Schatzkammer317, die Kanzlei, die „Cammer zu den Archivis“, die Rentei sowie die Ratstuben318. Im mit dem Joachimischen Stechbahn-

313 Vgl. dazu König, A.B.: Versuch einer historischen Schilderung der Residenzstadt Berlin, Bd. 1, S. 313 ff. 314 Vgl. allgemein zur funktionalen und räumlichen Struktur des Schlossbaus in Mitteldeutschland: Hoppe, Stephan: Die funktionale und räumliche Struktur des frühen Schlossbaus in Mitteldeutsch- land. Untersucht an Beispielen landesherrlicher Bauten der Zeit zwischen 1470 und 1570. Köln 1996. 315 Abgedruckt in: Philipp Hainhofers Reise-Tagebuch, S. 121 ff. 316 Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 236, Anm. 19. M. Hass weist nicht zu Unrecht darauf hin, das sich noch das ganze 18. Jahrhundert hindurch die Büros der Ministerien und der kurmärkischen Kam- mer im Lynarschen Trakt befanden. 317 Zur Schatzkammer vgl. Philipp Hainhofers Reise-Tagebuch, S. 121; ferner Haß, Martin: Die Hof- ordnung, S. 233. 318 Vgl. dazu Medem, Fr. von: Berlin im Jahre 1617, in: Ledebur, Leopold von (Hg.): Allgemeines Archiv für die Geschichtskunde des Preußischen Staates 6 (1831), S. 193 – 213, hier S. 208. Auf Lynars Schilderung zum Jahre 1590 aufmerksam macht Neugebauer, Wolfgang: Residenz-Ver- I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 83

fl ügel in einer Flucht liegenden Anbau aus dem selben Jahr, auch als „Neue Kanzlei“ bekannt, befanden sich ihm zufolge in jener Zeit Kammergericht und Konsistorium319. Folgt man jedoch der Auffassung A. Geyers, befand sich das Kammergericht seit 1516 im benachbarten Befestigungsturm der mittelalterlichen Cöllnischen Stadtbefestigung, seit 1536 dem Glockenturm an der Dominikanerkirche320. In dessen unteren Räumen hätten sich – schenkt man Geyer Glauben – Teile der fürstlichen Verwaltung befunden. J.C.W. Moehsen jedoch weiß das Kammergericht im Schloss selber321. In der „Neuen Kanzlei“ lagen Martin Friedrich Seidel zufolge, Kammergerichtsrat des Großen Kurfürsten, auch die „Audienz- und Parthen-Stuben“. In seiner „brevis historiola“ des Kammergerichts von 1660 berichtet er zwar davon im Zusammenhang mit der Kammergerichtsreform von 1540. Die Audienz- und Parthen-Stuben entstanden jedoch erst – wie Martin Haß über- zeugend nachgewiesen hat322 – um das Jahr 1606: „folgends drauf haben die gnädigste Herrschaften unterschiedene schöne Conclavia noch an ihre neue Stifts-Kirchen zur heil. Dreyfaltigkeit, welche vor Alters den Dominicaner-München zu gehöret, zur Audienz- und Parthen-Stuben also anfertigen lassen, daß Ihro Churfürstl. Durchl. selbsten ganz un- vermerckt vom Schlosse hinein gehen und der Räte Consilia und Aussprüche, wie wohl unangesehen, mit anhören könnten.“323 Zur Bühne repräsentativer Handlungen wurde das Schloss auch im Falle der Einberu- fung der Stände324. Diese tagten über das gesamte 16. Jahrhundert hinweg im Stechbahn- fl ügel. Der Lange Saal des Kaspar Theiss war der Ort der ständischen Versammlungen. Dort fanden die auf Wirkung inszenierten Eröffnungssitzungen unter Anwesenheit des Kurfürsten statt. Politisch und symbolisch bezeichnend ist auch, dass die adligen Ober- stände in den Räumlichkeiten des kurfürstlichen Schlosses tagen durften, während die Städte für ihre Beratungen ins Berliner Rathaus verwiesen wurden325. So weiß Helmut

waltung-Repräsentation, S. 23, Anm. 77, der auf eine Passage bei Raumer, Georg Wilhelm von: Auszüge aus dem Tagebuche des Grafen und der Gräfi n von Linar, während ihres Aufenthaltes zu Spandau im sechzehnten Jahrhundert, in: Ledebur, Leopold von (Hg.): Archiv für die Geschichts- kunde des Preußischen Staates 16,3 (1846), S. 201 verweist: „hernach mit Ribbeck in der Rentei lange geredet...“. 319 Medem, Fr. von: Berlin im Jahre 1617, S. 199, situiert das Konsistorium ebenfalls in der „Neuen Kanzlei“, parallel zur Domkirche, wo früher „ain Kloster, da jetzo das Consistorium vnd Cammer- gericht ist“. 320 Vgl. Geyer, Albert: a.a.O., S. 23. So auch Schütte, Ulrich: Das Schloß als Wehranlage, S. 122. 321 Moehsen, J.C.W.: Beschreibung einer Berlinischen Medaillen=Sammlung, T. 1 – 3, Berlin 1773 – 1783, hier T. 2, S. 474. Vgl. dazu auch die Lageskizze bei Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 229, insbes. S. 233 f.; ferner Geyer, Albert: a.a.O., S. 50. 322 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 225 ff. 323 Seidel, M. Fr.: Brevis historiola Camerae electoralis Brandenburgicae (1660), in: Küsters Collectio opusculorum historiam Marchiam illustrantium, Bd. 2, 21.-24. Stück, Berlin 1753, S. 287 f. 324 Zum Schloss als Schauplatz altständischer Partizipation vgl. Neugebauer, Wolfgang: Residenz-Ver- waltung-Repräsentation, S. 20 ff. 325 Vgl. dazu Mülverstedt, G.A. von: Die ältere Verfassung der Landstände in der Mark Brandenburg vornämlich im 16. und 17. Jahrhundert, Berlin 1858, S. 93; ferner Landmesser, Bernhard: Die Stände der Kurmark Brandenburg unter Joachim II. (1535 – 1571), Jur. Diss. Kiel 1929, gedruckt: Borna-Leipzig 1929, S. 23. 84 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Croon unter Bezugnahme auf die kurmärkischen Ständeakten davon zu berichten, dass „in Anwesenheit des Kurfürsten, des Kurprinzen und weiterer Mitglieder der landes- herrlichen Familie (...) den gesamten Ständen, Oberständen wie Städten, im großen Saal des kurfürstlichen Schlosses die Proposition durch den Kanzler, oder falls er verhin- dert war, durch einen der anderen Räte verlesen“ und „anschließend schriftlich zugestellt [wurde]“326. W. Neugebauer ist mithin Recht zu geben, „daß das Schloß seit dieser früh- modernen Zeit auch Schauplatz (zunächst altständischer) Partizipation gewesen ist“327. Seine argumenta ex post stützen seine These nachdrücklich. So zeichnet er die Linie der Ständetagungen bis in die Zeit des Kaiserreiches nach. Äußerst spärlich fl ießen die Quellen hinsichtlich Lage und Einrichtung der Amts- räume in Joachimischer und früherer Zeit. Dies gilt für sämtliche im Schloss befi ndlichen Verwaltungsorgane, seien es nun Kanzlei, Lehnskanzlei, Ratstube, Kammergericht, Ren- tei oder Konsistorium. Als mögliche Orte standen – dem damaligen baulichen Stand ent- sprechend – einzig Spreefl ügel und Stechbahnfl ügel für die Errichtung von Amtsräumen zur Verfügung. Eigens zum spezifi schen Zweck der Verwaltung eingerichtete Amtsstuben waren in dieser frühen Zeit in den Schlossbauten des Alten Reichs noch nicht allgemein verbreitet328. Vielmehr hat man sich die Raumnutzung eher multifunktional vorzustellen. Die oben bereits beschriebene Zweiraumgruppe aus Stube und Kammer wurde in den von Hoppe untersuchten Schlössern als Wohnraum im engeren Sinn ebenso genutzt wie etwa auch als Kanzlei, Schneiderei oder Druckerei329. Ihm zufolge wurden solche Funktionen in der Regel in ofenbeheizten Räumen untergebracht, die – wie gesehen – zumeist Be- standteil eines Appartements waren. Erstmals belegt ist ein eigener separater Beratungs- raum im mitteldeutschen Schlossbau interessanterweise für das erste Hohenzollernschloss kurz vor seinem Neubau durch Joachim II.330 Ob dem Berliner Schloss somit jedoch auf diesem Gebiet eine Vorreiterrolle im Reich gebührt, diese Frage vermögen erst weitere detaillierte Schlossbauuntersuchungen zu klären. Im Falle der Lokalisierung der Kanzlei und ihrer Amtsräume blicken wir zur Zeit Joachims II. auf eine bereits durchaus lange Geschichte zurück331. Die Anfänge dieser

326 Croon, Helmut: Die kurmärkischen Landstände 1571 – 1616 (= Brandenburgische Ständeakten, Bd. 1. Veröffentlichungen der Historischen Kommission für die Provinz Brandenburg und die Reichshauptstadt Berlin, Bd. IX, 1), Berlin 1938, S. 5. 327 Neugebauer, Wolfgang: Residenz-Verwaltung-Repräsentation, S. 21. 328 Vgl. Hoppe, Stephan: Die funktionale und räumliche Struktur, S. 369 f. 329 Vgl. Hoppe, Stephan: ebd. 330 „Es sollen nhu hinfurter alle unsere wesentliche hausrethe (...) vor mittag herauffer in die rathstuben zusamen komen und nachvolgig in der rathstuben unsere sachenh berathschlagen (...) und nachvol- gig an uns zu der stunde, so wir audientz geben werden, sovil uns zu wissen von nothen und ahne unser vorwissen nicht mag bescheiden werden, tragen, unser gemuth und gutdunken dorin zu erler- nen.“ (Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 31) Vgl. ferner Hoppe, Stephan: a.a.O., S. 370, Anm. 494. 331 Zur Kanzlei: Hintze, Otto: Hof- und Landesverwaltung in der Mark Brandenburg unter Joachim II., in: ders.: Regierung und Verwaltung. Gesammelte Abhandlungen zur Staats-, Rechts- und Sozi- algeschichte Preußens (= Gesammelte Abhandlungen, Bd. 3), hg. u. eing. v. Gerhard Oestreich, 2. Aufl ., Göttingen 1967, S. 204 – 254, hier S. 241; Borrmann, Richard: Bau- und Kunstdenkmä- ler, S. 259 ff.; Nicolai, Friedrich: Beschreibung der Königlichen Residenzstädte, Bd. 1, S. 82 – 86; Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 230 ff.; Ahrens, Karl-Heinz: Residenz und Herrschaft, S. 67 ff., I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 85

Verwaltungsinstitution datieren in die Zeit vor der Belehnung der Hohenzollern mit der Mark. Ursprünglich befand sich die Kanzlei im Hohen Haus in der Berliner Kloster- straße332 (Abbildung 12). Unmittelbar nach der Fertigstellung des neuen kurfürstlichen Schlosses (1451) veranlasste Friedrich II. ihre Verlegung dorthin. Beides, Schlossneubau sowie Kanzleiverlegung, gehören unmittelbar zusammen, sind sie doch machtpolitischer Ausdruck ein und desselben zeittypischen Phänomens. In ihm dokumentiert sich der im Alten Reich gemeinhin zu beobachtende Prozess der Territorialisierung. Das Streben der hohenzollernschen Kurfürsten nach bürokratischer Zentralisation drückte sich darin aus. Es entsprach diesem Bemühen und war dessen Ergebnis, wenn die Kanzlei aufgrund stei- genden Verwaltungsaufkommens und einer neu gewonnenen Qualität der Schriftlichkeit ungefähr ein halbes Jahrhundert später aus Raumgründen in das Haus des kurfürstlichen Kanzlers Stublinger in der heutigen Breitestraße 32 verlegt werden musste333. Der ex- akte Zeitpunkt ist zwar nicht mehr präzise zu ermitteln, fällt jedoch in dessen Kanzler- schaft. Sie muss also zwischen 1500 und 1518 erfolgt sein. Ursprünglich handelte es sich bei diesem Hause um altes kurfürstliches Eigentum, das als Harnischkammer Verwen- dung fand334. In den Besitz Stublingers kam es durch Joachim I., der es seinem Kanzler ob treuer Dienste zunächst schenkte, von ihm jedoch bereits wenige Jahre später (1518) wieder zurückkaufte. Davon unberührt verblieb die kurfürstliche Kanzlei samt Regis- tratur bis zu ihrer Rückverlegung ins Schloss an diesem Ort. Allein einen Teil der Re- gistratur ließ man auch über ihre 1537 erfolgte Rückverlegung hinaus weiterhin in der Breitestraße. Dort befand sie sich noch bis Ende des 16. Jahrhunderts335. Ungewiss bleibt jedoch, ob die Amtsräume der Kanzlei im umgebauten Spreefl ügel oder im neu errich- teten Stechbahnfl ügel lagen. Sicher ist nur, dass jede Nacht zwei der jüngsten Schreiber „heroben in der cantzlei schlaffen“ sollen, wie es in der Ordnung der Kanzlei von 1537 heißt336. Die Kanzleiräume müssen sich demzufolge in den Obergeschossen des einen oder anderen Flügels befunden haben. Der immer weiter anwachsenden Verwaltungstätigkeit geschuldet ist auch die Tren- nung von Kanzlei und Lehnskanzlei337. Letztere wird aus diesen Gründen von Joachim II. im Jahre 1558 eigens gegründet, um den für die kurfürstliche Finanzverwaltung immer wichtiger werdenden Aufgabenbereich wirksamer zu verwalten. Ihre Amtsräume befan-

85 f., 124, 168 f.; Spangenberg, Hans: Hof- und Zentralverwaltung, S. 13 ff.; Holtze, Friedrich: Ge- schichte des Kammergerichts, S. 94 – 97; Neugebauer, Wolfgang: Residenz-Verwaltung-Repräsen- tation, S. 22. 332 Vgl. Kohte, Julius: Das Hohe Haus, S. 147; Klünner, Hans-Werner: Vom Hohen Haus zur „Burg“, S. 11 ff. 333 Vgl. Borrmann, Richard: a.a.O., S. 350. 334 Vgl. Ahrens, Karl-Heinz: Residenz und Herrschaft, S. 196; ferner Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 230. 335 Noch beim Regierungsantritt Joachim Friedrichs (1598- 1608) fi ndet sich die Unterscheidung zwi- schen dem „kanzlei-Gewölbe allhier zu hofe“ und der „kanzlei hier unten in der Stadt“. Vgl. Lede- bur, Leopold von (Hg.): Archiv für die Geschichtskunde des preußischen Staates, Bd. 4, S. 319 ff. 336 Vgl. dazu Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 34. 337 Vgl. Neugebauer, Wolfgang: Residenz-Verwaltung-Repräsentation, S. 22; Haß, Martin: Die Hof- ordnung, S. 235. 86 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert den sich zunächst ebenfalls im Schloss. Erst unter Joachims Nachfolger, Kurfürst Johann Georg, wurde die Lehnskanzlei in die Privatwohnung des Lehnssekretärs in der Heilig Geist-Straße ausgelagert (Abbildung 12). Ähnlich ungewiss wie die Lage der Kanzlei ist auch diejenige der Ratstube im Schloss338. Schon vor dem Neubau Joachims II., also vor 1536, hatte sie dort ihren Sitz. Christian Distelmeier, Sohn des Kanzlers Lampert Distelmeier, bezeugt dies in seinem detaillierten Bericht über eine äußerst schwierige Güteverhandlung in der Ratstube, die zwischen 1577 und 1578 stattgefunden haben muss339. Ob deren Amtsräume allerdings im Spreefl ügel oder im Stechbahnfl ügel lagen, lässt sich bei der derzeitigen Quellenlage auch in diesem Fall nicht ermitteln. Die in den Quellen wiederholt verwendete Wendung „hienauff“ lässt jedoch wie im Falle der Kanzlei auf Räumlichkeiten in einem der obe- ren Geschosse des Schlossgebäudes schließen. Bekannt ist auch, dass der Ratstube ein Verhandlungszimmer und ein Beratungszimmer vorgelagert waren. Eine Bestimmung der Kammergerichtsreform aus dem Jahre 1540 legt dies nahe. Dort ist davon die Rede, dass die Parteien „auß der Stubenn biß auf fernernn bescheid entweichen (mussten), Da- mit sich unsere Rethe desto stadlicher haben zu unterredenn“340. Vor der Ratstube lag eine „vordere Stube“ als Wartezimmer für die Parteien341. Über die Amtsräume des Kammergerichts ist wenig bekannt342. Erst in der Regie- rungszeit Kurfürst Johann Georgs fangen die Quellen zu reden an. Gleichlautende Aussa- gen über die Lage des Kammergerichts fi nden sich sowohl in der Verschreibung des Kur- fürsten Johann Georg für Andreas Schrader vom 08.08.1584 als auch in der Bestallung für Albrecht von Schlieben zum Geheimen Rat vom 27.02.1598. In beiden Dokumenten ist von identischen Amtsräumen für Kammergericht und Ratstube die Rede. Laut Verschrei- bung von 1584 wird einem Diener die Anwartschaft auf den Dienst eines Türknechts „auf der ratstube unsers cammergerichts“ erteilt und in der Bestallungsurkunde heißt es, Albrecht von Schlieben solle „mit uff die rathstube in unserm cammergericht gehen und sich in den doselbst vorgehnden justitiensachen willig gebrauchen lassen“343. Spätestens seit 1584 müssen sie mithin über ein gemeinsames Lokal verfügt haben344. Erst im Zuge der Gründung des Geheimen Rats im Jahre 1604 existierten Hainhofer zufolge getrennte

338 Zur Ratstube vgl. Ahrens, Wolfgang: Residenz und Herrschaft, S. 300; Haß, Martin: Die Hoford- nung, S. 231, 234, 236; Neugebauer, Wolfgang: Residenz-Verwaltung-Repräsentation, S. 24. 339 Vgl. dazu die Anm. 20 bei Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 236. 340 Winter, Georg: Die märkischen Stände zur Zeit ihrer höchsten Blüthe. 1540 – 1550. Eine archivali- sche Studie, in: ZPGL 19 (1882), S. 253 – 310, hier S. 272. 341 Vgl. dazu Mylius, CCM, II, 1, Sp. 63. 342 Vgl. hierzu Holtze, Friedrich: Geschichte des Kammergerichts, T. 1, S. 162 ff.; ders.: 500 Jahre Ge- schichte des Kammergerichts, S. 46 mit Anm. 1, 82 f.; Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 237 – 238; Geyer, Albert: a.a.O., S. 23, 49 f.; Neugebauer, Wolfgang: Residenz-Verwaltung-Repräsentation, S. 21, 23 f. 343 Zitiert n. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 238. 344 Vgl. Haß, Martin: ebd. I. Das Cöllner Hofl ager: Zur Funktion und Bedeutung der Schlossarchitektur 87

Amtsstuben für Kammergericht und Ratstuben345. Es ist zu vermuten, dass die Amtsräume zur Zeit Joachims II. im Obergeschoss des Spreefl ügels lagen. Auch für die Herausbildung der märkischen Gerichtsverfassung des 16. Jahrhunderts spielte das Residenzschloss eine bedeutende Rolle. Seit etwa 1450 lässt sich das Bemü- hen der hohenzollernschen Kurfürsten beobachten, die zentralen juristischen und geist- lichen Rechtsinstanzen an einem (geographischen) Punkte zusammenzuziehen. Nicht zufällig siedelten sich Hof- und Kammergericht (im 15. Jahrhundert) und Konsistorium (im 16. Jahrhundert) auf der Cöllner Spreeinsel an346. Das Hofgericht, ursprünglich am Ort des jeweiligen Hofl agers des Markgrafen abgehalten, wechselte um 1450, also zum Zeitpunkt des ersten Schlossbaus, in die „Rechtstube“ auf der Langen Brücke zwischen Berlin und Cölln347. Es wurde ortsfest. Das Kammergericht fand seinen ständigen Sitz im Schlossgebäude selbst, und zwar auf der Ratstube in der „Neuen Kanzlei“348. Die geist- liche Zentralisationsinstanz des Reformationsjahrhunderts, das Konsistorium, fand seine Herberge ebenfalls im Schloss, und zwar dort, wo früher „ain Kloster, da jetzo das Con- sistorium vnd Cammergericht ist“349, also im Trakt der „Neuen Kanzlei“ unmittelbar an der Domkirche350. Auf dem Schloss befand sich ebenfalls die landesherrliche Finanzverwaltung, die sogenannte Rentei. Sie befand sich im Lynarschen Quergebäude, ganz in der Nähe der „Kanzley und Cammer zu den Archivis“351. Und selbstverständlich befand sich die kur- fürstliche „cammer“352 im Schloss, von der es in der Hofordnung Joachims II. heißt: „Wir

345 Vgl. Haß, Martin: ebd.; ferner Klaproth, Christian August Ludwig/Cosmar, Carl Wilhelm: Der Kö- nigl. Preußische und churfürstl. Brandenburgische Wirklich Geheime Staats=Rath an seinem zwei- hundertjährigen Stiftungstage, Berlin 1805, S. 91, 120; ferner Oestreich, Gerhard: Der brandenbur- gisch-preußische Geheime Rat, S. 32; ferner Reuter, B.: [ohne Titel], in: Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Berlins 9 (1892), S. 30; Hinrichs, Carl: Friedrich Wilhelm I. König in Preußen. Eine Biographie. Jugend und Aufstieg, 2. Aufl ., Hamburg 1943, S. 217, wonach sich die „Geheime Ratsstube“ um 1705 „am Lustgarten“ befand. 346 Zum Verhältnis von Hof- und Kammergericht: Schapper, Gerhard: Die Hofordnung, S. 207 ff., bes. 218 ff.; Spangenberg, Hans: Hof- und Landesverwaltung, S. 172 ff., bes. 183 ff. 347 Vgl. Raumer, Georg W.: Codex Diplomaticus Brandenburgensis, Bd. 1, Berlin 1831, S. 176; Riedel, CDB, A XI, 382; ferner Schapper, Gerhard: Die Hofordnung von 1470, S. 207, Anm. 1. 348 Vgl. Holtze, Friedrich: Geschichte des Kammergerichts, T. 1, S. 162 ff.; ferner ders.: 500 Jahre Ge- schichte des Kammergerichts. Festschrift zur Feier seines Einzuges in das neue Heim am Kleist- park, Berlin 1913, S. 82 f., demzufolge der Standort des Kammergerichts ursprünglich die Propstei des Dominikanerklosters gewesen sei. 349 Medem, Fr. von: Berlin im Jahre 1617, S. 199. Zur älteren Unterbringung des Kammergerichts im Cöllner Stadtschloss: ebd. S. 13 f., 33, 69. 350 Vgl. Haß, Martin: Die ältesten Entwürfe einer Konsistorialordnung für die Kurmark Brandenburg, in: FBPG 27 (1914), S. 1 ff.; Neugebauer, Wolfgang: Residenz-Verwaltung-Repräsentation, S. 23. 351 Zur Lage der Rentei vgl. Medem, Fr. von: Berlin im Jahre 1617, S. 208; ferner die Schilderung des Grafen Lynar in seinem Tagebuch anno 1590, in: Raumer, G.W. von: Auszüge aus dem Tagebuche des Grafen und der Gräfi n von Linar, S. 201; Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 234; Neugebauer, Wolfgang: Residenz-Verwaltung-Repräsentation, S. 23. 352 Die Hofordnung Joachims II. von 1536 kennt den Gegensatz zwischen kurfürstlicher „cammer“ und kurfürstlichem „gemach“. Bezeichnet das „gemach“ die privaten Wohnräume des Herrschers, dient ihm die Kammer für den Aufenthalt derjenigen Personen, welche dem Kurfürsten in die Kammer 88 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert wollen das alle unsere cämerer ein vleysiger uffwarten, dann bishero gescheen, auff uns haben und sonderlich, das dieselbigen alle morgen, wann sie auffstehn, in irer stuben und cammer beyeinander bleiben und auff uns warten. Es sol auch ir keiner des nachts ane sonderlich unser erleuben, willen und wissen vom schloß liegen: von welchen es aber ubergangen, do wollen wir unser notdurfft nach mit ime reden. Es sol auch unser thur- knecht, dieweil wir schlaffen oder eher wir außgehn, niemand anders, dann die uns in die cammer geschworen, einlassen, es geschege dann aus sonderlichen unserm bevehlich und geheis. Desgleichen sollen die anderen unser cämerer auch thun; und ob wir unser ge- sellicht zu uns in unser gemach wurden fordern, das alsdann die graven, herrn, edelleuth ader wer sie sein, ire knecht in die hoffstuben ader vor unser gemach lassen.“353 Dieser Gegensatz von Gemach und Kammer ist zentral, erhellt er doch die Bedeutung letzterer klar und deutlich354. Die Kammer war Sitz und Zentrum der eigentlichen Hof- und Landesverwaltung. Von der Kammer gingen alle wichtigen politischen Entscheidun- gen aus. Mittelpunkt der Kammer war der Kurfürst selber. Das Gemach hingegen fun- gierte als Ort, an den sich der Herrscher vor den täglichen Ansprüchen des Politischen ins rein Private zurückziehen konnte. Allein dort wusste er sich den Augen der Öffentlichkeit gleichsam entzogen. Auf die Kammer als die Arbeitsräume des Fürsten traf dies nicht zu. Allein der Personenkreis, der in die Kammer geschworen hatte, besaß das Privileg di- rekten Zutritts. Für das Gemach galt dies selbst für diesen erlauchten Personenkreis nicht. An dieser Trennung wurde das gesamte 16. Jahrhundert hindurch festgehalten.

II. Zur Bautätigkeit der Hohenzollern außerhalb von Cölln-Berlin

1. Zum landesherrlichen Festungsbau als Ausdruck interdynastischen Konkurrenzdenkens

Namentlich mit Blick auf die Festungsbauten hat die einschlägige Forschung ihr Interesse bislang sehr stark auf den wehrtechnischen Aspekt gerichtet. Ihr Augenmerk galt insbe- sondere der geostrategischen Bedeutung der jeweiligen Festungsanlage. Fragen wie die nach der Wahl des Standortes, der Armierung oder der Bauweise standen im Mittelpunkt und wurden im Zusammenhang mit den einsetzenden militärtechnischen Umwälzungen beleuchtet355. Die Frage nach der Motivation zum Bau einer Festung blieb weitgehend

geschworen haben. Wolfgang Neugebauer spricht in Bezug auf die Kammer treffend vom „Regie- rungsgemach“ (vgl. Neugebauer, Wolfgang: Residenz-Verwaltung-Repräsentation, S. 23). 353 Kern, Hofordnungen, Bd. I, S. 94; ferner Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 35. 354 Vgl. Klinkenborg, Melle: Ratstube und Kanzlei, S. 413 – 428; ders.: Die kurfürstliche Kammer, S. 473 – 488. 355 Vgl. Parker, Geoffrey: Die militärische Revolution. Die Kriegskunst und der Aufstieg des Westens 1500 – 1800, Frankfurt/New York 1990; ferner Schmidtchen, Volker: Bombarden, Befestigungen, Büchsenmeister. Von den ersten Mauerbrechern des Spätmittelalters zur Belagerungsartillerie der Renaissance. Eine Studie zur Entwicklung der Militärtechnik, Düsseldorf 1977; Neumann, Hart- II. Zur Bautätigkeit der Hohenzollern außerhalb von Cölln-Berlin 89 auf ihre rein militärische Funktion beschränkt356. Bestrebungen, diese Bauwerke auch in ihrem baugeschichtlichen und historischen Kontext zu würdigen, sind erst jüngeren Da- tums357. Weitgehend vernachlässigt wurde ferner neben ihrer ökonomischen Bedeutung358 die ikonographische und ideologische Programmatik dieser Bauwerke sowie deren Ort innerhalb der Residenzlandschaft359. Bislang kaum beachtet wurde deren Relevanz als wichtige Statussymbole und Repräsentationsobjekte im interdynastischen Konkurrenz- kampf. Als Teil eines jedermann verständlichen herrschaftlichen Zeichensystems bilde- ten die Festungen gesellschaftlichen Rang, Macht, Stärke und Ansehen ihrer Besitzer ab. Wichtiges Indiz für die Richtigkeit dieser These ist der auffällige zeitliche Zusammen- hang, in dem der Aus- beziehungsweise Neubau einer ganzen Reihe von bedeutenden Fes- tungsanlagen im Alten Reich wie insbesondere im mittel- und norddeutschen Raum stan- den. Hierzu gehören etwa die Errichtung der Nürnberger Bastionen durch Antonio Fazuni (1538 ff.)360, der Bau der Dresdner Bastionen durch den Baumeister Caspar Vogt von Wierandt (1546 – 55)361, der ebenfalls von Wierandt und Lotter errichtete Bau der sächsi-

wig: Festungsbaukunst und Festungsbautechnik. Deutsche Wehrbauarchitektur vom XV. bis XX. Jahrhundert (Architektura militaris 1), Koblenz 1988. 356 Zum brandenburgischen Kriegswesen vgl. Bardeleben, C. von: Über das Kriegswesen in der Mark Brandenburg zur Zeit von Kurfürst Joachim I., in: FBPG 18 (1905), S. 155 ff.; Riedel, Adolph: Die brandenburgische Lehnsmiliz, in: MF 1 (1841), S. 369 ff.; ferner Jany, Curt: Geschichte der König- lich Preußischen Armee bis zum Jahre 1807. Bd. 1: Von den Anfängen bis 1740, Berlin 1928, hier bes. S. 1 – 30. 357 Vgl. dazu Burger, Daniel: Die Landesfestungen der Hohenzollern in Franken und Brandenburg im Zeitalter der Renaissance, München 2000. In diesem Zusammenhang wurde auch dem Verhältnis zwischen fürstlichem Bauherrn und Baumeister nachgegangen. 358 Vgl. dazu Gebuhr, Ralf et al. (Hg.): Von Vestungen: Die brandenburgisch-preußischen Festungen Spandau – Peitz – Küstrin, Berlin 2001; Eichberg, Henning: Zirkel der Vernichtung oder Kreislauf des Kriegsgewinns? Zur Ökonomie der Festung im 17. Jahrhundert, in: Kirchgässner, Bernhard/ Scholz, Günter (Hg.): Stadt und Krieg (= Stadt in der Geschichte, Bd. 15), Sigmaringen 1989. 359 Vgl. hierzu Heckner, Ulrike: Im Dienst von Fürsten und Reformation. Fassadenmalerei an den Schlössern in Dresden und Neuburg an der Donau im 16. Jahrhundert, München-Berlin 1995; Mende, Volker: Festungsstadt im Wandel. Auf den Spuren der Renaissancefestung Peitz, Land- kreis Spree-Neiße, Archäologie in Berlin und Brandenburg 1997, S. 141 – 144; Moos, Stanislaus von: Turm und Bollwerk. Beiträge zu einer politischen Ikonographie der italienischen Renaissan- cearchitektur, Zürich-Freiburg i.Br. 1974; Schütte, Ulrich: Das Schloß als Wehranlage. Befestigte Schloßbauten der frühen Neuzeit im alten Reich, Darmstadt 1994; Pötschner, Peter: Wappen und Inschrifttafeln von der Stadtbefestigung. Nebst einem Beitrag zur Geschichte der Kärntnertore, in: Wiener Geschichtsblätter Jg. 23 (83.), Nr. 4 (1968), S. 356 – 363. 360 Vgl. Fehring, Günther P./Ress, Anton: Die Stadt Nürnberg. Kurzinventar (Bayerische Kunstdenk- male 10), 2. Aufl ., München 1977; Kunstmann, Hellmut: Mensch und Burg. Burgenkundliche Be- trachtungen an ostfränkischen Wehranlagen (Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte Reihe IX, Darstellungen aus der fränkischen Geschichte 25), 2. erg. Aufl ., Neustadt a.d.Aisch 1985; Neubauer, Heinz-Joachim: Der Bau der großen Bastei hinter der Veste Nürnberg, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 69 (1982), S. 196 – 263. 361 Vgl. Henke, Klaus Theodor: Festungen in Sachsen, Berlin et al. 1991; Papke, Eva: Festung Dres- den. Aus der Geschichte der Dresdner Stadtbefestigung, Dresden 1997; Biller, Thomas: Architek- tur und Politik des 16. Jahrhunderts in Sachsen und Brandenburg. Rochus Guerini Graf zu Lynar (1525 – 1596) – Leben und Werk, in: Der Bär von Berlin, Jahrbuch des Vereins für die Geschichte Berlins 40 (1991), S. 7 – 38. 90 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert schen Festung Pleissenburg in Leipzig (1549 – 68)362, der Bau der Plassenburg ihrer frän- kischen Vettern (1550 – 54)363, die Errichtung der mecklenburgischen Grenzfestung Dö- mitz (1557 – 62)364 und Befestigungsarbeiten am Residenzschloss Schwerin (1558 – 1565) durch den italienischen Baumeister Francesco a Bornau aus Brescia365, der Festungsbau zu Rostock durch Herzog Johann Albrecht I. zu Mecklenburg und dessen Bruder Her- zog Ulrich zu Mecklenburg seit 1565366 sowie der Ausbau der Festung Königstein in der sächsischen Schweiz unter Kurfürst Christian I. ab 1588367. Die Liste ließe sich mühelos fortsetzen. Die Errichtung der brandenburgischen Landesfestungen Spandau, Küstrin und Peitz fi el ebenfalls in diese Zeit. Ihre beiden (1536 begonnenen) Schlossbauten sowie ihr ebenfalls zeitgleich ins Werk gesetzter Startschuss zum Ausbau ihrer Landesfestungen Spandau und Peitz (1559) sind dafür anschauliche Beispiele368. Offensichtlich wird in diesem Zusammenhang das Verhältnis von Vorbild und Kon- kurrenz. Der Bau der einen Festung zog die Errichtung der nächsten nach sich. Wie eng sich die kulturellen Beziehungen und der technologische Transfer unter den vielfach ver- wandten, teils befreundeten Regenten beziehungsweise unter ihren häufi g sehr reiselusti- gen Baumeistern gerade auch in architektonischer Hinsicht gestalteten, offenbaren unter anderem die Biographien vieler deutscher und ausländischer Baumeister und Handwer- ker. Ein System von Empfehlungen, Ausleihen oder Abwerbungen sorgte dafür, dass diese in der Regel nicht ausschließlich für einen Herrscher, sondern an mehreren Fürstenhöfen tätig waren. Die Biographien der auch in brandenburgischen Diensten stehenden italieni-

362 Vgl. Henke, Klaus Theodor: Festungen in Sachsen, Berlin et al. 1991; Papke, Eva: Festung Dres- den. Aus der Geschichte der Dresdner Stadtbefestigung, Dresden 1997. 363 Vgl. Storch, Erich: Die Plassenburg in der fränkischen Baugeschichte (Die Plassenburg 1), Kulm- bach 1951; Mader, Heinrich: Hohenzollernveste Plassenburg. Bau- und Kunstgeschichte der Plas- senburg (Beiträge zur Fränkischen Kunstgeschichte NF 3), Erlangen 1933; Pfeiffer, Gebhard: Die landesgeschichtliche Funktion der Plassenburg, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 29 (1969), S. 245 – 259; Lenker, Richard: Herrschaft Plassenburg, in: Archiv für Geschichte Ober- franken 66 (1986), S. 17 – 42 sowie bes. Seyboth, Reinhard: Die landesherrlichen Residenzen der fränkischen Hohenzollern im späten Mittelalter, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 60 (1997), S. 567 – 597 und Weigand-Karg, Sabine: Die Plassenburg. Residenzfunktion und Hof- leben bis 1604, Diss. Phil. (masch.) Bayreuth 1991 (gedruckt Weißenstadt 1998); dies.: Alltag auf den Burgen im Mittelalter und in früher Neuzeit. Beispiel Plassenburg, in: Burgen und Schlösser in Bayern, Österreich und Südtirol 2 (1998), S. 3 – 10. – Übrigens fi ndet sich in der Arkatur des Innen- hofes auf der Plassenburg bei Kulmbach eine Ahnengalerie der Hohenzollern eingemeißelt. 364 Vgl. Scharnweber, Jürgen: Festung Dömitz im 1000jährigen Mecklenburg. Eine illustrierte Chro- nik, Lüchow 1995. 365 Vgl. Lisch, G.C.F.: Geschichte der fürstlichen Residenz-Schlösser zu Wismar, Schwerin und Gade- busch, in: Jahrbücher des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde 5 (1840), S. 1 – 73. 366 Vgl. Lorenz, A.F.: Zur Geschichte der Rostocker Stadtbefestigung (Ein Rekonstruktionsversuch), [Rostock] o.J. 367 Vgl. Henke, Klaus Theodor: Festungen in Sachsen, Berlin et al. 1991; Taube, Angelika: Festung Königstein. Zur Geschichte eines Baudenkmals der Sächsischen Schweiz, Königstein 1990; Weber, Dieter: Festung Königstein, Leipzig 1967. 368 Bezeichnenderweise begann die zweite Ausbauphase der beiden Festungsbauten ebenfalls zeit- gleich (ab 1578/79). II. Zur Bautätigkeit der Hohenzollern außerhalb von Cölln-Berlin 91 schen Festungsexperten Francesco Chiaramella de Gandino369 und Rochus Graf Lynar370 sind dafür zwei anschauliche Zeugnisse. Beide dienten nicht ausschließlich einem Herrn, sondern standen in Diensten gleich mehrerer fürstlicher Auftraggeber. Vom „eigenen“ Landesfürsten wurde dies keineswegs nur, sei es argwöhnisch, sei es neidisch, beäugt. Im Gegenteil trug etwa die Tätigkeit des Grafen Lynar zum Ruhm des Hauses Hohenzollern – und zwar inner- und außerhalb der Kurmark – nicht unerheblich bei. Am Florentiner Hof erzogen, Kammerjunker bei Herzog Alessandro de Medici ebenso beim Dauphin und nachmaligem französischen König Heinrich II., ruhmgeschmückt in mehreren Schlachten und Belagerungen, Erbauer der Metzer Zitadelle für den französischen König, Gefolgs- mann des Prinzen von Condé sowie des Pfalzgrafen Johann Casimir, Oberbaumeister der Festung Dresden, profi tierte Johann Georg vom Ruhm und Glanz seines Amtsträgers nachdrücklich. Die Anwerbung seiner Person war ihm so viel wert, dass er sich dessen Verpfl ichtung Unsummen kosten ließ! Aus der Hofrentei bezog der Graf 1.000 Taler, für acht (!) Personen die landesherrli- chen Amtsträgern zustehende Hofkleidung, Futter für acht Pferde, jährlich zwei Wispel Weizen, zwölf Wispel Roggen, 50 Wispel Hafer, Heu, Stroh, Holz, 250 Tonnen Bier, zwei Fuder rheinischen, drei Fuder blanken und ein Fuder roten Landwein, sechs fette Ochsen, 50 fette Hammel, 25 Schafe, 30 Kälber, 30 fette Schweine, ferner Fisch, Butter, Hirse so- wie Gewürze und Zucker im Wert von 100 Talern371. In seinem 1580 verlängerten Ver- trag schüttete der Kurfürst seinem Amtsträger, der nun „uf zeit und lauf seines lebens vor unsern rath und general obristen, artelarey, munition, zeugk- und bawmeistern unserer lande und vestungen“ an die Mark gebunden werden konnte, dafür ein Gnadengeld in der beträchtlichen Höhe von 30.000 Talern aus372. Zusätzlich versüßte Johann Georg Lynars

369 Zu ihm vgl. Burger, Daniel: Die Landesfestungen der Hohenzollern, S. 213 – 220; Tardito-Amerio, R.: Italienische Architekten, Stukkatoren und Bauhandwerker der Barockzeit in den Welfi schen Ländern und im Bistum Hildesheim (Nachr. d. Akad. d. Wiss. in Göttingen, phil.-hist. Klasse 6), Göttingen 1968; Mohrmann, Wolf-Dieter: Der „welsche pawmaister“ Chiaramella in Wolfenbüt- tel, in: Braunschweigisches Jahrbuch 57 (1976), S. 7 – 22; Maczijewski, Raimund: Auf den Spuren Chiaramellas. Neues zur Zitadelle von Berlin-Spandau, in: Archäologie in Berlin und Brandenburg 1998, S. 101 – 103. 370 Zu Lynar vgl. Biller, Thomas: Architektur und Politik, S. 7 – 38; ders.: Rochus Guerini Graf zu Ly- nar, in: Ribbe, Wolfgang/Schäche, Paul (Hg.): Baumeister, Architekten, Stadtplaner – Biographien zur baulichen Entwicklung Berlins, Berlin 1987; Klinkenborg, Melle: Die Tätigkeit des Grafen Rochus zu Lynar in Brandenburg, in: Hohenzollern-Jahrbuch 14 (1910), S. 30 – 34; Korn, Richard: Kriegsbaumeister Graf Rochus zu Linar. Sein Leben und Wirken von R. K. In der Hauptsache nach archivalischen Quellen bearbeitet, Dresden 1905; Nicolai, Friedrich: Nachricht von den Baumeis- tern, Bildhauern, Kupferstechern, Malern, Stukkateuren und andern Künstlern welche vom drey- zehnten Jahrhunderte bis jetzt in und um Berlin sich aufgehalten haben und deren Kunstwerke zum Theil daselbst noch vorhanden sind, Berlin und Stettin 1786, S. 22 ff. 371 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 9 A1, Fasz.1, fol. 7r-7v (dat. Küstrin, den 21. Mai 1579). – Das Lynar- sche Patent als „General=Obersten Artelarey=Zeug= und Baumeister“ ist abgedruckt bei Schöning, Kurd von: Historisch-biographische Nachrichten zur Geschichte der Brandenburgisch-Preußischen Artillerie. Aus bisher unbekannten Dokumenten zusammengestellt. 1. Theil, Berlin 1844 – 1845, ND LTR-Verlag 1984, S. 371 – 374. 372 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 9 A1, Fasz.1, fol. 14r-14v (dat. Cölln, den 19. Januar 1580). – Liquide Mittel in solch einer Höhe werden dem Kurfürsten mit Sicherheit nicht zur Verfügung gestanden 92 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Bleiben in der Mark mit einer Dotation in Form eines repräsentativen Wohnhauses in der Spandauer Innenstadt373. Darüber hinaus konzedierte der Kurfürst dem Italiener vertraglich die Möglichkeit, lu- krative Berater- und Gutachtertätigkeiten oder konkrete Bestallungen für Baumeisterar- beiten, etwa mit dem Kurfürsten von Sachsen, dem Fürsten von Anhalt, dem Landgrafen von Hessen oder dem Heidelberger Pfalzgrafen, anzunehmen. Beim Ritterschlag Chiara- mellas 1569 handelte es sich nicht allein um die Anerkennung seiner Verdienste um das brandenburgische Bauwesen374; die Nobilitierung des Grafen kündete gleichzeitig über die Landesgrenzen hinaus vom Ruhm und von der Kraft des Kurfürstentums Brandenburg in kultureller, militärischer und politischer Hinsicht375. Gleiches gilt mehr oder minder, je nach ständischem Rang und berufl ichem Prestige, für alle an den europäischen Höfen tätigen Baumeister und Kunsthandwerker. Allerdings bedeutete diese Tatsache für die vielen ökonomisch schwachen und kulturell nachrangi- gen Territorien im Umkehrschluss, dass der angesichts ihrer geringen ökonomischen Po- tenz für sie ohnehin schwierige personelle, technologische und kulturelle Transfer ohne jenes System der persönlichen Kontakte, Empfehlungen, Ausleihen und Abwerbungen unter den teils benachbarten, teils befreundeten, vielfach miteinander verwandten Lan- desfürsten vollständig zum Erliegen gekommen wäre. Für die Kur- und Neumark scheint

haben. Darauf deutet auch die Klausel in der Bestallungsurkunde hin, wonach der vertraglich fi - xierte Betrag in zehn Jahresraten zu je 3.000 Talern ausgezahlt werden durfte. Im Vergleich dazu, zwecks Verdeutlichung der Relationen, bezog etwa der Peitzer Festungskommandant Georg von Karlowitz Einkünfte in Höhe von jährlich 150 Talern, Kleidung für zwei Personen, 2 Wispel Rog- gen, 3 Wispel Gerste, 1 Wispel Hopfen, 2 Schweine, einen halben Ochsen, 2 Kälber, 2 Hammel, 10 Gänse, 15 Hühner und einiges mehr (vgl. Groger, Franz: Urkundliche Geschichte der Stadt und ehemaligen Festung Peitz, Bd. 1, Peitz 1913, S. 93 f.). 373 Vgl. Schulze, Daniel Friedrich: Zur Beschreibung und Geschichte von Spandow, Bd. 1, S. 19 – 20, 91, 102. Dieses repräsentative Haus umfasste später, um eine Reihe von Nachbarhäusern erwei- tert, insgesamt 13 Bürgerhausstellen. Vgl. dazu Biller, Thomas: Die Entwicklung des Bürgerhauses in Berlin und in der Mark Brandenburg vor dem Dreißigjährigen Krieg (12.-16. Jahrhundert), in: Berlin-Forschungen 1 (1986), S. 43 – 100, Kaak, Heinrich: Auf der Suche nach dem verschwunde- nen Schloss der Lynars. Geschichte eines Spandauer Prachtbaus [Dokumentation einer Ausstellung auf der Zitadelle Spandau: Texte der Dokumentation, Konzeption, Objektrecherchen und Texte der Ausstellung], Berlin 2008, hier bes. S. 8, 18, 40 – 41. 374 Die Arbeit des italienischen Festungsexperten Chiaramella war dem Brandenburger angesichts des Fehlens eigener Fachkräfte für eine einzige Bauperiode die Summe von 200 Reichstalern sowie ein Haus mit Garten in Spandau Wert. In einer zweiten Bestallungsurkunde wurde für seine Tätigkeit am Spandauer Festungsbau die Summe von jährlich 1.000 Talern (bezeichnenderweise in vier Ra- ten auszahlbar!) vertraglich fi xiert. Zudem dotierte der Kurfürst seine Arbeit mit einem Wispel Rog- gen, zwei Wispel Hafer, einem Ochsen und einem Schwein. Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 9, Nr. E15, Fasz.1, fol. 1r-v; ferner GStA PK, 1. HA, Rep. 9, Nr. E19, fol. 6r (fi nanzielle Forderungen Chiara- mellas bei einer Bestallung in brandenburgische Dienste). 375 Vgl. Hafftitz, Peter: Microcronicon Marchium zum Jahre 1599, in: Riedel, CDB, D I, S. 127; fer- ner: Historische Aufzeichnungen der Berliner Stadtschreiber, in: Riedel, CDB, D I, S. 305 f. – Nicht zufällig war der Graf für die Hohenzollern auch in diplomatischer Mission unterwegs. II. Zur Bautätigkeit der Hohenzollern außerhalb von Cölln-Berlin 93 dies in besonderem Maße gegolten zu haben376, wie etwa ein Blick auf die Armierung der neu errichteten Landesfestungen in Küstrin, Peitz und Spandau lehrt. Für die markgräfl iche Festung Peitz beispielsweise sind eine Reihe von Waffenge- schenken benachbarter Landesfürsten anlässlich ihrer „Einweihung“ überliefert. Aus dem 1564 erstellten „Vorzeichnis des geschützes, so meinem gnedigen fürsten und herrn von derselben herrn und freunden in die neue vheste zur Peitz geschenkt worden“, erfahren wir davon377. So erhält Johann vom kurfürstlichen Bruder in Cölln-Berlin vier Feldschlan- gen, der markgräfl iche Schwager Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach schickt eine Kartaune, vier „Sängerinnen“ und drei Steinbüchsen378, der Erzbischof Markgraf Sieg- mund vier ganze Feldschlangen, Johanns Schwiegervater, Herzog Heinrich II. von Braun- schweig-Wolfenbüttel, drei ganze Feldschlangen und Markgraf Johann Georg zwei halbe Feldschlangen. Was aus heutiger Sicht ganz und gar ungewöhnlich anmutet – immerhin helfen die Nachbarn dem Brandenburger bei dessen Rüstungen –, erklärt sich zum einen aus dem Bedürfnis der benachbarten Fürsten, qua symbolischer Handlung – und hierhin gehören auch die nicht unbedeutenden Waffengeschenke – Macht und Glanz ihres eige- nen Territoriums zu demonstrieren. Der mit diesen Geschenken verbundene militärische Nachteil wurde offensichtlich zu Gunsten des mit ihnen ebenfalls verknüpften Prestige- und Statusgewinns bereitwillig in Kauf genommen. Zum anderen aber markieren diese Waffengaben deutlich Armut und Rückständigkeit der brandenburgischen Territorien379. Zur selben Zeit führte Kurfürst August von Sachsen hohe und höchste auswärtige Herr- scher und Diplomaten in sein von ihm zwischen 1559 und 1563 errichtetes Hauptzeug- haus, wo er eine beeindruckende Menge schwerer Geschütze hatte zur Schau stellen las- sen380.

376 Unter Joachim II. ist die Tätigkeit des auf Bitten des Brandenburgers vom sächsischen Kurfürs- ten entliehenen Baumeisters Kaspar Theiß am Spreeschloss wie in Küstrin bezeugt. Unter Johann Georg leiteten die italienischen Festungsspezialisten Chiaramella und Lynar sowohl die Arbeiten in Spandau als auch in Peitz. Beide waren dank familiärer beziehungsweise gut nachbarschaftlicher Kontakte in die Mark gezogen worden. Im Falle Chiaramellas etwa warb der Schwiegersohn dem Schwiegervater, Herzog Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel, in geradezu unerhörter Weise seinen italienischen Baumeister ab. Später vermittelte ihn Hans von Küstrin an seinen Bruder, da- nach verlieh er ihn an seinen Schwiegersohn, den Markgrafen Georg Friedrich d.Ä. Ähnlich verfuhr sein fränkischer Vetter, der sich vom brandenburgischen Kurfürsten den Grafen Lynar als Gutachter und Baumeister zu besorgen wusste. – Zum personellen Transfer vgl. auch Mollwo, Ludwig: Mark- graf Hans von Küstrin, S. 76, 88 ff. 377 Vgl. GStAPK, 1. HA, Rep. 21, Nr. 120b-3. 378 Hierzu vgl. auch Schöning, Kurd von: a.a.O., S. 15. 379 Dem widersprechen auch nicht die Angaben bei Jany, demzufolge die Festung Peitz im Jahre 1580 über „nicht weniger als 96 Stücke“ verfügte, wobei es sich, wie dieser allerdings selber einräumen muss, um 57 alte Steinbüchsen handelte (vgl. Jany, Curt: a.a.O., S. 19 – 20). Weitere diesbezügli- che Beispiele zur Untermauerung der Rückständigkeitsthese der brandenburgischen Kurfürsten namentlich im 15. Jahrhundert fi nden sich bei Jany, Curt: a.a.O., S. 8; vgl. ferner das bei Kurd v. Schöning: Historisch-biographische Nachrichten zur Geschichte der brandenburgisch-preußischen Artillerie, [Starnberg] 1984, Bd. 1, S. 16 ff. abgedruckte Verzeichnis der 1562 in Cüstrin vorhande- nen Geschütze. 380 Vgl. dazu die Beiträge von J. Menzhausen, K. Nitzschke und D. Schaal, in: Dresdner Hefte 4 (1986), S. 26 – 54. 94 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Schon gegen Ende des 14. Jahrhunderts beliefen sich die Herstellungskosten schwerer Geschütze auf eine Höhe, die aufzubringen, nur die mächtigsten und wirtschaftlich poten- testen Reichsstädte und Landesherren in der Lage waren381. Für die Zeit um 1500 galt dies in verschärfter Form382. Neben solventen Städten wie Nürnberg, Frankfurt, Augsburg, Straßburg oder Ulm konzentrierte sich die Anschaffung schwerer Geschütze im Reich na- mentlich auf das wettinische und habsburgische Territorium, zumal diese über die für die Produktion der Geschütze notwendigen, kostenintensiven Rohstoffe aus den landeseige- nen Kupfer- und Silberbergwerken verfügten383. Ein weiteres Problem trat für die mittle- ren und kleineren Städte und Fürstentümer hinzu. Die wenigen führenden Geschützgießer arbeiteten verständlicherweise für die mächtigen Reichsstädte und Landesherren. Diese „kleine Elite“ (Volker Schmidtchen) vermochten nur sie sich für mehrere Jahre oder so- gar auf Lebenszeit vertraglich zu verpfl ichten. Nicht zufällig fi nden wir dementsprechend die berühmten Gießerfamilien an diesen Orten, so etwa die „Pegnitzers“ in Nürnberg, die „Hilgers“ in Sachsen oder die „Löffl ers“ in Tirol, von wo aus diese Familienclans in Großbetrieben ab 1460 das Geschützwesen ihres Territoriums bestimmten384. An sämtlichen Voraussetzungen fehlte es in der gesamten Mark Brandenburg385. Es mangelte sowohl an den notwendigen fi nanziellen Möglichkeiten als auch an den damit in engem Zusammenhang stehenden personellen Ressourcen. Qualifi zierte Gießer, die über das notwendige technische „Know how“ verfügten, um schwere und schwerste Ge- schütze anzufertigen, standen den brandenburgischen Herrschern im gesamten 16. Jahr- hundert nicht zur Verfügung386. Zwar bemühte sich der Küstriner Markgraf seit 1567

381 Der Guss der „Großen Frankfurter Büchse“ etwa verursachte der Freien Reichsstadt Frankfurt am Main im Jahre 1394 Kosten in einer Höhe von 1076 Gulden, 14 Solidi und 5 Heller, was einem Gegenwert einer Herde von 442 Rindern entsprach. Der Guss einer „langen Büchse“ für den Deut- schen Ritterorden (1409) entsprach der Kaufsumme für 5 Schlachtrosse, eine Herde von 101 Och- sen, 80 Tonnen Heringe, 2537 Stockfi schen und 584 Pfund Zucker. Die Stadt Görlitz zahlte für 2 große Steinbüchsen 406 Schock Groschen. Mit dieser Summe hätte sie 418 Stück Rindvieh erste- hen können. Vgl. dazu Schmidtchen, Volker: Bombarden, Befestigungen, Büchsenmeister, S. 161. 382 Vgl. Schmidtchen, Volker: a.a.O., S. 162. 383 Vgl. Schmidtchen, Volker: a.a.O., S. 164. 384 Aufbau und Leistungskraft der berühmten maximilianischen Artillerie, als beste und modernste ih- rer Zeit geltend, verdankte sich in erster Linie der Büchsenmeisterdynastie der Löffl ers. Ab ca. 1460 avancierte Innsbruck zum Zentrum der habsburgischen Waffenproduktion. Gregor Löffl er produ- zierte ab 1530 in der großen zentralen Gießerei in Hötting innerhalb von 20 Jahren über 1000 Ge- schütze für die Kaiserliche Artillerie. Vgl. Schmidtchen, Volker: a.a.O., S. 185. 385 Vgl. dazu Decker, Karl von: Geschichte des Geschützwesens, Posen 1822, S. 34 f.; ferner mit einer Reihe von Beispielen für den äußerst beklagenswerten Zustand des brandenburgischen Geschütz- wesens im 15. und 16. Jahrhundert: Schöning, Kurd von: a.a.O., S. 12 – 14, 19 – 20, 23 – 25. 386 Bei dem in einer Fußnote in Nicolais „Nachrichten von den Baumeistern, Bildhauern, Kupferste- chern, Malern, Stukkaturern und andern Künstlern etc.“ erwähnten „Kurfürstl. Zeugmeisters und Gießers Michael Kessler“ handelt es sich um einen um 1550 von Hans von Küstrin aus Stuttgart in seine Residenz berufenen Glockengießer. Nachrichten über die Fertigung von schweren Geschüt- zen aus Kesslers Produktion fehlen und sind angesichts der ca. 17 Jahre später einsetzenden Bemü- hungen des Küstriner Markgrafen um den Aufbau einer zentralen Gießerei zu Peitz wohl auch eher unwahrscheinlich (vgl. hierzu Bartoschek, Gerd: Künstler der Renaissance in und um Berlin. Fried- rich Nicolais Nachrichten von 1786 aus heutiger Sicht, in: Cranach und die Kunst der Renaissance II. Zur Bautätigkeit der Hohenzollern außerhalb von Cölln-Berlin 95 um den Aufbau einer zentralen Gießerei in Peitz387. Doch um eine „Waffenschmiede der Neumark“388 hat es sich dabei wohl kaum gehandelt. Neben der Fertigung der gusseiser- nen Kanonenkugeln389 erfolgte im bei der Festung Peitz gelegenen Eisenhammer auch diejenige von Schaufeln, Spaten, Gabeln und Haken390. Der Guss der schweren Kartau- nen oder gar Doppelkartaunen mit einem Gesamtgewicht von 2,5 bis 3 Tonnen (15 – 25 kg Kugelgewicht) beziehungsweise von 3 bis 4 Tonnen (30 – 40 kg Kugelgewicht) ist für Peitz nicht überliefert391. In Ermangelung geeigneter Geschützgießer, die zur Herstellung solch großkalibriger Waffen notwendig gewesen wären, mussten die brandenburgischen Landesherren auf anderweitige Beschaffungsarten zurückgreifen. Hierzu gehörte etwa der mit der Geldrischen Fehde zusammenhängende Befehl des Markgrafen von Küst- rin von 1543, „alles großse geschütz von Königsberg in der New-Marcke gegen Cüstrin führen (zu) laßsen“392. Führt man sich in diesem Zusammenhang vor Augen, dass es sich hier um ein unbedeutendes Ackerbürgerstädtchen in der Neumark handelte, das, wenn überhaupt, über ein bis zwei leichte Geschütze nicht hinausgekommen sein wird, so of- fenbart sich allein darin sowie in der angesichts der schwierigen naturräumlichen Bedin- gungen zudem überaus mühevollen Verlegung des oder der Geschütze von Königsberg nach Küstrin der eklatante Mangel und die große Rückständigkeit der brandenburgischen Territorien393. Diese Annahme wird zur Gewissheit vor dem Hintergrund einer 60 Jahre später erfolgten Anfrage des Kurfürsten Joachim Friedrich an das Domkapitel zu Magde- burg (28. Oktober 1603) nach alten Geschützen zwecks zukünftiger Armierung der Fes- tung Driesen394. In Ermangelung solcher Geschütze schickte das Domkapitel dem Bran-

unter den Hohenzollern, S. 327, Anm. 93). Das Gießhaus in Küstrin etwa muss sich in einem sehr mangelhaften Zustand befunden haben (hierzu vgl. Schöning, Kurd von: a.a.O., S. 20). 387 Vgl. hierzu Reichmuth, Gerd: Die Produktion im ehemaligen Eisenhüttenwerk Peitz, in: Niederlau- sitzer Studien 20 (1986), S. 103 – 112; Redies, Dirk/Reichmuth, Gerd/Gahler, Hans (Hg.): Hütten- werk Peitz, Lübben 1994. 388 So Burger, Daniel: Die Landesfestungen der Hohenzollern, S. 243. 389 Die Produktionsmenge belief sich für das Jahr 1570 auf 367 einpfündige Kugeln, 719 Kugeln zu 16 Pfund und 5074 Kugeln zu einem halben Pfund. Vgl. Groger, Franz: Urkundliche Geschichte, S. 71. 390 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 21, Nr. 43, fasz. 1, fol. 9r. 391 Erst für das 17. Jahrhundert weiß Jany vom Guß von Kanonenrohren für den Peitzer Eisenhammer und erst für das Jahr 1594 ist ein in Zehdenick gegossener Mörser als ältester nachweisbarer Zeuge des Eisengusses in der Mark Brandenburg belegt. Vgl. Hierzu Jany, Curt: a.a.O., S. 20. 392 Hafftitz, Peter: Microcronicon Marchium [anno 1543], in: Riedel, CDB, D I, S. 107; ferner Schö- ning, Kurd von: a.a.O., S. 15. 393 Die auf Befehl Kaiser Maximilians I. errichteten Zeughäuser von Trient, Lindau und Breisach be- herbergten zur gleichen Zeit jeweils gewaltige Waffenarsenale, nicht zuletzt schwerer und schwers- ter Geschütze für die kaiserliche Artillerie, zur Verwendung auf den möglichen Kriegsschauplätzen in Italien, der Schweiz und in Frankreich. Vgl. dazu Schmidtchen, Volker: a.a.O., S. 172. 394 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 9, Nr.A13b, fol. 15r-16v. – Die Bestandsnachweise bezüglich der Ar- mierung des Küstriner Schlosses, Driesens und Kottbus’ aus der frühen Regierungszeit Joachims I. bestätigt diese These: Über magere 43 Büchsen , darunter 18 Handbüchsen, 16 Hakenbüchsen, 6 Fartzbüchsen, 3 Peschenichbüchsen, 9 Armbruste, 1 Tonne Pulver und losen Schießpulver ver- fügte Schloß Küstrin im Jahre 1505. Nicht anders sah es in Driesen aus: 6 Büchsen, 2 Hakenbüch- sen, 1 Tarrasbüchse mit 2 Kammern, 12 Armbruster, 2 Viertel und 3 Tonnen „vollgescheffteter“ 96 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert denburger 300 Taler, verbunden mit der ausdrücklichen Bestimmung, diese Summe zum Ankauf von Metall zum Guss der Geschütze zu verwenden. Ganz auf dieser Linie be- wegt sich auch die Lieferung von (offensichtlich gebrauchten, teilweise völlig veralte- ten bis kaum für die moderne Kriegsführung geeigneten) Waffen aus Küstrin zwecks Ar- mierung der Festung Peitz. In drei Etappen erhielt diese 44 Schweine- und Federspieße, 106 lange Spieße, 22 Doppel- und Streuhaken, 40 lange spanische Rohre, 20 Scherpen- dinen, 12 halbe Schlangen, 2 große Steinbüchsen, 300 Pfund Blei sowie 27 Tonnen Pul- ver395 – von einer dem neuesten technischen Stand entsprechenden Armierung kann hier beileibe nicht die Rede sein!396

2. Die Landesfestung als Ort des fürstlichen Hofl agers und Zeichen höfi scher Repräsentation

Betrachtet man die beiden Festungsanlagen Peitz397 und Spandau398, so zeigen sich eine ganze Reihe von Gemeinsamkeiten, aber auch von Unterschieden. Jene fi nden sich, be-

Pfeile, ½ Tonne Pulver, Schwefel, Werkzeuge zur Pulverherstellung und 2 Formen zu Hakenbüch- sen führt das Verzeichnis auf. Vom „Neuen Haus“ in Kottbus heißt es, dass dort 2 Tarrasbüchsen, 1 Hufeitzbux, 2 Ladungen zu den Kammerbüchsen, 2 große Fässer und 2 Tonnen mit Pfeilen, 1 Tar- rasbüchse im Turm und 1 im Erker aufbewahrt wurden. Ferner sind in der dortigen Hofstube 6 Ha- ken, 12 Handbüchsen, 3 Viertel mit Pfeilen, 1 Tonne mit Blei sowie 1 eiserner Keil gelagert (vgl. Raumer, II, S. 212; zitiert auch bei Bardeleben, C. von: Über das Kriegswesen in der Mark Bran- denburg zur Zeit von Kurfürst Joachim I., in: FBPG 18 (1905), S. 156 – 173, hier S. 166). 395 Vgl. GStA PK, I.HA, Rep. 21, Nr. 120b-3 (Vortzeichnis was anno [15]61 von Cüstrin an allerlej munition auf 3 mahl kegen der Peitz gebracht worden ist). – Bei den 145 Geschützen, die die kai- serliche Armee zu Beginn des Schmalkaldischen Krieges ins Feld führte, handelte es sich allein um 49 schwere Belagerungsgeschütze, davon 25 Kartaunen und 24 Halbkartaunen. Vgl. das Geschütz- buch Karls V., zitiert nach Schmidtchen, Volker: a.a.O., S. 98. 396 Noch der im Zusammenhang mit dem Jülich-Clevischen Erbfolgestreit erfolgte Ankauf des gesam- ten Artilleriegeräts durch den „General-Artolorey-Meister“ Oberst Meinhard v. Schönberg erfolgte außerhalb der Landesgrenzen in den Generalstaaten, weswegen „ein großer Teil der in den Zeug- häusern der Mark Brandenburg befi ndlichen alten und sehr verschiedenartigen Geschütze von ent- sprechendem Metallwert in Zahlung gegeben (wurde).“ Vgl. Jany, Curt: Geschichte der Königlich Preußischen Armee bis zum Jahre 1807, Bd. 1: Von den Anfängen bis 1740, Berlin 1928, S. 33. 397 Zur Festung Peitz vgl. Mollwo, Ludwig: Markgraf Hans von Küstrin, S. 429, 443, 560, 579; ferner Groger, Franz: Urkundliche Geschichte der Stadt und ehemaligen Festung Peitz, Peitz 1913 (ND Lübben 1996); Mende, Volker: Eine Siedlung der Lausitzer Kultur in Peitz, Landkreis Spree-Neiße. Neue Erkenntnisse über die „Große Contrescarpe“ der Festung, in: Arbeitsberichte zur Bodendenk- malpfl ege in Brandenburg 2 (1999), S. 141 – 143; Scharfe, Wolfgang: Festungen in Brandenburg: Küstrin – Peitz – Spandau (Hist. Handatlas von Brandenburg und Berlin, Nachträge Heft 4), Berlin/ New York 1980; zuletzt Burger, Daniel: Die Landesfestungen der Hohenzollern, S. 234 – 278. 398 Vgl. Escher, Felix: Spandau im Schatten der Festung, in: Ribbe, Wolfgang (Hg.): Slawenburg, Lan- desfestung, Industriezentrum. Untersuchungen zur Geschichte von Stadt und Bezirk Spandau, Ber- lin 1983, S. 160 – 209; Maczijewski, Raimund: Auf den Spuren Chiaramellas, S. 101 – 103; Kuntze- müller, Otto: Urkundliche Geschichte der Stadt und Festung Spandau von der Entstehung der Stadt bis zur Gegenwart, Berlin-Spandau (ND Berlin 1978); Ludewig, Albert: Die Askanierhofburg Spandau. Ergebnisse von Bauforschungen und Grabungen in den Jahren 1935 – 1944, in: JbLG 1 (1950), S. 35 – 40; Stein, Günter: Zur Baugeschichte der askanischen Burg Spandau, in: JbLG 4 II. Zur Bautätigkeit der Hohenzollern außerhalb von Cölln-Berlin 97 dingt durch die gemeinsame Funktionsbestimmung, notwendigerweise in der Komplettie- rung und Armierung der Wehranlage. Wälle, Bastionen, Kurtinen, gemauerte Geschütz- stellungen in den Bastionsohren, Kasematten und Gräben entsprachen den „modernen“ Fortifi kationselementen. Sie fi nden sich in Peitz wie in Spandau. Verstärkung und Modernisierung der Fortifi kationsanlagen erfolgten jedoch im Ge- gensatz zu Peitz, wo die herrschaftlichen Wohnanlagen erhalten blieben, in Spandau unter weitgehender Preisgabe „zuvor eindeutig artikulierter ziviler Architekturfunktionen“399, was für Spandau sicherlich auf die Entwicklung der kur- und neumärkischen Residenz- landschaft in der Zeit der brandenburgischen Erbteilung (1535) zurückzuführen ist. Ber- liner Schloss und Spandauer Festung ergänzten sich ohne Zweifel in ihrer militärischen beziehungsweise zivilen Funktion, da das Berliner Schloss – wie gesehen – seit seinem Neubau ab 1537 ff. auf seine „reale“ Wehrhaftigkeit (U. Schütte) verzichtet hatte. Für die fürstliche Hofhaltung existierte ein wenige Meilen entfernter, in Kriegs- und Unruhezei- ten sicherer Ort. Aber selbst im Falle von Spandau drängt sich der Eindruck auf, dass diese Festung nicht allein der militärischen Außenverteidigung des brandenburgischen Territoriums diente. An Joachims dreifacher, rein militärischer Begründung (Abwehr der Türken, Be- drohung durch die Moskowiter, Abwehr des Papstes), mit der er die Fertigstellung des von ihm begonnenen Festungsbaus rechtfertigt wissen wollte, sind Zweifel angebracht400. Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelte es sich hierbei um eine Alibilegitimation, um die Landstände angesichts leerer fürstlicher Kassen zur Finanzierung der „feste zu Spandow“ zu bewegen. Seinem konfessionspolitischen Argument gilt es mit dem Hinweis auf die von ihm ver- folgte Kompromisslinie in der Bekenntnisfrage zu begegnen401. Mochte der Konfessions- wechsel der Hohenzollern nun aus innerer Überzeugung oder machtpolitischem Kalkül erfolgt sein, mit der 1539 vollzogenen Konversion zur neuen Lehre wurde Brandenburg

(1953), S. 34 – 39; Böcker, Dagmar/Böcker, Heidelore: Spandau [C.2], in: Paravicini, Werner (Hg.): Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Ein dynastisch-topographisches Handbuch, 2: Residenzen (= Residenzenforschung, 15.1), bearb. v. Jan Hirschbiegel und Jörg Wettlaufer, Ost- fi ldern 2003, S. 537 – 541; Burger, Daniel: Die Landesfestungen der Hohenzollern in Franken und Brandenburg, S. 279 – 326. 399 Schütte, Ulrich: Das Schloß als Wehranlage, S. 139. 400 Vgl. Friedensburg, Walter (Hg.): Kurmärkische Ständeakten aus der Regierungszeit Kurfürst Joa- chims I., Bd. 2, München-Leipzig 1916, Nr. 386, S. 218 – 224 (Instruktion des Kurfürsten für Mark- graf Johann Georg zu Verhandlungen mit den Landständen zu Havelberg, Bernau und Tangermünde betreffend Beihilfe zur Vermählung der jüngsten Tochter des Kurfürsten mit Herrn von Rosenberg, und zur Fertigstellung des von dem Kurfürsten begonnenen Festungsbaues in Spandau, sei es in Diensten der Untertanen oder in Geld. (...) 1562 Januar 30 Köln.). 401 Vgl. Friedensburg, Walter (Hg.): a.a.O, Bd. 2, Nr. 386, S. 220: „Zuedeme tichteten und trachteten der bapst und sein anhang tag und nacht, wie sie unsere christliche religion der Augspurgischen confession, weil sie derselben mit grund göttlicher schrift nichts anhaben konten, mit dem schwert dempfen und underdrucken muchten; und weil der babst itzo zue Trient ein bebstlich concilium hielde, wurde er nicht ablassen, alle mittel und wege zu vorsuchen, dardurch ehr die grossen poten- taten, was er in solchem concilio wieder unsere christliche religion geschlossen, mit kriegsgewalt zue exequiren erregen und aufbringen muchte.“ 98 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert keineswegs zum ausschließlichen Parteigänger des Schmalkaldischen Bundes. Vielmehr achtete man auf strikte Neutralität und war aus diesem Grunde seit 1540 bei allen po- litischen Verhandlungen aufs eifrigste bemüht, zwischen den gegnerischen Parteien zu vermitteln. Selbst beim Bemühen der böhmischen Stände um die Annullierung der 1537 mit dem Herzog Friedrich von Liegnitz, Brieg und Wohlau geschlossenen Erbverbrüde- rung unterließ es der brandenburgische Kurfürst, sich territorialer Interessensansprüche wegen einseitig auf die protestantische Seite festzulegen, musste man doch in diesem Fall mit der (militärischen) Gegnerschaft des Hauses Habsburg rechnen. In der Entschei- dungsschlacht bei Mühlberg (24. April 1547) stellte der Hohenzoller dem Kaiser gar ein Kontingent von 400 brandenburgischen Reitern, das unter Herzog Moritz von Sachsen mit für die Niederlage des Schmalkaldischen Bundes sorgte. Nicht unwesentlich trug die konfessionspolitisch neutrale, um Vermittlung bemühte Linie in der Folge zum Zustan- dekommen des Augsburger Interims vom Mai 1548 bei, das der protestantischen Sache schweren Schaden zufügte. Eine von katholischer Seite drohende konkrete Gefahrenlage existierte demzufolge kaum. Erst recht unwahrscheinlich wird ein solches Bedrohungs- szenario angesichts des insgesamt prokaiserlichen Kurses, den die brandenburgische Po- litik seit dem Regierungsantritt Johann Georgs verfolgte. Gegen das kurfürstliche Argument der Türkengefahr402 lässt sich ins Feld führen, dass der Bau der Festung Spandau erst ein viertel Jahrhundert nach dem Regierungsantritt Joa- chims II. ins Werk gesetzt wurde. Obgleich der Kurfürst im Jahre 1532 als Kurprinz an ei- nem Feldzug gegen die Türken teilgenommen hatte, dem er übrigens den ruhmkündenden Beinamen „Hector“ verdankte, und obwohl er 1542 als kaiserlicher Feldhauptmann ein Reichsheer gegen die Türken befehligt hatte403, erklärt sich der Bau der Festung Spandau offensichtlich weniger aufgrund dieser Erlebnisse bzw. einer konkreten Türkengefahr. Das seinerseits subjektiv empfundene sowie das tatsächliche vorhandene türkische Be- drohungspotential muss als eher gering eingeschätzt werden. Weder die Kurmark noch die Neumark waren unmittelbar durch die Türken bedroht. Die „moskowitische Bedrohung“404 indes betraf primär das politisch zerrüttete Deutschordensgebiet Livland. Tatarische Horden waren dort nach dem Willen Zar

402 Vgl. Friedensburg, Walter (Hg.): a.a.O., Bd. 2, Nr. 386, S. 220: „Nun weren wir mit unsern landen also gelegen, das wir mit denselben beider solcher mechtiger und grausamer feinde halben in gros- sen sorgen und gefahr sessen, und were, wann der Turcke, welchs der allemechtige genediglich vor- hutten wolle, Wien erobert oder dieselbe feste liegen liesse und allein ein streifenden haufen uber das Gesenke auf Bressla ziehen liesse, nicht ein einige feste, die denselben aufhalten oder hindern könnte, das er nicht in wenig tagen unser land erlangen und in einer eil allen seinen willen darin schaffen konde.“ 403 Vgl. dazu Traut, Hermann: Kurfürst Joachim II. von Brandenburg und der Türkenfeldzug vom Jahre 1542, Gummersbach 1892. 404 Friedensburg, Walter (Hg.): a.a.O., Bd. 2, Nr. 386, S. 220: „So hette an einem andern ort der Mosco- viter die herrlichen schönen lande zue Liffl and ganz und gar vorterbet und vorheeret; und das wir von anderer grossen tyrannei, die er darinne viel grausamer und schrecklicher dann der Turcke zu thun pfl eget, nicht melden liessen, hette er allein bis in zweimahl hunderttausent menschen, darun- ter viel ansehenlicher vom adel mit iren weib und kindern gewesen, lebendig gefangen weggefurth. und wer’ nichts gewissers zue befaren, dann das er zue seiner gelegenheit mit seinem unmessigen II. Zur Bautätigkeit der Hohenzollern außerhalb von Cölln-Berlin 99

Ivans IV. eingefallen und schienen das gesamte, zu diesem Zeitpunkt noch unter pol- nischer Lehnshoheit stehende Herzogtum Preußen seines hohenzollernschen Vetters zu gefährden. Hinter den von Zar Ivan von langer Hand vorbereiteten Ansprüchen auf sein livländisches „Vatererbe“ verbarg sich denn auch nichts anderes als der schon für die Zeit- genossen deutlich erkennbare unverhohlene Vorwand zur Realisierung konkreter strategi- scher und handelspolitischer Ziele an der Ostseeküste. Mit diesem „imperialpolitischen[n] Expansionsstoß Moskaus“405 entfesselte der schreckliche Ivan einen 25jährigen Konfl ikt der Ostseemächte, der die baltischen Anrainerstaaten mit Sorge erfüllen musste. Zwar mag man mit Blick auf Brandenburg einräumen, dass sich just zu diesem Zeitpunkt die Mitbelehnung des Herzogtums Preußen durch die Kurlinie vollzog (1563) und kurbran- denburgische Interessen mithin tangiert waren406. Ein überzeugender militärischer Grund für einen Festungsbau im Westen der Residenzstadt an der Spree ist vor diesem Hinter- grund jedoch nicht erkennbar. Die „moskowitische Bedrohung“ spielte sich allzu weit entfernt von der Kurmark ab. Zudem barg die Baltische Krise des 16. Jahrhunderts für das brandenburgische Kurhaus eher Chancen als Risiken407. Wie gering das Bedrohungspotential tatsächlich war, zeigt sich auch daran, dass we- der Spandau noch Peitz bis zum Ausbruch des Dreißigjährigen Kriegs einen Angriff oder eine Belagerung erlebt haben. Sinn und Zweck ihres Um- und Ausbaus ab 1559 ff. schei- nen – analog zur Errichtung prachtvoller Schlossbauten im Reich – also nicht zuletzt in ihrer status- und prestigesteigernden Funktion als symbolträchtige Orte herrschaftlicher Repräsentation und landesfürstlicher Macht gelegen zu haben. In einer Zeit, die militäri- schem Ruhm überdurchschnittliche Bedeutung zuschrieb, galten militärtechnische Archi- tekturformen als unverzichtbare Herrschaftszeichen408.

grossen barbarischen volk wieder herausser fallen und, nachdem er in Liffl and nichts mehr zue ho- len, andere angelegene lande gleichergestalt mit dem feuer und schwert angreifen wurde. (...) So könnte der Moscoviter gleichergestalt unser land mit einer solchen streifenden rotte zu wasser und lande in wenig zeit erreichen, und wurde dasselbe, wann er, da gott vor sei, wieder herausfi ele, ne- ben Pommern das ungluck mit dem ersten treffen.“ 405 Zernack, Klaus: Polen in der Geschichte Preußens, in: Büsch, Otto (Hg.): Handbuch der Preußi- schen Geschichte, Bd. 2: Das 19. Jahrhundert und Große Themen der Geschichte Preußens, Berlin 1992, S. 377 – 448, S. 409. 406 Zur Polenpolitik der brandenburgischen Hohenzollern vgl. Zernack, Klaus: Preußen als Problem der osteuropäischen Geschichte, in: Fischer, Wolfram/Müller, Michael (Hg.): Preußen – Deutsch- land – Polen. Aufsätze zur Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen (= Historische For- schungen, Bd. 44), Berlin 1991, S. 87 – 104, hier bes. S. 95; Dolezel, Stephan: Das preußisch-pol- nische Lehnverhältnis unter Herzog Albrecht von Preußen (1525 – 1568) (= Studien zur Geschichte Preußens, Bd. 14), Köln-Berlin 1967, S. 150; Caemmerer, Hermann von (Hg.): Die Testamente der Kurfürsten von Brandenburg und der beiden ersten Könige von Preußen (= Veröffentlichungen des Vereins für Geschichte der Mark Brandenburg), München-Leipzig 1915, S. 76 f. 407 Vgl. Zernack, Klaus: Polen in der Geschichte Preußens, S. 410 ff.; vgl. ferner Droysen, Gustav: Ge- schichte der Preußischen Politik, Bd. II, 2, Leipzig 1870, S. 400, 408 ff. 408 Erst mit dem Bau der Grenzfestung Driesen in niederländischer Manier um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert wendete sich der Festungsbau vom Repräsentationsstil der Renaissance ab. Er ver- zichtete auf seine bis dahin üblichen Schmuckelemente und herrschaftlichen Wohnbauten, wurde zum reinen Militärbau und diente in diesem Sinne allein dem militärischen Zweck der Grenzsiche- rung, im Falle Driesens zum Königreich Polen. Vgl. dazu Reckling, Adolf: Geschichte der Stadt 100 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Im Falle der beiden brandenburgischen Landesfestungen zeigt sich noch ein zwei- tes. Der Festungsbau diente in damaliger Zeit immer auch als Sitz des fürstlichen Hofl a- gers409. Selbst wenn in Peitz – anders als in Küstrin410 – ein repräsentatives „Schloss“ als Wohnbau fehlte411, an den im sogenannten „Dicken Turm“ integrierten gotischen Wohn- bau schlossen sich in direkter Verlängerung auf ausdrückliche Veranlassung Markgraf Johanns der „Kommandantenbau“ und die „Kurfürstlichen Gemächer“ an – zweifellos Ausdruck der Koexistenz von herrscherbezogener Wohnfunktion und militärischer Nut- zung zu dieser Zeit412! Auch im Falle von Spandau, am Zusammenfl uss von Spree und Havel gelegen, offen- bart sich das bewusste Nebeneinander von zivilen und militärischen Architekturformen. Genauso ging es hier, wie bei allen Renaissancefestungen des 16. Jahrhunderts, immer auch um die Demonstration von Macht und Stärke sowie die Darstellung fürstlich-höfi - scher Pracht413. Nach außen dominierte eindeutig der wehrhafte Charakter. Chiaramella

Driesen, in: Archiv der „Brandenburgia“ Gesellschaft für Heimatkunde der Provinz Brandenburg zu Berlin 4 (1898), S. 1 – 84; Schwartz, Paul: Der Bau der Feste Driesen, in: Schriften des Vereins für Geschichte der Neumark 16 (1904), S. 203 – 218; Burger, Daniel: Die Landesfestungen der Ho- henzollern, S. 327 – 343. Vgl. ferner die Abb. der Festung (Kupferstich nach einem Plan von Holst) in: Merian, Matthias: Topographia Electoratus Brandenburgici, S. 52. 409 Vgl. zum Spandauer Festungsbau in diesem Zusammenhang Ribbe, Wolfgang: Die Anfänge Char- lottenburgs in der Residenzlandschaft um Berlin, in: ders. (Hg.): Von der Residenz zur City. 275 Jahre Charlottenburg. Berlin 1980, S. 11 – 38, hier S. 24 f. 410 Dort bildeten Schloss und Festung eine organische Einheit. Vgl. Mende, Volker: Festungsstadt im Wandel, S. 141 – 144. 411 Beide Flügel, also der sog. Kommandantenbau und die sog. Kurfürstlichen Gemächer, waren wohl ursprünglich als Teil eines architektonischen Gesamtkonzepts geplant, das den Innenhof der Peitzer Oberfestung als „Schloss“ zu gestalten suchte. Zum von Chiaramella beabsichtigten Bau einer Vier- Flügel-Anlage ist es aber wohl aus Kostengründen nicht gekommen. Dazu vgl. die erhaltenen Bau- abrechnungen für die Festung Peitz GStA PK, I. HA, Rep. 21, Nr. 120a/1, 120a/2, 120a/3, 120b/2, 120b/3120f-2; ferner GStA PK, I. HA., Rep. 21, Nr. 120f-2 (Bauanschlag für Reparaturen an der Festung Peitz a.d. Jahre 1638). 412 GStA PK, I. HA, Rep. 41, Nr. 464. Dort berichtet Kurfürst Joachim Friedrich den Herzögen zu Sachsen am 22.10.1598 von der im Cöllner Hofl ager „grassierenden Pest“, derentwegen er sich auf die Festung Peitz zurückgezogen habe. Darüber hinaus diente die Veste auch als Gefängnis, etwa für zwei auf „gnädigste Verordenung“ Johann Sigismunds im Herbst 1619 inhaftierte Wilddiebe (GStA PK, I. HA, Rep. 9 N, Nr. 2a, Fasc. 2, Johann Sigismund an einen vom Adel am 14.11.1619). Die Ausfertigung von Schriftstücken daselbst ist quellenmäßig belegt (vgl. Acta Brandenburgica (Brandenburgische Regierungsakten seit der Begründung des Geheimen Rates), Bd. 2 (für März 1606), Nr. 823, 824) wie übrigens auch für die Festung Driesen (Vgl. Acta Brandenburgica, Bd. 1, Nr. 164 vom 9. März 1605; Bd. 2, Nr. 1124 – 1126 für die Zeit vom 24.–25. August 1606 sowie Bd. 3, Nr. 1710 vom 25. Juli 1607). 413 Der Besuch der Festung, selbst der Festungsbaustelle, war eine häufi g genutzte und in hohem Maße willkommene Gelegenheit zur Demonstration der militärtechnischen und fi nanziellen Möglichkei- ten und Fähigkeiten. Nachrichtlich überliefert sind (bislang) folgende Staatsbesuche auf der Fes- tung Spandau: 1561: Fulgentius Ruggieri mit einer päpstlichen Delegation; 1578: der Herzog von Liegnitz samt Gemahlin; 1579: Kurfürst August von Sachsen samt brandenburgischer Gemahlin und Kindern; 1582: der Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel sowie der Bischof von Halber- stadt; 1586: Pfalzgraf Johann Casimir; 1590: der Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel. Vgl. hierzu ergänzend Wallé, Peter: Lynars Briefwechsel mit dem Landgrafen Wilhelm von Hessen, in: Schriften des Vereins für die Geschichte Berlins, Berlin 29 (1892), S. 85 – 106, hier S. 91 (Besuch II. Zur Bautätigkeit der Hohenzollern außerhalb von Cölln-Berlin 101 und in seiner Nachfolge Lynar bauten die Burg Spandau zu einer Festung mit vier Bas- tionen, Kurtinen, Flankenhöfen, Schützengalerien in den Facen und Kasematten aus. Im Inneren des unter Joachim II. begonnenen Ausbau Spandaus zur Renaissancefestung kün- deten das im Südfl ügel befi ndliche Zeughaus und das Magazin im Ostfl ügel von der for- tifi katorischen Macht der Anlage. In dem an den sogenannten Juliusturm anschließenden gotischen Wohnbau waren neben den Appartements für Kanzlei und Verwaltung die re- präsentativen kurfürstlichen Appartements untergebracht414. Wie hoch der repräsentative und eminent machtpolitische Charakter einer Festung im herrschaftlichen Denken der Zeit zu veranschlagen ist, veranschaulichen nicht zuletzt die zahlreichen Besuche ausländischer Fürsten. Die Festungen gehörten zum obligatorischen Besuchsprogramm bei „Staatsvisiten“. Gerne führte der Herrscher seine ausländischen Gäste durch die kurfürstlichen Festungsanlagen, demonstrierte er doch auf diese Weise territoriale Macht und Stärke sowie fürstliches Ansehen und Prestige415. Die verdiente Anerkennung um sein Bemühen um höchsten Status wurde ihm so in besonderem Maße zuteil. Der Besuch durch hohe und höchste Herrschaften ermöglichte es dem Landes- fürsten darüber hinaus, seinen Gästen seine technischen und fi nanziellen Möglichkeiten vorzuführen beziehungsweise sie davon zu überzeugen. Gerade der militärische Gestus zählte ja, wie gesehen, zu den bevorzugten Zeichen fürstlicher Geltung und Magnifi zenz. Sich als ein erfolgreicher Feldherr den europäischen Herrscherhäusern und der hochadli- gen Gesellschaft beziehungsweise als stolzer Besitzer einer gut armierten und wohl aus-

der Festung Spandau am 1. Februar 1582 durch Herzog Julius von Braunschweig, „wohin auch der Kurfürst Johann Georg zu Mittag kam“), S. 92 (Besuch der Festung Küstrin durch Johann Georg, des Fürsten von Anhalt, Graf Merten von Hohenstein, einiger ungenannter Grafen und Herren so- wie einer großen Anzahl des Hofgesindes am 3. Oktober 1582 anlässlich einer Geschützprobe). 414 Zum Nutzungskonzept selbst noch der Renaissancefestung gehörte die (in der Vorstellung der Zeit übliche) Inhaftierung von Strafgefangenen. Die „schöne Gießerin“ Anna von Sydow, Mätresse Joa- chims II., verbrachte nach dessen Ableben auf Befehl seines Sohnes den Rest ihres Lebens (von 1571 – 1575) an diesem sicheren Ort. Ein gewisser Joachim Welsch schwor nach Beendigung sei- ner Festungshaft auf dem Spandauer Schloss Urfehde. Der Spandauer Pfarrer und Chronist Da- niel Schulze berichtet auch für die folgenden Jahre in seiner „Beschreibung und Geschichte von Spandow“ von Gefangenen auf der Festung. Vgl. dazu Schulze, Daniel Friedrich: Zur Beschrei- bung und Geschichte von Spandow, Bd. 2, S. 80 und 82. Zur Funktion des Bergfrieds als Rechts- mal siehe: Kobuch, Manfred: Der Rote Turm zu Meißen – ein Machtsymbol wettinischer Lan- desherrschaft, in: John, Uwe/Matzerath, Josef (Hg.): Landesgeschichte als Herausforderung und Programm. Karlheinz Blaschke zum 70. Geburtstag (= Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte, Bd. 15), Stuttgart 1997, S. 53 – 89. 415 Dafür spricht auch, dass der Landesherr regelmäßig und gezielt seine Festungen bereiste und inspi- zierte. Am 10. Dezember 1559 bedankt sich Markgraf Johann von Peitz aus bei seinem Schwieger- vater für die Überlassung Chiaramellas. Längere Aufenthalte auf der Festung Peitz sind ebenfalls bezeugt für die Jahre 1564, 1567, 1568 und 1570. Auf diese Weise demonstrierte er den benach- barten Landesherren gegenüber politische und militärische Präsenz und pochte damit ostentativ auf seine Landessouveränität. Vgl. dazu Groger, Franz: Urkundliche Geschichte der Stadt und ehema- ligen Festung Peitz, Peitz 1913 (ND Lübben 1996). 102 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert gebauten Landesfestung zu präsentieren, zählte zu den bevorzugten Strategien fürstlicher Selbstdarstellung416. Leider liegen nur wenige nachrichtliche Mitteilungen über die Art und Weise vor, wie die ausländischen Gäste und Diplomaten bei den in Rede stehenden Festungsbesuchen empfangen und beeindruckt wurden. Doch die wenigen erhaltenen Quellen legen bei al- ler hier deutlich gebotenen Vorsicht das Bild eines vermutlich wohl inszenierten, auf den jeweiligen fürstlichen Rang entsprechend abgestimmten protokollarischen Programms nahe. So berichtet der Bologneser Advokat Fulgentius Ruggieri, Mitglied einer päpstlichen Gesandtschaft, die im Jahre 1561 die Mark Brandenburg bereiste, in seinem hinterlasse- nen Reisebericht unter anderem von seinem Besuch der Festung Spandau am 3. März417. Sein Interesse galt unzweifelhaft Anlage und Armierung der Veste. Über seinen Aufent- halt, die Art des Empfangs und andere für unseren Kontext aufschlussreiche Details er- fahren wir nur, dass man die Delegation in der Stadt Spandau für die Dauer ihres Aufent- halts unterbrachte418. Für den 17. November 1578 ist der Besuch des brandenburgischen Kurfürsten sowie seiner Gäste, des Herzogspaares von Liegnitz, belegt419. Nähere Details über ihren Auf- enthalt erfahren wir bedauerlicherweise nicht. Über die Visite des sächsischen Kurfürs- ten August gemeinsam mit seiner Gemahlin und seinen Kindern auf der Festung Spandau wissen wir zumindest, dass die kurfürstliche Familie von der Familie des Grafen Lynar in ihrem Spandauer Haus bewirtet wurde420. Es ist offensichtlich, dass das Besuchspro- gramm in solchen Fällen durchaus private Züge tragen konnte, bestanden doch im vorlie- genden Beispiel enge Kontakte zum Dresdner Hof aus Lynars Zeit als sächsischer Ober- baumeister „unserer vhestung alhier zu Dresden“ (ab 1569 ff.)421. In die gleiche Richtung weist auch eine Äußerung des Pfalzgrafen Johann Casimir anlässlich seines Spandau- aufenthalts vom 4. bis 6. September 1586. Dieser fühlte sich „von Lynar herrlich traktirt [bewirtet; Anm. A.B.]“, wie er seinem Tagebuch befriedigt anvertraute422. Bei Visiten von weniger privatem Charakter scheint die Stadt Spandau für Logis und Verköstigung aufgekommen zu sein. Jedenfalls erfolgte eine Bewirtung der Herzöge Julius von Braun- schweig und Johann Albrecht zu Mecklenburg im Jahre 1570 durch den Spandauer Stadt-

416 Nicht zufällig verdunkelte seine verunglückte militärische Unternehmung als kaiserlicher Feld- hauptmann an der Spitze eines Reichsheeres gegen die Türken (1542) Joachims fürstliches Pres- tige. Vgl. dazu etwa die Bewertung des mit großen Erwartungen unternommenen, jedoch äußerst glücklosen Unternehmens bei Hafftitz, Peter: Microcronicon Marchium [zum Jahre 1542], in: Rie- del, CDB, D I, S. 104. 417 Vgl. Schäfer, Karlheinrich: Ein italienischer Reisebericht, S. 62 – 79. 418 Vgl. Schäfer, Karlheinrich: a.a.O., S. 68. 419 Vgl. Korn, Richard: Kriegsbaumeister Graf Rochus zu Linar, S. 96. 420 Vgl. Korn, Richard: ebd. 421 Vgl. die sächsische Bestallungsurkunde abgedruckt in Korn, Richard: a.a.O., S. 13 – 15. 422 Zitiert nach Korn, Richard: a.a.O., S. 114. II. Zur Bautätigkeit der Hohenzollern außerhalb von Cölln-Berlin 103 rat, wahrscheinlich im Festsaal des städtischen Rathauses, im Anschluss an die Besichti- gung der Festung423. Teil des Protokolls einer derartigen Visite scheint in manchen Fällen die Verleihung von Orden oder Ehrengeschenken gewesen zu sein. Zumindest deutet darauf die Aus- zeichnung Lynars mit einer Ehrenkette durch den Herzog von Braunschweig im An- schluss an seinen Besuch der Festung hin, über die er sich überaus wohlwollend äu- ßerte424. In die gleiche Richtung weist das Verhalten des Administrators von Halberstadt im selben Jahr. Er schenkte dem Grafen ein edles aufgezäumtes Roß425. Von Geschäftsab- schlüssen im Zusammenhang mit dem Besuch einer Festung ist hinsichtlich der Besich- tigung des Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel die Rede. Gemeinsam mit Lynar in- spizierte er die gesamte „vortakung [das Glacis] und (...) die revelin mit grose gefal“426. Für die Festung Peitz sind ebenfalls eine Reihe von offi ziellen Besuchen ausländi- scher Würdenträger überliefert427: 1581 hielten sich Joachim II. und Herzog Christian von Sachsen in der Festung auf; 1586 Markgraf Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach und der Herzog von Mömpelgard; 1588 Landgraf Wilhelm von Hessen sowie 1589 der Herzog von Pommern. Zu ihren Ehren wurde, was sich aus den Eintragungen im Peitzer Abgabeverzeichnis zweifelsfrei schließen lässt, Salut geschossen – ein für uns interes- santes Detail hinsichtlich des zeremoniellen Ablaufs einer derartigen offi ziellen „Staats- visite“.

3. Die kurfürstlichen Jagdhäuser in der Mark Brandenburg

Die Bautätigkeit der Hohenzollern als Ausdruck des Prozesses der Konzentration von Herrschaft zugunsten des Landesherrn zu deuten ist keineswegs neu. Allerdings ver- engte sich der Blick der Forschung lange Zeit allzu sehr auf den Bau des Hohenzollern- schlosses. Mit dessen Errichtung in der Mitte des 15. Jahrhunderts – so noch immer die weithin herrschende Meinung – sei es zu einem abrupten Wechsel von der mittelalterli- chen Reiseherrschaft zur frühneuzeitlichen Residenzherrschaft gekommen. Ortsfestigkeit

423 Vgl. Schulze, Daniel Friedrich: Zur Beschreibung und Geschichte von Spandow, Bd. 2, S. 78. Wahrscheinlich werden die höchsten Herrschaften in der Stadt Quartier bezogen haben, da zu die- sem Zeitpunkt der Bau der kurfürstlichen Gemächer im zum Westfl ügel umgebauten gotischen Wohnbau am Juliusturm entstand. 424 Vgl. Wallé, Peter: Lynars Briefwechsel mit dem Landgrafen Wilhelm von Hessen (1572 bis 1592), in: Schriften des Vereins für die Geschichte Berlins 29 (1892), S. 91. 425 Vgl. das Tagebuch der Gräfi n Lynar, zitiert nach Korn, Richard: a.a.O., S. 110. 426 StB PK, Ms. Bor.2° 483 Tagebuch des Grafen Lynar 1590 (Abschrift), pag. 39 – 40. Ein Kontrakt über zwei Schock Eichenholz für Brückengatter und Ziehbrücken schloss Lynar mit dem Wolfen- bütteler am Besichtigungstag ab. 427 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 21, Nr. 120b-3/4, Einnahme und ausgabe des zeughauses zur Peitz von anno [15]80 den 25. aprilis bis anno [15]90 den 10. Aprilis. – Das Peitzer Abgabeverzeichnis an Salpeter, Schwefel, Pulver und Blei nennt für den Zeitraum von 1580 bis 1590 häufi g als Grund der Verausgabung Fürstenbesuche. 104 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert und Beständigkeit seien von nun an die bestimmenden Attribute der brandenburgischen Residenz- und Herrschaftspraxis gewesen428. Dieses Bild gilt es in Teilen zu revidieren. Bereits am Beispiel der Landesfestungen wurde deutlich, dass diese keineswegs ausschließlich zum Zwecke der Landesverteidi- gung errichtet worden waren. Sie erfüllten darüber hinaus die Funktion eines kurfürstli- chen Hofl agers. Wesentliche Merkmale in dieser Beziehung konnten für die drei branden- burgischen Landesfestungen nachgewiesen werden429. In diesem thematischen Kontext von der Forschung bislang ebenfalls kaum beach- tet wurden auch die Jagdhäuser der Hohenzollern. Sie galten namentlich der älteren For- schung ausschließlich als Orte des fürstlichen Vergnügens und Zeitvertreibs430. Nur ver- einzelt wurden sie mit politischen Handlungen und diplomatischen Missionen oder dem Territorialisierungsprozess um die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert in Verbindung gebracht; und dies meist nur am Rande und ohne Zusammenhang zur Herrschaftspraxis der Hohenzollern in der Mark insgesamt431. Vornehmlich waidmännische Fragen domi- nierten die ältere Literatur zu den brandenburgischen Jagdhäusern432; erst in jüngster Zeit rückte der kulturelle und zeichenhafte Aspekt im Zusammenhang mit der fürstlichen Jagd stärker ins Blickfeld der Forschung433.

428 So u.a. Ahrens, Karl-Heinz: Residenz und Herrschaft, S. 170; Schich, Winfried: Anlage und Funk- tion des Schlosses, S. 32; mit Einschränkung: Müller-Mertens, Eckhard: Die landesherrliche Re- sidenz, S. 152, der zwar von einem Ende der Reiseherrschaft und einer „ständigen Residenz an der Spree“ seit Johann Cicero spricht, diese Behauptung allerdings unter Hinweis auf seine Itine- raranalyse gleich wieder relativiert. Danach lassen sich von insgesamt 295 für seine Person über- lieferten Tagesaufenthaltsnachweisen 77 Prozent Cölln und 8 Prozent Tangermünde zuordnen. In diesem Sinne wiederum jetzt Ribbe, Wolfgang: Berlin als brandenburgisch-preußische Residenz und Hauptstadt Preußens und des Reiches, in: Neugebauer, Wolfgang (Hg.): Handbuch ..., Bd. 1, Berlin 2009, S. 953, 961 f. – Deutliche Zweifel am Ende der Reiseherrschaft und der Ortsfestigkeit der Hohenzollernherrschaft äußerte erstmals Neugebauer, Wolfgang: Residenzenpraxis und Poli- tik in Kurbrandenburg im 16. Jahrhundert, in: Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte 51 (2000), S. 124 – 138, bes. S. 129 ff. 429 Vgl. Neitmann, Klaus: Was ist eine Residenz?, S. 11 – 43. 430 So Mülverstedt, George Adalbert von: Das Schloß Letzlingen, in: Geschichtsblätter für Stadt und Land Magdeburg 4 (1869), Magdeburg 1870, S. 57 – 63, hier S. 57; ferner La Vière, L. von : Schloß Letzlingen und die Haide, (o.O. 1843), S. 31: „Wenn der Kurprinz sich auf seinen Schlössern auf- hielt, so lebte er daselbst ganz als Privatmann.“ 431 So Hutter, Peter: Die Jagdschlösser der Hohenzollern in der Mark Brandenburg, in: Hanemann, Regina/Julier, Jürgen (Hg.): 450 Jahre Jagdschloss Grunewald, Bd.I Aufsätze (= Staatliche Schlös- ser und Gärten Berlin), Berlin 1992, S. 125 – 142, hier S. 129; ferner: Escher, Felix: Das Kurfürs- tentum Brandenburg im Zeitalter des Konfessionalismus, in: Materna, Ingo/Ribbe, Wolfgang (Hg.): Brandenburgische Geschichte, Berlin 1995, S. 231 – 290, hier S. 282. Ohne dies näher zu begrün- den, rechnet Escher die Jagdhäuser des Kurfürsten, insbesondere Köpenick und Grunewald, zur Hofhaltung Joachims II. 432 Vgl. Schwappach, Adam: Handbuch der Forst- und Jagdgeschichte Deutschlands, Bd. 2, Berlin 1888; Stisser, Friedrich Ulrich: Forst- und Jagd-Historie der Teutschen, 2. Aufl ., Leipzig 1754; Landau, Georg: Die Geschichte der Jagd und der Falknerei in beiden Hessen, Kassel 1849; Röhrig, Fritz: Das Waidwerk, Potsdam 1933. 433 Zur Bedeutung der Jagd unter den Hohenzollern namentlich der zweiten Hälfte des 16. Jahrhun- derts (unter besonderer Berücksichtigung der Jagdleidenschaft Kurfürst Johann Sigismund in den II. Zur Bautätigkeit der Hohenzollern außerhalb von Cölln-Berlin 105

3.1 Jagdrevier und Jagdhaus – Instrumente fürstlicher Autoritäts- und Herrschaftssicherung

Seit dem 15. Jahrhundert waren in den meisten Territorien des Alten Reiches die jagd- rechtlichen Verhältnisse durch die Regalität der Jagd bestimmt434. Doch in ihrem Be- streben, ihren aus diesem Rechtsinstitut abgeleiteten juristischen Anspruch gesetzge- berisch auszugestalten, stießen die deutschen Landesfürsten vielfach auf erheblichen Widerstand435. Der Grund dafür lag in der konkreten Ausgestaltung der lehnsrechtlichen Verhältnisse vor Ort. Die Zuständigkeit der hohen Jagd in einzelnen Gemarkungen war vielfach unklar. Die betreffenden Lehnsurkunden enthielten in dieser Frage rechtliche Lücken, die Anlass zu unerbittlichen Streitigkeiten gaben. Häufi g ungeklärte Grenzfra- gen zwischen benachbarten Fürsten – ein für Brandenburg-Preußen noch im 17. Jahrhun- dert virulentes Problem436 – verkomplizierten die Lage zusätzlich. Gegnerschaft erwuchs dem Fürsten im Kampfe um die umstrittene Gebietshoheit namentlich von zwei Seiten: zum einen durch etwaige benachbarte Landesherren (sofern das umstrittene Gebiet sich in vielfach ungeklärter Grenzlage befand), zum anderen von Seiten des einheimischen, meist landsässigen Adels, der den Verlust seiner adligen Gebietsherrschaft fürchtete. Im Falle Brandenburgs lässt sich beides beobachten. In Fragen, die Jagdgerechtig- keit betreffend, stieß der Kurfürst etwa im Raum zwischen Aller und Elbe sowohl auf die Gegnerschaft des Erzbischofs von Magdeburg437 als auch auf diejenige insbesondere des

Jagdrevieren des Herzogtums Preußen!) jüngst die mit großem Fleiß aus umfangreichen archiva- lischen Quellen geschöpfte, sehr anschauliche Studie von Gautschi, Andreas/Suter, Helmut: Vom Jagen, Trinken und Regieren. Reminiszenzen aus dem Leben des Kurfürsten Johann Sigismund von Brandenburg, nach alten Briefen zitiert, Limburg an der Lahn 2005. – Zur fürstlichen Jagd im 16. Jahrhundert allgemein: Hartmann, Hans-Günther: Moritzburg. Schloß und Umgebung in Ge- schichte und Gegenwart, 2. überarb. Aufl ., Weimar 1990, S. 27 ff.; ferner der Sammelband: Die Lust am Jagen. Jagdsitten und Jagdfeste am kurpfälzischen Hof im 18. Jahrhundert, hrsg. Staat- liche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, Umstadt-Weiher 1999; Rösener, Werner: Jagd und höfi sche Kultur als Gegenstand der Forschung, in: ders. (Hg.): Jagd und höfi sche Kultur im Mittelalter (= Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, 135), Göttingen 1977, S. 12 – 28; ders.: Der König als Jäger. Antike Einfl üsse auf die herrschaftliche Jagd im Mittelalter, in: Martini, Wolfram (Hg.): Die Jagd der Eliten in den Erinnerungskulturen von der Antike bis in die Frühe Neuzeit, Göttingen 2000; als frühes, bahnbrechendes Beispiel: Brunner, Otto: Adeliges Landleben und europäischer Geist. Leben und Werk Wolf Helmhards von Hohberg, Salzburg 1949. Zu ihrer Bedeutung in kunst- und kulturgeschichtlicher Hinsicht vgl. Börsch-Supan, Helmut: Die Berlin-Potsdamer Residenzlandschaft in Ansichten zur Zeit Friedrich Wilhelms III., in: FBPG N. F. 8 (1998), S. 25 – 51, bes. S. 31. 434 Zum Jagdrecht vgl. Hafke, Christian: Jagd- und Fischereirecht, in: Handwörterbuch zur Deutschen Rechtsgeschichte, 2, Berlin 1978, S. 281 – 288; Eckardt, Hans W.: Herrschaftliche Jagd, bäuerliche Not und bürgerliche Kritik, Göttingen 1976. 435 In Bayern etwa bestritt der in spätmittelalterlicher Zeit landsässig gewordene Adel den Wittelsba- chern die Durchsetzung ihres Jagdregals. Mittels der Einführung des Instituts der Gnadenjagd ge- lang es den bayrischen Herzögen, einen Kompromiss zwischen seinen Landständen und ihm her- beizuführen. Die hohe Jagd war von nun an für den Fürsten reserviert, während die niedere Jagd dem landsässigen Adel zugestanden wurde. 436 Vgl. dazu Hahn, Peter-Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, S. 485. 437 Vgl. Mülverstedt, CDA III, Nr. 87, 234, 267. 106 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert dort seit Jahrhunderten ansässigen mächtigen schlossgesessenen Adels438. Dieser befürch- tete nicht zu Unrecht den Verlust seiner ausgedehnten adligen Jagdgerechtigkeiten. Wollte der brandenburgische Landesherr seinen Rechtsanspruch durchsetzen, so bedurfte er ei- nes Instruments, mit dem und von dem aus er seine fürstliche Autorität zur Geltung brin- gen konnte. Die Jagd war in seinen Augen solch ein probates, herrschaftsstabilisierendes Mittel; das Jagdhaus der Ort, von dem aus er seine fürstlichen Aktivitäten im Bereich der Territorialverwaltung auf die lokale Herrschaft des Adels – und zwar für jedermann sicht- bar – zu entfalten vermochte439. In diesem Kontext sind zahlreiche Streitigkeiten überliefert. Zwar verständigte sich Johann Cicero mit dem Erzstift schon 1495 auf einen Vergleich hinsichtlich der Jagdge- rechtigkeiten in der Gardelegischen Heide. Weilte der Kurfürst in der Altmark, sollte der Magdeburger ihm die Jagd in Burgstall oder Tangermünde anzeigen, im anderen Falle der brandenburgische Kurfürst dem Erzbischof in Wolmirstedt440. Der grundsätzliche Streit, der in den ungeklärten lehnsrechtlichen und territorialpolitischen Verhältnissen gründete, schwelte jedoch noch bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts. Erst unter Joachim Friedrich, nachmaligem brandenburgischen Kurfürsten und seit 1566 Administrator des Erzbistums Magdeburg, zeichnete sich eine Lösung ab. Dank ihm erwarb sein Vater die Jagdgerechtigkeit auch für den südlichen, den vermeintlich magdeburgischen Teil der Heide und klärte damit die Grenzstreitigkeiten endgültig im brandenburgischen Sinne. Nach Norden hin rundete Johann Georg sein Jagdgebiet 1579 mittels des Erwerbs der Forsten des säkularisierten Zisterzienserinnen-Klosters Neuendorf bei Gardelegen ab441. Interessanter noch sind in dieser Frage die „innerbrandenburgischen“ Streitigkei- ten. Der kurfürstlicherseits erhobene Gebietsanspruch stieß verständlicherweise auf den Widerstand der dort ansässigen mächtigen Adelssippen derer von Alvensleben, von der Schulenburg und von Bismarck sowie des nahe gelegenen Klosters Neuendorf. Im kon- kreten Fall befanden sich drei wüste Feldmarken (neben Wittenwende und Schönfeld auch Letzlingen), die jenseits des brandenburgischen Hoheitsgebietes lagen, als Teil ei- nes Magdeburgischen Lehens seit 1477 im Besitz der Familie von Alvensleben442. Auffäl-

438 Zur Bedeutung des Jagdrechts als bevorzugtem Mittel fürstlicher Autoritäts- und Herrschaftssiche- rung vgl. insbes. Hahn, Peter-Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, S. 131. 439 Ein anschauliches Beispiel für die erfolgreiche Durchsetzung von kurfürstlichen Jagdrechten auf Adelsgrund mit durchaus zweifelhaften Methoden liegt im Falle des Verkaufs der Güter der von Al- vensleben und von Bismarck in der Letzlinger Heide an den brandenburgischen Hof vor. Vgl. dazu etwa Wohlbrück, Siegmund Wilhelm: Geschichtliche Nachrichten von dem Geschlecht von Alvens- leben und dessen Gütern, Bd. 2, Berlin 1819, S. 469 f.; ferner in jüngerer Zeit: Enders, Lieselott: Herrschaftswechsel mit Langzeitfolgen. Schönhausen und Fischbeck unter den Bismarcks (16.-18. Jahrhundert), in: JBLG 53 (2002), S. 46 – 72. 440 Vgl. dazu Riedel, CDB, B VI, S. 131. 441 Vgl. dazu Scholz, Michael: „soll unns unnd unsern Erben zu bejagen bleiben“ – Letzlingen und die Markgrafen von Brandenburg im 16. Jahrhundert, in: Schmuhl, Boje (Hg.): Jagdschloß Letzlingen (= Schriftenreihe der Stiftung Schlösser, Burgen und Gärten des Landes Sachsen-Anhalt, Bd. 2), Halle an der Saale 2001, S. 143 – 161, bes. 98 f. 442 Vgl. Wohlbrück, Siegmund Wilhelm: a.a.O., Bd. 2, S. 469 f.; Quellen: Codex diplomaticus Alvens- lebianus. Urkunden-Sammlung zur Geschichte des Geschlechts von Alvensleben und seiner Besit- zungen, hg. von George Adalbert von Mülverstedt, 4 Bde., Magdeburg 1879 – 1888. II. Zur Bautätigkeit der Hohenzollern außerhalb von Cölln-Berlin 107 lig ist, dass es den Hohenzollern kurz nach dem Erwerb von Letzlingen gelang, sich die Jagdgerechtigkeiten in der östlichen Gardelegischen Heide bis kurz vor Burgstall gegen die Summe von 3000 fl . abtreten zu lassen443. Ein erster wesentlicher Schritt zur Festigung ihrer herrschaftlichen Präsenz in diesem Raum war damit vollzogen444. Nicht zuletzt dank des Ausbaus Letzlingens zum herrscherbezogenen Wohnbau seit 1559/60 gewann dieser Ort somit – über die Funktion eines schlichten Jagdhauses hin- aus – territorialpolitische Bedeutung. In der Erlaubnis Joachims II., seinem Sohn dort die kurprinzliche Hofhaltung zu gestatten, ist zweifellos mehr zu erkennen als bloß das in der Tat vorhandene Bestreben des Sohnes, auf (auch räumliche) Distanz zum Vater und da- mit zu den herrschenden Amtsträgergruppen am Hofe zu gehen. Gerade die von den Ho- henzollern bewusst herbeigeführte räumliche Nähe zu den lokalen Adelsgewalten werden diese als die machtpolitische Demonstration verstanden haben, die mit der Standortwahl ja auch von Beginn an beabsichtigt war. Fürstliche Repressionsmaßnahmen, derer sich die Hohenzollern in diesem Rechts- streit bis zur in ihrem Sinne erfolgten Lösung auch weiterhin bedienten445, führten im Dezember 1562 zum wohl nicht ganz freiwilligen Abschluss eines Permutationsvertrags zwischen der Familie von Bismarck und ihnen. Dem – altem Rechtsempfi nden zuwider- laufenden, seit den 1560er Jahren einsetzenden – Drängen des Kurprinzen, der seinen Letzlinger Besitz auch auf Kosten der Ländereien und Güter der Familie von Bismarck zu arrondieren trachtete, musste die altadlige Sippe letztlich nachgeben. In der Folge er- hielt Johann Georg die Bismarckschen Besitzungen um Burgstall sowie deren Anteile an den Dörfern Dolle, Plätz und Beiendorf im Tausch gegen die Ämter Schönhausen und Fischbeck sowie die Propstei Krevese446. Bezeichnenderweise erfolgten Ausstellung und Unterzeichnung des Vertragstextes in Letzlingen – in der Tat ein deutliches Zeichen „für das Machtkalkül des Kurprinzen, dass er die schwierigen Verhandlungen von seinem

443 Zum Vertrag vom 1. Juli 1555 vgl. Riedel, Adolph Friedrich: Geschichte des schloßgesessenen ad- ligen Geschlechtes von Bismarck bis zur Erwerbung von Crevese und Schönhausen, in: Märkische Forschungen 11 (1867), S. 1 – 244, hier 223 – 225; ferner Bardeleben, Carl von: Letzlingen unter Markgraf Johann Georg von Brandenburg, in: Der deutsche Herold 35 (1904), S. 194. 444 Die vom Kaufvertrag unberührt bleibenden Hoheitsrechte über Letzlingen wurden dem Kurprinzen Johann Georg erst von seinem Bruder Sigismund von Brandenburg, Erzbischof von Magdeburg, übertragen. Gegen den Widerstand seines Domkapitels übertrug er diesem in seiner Eigenschaft als Lehnsherr die Feldmarken. Vgl. dazu Zahn, Wilhelm: Die Wüstungen der Altmark (= Geschichts- quellen der Provinz Sachsen, Bd. 43), Halle 1909, S. 123 ff. 445 Eine Bemerkung Erzbischof Sigismunds von Magdeburgs gegenüber seinem Bruder lässt sich in diesem Sinne deuten: „die von Bismargk bey Irenn guetern [...] bleiben und derenn geniessenn las- sen“ zu sollen. (GStA PK, I. HA Rep. 131 K 439 67°, Bl. 151). 446 Vgl. dazu GStA PK, I. HA Rep. 131 K 439 67° (Acta betreffend die Permutation des Amts Borgstal zwischen dem Churfürsten Johann George und den von Bismarck, ratione Schönhausen und Cre- vesen 1555 – 1563, 1568), Bl. 159 (Juli 1562) und Bl. 166 (Oktober 1562); ferner Riedel, Adolph Friedrich: Geschichte des schloßgesessenen adligen Geschlechtes, S. 1 – 244; Schmidt, Georg: Das Geschlecht von Bismarck (= Geschichte der Fürsten Bismarck in Einzeldarstellungen, 1), Berlin 1908; Enders, Lieselott: Herrschaftswechsel mit Langzeitfolgen. Schönhausen und Fischbeck unter den Bismarcks (16.-18. Jahrhundert), in: JBLG 53 (2002), S. 46 – 72. 108 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert neuen, den brandenburgischen Machtanspruch unübersehbar demonstrierenden Domi- zil aus führte und damit dem Landadel seine Präsenz eindringlich vor Augen führte“!447 Über dieses regionale Beispiel hinaus fällt auf, dass sich neben Letzlingen eine ganze Reihe kurfürstlicher Jagdhäuser entweder an der Peripherie der Mark, in mehr oder min- der direkter Grenznähe zu den Nachbarterritorien, oder aber in adelsstarken Landschaf- ten befanden. Auf Letzlingen (im Westen des Kurfürstentums), das havelbergische Zech- lin (im Norden nahe der mecklenburgischen und pommerschen Grenze), die „Jegersburg“ bei Woldenberg sowie Karzig (beide in der Neumark, also im Osten an das mächtige Kö- nigreich Polen grenzend), aber auch auf das am Rande der Uckermark gelegene Grimnitz und Groß-Schönebeck trifft dies zu. Die adlige Konzentration gerade in diesen Räumen lag schlicht in der für damalige Verhältnisse schwer zu überwindenden Entfernung von der Haupt- und Residenzstadt begründet. Einer landesherrlichen Territorialisierungspolitik war eine solche Situation in hohem Maße ungünstig. Altmark, Prignitz und Neumark sowie der Nordosten des Oberbarnims und die Uckermark waren aus dem genannten Grund die Räume mit der größten Adelsdichte. Zu den mächtigen, meist schlossgesessenen Adelsfa- milien stand der Landesfürst in vielfätigen politischen, ökonomischen und rechtlichen Be- ziehungen. Nicht zufällig verfügten die Hohenzollern deshalb gerade in diesen Gegenden über Jagdhäuser. Ihr Besuch gestattete dem Landesherrn die in Zeiten des persönlichen Regiments notwendige Personalpräsenz in unmittelbarer Nähe zum landständischen Adel. Andererseits besaßen die Hohenzollern aber auch eine Reihe von residenznahen Jagd- häusern, wie im Grunewald, in Köpenick oder etwa die in der weiteren Umgebung gele- gene, als kurfürstliches Jagddomizil verwendete Potsdamer Burg im Westen der Haupt- und Residenzstadt448 oder Jagdhaus Bötzow im Norden. Die Frage drängt sich auf, was den Landesherrn zur Wahl dieser Standorte bewogen hat? Aufschlussreich ist in dieser Hinsicht wiederum ein Blick auf die territorialen Be- sitz- und Rechtsverhältnisse. Im Falle der residenznahen Jagdhäuser sind sie eindeutig. Der Grunewald, in dem das gleichnamige Jagdschloss unter Joachim II. errichtet wurde, war zum Zeitpunkt seines Um- und Ausbaus ebenso landesherrlicher Besitz449 wie Amt und Haus Bötzow450. Gleiches traf auf Köpenick zu. Von dort waren ab diesem Zeitpunkt ebenso wenig politische Schwierigkeiten zu erwarten wie etwa von Potsdam451. Es han- delt sich um eine Region mit nur noch geringer adliger Präsenz.

447 Jagdhaus Letzlingen ist bezeichnenderweise der Ausstellungsort mehrerer Schreiben Johann Georgs an die Bismarcks, die jener im Laufe der Verhandlungen an diese richtete, und zwar 1562 (Juli und Oktober) sowie 1563 (März). Vgl. dazu Tille, Katrin: Das Jagdschloß Letzlingen von 1559 bis 1860/61, in: Schmuhl, Boje (Hg.): Jagdschloß Letzlingen (= Schriftenreihe der Stiftung Schlösser, Burgen und Gärten des Landes Sachsen-Anhalt, Bd. 2), Halle an der Saale 2001, S. 21, 79 Anm. 35. 448 Hierzu vgl. Sello, Georg: Potsdam und Sans-Souci. Forschungen und Quellen zur Geschichte von Burg, Stadt und Park, Breslau 1888, hier bes. S. 23 f. 449 Vgl. dazu Thiel, Günter: Geschichte des Grunewaldgebietes, Phil.-Diss. Berlin 1941. 450 Schulze, Berthold: Besitz- und siedlungsgeschichtliche Statistik der brandenburgischen Ämter und Städte 1540 – 1800, Berlin 1935, S. 45 – 47. 451 Vgl. Mahnkopf, Johannes: Entstehung und ältere Geschichte der havelländischen Städte (zugleich Phil.-Diss. Berlin), Rathenow 1933; ferner Sello, Georg: a.a.O., S. 1 – 31. II. Zur Bautätigkeit der Hohenzollern außerhalb von Cölln-Berlin 109

Die genauen Beweggründe für die jeweilige Standortwahl lassen sich zwar im einzel- nen mangels unzureichender Quellenlage nicht mehr präzise rekonstruieren. Es steht aber zu vermuten, dass die Hohenzollernherrscher die Jagdhäuser ihrer engeren Umgebung insbesondere des privaten Vergnügens halber aufgesucht haben, wohingegen die weiter von der Residenz entfernt gelegenen angesichts der schwierigen naturräumlichen Bedin- gungen gerne zu Verhandlungen und Ereignissen von politisch-dynastischer Tragweite herangezogen wurden. Eine Reihe von Indizien weisen darauf hin. Die Zahl der in den residenzfernen Jagdhäusern ausgestellten Urkunden ist unverhältnismäßig höher als die in den residenznahen452. Ereignisse von rechtlicher, politischer oder dynastischer Tragweite sind – wie noch näher zu zeigen sein wird – in Grimnitz, Groß-Schönebeck, Letzlingen und Zechlin mehrfach überliefert; die residenznahen Jagdhäuser haben daran so gut wie keinen Anteil453. Der diesbezügliche Ort war zweifellos das Spreeschloss. Allerdings muss man sich in diesem Zusammenhang vor der Annahme hüten, nach erfolgreicher Durchsetzung der landesherrlichen Ansprüche in dem betreffenden Gebiet habe einzig noch der Wille des Herrschers gezählt454. Dafür waren die fürstlichen Akti- vitäten in den jeweiligen Landesteilen im Bereich der Territorialverwaltung zum einen viel zu gering. Nur sporadisch, in größeren zeitlichen Abständen zeigte sich der Kurfürst imstande, sein Hofl ager in der Altmark, der Prignitz, der Uckermark oder etwa der Neu- mark aufzuschlagen455. Ein verwaltungsmäßiger Durchgriff war so, zumal in Zeiten einer personalen, ortsnahen Herrschaft, schlechterdings nicht möglich. Die fl ächenmäßig weit auseinanderliegenden, verkehrstechnisch nur sehr mühsam zu erreichenden brandenbur- gischen Teillandschaften fi elen deshalb, sobald der Kurfürst sein Hofl ager wieder abge- brochen hatte, in ihr von den mächtigen lokalen Adelsgewalten bestimmtes Eigenleben zurück456. Zum anderen lagen die schlossgesessenen Adelssippen vielfach in Fehde mit ihren adligen Nachbarn in der näheren wie weiteren Umgebung. Mit anderen Worten: man bedurfte sich bei der Vielzahl der territorialen Konfl ikte gegenseitig. Fürstliche Ter- ritorialhoheit und lokale Adelsgewalt waren aufeinander angewiesen. Für die Hohenzol-

452 Ausstellungsort der im Codex Diplomaticus Brandenburgensis publizierten kf. Urkunden sind unter den residenzfernen Jagdhäusern in ihrer Häufi gkeit: Grimnitz (13x), Groß-Schönebeck (7x), Letz- lingen (7x), Zechlin (6x), hingegen unter den residenznahen: Bötzow (3x), Köpenick (2x). 453 Lediglich für das Köpenicker Jagdhaus ist die Ausstellung von zwei Urkunden überliefert. In den anderen Fällen schweigt der Codex Diplomaticus Brandenburgensis (vgl. obige Anm.). 454 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Adel und Landesherrschaft in der Mark Brandenburg im späten Mittel- alter und der frühen Neuzeit, in: JbLG 38 (1987), S. 43 – 57, hier S. 51. 455 Johann Sigismund etwa jagt aufgrund seiner häufi gen Verlegung des Hofl agers nach Königsberg vergleichsweise wenig in der Kurmark. In Letzlingen hält er sich nur ein einziges Mal (13. August 1619) auf. Seine Jagdreviere fi nden sich bevorzugt in der Neumark und im Herzogtum Preußen (vgl. GStA PK, I. HA., Rep. 7, Nr. 85, Jagdstrecke des Kurfürsten Johann Sigismund, 1619). 456 In der Altmark beschränkt sich der landesherrliche Machtzuwachs auf die Säkularisation einiger Klöster, den Erwerb des Schlosses Burgstall sowie der Letzlinger Heide, wo der Kurfürst zum sicht- baren Zeichen seiner Präsenz das gleichnamige Jagdhaus errichten ließ; ansonsten liegt eine nur ge- ringe Präsenz der Hohenzollern in den westelbischen Gebieten vor. Vgl. dazu Hahn, Peter-Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, S. 440. – Gleiches gilt wohl auch für Besuche der Kurfürsten im Raum jenseits der Oder (so ist kein einziger Besuch Joachims II. oder Johann Georgs in der Neumark in der Regierungszeit Hans von Küstrins in Mollwos Biographie erwähnt). 110 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert lern erschwerend hinzu trat das Problem der Pfandschaften457. Die wenigen teillandschaft- lichen „Inseln“, von denen aus die Hohenzollern in die Weite des Raums ihre fürstlichen Aktivitäten zu entfalten suchten, mussten vielfach wegen mangelnder fi nanzieller Mit- tel verkauft oder verpfändet werden. Zwei von den Hohenzollern als Jagdsitze benutzte ehemalige Burgen aus askanischer Zeit haben dieses Schicksal geteilt – Köpenick458 und Bötzow459. Pfandverhältnisse für Burg und Amt Köpenick sind bereits in vorhohenzol- lernscher Zeit belegt460. Noch 1516 musste Joachim I. seinem Rat Georg Flanß Schloss, Stadt und Amt verpfänden. Überliefert ist auch die unter Joachim II. erfolgte Verschrei- bung des Amtes Köpenick am Tage Simonis und Judae an dessen Sohn. Ebenso die ehe- malige askanische Wasserburg Bötzow: kurz nach deren Inbesitznahme durch Friedrich I. verpfändete der Kurfürst diese an verschiedene adlige Herren, bis Burg und Amt aller- dings schon unter Johann Cicero 1485 wieder eingelöst werden konnten461.

3.2 Das kurfürstliche Jagdhaus als Ort hoheitlichen und dynastischen Handelns

3.2.1 Letzlingen

Darüber dass das Letzlinger Jagdhaus462, zumindest im 16. Jahrhundert463, mehr als ein Ort rein waidmännischen Divertissements war, unterrichten uns eine ganze Reihe von

457 Hierzu grundlegend Krause, H.-G.: Pfandschaften als verfassungsgeschichtliches Problem, in: Der Staat 9 (1970), S. 387 – 404, 515 – 532. 458 Vgl. Dohna, Siegmar Graf zu: Kurfürstliche Schlösser, Theil II: Köpenick. Königs=Wusterhausen, S. 42 – 90; Lambacher, Lothar (Hg.): Schloss Köpenick. Archäologie, Baugeschichte, Nutzung, Re- gensburg 2005, S. 51. 459 Vgl. Dohna, Siegmar Graf zu: Kurfürstliche Schlösser, Theil I: Grunewald. Oranienburg. Schön- hausen, S. 1 – 31, hier bes. S. 12. 460 Ein Pfandverhältnis bestand sowohl zum Rat der Stadt Cölln als auch zu einem Werner von Hol- zendorf auf Schloss Bötzow, einem ehemaligen Gefolgsmann der Quitzows, dem für 600 Schock böhmischer Groschen beides verpfändet wurde. 1413 zog Friedrich I. Köpenick wieder an sich. 461 Weitere Einzelbelege bei Podehl, W.: Burg und Herrschaft in der Mark Brandenburg, Köln-Wien 1975, S. 101 ff., 141 ff., 368 ff., 557 ff. 462 Zu Letzlingen vgl. La Vière, L. von: Schloß Letzlingen auf der Haide, (o.O. 1843); Zahn, Wilhelm: Die Wüstungen der Altmark, S. 123 ff.; Bardeleben, Carl von: Letzlingen unter Markgraf Johann Georg von Brandenburg, S. 194 ff.; Kleemann, Karl-Ulrich: Die Hirschburg. 435 Jahre Jagdschloß Letzlingen, in: Kleemann, Karl-Ulrich/Hinke, Gerd: Das Jagdschloß „Hirschburg“ und die Schloß- kirche zu Letzlingen, Oschersleben 1996, S. 5 ff.; Meyerinck, R. von: Das Jagdschloss Letzlingen und die sich daran knüpfenden Jagdverhältnisse der Haide vom Jahre 1555 bis auf die neueste Zeit. Separatdruck aus: Bibliothek für Jäger und Jagdfreunde, Leipzig 1878, S. 483 ff.; Mülverstedt, George Adalbert von: Das Schloß Letzlingen, S. 57 ff.; Hutter, Peter: Die Jagdschlösser der Ho- henzollern, S. 125 – 139, zu Letzlingen S. 138 f.; Enders, Lieselott: Die Altmark, S. 346, 612; Tille, Katrin: Das Jagdschloß Letzlingen von 1559 bis 1860/61, S. 15 – 88; Gebuhr, Ralf: Jagd und Krieg. Zum Umgang mit Landschaft im 16. Jahrhundert, in: Schmuhl, Boje (Hg.): a.a.O., S. 115 – 142; Scholz, Michael: „soll unns unnd unsern Erben zu bejagen bleiben“, S. 143 – 161. 463 Spätestens nach dem Tode Joachim Friedrichs 1608 endete die Rolle Letzlingens als häufi g besuch- ter Aufenthaltsort der Hohenzollern. Zu den einzelnen Besuchen des Kurfürsten Johann Georg in II. Zur Bautätigkeit der Hohenzollern außerhalb von Cölln-Berlin 111

Quellen. Von seinen Aufenthalten in den 1560er Jahren, die allesamt für einen längeren Zeitraum dokumentiert sind und auch abseits der Jagdsaison zur Durchsetzung seiner ter- ritorialpolitischen Ziele erfolgten, war bereits an anderer Stelle die Rede. Darüber hinaus sind eine ganze Reihe von Akten hoheitlichen Handelns von Letzlingen aus bezeugt464. Rechtliche Fragen, wie etwa der Umgang mit säkularisiertem Klosterbesitz, wurden hier verhandelt und vertraglich geklärt465. Aus Letzlingen als Ausstellungsort datieren ferner eine kurprinzliche Lehensverschreibung an seinen Sekretär Caspar Mernow die Jako- bikapelle in Burg betreffend466 sowie die im Dezember 1567 geführten Verhandlungen zwecks Veräußerung des Bischofshofes zu Brandenburg von Wichard von Bardeleben an Matthias von Saldern467. Noch in seiner Zeit als Kurfürst hat er von Letzlingen aus in den verwaltungsmäßigen Geschäftsgang der altmärkischen Landschaft eingegriffen, in dem er am 24. Februar 1576 seinen „Secretario vnd lieben getrewen Joachim Steinbrechern“ anwies, Register von Bürger- und Schulzenlehen anzufertigen468. Mit seiner zweiten Ge- mahlin, Tochter Markgraf Georgs des Frommen von Ansbach-Bayreuth, veranstaltete er in besagten 1560er Jahren zu Letzlingen auch größere gesellschaftliche Ereignisse. Aller- dings zählten zu den Gästen, soweit überschaubar, wohl nur fürstliche Personen aus der unmittelbaren territorialen Nachbar- beziehungsweise Verwandtschaft, wie Erzbischof Sigismund, Fürst Joachim Ernst von Anhalt oder Markgraf Joachim Friedrich, was den gesellschaftlichen Stellenwert dieses Ortes deutlich relativiert. Im Oktober 1577 diente das Jagdhaus als Ort der Vermählung zwischen Johann Georg und seiner dritten und letz- ten Gemahlin, der gerade vierzehnjährigen Tochter von Joachim Ernst von Anhalt469. Seit 1562/63 hielt sich der Kurprinz – wie bereits erwähnt – regelmäßig mit Gefolge dort auf. Ob allerdings bis zu 200 Gäste, davon eine stattliche Anzahl von Personen ho- hen und höchsten Standes, zu Zeiten im Jagdhaus beköstigt und untergebracht werden konnten470, ist allein schon deswegen in Zweifel zu ziehen, da größere Gesellschaften nur bedingt im Jagdhaus haben beherbergt werden können, geschweige denn angesichts der enormen logistischen Probleme, die der Versorgung einer so großen Zahl an Men- schen in einem so isolierten Jagdgebiet im Wege standen. Jagdgehilfen, Küchen- und Hauspersonal mussten eigens aus den umliegenden Dörfern herbeigeholt werden. Unklar

Letzlingen vgl. die Zusammenstellung der Aufenthaltsorte auf seinen Jagdreisen in: GStA PK, BPH Rep. 31 C 2. 464 Vgl. dazu die Urkunden vom 01. Mai 1565 (Riedel, CDB, A XI, S. 493 f.), 17. Oktober 1562 (Rie- del, CDB, A XVII, S. 24 f.), 15. Dezember 1567 (Riedel, CDB, A IX, S. 24 f.), 3. September 1569 (Riedel, CDB, A VI, S. 289), 24. Februar 1576 (Riedel, CDB, Supplementband, S. 190 f.) und 10. Oktober 1577 (Riedel, CDB, Supplementband, S. 195). Ferner Klinkenborg, Melle (Hg.): Acta Brandenburgica, Bd. 3, Nr. 2287 (4. Juli 1608), 2291, 2292 (5. Juli 1608), 2302 (9. Juli 1608). 465 Vgl. dazu Riedel, CDB, A XVII, S. 24 (Verhandlungen mit Günzel von Bartensleben zwecks Ab- tretung des Klosters Arendsee). 466 Vgl. dazu Riedel, CDB, A XI, S. 493 f. (kf. Verschreibung an Caspar Mernow bezüglich des Lehens der Jakobikapelle in Burg). 467 Vgl. Riedel, CDB, A IX, S. 24. 468 Vgl. Riedel, CDB, Supplementband, S. 190 f. 469 Vgl. Riedel, CDB, Supplementband, S. 195 f., Nr. 157 f. 470 So Tille, Katrin: Das Jagdschloss Letzlingen, S. 23. 112 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert ist, ob es in Letzlingen überhaupt ansässiges Dienstpersonal gab. Im „Catalogus Com- municantium“, dem ältesten Kirchenbuch von Letzlingen-Roxförde, fi nden sich wenig überzeugende Hinweise darauf471. Wie bescheiden, ja dürftig man sich die Letzlinger Verhältnisse in Relation etwa zu den bedeutenden Jagdschlössern der Wettiner, Wittels- bacher oder der Habsburger vorzustellen hat, erhellt alleine schon aus der Tatsache, dass zum „Dienst bei Hofe“ neben dem ansässigen Landadel (unter ihnen Ludolf und Valentin von Alvensleben und Dietrich und Richard von der Schulenburg) auch die altmärkischen Städte verpfl ichtet wurden. Diese hatten, wenn beispielsweise „daselbst wenig Betten und Bettgewandt vorhanden [...]“, „wolbereitte Betten mit ein Par weibern, die darauf mugen achtung geben“472 nach Letzlingen zu entsenden. Ferner hatten die Städte für die Bereit- stellung der Zelte für die Forstleute und die Dienerschaft Sorge zu tragen; die Zelte für die kurfürstlichen Gäste stammten hingegen aus den Hofmagazinen in Spandau und Küstrin und mussten von dort im wahrsten Sinne des Wortes mühselig herangekarrt werden – in guter Jahreszeit immerhin eine Distanz von knapp einer Woche pro Strecke!473

3.2.2 Grimnitz

Für die Grimnitz474 ist fürstlicher Besuch mehrfach bezeugt. Insbesondere verbindet man mit ihrem Namen den sogenannten Grimnitzer Vertrag vom 24. August 1529475, wovon späterhin nochmals in anderem Zusammenhang die Rede sein wird. Als Schauplatz hoch- politischer Verhandlungen bezüglich der kurbrandenburgischen Lehnshoheit über Pom- mern beherbergte der kurfürstliche Hausherr in diesen Tagen die Herzöge Georg von Sachsen, Albrecht zu Mecklenburg, Erich und Heinrich von Braunschweig sowie Georg von Pommern in ihren Mauern. Ein andermal erfahren wir, Lampert Distelmeier sei am 12. Februar 1551 daselbst zum Kanzler vereidigt worden476. Auch in der Magdeburger Frage tritt uns das Jagdhaus zugleich als Ort herrschaftlichen Vergnügens und politischer Verhandlungen entgegen. Auf Einladung Joachims hielt sich der Kurfürst von Sachsen

471 Die Rede ist von „Hausleuten“, darunter Meier und Meierin, einem Gärtner mit Familie, einem Schafmeister und seinem Gehilfen und einem Schweinehirten. Vgl. dazu La Vière,L.: Schloß Letz- lingen auf der Haide, S. 87 f. – Rückschlüsse hinsichtlich der Existenz einer entwickelten höfi schen Infrastruktur verbieten sich zweifellos angesichts dieser Zahlen. 472 Zitiert nach Bardeleben, Carl von: Letzlingen unter Markgraf Johann Georg, S. 195. 473 Vgl. Bardeleben, Carl von: ebd. 474 Zu Grimnitz vgl. Kirchner, Ernst Daniel Martin: Die Churfürstinnen und Königinnen auf dem Throne der Hohenzollern, im Zusammenhange mit ihren Familien- und Zeitverhältnissen; aus den Quellen, 2. Tl., Berlin 1867, S. 35 f., 53; La Vière, L. von : Schloß Letzlingen, S. 32; Dehio, Georg: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler – Brandenburg, Berlin 2000; Hutter, Peter: Die Jagd- schlösser der Hohenzollern, S. 125 – 139, zu Grimnitz S. 127 f.; Enders, Lieselott: Die Uckermark, S. 99,171, 453. 475 1340 wird Grimnitz als pommerscher Besitz genannt, was u.U. zur durchaus symbolisch zu verste- henden Ortswahl beigetragen haben mag. Vgl. Heinrich, Gerd (Hg.): Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 10: Berlin und Brandenburg, Stuttgart 1973, S. 203. 476 Koser, Reinhold: Geschichte der brandenburgischen Politik bis 1648, 2. Aufl ., Stuttgart und Berlin 1913, S. 254, Anm. 1. II. Zur Bautätigkeit der Hohenzollern außerhalb von Cölln-Berlin 113

1566 zur Jagd in Grimnitz auf und versuchte bei dieser Gelegenheit erfolglos, seinen Gastgeber zum Verzicht auf die Kandidatur Joachim Friedrichs zugunsten des sächsi- schen Kurprinzen Christian zu bewegen.477 Durch einen Brief Markgraf Johanns an den Braunschweiger Herzog wissen wir ferner von einer Begegnung Joachims mit seinem Bruder Hans von Küstrin daselbst, bei der es unter anderem um die politisch wie ökono- misch bedeutsame Entscheidung zum Bau einer Landesfestung in Spandau oder Zossen ging478. Ebenfalls in Grimnitz zugegen, offensichtlich zwecks Planung des Vorhabens ei- gens angereist, war der italienische Festungsbaumeister Chiaramella, den der Kurfürst sich von seinem Bruder ausdrücklich erbat: „und (hat) von uns (sc. Markgraf Johann; Anm. A.B.) nicht ablassen wollen, ine zuvergunnen, etliche örther als Spandow und Zos- sen zubesichtigen, der örther er sich dann etliche tage aufgehalten.“479 Bekannt ist wei- terhin die Flucht des Lebuser Bischofs Georg von Blumenthal 1528 auf die Grimnitz, um dort kurfürstliche Hilfe und Schutz vor der Anhängerschaft des Ritters Nikolaus von Minckwitz auf Sonnewalde zu erbitten480, der in der Nacht vom 8. auf den 9. Juli mit ei- ner Schar Reisiger die bischöfl iche Residenz Fürstenwalde überfallen hatte. Allein in Rie- dels Codex Diplomaticus Brandenburgensis sind mit Ausstellungsort Grimnitz dreizehn Urkunden publiziert481.

3.2.3 Zechlin

Auch der kurprinzliche Hof zu Zechlin482 sah im Jahre 1568 ein dynastisches Ereignis zwi- schen zwei unmittelbar benachbarten Fürstenhäusern. Es handelt sich um die Verlobung

477 Koser, Reinhold: a.a.O., S. 264. 478 Vgl. Mollwo, Ludwig: Markgraf Hans von Küstrin, S. 250, wo er die Gesandtschaft des Albinus nach Grimnitz von 1550, die Magdeburger Frage betreffend, beschreibt; ferner Mollwo, Ludwig: a.a.O., S. 288 über die Zusammenkunft der Brüder daselbst in der ersten Dezemberhälfte 1551 hin- sichtlich diverser Familienangelegenheiten. 479 Staatsarchiv Wolfenbüttel, 1/2118 Nr. 241, fol. 48r–49r, Sonntag nach Nicolai (10. Dezember) 1559. Vgl. dazu auch Gebuhr, Ralf et al. (Hg.): Von Vestungen, S. 37. 480 Vgl. dazu Angelus, Andreas: Annales Marchiae, S. 316 f.; ferner: Wohlbrück, Siegmund Wilhelm: Geschichte des ehemaligen Bisthumes Lebus II, S. 272 ff.; Falke, Johannes: Nickel von Minkwitz, in: Archiv für sächsische Geschichte X, S. 280 ff. 481 Vgl. dazu Riedel, CDB, C III, 247 (22. September 1514); Riedel, CDB, A XX, 323 (6. Dezember 1528); Riedel, CDB, B VI, 354 (26. August 1529); Riedel, CDB, A XIII, 308 (20. September 1558); Riedel, CDB, A XIII, 472 (25. Dezember 1575); Riedel, CDB, A XIII, 200 (12. Juni 1577); Riedel, CDB, A XII, 226 (15. Juni 1577); Riedel, CDB, A XII, 230 (15. Juni 1577); Riedel, CDB, A XII, 231 (15. Juni 1577); Riedel, CDB, A XII, 233 (15. Juni 1577); Riedel, CDB, A XII, 235 (18. Juni 1577); Riedel, CDB, A IX, 325 (30. November 1582); Riedel, CDB, A II, 378 (13. Dezember 1595). – Ferner in den Acta Brandenburgica: für das Jahr 1605 insgesamt 10 Dokumente (Bd. 1, Nr. 100 – 103, 176, 252, 268 – 269, 465, 474); für 1606 insgesamt 17 (Bd. 2, Nr. 710, 713, 763, 765, 783 – 784, 786, 801, 803, 808, 857 – 858, 860, 862, 875, 877, 1206); für 1607 insgesamt 13 (Bd. 3, Nr. 1763, 1765, 1797, 1841, 1867 – 1868, 1871, 1873, 1875, 1877 – 1878, 1880, 1882), für 1608 ins- gesamt 7 (Bd. 3, Nr. 1993 – 1995, 1998 – 1999, 2196 – 2197). 482 Zur Residenz des Kurprinzen in Zechlin: Krüger, Richard: Zechlin, kurbrandenburgische Resi- denz, in: Das Jahrbuch der Prignitz [Prignitzer Heimatjahrbuch], Jg. 1938, S. 108 – 114; ferner Alb- 114 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert der Tochter Johann Georgs mit einem Herrn aus dem Geschlecht der Greifenherzöge. So- wohl hinsichtlich Zechlins als auch für Letzlingen fällt auf: Ort der feierlichen Heimfüh- rung und des Beilagers waren in beiden Fällen Regionen, die sich für Braut bzw. Bräu- tigam in erreichbarer Entfernung befanden – im Falle der Zechliner Vermählung nicht unweit zum Herzogtum Pommern, das Fürstentum Anhalt relativ grenznah zu Letzlin- gen. Bequemlichkeitsgründe mögen nicht auszuschließen sein. Hält man sich jedoch vor Augen, dass Braut bzw. Bräutigam trotz meist großer Reisestrapazen selbst weite Reisen nicht scheuten, um den Bund der Ehe zu vollziehen und dass solche Ehebündnisse im wahrsten Sinne des Wortes Bündnisse von hochpolitischer Bedeutung waren – das ro- mantische Liebes- und Eheideal lag noch in weiter Ferne –, dann dokumentiert sich in der Ortswahl der machtpolitische Anspruch sowie der dynastische Rang des Ehepartners, hier aus dem Hause Hohenzollern, die von beiden Jagdsitzen symbolisch ausgehen. Die etwa im Vergleich zur Lochau oder zur Augustusburg baulich in keiner Weise architekto- nisch ebenbürtigen Häuser in der Letzlinger wie in der Schorfheide scheinen der Dignität des feierlichen Anlasses indessen keinen Abbruch getan zu haben483. Erklärbar wird die- ser Umstand vor dem Hintergrund der Erkenntnisse und Einsichten der Residenzenfor- schung. Offensichtlich spielte die architektonische Qualität im Falle der Jagdhäuser und Jagdbuden eine nur untergeordnete Rolle. Dies legen Untersuchungen zu Jagddomizilen europäischer Fürsten nahe. Die formale Bandbreite der Anlagen reichte von großen, um- fangreichen Komplexen, bestehend aus mehreren Höfen, und aufwendig gestalteten Bau- ten bis zu kleinen Weiherhäusern oder gar Hütten. Kaiser Maximilian I., bekanntermaßen ein passionierter Jäger, bezog auf seinen Jagdausfl ügen neben Wohntürmen und hinter Wassergräben gelegenen Kastellen unrepräsentative Meierhöfe, Bauernhäuser, Almhütten und sogar Zelte484. Für das Renommee und Prestige eines Jagdschlosses ausschlaggebend waren die Qualität des Jagdgebiets und die Möglichkeit, der Jagd zusehen zu können485.

recht, J.: Chronik des Fleckens Zechlin und den umliegenden Ortschaften. Zechlin 1904, S. 25 – 33; Enders, Lieselott: Die Prignitz, S. 281 ff.; Kirchner, Ernst Daniel Martin: Die Churfürstinnen und Königinnen, 2. Tl., S. 14 – 20; Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 19; Enders, Lieselott: Burgen, Schlösser, Gutsgebäude. Zur Baugeschichte der Prignitz in der Frühneuzeit, in: JbLG 50 (1999), S. 31 – 61, hier S. 46 f. 483 Beispiele für durchaus schlichte landesfürstliche Jagdhäuser und -hütten sind Sigmundsburg, das Fischhaus in Pertisau oder der Palisaden-Haus bei Boitsfort. Vgl. Paravicini, Werner (Hg.): Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Bilder und Begriffe (Residenzenforschung 15 II, Teilbd. 1+2), Ostfi ldern 2005, S. 433. 484 Vgl. Egg, Erich/Pfaundler, Wolfgang: Kaiser Maximilian I. und Tirol, Innsbruck 1969; Ausserer, Karl: Ein Tiroler Jagdbuch Kaiser Maximilians I., in: MIÖG 56 (1948), S. 385 – 417; Bachmann, Hanns/Menhin, Osmund: Achental, in: Handbuch der historischen Stätten Österreichs 2. Alpenlän- der und Südtirol (Kröners Taschenausgabe, 279), Stuttgart 1966, S. 441 f. 485 GStA PK, I. HA, Rep. 36, Nr. 2249/1, Administrator Joachim Friedrich an Kurfürst Johann Georg am 4.7.1591 und 22.7.1591; in Bezug auf das Jagdrevier in der „Driesnischen Heide“ in der Neu- mark etwa berichtet Joachim Friedrich im Herbst 1599 an seinen ältesten Sohn von „einen großen Behren“, den er dort „gefangen“ habe, sowie „von einem Elendt (Elch; Anm. A.B.) und etzliche schöne ansehentliche Hirße und Wulffe, so vor diesem Örter etwas fehlsam gewesen“. Joachim Friedrich hört dies „herzlich gern“ (GStA PK, I. HA, Rep. 36, Nr. 2249/1, Johann Sigismund an II. Zur Bautätigkeit der Hohenzollern außerhalb von Cölln-Berlin 115

Bekannt ist Zechlin vor allem als Ort des kurprinzlichen Hofl agers486. Bewusst suchte Johann Georg in seiner Zeit als Kurprinz die räumliche Distanz zu seinem Vater und der Cöllner Hofgesellschaft. Aus diesem Grunde bezog er ab 1561 das dortige Jagdhaus und ließ es in den folgenden Jahrzehnten vergleichsweise bescheiden, den kurprinzlichen Be- dürfnissen entsprechend, ausbauen. Von den Repräsentationsverpfl ichtungen eines Kur- prinzen abgesehen, die ihn immer wieder von Zechlin für eine gewisse Zeit fortführten, residierte er dort bis zu seiner Thronbesteigung. Davon zeugt eine stattliche Zahl von Ge- burten. Allein zehn von insgesamt zwölf stammten aus der Verbindung zwischen Johann Georg und seiner zweiten Gemahlin, Sabine von Brandenburg-Ansbach487. Allein sechs dieser zehn starben recht früh daselbst. Bei den beiden übrigen in Zechlin Geborenen han- delte es sich um Markgräfi n Agnes und Markgraf Johann Friedrich, zwei von acht Kin- dern aus der Ehe zwischen Kurfürst Johann Sigismund und Anna, der Tochter des Her- zogs Albrecht Friedrich von Preußen488. Wie schwierig sich das Leben des kurprinzlichen Paares, und zwar vor allem in fi nan- zieller Hinsicht, im Zechliner Hofl ager gestaltet haben muss, erhellt aus zahlreichen Kla- gen pekuniärer Art, die Johann Sigismund hilfesuchend an Joachim Friedrich ein ums an- dere mal gerichtet hat. „Ich bin ein junger Hauswirt und mangelt allenthalben“, schreibt er dem Kurfürsten etwa mit Brief vom 30. September 1606489. Einer der Gründe dafür liegt, wie einem Memorial seines Sekretärs Reichard Beyer vom 26. April 1608 zu ent- nehmen ist, im Fehlen ergiebiger Gefälle. Außer den wenig einträglichen Biererträgen zu Wittstock seien die Einnahmen aus den ihm vom Kurfürsten zugewiesenen Ämtern so „geringlich“, dass an eine Deckung der Besoldungen und notwendigen Ausgaben in den Ämtern kaum zu denken sei. „So ist auch ohne Schaden kein Holtz zu verkaufen und bestehet derwegen I.F.G. Unterhalt allein in dem Kornkauf, davon sie dero fürstlichen Hoffstadt und Notturft erzwingen müeßen. Die Gerste wirdt mehrenteils in den Ämptern vorbrawet, Hafern müeßen I.F.G. jährlichen zukaufen (...) Daher I.F.G. bey dero über- daß vielfältiger Ungelegenheit mit unterschiedtlichen kostbaren Reisen (...) von Jahren

Kurfürst Joachim Friedrich, Herbst 1599). – Vgl. hierzu auch Hartmann, Hans-Günther: Moritz- burg, S. 67 ff. 486 Darüber hinaus ist Zechlin in Riedels Codex Diplomaticus Brandenburgensis insgesamt sechsmal nachweisbar. Vgl. dazu Riedel, CDB, A II, 316 (13. Januar 1555); Riedel, CDB, A II, 374 (7. Mai 1556); Riedel, CDB, A III, 166 (27. April 1561); Riedel, CDB, Supplementband 179 (31. Mai 1561); Riedel, CDB, A VI, 169 (18. November 1565); Riedel, CDB, A XI, 494 (6. Dezember 1565). In den Acta Brandenburgica 59mal: für 1605: Bd. 1, Nr. 99, 224, 320, 323 – 324, 421; für 1606: Bd. 2, Nr. 811, 827, 985, 993, 1006, 1011 – 1012, 1030 – 1031, 1086 – 1087, 1113, 1122, 1132, 1159, 1173, 1182, 1188, 1204, 1216, 1218, 1221, 1224; für 1607: Bd. 3, Nr. 1662, 1748, 1792, 1935, 1949 – 1951; für 1608: Bd. 3, Nr. 2002, 2010, 2050 – 2051, 2054, 2089, 2090, 2092, 2102, 2106, 2107, 2115, 2338 – 2139, 2171, 2173, 2178 – 2179, 2181, 2224, 2252, 2282, 2285. 487 Es handelt sich um die Zwillinge Johann und Albrecht, Markgräfi n Sabine, Markgräfi n Erdmute, Markgräfi n Maria, Markgräfi n Hedwig, Markgräfi n Magdalene, Markgräfi n Margarete, Markgräfi n Anne Marie, Markgräfi n Sophie. 488 Vgl. Grossmann, Julius (Hg.): Genealogie des Gesamthauses, S. 23, 29. 489 Acta Brandenburgica, 1928, Bd. II, Nr. 1087, Johann Sigismund an Kurfürst Joachim Friedrich am 6.8.1606, S. 320; Nr. 1092, Resolution Kurfürst Joachim Friedrichs vom 10.8.1606, S. 322; Nr. 1204, Johann Sigismund an Kurfürst Joachim Friedrich vom 30.9.1606, S. 396. 116 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert zu Jahren sich in tiefere Schuldenlast zu setzen, welche dann eben itzo umb soviel grö- ßer wirdt, weil vergangen Jahr das Ungewitter das Korn im Felde fast alles darunter ge- schlagen. Daher I.F.G. nicht allein die Kornpächte den armen Leuten nachlassen, sondern auh die Ansahet auf Borgk umb liederliche Zahlung vorschießen müssen. Deswegen dann I.F.G. umb bahre Bezahlung etwas zu verkaufen, wenig oder nichts übrig geblieben (...) Was an Wulle jährlichen gefällt, kann soviel nicht austragen, daß man die Krämer damit bey ihrer großen Forderung etlichermaßen contentiren möchte. Woraus I.F.G. Zustand leichtlich abzunehmen und daß fast nichts in residuo bleibt, davon I.F.G., so gering sie es auch anfangen, sich erhalten können.“490 Erschwerend hinzu käme, so Beyer, die Tat- sache, „daß die Johann Sigismund zugeschlagenen beiden Ämter (es handelt sich um die Ämter Storkow und Beeskow; Anm. A.B.) von Zechlin sehr abgelegen und offenbar noch nicht gewechselt worden sind (gegen das Amt Altruppin; Anm. A.B.), wie vom Kurfürs- ten versprochen“491, „weil auch der unbequeme Ordt allhie alle Ungelegenheiten mehret und schwerer machet“492. Wie geradezu verzweifelt die fi nanzielle Lage gewesen sein muss, wie überaus beengt die aus den Repräsentationsanforderungen an einen kurprinz- lichen Hof erwachsenden und die tatsächlich vorhandenen ökonomischen Möglichkeiten waren, veranschaulicht auch ein Brief des Kurprinzen an seinen kurfürstlichen Vater vom 25. Mai 1608. Zwar hätte er den Vater gerne mit seinem erneuten Bittgesuch verscho- nen mögen, allein seine höchste und größte Not lasse ihm keine andere Wahl. Und weiter heißt es dort: „Ich wollte nicht gerne Schult machen, bey dieser meiner geringen Gelegen- heit aber kann es nicht verbleyben. E.G. wißen, daß der liebe Gott mich nebenst meiner herzliebsten Gemahlin mit Kindergen gesegnet. Nun wollte ich dieselben gerne also auf- erziehen laßen, daß es Gott undt seiner lieben Kirchen zu Lob, Ehr und Trost, dann auch Landt undt Leuten zum Besten undt Freuden möge gereichen (...) Bitt demnach E.G. (...) zum allerfl eißigsten, gehorsamsten und söhnlichsten, E.G. wollten doch solches gnädigst und väterlichen betrachten und mich ja nicht laßen in meiner hohen undt großen Not la- ßen stecken.“493 Doch die erfl ehten fi nanziellen Hilfsmittel blieben aus. Auch die kurfürst- lichen Kassen waren leer494.

3.2.4 Groß-Schönebeck

Die für die Zeit und ihre Denkungsart charakteristische Symbiose von Vergnügen und Politik bekundet auch das Beispiel Groß-Schönebeck495. Über Wochen hielten sich Kur- fürst Johann Georg und sein pommerscher Schwiegersohn im Jahre 1574 über die Pfl ege

490 Acta Brandenburgica, 1930, Bd. III, Nr. 2181, Memorial Reichard Beyers vom 26.4.1608, S. 490 f. 491 Gautschi, Andreas/Suter, Helmut: Vom Jagen, Trinken und Regieren, S. 192. 492 Acta Brandenburgica, 1930, Bd. III, Nr. 2181, Memorial Reichard Beyers vom 26.4.1608, S. 491. 493 Acta Brandenburgica, 1930, Bd. III, Nr. 224, Johann Sigismund an Kurfürst Joachim Friedrich am 25.5.1608, S. 537; Nr. 2256. 494 Acta Brandenburgica, 1930, Bd. III, Nr. 2256, Antwort des Kurfürsten vom 12.6.1608. 495 Zu Groß-Schönebeck vgl. Hutter, Peter: Die Jagdschlösser der Hohenzollern, S. 131; Steeger, H.: Ortsgeschichte der Parochie Groß-Schönebeck, o.J., o.O. (um 1905); Dehio, Georg: Handbuch der II. Zur Bautätigkeit der Hohenzollern außerhalb von Cölln-Berlin 117 des Waidwerks hinaus auf dem Jagdhaus von Groß-Schönebeck auf. Die Erörterung der diffi zilen Frage der pommerschen „Gegenanwartschaft“ stand im Zentrum der politischen Verhandlungen und wurde von den beiden Fürsten und ihren Beratern dort und in Grim- nitz einer Lösung zugeführt496. Ein andermal begegnet Groß-Schönebeck im Zusammen- hang mit dem pfälzisch-sächsischen Unionsplan von 1590. Im Ringen um die Aufstellung eines bewaffneten Corpus Evangelicorum, das Heinrich von Navarra in seinem Kampf gegen Spanien und Liga als Hilfeleistung zugedacht war, verhandelte Johann Georg auf dem Jagdhaus mit Herzog Ulrich zu Mecklenburg im Frühjahr 1591, und beide versäum- ten dabei nicht, häufi g „im holze zu ligen“497. Groß-Schönebeck scheint vergleichsweise häufi g Ort verwaltungsmäßigen Handelns gewesen zu sein. Hinter Grimnitz, jedoch vor Zechlin rangiert es als Ausstellungsort hoheitlicher Urkunden auf quantitativer Augen- höhe mit Letzlingen498.

3.3 Die funktionale und räumliche Struktur der brandenburgischen Jagdhäuser

Deutlich geworden ist angesichts des oben Dargestellten eine ganze Bandbreite von Be- weggründen, die die Hohenzollern dazu bewog, in unregelmäßigen Abständen für eine bestimmte Zeit die in der Weite des kurmärkischen Territoriums verstreut liegenden Jagd- häuser aufzusuchen. Es waren ebenso rechtliche und politische wie auch familiär-dynas- tische. In Zeiten des persönlichen Regiments ließ sich dies nicht säuberlich voneinander trennen. Beide Sphären bildeten gleichsam das komplementäre Wesen der monarchischen Regierungsform nicht nur in Brandenburg. Eine Besonderheit stellte in diesem Kranz an Jagdhäusern Zechlin dar. Als Ort, der von Kurprinz Johann Georg für den Zeitraum von knapp zwei Jahrzehnten (sicherlich nicht ohne Erlaubnis des Vaters) zum kurprinzlichen Hofl ager erhöht worden war, machte Zechlin insofern eine Ausnahme unter den brandenburgischen Jagdsitzen, als der Prinz sich bis auf die zu seinen Dienstverpfl ichtungen gehörenden Reisen an diesem Ort stän- dig aufhielt. Die Suche nach sowohl räumlicher als auch in einem eminent politischen Sinne programmatischer Distanz zum Vater und den ihn umgebenden herrschenden Amts- trägern war sicherlich ein wichtiger Beweggrund für seine Entscheidung. Noch Joachim

deutschen Kunstdenkmäler – Die Bezirke Cottbus und Frankfurt/Oder, Berlin 1987; Enders, Liese- lott: Die Uckermark, S. 247. 496 Koser, Reinhold: Geschichte der brandenburgischen Politik, S. 282. 497 Koser, Reinhold: a.a.O., S. 299. Im Herbst 1590 verhandelten Johann Georgs Kanzler Christian Distelmeier und Herzog Ulrich von Mecklenburg im Jagdhaus Bötzow in selbiger Angelegenheit. Es scheint, als ob die kurfürstlichen Jagdhäuser auch der politischen Machtelite Kurbrandenburgs zur Verfügung standen. 498 Vgl. Riedel, CDB, A XIII, 482 (18. September 1541); Riedel, CDB, Supplementband 476 (11. De- zember 1542); Riedel, CDB, Supplementband 480 (21. Januar 1543); Riedel, CDB, Supplement- band 495 (8. September 1548); Riedel, CDB, Supplementband 503 (15. Dezember 1549); Riedel, CDB, A VII, 232 (22. Juli 1550); Riedel, CDB, A II, 102 (12. Dezember 1552); in den Acta Bran- denburgica insgesamt 11mal: für 1605: Bd. 1, Nr. 403 – 405, 416; für 1606: Bd. 2, Nr. 1153 – 1154, 1158, 1161, 1169 – 1170, 1175. 118 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Friedrich hielt an dieser jungen Tradition fest, bis sie unter Johann Sigismund wieder ein- schlief. Wie aber sahen die Jagdhäuser im Einzelnen aus? Welchen Standards entsprach ihre architektonische Hülle? Wie stand es um ihre jeweilige funktionale und räumliche Aus- stattung?

3.3.1 Grimnitz

Ursprünglich befand sich an der Stelle, wo die brandenburgischen Hohenzollern im 16. Jahrhundert ein relativ bescheidenes Jagdhaus erbauen ließen, ein gegen die Pommern errichtetes Bollwerk aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts. Sein Wehrcharakter entsprach seiner topographischen Lage auf einer kleinen natürlichen Erhebung, die nach Norden hin schroff abfi el und in ihrem Vorfeld durch ein ca. 50 Meter breites, vom Grimnitzsee ab- getrenntes Sumpfgebiet gesichert war. Zugänglich war die alte Wehrburg einzig über eine den Burggraben überspannende Zugbrücke. Der Charakter und die Funktion der Wehr- haftigkeit der Anlage wurde durch ihre Quadratur aus unregelmäßig geschichteten Feld- steinen mit einer Seitenlänge von knapp 60 Metern besonders betont. Die an den Ecken und in der Mitte der Seiten stehenden Rundtürme unterstrichen ihren fortifi katorischen Anspruch nachdrücklich und weithin sichtbar499. Trotz der dramatischen Veränderungen, die sich im militärischen Bereich in den vor- angegangenen gut einhundert Jahren vollzogen hatten, hielten die brandenburgischen Hohenzollern beim Um- und Ausbau der Grimnitz an deren Wehrcharakter fest. Im Zen- trum der Burg befand sich weiterhin der quadratische dreigeschossige Wohnturm, der auf drei mit Tonnengewölben versehenen Kellerräumen ruhte. Im Jahre 1524 sah sich Joachim I. – wohl aus Raummangel – veranlasst, einen zweigeschossigen Gebäudefl ügel an der Innenseite der Ostmauer anzubauen. Durch einen einfachen überdachten hölzernen Laufgang ließ er eine Verbindung des ersten Obergeschosses des Wohnturmes mit dem zweiten Geschoss des Neubaus herstellen. Im ersten Stock des neuen Gebäudes befan- den sich seitdem die Wohnräume des Kurfürstenpaares, und zwar im südlichen Eckron- dell das Schlafgemach des Kurfürsten und im nördlich gelegenen Turm das Schlafgemach der Kurfürstin. Von einer Orientierung am architektonischen Anspruchsniveau, wie es dem Hohenzollern im drei Jahre zuvor durch Friedrich den Weisen errichteten Lochauer Jagdschloss vor Augen stand, kann in Grimnitz überhaupt nicht die Rede sein. Zwar ha- ben beide Neubauten die älteren Fundamentierungen und damit den Grundriss der zuvor an diesen Stellen gelegenen Bauten programmatisch übernommen, jedoch verfügte die Lochau darüber hinaus seit ihrem aufwendigen Umbau durch den Wettiner über alle At- tribute zeitgenössischer Baukunst500. Joachim I. gab sich indessen mit dem Bau zweier

499 Vgl. dazu Dehio, Georg: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler – Brandenburg, S. 48. 500 In den Gärten der Lochau ließ sich der Wettiner sogar ein zweigeschossiges Lusthaus errichten. Vgl. Ludolphy, Ingetraut: Friedrich der Weise. Kurfürst von Sachsen 1463 – 1525, Göttingen 1984, bes. S. 128 ff.; ferner Hoppe, Stephan: Die funktionale und räumliche Struktur, S. 25. II. Zur Bautätigkeit der Hohenzollern außerhalb von Cölln-Berlin 119

Wendelstiegen in der Mitte des neuen zweigeschossigen Gebäudefl ügels samt dreier Re- naissance-Giebel an einer Frontseite zufrieden501. Dem Zeitgeschmack erwies er damit die notwendige, jedoch in dekorativ-programmatischer Hinsicht schwache Reverenz. Über die Innenraumausstattung der Grimnitz lassen sich aufgrund der recht spärli- chen Quellenlage keine zuverlässigen Angaben machen. Nachweisbar sind lediglich eine Hofstube, ein Vorraum sowie ein großer Kamin im Erdgeschoss. Im ersten und zwei- ten Stockwerk lagen Vorsaal, Stube und zwei Kammern. Zwei weitere Kammern be- herbergte das Dachgeschoss. Allerdings muss es um die bauliche Substanz im Inneren äußerst schlecht bestellt gewesen sein, wie uns Hafftitz zum Jahre 1549 in Bezug auf den damals geschehenen Unfall der polnischen Gemahlin Kurfürst Joachims II. über- liefert hat: „Dis Jahr auf der Schweine-Jagt ist Frawe Hedewig, Marggraff Joachims II., Churfürsten zu Brandenburg, gemahl, des Morgens vmb 8 Vhrn auf dem alten Haußse zum Grimnitz durch einen Spundtboden vnd viel hangender Hirßsgeweihe herrab in die Hoffstube auf eine Lehnbanck gefallen, dauon Sie hernach Ihr lebtage an Krücken hat müßsen gehen, Denn obwol der Churfürst viel hochgelerte Doctores vnd kunstreiche vnd erfarne Chirurgos allenthalben her offtmals verschrieben, die Ihr haben helfen sollen, So hat Sie doch entweder aus furchte der Wehetagen, Oder daßs Sie sich von andern am leibe zubefühlen geschämpt und geschewet, Ihr nicht wollen helfen laßsen. Es ist auch damals der Herr mit Ihr gleicher gestalt herrunter gefallen, Aber dennoch zwischen den balcken vnter den armen behangen blieben.“502 Der auch von anderen märkischen Chro- nisten überlieferte Unfall legt zweifellos einen doch arg maroden baulichen Zustand des beschriebenen Jagdhauses nahe503.

501 Vgl. dazu Enders, Lieselott: Die Uckermark, S. 171 sowie die dort im Bildteil abgedruckte Hand- zeichnung der südwestlichen Uckermark, von Norden her gesehen, mit Jagdhaus Grimnitz aus dem Jahre 1667 (BLHA, Pr. Br. Rep. 2, D.9854, fol. 26). Hierbei handelt es sich meines Wissens um die einzig überlieferte Abbildung der Grimnitz; nicht zufällig sind im Gegensatz hierzu, zweifellos Ausdruck ihres hohen baukünstlerischen Anspruchsniveaus, den wettinischen Jagdschlössern zahl- reiche graphische Darstellungen zuteil geworden. 502 Hafftitz, Peter: Microcronicon Marchium, in: Riedel, CDB, D I, S. 111. – Der Unfall ist auch von den Chronisten Garcaeus und Creusing, S. 167 überliefert. Holtze weiß in seinen Berolinensien zu berichten, dass die Kurfürstin 7 bis 7,5 Ellen hinabfi el und einen Schenkelbruch und eine Kontu- sion am Rücken erlitt. Mit ihr sei ein altes Weib, das ihr eben ein Hündlein habe abnehmen wollen, verunglückt. Vgl. Holtze, Friedrich: Die Berolinensien des Peter Hafftitz, S. 48. 503 Vgl. in diesem Sinne zuletzt Gautschi, Andreas/Suter, Helmut: Vom Jagen, Trinken und Regieren, S. 21. Gautschi und Suter sprechen in diesem Zusammenhang zu Recht von einem „wohl damals schon recht wurmstichigen ‚Schloß‘“. – Gleiches gilt für die u.a. als kurfürstliches Jagddomizil ver- wendete Potsdamer Burg, die einem Bericht des Amtshauptmanns v. Köckeritz vom 5. April 1546 zufolge ganz baufällig sei und, „da der Kurfürst häufi g zur Jagd und mit fremden Fürsten dorthin komme, ausgebessert werden (müsse), was augenblicklich noch mit geringen Kosten geschehen könne, so daß es wohl noch 40 Jahre aushalte; mit „täglichem Flicken“ sei aber nichts geholfen“. (GStA PK Rep. 19 Nr. 78 Potsdam; zitiert nach Sello, Georg: Potsdam und Sans=Souci. Forschun- gen und Quellen zur Geschichte von Burg, Stadt und Park, Breslau 1888, S. 23 f., hier S. 23). 120 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

3.3.2 Zechlin

Über Räume und Ausstattung von Zechlin sind wir erst aus einem 1603 auf uns gekom- menen Inventar unterrichtet504. Zum auch für damalige Verhältnisse recht spärlichen Mo- biliar zählten Betten, hölzerne Tische, Schemel und Bänke505. Führt man sich vor Au- gen, dass die Größe des Gefolges oder der Umfang der Ausstattung einen signifi kanten Gradmesser innerhalb der höfi schen Gesellschaft bildete506, so entsprach der in Zechlin gepfl egte Standard wohl keineswegs mehr als dem in dieser Hinsicht zwingend erforder- lichen Minimum, wollte man nicht Gefahr laufen, an Prestige und Status zu verlieren. Eher entsprach die überlieferte Innenausstattung des kurprinzlichen Hofl agers in ihrer bedacht schlichten Nützlichkeit den ritterlichen Wohnsitzen der prignitzschen Nachbar- schaft507. Die bischöfl iche Wohnung auf der Zechlin benachbarten Plattenburg beispiels- weise enthielt laut Inventar Missive und Bücher in der bischöfl ichen Schlafkammer, Ti- sche und Bänke in der Hofstube sowie daselbst eine Krone von Hirschzweigen mit einem Marienbilde508. Nur unwesentlich scheinen sich die Räume des Kurfürsten und der Kurfürstin, der Prinzen und Prinzessinnen davon abgehoben zu haben, entsprachen sie doch kaum dem für höchste Herrschaften erforderlichen Mindeststandard509: Je zwei Gemächer mit Kam- mer dienten dem kurprinzlichen Paar als Appartements, von denen das eine mit zwei Ti- schen und zwei Bettschemeln ausgestattet ist. Das andere schmücken dreißig Hirschge-

504 Vgl. BLHA, Pr. Br. Rep. 2, D.19917, fol. 1 ff.; vgl. dazu ferner: Albrecht, J.: Chronik des Fleckens Zechlin, S. 31 ff.; Krüger, Richard: Zechlin, kurbrandenburgische Residenz, S. 108, 111 f. 505 Riedel, CDB, A II, 348. 506 Vgl. dazu Hahn, Peter-Michael/Schütte, Ulrich (Bearb.): Zeichen und Raum. Ausstattung und hö- fi sches Zeremoniell in den deutschen Schlössern der Frühen Neuzeit (= Rudolstädter Forschungen zur Residenzkultur, Bd. 3), Berlin 2006; ferner Hahn, Peter-Michael/Lorenz, Hellmut: Herrenhäu- ser in Brandenburg und der Niederlausitz, Bd. 1, S. 50. 507 Vgl. dazu Enders, Lieselott: Burgen, Schlösser, Gutsgebäude, S. 46. 508 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 58, Nr. 7 Fasz.3, fol. 43 ff. – Aus dem Schlossinventar der Lebuser Re- sidenz von 1555 hingegen geht hervor, dass die Wohnstube des Bischofs mit gewirkten Teppichen ausgeschlagen war und es neben oder angeblich in der bischöfl ichen Schlafkammer eine Biblio- thek mit 462 Bänden gegeben haben soll (GStA PK, I. HA, Rep. 59, Nr. 7, Fasc. 1: Einkünfte und Inventarien des Stifts Lebus 1550 – 1559, Bl.112 – 117; vgl. dazu Neitmann, Klaus/Heimann, Dieter (Hg.): Spätmittelalterliche Residenzbildung in geistlichen Territorien Mittel- und Nordostdeutsch- lands, Berlin 2009, S. 298). 509 Exakt einen Monat nach der Geburt seines Enkels Georg Wilhelm am 13. November 1595 weist der Kurfürst seinem ältesten Sohn und seiner Frau Anna in einem Rescript Zechlin als Residenz an. Von Geldsorgen bedrängt und aufgrund der räumlichen Verhältnisse, in denen sie wohnen müs- sen, beengt, bittet Johann Sigismund seine Schwiegermutter in Preußen unter dem 13. Januar 1596, sie möge ihm „mit einem guten Paar Elentshäuten (Elchshäuten; Anm. A.B.), weil ich dieselben gerne haben möchte (...) bedenken“ (GStA PK, XX. HA, HBA, Konzepte K6, Kasten 1085, Johann Sigismund an Marie Leonora am 13.1.1596). Erst nach mehrfachem insistierendem Drängen (vgl. GStA PK, BPH, Rep. 33 J, Nr. 5, Johann Sigismund an Kurfürst Johann Georg am 21.3.1596 und am 21.4.1596) gibt der Kurfürst den Bittgesuchen des kurprinzlichen Paares statt, damit Johann Sigismund und Anna „als junge Eheleute unsere eigene Haus- und Hofhaltung durch Gottes genä- dige Hüelf und E.G. großvatterliche Beförderung an die Handt nehmen und zu Werck richten mö- gen“ (GStA PK, BPH, Rep. 33 J, Nr. 5, Johann Sigismund an Kurfürst Johann Georg am 16.5.1596). II. Zur Bautätigkeit der Hohenzollern außerhalb von Cölln-Berlin 121 weihe, was immerhin auf eine gewisse Größe des Gemachs Rückschlüsse zulässt510. Je eine Badestube war dem kurprinzlichen Paar zugeordnet. Himmelbetten, Hirschgeweihe, in den prinzlichen Gemächern ein grüner „Carteken“ Vorhang aus fünf Stücken und eine grüne Damastdecke sind für die Räume der Herrschaft überliefert511. Zwar wurden in Zechlin um 1600 für die pommerschen Herzöge Wohnräume bereitgehalten512, über de- ren Ausstattung gibt es jedoch keine weiteren Nachrichten. Eine Kapelle, zwei Tanzsäle, Trink- und Essstuben sowie Räumlichkeiten für die herrschaftlichen Gäste und die Die- nerschaft sind bezeugt513. Im zweiten Geschoss des neuen Flügels waren die zur Standardausstattung einer Jagd- anlage gehörige „Silberkammer“ und Räume für Kanzleiarbeiten (die sogenannte „Alte Kanzlei“) untergebracht. Für die überlieferten politisch-dynastischen Anlässe wie für die Ausstellung von Urkunden und Verträgen waren diese Räumlichkeiten zwingend. Sie er- füllten die Minimalbedingungen einer ortsnahen Herrschaft zu Zeiten des „persönlichen Regiments“. Dem entsprach im Übrigen auch die Bestallung eines eigenen Hausvogts, den der Kurprinz während seines Hofl agers in Zechlin hielt514 und der u.a. über das dor- tige Hofgesinde zu wachen hatte. Darüber hinaus scheint Zechlin seinem Besitzer und dessen Gästen keine weiteren Annehmlichkeiten geboten zu haben. Dagegen enthält etwa das Inventar der 1568 errichteten Augustusburg allein für eine größere Mittelkammer im Zwerchhaus mit kleineren Räumen links und rechts: „Inn der Edelen Knabenn Schlaff- Cammer, / 2 Tuhren, als eine Zum eingange mitt ein Zweyriegeldten schloß, die andere nach / dem Kemmerlein uff der Lincken Handtt mitt ein blinden schloß, / 5 Spanbetth, / 2 Tische, 1 lange Vorsetzbanck, 5 Vorsetz bencklein, / 3 Elendtt, 14 HirschKoppfe, 11 ReheKopff, [alle:] mitt gemaltten schilden, / 4 Vorglaste fenster, / 1 Eisern Kamin, 1 Gabell“515.

510 Vgl. hierzu Riedel, A.F.: Geschichte der geistlichen Stiftungen, der adelichen Familien, so wie der Städte und Burgen der Mark Brandenburg, Bd. 2, Berlin 1842, S. 348; ferner Gautschi, Andreas/ Suter, Helmut: Vom Jagen, Trinken und Regieren, S. 184 – 187. 511 Vgl. BLHA, Rep. 2, D.19917, zu 1603. 512 Vgl. Albrecht, J.: Chronik des Fleckens Zechlin, S. 31 ff. 513 Krüger, Richard: Zechlin, kurbrandenburgische Residenz, S. 108 – 114. 514 Vgl. dazu Stölzel, Adolf: Die Entwicklung der gelehrten Rechtsprechung untersucht auf Grund der Akten des Brandenburgischen Schöppenstuhls, Bd. I: Der Brandenburger Schöppenstuhl, Berlin 1901, S. 468 f.; ferner Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 172, Anm. 60. 515 Inv. 1576, fol. 263v; zitiert nach Hoppe, Stephan: Die funktionale und räumliche Struktur, S. 358. 122 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

3.3.3 Köpenick

Seit dem 1558 errichteten Bau des Köpenicker Jagdhauses516 stand auf der Köpenicker Schlossinsel eine Zwei-Flügel-Anlage517. Die beiden dreigeschossigen Gebäudefl ügel stießen im rechten Winkel aufeinander. Ein quadratisches Geviert bildete den inneren Schlossbereich, aus dem ein einzelstehender niedriger Turm herausragte. Er gehörte, so auch in Köpenick, zum festen Bestand fürstlicher Herrschaftsarchitektur. Ihre auf Wehr- haftigkeit zielende turmreiche Architektursprache, jenes für das Empfi nden der Zeitge- nossen unverzichtbare Attribut fürstlicher Würde518, fand sich an diesem Jagdbau al- lenthalben. In den beiden nördlich und südlich errichteten Rondellen, und zwar für den Kurfürsten im Nordturm und für die Kurfürstin im Südturm, lagen im ersten Geschoss die Appartements des kurfürstlichen Paares, zwischen den beiden Türmen weitere Ge- mächer und Kammern für die höfi sche Umgebung, Amtsträger und Gäste. Saal und Hof- stube befanden sich auch in Köpenick im Erdgeschoss. Ein auf selber Höhe gelegenes Rondell im Westen beherbergte die Silberkammer zur Aufbewahrung von Geschirr und Pretiosen. Das gesamte zweite Stockwerk bestand aus Zimmerfl uchten zum Zweck des Logis. Hier wohnte der Oberjägermeister und die engere Entourage des Kurfürstenpaa- res. Auf die Trennung der Gemächer in einen Männer- und Frauentrakt wurde selbstver- ständlich geachtet. Abweichend von Bötzow und Grimnitz waren der Wohnbereich und die Wirtschafts- gebäude im Jagdhaus Köpenick deutlich voneinander getrennt. Südlich des weitläufi gen, teils von einer Wehrhaftigkeit dokumentierenden Ringmauer umgebenen Wirtschaftshofs, dem sogenannten Vorhof, stand ein eingeschossiges Fachwerkgebäude. Den nördlichen Teil des Wirtschaftshofs begrenzten zwei kleinere Häuschen sowie ein Pastetenofen. Hier erstreckte sich auch ein aus mehreren Zimmern bestehender eingeschossiger langer Bau, der als Sitz der kurfürstlichen „Kanzlei“ diente. Im selben Gebäude befanden sich die Kü- chenräume. Ein Kräutergarten ist für Köpenick ebenfalls belegt.

516 Vgl. Dohna, Siegmar Graf zu: Kurfürstliche Schlösser in der Mark Brandenburg. Theil II: Köpe- nick. Königs=Wusterhausen, S. 42 – 90; Lambacher, Lothar (Hg.): Schloss Köpenick, S. 51; Ribbe, Wolfgang: Die Anfänge Charlottenburgs, S. 20 f., 24; Hutter, Peter: Die Jagdschlösser der Hohen- zollern, S. 129 – 131. 517 Auch im Falle Köpenicks handelte es sich ursprünglich um eine um 1240 errichtete askanische Burg auf einer Insel am Zusammenfl uss von Dahme und Spree. Von dort ließen sich die Zufahrts- wege nach Cölln und Berlin sowohl von Süden als auch von Osten her sicher kontrollieren. In wit- telsbachischer und luxemburgischer Zeit teilweise im Besitz der Brüder Hans und Ullrich von Bie- berstein und eines Heinrich von Reichenbach (1394 – 1405), bemächtigte sich 1405 Dietrich von Quitzow der Burg. Unter Friedrich I., der seit 1411 als Verweser der Mark auftrat, gelangte die Burg 1413 mit Unterbrechungen in den Besitz der Hohenzollern. Vgl. dazu Schade, Günter: Schloß Kö- penick. Ein Streifzug durch die Geschichte der Köpenicker Schloßinsel, 4. Aufl ., Berlin 1975, bes. S. 28 ff., 58 ff. 518 Vgl. Schütte, Ulrich: Zur fi ktiven und realen Wehrhaftigkeit hessisch-thüringischer Schloßbauten zwischen 1550 und 1750, in: Berns, Jörg Jochen/Ignasiak, Detlef (Hg.): Frühneuzeitliche Hofkultur in Hessen und Thüringen, Erlangen u.a. 1993, S. 44 – 67. II. Zur Bautätigkeit der Hohenzollern außerhalb von Cölln-Berlin 123

Die Funktionsbestimmung der Gebäude und Räume auf der Köpenicker Schlossinsel macht – wie bereits mit Blick auf die vorher untersuchten Jagdhäuser – eines deutlich. Dieser Bautypus erfüllte in funktionaler Hinsicht das ganze Anforderungsspektrum an ein kurfürstliches Hofl ager, allerdings, wohl aus ökonomischen Gründen, unter Verzicht auf einen über das notwendige Mindestmaß hinausreichenden baukünstlerischen Anspruch. Alles geriet zwar deutlich kleiner, überschaubarer, teilweise sogar sehr beschränkt. Doch auch die Jagdhäuser enthielten alle wichtigen Funktionen, um dem Landesherrn für ei- nen begrenzten Zeitraum die Errichtung seines Hofl agers zu ermöglichen. Weit mehr als ausschließlich dem herrschaftlichen (Jagd-) Vergnügen zu dienen waren sie zugleich Orte der Verwaltung519, der Politik und der bescheidenen Repräsentation. Auf eine großartige bildkünstlerische und graphische Ausstattung Köpenicks scheint der Kurfürst allerdings wegen der bekannten ökonomischen Zwänge kaum hat Wert legen können. Wie beengt seine fi nanzielle Situation war, verrät ein Vertrag Johann Georgs mit dem Maler Georg Schmidt vom 17. März 1572. Die Bestimmung, im Köpenicker Schloss „den Saal unnd ufm Rundell uber der Silberkammer des Sommergemach wie diesselben kunstlich auss- geschnitzt und zugerichtet sei, die Wapen, Bilder, Laubwerk, Kaptelen, Adeler unnd an- ders jedes nach seiner Art mit gold, silber und allerley farbenn kunstlich unnd zierlich“ auszuschmücken, war ihm die Summe von 150 Talern wert – in Relation zu den prunk- vollen Vierfl ügelanlagen im wettinischen Augustusburg oder der wittelsbachischen Ne- benresidenz in Landshut ein geradezu lächerlicher Betrag520. Offensichtlich scheute er vor hohen Investitionen zurück. Nicht irritieren sollte uns in diesem Zusammenhang ein in einem Inventar von 1682 überlieferter offensichtlich recht kostbarer Gobelin, der einen der Innenräume des Köpenicker Jagdhauses, mit großer Wahrscheinlichkeit den großen Festsaal, geschmückt haben muss. Der Sohn des Großen Kurfürsten, Kurprinz Friedrich, hatte ihn – deutliches Zeichen des Mangels – aus dem alten Joachimschen Renaissance- schloss nach Köpenick mitgenommen521.

519 Riedels Codex führt unter dem Stichwort Köpenick zwei Urkunden: Riedel, CDB, C III, 505 (13. August 1543); Riedel, CDB, A XXIV, 237 und Riedel, CDB, C III, 508 (13. August 1543). Zum Köpenicker Vertrag vgl. Mollwo, Ludwig: Markgraf Hans von Küstrin, S. 503. In den Acta Brandenburgica insgesamt 6mal: für 1605: Bd. 1, Nr. 159, 161; für 1606: Bd. 2, Nr. 940; für 1607: Bd. 3, Nr. 1669, 1671, 1672 520 Vgl. dazu Lauterbach, Iris (Hg.): Die Landshuter Stadtresidenz. Architektur und Ausstattung (= Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München, 14), München 1998; ferner Rasp, Hans-Peter: Die Landshuter Stadtresidenz. Stilcharakter und Baugeschichte der Italie- nischen Trakte, München 1970; Müller, Matthias: Spätmittelalterliches Fürstentum im Spiegel der Architektur, S. 132 f. 521 „Darauf waren außer dem knieend dargestellten Kurfürsten (wahrscheinlich Joachim II.; A.B.) mit zwei liegenden Jagdhunden, „Fortuna“ auf einem Delphin stehend, ein gefl ügelter Hirsch im Was- ser und ein Kruzifi x zu sehen. Die Darstellung war von verschiedenen, die Jagd religiös ausdeu- tenden Sprüchen wie: „In dieser Welt ist nichts zu jagen dann groß Unglück“ begleitet“. Vgl. dazu Boeck, Wilhelm: Schloß Köpenick – Ein Denkmal brandenburgischer Geschichte. Berlin 1939; fer- ner Hutter, Peter: Die Jagdschlösser der Hohenzollern in der Mark Brandenburg, S. 130 f. – Für das übrige repräsentative Decorum zeichnete übrigens Hans Räspel verantwortlich. Vgl. dazu Dohna, Siegmar Graf zu: Kurfürstliche Schlösser in der Mark Brandenburg. Theil 2, S. 77. 124 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

3.3.4 Grunewald – Letzlingen – Bötzow – Karzig – Jegersburg

Aufgrund der wenig zufriedenstellenden, vielfach äußerst unergiebigen Quellen- lage in Bezug auf die einzelnen Jagdhäuser in Kur- und Neumark macht es we- nig Sinn, jedes einzelne in einem eigenen Kapitel gesondert würdigen zu wollen522. Bau- und Nutzungsgeschichte etwa der Jagdhäuser in Rüdersdorf, Zossen523, (Groß-) Mühlenbeck524, Gruneheyde525, Zehden, Mückeburg, Altenfl ieß, Karzig526, Himmel- stedt527 oder Massin528, in denen die Hohenzollern von Zeit zu Zeit Quartier bezogen, lie- gen größtenteils völlig im Dunkel der Geschichte529. Weder der genaue Standort noch deren Aussehen sind in der Regel bekannt530. Rüdersdorf etwa ist ein gutes Beispiel für den Unsinn eines solchen Unterfangens. C. Seydel zufolge, einem von dort stammenden Heimatforscher, handelte es sich um einen „höchst einfachen Bau, nur darauf berechnet,

522 In einem Atemzug zählt etwa der Chronist Leutinger diverse Jagddomizile der brandenburgischen Kurfürsten auf, ohne diese etwa in ihrer Gesamtheit erfassen zu wollen oder im einzelnen z.B. nach baulichen o.ä. Kriterien zu differenzieren: „Quemadmodum autem Marchiae situs ex parte paludo- sus, stagnaticus et silvestris latissime patet, ita venatoria nobilissima Grimnicense, Schonbecense, Copenicense, Letzlingense, Rustorpianum, Custrinense, Postampianum, Zossanum, et alia huius potissimum principis auspiciis habet.“ Vgl. Leutinger, Nicolaus: Commentarii, S. 190. 523 Für Zossen liegt uns je ein Eingang und eine Ausfertigung einzig für den 10. März 1605 vor. Vgl. Acta Brandenburgica, Bd. 1, Nr. 166 (praes. Zossen 10. März 1605), 168. 524 Für Mühlenbeck/Möllenbeck/Mollenbeck für die Jahre von 1605 bis 1607: vgl. Acta Brandenbur- gica, Bd. 1 (für den August 1605), Nr. 418 – 419; Bd. 2 (für den Febr. 1606), Nr. 769, 777, 780; Bd. 3 (für den Dez. 1607), Nr. 1929. 525 Zu Gruneheyde vgl. Kelling, K.: Jagdschloß Gruneheyde. Ein verschwundenes und vergesse- nes Jagdhaus Kurfürst Joachims II., in: Brandenburgia 40 (1931), S. 78 – 83. Dort fi ndet sich auch (S. 82, Anm. 13) der Hinweis auf Schriftwechsel aus Gruneheyde (GStA PK, Prov. Brand., Rep. 7, Amt Rüdersdorf, Sect. I, Fach 27, Nr. 1a). 526 Entsprechend der Bedeutung Karzigs als Jagdsitz und Reisequartier der Hohenzollern auf dem Weg von der Mark ins Herzogtum Preußen taucht dieses in der Neumark gelegene Jagdhaus ver- hältnismäßig häufi g (insgesamt 22mal) in den Acta Brandenburgica auf. Vgl. dazu Acta Branden- burgica, Bd. 1 (für 1605), Nr. 449 – 451, 603 – 604, 612, 614, 617; Bd. 2 (für 1606), Nr. 730, 1115, 1293 – 1294, 1297; Bd. 3 (für 1607), Nr. 1778, 1782, 1895, 1897 – 1899, 1902, 1904, Bd. 3 (für 1608), Nr. 2335. 527 Für Himmelstedt vgl. Acta Brandenburgica, Bd. 1 (für 1605), Nr. 121, 126, 128 – 129, 131, 133 – 134, 478 – 479, 482, 484, 486 – 487, 490, 594, 601, 608; Bd. 2 (für 1606), Nr. 1102, 1106, 1267, 1332; Bd. 3 (für 1607), Nr. 1711. 528 Für Massin oder Maßin vgl. Acta Brandenburgica, Bd. 1, Nr. 431 (vom 22. August 1605); Bd. 2, Nr. 1092, 1094, 1098, 1101, 1103 für den Zeitraum vom 10. – 14. August 1606. 529 Vgl. Hutter, Peter: Die Jagdschlösser der Hohenzollern, S. 140, Anm. 15; vgl. ferner zu den Jagd- häusern Altenfl ieß und Massin: Kaplick, Otto: Das Amt Himmelstädt im 16. Jahrhundert, in: Die Neumark. Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Neumark 5 (1928), S. 41 – 59, 65 – 100; zu Amt und Jagdhaus Karzig: Schwartz, Paul: Aus dem Amte Karzig, in: Die Neumark. Mitteilun- gen des Vereins für Geschichte der Neumark 15 (1939), Nr. 3, S. 55 – 60; ferner die Abbildung von „Ambt Cartzig“ bei Merian, Matthäus/Zeiller, Martin: Topographia Electoratus Brandenburgici, S. 6 f. 530 Unter Hinweis auf archäologische Bodenfunde hat K. Kelling für Gruneheyde mit plausiblen Grün- den das Jagdhaus auf dem Lindwall auf der Insel im Werlsee bei Rüdersdorf als Standort wahr- scheinlich gemacht. Vgl. Kelling, K.: a.a.O., bes. S. 79 – 81. II. Zur Bautätigkeit der Hohenzollern außerhalb von Cölln-Berlin 125 ein bescheidenes Unterkommen während einiger Jagdtage zu gewähren.“531 Ein auch nur ansatzweise mit diesen Häusern beanspruchtes künstlerisches Anspruchsniveau lässt sich aus den spärlichen Quellenaussagen nicht nachweisen, und dessen Realisierung war auch wohl nicht von seinem Bauherrn beabsichtigt532. Aus diesem Grunde wollen wir uns abschließend auf diejenigen Jagdhäuser konzen- trieren, die nach Maßgabe der begrenzten fi nanziellen Ressourcen der Mark dem zeit- genössischen Bauprogramm auf je unterschiedlichem Niveau zumindest in Teilen ent- sprochen haben. Hierzu gehören, soweit sich dies rekonstruieren lässt, die Jagdhäuser im Grunewald, in Letzlingen, Bötzow und auf der Jegersburg bei Woldenberg in der Neu- mark. Gemeinsam ist sämtlichen dieser Häuser ihre Eignung als kurfürstliches Hofl a- ger. Die zentralen Ausstattungselemente in Form von Küche, Keller, Wirtschaftsgebäu- den, Archiv-, Wohn- und bescheidenen Repräsentationsräumen sind in diesen Häusern sämtlich vorhanden. Darüber hinaus weisen diese Anlagen die dem architektonischen Minimalprogramm der Zeit entsprechenden zentralen dekorativ-programmatischen Bau- elemente auf. Den Theiss-Bau im Grunewald533 etwa umgab ein Wassergraben, ferner verfügte er über eine seitlich vorspringende mächtige Turmarchitektur und besaß in seiner Dachzone einen giebelgekrönten Ausbau. Darüber hinaus barg er in seinem Inneren eine Appartementstruktur, die zumindest Teilen der kurfürstlichen Entourage ebenso Wohn- raum bot wie ihm persönlich. Ferner verfügte die Anlage über eine Küche, Vorratsräume, Ställe sowie Räume zur Aufbewahrung des Jagdzeugs. In die Regierungszeit Johann Georgs fi el der Bau einer Kapelle mit Rundbogen-Kreuzgewölbe, die der Hofgesellschaft den regelmäßigen Kirchgang auch außerhalb des hauptstädtischen Hofl agers ermögli- chen sollte. Folge der wachsenden personellen und materiellen Bedürfnisse des Hofes war auch die Beseitigung der das Stadtschloss umfassenden Mauer aus Joachimischer Zeit. Diese musste unter Graf Lynar nüchtern-zweckmäßigen Nebengebäuden weichen.

531 Vgl. Seydel, C.: Mittheilungen aus der Geschichte Rüdersdorfs und der benachbarten Ortschaften. Rüdersdorf 1870, S. 35. 532 Auch für Rüdersdorf liegt Schriftverkehr vor. Vgl. dazu Acta Brandenburgica, Bd. 1 (für den Nov. 1604), Nr. 29 – 30, 32, 477; Bd. 2 (für den 24./25. Juli 1606), Nr. 1051 – 1052, 1055. 533 Zum Jagdhaus Grunewald vgl. Ribbe, Wolfgang: Die Anfänge Charlottenburgs in der Residenz- landschaft, S. 11 – 38; Hutter, Peter: Die Jagdschlösser der Hohenzollern, S. 125 – 142; Badstübner, Ernst: Schlösser der Renaissance in der Mark Brandenburg, Berlin 1995, S. 23 f.; ; Dohna, Sieg- mar Graf zu: Kurfürstliche Schlösser in der Mark Brandenburg, Theil 1: Grunewald. Oranienburg. Schönhausen, S. 32 ff.; Börsch-Supan, Helmut: Die Kunst in Brandenburg-Preußen, S. 20 – 25; ders.: Die Gemälde im Jagdschloß Grunewald, Berlin 1964; Jagdschloß Grunewald, hg. von der Verwaltung der staatlichen Schlösser und Gärten, bearb. v. Helmut Börsch-Supan, 2. überarbeitete Aufl ., Berlin 1981; Backschat, Friedrich: Zur Baugeschichte des Jagdschlosses Grunewald, in: Mit- teilungen des Vereins für die Geschichte Berlins 42 (1925), S. 97 f.; Poensgen, Georg: Jagdschloß Grunewald. Führer und Katalog, Berlin 1933; Kühn, Margarete: Jagdschloß Grunewald, 8. Aufl ., Berlin 1972; Baer, Winfried: Fragmente eines eisernen Kastenofens von 1542 im Jagdschloß Gru- newald, in: 450 Jahre Jagdschloß Grunewald 1542 – 1992, Berlin 1992, Bd. 1, S. 96 – 110; Balan, Ernst-Henri: Ein Beitrag zur Baugeschichte des Jagdschlosses Grunewald aus numismatischer Sicht von Alfred v. Sallet aus dem Jahre 1886, in: „Belehrung und Unterhaltung im Fache der Münz- kunde ...“. Die Numismatische Gesellschaft zu Berlin, gegründet am 22. Dezember 1843. Fest- schrift zum 150-jährigen Bestehen, Berlin 1993, S. 101 – 105. 126 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Wenig bekannt über Raumnutzung und Funktionsbestimmung der einzelnen Gebäu- dekomplexe ist im Falle von Letzlingen534. Allein unser Wissen über die Existenz von Hofstuben, und zwar jenseits des Grabens, sowie von Kanzleiräumen deutet auf die oben beschriebene personenbezogene und ortsnahe Herrschaftspraxis hin535. In einem zweiten Verdingbrief an den Maurermeister Lorenz Arndt aus dem Jahre 1563 ist für Letzlingen davon die Rede, das „alte Haus alhie von grundt auff“ wieder herzurichten. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelte es sich um den Vorgängerbau des Matthias von Alvensle- ben, der zweigeschossig um- und ausgebaut werden sollte. Ferner entnehmen wir dieser Quelle die geplante Errichtung eines „neuen Tucherhauses“ und des „alten Brauhauses“. In das Jahr 1564 datierte der Auftrag des Kurprinzen an Arndt, die alte Küche und den Marstall in den Hohenzollernfarben „weiß und schwartz zu machen“536. Nachweisbar ist auch für Letzlingen ein Komplex von Wirtschafts- und Verwaltungsgebäuden. Für das Jagdhaus Bötzow537 fehlen leider direkte bauliche Auskünfte. Dies gilt eben- falls in Bezug auf die Existenz von Kanzleiräumen, in denen die Kanzlisten im Auftrage ihres Landesherrn Urkunden ausfertigten und Akten führten. Eine Anzahl auf uns gekom- mener Urkunden und Verträge, die in Bötzow gesiegelt und unterschrieben wurden, legen allerdings deren Vorhandensein zwingend nahe538. Zudem deutet die Innenraumverwen- dung von Bötzow auf seine Funktion als kurfürstliches Hofl ager hin539. Auf den Abriss

534 Zu Letzlingen: Mülverstedt, George Adalbert von: Das Schloß Letzlingen, S. 57 – 63; ferner Beh- rends, Peter Wilhelm: Die wüsten Klöster, Burgen und Dörfer der südlichen Altmark, in: Zehnter Jahresbericht des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte und Industrie zu Salzwe- del. Neuhaldensleben-Gardelegen 1847, S. 20 – 39; Meyerinck, R. von: Das Jagdschloß Letzlin- gen, S. 483; Bardeleben, Carl von: Letzlingen unter Markgraf Johann Georg von Brandenburg, S. 193 – 196; La Vière, L. von: Schloß Letzlingen und die Haide, S. 16 – 19. 535 Weiteres Indiz für das Vorhandensein verwaltungsmäßiger Strukturen ist die Tatsache der Existenz eigener Hausvögte oder Hauptleute, wie sie für Letzlingen in den Akten des Brandenburgischen Schöppenstuhls belegt sind. Vgl. Stölzel, Adolf: Die Entwicklung der gelehrten Rechtssprechung untersucht auf Grund der Akten des Brandenburgischen Schöppenstuhls, I, 468 f.; ferner Haß, Mar- tin: Die Hofordnung, S. 172, Anm. 60. Im Falle Letzlingen waren seit den 1560er/70er Jahren die beiden Hauptleute Christoph von Biesen und Dietloff von Doberitz, an die zwei Epitaphien in der Kirche zu Burgstall erinnern, mit den anfallenden administrativen Aufgaben betraut. 536 Vgl. GStA PK, I. HA Rep. 131 K441 A2, Bl.15. 537 Zu Bötzow vgl. Ballhorn, F.: Geschichte der Stadt Oranienburg bis zur Einführung der Städteord- nung im Jahre 1808 nebst kurzen Nachrichten von den übrigen zum Oranienburger Kirchspiel gehö- rigen Ortschaften, Berlin 1850; Maurer, A./Roland, C.: Die Kurfürstin Henriette Louise, Gemahlin Friedrich Wilhelms des Großen, als Landesmutter und ihre besondere Wirksamkeit zu Oranienburg, Neustadt Eberswalde 1858; Dohna, Siegmar Graf zu: Kurfürstliche Schlösser in der Mark Branden- burg, Theil 1: Grunewald. Oranienburg. Schönhausen, S. 32 ff.; Heinrich, Gerd (Hg.): Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 10: Berlin und Brandenburg, S. 303 ff. 538 Vgl. Riedel, CDB, A III, 117 (8. September 1509); Riedel, CDB, Supplementband 504 (17. Dezem- ber 1549); Riedel, CDB, A I, 68 (14. Dezember 1560). Vgl. ferner Acta Brandenburgica mit ins- gesamt 14 Ausgängen: für Mai und Juli 1606: Bd. 2, Nr. 948 – 949, 1033, 1035, 1037, 1040, 1042, 1045; für Mai 1607: Bd. 3, Nr. 1607 – 1609, 1614, 1616, 1619. 539 Zu Bötzow verabschiedet sich Johann Sigismund vom Kurfürsten, bevor er von dort über Cölln- Berlin (11. Juli), Küstrin (12. Juli), Karzig in der Neumark mit einem Abstecher ins eben abge- brannte Berlinchen (15. Juli), Reetz (16. Juli) und Neuenhof (17. Juli), wo ein Ruhetag eingelegt wird, verbunden mit den üblichen Besprechungen und der Erledigung und Abfertigung von Post, II. Zur Bautätigkeit der Hohenzollern außerhalb von Cölln-Berlin 127 der Burg folgte die Errichtung eines zweigeschossigen Jagdhauses durch Caspar Theiss an gleicher Stelle in den Jahren 1550 – 1579. Dieser Neubau geschah aus Gründen des Raummangels, wie es die wachsenden Bedürfnisse der Joachimischen Hofgesellschaft mit sich brachte. In dem zweigeschossigen Neubau befanden sich – analog zu Grimnitz – im Erdgeschoss die Hofstuben, im ersten Stock ein großer Saalbau sowie an dessen bei- den Seiten je zwei Stuben mit dazugehörigen Kammern und Kaminen540. Über zusätzli- che Kammern verfügte das Dachgeschoss, in denen u.a. die kurfürstlichen Amtsträger ihr Quartier fi nden konnten541. Weitab im Osten des brandenburgischen Kurfürstentums, jenseits der Oder, lag in un- mittelbarer Nähe zum Königreich Polen die Jegersburg542. Die Errichtung dieses schlich- ten Jagdhauses fällt etwa in das Jahr 1542/43. Dem Marienwalder Amtsbuch zufolge brachte Markgraf Hans von Küstrin das um diese Zeit in der Nähe der Jegersburg gele- gene Regenthin samt Umland in seinen Besitz. Ein vollständiger Umbau der Anlage er- folgte um 1586. Das alte, wenig geräumige Jagdhaus entsprach nach der Vereinigung von Kur- und Neumark offensichtlich nicht mehr den Bedürfnissen des kurbrandenburgischen Hofes. Wie die bereits dargestellten Jagdhäuser wurde die Jegersburg insoweit „moderni- siert“, dass sie dem Mindeststandard an aussagekräftigen und unstrittigen Zeichen über- kommener Herrschaftstraditionen entsprach. So ließ Johann Georg in Grenznähe zum polnischen Nachbarn ein Jagdhaus in Burgform errichten, das er zwei Stockwerke hoch aufführen und mit Mauer, Wassergraben, Zugbrücke, Torhaus und vier turmartigen Block- häusern an jeder der vier Ecken als den üblichen markanten Zeichen versehen ließ. Im In- neren des Mauerrings befanden sich das sogenannte „Große Haus“, giebelgekrönt und mit Ecktürmen ausgestattet. Über den gewölbten Kellern lagen im Erdgeschoss drei Apparte- ments für die Herrschaft sowie im Dachgeschoss zwei Stuben mit dazugehörigen Kam- mern. Die kurfürstliche Küche und die Hofstube befanden sich in einem zweiten Haus da- hinter. Von einem unmittelbar an den Pferdestall angrenzenden kleinen Haus ist bezeugt,

in das Herzogtum Preußen reist (Acta Brandenburgica, 1930, Bd. IV, Nr. 2327, Protokoll Reichard Beyers vom 11.7.-24.9.1608, S. 1 f.). – Es handelte sich um die letzte Begegnung vor dem Ableben des Kurfürsten. 540 Zur ikonographischen Bedeutung des Kamins als Zeichen fürstlicher Opulenz vgl. Druffner, Frank: Vom Brennpunkt zum Blickfang: Kamin und Ofen im Schlossbau, in: Hahn, Peter-Michael/Schütte, Ulrich (Hg.): Zeichen und Raum. Ausstattung und höfi sches Zeremoniell in den deutschen Schlös- sern der Frühen Neuzeit (= Rudolstädter Forschungen zur Residenzkultur, Bd. 3), Berlin 2006, S. 253 – 264, bes. 255. 541 Vgl. Dohna, Siegmar Graf zu: Kurfürstliche Schlösser in der Mark Brandenburg, Theil 1: Grune- wald. Oranienburg. Schönhausen, S. 32 ff. 542 Zur Jegersburg vgl. Nießen, Paul van: Geschichte der Stadt Woldenberg i. N. Mit Unterstützung des Vereins für die Geschichte der Neumark und der Stadt Woldenberg, Stettin 1893, S. 93 f.; Schulze, Berthold: Neue Siedlungen in Brandenburg 1500 – 1800. Beiband zur Brandenburgischen Sied- lungskarte 1500 – 1800, Berlin 1939, S. 41; ders.: Statistik der brandenburgischen Ämter und Städte 1540 – 1800. Beiband zur Brandenburgischen Ämterkarte, Berlin 1935, S. 97; Berg, Karl: Arns- walde im 16. Jahrhundert, in: Schriften des Vereins für Geschichte der Neumark, Landsberg a. W. 1902, Heft 13, S. 102. 128 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert dass sich „darin die Kanzlei Logement“543 befand. Auch im Falle der Jegersburg scheint sein Erbauer auf jedweden statusfördernden Splendor verzichtet zu haben. Die Unter- bringung der Speisekammer in einem „klein Häuselein mit zween Thüren“ sowie das Logement des Hofmarschalls in einer Stube samt Kammer im Torhaus legen dies nahe. Nüchternheit, Praktikabilität und Ökonomie waren nach Maßgabe der bescheidenen Mit- tel, die Brandenburg bot, die leitenden Gesichtspunkte beim Ausbau unter Johann Georg. Von Splendor und Magnifi zenz ist auch bei diesem Beispiel nirgends etwas zu spüren. Für diese Annahme spricht auch die Reisepraxis des Kurfürsten, die neben seinen waidmän- nischen Aktivitäten vor allem von landesherrlichem Verwaltungshandeln in dieser weitab seines Herrschaftsmittelpunkts liegenden brandenburgischen Teillandschaft zeugt. Wie anders lässt sich seine fast zweimonatige Abwesenheit von Cölln-Berlin interpretieren?544

III. Die Ausstrahlung des kurfürstlichen Hofes auf die Adelssitze in der Mark

Das symbolhafte Ringen der Hohenzollern um dynastisch-politische Bedeutsamkeit kon- zentrierte sich nachgewiesenermaßen primär auf die brandenburgische Residenzstadt. Mit dem Bau seines Renaissanceschlosses schuf Joachim sich dort ein Zentrum, welches sei- nen Anspruch auf landesherrliche Geltung der höfi schen Öffentlichkeit ebenso bildhaft wie nachdrücklich verkünden sollte. Es verwundert jedoch, dass seitens des regieren- den Hauses kaum nennenswerte Anstrengungen unternommen wurden, die Inszenierung symbolischer Macht und Repräsentation über die Residenzstadt hinaus auf die kurfürst- lichen Bauten im Lande auszudehnen. Jagdhäuser und Landesfestungen dienten zwar als Orte hoheitlichen und repräsentativen Handelns. Zugleich bildeten sie in den Zeiten der Abwesenheit des Herrschers von seiner Residenzstadt dessen alltäglichen Lebensraum. Familienfeste und vor allem Geburtstage von Mitgliedern der Hohenzollerndynastie

543 Für die Jegersburg nachweisbar sind zwei Urkunden: Riedel, CDB, A XVIII, 58 (26. August 1576); Riedel, CDB, A XVIII, 59 (18. August 1594); in den Acta Brandenburgica nur 6mal, und zwar im Sept. und Nov. 1605: Bd. 1, Nr. 494 – 497, 570, 575. – Zur Kanzleitätigkeit vgl. ferner daselbst Berg, Karl: Arnswalde im 16. Jahrhundert, S. 102. 544 Den Itineraren, wie sie uns seit der Jahreswende von 1583 auf 1584 in Form der kurfürstlichen Jagdregister vorliegen, sind etwa für das Jahr 1584 folgende Aufenthalte auf der Jegersburg und anderen neumärkischen Orten zu entnehmen: für den 31. Juli: Gegend um das Kloster Chorin (dies- seits der Oder); 4. August: Jagdhaus Karzig (nördlich von Landsberg an der Warthe); 5. August: Zisterzienserkloster Marienwalde; 11./13. August: Jegersburg; 14. August: Driesen an der Netze (dem Ort der späteren Landesfestung!); 18.–21. August: Wormsfelde; 23.–26. August: „Kulen- burg“ (vermutlich das Jagdhaus auf dem sog. „Kühlen Morgen“ im Amt Himmelstädt); 27. Au- gust–12. September: Karzig; 14.–18. September: „Kulenburg“; 19.–22. September: Mückeburg (im Amt Karzig); 23. September: Karzig; 24. September: Neumühl (in der westlichen Neumark); 25. September: Küstrin; 27. September: Rückkehr nach Cölln-Berlin. Vgl. hierzu GStA PK, I.HA Rep. 36 Nr. 2310 f.; ferner fi ndet sich eine aus dem 19. Jahrhundert stammende Zusammenstellung der Aufenthaltsorte aus besagten Jagdregistern im GStA PK, BPH Rep. 31 C2. Vgl. darüber hinaus zu den kurfürstlichen Jagdbuden in der Neumark Kaplick, Otto: Das Amt Himmelstädt im 16. Jahr- hundert, S. 41 – 59, 65 – 100, bes. S. 57. III. Die Ausstrahlung des kurfürstlichen Hofes auf die Adelssitze in der Mark 129

wurden hier gefeiert, waren sicherlich auch Teil eines wohlkalkulierten Systems höfi - scher Selbstinszenierung mit dem Ziel territorialherrschaftlicher Durchdringung. Aber anders als etwa beim wettinischen Nachbarn im Süden, den bayrischen Wittelsbachern oder anderen führenden Dynastien im Alten Reich führte dies in der Mark nicht zu einem systematischen, baukünstlerisch aufwendigen und anspruchsvollen Ausbau dieser Bauten zu einer breit angelegten Residenzenlandschaft. Im Umkehrschluss drängt sich von daher die Frage auf, wie es denn angesichts dieser Tatsache um Wirksamkeit und Reichweite der hohenzollernschen Hofkultur in der brandenburgischen Landschaft und hier unter den mächtigen schlossgesessenen Adelsfamilien bestellt war. Aufschlussreich zur Beantwortung dieser Frage ist ein Blick auf die märkischen Adelssitze und auf die mit ihrem Bau verbundenen Intentionen ihrer Erbauer. Ebenso wie die landesfürstliche Obrigkeit danach trachtete, mit dem Bau kurfürstli- cher Amts- und Wohnsitze ihren Machtanspruch an der Herrschaft über Land und Leute bildhaft zum Ausdruck zu bringen, verfolgten auch die ständischen Gewalten das Ziel, durch symbolische Repräsentation ihre Herrschaft über ihre Hintersassen gleichsam in Stein zu visualisieren545. Die Motive dafür sind vielschichtig. Erstens ging es den land- ständischen Zwischengewalten im Kampf mit ihrem Territorialherrn um die Ausgestal- tung der verfassungsrechtlichen Ordnung des Fürstenstaates. Sie trachteten danach, ihre Partizipation an der Herrschaft über Land und Leute zu sichern546. Zweitens empfanden sie den Legitimationsdruck ihrer Standesgenossen547, dem sie mit dem Mittel der Visu- alisierung ihrer hoheitlichen Stellung im ländlichen Raum begegneten und so ihre stän- dische Position zugleich sicherten und möglicherweise ausbauten. Zuletzt erkannte der

545 Vgl. dazu allgemein: Müther, Hans: Baukunst in Brandenburg bis zum beginnenden 19. Jahrhun- dert, Dresden 1955; Baukunst in Brandenburg, hrsg. v. d. Landesregierung Brandenburg, Köln 1992; Helmigk, Hans Joachim: Herrenhäuser aus alter Zeit, Berlin 1929; Engel, Hans-Ulrich: Schlösser und Herrensitze in Brandenburg und Berlin, Frankfurt/Main 1959; Fidicin, Ernst: Die Territorien der Mark Brandenburg oder Geschichte der einzelnen Kreise, Städte, Rittergüter, Stif- tungen und Dörfer in derselben, 4 Bde., Berlin 1857 – 64; Piltz, Georg: Schlösser und Gärten in der Mark Brandenburg, Leipzig 1987; Wipprecht, Ernst: Herrenhäuser und Landschlösser im Land Brandenburg, in: Brandenburgische Denkmalpfl ege 1.1992, Heft 2, S. 5 – 32; Foelsch, Torsten: Adel, Schlösser und Herrenhäuser in der Prignitz. Ein Beitrag zur Kunst- und Kulturgeschichte einer märkischen Landschaft, Perleberg 1997; Enders, Lieselott: Burgen, Schlösser, Gutsgebäude, S. 31 – 61; Badstübner, Ernst: Schlösser der Renaissance in der Mark Brandenburg, Berlin 1995; Andreae, Almut/Geiseler, Udo (Hg.): Die Herrenhäuser des Havellandes. Eine Dokumentation ih- rer Geschichte bis in die Gegenwart, Berlin 2001. 546 Vgl. Haß, Martin: Die kurmärkischen Stände im letzten Drittel des sechzehnten Jahrhunderts, Mün- chen-Leipzig 1913; Schotte, Walther: Fürstentum und Stände in der Mark Brandenburg unter der Regierung Joachims I. (= Veröffentlichungen des Vereins für Geschichte der Mark Brandenburg), Leipzig 1911; Hallmann, Hans: Die kurmärkischen Stände zur Zeit Joachims II., in: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte 49 (1937), S. 22 – 38; Landmesser, Bernhard: Die Stände der Kurmark Brandenburg unter Joachim II. [Phil. Diss. Kiel], Borna-Leipzig 1929. 547 Zur Binnenstruktur der brandenburgischen Stände: Mülverstedt, George Adalbert von: Die ältere Verfassung der Landstände in der Mark Brandenburg, S. 9 – 44. 130 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Landadel das Erfordernis, seine lokale Gewalt und Hoheit gegenüber den eigenen Unter- tanen in Szene zu setzen548. Die Strategien solcher Inszenierung symbolischer Macht waren den Adligen in ganz Europa bestens bekannt. An allen europäischen Höfen von Rang und Bedeutung streb- ten die Monarchien danach, die Magnifi zenz ihrer Häuser und Herrschaft für jedermann sichtbar zur Schau zu stellen. Das brandenburgische Kurfürstentum machte von dieser Regel keine Ausnahme. Die märkische Ritterschaft folgte ihr in diesem Bestreben549. Im Medium des Herrenhauses fand diese Inszenierung ihre symbolische Form, um sich in sozialer und machtpolitischer Hinsicht zu defi nieren und dadurch von ihren Untertanen ebenso wie von ihren Standesgenossen abzugrenzen. Dass es sich bei diesen ritterschaftlichen Herrensitzen vielfach um relativ schlichte und bescheidene Bauten handelte, widerspricht diesem Verlangen nach lokaler Magnifi - zenz keineswegs. Der vergleichsweise hohe symbolische Wert solch einfacher Steinbau- ten erklärt sich aufgrund der immens hohen Materialkosten für Feld- und Ziegelsteine, die aufzubringen nur einem sehr kleinen Kreis der märkischen Ritterschaft vergönnt war550. Bei der weitaus größeren Mehrzahl der adligen Wohnhöfe handelte es sich um einfache Fachwerkbauten551. Um so mehr eignete sich diese Form symbolischer Repräsentation vor allem für die wenigen begüterten Adelsfamilien, ihren ritterschaftlichen Status weithin sichtbar anzu- zeigen. Das massive Mauerwerk, über das die wenigen repräsentativen Adelssitze in Land

548 Vgl. dazu Großmann, Friedrich: Über die gutsherrlich-bäuerlichen Rechtsverhältnisse in der Mark Brandenburg vom 16. bis 18. Jahrhundert (= Staats- und socialwissenschaftliche Forschungen, Heft 40), Leipzig 1890; speziell zur adligen Herrschaftspraxis im altmärkisch-magdeburgischen Raum vgl. Hahn, Peter-Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, Berlin-New York 1989; ein Beispiel für den neumärkischen Raum bei Cramer, Helga: Die Herren von Wedel im Lande über der Oder. Besitz und Herrschaftsbildung bis 1402, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 18 (1969), S. 63 – 129. 549 Zum märkischen Adel vgl. Geiseler, Udo: „... uf schlechte erden von holtze und leyme“ – Zur Le- benswelt des brandenburgischen Adels an der Schwelle zur Frühen Neuzeit, in: Heimann, Heinz- Dieter (Hg.): Adelige Welt und familiäre Beziehung, Potsdam 2000, S. 141 – 155; Heinrich, Gerd: Der Adel in Brandenburg-Preußen, in: Rössler, Hellmuth (Hg.): Deutscher Adel 1555 – 1740. Bü- dinger Vorträge 1964 (= Schriften zur Problematik der deutschen Führungsschichten in der Neuzeit, Bd. 2), Darmstadt 1965, S. 259 – 314; ders.: Nordostdeutscher Adel im Übergang vom Spätmittelal- ter zur Frühen Neuzeit, in: Henning, Eckart/Vogel, Werner (Hg.): Festschrift der Landesgeschicht- lichen Vereinigung für die Mark Brandenburg zu ihrem hundertjährigen Bestehen, Berlin 1984, S. 104 – 125; Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion des brandenburgischen Adels im 16. Jahr- hundert (= Historische und pädagogische Studien, Bd. 9), Berlin 1979. 550 Die Mehrzahl der Adelssitze verfügte lediglich über eingeschossige Wohnhöfe, welche sich allein in Größe und Umfang ihrer Wirtschaftsgebäude von denen ihrer Bauern und Kossäten unterschie- den haben. Vgl. dazu Hahn, Peter-Michael/Lorenz, Hellmut: Herrenhäuser in Brandenburg und der Niederlausitz, Bd. 1, S. 50. 551 Vgl. dazu Enders, Lieselott: Burgen, Schlösser, Gutsgebäude, S. 46. Zum baulichen Zustand in der Mark Brandenburg allgemein vgl. den sehr anschaulichen Reisebericht von 1561 des Bologneser Advokaten Fulgentius Ruggieri, in: Wichmann-Jahrbuch des Diözesangeschichtsvereins im Bistum Berlin Heft 4 – 6 (1933), S. 62 – 79, hier S. 71: „Es [Treuenbrietzen; A.B.] ist eine ummauerte feste Stadt des Kurfürsten [Joachim II.; A.B.] von mäßiger Ausdehnung mit häßlichen Häusern, meist aus Lehm.“ III. Die Ausstrahlung des kurfürstlichen Hofes auf die Adelssitze in der Mark 131 und Stadt verfügten, die hochragenden Ziergiebel sowie die steinernen Treppentürme, die dieser von der Renaissance bestimmten „Herrschaftsarchitektur“ ebenfalls konstitutiv waren, galten als statusbildend. Zu den Mitteln, über die sich der Zeichenwert der ritter- schaftlichen Herrensitze bestimmte, zählten ferner Wohnhöfe umschließende Mauern und Wassergräben sowie Zugbrücken und meist kleinere Türme. Zwerchhäuser schmückten die Dächer der zunehmend zweigeschossigen Wohnhäuser. Stil- und statusbildend auf die ritterschaftliche Schlossarchitektur scheinen auch in be- grenztem Umfang die kurfürstlichen Bauten gewirkt zu haben. Eine ganze Reihe von Her- rensitzen in der Mark, deren Aussehen uns dank ihrer Abbildungen in Matthäus Merians „Topographia Electoratus Brandenburgici“552 in ihrem Renaissancezustand bekannt sind, weisen dekorative und kompositorische Parallelen zum Spreeschloss, aber auch zu den Jagdschlössern Grunewald und Köpenick auf. Zu diesen Herrensitzen zählten unter ande- rem Stolpe an der Oder und Boitzenburg (Abbildung 13). Reminiszenzen und Ähnlich- keiten, insbesondere hinsichtlich des Berliner Stadtschlosses, fi nden sich auch beim Bau des Festen Hauses in Badingen553, bei Schloss Lichterfelde554, in der ursprünglich mark- gräfl ichen Burg in Schwedt an der Oder555 oder beim Demerthiner Renaissanceschloss der Familie von Klitzing (Abbildung 14). Letzteres, in qualitativer Hinsicht weit über die Norm der sonst in der Mark üblichen Herrenhausarchitektur hinausweisend, ähnelt in seiner betont schlicht gehaltenen, asym- metrischen Fassadengestaltung dem Quergebäude des Berliner Schlosses556. Für eine be- wusste bauliche Rezeption sprechen darüber hinaus nicht nur die etwa zur selben Zeit durchgeführten Baumaßnahmen hier wie dort. Ferner vermutet die kunsthistorische For-

552 Zeiller, Martin/Merian, Matthias: Topographia Electoratus Brandenburgici ... das ist Beschreibung der Vornembsten und bekanntesten Stätte und Plätz in dem hochlöblichsten Churfürstenthum und Mark Brandenburg ... in Druck gegeben und verleget durch Matthäi Merian Seel: Erben. Frankfurt am Main 1652. 553 Vgl. u.a. Beeskow, Angela: Badingen (= Schlösser und Gärten der Mark, hrsg. vom Freundeskreis Schlösser und Gärten der Mark in der Deutschen Gesellschaft), Berlin o.J. (1993); Badstübner, Ernst: Schlösser der Renaissance in der Mark Brandenburg, S. 34; Hahn, Peter-Michael/Lorenz, Hellmut (Hg.): Herrenhäuser in Brandenburg und der Niederlausitz, Bd. 1, S. 45, 57, 59. 554 Vgl. u.a. Helmigk, Hans Joachim: Märkische Herrenhäuser aus alter Zeit, S. 23 f.; Badstübner, Ernst: Schlösser der Renaissance in der Mark Brandenburg, S. 36 f.; Fidicin, Ernst: Die Territorien der Mark Brandenburg, Bd. 2, T. 2, S. 46. 555 Vgl. Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg, Bd. III, 3: Angermünde, Berlin 1934, S. 221 sowie die Abbildung in Zeiller, Martin: Topographia Electoratus Brandenburgici, Tafel 9, Blatt vor S. 93; Badstübner, Ernst: Schlösser der Renaissance in der Mark Brandenburg, S. 41 f.; Böer, Lud- wig: Das ehemalige Schloß Schwedt/Oder und seine Umgebung, in: Jahrbuch des Kreises Anger- münde, Bd. 4, 1979. 556 Vgl. Hahn, Peter-Michael/Lorenz, Hellmut (Hg.): Herrenhäuser in Brandenburg und der Niederlau- sitz, Bd. 2: Katalog, S. 100 – 104; Badstübner, Ernst: Schlösser der Renaissance in der Mark Bran- denburg, S. 39 f.; Loddenkemper, Monika: Das Renaissanceschloß in Demerthin – Zur kunsthisto- rischen Einordnung des Außenbaus, in: Hahn, Peter-Michael/Lorenz, Hellmuth (Hg.): Formen der Visualisierung von Herrschaft, Potsdam 1998, S. 117 – 137; Badstübner-Gröger, Sibylle: Schlösser und Gärten der Mark: Demerthin, Berlin 1991. 132 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert schung mit durchaus gewichtigen Argumenten für beide Gebäude einen gemeinsamen Baumeister – die Gebrüder Franz und Peter Niuron557. Auffällig in dieser Hinsicht ist auch der Herrensitz der Familie von Buch in Stolpe an der Oder. In seiner zeichenhaften Bedeutung dem kurfürstlichen Renaissanceschloss weitgehend angeglichen, verfügte er, zwischen 1545 und 1553 von Valtin von Buch er- baut, über ein nach Süden und Norden durch Voluten- bzw. Lünettengiebel eingerahmtes steiles Satteldach. Blendmaßwerk und kleine Vorhangbogenfenster gliederten die Giebel und Hauptgiebel symmetrisch. Gemeinsam mit den Zwerchhäusern gaben sie dem hohen, annähernd quadratischen Bau eine baukünstlerische Note, die ebenfalls über den Charak- ter eines einfachen Herrenhauses hinauswies558. Aus der Ansicht Merians von 1652 tritt uns die Schlossanlage von Boitzenburg in ih- rer Renaissancegestalt entgegen559 (Abbildung 13). Die große Schlossanlage der Familie von Arnim bestand aus einem Ober- und einem Unterhaus. Beide dienten den Brüdern Kurt und Bernd als voneinander unabhängige Wohnkomplexe. Bei dem noch heute erhal- tenen Oberhaus, von deren Vater Hans um die Mitte des 16. Jahrhunderts errichtet, han- delte es sich um einen zweigeschossigen Rechteckbau mit symmetrisch angeordneten Zwerchhäusern. Deren Pilastergliederung sowie der hofseitig gelegene polygonale Trep- penturm erwiesen sich als typische Merkmale höfi scher Architektur. Vom Verlangen nach Glanz und Würde seiner adligen Besitzer kündet eine Quelle aus dem Jahre 1651: „Das Schloss, Oberhaus genannt, ist über Grund gemauert, in structura ganz gut, mit doppeltem guten Dach und hohem Wendelstein, hat 10 große und kleine Gemächer nebst ihren Kam- mern, davon 7 mit Fenstern, Türen und Oefen fertig, hat einen großen gewölbten Keller unter dem gantzen Haus, ist bis unters Dach drei Gemach hoch.“560 Über die charakteristischen Merkmale eines Renaissanceschlosses verfügte auch das so genannte Unterhaus. Mit seinen Giebeln und einem zur Hofseite hin erbauten hohen Turm kündete es für jeden Besucher, der mit der höfi schen Ikonographietradition ver-

557 Vgl. Loddenkemper, Monika: Das Renaissanceschloß in Demerthin, S. 128 f. – Zu ihnen: Michael, Oda: Die Werkmeisterfamilie Bernhard, Peter und Franz Niuron – ihr Wirken in Schlesien, Anhalt und Brandenburg im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert im Spiegel historischer Quellen [Elek- tronische Ressource], phil. Diss. Halle 2006. 558 Badstübner, Ernst: a.a.O., S. 36. Zu Stolpe/Oder ferner: Hahn, Peter-Michael/Lorenz, Hellmut (Hg.): Herrenhäuser in Brandenburg und der Niederlausitz, Bd. 2, S. 572 – 576; Die Kunstdenkmä- ler der Provinz Brandenburg, Bd. III, 3: Angermünde, S. 377 ff.; Helmigk, Hans Joachim: Märki- sche Herrenhäuser aus alter Zeit, S. 17. 559 Zu Boitzenburg: Beeskow, Angela/Heydebrand, Detlev von: Boitzenburg, Schlösser und Gärten der Mark, Berlin o.J.; Fritsch, K.E.O.: Ein märkischer Rittersitz, in: Deutsche Bauzeitung 24 (1890), S. 577 ff., 585 ff., 590 ff.; Jerchel, H./Eichholz, P. (Bearb.): Die Kunstdenkmäler des Kreises Templin (= Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg, Bd. 3.2), Templin 1937, S. 60 – 69; Kirchner, E.D.M.: Das Schloß Boytzenburg und seine Besitzer, Berlin 1860; Schmidt, Rudolf: Schloß Boitzenburg bis zum Jahre 1800. Interessantes aus seiner Baugeschichte, in: Templi- ner Kreiskalender 6 (1933), S. 66 – 71; Heinrich, Gerd (Hg.): Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 10: Berlin und Brandenburg, S. 132 f.; Fidicin, Ernst: Die Territorien der Mark Brandenburg, Bd. 4, S. 249 ff. 560 Zitiert nach Hahn, Peter-Michael/Lorenz, Hellmuth (Hg.): Herrenhäuser in Brandenburg und der Niederlausitz, Bd. 2, S. 46 – 53. III. Die Ausstrahlung des kurfürstlichen Hofes auf die Adelssitze in der Mark 133 traut war, vom Wunsch nach ritterschaftlichem Glanz. Auch die kostbare Ausstattung zeugte unmissverständlich vom hohen Status seines Besitzers. Dem „Boytzenburgischen Inventar“ von 1587 zufolge561 nannte die Familie von Arnim kostbare Waffen, prächtige Rüstungen, eine Bibliothek, eine Hofstube mit etlichen Hirschgeweihen, „4 gemahlete Historien in ramen gefaßett“, eine vor allem mit biblischen Motiven „gemahlete Stuebe“, eine „Schreyberey“ u.v.m. ihr Eigen. Zu den Prunkstücken des Schlossherrn, die allein der adlige Standesgenosse der uckermärkischen Familie zu Gesicht bekommen haben wird, gehörten laut Inventar eine vier Pfund schwere goldene Kette sowie ein großer ver- goldeter Prunkbecher. Es handelte sich um zwei Geschenke des sächsischen Kurfürsten, die von den ausgezeichneten Beziehungen ihres Besitzers zum Dresdener Hof augen- scheinlich kündeten. Von zahlreichem Silbergeschirr ist etwa im Nachlass des Curt von Arnim zu Boitzenburg die Rede. An Waffen und Rüstzeug listet diese für die Bemessung des gesellschaftlichen Status’ dieser führenden uckermärkischen Familie wichtige Quelle 15 Harnische und 12 Sturmhauben auf, hinzu kommen 4 mit Silber eingelegte Schwerter und Rappiere562. Ähnliches galt für Hans von Buch d. J. (gest. 1610). Ungeachtet des vor- wiegend aus Zinn gefertigten Hausgeräts563 besaß die Familie eine große Anzahl an Gold- und Silbergefäßen. Allein 96 Lot wog ein im Besitz dieses Adligen befi ndlicher goldener Becher564. Zu seinem Eigentum zählte ferner ein Seidenmantel mit Marderfutter, 2 Paar Tuchhosen aus Meißen für den täglichen Gebrauch, 13 Samthosen für festliche Anlässe, seidene Strümpfe in allen Farben sowie mit Perlschnüren und Reiherfedern verzierte Hüte. Seine Rüstkammer enthielt 3 Speere, 1 Streithammer, 7 lange Büchsen, 6 Schwer- ter, darunter ein mit Silber beschlagenes, sowie 4 komplette Rüstungen565. Eine gewisse Nähe zum Berliner Schloss wiesen die Adelssitze in Badingen, Lich- terfelde und Schwedt auf. Über die charakteristischen Attribute eines Renaissancebaus verfügend, fühlt sich Badstübner bei der Betrachtung der durch Lisenen und Gesimse gegliederten und die Schrägen mit Voluten besetzten Giebelfl ächen „durchaus an das Hofapothekengebäude in Berlin von 1585 (...) erinnert“566. Der Sparrsche Herrensitz zu Lichterfelde, erbaut in den Jahren 1565 bis 1567, ist gleich in doppelter Hinsicht für die Beantwortung unserer Frage nach der Ausstrahlungskraft des kurfürstlichen Hofes auf die märkischen Adelssitze aufschlussreich. Zum einen vermutet man den venezianischen Baumeister Francesco Chiaramella hinter diesem Bau, also jenen Mann, der vor Rochus Graf zu Lynar mit dem Ausbau der Festung Spandau vom Kurfürsten beauftragt war567.

561 Vgl. BLHA Potsdam, Pr.Br.Rep. 37 Boitzenburg Nr. 47. 562 Vgl. Arnim-Criewen, G. von: Beiträge zur Geschichte des v. Arnimschen Geschlechtes, Berlin 1883, S. 227. 563 Das Küchengeschirr war normalerweise aus Ton hergestellt. Vgl. zur märkischen Wohnkultur im 16. Jahrhundert: Stengel, Walter: Alte Wohnkultur in Berlin und in der Mark, Berlin 1958, S. 12 f., 67 f., 71. 564 1 Lot entspricht 14,61 Gramm. 565 Vgl. Schmidt, R.: Geschichte des Geschlechts v. Buch, T. 1, Eberswalde 1939, S. 96. 566 Badstübner, Ernst: a.a.O., S. 34 f. 567 Vgl. Heinrich, Gerd (Hg.): Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 10: Berlin und Brandenburg, S. 260; ferner Mohrmann, Wolf-Dieter: Der „welsche pawmeister“ Chiaramella, S. 16; ferner den Nachtrag im Braunschweigischen Jahrbuch 58 (1977), S. 127 – 128. 134 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Zum anderen fühlt man sich an das Quergebäude des Spreeschlosses mit seiner Abortan- lage erinnert568. Gleiches fi ndet sich bereits auf Schloss Lichterfelde, das Theodor Fon- tane in seinen berühmten „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ folgendermaßen beschreibt: „Sie werden hier eine der sonderbarsten Bauschöpfungen alter und neuer Zeit kennenlernen. Das Schloß hat weder Treppe noch Küche und besteht ausschließlich aus zwölf Zimmern und zwölf Klosetts.“569 Für das Quitzowschloss Kletzke in der Prignitz gilt ähnliches570: Nicht nur liegt hier ein weiteres anschauliches Beispiel für das bewusste Nebeneinander von Altem und Neuem vor, wie wir es in so vielen adligen und fürstlichen Schlössern des Alten Reichs in diesem Zeitraum fi nden571. Darüber hinaus spielt Schloss Kletzke mit Bausymbolen, die uns bereits am Spreeschloss und seinen sächsischen Vorbildern zu Meißen, Wittenberg und Torgau begegnet sind. Wie in diesen achtete sein adliger Erbauer auf die Einrichtung eines separaten Raumes unter der schiefergedeckten Turmspitze. Seine Funktion als eine Art „Lug ins Land“, mit der die adlige Herrschaft über Land und Leute zur Anschauung gebracht werden sollte, lässt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit als eine bewusste Rezep- tion der fürstlichen Geste in adligem Gewande deuten. Auf dieser Rezeptionslinie liegt auch der an einer Stube der sogenannten „Alten Burg“, steinernes Symbol der Altehr- würdigkeit seines Geschlechts, angebaute Altan samt Balustrade aus gedrehten hölzer- nen „stiepern“. Auf die zahlreichen Altanbauten des Cöllner Hofl agers bedarf es keines Hinweises. Wie die Vorstellungen des Kurfürsten von höfi scher Magnifi zenz, versinnbildlicht durch das Cöllner Residenzschloss, zumindest zum Teil im Lande Fuß fassten und archi- tektonisch rezipiert wurden, legt ein Blick auf das in Schwedt an der Oder um 1580 er- richtete Schloss der Grafen von Hohnstein zu Schwedt und Vierraden nahe572. Nicht als

568 In diesem Sinne auch Badstübner, Ernst: a.a.O., S. 37. 569 Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Bd. 2, Das Oderland, Berlin und Weimar 1976, S. 514. 570 Vgl. Rudolf, R.: Die Quitzows aus dem Hause Quitzöbel/Kletzke, T. 2, in: Prignitzer Volksbücher, Bd. 76/7, o.J., S. 9 – 17. 571 Über das bauliche Nebeneinander von „Alter“ und „Neuer Burg“ vgl. u.a. Enders, Lieselott: Bur- gen, Schlösser, Gutsgebäude, S. 44 f.; Hahn, Peter-Michael: Herrenhäuser in Brandenburg und der Niederlausitz, Bd. 1, S. 39, 41, 47 f. 572 Vgl. Probst, F.P. von: Beiträge zur Geschichte und Statistik der Stadt und Herrschaft Schwedt, Schwedt 1824; Thomae, G.: Geschichte der Stadt und Herrschaft Schwedt, Berlin 1873, S. 130 ff.; Medem, F.L. von: Geschichte der Stadt Schwedt und des Schlosses Vierraden, in: Baltische Studien 4 (1837), S. 100 – 242, hier S. 154 f., 161, 170 f.; Westermann, E.: 700 Jahre Stadt und Herrschaft Schwedt, Schwedt 1936, S. 15,17; Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg, hier Bd. 3,3: Die Kunstdenkmäler des Kreises Angermünde, Heft 6: Stadt Schwedt, Stadt Vierraden, Amtsbezirke Herrschaft Schwedt u. Griewen, bearb. v. Paul Eichholz u. Otto Korn, Berlin 1931, S. 199 – 241; Geiseler, Udo: „Daß ich nicht allein sein Vater, sondern auch sein König und Herr sey.“ – Die Be- ziehungen der Markgrafen von Brandenburg-Schwedt zu den Hohenzollernkönigen im 18. Jahr- hundert, in: Hahn, Peter-Michael/Lorenz, Hellmut (Hg.): Pracht und Herrlichkeit. Adlig-fürstliche Lebensstile im 17. und 18. Jahrhundert (= Quellen und Studien zur Geschichte und Kultur Bran- denburg-Preußens und des Alten Reiches), Potsdam 1998, S. 45 – 93, hier S. 75 f. – Wie beschei- den, ja dürftig die Verhältnisse der Grafen von Hohnstein in der Herrschaft Schwedt im Vergleich zur kurfürstlichen Hofhaltung waren, belegen folgende Zahlen für das Jahr 1627. Damals lebten III. Die Ausstrahlung des kurfürstlichen Hofes auf die Adelssitze in der Mark 135

Herrschaftsbesitzer, „sondern vermöge ihrer persönlichen Dignität, ihres gräfl ichen (dy- nastischen) Standes und als Zweig eines Geschlechtes, das von jeher alle Prärogative des hohen Adels und eigene Landeshoheit besessen hatte“573, waren die Grafen von Hohn- stein zu Schwedt und Vierraden Mitglieder des märkischen Herrenstandes. Jener Rang drängte mithin gemäß den Vorstellungen der Zeit nach einem herausragenden und kost- baren Zeichen dynastischer Magnifi zenz. Im Bau eines mächtigen Renaissanceschlosses fand dieser Anspruch seinen bildhaften Niederschlag. Dementsprechend großzügig war der ursprünglich als eine klassische Vierfl ügelanlage574, die in ihrem Inneren einen Eh- renhof barg, gedachte Bau konzipiert. Selbst noch die wohl aus Kostengründen verwirk- lichte bescheidenere Zweifl ügelanlage beeindruckte in der in baukünstlerischer Hinsicht insgesamt recht trostlosen Oderlandschaft durch ihre giebelreichen Kopfbauten. Mit ih- ren die jeweiligen Ecken des Oderfl ügels bestimmenden Rundtürmen und den Treppen- türmen setzte die prachtvolle Anlage gezielt auf visuelle Überwältigung, insbesondere der auf dem Oderstrom Vorbeifahrenden. Dem Ankommenden zeichenhaft zugewandt war im Übrigen auch das stadtseitig errichtete Torhaus mit seiner bewusst reichen Bekrö- nung. Auch sie diente einzig dem Zweck bildhafter Überwältigung des Betrachters und zeugte mithin neben vielen anderen Zeichen vom Herrschaftsanspruch des adligen Herrn. Als steinernes Monument seines Ansehens, Einfl usses und Vermögens, das Curdt von Rohr in brandenburgischen Diensten erworben hatte575, ließ sich auch dieser mächtige prignitzische Landadlige 1556 ein stattliches Schloss in Freyenstein, an der Grenze zu Mecklenburg, errichten576 (Abbildung 15). Die von ihm geplante Anlage kündete vom eigenen Herrschaftsanspruch sowie dem seines Geschlechts über Land und Leute. Dar- auf zielte namentlich die giebelreiche Schaufront mit ihren über drei Geschosse sich hin- aufziehenden Erkern sowie der opulente Terracottaschmuck, beides übrigens heute noch am erhaltenen nordöstlichen Abschluss des Westfl ügels des sogenannten Alten Schlosses zu bewundern. Der zeitgenössischen Architektursprache huldigten auch sämtliche an-

dort 51 Brauer, 13 Bäcker, 13 Schuster, 14 Schneider, 10 Garnweber, 14 Krämer, 16 Ackerleute und 26 Kietzer. Die Anzahl der Häuser lag um 1610 bei 170. Im Verhältnis zum durchschnittlichen mär- kischen Adelssitz hob sich das Hohnsteiner Grafengeschlecht in Bezug auf Magnifi zenz und Würde jedoch signifi kant nach oben ab. 573 Mülverstedt, George Adalbert von: Die ältere Verfassung der Landstände in der Mark Brandenburg, S. 39. 574 Die Vierfl ügelanlage wurde um 1550 zum gängigen Leitbild auch bescheidenerer Bauvorhaben. Vgl. dazu Hoppe, Stephan: Die funktionale und räumliche Struktur, S. 29 f.; Czymmek, Götz: Das Aschaffenburger Schloß und Georg Ridinger. Ein Beitrag zur kurmainzischen Baukunst unter Kur- fürst Johann Schweickhardt von Cronberg, Diss. Phil. Köln 1978. 575 Zu seiner Person vgl. Hahn, Peter-Michael: Curdt Rohr – Ein brandenburgischer Ständepoli- tiker zwischen Fürstendienst und Familieninteresse, in: Der Herold 10, 25. Jg. (1982), H. 6/7, S. 143 – 150. 576 Zu Freyenstein: Enders, Lieselott: Das Renaissanceschloß Freyenstein und sein Architekt, in: Jahr- buch für brandenburgische Landesgeschichte 43 (1992), S. 56 – 67; Enders, Lieselott: Burgen, Schlösser, Gutsgebäude, S. 31- 59; Hahn, Peter-Michael/Lorenz, Hellmut (Hg.): Herrenhäuser in Brandenburg und der Niederlausitz, Bd. 2, S. 139 – 144; Hahr, A.: Die Architektenfamilie Pahr – Eine für die Renaissancekunst Schlesiens, Mecklenburgs und Schwedens bedeutende Künstlerfa- milie, Straßburg 1908. 136 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert deren Bauelemente in Freyenstein. Weder verzichtete sein adliger Erbauer im Zuge der aufwendigen und „modernen“ Umgestaltung des „Alten Schlosses“ auf die Bewahrung der zeittypischen, ikonographisch bedeutsamen Schlossmauer und Zugbrücke noch auf die Erhaltung der aus spätmittelalterlicher Zeit stammenden Turmarchitektur etwa an der Einfahrt zum Schlosshof. Selbstverständlich in der Bedeutung des Wortes geriet auch die Innenausstattung des Schlosses. Dem zeitgenössischen Erfordernis entsprechend fand sich eine große Zahl an Stubenappartements unterschiedlicher Größe, große und kleine Hofstuben, Kachelöfen und repräsentative Kamine und dergleichen mehr577. Von welch immens hoher Bedeutung für das Selbstverständnis des Landadels die Errichtung eines solchen Repräsentationsbaus gewesen sein muss, verrät uns auch die Bereitwilligkeit, mit der Curdt von Rohr weit über das wirtschaftlich Vertretbare hinaus zu der Möglichkeit der Darlehensfi nanzierung gegriffen hat, um sein Bauvorhaben überhaupt stemmen zu kön- nen578. Aus den Augen der Zeit erklärt sich ein derartiges Bauvorhaben gleich in mehrfa- cher Hinsicht. Zum einen manifestierte sich darin der Wille des adligen Bauherrn, im Me- dium dieser Architektur Macht und Wohlstand zu demonstrieren. Zum zweiten spiegelte sich in ihm das Gewicht der politischen Kräfte im Lande beziehungsweise genauer inner- halb der jeweiligen Landschaft, in der sich das adlige Schloss befand. Eine derart auf vi- suelle Überwältigung zielende Schlossarchitektur war räumlicher Orientierungspunkt und adlige Machtdemonstration zugleich. In der Weite des brandenburgischen Raums deckte es insofern die tatsächlichen lokalen wie regionalen Machtverhältnisse auf, als architekto- nisch Vergleichbares seitens der Landesherrschaft fehlte579. Drittens erwarb sein Bauherr kraft seiner Bautätigkeit unvergänglichen Ruhm mit Blick auf die Nachwelt580. Interessant ist das Beispiel Freyenstein allerdings noch in anderer Hinsicht. Obwohl es sich im Falle seines Bauherrn um einen einfl ussreichen und verdienten kurfürstlichen Amtsträger handelte, orientierte sich sein 1556 aufgeführter Schlossbau keineswegs am kurfürstlichen der brandenburgischen Haupt- und Residenzstadt. Sein kulturelles Gravi- tationszentrum lag vielmehr außerhalb der Mark. Freyensteins reicher dekorativer Fassa- denschmuck wie seine baulichen Vorbilder im allgemeinen weisen in den norddeutschen Raum. So stammt vermutlich der opulente Terracottaschmuck aus der Lübecker Werk-

577 Vgl. dazu das Inventar von 1677 in: BLHA, Pr. Br. Rep. 37 Freyenstein Nr. 172 – 174. 578 Das Bauvorhaben musste nicht nur aus akutem Geldmangel nach dem Tode Curdt von Rohrs einge- stellt werden, der Bauherr hinterließ seinen Erben darüber hinaus eine gewaltige Schuldenlast, von der sie sich nicht mehr erholten. Ähnlich gelagert ist das Beispiel des Statius von Münchhausen, der zum Zwecke des Ausbaus von Leitzkau ein Darlehen in der enormen Höhe von 12000 Talern aufnahm. Vgl. dazu Enders, Lieselott: Burgen, Schlösser, Gutsgebäude, S. 38; ferner dies.: Das Re- naissanceschloß Freyenstein und sein Architekt, S. 62 ff. 579 Die schlichten Jagdhäuser der Hohenzollern stellten keine erstzunehmende Konkurrenz in dieser Hinsicht dar. Vgl. dazu Kap. B,II,3 dieser Arbeit. 580 Davon zeugt auch die Anlage von Erbbegräbnissen, prächtigen Grabdenkmälern oder die Anbrin- gung von heraldischen Emblemen, Medaillons, Porträts, Grenzsteinen u.ä. Vgl. dazu Hahn, Peter- Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, S. 432, 436 f., 447; ferner Goralczyk, Peter: Die Familie von Quitzow – ein märkisches Adelsgeschlecht. Ihre Grabplastik in der Prignitz, in: Brandenburgische Denkmalpfl ege 2 (1993), H. 2, S. 30 – 38. III. Die Ausstrahlung des kurfürstlichen Hofes auf die Adelssitze in der Mark 137 statt des Statius van Düren581. Verwandte Bauelemente zeigen sich zudem zu den Renais- sanceschlössern der mecklenburgischen Herzöge in Güstrow, Gadebusch und Wismar582. Erklärbar wird dieser Umstand zunächst einmal mit Blick auf die vielfältigen familiären, wirtschaftlichen und politischen Beziehungen der Familie von Rohr zum mecklenburgi- schen Hof583. Zum anderen aber scheinen die zaghaften Bestrebungen der brandenburgi- schen Hohenzollern, ihrem Haus im Zeitalter der Renaissance sichtbaren Splendor und Magnifi zenz zu verleihen, mit zunehmender Distanz zum Residenzschloss ihrer Wirkung vollends verlustig gegangen zu sein584. Von einer baulichen Präsenz des Landesherrn auf dem platten Lande kann ungeachtet der verhältnismäßig wenigen und schlichten Jagdhäu- ser nicht gesprochen werden. Ein landesherrliches Bedürfnis, diese prestigekräftig archi- tektonisch oder baukünstlerisch aufzuwerten und damit ihrer Herrschaft auf dem platten Lande zu Ansehen zu verhelfen, ist in keinem einzigen Fall – wohl nicht zuletzt aus öko- nomischen Gründen – festzustellen. Im Wissen um diesen grundsätzlichen strukturellen Mangel ihrer Herrschaft konzentrierten die Hohenzollern ihre baulichen Aktivitäten des- halb primär auf die mittelmärkische Region und bauten diese in den folgenden gut 300 Jahren zu ihrem Residenzraum aus. Von der weitgehenden Folgenlosigkeit ihres kulturellen Bemühens in der Weite des brandenburgischen Flächenstaates zeugt auch der Ausbau einer Reihe mittelalterlicher Burgen im magdeburgisch-altmärkischen Raum. Dort wetteiferte der kleine Kreis der wohlhabenden schlossgesessenen Adelsgeschlechter darum, jene im Stile der Weserre- naissance zu modernisieren585. Ihren Blick richteten diese Familien auf die Fürstenhöfe in Halle, Wolfenbüttel, Celle oder Gifhorn, was sich schon daraus erklärt, dass sich viele ih- rer Angehörigen bevorzugt in die Dienste dieser fürstlichen Herren begaben und von dort ihre Ideen, Anregungen und Standards bezogen. So verliehen etwa Busso der Reiche und Joachim von Alvensleben um 1526 und nach 1556 ihrer Burg Erxleben, altehrwürdiger Stammsitz dieses mächtigen altmärkischen Adelsgeschlechts586, durch eine neue Fenster- anordnung ein gänzlich gewandeltes, regelmäßiges Aussehen. Von dem neu erwachten Repräsentationswillen seiner Besitzer zeugen auch die Dreigeschossigkeit des umgestal- teten Wohnbaus, die Errichtung zweier der Schaufassade vorgelagerten Treppentürme im Schlossinnenhof sowie die Aufwertung des langgestreckten Wohnbaus durch mehrere

581 Vgl. Dehio, Georg: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bezirke Berlin/DDR und Potsdam, bearb. von der Abteilung Forschung des Instituts für Denkmalpfl ege, Berlin 1983, S. 198. 582 Vgl. Enders, Lieselott: Das Renaissanceschloß Freyenstein und sein Architekt, S. 60. 583 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Curdt Rohr, S. 143. 584 Die gegenteilige Auffassung, allerdings ohne Angabe von näheren Gründen, vertritt Neugebauer, Wolfgang: Residenz-Verwaltung-Repräsentation, S. 19 f. 585 Vgl. dazu Kreft, Herbert/Soenke, Jürgen: Die Weserrenaissance, Hameln 1964, S. 11 ff.; ferner Kadatz, Hans-Joachim: Deutsche Renaissancebaukunst. Von der frühbürgerlichen Revolution bis zum Ausgang des Dreißigjährigen Krieges, Berlin 1983, S. 217 ff. 586 Zu Erxleben: Schwineköper, Berent (Hg.): Provinz Sachsen Anhalt, in: Handbuch der Histori- schen Stätten Deutschlands, Bd. 11, Stuttgart 1987, S. 114 – 116; Alvensleben, Udo von: Besuche vor dem Untergang, hrsg. von H. v. Koenigswald, Frankfurt-Berlin 1968, S. 182 ff.; Wäscher, Her- mann: Feudalburgen in den Bezirken Halle und Magdeburg, Berlin 1962, Textbd., S. 45 f., Bildbd. Nr. 43 – 49. 138 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert wohl geschmückte Zwerchhäuser. Dem Bildprogramm der Zeit gemäß, das gezielt Altes und Neues ästhetisch unverbunden nebeneinander stellte, kündeten vom Herrschaftsan- spruch dieser Familie der ca. 30 Meter hohe mächtige mittelalterliche Bergfried sowie der beinahe 50 Meter in die Höhe ragende Hausmannsturm gemeinsam mit dem unter ande- rem modernen Wohnbedürfnissen geschuldeten Umbau587. Vom gravierenden Einfl uss des sächsischen Raumes auf die märkische Adelskultur künden auch zwei weitere stattliche Schlossbauten, Leitzkau588 und Wolfsburg589. Zwar lagen diese Anlagen außerhalb des brandenburgischen Territoriums, zählten jedoch zu- mindest lehnrechtlich zur Mark. In ihnen verkörperte sich ein Typus des adligen Her- rensitzes, wie er östlich der Elbe sonst nirgends anzutreffen war. Selbstverständlich aus- gestattet mit den wesentlichen Elementen „moderner“ Schlossarchitektur, wie sie uns beispielsweise auch in Altmark, Prignitz oder Uckermark begegnen, zeichneten sich diese im Braunschweigischen respektive im Anhaltinischen gelegenen Adelsschlösser durch ihrer Materialität, ihre kostbare Verarbeitung und ihre hohe künstlerische Qualität und Originalität vor den Übrigen aus. Genau darin lag auch die auf Statusdifferenz zielende Grundintention ihrer Erbauer, die auf diese Weise ihre kulturelle Überlegenheit in doppel- ter Richtung signalisierten. Gegenüber ihren adligen Standesgenossen markierten sie zum einen ihre soziale Prävalenz. Mit Blick auf ihre im Spannungsfeld konkurrierender Höfe gelegenen Adelssitze, die stetig um Magnifi zenz und Einfl uss rangen, demonstrierten sie zum anderen ihre politische Unabhängigkeit. Dies gilt für die von Bartensleben und die von Münchhausen ebenso wie für alle übrigen märkischen Adelsgeschlechter.

IV. Sächsischer Einfl uss und sächsisches Anspruchsniveau

Die Mark Brandenburg galt schon unter ihren Zeitgenossen als ein Territorium ohne nen- nenswerte Traditionen. Sie galt als weithin rückständig. Dieser Umstand betraf beinahe alle wichtigen Felder des gesellschaftlichen Lebens.

587 Schloss Hundisburg stellt ein weiteres anschauliches Beispiel für den Wunsch eines altehrwürdigen Adelsgeschlechts nach Selbstdarstellung im Medium der Architektur dar. Das programmatische Ne- beneinander von modernisiertem Schlossbau und mittelalterlicher Rundburg fi ndet sich auch hier. Vgl. dazu Karg, Detlef: Zum Denkmalbestand in den Bezirken Magdeburg und Halle und zu Fragen der Rekonstruktion am Beispiel Hundisburg, in: Denkmale in Sachsen und Anhalt, erarbeitet am Institut für Denkmalpfl ege Halle, Weimar 1983; Hahn, Peter-Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, S. 410, 421 ff. 588 Zu Leitzkau und seinem Erbauer vgl. Müller, Ottomar: Das Schloß Leitzkau, in: GbllMagd. 11 (1876), S. 14 ff.; Borrmann, Eberhard: Kriegsdienst und Landwirtschaft: Hilmar v. Münchhausen (1512 – 1573); ein Landadliger des 16. Jahrhunderts, Potsdam 2000. 589 Zur Wolfsburg: Zahlten, Johannes: Schloß Wolfsburg – Ein Baudenkmal der Weserrenaissance, Braunschweig 1991; Schloß Wolfsburg – Geschichte und Kultur, hg. von der Stadt Wolfsburg, Wolfsburg 2002; Schultz, Hans Adolf: Burgen und Schlösser des Braunschweiger Landes, Braun- schweig 1980; Fimpel, Martin: Schloß Wolfsburg 1302 – 1945, in: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte 75 (2003), S. 127 – 159. IV. Sächsischer Einfl uss und sächsisches Anspruchsniveau 139

Ein Unbehagen angesichts der Überlegenheit der außermärkischen, insbesondere der süddeutschen Kultur, die die fränkischen Hohenzollern mit ihrem Herrschaftsantritt zu Beginn des 15. Jahrhunderts mit ins Land gebracht hatten, ist beinahe überall mit Hän- den zu greifen590. Es sollte sich nicht allein im 15. Jahrhundert, sondern noch weit darü- ber hinaus immer wieder erweisen, welche Anstrengungen die brandenburgischen Herr- scher aufwandten, um den eklatanten Mangel an dynastischer Tradition gegenüber den west-, süd- und mitteldeutschen Höfen zu kompensieren. Ihre gerade auch unter den bei- den Joachimen unternommenen Bemühungen um Aufwertung ihres Ansehens unter den Fürsten des Reiches müssen in diesem Kontext gesehen werden. Beim Verkehr der europäischen Fürsten und Monarchen untereinander spielten Rang- fragen und Standesangelegenheiten eine herausragende Rolle591. Joachim II. wurde ins- besondere in der älteren Literatur immer wieder seine Verschwendung und Prunksucht vorgeworfen592. Dieses persönliche Verhalten mochte zwar im Falle dieses Hohenzol- lern durchaus mitgespielt haben. Bei genauerem Hinsehen erweist es sich aber weit we- niger als Ausdruck individueller Eitelkeit als vielmehr als eine Angelegenheit von über- persönlicher Bedeutung. Macht und Machtansprüche artikulierten sich im Zeitalter der Renaissance in fürstlichen Titeln, Würden und in den vielfältigen Formen der Reprä- sentation593. Kostspielige Turniere, aufwendige Feuerwerke, prächtige (Schloss-)Bau- ten bildeten gleichsam deren zeremoniellen Code, an dessen Parametern sich für den Zeitgenossen Validität und Dignität der miteinander konkurrierenden Fürstenhäuser Alt- europas ablesen ließen. Vor allem für die zwischenstaatlichen Beziehungen galt diese

590 Vgl. Neugebauer, Wolfgang: Staatliche Einheit und politischer Regionalismus. Das Problem der In- tegration in der brandenburg-preußischen Geschichte bis zum Jahre 1740, in: Brauneder, Wilhelm (Hg.): Staatliche Vereinigung: Fördernde und hemmende Elemente in der deutschen Geschichte. Tagung der Vereinigung für Verfassungsgeschichte vom 13.3.-15.3.1995 (= Beihefte zu Der Staat, Heft 12), Berlin 1998, S. 49 – 87, hier S. 59 – 63; ders.: Die Kurmark und ihre Verwaltung vom 15. bis 18. Jahrhundert. Hauptlinien und Grundprobleme, in: Fünf Jahre Bundesland Brandenburg, Kol- loquium der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg e.V. und des Landtages Brandenburg am 28.10.1995 (= Schriften des Landtages Brandenburg, Heft 2/1996), Potsdam 1996, S. 29 – 51, bes. S. 30 f.; ders.: Residenz-Verwaltung-Repräsentation, S. 13 f.; Schapper, Gerhard: Die Hofordnung von 1470, S. 35 f. 591 Vgl. dazu Stollberg-Rilinger, Barbara: Die Wissenschaft der feinen Unterschiede. Das Präzedenz- recht und die europäischen Monarchen vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, in: Majestas 10 (2003), S. 131 ff.; dies.: Höfi sche Öffentlichkeit. Zur zeremoniellen Selbstdarstellung des brandenburgi- schen Hofes vor dem europäischen Publikum, in: FBPG, N.F. 7 (1997), S. 145 – 176. 592 Vgl. dazu Ewert, Ulf Christian/Hirschbiegel, Jan: Nur Verschwendung? Zur sozialen Funktion der demonstrativen Zurschaustellung höfi schen Güterverbrauchs, in: Paravicini, Werner (Hg.): Luxus und Integration. Materielle Hofkultur in Westeuropa vom 12. bis zum 18. Jahrhundert, Paderborn 2009. 593 Zur Rolle höfi scher Feste vgl. Watanbe-O’Kelly, Helen: Das Schloß als Festort in der frühen Neu- zeit, in: Unbehaun, Lutz (Hg.): Die Künste und das Schloß in der frühen Neuzeit (= Thüringer Landesmuseum Heidecksburg Rudolstadt), München u.a. 1998, S. 15 – 29; Hahn, Peter-Michael: Höfi sche Festkultur in den protestantischen Reichsterritorien während der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, in: Slavnosti a zábavy na dvorech a v rezidencních mestech raného novoveku (Opera historica 8), Jg. 2000, S. 55 – 77; ferner Beyme, Klaus von: Politische Ikonologie, in: Hipp, Hermann/Seidl, Ernst (Hg.): Architektur als politische Kultur, Berlin 1996, S. 19 – 34. 140 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Feststellung in besonderem Maße. Das Schielen der Hohenzollern vorzugsweise nach Sachsen, aber beispielsweise auch ins Magdeburgische, sei es im Falle des Stechbahn- fl ügels Joachims II., der Grablege oder auch des Hofapothekenbaus unter Johann Georg und Joachim Friedrich, erklärt sich vor diesem Hintergrund594. In jedem einzelnen Fall handelte es sich um Statussymbole von hoher symbolischer Wirksamkeit und politischer Aussagekraft, die für uns heutige Menschen nur schwer nachvollziehbar sind. Ein Blick auf Schloss und Schlossbezirk macht dies deutlich. Sie offenbaren nämlich das eminente Bedürfnis der Hohenzollern nach Prestige- und in der Folge Machtsteige- rung gegenüber den wesentlich älteren und mithin angeseheneren Geschlechtern, wie den Wettinern, Wittelsbachern oder gar den Habsburgern, die sich seit ca. 1440 als die füh- rende Dynastie im römisch-deutschen Reich etabliert hatten595. Im Gegensatz zu ihnen blickten die Hohenzollern – wie bereits ausführlich dargelegt – auf eine vergleichsweise junge Geschichte zurück596. Ihr Aufstieg zur brandenburgischen Kurfürstenwürde lag ge- rade einmal gut 100 Jahre zurück. Wie rückständig die Cöllner Residenz noch um die Wende vom 15. zum 16. Jahrhun- dert im Vergleich zu den bedeutenden Residenzen im Reich war, erhellt auch ein Blick auf die materielle Kultur der Berliner Residenz in dieser Zeit597. Die Hofversorgung er- folgte noch fast ausschließlich in Form der Naturalwirtschaft598. In diesem Zusammen- hang spielte die Einrichtung des Amtes Mühlenhof, dem die Dörfer des Berliner Umlan- des zugeordnet waren und das die gesamte Versorgung des Hofstaates zu leisten hatte, die zentrale Rolle599. Von einer Versorgung auf geldwirtschaftlicher Basis, wie beispielsweise am wettinischen oder habsburgischen Hof600, konnte noch lange keine Rede sein.

594 Zum Abhängigkeitsverhältnis zwischen Brandenburg und Sachsen noch immer grundlegend: Haake, Paul: Kursachsen oder Brandenburg-Preußen? Geschichte eines Wettstreits, Berlin 1939, bes. S. 116 – 124. 595 Vgl. Moeglin, Jean-Marie: Dynastisches Bewusstsein und Geschichtsschreibung, S. 593 – 635. 596 Zum dynastischen Bewusstsein insbesondere der fränkischen Hohenzollern vgl. Moeglin, Jean-Marie: a.a.O., S. 631 ff. 597 Vgl. Droege, Georg: Die fi nanziellen Grundlagen des Territorialstaates in West- und Ostdeutsch- land an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsge- schichte 53 (1966), S. 145 – 161, hier S. 156 – 159. 598 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 22 f.; Hintze, Otto: Hof- und Landesverwaltung in der Mark Brandenburg unter Joachim II., in: ders.: Regierung und Verwaltung. Gesammelte Abhandlun- gen zur Staats-, Rechts- und Sozialgeschichte Preußens, 2. durchges. Aufl ., hrsg. und eingel. von Gerhard Oestreich, Göttingen 1967, S. 204 – 254, bes. S. 206, 217 ff. 599 Grundlegend dazu Holtze, Friedrich: Das Amt Mühlenhof bis 1600, in: Schriften des Vereins für die Geschichte Berlins, Heft 30, Berlin 1893, S. 19 – 39; ferner Schapper, Gerhard: Die Hofordnung, S. 43 – 56, S. 273 – 279; vgl. auch Ahrens, Karl-Heinz: Residenz und Herrschaft, S. 188 – 193. 600 Vgl. Schirmer, Uwe: Kursächsische Staatsfi nanzen (1456 – 1656). Strukturen – Verfassung – Funkti- onseliten (= Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte, 28), Stuttgart 2006; ders.: Hof- haltung und Hofwirtschaft der Kurfürsten von Sachsen (1486 – 1547), in: Fouquet, Gerhard/Hirsch- biegel, Jan/Paravicini, Werner (Hg.): Hofwirtschaft, Ostfi ldern 2008, S. 257 ff. Ferner vgl. auch die Beiträge in: Edelmayer, Friedrich/Lanzinner, Maximilian/Rauscher, Peter (Hg.): Finanzen und Herrschaft. Materielle Grundlagen fürstlicher Politik in den habsburgischen Ländern und im Hei- ligen Römischen Reich im 16. Jahrhundert (= Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, 38), Wien 2003. IV. Sächsischer Einfl uss und sächsisches Anspruchsniveau 141

Auch in Fragen der Verwaltung und insbesondere der Rechnungsführung zeigte sich die kurbrandenburgische Unterlegenheit601. Die erwähnte Hofordnung von 1470 war ein Beispiel dafür, ging sie doch auf fränkische Initiative zurück602. Der von Albrecht Achill vom Ansbachischen Hof entsandte Ritter von Eyb und der Kanzler von Absberg wurden in die Mark geschickt, um die dortige desolate Finanzlage zu reformieren603. Die Verbes- serung der Rechnungsführung sowohl mit Kerbholz als auch in Buchform war das wohl bekannteste Beispiel für die fränkische Reformtätigkeit im Kurfürstentum604. Neben den ökonomisch äußerst knapp bemessenen Mitteln, die auf eine gewisse Dürftigkeit und Provinzialität der Berliner Hofhaltung im Vergleich zur Ansbacher hindeuten605, fällt auf, dass sich das Führungspersonal unter der Statthalterschaft Johann Ciceros aus Franken und nicht aus den märkischen Kurlanden rekrutierte606. Deutlich wird die Abhängigkeit sowohl in personeller als auch in materieller Hinsicht vom „Ausland“ auch am Beispiel des Berliner Schlossbaus607. Aus dem eigenen Lande konnte die gestiegene Nachfrage nach technischem wie personellem Know-how nicht be- friedigt werden. Selbst den für den Schlossbau notwendigen Sandstein bezogen die Ho- henzollern wohl gegen nicht unerhebliche Summen aus dem sächsischen Pirna608.

601 Vgl. Mersiowsky, Mark: Die Anfänge territorialer Rechnungslegung im deutschen Nordwesten. Spätmittelalterliche Rechnungen, Verwaltungspraxis, Hof und Territorium (= Residenzenfor- schung 9), Stuttgart 2000. 602 Vgl. Seyboth, Reinhard: Die landesherrlichen Residenzen, S. 567 – 597. 603 Vgl. den Bericht Ludwigs von Eyb und Georgs von Absberg von Ende Juli 1470 an Kurfürst Alb- recht in: Politische Correspondenz, 1, Nr. 75, S. 157 ff. sowie das Hofpersonalverzeichnis Markgraf Johanns in: Riedel, CDB, C II, Nr. 94, S. 126 ff.; ferner Schapper, Gerhard: Die Hofordnung, S. 35; Ahrens, Karl-Heinz: Residenz und Herrschaft, S. 171 – 203. 604 Werminghoff, Albert: Ludwig von Eyb, S. 140 – 144, 146 f.; siehe schon Kotelmann, Albert: Die Finanzen des Kurfürsten Albrecht Achilles, in: Zeitschrift für Preußische Geschichte und Landes- kunde 3 (1866), S. 283 – 309, hier S. 307; Schapper, Gerhard: Die Hofordnung, S. 46. 605 Vgl. Nolte, Cordula: Familie, Hof und Herrschaft, S. 162. 606 Vgl. Zwanziger, K.H.: Das fränkische Element in der Mark Brandenburg im 15. Jahrhundert, in: Archiv für Geschichte und Altertumskunde von Oberfranken 20/3 (1898), S. 65 – 95; Ahrens, Karl- Heinz: Residenz und Herrschaft, 1990, S. 65 f.; Seyboth, Reinhard: Die Hohenzollern in Franken und in Brandenburg an der Wende zur Neuzeit, in: Schmidt, R. (Hg.): Bayreuth und die Hohenzol- lern vom ausgehenden Mittelalter bis zum Ende des Alten Reiches, Göttingen 1992, S. 9 – 31; Nolte, Cordula: Familie, Hof und Herrschaft, S. 158 ff., 162 – 167. 607 Vgl. Haake, Paul: Kursachsen oder Brandenburg-Preußen, S. 119 f. 608 Im 14. Kapitel des „Hortus Berolinensis“ von Johann Sigismund Elsholtz heißt es hierzu: „Pirna Saxoniae oppidum superioris e lapidicinis suis ad nos triplex genus saxorum mittit, quorum primum caeteris durius, in lapides formatur molares: alterum ex arena crassiore compactum, in subsellia et bases caeditur: tertium subtiliore arena constat, et ad signa unice expetitur. Istius modi est, quod materiam quatuor sequentibus praebuit, quae a sculptore Batavo Petro Strengio A. M DC LV co- epta fuerunt, et fi nita.“ (Elsholtz, Johann Sigismund: Hortus Berolinensis. Der Berliner Lustgarten. Lateinisch/Deutsch. Liber primus/Erstes Buch, hrsg. u. übers. v. Thomas Fischbacher und Thomas Fink, Weimar 2010, Kap. XIV, S. 82 [195]). – Für wertvolle Hinweise und Informationen zur Liefe- rung von Bau- und Werksteinen aus den sächsischen Elbsandsteinbrüchen ins Kurmärkische danke ich ganz herzlich Herrn Dipl.-Geol. Dieter Kutschke. 142 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Zwar liegen konkrete Angaben über die speziellen Modalitäten der Steinlieferun- gen609, Umfang der elbabwärtigen Sandsteintransporte, die Art der gelieferten Steinwaren, deren genaue Herkunft und das genaue Ziel dieser Transporte nicht vor610. Es kann aber angenommen werden, dass bereits seit dem 14. Jahrhundert alle über die Elbe und mit ihr in Verbindung stehenden Wasserstraßen erreichbaren Orte und Städte mit Bausteinen und insbesondere auch mit Mühlsteinen beliefert worden sind – so auch die brandenburgische Markgrafschaft. Eine zumindest vage Vorstellung vom Umfang der elbabwärtigen Sand- steintransporte und über die Art der gelieferten Steinwaren vermitteln jedoch die Geleits- briefe des 16. bis 17. Jahrhundert611. Diese kurfürstlich-sächsischen Geleitsbriefe wur- den für den „zoll- und geleitsfreien Transport“ von Steinwaren und anderen Frachtgütern elbabwärts vor allem für befreundete und verschwägerte Fürsten des Hauses Wettin aus- gestellt und konnten nur mit Zustimmung des sächsischen Kurfürsten von dort bezogen werden612. Für die sächsischen Steinlieferungen ins Brandenburgische sind uns bislang nur vereinzelte Nachrichten bekannt geworden613. So ist ein Steintransport in die Kur- mark für 1525 überliefert. Auf Befehl von Herzog Georg von Sachsen wurden in jenem Jahr 30 Werkstücke und 30 Mühlsteine für den brandenburgischen Kurfürsten geliefert614. Im Jahre 1593 entsprach der sächsische Verweser der Kur, Herzog Friedrich Wilhelm von Sachsen-Altenburg, der Bitte Bernd von Arnims, diesem einen zollfreien Transport von Mühlsteinen aus dem kursächsischen Amt Pirna auf seine uckermärkischen Besitzungen zu gewähren615. Für das Jahr 1612 wurden ebenfalls auf kurfürstlich-sächsischen Befehl 100 Mühlsteine an den Herzog von Pommern, 50 an den Herzog zu Mecklenburg und 60 an den Brandenburger elbabwärts überführt616. Von den Steinhändlern verdient für unseren Zusammenhang die aus Pirna stam- mende Bürgerfamilie Promnitz besondere Erwähnung617. Es handelt sich bei ihr um sog.

609 Für den mengenmäßig überwiegenden Teil der Steinlieferungen musste Geleitsgeld und beim Pas- sieren der sächsischen Landesgrenze auch Elbzoll entrichtet werden. Der sächsische Kurfürst be- hielt sich jedoch das Recht vor, freie Geleitsbriefe für die benachbarten Fürsten auszustellen, damit diese ihren Steinbedarf gebührenfrei beziehen konnten. Vgl. hierzu Kutschke, Dieter: Steinbrüche und Steinbrecher in der Sächsischen Schweiz, Pirna 2000, S. 45. 610 Erschwerend hinzu kommt, dass es damalige Praxis war, die Steine auf den an der Elbe gelegenen sog. „Steinniederlagen“ zwischenzulagern und bei Bedarf weiter zu verkaufen, so dass es auch für die damaligen Zollstationen sicher nicht immer möglich war, den Herkunftsort und den endgültigen Zielort in Erfahrung zu bringen. 611 SHStAD, loc. 39804/31, „Acta der Geleitbriefe. 1564 – 1613“. 612 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Neuzeitliche Adelskultur in der Provinz Brandenburg, in: Hahn, Peter- Michael/Lorenz, Hellmut: Herrenhäuser in Brandenburg und der Niederlausitz, Bd. 1: Einführung, Berlin 2000, S. 47. 613 Eine systematische Auswertung der sächsischen Steinlieferungen ins Brandenburgische auf Grund- lage der Zoll- und Geleitsbriefe von 1551 – 1562 (vgl. SHStAD, loc. 39800) sowie der „Acta Ge- leitbriefe. 1564 – 1613“ (vgl. SHStAD, loc. 39804/31a) ist ein Desiderat und harrt mithin der gründ- lichen Bearbeitung. 614 Vgl. Kutschke, Dieter: a.a.O., S. 43. 615 BLHA, Pr. Br., Rep. 37 Boitzenburg Nr. 3508, Bl. 9. 616 SHStAD, loc.35367. 617 Über Generationen hin war diese Pirnaer Bürgersfamilie im Steinhandelsgeschäft wie insbesondere für die brandenburgischen Kurfürsten und Könige als Steinfactoren tätig. Einem Phillipp Hermann IV. Sächsischer Einfl uss und sächsisches Anspruchsniveau 143

Steinfactoren, die im Auftrag der brandenburgischen Kurfürsten für deren Schloss- und Festungsbauten die notwendigen Sandsteinlieferungen aus Sachsen vermittelten und or- ganisierten. Philipp Heinrich Promnitz d.Ä. (1622 – 1685) etwa wurde 1647 vom Großen Kurfürsten eigens zum „Churfürstlich brandenburgischen Commissarius und Steinfactor“ ernannt618. Der jüngere Promnitz, sein Sohn Gottlob Heinrich, seit 1701 „Königlich Preu- ßischer Commissarius und Churfürstlich Brandenburgischer Factor“, hatte 1688 speziell für den Großen Kurfürsten in Struppen bei Pirna Sandsteinbrüche aufgekauft und ließ dort im Jahre 1719 Steine für seinen kurfürstlichen Auftraggeber unter Umgehung ver- schiedener sächsischer Verordnungen und Zollrechte brechen und liefern619. Ein weiteres erhellt aus diesen Angaben ganz deutlich: Noch um 1700 bestand eine wohl monopolar- tige Abhängigkeit von den sächsischen Steinlieferungen im kurbrandenburgischen Bau- wesen, was aber offensichtlich auch für die übrigen Territorialfürsten im Nordosten des Alten Reiches galt620. In personeller Hinsicht waren die kurbrandenburgischen Landesfürsten gezwungen, ihre Kontakte namentlich nach Oberdeutschland zu intensivieren. Aus dem Sächsischen

Promnitz (1711 – 1743) ist ein Denkmal an der Nordseite der Marienkirche in Pirna gewidmet. Im Kircheninneren fi nden sich sein Epitaph mit der Inschrift: „Allhier ruhet in seinem Erlöser der wey- land Hoch Edle Veste und Rechts Wohlgelahrte Herr, Herr Phillipp Hermann Promnitz, Königl. Preußischer Churfürstlich Brandenb. Commissarius und Stein-Factor. Ein würdiger Sohn Herrn Gottlob Heinrich Promnitzens, ebenfalls Königl. Preuß. Und Churfürstl. Brandenburg Commissa- rius und seine Frau ...“ usw. 618 Zu seiner Person vgl. Kutschke, Dieter: a.a.O., S. 47. 619 Näheres darüber in den „Acta, die dem König von Preussen eigenthümlich zustehenden Steinbrü- chen im Struppener Grunde bei Pirna betr.“, 1719 (SHStAD, Geheimes Finanzkollegium, Bd. 33, loc. 35385/140). Weitere Nachrichten über Elbsandsteinlieferungen in die Kurmark fi nden sich im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden an folgenden Stellen: SHStAD, Finanzarchiv, Rep. XV, Gen. 28y, Loc.39804, 329 Blatt im Convolut der Geleits-Nachrichten, sub Vol. IX, 1462 – 1707; Specifi catio was an Seine Kgl. Majestät in Preußen und Churf. Durchl. von Brandenburg von Mi- chaelis 1704 – bis dahin 1705 auf dem Elbstrohm bei den Sächsischen Zöllen Gleithsfrey wasserab passirt worden. Nehmlich: 2620 Stück Steinwergk (Bausteine, Anm. A.B.), 206 ¼ Fuhren Mühl- steine, 122 Eimer Wein; ferner in einem Schreiben des Freiherrn von Friesen vom 28. März 1694 an seinen Verwalter auf Cotta wegen Lieferung von Steinwaaren (AG Pirna Nr. AHP 1755, PG Cotta, Cap. Xig, Nr. 1, im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden). Dort heißt es: „Den Verwal- ter zu Cotta wird hiermit Krafft dieses anbefohlen sämbtliche Steinbrecher und Steinhändler bey- der Dörffer Groß- und Klein-Cotta dahin zu bescheiden ferner künftiger Zeit einige Churfürstlich Sächß., sowohl auch Berlinischen Hoffvergnügnissen an Stein Wahren (hierbei handelte es sich um eine Lieferung des sog. „Cottaer Bildhauersandsteins; kursive Hervorh. durch den Verf.!) zu fer- tigen dahin gelangen möchten (worunter aber privat und andere Gemeine Arbeiten nicht genieret) dieselbe ingesambt und ohne unterschiedt untereinander einzutheilen haben, auch ein jeder Händler dahin gehalten sein solle, solche Wahren (...). Sigl.: Dresden am 28 Marty Anno 1694. Otto Hein- rich Freiherr von Friesen.“ 620 Zwischen 1570 und 1573 bestellte Herzog Ullrich zu Mecklenburg 500 Mühlsteine, 100 wurden an seinen kurfürstlichen Rentmeister, an einen Marcus Heine 100 Stück, an den Bürgermeister zu Per- leberg 50 Mühlsteine geliefert. 1576 orderte Herzog Friedrich Wilhelm von Pommern 100 Mühl- steine bei Pirnaer Steinhändlern (vgl. Kutschke, Dieter: a.a.O., S. 43). Vgl. hierzu ferner eine Reihe von quellenmäßigen Belegen in den von Melle Klinkenborg edierten Acta Brandenburgica, so etwa Acta Brandenburgica, Nr. 82, S. 176, Herzog Philippus Julius von Pommern bittet um Pässe. Wol- gast, 9. Januar 1605. 144 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert beispielsweise kamen Architekten, Baumeister, gelegentlich sogar Maurer meist für nur kurze Zeit an die Spree. An qualifi zierten autochthonen Kräften, die dem Hof der Hohen- zollern den erforderlichen Glanz hätten verleihen können, fehlte es völlig. Hans Schenk, genannt Scheusslich, machte insofern eine Ausnahme, als er der einzige in den Quellen nachzuweisende „Ausländer“ ist, der sich an der Spree niederließ621. 1543 erhielt er das Bürgerrecht. Auf renommierte Hofkünstler oder andere hochqualifi zierte und im Reich anerkannte und begehrte Hofhandwerker, wie sie in Sachsen oder den österreichischen Erblanden selbstverständlich waren, fehlt hingegen jeder konkrete Hinweis622. Mit wenig überzeugenden Argumenten hat Andreas Cante diesen Umstand zuletzt zu widerlegen versucht. In seinem angestrengten Bemühen, den Typus des Hofmalers für die Hohenzollernresidenz in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts nachzuweisen, versteigt er sich in diesem Zusammenhang zu der unhaltbaren These, Berlin-Cölln sei in dieser Zeit „ein Zentrum der Renaissancekultur in Norddeutschland“ gewesen623. Den selber kons- tatierten Mangel an überlieferten Werken der „eigentlichen Hofkünstler des 16. Jahrhun- derts in und an den brandenburgischen Schlössern“ versucht er in fragwürdiger Weise insofern aus dem Weg zu räumen, als er ihn mit der erdrückenden künstlerischen Do- minanz der Cranach-Werke in der Mark, dem daraus abgeleiteten Verlust der Werke der „eigentlichen Hofkünstler des 16. Jahrhunderts“, der ungünstigen Forschungsgeschichte zu dieser Epoche, namentlich derjenigen des 19. und 20. Jahrhunderts, dem Mangel an Schriftlichkeit des Verwaltungshandelns sowie dem weitgehenden Fehlen überlieferter Bestallungsurkunden erklärt624. Zum Kreis der von ihm vermeintlich identifi zierten Hof- maler schlägt er sodann insgesamt 16 Männer: einen Mann namens Heinrich Marx, den Venezianer Jacopo de’ Barbari, einen Hans Hasenfl eisch, Johann Baptista, den Leipziger Hans Krell, Michel Ribestein, einen „Philip maler“, einen „meister Andres maler“, einen Andreas Schildt, Moritz Schildt, Heinrich Hesse, den Baumeister (!) Wilhelm Zacharias,

621 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 143; ferner Meltzer, Chr.: Historia Schneebergensis reno- vata etc., Schneeberg 1716, S. 636; Nicolai, Friedrich: Nachricht von Baumeistern etc., S. 13 f.; König, A.B.: Versuch einer historischen Schilderung, S. 242. – Zu seiner Person: Habich, Georg: Hans Schenck, der „Meister mit dem Krüglein“, in: Archiv für Medaillen- und Plaketten-Kunde 5 (1925/26), S. 46–57; Seeger, Joachim Friedrich: Hans Schenck (genannt Scheußlich). Ein deutscher Bildhauer des 16. Jahrhunderts, in: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins 49 (1932), S. 33–50 und 65–86; Cante, Andreas: Der Bildhauer und Medailleur Hans Schenck oder Scheuß- lich. Ein Künstler der Renaissance in Zeiten der Reformation, 2 Bde., phil. Diss. FU Berlin 2005, Druckfassung Hamburg/Berlin 2007; ders.: Maler und Bildhauer am Hof der Kurfürsten Joachim I. und Joachim II. im Spiegel der Quellen, in: Cranach und die Kunst der Renaissance unter den Ho- henzollern, Berlin 2009, S. 43–57, hier S. 49–51. 622 In diesem Sinne schon Börsch-Supan, Helmut: Die Kunst in Brandenburg-Preußen, S. 17. Dagegen jüngst Cante, Andreas: Maler und Bildhauer, S. 42 – 57. Zum Wesen des Hofkünstlers allgemein: Warnke, Martin: Hofkünstler. Zur Vorgeschichte des modernen Künstlers, Köln 1985. 623 Diese Behauptung relativiert er im „Fazit“ überschriebenen Schlusskapitel seines Aufsatzes aller- dings wieder, wohl im eigenen Gefühl der Ermangelung wirklich stichhaltiger quellenmäßiger Be- lege, wenn er schreibt: „Durch diese bemerkenswerte Zahl von Künstlern stieg Berlin erstmals zu einem regionalen (!) Zentrum höfi scher Kunstausübung auf.“ Vgl. Cante, Andreas: Maler und Bild- hauer, S. 43 und 53. 624 Vgl. Cante, Andreas: a.a.O., S. 43. IV. Sächsischer Einfl uss und sächsisches Anspruchsniveau 145 den Festungsarchitekten (!) Francesco Chiaramella, den Florentiner Maler Johann Bap- tista Perini, den als Baumeister (!) an der Spandauer Festung bekannten Christoph Römer sowie den Buchschreiber (!) Johann Teuber von Liebenwerda. Alleine schon das vorhan- dene äußerst spärliche Quellenmaterial lässt eine wissenschaftlich halbwegs solide Veri- fi zierung der Canteschen These kaum zu. Im Rahmen der Ausstellung zu „Cranach und die Kunst der Renaissance unter den Hohenzollern“ im Charlottenburger Schloss625, übri- gens einem „Lehrstück über Museumsmarketing und Kultursponsoring“626, liefert Cante mithin, sei es gewollt oder ungewollt, einen Beitrag im Bemühen der Ausstellungsmacher um die kulturelle Ehrenrettung der Berliner Hofkultur627. In Wahrheit mangelt es jedoch – bis auf eine Ausnahme628 – für alle von Cante in Be- tracht gezogenen Personen an den notwendigen Bestallungsurkunden. Dies wohl wissend, stützt er sich etwa im Falle des „Hofkünstlers“ Heinrich Marx zur Aufrechterhaltung sei- ner unhaltbaren These auf einen Erbvertrag aus dem Jahre 1498 zwischen dessen Frau, ihm und dem Kurfürsten Johann Cicero, allerdings ohne etwas über den Inhalt dieses Erb- vertrages mitzuteilen. Überaus zweifelhaft ist auch Cantes Versuch, allein aus der Tatsa- che, dass de’ Barbari 1507 Porträts der Tochter Johann Ciceros, Ursula, ihres Gemahls Herzog Heinrich V. zu Mecklenburg sowie des Markgrafen Albrecht (1508) angefertigt hat, auf dessen Bestallung zum Hofmaler zu schließen. Zur Stützung seiner Behaup- tung bemüht er den Besuch de’ Barbaris an der Viadrina im Gefolge des Kurfürsten629. Im Falle Hans Hasenfl eischs nimmt es wunder, dass dieser, wie Cante selbst einräumt630, vermutlich in Strausberg östlich Berlins ansässig war und vom Rat der künstlerisch völ- lig unbedeutenden Kleinstadt auch quartalsweise entlohnt wurde. Zudem verbinden sich mit Hasenfl eischs Namen wohl eher Malerarbeiten an der dortigen Marienkirche631. Kein einziges für den kurfürstlichen Hof überliefertes Auftragswerk kann für Hasenfl eisch von

625 Diese Ausstellung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg fand im Neuen Flügel des Schlosses vom 31. Oktober 2009 bis 24. Januar 2010 statt und erfolgte in Koope- ration mit der Evangelischen Kirchengemeinde St. Petri – St. Marien. Vgl. hierzu den von diesen beiden Institutionen gemeinsam herausgegebenen und zu verantwortenden Ausstellungskatalog. 626 Vgl. Zajonz, Michael: Des Prinzen Rolle, in: „Der Tagesspiegel“ vom 31.10.2009, Nr. 20427, S. 23. 627 Um eine Form der Geschichtsklitterung zum Zwecke der Legitimation handelt es sich auch bei der im Kontext der 2010 durch die Bundesregierung verfügten Verschiebung des Schlossbauprojekts von Hermann Parzinger, dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, in einem Zeitungs- interview geäußerten Bemerkung, die musealen Sammlungen, die völkerkundlichen ganz beson- ders, hätten ihren Ursprung im Schloss. Dort lägen die Wurzeln der Berliner Museen, letztlich auch der wissenschaftsgeschichtlichen Sammlungen der Humboldt-Universität und der Bibliothek. Vgl. Fuhr, Eckhard: „Jedes Jahr länger in Dahlem ist ein verlorenes Jahr“, in: „Die Welt“ vom 30. Juni 2010, S. 21. 628 Hierbei handelt es sich um die Bestallungsurkunde für Andreas Riehl d.J. – Hierzu vgl. Berliner Staatsbibliothek, Ms. Boruss. fol. 734, Mappe R, Zettel 180. 629 Jacopo de’ Barbari stand um 1500 in Diensten Kaiser Maximilians; im Jahre 1503 gelangte er an den Wittenberger Hof, wo er zwei Jahre blieb. Vgl. dazu Menzhausen, Joachim: Kulturgeschichte Sachsens, Leipzig 2007, S. 44. 630 Vgl. Cante, Andreas: a.a.O., S. 44. 631 Cante macht Übermalungen älterer Gewölbemalereien oder der fragmentarischen Heiligenbil- der auf den Flügelaußenseiten des Hochaltarretabels für Hasenfl eisch wahrscheinlich. Vgl. Cante, Andreas: Maler und Bildhauer a.a.O., S. 44. 146 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Cante namhaft gemacht werden632. Auch bei den übrigen von ihm als kurfürstliche Hof- maler Apostrophierten verfährt Cante in ähnlicher, wissenschaftlich haltloser Weise. Bei ihnen handelt es sich um auswärtige Kunsthandwerker, von denen der brandenburgische Kurfürst von Zeit zu Zeit Konterfeis, Gemälde und dergleichen von wohl eher minder- wertiger künstlerischer Qualität bezog, wie ein bereits fl üchtiger Blick auf eine 1536 an- gefertigte Aufl istung von Gemäldelieferungen über ungefähr 50 Gemälde für den bran- denburgischen Kurfürsten verrät. Es handelt sich um 16 „mitteltücher“ für je 3 Gulden, 15 „brustbildt“ für je 2 Gulden, 7 „düchlein, die syben tugent genandt“ für je 1 Gulden, „eine tafel, die aus der perspectiff ist gemalt“ für 20 Gulden, 8 „tücher“ für insgesamt 35 Gulden, 2 „tafeln“ für 20 Gulden, „die mein alter her seliger gedechtnis (d.h. Joa- chim I., A.C.) von im (d.h. der in Leipzig ansässige Maler Hans Krell; A.C.) genommen vnd schuldig bliben“633. Zum Vergleich: die Kosten für ein einziges vom sächsischen Kur- fürsten etwa bei einem seiner renommierten Dresdner Hofkünstler in Auftrag gegebenes Gemälde beliefen sich auf ein Zigfaches der genannten brandenburgischen Summen634! Festzuhalten bleibt mithin: Für bis auf eine Ausnahme sämtliche von Cante aufge- zählten Männer, die für den kurfürstlich-brandenburgischen Hof tatsächlich oder ver- meintlich gearbeitet haben, fehlt es an einschlägigen Bestallungsurkunden. Allein aus der Erwähnung vieler dieser (Kunst-) Handwerker, etwa eines Andreas und Moritz Schildt oder eines Heinrich Hesse, in den kurfürstlichen Schuldverzeichnissen635 auf de- ren Tätigkeit als Hofmaler zu schließen, ist unhaltbar, ja grenzt, wie der Berliner Ta- gesspiegel vom 31.10.2009 in Bezug auf die gesamte Cranach-Ausstellung formuliert, an „Etikettenschwindel“636. Auf diese Weise wird ein Bild von der Berliner Hofkultur des 16. und 17. Jahrhunderts entworfen, das es so nie gegeben hat. Hinzu kommt, dass

632 Aus dem von Cante genannten Anstellungsvertrag für Hans Hasenfl eisch erhellt keineswegs die Bestallung als Hofmaler. Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 78, Nr. 30, fol. 165v, 166r; vgl. ferner Klauß- mann, Anton Oskar: Frühere Berliner Hofmaler, in: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins 3 (1886), S. 68 – 70; Berckenhagen, Ekhart: Die Malerei in Berlin vom 13. bis zum ausge- henden 18. Jahrhundert, Tafelbd., Berlin 1964 (Textbd. nur als Druckfahne für die Künstler von A bis He vorliegend). – Ahrens weist Hasenfl eisch zwar als Hofmaler aus, bemerkt allerdings in Be- zug auf die Höhe seiner jährlichen Bezüge im Wert von 40 Gulden: „Für einen namhaften Künst- ler waren 40 Gulden pro Jahr zu wenig, für einen bloßen Handwerker zuviel.“ (vgl. Ahrens, Karl- Heinz: a.a.O., S. 196). 633 Zitiert nach Cante, Andreas: a.a.O., S. 44 f. 634 Ein Gemälde für die Wittenberger Schlosskirche etwa erwarb der sächsische Kurfürst Friedrich der Weise von Michael Wolgemut für 74 Gulden, die Anbetung der Könige von Dürer um 100 Gul- den. Für die vielen vom Ernestiner in den Niederlanden erworbenen Brüsseler Wirkteppiche belie- fen sich die Kosten auf 75 Gulden und mehr pro Stück (vgl. Seidlitz, Woldemar von: Die Kunst in Dresden vom Mittelalter bis zur Neuzeit, 2 Bde., Dresden 1921/22, hier Bd. 1 [1.-3. Buch], S. 76, 77); für 60 Taler war ein Gemälde des kaiserlichen Hofmalers Spranger zu erstehen (vgl. Syndram, Dirk: Von fürstlicher Lustbarkeit und höfi scher Repräsentation. Die Kunstkammer und die Dresd- ner Sammlungen der Renaissance, in: Syndram, Dirk/Scherner, Antje (Hg.): In fürstlichem Glanz. Der Dresdner Hof um 1600. Ausstellungskatalog. Mailand 2004, S. 54 – 69, hier S. 64). 635 BLHA, Pr. Br. Rep. 23 A, C. 1934 (in Teilen abgedruckt in: Friedensburg, W. (Hg.): Kurmärkische Ständeakten, Bd. 2, S. 62 ff., Nr. 324); ferner BLHA, Pr. Br. Rep. 23 A, B. 9 sowie BLHA, Pr. Br. Rep. 23 A, C.2712. 636 Vgl. Zajonz, Michael: Des Prinzen Rolle, in: Der Tagesspiegel vom 31.10.2009, Nr. 20427, S. 23. IV. Sächsischer Einfl uss und sächsisches Anspruchsniveau 147 die kurbrandenburgische Residenz Hofmaler von Rang nicht gekannt hat. Renommierte Maler wie Michael Wolgemut, Hans Burgkmair und Leonhard Schäufelein arbeiteten zuvörderst in den wohlhabenden reichsfreien Bürgerstädten wie Augsburg oder Nürn- berg637 beziehungsweise in den bedeutenden Haupt- und Residenzstädten der Habsbur- ger638, Wittelsbacher639 oder Wettiner. Das, was Cante als „Kunstpatronage Joachims I. und Joachims II.“ bezeichnet, ist reine Konstruktion zum Zwecke der kulturhistorischen Aufwertung der brandenburgischen Haupt- und Residenzstadt. Von einem „Zentrum der Renaissancekultur in Norddeutschland“ zu sprechen, ist mithin barer Unfug. In Wahrheit behalf man sich am Cöllner Hof aus Gründen der höfi schen Repräsentation und interdy- nastischen Statuskonkurrenz sowie aus Mangel an eigenen renommierten Hofkünstlern (und hierzu zählten namentlich die Hofmaler!), indem man gegen hohe Kosten bei füh- renden auswärtigen Künstlern und Kunsthandwerkern wie den beiden Cranach640 oder ei- nem Dürer Portraits, Kupferstiche und andere Kostbarkeiten in Auftrag gab oder, wie im Falle der Baumeister Rochus Graf Lynar und Chiaramella di Gandino, talentierte Kräfte zu werben und in die Mark zu ziehen suchte. Noch bis weit ins 17. Jahrhundert hinein blieb der Blick des brandenburgischen Kurfürstentums wie der protestantischen Länder überhaupt aus diesen Gründen auf die mittel- und süddeutschen Höfe und hier insbeson- dere auf Sachsen641 gerichtet. Die Motive dafür waren vielfältig. Sie gründeten nicht zuletzt in der bis in den Anfang des 15. Jahrhunderts zurückreichenden machtpolitischen Rivalität zwischen den Häusern Wettin und Hohenzollern. Namentlich die hausmachtpolitischen Ambitionen der Hohen- zollern im stets latenten, vielfach manifesten, meist freundschaftlichen, gelegentlich aber auch kriegerisch-bedrohlichen Konkurrenzverhältnis zu den sächsischen Wettinern müs- sen in diesem Zusammenhang betrachtet werden.

637 Vgl. dazu Menzhausen, Joachim: Kulturgeschichte Sachsens, S. 45. 638 Zur blühenden Hofkultur an den Höfen der Habsburger vgl. Evans, Robert J.W.: Rudolf II. and his World, Oxford 1973; Da Costa Kaufmann, Thomas: L’ école de Prague: la peinture à la cour de Rudolphe II, Paris 1985; Fuciková, Eliska: Zur Konzeption der rudolfi nischen Sammlungen, in: Prag um 1600, Kunst und Kultur am Hofe Kaiser Rudolfs II., 2 Bde. (Ausstellungskatalog), Freren, 1988, hier Bd. 1, S. 177 – 209; Burke, Peter: Die europäische Renaissance. Zentren und Peripherien, München 2005, S. 201. 639 Zur Residenzkultur der Wittelsbacher vgl. Diemer, Peter: Vom Musenhof zum Musterstaat – die Kunst am bayerischen Herzogshof um 1600, in: Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau. Grün- der des barocken Salzburg, Ausstellungskatalog Salzburg 1987, S. 190 ff.; ferner die Beiträge von Peter Diemer und Brigitte Volk-Knüttel in: Glaser, Hubert (Hg.): Quellen und Studien zur Kunstpo- litik der Wittelsbacher vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, München 1980, S. 83 ff., 129 ff. 640 Erinnert sei etwa an das Portrait Joachims I. von Lucas Cranach dem Älteren von 1529, dasjenige vom jüngeren Cranach von Joachim II. oder das Bildnis Hedwigs von Brandenburg des sächsi- schen „Fürstenmalers“ Hans Krell u. dgl. mehr. Siehe die Abb. bei Börsch-Supan, Helmut: a.a.O., S. 16,17,20. 641 Zur hegemonialen Stellung Sachsens im mitteldeutschen Raum vgl. Stievermann, Dieter: Die Wet- tiner als Hegemon, S. 379 – 393. Überblicksdarstellungen mit Literatur bei Klein, Thomas: Er- nestinisches Sachsen, kleinere thüringische Gebiete, in: Schindling, Anton/Ziegler, Walter (Hg.): Die Territorien des Reiches im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung, Bd. 4, Müns- ter 1992, S. 8 – 39; Smolinsky, Heribert: Albertinisches Sachsen, in: ebd., Bd. 2, Münster 1990, S. 8 – 32. 148 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

In territorialpolitischer Hinsicht konzentrierte es sich seit der Mitte des 15. Jahrhun- derts und späterhin namentlich auf die lange unübersichtlichen und umstrittenen Grenz- landschaften im Raum zwischen Harz und Elbe642 sowie auf das Territorium der Nie- derlausitz643. Selbst ins Fränkische, dem Stammland der hohenzollernschen Burggrafen von Nürnberg, warfen die Wettiner ein begehrliches Auge644. Durch den machtpolitisch bedingten Rückzug der Luxemburger im Ausgang des 14. Jahrhunderts war in diesem ungeklärten Grenzstreifen zwischen Brandenburg und Sachsen ein konfl iktträchtiges Machtvakuum entstanden645. Nachdem der Wunsch der beiden Dynastien nach territori- aler Arrondierung ihrer jeweiligen Herrschaft um 1450 einen ersten Höhepunkt erreicht hatte646, richtete sich deren traditionelle Konkurrenz vermehrt auf das gleichsam personal- politische Bestreben, die einfl ussreichen Kirchenstühle in diesem Raum zu besetzen und die dazugehörigen Ländereien damit unter ihre Kontrolle zu bringen. Lange Zeit schien es so, als ob das bei weitem fi nanzkräftigere Haus Wettin das Rennen machen und so- mit seine Vormachtstellung im mittel- und nordostdeutschen Raum etablieren könne. So gelang es ihm zu Beginn des Jahres 1476, den erst elfjährigen Sohn Ernst (1464 – 1513) des gleichnamigen Kurfürsten (1441, R. 1485 –1486) zum Erzbischof von Magdeburg zu postulieren647. 1479 erfolgte die Erhebung Ernsts von Sachsen zum Administrator des Hochstifts Magdeburg; nur ein Jahr später die Wahl Adalberts (1467 – 1484), eines wei- teren Sohnes des Kurfürsten Ernst, zum Erzbischof von Mainz; 1498 die Besetzung Her- zog Friedrichs von Sachsen (1473 – 1510), Vetter Friedrichs des Weisen, zum Hochmeis- ter des Deutschen Ordens. Anwartschaften auf die niederrheinischen Herzogtümer Jülich und Berg, Schutzgerechtigkeiten über das Stift Quedlinburg (übrigens ebenfalls mit einer Wettinerin als Äbtissin an seiner Spitze!) und Erfurt traten hinzu und zeigten eine Haus- macht an, die sich der kaiserlichen der Habsburger im Reich als durchaus ebenbürtig an

642 Vgl. hierzu Scholz, Michael: Geistliche Landesherrschaft zwischen Kurbrandenburg und Kursach- sen. Das Erzstift Magdeburg vom 14. bis 16. Jahrhundert, in: Rogge, Jörg/Schirmer, Uwe (Hg.): Hochadelige Herrschaft im mitteldeutschen Raum (1200 bis 1600). Formen-Legitimation-Reprä- sentation, Leipzig 2003, S. 443 – 464, hier S. 449. 643 Vgl. Lehmann, Rudolf: Geschichte des Markgraftums Niederlausitz, Dresden 1937, S. 64 ff.; ferner Hahn, Peter-Michael: Landesherrliche Ordnung und dynastisches Machtstreben. Wettiner und Ho- henzollern im 15. Jahrhundert, in: Beck, Friedrich (Hg.): Brandenburgische Landesgeschichte und Archivwissenschaft. Festschrift für Lieselott Enders zum 70. Geburtstag (= Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs, Bd. 34), Weimar 1997, S. 89 – 107, hier S. 95. 644 Vgl. Hahn, Peter-Michael: a.a.O., S. 95. 645 Vgl. Hahn, Peter-Michael: a.a.O., S. 91. 646 Vgl. Hahn, Peter-Michael: a.a.O., S. 92 f. 647 Vgl. Scholz, Michael: a.a.O., S. 454; ders.: Der Hof ohne Fürst. Zum Hofl ager der Räte des Erzstifts Magdeburg zur Zeit Kardinal Albrechts von Brandenburg, in: Neitmann, Klaus/Heimann, Heinz- Dieter (Hg.): Spätmittelalterliche Residenzbildung in geistlichen Territorien Mittel- und Nordost- deutschlands, Berlin 2009, S. 135 – 149, hier S. 137; zur Person Ernsts: Rogge, Jörg: Ernst von Sachsen, Erzbischof von Magdeburg und Administrator von Halberstadt (1476 – 1513), in: Freitag, Werner (Hg.): Mitteldeutsche Lebensbilder. Menschen im späten Mittelalter, Köln, Weimar 2002, S. 27 – 68. IV. Sächsischer Einfl uss und sächsisches Anspruchsniveau 149 die Seite stellen ließ648. Bruderkriege und Erbteilungen in diesem Zeitraum hinderten je- doch Konsolidierung und weiteren Ausbau der wettinischen Haus- und Territorialmacht. So ging den Wettinern 1513 das Erzbistum Magdeburg und das Bistum Halberstadt an den hohenzollernschen Konkurrenten verloren649. Das Erzbistum Mainz folgte 1514. Die Wahl des Markgrafen Albrecht von Brandenburg-Ansbach (1490 – 1568), einem Vetter des Kardinal Albrecht, zum Hochmeister des Deutschen Ordens sowie die Einsetzung des Markgrafen Johann Albrecht, ebenfalls aus der fränkischen Linie der Hohenzollern, zum Koadjutor des Erzbischofs von Magdeburg sorgten für eine Verschiebung der territorialen Machtverhältnisse im mitteldeutschen Raum zuungunsten der Wettiner – ohne allerdings deren grundsätzliche Suprematie in Frage stellen zu können650! Allein schon aus seiner Stellung als Inhaber des Reichserzmarschallamtes, des Reichsvikariats in den Territorien sächsischen Rechts sowie als Kreisoberste auf den Obersächsischen Reichskreistagen wuchs dem Hause Wettin die beherrschende Stellung im mitteldeutschen Raum zu, ganz zu schweigen von der keinen Vergleich duldenden Finanzkraft seiner Territorien. Spätes- tens seit den 20er Jahren des 16. Jahrhunderts erwuchs ihnen darüber hinaus eine über- aus gewichtige, kaum zu unterschätzende, prestigeträchtige Rolle als der Schutzmacht der Reformation. Die reformatorische Bewegung war von Sachsen ausgegangen und hatte mit und Friedrich dem Weisen (reg. 1486 – 1525), dem in Wittenberg residierenden, über das ernestinische Sachsen herrschenden Kurfürsten, ihre Protagonisten gefunden. Die Meißnische Kanzleisprache fand sehr schnell Einlass an (nord-)deutschen Fürsten- höfen und wurde dort in Abgrenzung zum in der breiten Bevölkerung gesprochenen, von der höfi schen Gesellschaft verpönten Niederdeutschen gepfl egt651. Vor allem aber der kur- sächsischen Baupolitik kam seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts eine Vorbildrolle

648 Vgl. Gross, Reiner: Geschichte Sachsens, Leipzig 2001, S. 26; ferner Kretzschmar, Hellmut: Die Beziehungen zwischen Brandenburg und den wettinischen Landen unter den Kurfürsten Albrecht Achilles und Ernst (1464–1486), in: FBPG 35 (1923), S. 21 ff., 37 (1925), S. 204 ff. 649 Vgl. Scholz, Michael: a.a.O., S. 455. Zu den Wahlen: Runge, Kurt: Die Wahlen des Markgrafen Al- brecht von Brandenburg (gest. 1545) zum Erzbischof von Magdeburg und Mainz und zum Admi- nistrator von Halberstadt, Diss.Phil. Halle 1921 (Masch.), S. 10 – 20, 47 – 90. 650 Dem im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts in relativ kurzer Zeit und nur für eine geringe Zeit- spanne erfolgten Aufstieg der Hohenzollern zu einem nicht unbedeutenden Machtfaktor im Alten Reich war keine Dauer und Nachhaltigkeit beschieden. Eine einheitliche, politisch abgestimmte und zielgerichtete Politik erwuchs aus dieser relativen Machtfülle nicht. Ein Gesamtinteresse des Hauses Hohenzollern ist nicht erkennbar. Stattdessen dominierten weiterhin die Individualinteres- sen, namentlich unter den brandenburgischen Hohenzollern (u.a. Erbteilung zwischen Joachim II. und Hans von Küstrin). 651 Vgl. zum Sprachwandel in Brandenburg vom Nieder- zum Hochdeutschen: Schulz, Knut: Vom Herrschaftsantritt der Hohenzollern, S. 300 f.; ferner Lasch, Agathe: „Berlinisch“. Eine berlinische Sprachgeschichte, Berlin 1928. Zu den Ursachen für den sich um 1500 im Zusammenhang mit der erstarkenden Landesherrschaft rasch vollziehenden Sprachwandel zählen beide erstens die reforma- torische Bewegung, vor allem Martin Luthers Bibelübersetzung, zweitens die ökonomische Neu- ausrichtung weg vom niederdeutschen Hanseraum hin nach Süddeutschland, insbesondere zu den Leipziger Messen, und drittens die Abwendung vom niederdeutschen Gewohnheitsrecht mit dem Magdeburger Schöffenstuhl als Mittelpunkt hin zum römischen Recht. 150 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert zu. Was Versailles für einige deutsche Fürsten des 17. und 18. Jahrhunderts, waren die sächsischen Schlösser Meißen, Dresden und Torgau für viele Fürsten im 16. Jahrhundert. Insbesondere in personeller Hinsicht richtete der kurbrandenburgische Hof seit Be- ginn des 16. Jahrhunderts, wie bereits mehrfach betont, seinen Blick über die Grenzen auf seinen südlichen Nachbarn und Konkurrenten652. Die Beziehungen waren vielfältigster und intensivster Natur. Joachim II. war der Schwiegersohn Herzog Georgs (1471 – 1539), Landesherr des albertinischen Sachsens. Joachims Gemahlin war dessen Tochter Mag- dalene. Es ist bekannt, dass große Teile des kurfürstlichen Führungspersonals ebenfalls aus Sachsen kamen. Sein Kanzler Eustachius von Schlieben, aus dem Meißnischen stam- mend653, sowie sein 1551 aus sächsischen in brandenburgische Dienste hinübergetretener Kanzler Lampert Distelmeier654 sind die beiden hervorragendsten Beispiele. Letzteren hatte der Wittenberger Propst Jonas in Dresden kennengelernt und später in brandenbur- gische Dienste gezogen. Zu jenem sogenannten „Meißner“-Kreis gehörte zudem Erasmus Seidel, Lehns- und Kammersekretär Joachims II.655 Seidel stammte aus Annaberg, wo sein Vater als kurfürstlich sächsischer Amtmann tätig war. Wie Distelmeier hatte Seidel vor seinem Eintritt in brandenburgische Dienste in denen des Kurfürsten Moritz gestan- den. Zu den „Meißnern“ gehörte auch ein weiterer Kanzler des Kurfürsten, der Leipziger Jurist Wolfgang Kettwig656. Ihm folgte im Amt der bereits 1541 verstorbene Georg von Breitenbach aus Leipzig657. Aus dem im Sächsischen beheimateten Geschlecht derer von Schlieben befanden sich neben dem erwähnten Eustachius noch zwei weitere Mitglieder der Familie in hochrangigen Hofämtern, und zwar Christoph658 und Albrecht von Schlie- ben659. Dieser bekleidete das Türknechts-, jener das Schenkenamt am Cöllnischen Hof.

652 Vgl. dazu Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 149 ff.; ferner Göse, Frank: Der Blick über die Gren- zen: Brandenburgische und sächsische Adlige im 16. und 17. Jahrhundert, in: Sächsische Heimat- blätter 2 (1996), S. 68 – 76. 653 Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 101,131, 153, 186 f., 206; Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 214 f. u.a.– Gottfried von Canitz (Haß, Martin: a.a.O., S. 205) stammt ebenfalls aus dem Sächsi- schen. 654 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 159, 174 ff., 212 ff.; ferner Schulz, Knut: Der festliche Tod, S. 187 – 189; Hirsch, Th.: Lampert Distelmeyer, in: ADB, Bd. 5, 1877, ND 1968, S. 256 – 258; Nissen, Walter: Lampert Distelmeyer, in: NDB, Bd. 3, 1957, S. 744 – 745; Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: Berliner Großkaufl eute und Kapitalisten, Bd. 1, Berlin 1967, S. 298 – 304; Heidemann, Julius: Ein Tagebuch des brandenburgischen Kanzlers Lampert Distel- meier (= Wissenschaftliche Beilage zum Programm des Berlinischen Gymnasiums zum Grauen Kloster, 50), Berlin 1885; Holtze, Friedrich: Lampert Distelmeier, kurbrandenburgischer Kanzler, in: Schriften des Vereins für die Geschichte Berlins 32 (1895), S. 1 – 97; Natzmer; Harriet von: Lam- pert Distelmeier. Karriere und Wirken eines gelehrten Juristen, in: Wolf, Jörg/Lingelbach, Gerhard (Hg.): Studien zur Kultur- und Rechtsgeschichte, Mönchengladbach 2005, Bd. 2: Essays zur Kul- tur- und Rechtsgeschichte Europas, auf CD. 655 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 205; ferner M. Fr. Seidels Bilder-Sammlung, ed. Küster, S. 67 f.; Küster: G.G.: Geschichte des altadligen Geschlechts derer v. Seidel, Berlin 1751. 656 Vgl. Holtze, Friedrich: Die ältesten märkischen Kanzler und ihre Familien, in: FBPG 7 (1894), S. 479 – 531, hier S. 208 – 219. 657 Vgl. Holtze, Friedrich: a.a.O., S. 219 – 223. 658 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 162. 659 Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 159, 169; Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 236. IV. Sächsischer Einfl uss und sächsisches Anspruchsniveau 151

Die Position dieser „Ausländer“, insbesondere der „Meißner“, am Hofe des Kurfürsten wurde von den Ständen als so stark empfunden, dass es immer wieder zu Klagen kam. Bezeichnenderweise führten Vertreter des Landadels ihre Beschwerde in „märkischem“, also niederdeutschem Idiom, entweder weil sie – wie Hintze annahm660 – des Hochdeut- schen nicht recht mächtig waren oder sie sich von der Sprache des (in ihren Augen säch- sisch dominierten) Hofes, des Meißnischen, bewusst absetzen wollten. In der aus dem Jahre 1541 oder 1542 stammenden Eingabe heißt es: „To den anderen möten wi di bösen rede affsetten und plügen mit egen ossen, dat und nen anders will unse tho raden wesen. Unse leve olde fürsten hebbent ock gedan, uns denket wol, dat man neen Missner in dat land wolde liden to rade.“661 Häufi ge Besuche Joachims II. in Kursachsen, beispielsweise ein Jagdaufenthalt in der Lochauer Heide bei Torgau am 16. September 1536 bei dem befreundeten kursächsischen Kollegen Johann Friedrich dem Großmütigen, sind bezeugt und haben nachweislich Wir- kung gezeitigt. Bei Gelegenheit dieses Aufenthaltes kam es wohl zu einer Besichtigung des südöstlichen Flügels von Schloss Hartenfels, Vorbild für Planung und Bau des Cölln- Berliner Renaissanceschlosses. Im Auftrag Johann Friedrich des Großmütigen662, in Tor- gau residierender ernestinischer Vetter Moritz’ von Sachsen, wurde der gleichnamige Bau zwischen 1533 und 1536 vom ebenfalls sächsischen Baumeister Conrad Krebs mit dem Großen Wendelstein errichtet663. Seit dem Frühjahr 1535 wurden die Wappen der Brüs- tung am Großen Wendelstein gehauen, 1536 – 38 die Freiplastiken und Fürstenstandbilder gefertigt664. Die Ausmalung der Spiegelstube im Großen Wendelstein erfolgte 1540 durch Lucas Cranach d. Ä. und seine Nürnberger Werkstatt665 – Namen und Bauteile, die sich allesamt am Joachimsbau auf der Spreeinsel wiederfi nden. Vor Augen gehabt beim Um- und Neubau des Johann-Friedrich-Baus in ein Re- naissanceschloss hatte Joachim II. wohl auch die prächtige Umgestaltung des Dresdner Schlosses666. Die Arbeiten daran fi elen in die Regierungszeit seines Schwiegervaters, Her-

660 Vgl. Hintze, Otto: Hof- und Landesverwaltung, S. 227. 661 Vgl. Friedensburg, Walter (Hg.): Kurmärkische Ständeakten, Bd. 1, S. 193, 205. 662 Zu seiner Person vgl. Mentz, Georg: Johann Friedrich der Großmütige, 3 Bde., Jena 1903 – 1908. 663 Zur Baugeschichte vgl. Findeisen, Peter/Magirius, Heinrich (Bearb.): Die Denkmale der Stadt Tor- gau, Leipzig 1976, S. 105 ff. 664 Zur Rekonstruktion dieses Bildnisprogramms vgl. Findeisen, Peter: Zur Struktur des Johann-Fried- rich-Baues im Schloß Hartenfels zu Torgau, in: Sächsische Heimatblätter 20,1 (1974), S. 3 ff.; Findeisen, Peter/Magirius, Heinrich (Bearb.): a.a.O., S. 159. 665 Zur ikonographischen Dimension vgl. Grimm, Claus/Erichsen, Johannes/Brockhoff, Evamaria (Hg.): Lucas Cranach: ein Maler-Unternehmer aus Franken; Katalog zur Landesausstellung in der Festung Rosenberg, Kronach vom 17. Mai–21. August 1994 (= Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur, Nr. 26/94, hrsg. vom Haus der Bayerischen Geschichte), Regensburg 1994, Nr. 131, S. 310 ff. 666 Vgl. Delang, Steffen/Oelsner, Norbert: Das Dresdener Schloß im späten Mittelalter, in: Das Dres- dener Schloß. Monument sächsischer Geschichte und Kultur, 2. Aufl ., Dresden 1992, S. 53 – 56; all- gemein zum Vorbildcharakter des wettinischen Schlossbaus: May, Walter: Die wettinischen Schloß- bauten des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Bedeutung, in: Sachsen und die Wettiner. Chancen und Realitäten, Dresden 1990, S. 271 ff.; ferner für Bayern: Wolf, J. (Hg.): Das Kurfürstliche Mün- chen, München 1930. 152 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert zog Georgs des Bärtigen (1500 – 1539). Dieser errichtete zwischen 1530 und 1535 das nach ihm benannte Georgentor an der Ostseite, am Ort des Elbtores der Stadtbefestigung, einem Torgebäude mit darüber liegenden kurfürstlichen Gemächern sowie innovativem bauplastischen Dekor667. Kurfürst Moritz, unter dem Dresden 1547 kurfürstliche Residenz geworden war, trieb die Vollendung des Renaissancebaus aus Anlass der Übertragung der sächsischen Kurwürde von den Ernestinern auf die Albertiner in den sechs Jahren seiner Herrschaft voran, erlebte den Abschluss der im Außenbau vorbildhaften, fast achsensym- metrischen Vierfl ügelanlage aber nicht mehr668. Als architektonischer Ausdruck sächsischer Macht und wettinischen Reichtums galt neben den beiden oben genannten Schlössern vor allem die Albrechtsburg zu Meißen669. Mit den reich fl ießenden fi nanziellen Mitteln aus dem erzgebirgischen Bergbau errich- tet, verdankte sich der repräsentative Bau dem Bedürfnis der beiden wettinischen Brüder Ernst und Albrecht nach einer neuen Residenz, die Raum für zwei Hofhaltungen bot so- wie die Verwaltung an einem Ort zu zentralisieren bestrebt war. Von einer Vorbildwirkung dieses Gebäudes auf das Berlin-Cöllner Bauvorhaben darf ausgegangen werden, zeich- nete doch für den Ausbau der Albrechtsburg Joachims schon erwähnter Schwiegervater verantwortlich. Durch seinen Baumeister Jakob von Schweinfurt ließ Georg der Bärtige den Wappensaal im zweiten Obergeschoss sowie das gesamte dritte Obergeschoss der Al- brechtsburg fertig stellen. Dass am Joachimsbau in erster Linie sächsisches Personal zum Einsatz kam, wun- dert vor diesem Hintergrund kaum. Es war nicht allein der Tatsache fehlender einhei- mischer Fachleute in der Mark Brandenburg geschuldet670. Das in dieser Zeit formu- lierte und an den protestantischen Fürstenhöfen Norddeutschlands allgemein anerkannte sächsische Anspruchsniveau in baulicher Hinsicht zwang (auch) den brandenburgischen Kurfürsten dazu, sächsische Bauleute für seinen Schlossneubau zu verpfl ichten. Ob nun der aus Coburg stammende Konrad Krebs671, der in Torgau ausgebildete Kaspar Theiss, der aus Schneeberg stammende Bildhauer und Steinmetz Hans Schenk Scheußlich, der

667 Magirius, Heinrich: Das Georgentor, in: Das Dresdner Schloß. Monument sächsischer Geschichte und Kultur, 2. durchges. Aufl ., Dresden 1989, S. 47. 668 Vgl. Hoppe, Stephan: Die funktionale und räumliche Struktur, S. 29; vgl. ferner den Sammelband Das Dresdner Schloß. Monument sächsischer Geschichte und Kultur, 2. Aufl ., Dresden 1992; fer- ner Heckner, Ulrike: Im Dienst von Fürsten und Reformation. Fassadenmalerei an den Schlössern in Dresden und Neuburg an der Donau im 16. Jahrhundert, München/Berlin 1995; Hinterkeuser, Guido: Funktion und Prestige, S. 115. 669 Vgl. Mrusek, Hans-Joachim: Die Baugeschichte des Burgberges und der Albrechtsburg, in: ders. (Hg.): Die Albrechtsburg zu Meißen, Leipzig 1972; Czeczot, Ursula: Die Meißener Albrechtsburg. Wegweisende Bauleistung an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit, Leipzig 1975; Fuhrmann, Dietmar: Die Albrechtsburg und die adelige Wohnkultur im ausgehenden Mittelalter, in: Jahrbuch der Staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten in Sachsen 1995, Dresden 1997, S. 168 – 178; Hoppe, Stephan: Die funktionale und räumliche Struktur, S. 453 ff.; Kobuch, Manfred: Der Rote Turm zu Meißen, S. 53 – 89. 670 In diesem Sinne schon Geyer, Albert: a.a.O., S. 24 sowie Wiesinger, Liselotte: a.a.O., S. 44. 671 Zu ihm jüngst: Kratzke, Christine/Tepper, Tim: Konrad Krebs, in: Bartetzky, Arnold (Hg.): Die Baumeister der „Deutschen Renaissance“. Ein Mythos der Kunstgeschichte?, Beucha 2004, S. 45 – 72. IV. Sächsischer Einfl uss und sächsisches Anspruchsniveau 153 als Bauführer tätige Kunz Buntschuh oder der ebenfalls bereits vom Johann-Friedrichs- Bau her bekannte sächsische Steinmetz Caspar Reinwald672, sämtliche am Bau des Cöll- ner Schlosses entscheidend Beteiligten stammten aus Sachsen673. Zu den auswärtigen Spezialisten im kurfürstlich brandenburgischen Bauwesen zählten ferner Wilhelm Za- charias, Hans Räspell, Rochus Graf Lynar, Peter Kummer, Caspar Schwabe und Peter Niuron674. Mit Konrad Krebs und seinem Schüler Kaspar Theiss handelte es sich darüber hinaus um zwei Baumeister, die hauptverantwortlich für den Torgauer Schlossbau waren. Der von Konrad Krebs verantwortete Entwurf des Joachimsbaus orientierte sich ganz am sächsischen Vorbild675. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an den offenen Treppen- turm, die sogenannte Wendelstiege, einen mit fürstlichen Bildnissen geschmückten Lauf- gang im zweiten Obergeschoss, darunter an der Innenhoffassade des Cöllner Schlosses bezeichnenderweise das bereits erwähnte Porträtmedaillon des Moritz von Sachsen, hohe Zwerchhausgiebel sowie runde Eckerker. Bereits für 1537, also ein Jahr nach dem Besuch des Brandenburgers auf Schloss Hartenfels, sind erste Vorarbeiten für das neu zu errich- tende Berliner Stadtschloss bezeugt. Und wiederum ein Jahr später begann die erste Bau- phase, der Bau des sogenannten Stechbahnfl ügels. Die Indienstnahme der wesentlichen Funktionsmerkmale des Schlosskomplexes als ei- nes Ortes politischer und gesellschaftlicher Zentralität im Sinne der gezielten dynastisch- residenziellen Rang- und Prestigeerhöhung war bereits für die erste Phase der Schloss- geschichte, also bis 1538, zu beobachten gewesen. In weit größerem Umfang galt sie für die Herrschaft Joachims II. und im Besonderen mit Blick auf den Schlossneubau auf der Spreeinsel. Ein Vergleich zwischen Torgauer Vorbild und Cöllner Abbild ergab eine für jedermann sichtbare Instrumentalisierung der repräsentativ-symbolischen Schloss- architektur des neuen Spreeschlosses im Dienste des hohenzollernschen Herrscher- und Herrschaftskultes. Dabei wird jedoch sehr schnell deutlich, dass der brandenburgische Kurfürst und seine sächsischen Baumeister nichts weniger als eine bloße Kopie des Tor- gauer Schlosses im Sinne hatten. Jede Epigonalität gegenüber dem sächsischen Vorbild sollte vielmehr bewusst vermieden werden676. Verfügt Schloss Hartenfels über geschlos- sene Eckerker, so wurden diese an der Stechbahnfassadenseite des Joachimsbaues ge- öffnet. Markante Abweichungen fanden sich hinsichtlich der turmartigen Loggia an der stadtseitigen Stechbahnfassade. Dem giebellosen Abschluss des Großen Wendelsteines an der Innenhoffassade des Stechbahnfl ügels stand ein Giebel beim Torgauer Vorbild ge- genüber.

672 Das Steinmetzzeichen an der Stufe des großen Wendelsteins hinter dem Stechbahnfl ügel ist bereits von G. Peschken Caspar Reinwald zugeordnet worden. Siehe Peschken, Goerd: Das königliche Schloß zu Berlin, S. 55. 673 So jüngst auch Hinterkeuser, Guido: Funktion und Prestige, S. 121. 674 Vgl. zu ihnen ergänzend Kieling, Uwe (Hg.), unter Mitarbeit von Hecker, Uwe: Berliner Archi- tekten und Baumeister bis 1800. Biographisches Lexikon (Miniaturen zur Geschichte, Kultur und Denkmalpfl ege Berlins 9), Berlin 1983. 675 Vgl. Badstübner, Ernst: Schlösser der Renaissance in der Mark, S. 15 – 16. 676 In diesem Sinne auch Badstübner, Ernst: Schlösser der Renaissance in der Mark Brandenburg, Ber- lin 1995, S. 14 ff. 154 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Diese in der Tat markanten Abweichungen in Fassaden- und Dachgestaltung677 erklä- ren sich einerseits funktional und andererseits programmatisch-intentional. Funktionale Gründe waren beispielsweise der Verzicht des Brandenburgers auf die Errichtung ei- nes mächtigen Turmanbaus mit Archiv und Stammstube gegenüber Torgau, wo er schon vorhanden war. Seit dem späten 15. Jahrhundert diente der vormals zur Stadtmauer ge- hörende mittelalterliche Wehrturm, der sogenannte „Grüne Hut“, als kurfürstliches Ar- chiv678. Ferner befanden sich von den Zeiten Friedrichs II. bis zum Großen Kurfürsten in einem weiteren Turm, dem Kapellenturm neben der Erasmuskapelle mit ihren spätgoti- schen Gewölben, die kurfürstlichen Gemächer mit der „Kammer“. Zudem wurden dort die verstorbenen Mitglieder des Hauses Hohenzollern zum Zwecke der Fürbitte und des Gedächtnisses bis zu ihrer Überführung in die Domkirche aufgebahrt679. Auch die schon 1538 angelegte „Stechbahn“, die Gelegenheit zu repräsentativen Turnieren, Feuerwerken und Wettrennen bot, sprach gegen eine Kopie des Torgauer Turmes und für eine den herr- schaftlichen Gästen angemessene Loggia. Auch unter Johann Georg und seinem Nachfolger bleiben Einfl uss und Abhängigkeit vom sächsischen Nachbarn eine Konstante des politischen, ökonomischen und gesell- schaftlichen Lebens in der Mark. Auf vielen Feldern ist sogar eine Zunahme zu beobach- ten. Von den Glücksrittern Rochus Graf zu Lynar und Chiaramella di Gandino war in die- sem Zusammenhang an anderer Stelle bereits ausführlich die Rede. Ihre in ausländischen, unter anderem sächsischen Diensten gewonnenen Erfahrungen waren dem Kurfürsten von Brandenburg hohe fi nanzielle Summen wert. Die Bau- und Gründungsgeschichte der Cöllner Hofapotheke ist ein weiteres prägnan- tes Beispiel dafür, wie weit die brandenburgische Fixierung auf den sächsischen Nach- barn und Konkurrenten reichte680. Auf Befehl Johann Georgs wurde im Jahre 1584 sein

677 Vgl. Müller, Matthias: Das Schloß als Bild des Fürsten, S. 95; ders.: Das Schloß als fürstliches Ma- nifest, S. 440. 678 Bis dahin ist diese hoheitliche Funktion für das Hohe Haus in der Berliner Klosterstraße bzw. für Tangermünde bezeugt. Vgl. dazu Nolte, Cordula: Familie, Hof und Herrschaft, S. 158; ferner Neu- gebauer, Wolfgang: Residenz-Verwaltung-Repräsentation, S. 16. 679 Eine Liste der dort feierlich aufgebahrten Mitglieder des brandenburgischen Kurhauses gibt Mül- ler, Nikolaus: Die Gründung und der erste Zustand der Domkirche zum hlg. Kreuz in Köln-Berlin und das Neue Stift in Halle a.S., in: Jahrbuch für Brandenburgische Kirchengeschichte 2/3 (1906), S. 68 – 232, hier S. 201 f. 680 Vgl. hierzu: Hörmann, Johannes: Die Königliche Hofapotheke in Berlin 1598 – 1898, in: Hohenzol- lern-Jahrbuch 2 (1898), S. 208 – 226; Maier, Martin: Die Hofapotheke am Stadtschloss Berlin. Die Auswirkungen einer staatlichen Einrichtung im preußischen Gesundheitswesen auf Wissenschaft, Arzneiversorgung und Wirtschaftlichkeit sowie auf Erforschung und Ausbildung vom 17. bis zum 20. Jahrhundert, Berlin 2004; Heilmeyer, Marina: Wohlzutun vergesset nicht – Die Stiftung ei- ner brandenburgischen Kurfürstin, in: Schön und nützlich. Aus Brandenburgs Kloster-, Schloss- und Küchengärten, Begleitbuch zur Ausstellung des Hauses der Brandenburgisch-Preußischen Ge- schichte, Potsdam, 15. Mai bis 15. August 2004, Berlin 2004. – Zum Hofapothekengebäude und seiner Funktion vgl. Wiesinger, Liselotte: a.a.O., S. 62 – 70; Badstübner, Ernst: Schlösser der Re- naissance, S. 26 f.; Nicolai, Friedrich: Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, Anhang: Nachricht von den Baumeistern, Bildhauern, Kupferstechern, Malern und Stuk- kateuren und andern Künstlern, Berlin 1779/1786, S. 63. IV. Sächsischer Einfl uss und sächsisches Anspruchsniveau 155

„Hofapotheker“ Michael Aschenbrenner nach Dresden geschickt. Hierbei handelte es sich weniger um einen Apotheker im heutigen Sinne; besser sollte man von einem Alchemis- ten und Chemiker sprechen681. Der Zweck seiner Mission bestand darin, sich zum einen in den alchemistischen Arcankünsten fortzubilden, weswegen Aschenbrenner den berühm- ten sächsischen Kollegen Sebald Schwertzer aufsuchen sollte. Zum anderen bezog sich sein Auftrag auf die Planung des zukünftigen Hofapothekengebäudes am Schloss. Mit Hilfe Schwertzers sollte eine Liste der zum Goldmachen notwendigen Gerätschaften so- wie der generell erforderlichen Inneneinrichtung erstellt werden. Auch was die Anferti- gung eines Grundrisses für das geplante Laboratorium betraf, zeigte sich Kurfürst August von Sachsen hilfreich. Mit dem sächsischen Maurermeister Peter Kummer d.Ä. stellte er ihm einen ausgewiesenen Fachmann für den Kaminbau zur Verfügung, der gemeinsam mit Aschenbrenner und Schwertzer noch in Dresden die gewünschte „Visierung“ erstellte und Aschenbrenner darüber hinaus bei seiner Rückkehr in die Mark begleiten musste, um das geplante Prestigeprojekt vorantreiben zu helfen682. Mit der Gründung der ersten Hofapotheke im heutigen Sinne durch Kurfürstin Katha- rina, Gemahlin Joachim Friedrichs, liegt uns ein weiteres Beispiel sächsischen Einfl usses vor. Bereits Kurfürstin Anna von Sachsen hatte Jahre zuvor die Dresdner Hofapotheke zur Linderung der Not der Siechen und Armen gegründet. Kurfürstin Katharina folgte ihr darin, als sie im Jahre 1598 im Lynarschen Apothekenfl ügel eine solche aus Anlass der im selben Jahr in der Residenzstadt ausgebrochenen Pest einrichten ließ. Strenggenom- men handelte es sich bei der Apothekengründung im Cöllner Schloss allerdings um eine Verlegung der Hofapotheke von Halle nach Berlin. Die brandenburgische Kurfürstin hatte diese in der Zeit der Regentschaft ihres Gemahls über das Magdeburger Erzstift auf der Moritzburg kennen und schätzen gelernt, so dass sich im Falle der Gründungsgeschichte der Hofapotheke mit Fug und Recht von einer doppelten ausländischen Vorbildrolle spre- chen lässt. Aufzuräumen gilt es ferner mit der sich hartnäckig haltenden Legende von der beson- deren Förderung der höfi schen Musik zu Cölln-Berlin unter Kurfürst Joachim II.683 Seit 1500 hatte sich, besonders unter Kaiser Maximilian, die Pfl ege der vokalen Mehrstim- migkeit zu einem Prestigegenerator erster Güte an den bedeutenden europäischen Hö- fen entwickelt. Neben dem Kaiserhof suchten und fanden im Alten Reich namentlich der Münchner sowie der Hof der Wettiner in diesem Sinne Anschluss an die zeitgenössische Entwicklung. Bereits vom sächsischen Hof des 15. Jahrhunderts ist bekannt, dass er über

681 Vgl. Jüttner, Guido: Pomerantzen und die Hof-Apotheke am Stadtschloß, Berlin 1996. 682 Vgl. zu den Vorgängen um die Reise Michael Aschenbrenners an den Dresdner Hof Badstübner, Ernst: Schlösser der Renaissance, S. 26; ferner Wiesinger, Liselotte: a.a.O., S. 63 f. 683 Vgl. etwa den Sitzungsbericht von Martin Haß im Verein für Geschichte der Mark Brandenburg vom 10. März 1909 in: FBPG 22 (1909), S. 18 – 19, hier S. 18; Sachs, Curt: Musik und Oper am kurbrandenburgischen Hof, Berlin 1910; ferner Schulz, Knut: Vom Herrschaftsantritt der Hohen- zollern bis zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges (1411/12 – 1618), in: Ribbe, Wolfgang (Hg.): Geschichte Berlins, Bd. 1: Von der Frühgeschichte bis zur Industrialisierung, 2. durchges. Aufl ., München 1988, S. 251 – 340, hier S. 299; Neugebauer, Wolfgang: Residenz-Verwaltung-Repräsen- tation, S. 19, wo er von der „von Joachim II. sehr geförderten Hofmusik“ spricht. 156 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert eine reich besetzte Hofkantorei wie -kapelle verfügte. Sänger, Sängerknaben, Organisten, mindestens sechs Trompeter sowie weitere Bläser, Lautenisten und Harfenisten gehörten zu ihren Mitgliedern684. Pomp und Pracht in dieser Hinsicht sind auch für die Leipziger Hochzeit Georgs des Bärtigen mit der polnischen Königstochter Barbara im Jahre 1496 bezeugt. Die Rede ist von insgesamt 90 deutschen und polnischen Instrumentalisten, die dem hochpolitischen Ereignis seinen festlichen Rahmen verliehen685. Allein 40 Sänger umfasste die Kantorei Kaiser Maximilians, die den Habsburger unter der Leitung Ludwig Senfl s auf den Augsburger Reichstag von 1518 zu begleiten hatte686. Die zeitgenössische „Hofkapelle“ des hohenzollernschen Kurfürsten Albrecht Achill und seines Sohnes und Nachfolgers Johann Cicero hingegen bestand, folgt man der Auf- stellung des Hofpersonals aus dem Jahre 1473 unter der Rubrik „In der Capellen“, ledig- lich aus „Des Jungen herrn Caplan, dry prister, funff Korschüler“687. Dies lässt nicht nur auf die Existenz einer Hofkapelle schließen, die allein geistliche Funktion besessen ha- ben dürfte. Eine solche Lösung war zudem in hohem Maße kostensparend, insofern diese Personengruppe gleichsam von Amts wegen zum Gesang herangezogen wurde688, mithin also keine zusätzlichen Kosten, wie sie etwa der Aufbau einer weltlichen Hofkapelle von Rang erfordert hätte, verursachte. Seit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts aber scheint sich am Cöllner Hof, beson- ders unter Joachim II., eine neue „Hofkapelle“ entwickelt zu haben, die auch weltlichen Ansprüchen dienen sollte. Allerdings scheinen Größe und Qualität des kurfürstlichen En- sembles nur den damals unter den deutschen Höfen üblichen Minimalanforderungen ent- sprochen zu haben. So ist aus der Bestallungsurkunde des Trompeters Cunz Kolbe von 1508 die Verpfl ichtung der kurbrandenburgischen Trompeter bekannt, auch mit anderen Instrumenten zu spielen689. Not macht bekanntlich erfi nderisch! Die vokal bestimmte Polyphonie der Zeit jedoch bedurfte wohlausgebildeter, hoch- besoldeter Sänger, Komponisten und Kapellmeister vom Schlage eines Ludwig Senfl oder Orlando di Lasso am Münchner Hof oder etwa eines Josquin des Préz oder eines da Palestrina am französisch-burgundischen beziehungsweise am päpstlichen Hof. Un- ter den kurbrandenburgischen Verhältnissen war daran erst gar nicht zu denken. Dem-

684 Vgl. Herrmann, Matthias: „... die erste evangelische ader deutzsche messe gehalten und das sacra- ment beyder gestalt gereicht ...“. Höfi sche Musik in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Dres- den, in: Dresdner Hefte 73 (1/2003), S. 78 – 84, hier S. 78. 685 Vgl. Herrmann, Matthias: a.a.O., S. 79. 686 Vgl. Sachs, Curt: a.a.O., S. 22. 687 Riedel, CDB C II, S. 128. 688 In diesem Sinne, bezogen auf den Hof des Wittelsbachers Wilhelm IV., Leuchtmann, Horst: Die Maximilianeische Hofkapelle, in: Glaser, Hubert (Hg.): Um Glauben und Reich. Kurfürst Maximi- lian I. Beiträge zur Bayerischen Geschichte und Kunst 1573 – 1657. Ausstellungskatalog Bd. II,1, München 1980, S. 364 – 375, hier S. 364. 689 Vgl. hierzu Ahrens, Karl-Heinz: Residenz und Herrschaft. Studien zur Herrschaftsorganisation, Herrschaftspraxis und Residenzbildung der Markgrafen von Brandenburg im späten Mittelalter. Frankfurt am Main 1990, S. 199, Anm. 2: „Nach vnserm gefallen vor einem Drometer vnd In allen andern Instrumenten, daruff er gelert ist, one einrede vnd behelff gebrauechen lassen“ (Riedel, CDB C III, S. 190). – So auch Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 138. IV. Sächsischer Einfl uss und sächsisches Anspruchsniveau 157 entsprechend kennt die Joachimische Hofordnung von 1537 nur ein dreizehnköpfi ges Trompeterkorps690. Von lediglich zehn Trompetern, darunter einem Zinkenisten, spricht das Hofstaatsverzeichnis von 1542. Von nur noch sechs „trumetern“, einem Zinkenis- ten und einem Pauker weiß Redaktion B der kurbrandenburgischen Hofordnung von 1542/1546691. Vokalisten werden, von einem „sangmaister“ und den sog. „alleluiajun- gen“, also einfachen Chorknaben, abgesehen692, an keiner Stelle genannt. Joachims deut- lich erkennbare Vernachlässigung eines Instrumental- wie Vokalensembles von Niveau legt mithin den Schluss nahe, dass das kurbandenburgische Trompeterkorps in erster Linie repräsentative Heroldsfunktionen zu übernehmen hatte693. Bei festlichen Einzü- gen ihres Landesfürsten oder auch ausländischer Potentaten hatten diese die hohen und höchsten Gäste anzukündigen. Ebenso hatten die kurfürstlichen Musiker zu Dankfeiern, dynastischen oder anderen feierlichen Anlässen aufzuspielen und damit für den prestige- trächtigen Festrahmen zu sorgen. Über den Mangel an gut ausgebildeten Musikern am kurbrandenburgischen Hof klagte noch Kurfürst Johann Georg seinem Sohn Joachim Friedrich in einem Brief aus Grimnitz aus dem Jahre 1574. Darin bittet er den Magdeburger Administrator, „[...] uns zu Sön- lichem vnd freundlichen gefallen obberurte Instrumenta auf eine Zeit langk zu besserer staffi rung vnserer Musica und Exercirung der Instrumentisten leihen vnd zum förderli- chesten zukomen lassen [wollen]“694. Offen gesteht Johann Georg seinem Sohn, dass er, obwohl „wir unsere Hoff Cantorey etwas gestercket vnd Ihr zimlich damit vorsehen, wir aber an vornehmen sonderlich blasenden Instrumenten mangel haben, vnd sonsten so bald nicht darzu zu komen wissen, vnd wir dann berichtet, auch vns one das bewust, dass E: L: etliche Quart Zincken Bommarten vnd dergleichen blasende vornehme vnd ansehenliche Instrumenten haben, welche wie wir berichtet eine lange Zeithero vngebrauchet gelegen, vnd noch; vnd wir es freundlich dafür achten, das denselbigen besser sei das sie gebrau- chet werden, denn also liegen.“695 Bekannt ist auch, dass der albertinische Kurfürst Chris- tian I. 1586 bei einer Visite in Cölln-Berlin seine englischen Instrumentisten in größter Eile nachkommen ließ, „damit sie bei Hofe aufwarteten“696. Um ein Zeichen deutlichen Mangels handelt es sich auch im folgenden Fall. Anlässlich des Tauffestes Marie Eleo- nores, Tochter Joachim Friedrichs aus seiner zweiten Ehe, am 11. April 1607 sah sich der Kurfürst gezwungen, die Hilfe der Kapelle des debilen Herzogs von Preußen in Anspruch zu nehmen, da die Berliner musikalischen Kräfte zu einer würdigen Repräsentation nicht

690 Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 91. – So auch schon unter Joachim I. (vgl. hierzu Bardeleben, C. von: Über das Kriegswesen in der Mark Brandenburg zur Zeit von Kurfürst Joachim I., in: FBPG 18 (1905), S. 519 – 537, hier S. 533). 691 Haß, Martin: a.a.O., S. 138, Anm. 91b. – Drei der Musikanten verfügten jeweils über einen Jungen (vgl. hierzu auch Ahrens, Karl-Heinz: a.a.O., S. 199). 692 Haß, Martin: a.a.O., S. 94, 146. 693 Vgl. hierzu auch Bardeleben, C. von: Über das Kriegswesen, S. 533. 694 Brief des Kurfürsten Johann Georg an seinen Sohn Joachim Friedrich von 1574 [Königsche Kopie im Geh. Staatsarchiv, Rep. 92 N.370], abgedr. in: Sachs, Curt: a.a.O.,201 – 202. 695 Ebd. 696 Sachs, Curt: a.a.O., S. 48. 158 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert ausreichten697. Vom Königsberger Kapellmeister Johann Eccard wurde in diesem Zusam- menhang ein Gutachten erbeten, „wie das Capelwesen allhier wiederum [am Cöllner Hof; A.B.] etwas in Ordnung zu bringen“698. In wie schlechtem Zustand sich ein großer Teil der kurfürstlichen Musikinstrumente zudem befand, erhellt aus einem entsprechenden In- ventar aus dem Jahre 1582699. Neben zahlreichen Klagen über deren Verwahrlosung hö- ren wir etwa vom Hoforganisten Jacob Mors über „ 1. Ein groß Poßtiff mit einem Fueß, so in der Ritterstuben stetts stehett, (...), das es sonsten ferttig, allein der fueß sey man- gelbahr, vnd ein Regall so darzu gehorett ist nicht verzungett 2. Ein Posatiff in der Capel- len ist fast mangelbahr, vnnd seindt 16 Regalpfeiffen darauß gestohlen, ist etwa mit drey oder vier Thalern widerumb in wirden zubringen; Erfordertt sonsten die notturfft, weil es offen ohne futter, vnd vnuorschlossen stehett, vnd sonderlich wenn frembde Herschafften in der Saall- oder Ritterstuben liegen, Jederman darzu lauffen, vnnd schaden thun kann, das endtweder ein verschlossen Futter von Brettern daruber, oder darzu, oder aber vorherr vnnd auf der Lehne herumb ein gegitter gemacht, vnd dasselbe alß verschlossen gehalten werde, damit nicht Jederman darzu lauffen, vnnd schaden thun konne x“700. Über „Eine Alte Symphonei, (...)“ erfahren wir, dass „daran der Boddem endtzwey“. Und der 1572 von Johann Georg angestellte Diskantgeiger Elias Göttling berichtet über den Zustand von fünf in Köln am Rhein für „vngefehr vmb etliche vnnd vierzigk thaler“ erworbene Geigen, „Solche 5 stucke seindt vorhanden, Als ein Baß, (...), welcher fast mangelhafft, vnnd zerbrochen, gleichwoll noch etwaß zur nott zugebrauchen, Tauge aber dennoch nicht viell, Zwen Tenor seindt auch sehr zerbrochenn, doch wen sie wider zugericht wer- denn, kann man zur noth damit vfwartten“701. An die kunstvolle Aufführung mehrstimmi- ger Messen oder Motetten war unter solchen Umständen wohl nicht zu denken. Für die an den bedeutenden europäischen wie auch wenigen deutschen Höfen ge- pfl egte vokale Polyphonie, die etwa dem Prestigestreben der Wittelsbacher unter Herzog Albrecht V. und seinem Sohn Wilhelm dank der Genialität eines Orlando di Lasso zu eu- ropäischem Ansehen verhalf702 und die im übrigen eines umfangreichen, hochausgebil- deten und kostenintensiven Ensembles von Instrumentalisten und Vokalisten bedurfte, fehlten den Hohenzollern offensichtlich sämtliche Mittel703. Aufführungen von polypho-

697 So die Bewertung von Curt Sachs trotz im Gesamttenor entgegengesetzter Meinung, die Qualität der kurbrandenburgischen Hofkapelle betreffend (Sachs, Curt: a.a.O., S. 42 – 43). 698 Sachs, Curt: a.a.O., S. 43. 699 Instrumenteninventar von 1582 [Kgl. Hausarchiv, Rep. XIX, Pers. Spec.], abgedr. bei Sachs, Curt: a.a.O., S. 205 – 207. 700 Instrumenteninventar von 1582 [Kgl. Hausarchiv, Rep. XIX, Pers. Spec.], abgedr. bei Sachs, Curt: a.a.O., S. 205. 701 Instrumenteninventar von 1582 [Kgl. Hausarchiv, Rep. XIX, Pers. Spec.], abgedr. bei Sachs, Curt: a.a.O., S. 207. 702 Vgl. Leuchtmann, Horst: Die Maximilianeische Hofkapelle, in: Glaser, Hubert (Hg.): Um Glauben und Reich. S. 364. 703 Über die unverhältnismäßig hohen Kosten, die bereits die kleine brandenburgische Hofkapelle sei- nes Sohnes Johann Cicero verursachte, klagte bereits Albrecht Achill: „Sulche ding gungen aus ew- rer kostenlichkeit vnd vnnutzen ausgeben pfeiffern, trumetern vnd anderen.“ (Riedel, CDB, C II, S. 198, zitiert nach Ahrens, Karl-Heinz: a.a.O., S. 200, Anm. 9). IV. Sächsischer Einfl uss und sächsisches Anspruchsniveau 159 ner Vokalmusik, die dem zeitgenössischen Niveau mit seinem gewaltigen Motetten- und Messenrepertoire auch nur annäherungsweise entsprochen hätte, ließen solchermaßen be- schriebene strukturelle wie musiktechnische Bedingungen, über die selbst die Mitglieder der kurfürstlichen Hofkapelle in großer Zahl klagten, erst gar nicht zu. Jedenfalls ließ sich am Hofe der Hohenzollern so weder im regulären Hofgottesdienst noch bei festlichen An- lässen – wenn überhaupt – auf vergleichbarem höfi schem Niveau wie etwa am Kaiserhof oder in München fi gural musizieren. Interessant für das Verhältnis der beiden miteinander konkurrierenden Nachbarn ist auch ein Blick auf das unterschiedliche Rezeptionsverhalten, das sich hinsichtlich der Festkultur zeigt. Ansätze zur Ausbildung einer Festkultur als einem gemeinhin anerkann- ten Mittel, Ansehen und Rang einer Dynastie symbolhaft zu verkörpern und auf diese Weise in zeichenhafter Weise Prestige und Hoheit gegenüber Konkurrenten zu wahren oder auch zu erhöhen, lassen sich für Cölln-Berlin in der zweiten Hälfte des 16. Jahr- hunderts festmachen704. Zwar sind bereits aus früherer Zeit eine Vielzahl an Familien- festen wie Taufen, Hochzeiten, Begräbnissen im Hause Hohenzollern quellenmäßig be- legt. Doch zur Ausbildung einer öffentlichkeitswirksamen Festkultur fehlte es dem Hof der Hohenzollern allenthalben an den auf Dauer dafür notwendigen Mitteln. Für die Un- terbringung der Gäste anlässlich der Hochzeit Johann Ciceros mit Margarete, der Toch- ter Herzog Wilhelms von Sachsen, am 25. August 1476 beispielsweise – es handelte sich hierbei wohl eher um eine kleine Hochzeit von nicht mehr als 1000 Pferden705 – reichten die Raumkapazitäten des Cöllner Hofl agers bei weitem nicht aus. Nur die Damen hatte man im Schloss unterbringen können. Die übrige Hochzeitsgesellschaft wurde auf Gast- häuser und andere städtische Quartiere verteilt. Noch bei der Hochzeitsfeier von Joach- ims Tochter Hedwig (1540 – 1602) mit Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel im Februar 1560 mussten selbst hohe und höchste Gäste Stadtquartiere beziehen: so etwa der herzogliche Bräutigam, der im Hause des Patriziers Hans Schmer logierte; der Kurfürst von Sachsen, der bei Andreas Glaser untergebracht wurde; der Erzbischof von Magde- burg im Hause des Andreas Grieben und der Markgraf von Küstrin bei Magister Paul Ha-

704 Hierzu vgl. Bardeleben, Carl von: Festlichkeiten am Brandenburgischen Hofe, S. 61 – 68, 90 – 98; Frischlin, Jacob: Drey schone und lustige Bücher von der Hohenzollerischen Hochzeit [...] (1598), Augsburg 1599; König, Anton Baltasar: Versuch einer historischen Schilderung der Hauptver- änderungen, der Religion, Sitten, Gewohnheiten, Künste, Wissenschaften etc. der Residenzstadt Berlin seit den ältesten Zeiten, bis zum Jahre 1786, Erster Theil. Bis zum Ende der Regierung Churfürst George Wilhelms, Berlin 1792 (ND Berlin 1991); Preuß, Ingeborg: Philipp Uffenbach (1566 – 1636)? – Ringrennen und Feuerwerk vor dem Schloß zu Cölln an der Spree, in: Berlinische Notizen 1983, S. 12 – 16; Schlegelmilch, Ulrich: Descriptio templi. Architektur und Fest in der la- teinischen Dichtung des konfessionellen Zeitalters, Regensburg 2003; Watanabe-O’Kelly, Helen: Das Schloß als Festort, S. 15 – 29. – Zur politischen Funktion von Hoffesten: Hahn, Peter-Michael: Höfe und Residenzen des reichischen Adels im Heiligen Römischen Reich im 17. und 18. Jahrhun- dert: Der Obersächsische Reichskreis, in: Zivot na dvorech barokní slechty (1600 – 1750), 1 (1996), S. 65 – 90; ders.: Höfi sche Festkultur in den protestantischen Reichsterritorien während der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, in: Slavnosti a zábavy na dvorech a v rezidencních mestech raného no- voveku (Opera historica 8), 2000, S. 55 – 77; Bäumel, Jutta: Feste und Jagd am Dresdner Hof, in: Syndram, Dirk/Scherner, Antje (Hg.): In fürstlichem Glanz, S. 46 – 53, hier bes. S. 48 f., 52. 705 So Schulz, Knut: Vom Herrschaftsantritt der Hohenzollern, S. 275. 160 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert nenzweig706. Selbst für engste Mitglieder der kurfürstlichen Familie fehlte es im Cöllner Schloss offensichtlich an Räumen. Wiederholt zum Schauplatz höfi scher Feste wurde die Haupt- und Residenzstadt, wie bereits angedeutet, erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Familienfeiern boten dazu den mit reicher Nachkommenschaft gesegneten Hohenzollern in der Regel Anlass. Vor den Augen einer möglichst großen und möglichst altehrwürdigen Schar fürstlicher Gäste, die allesamt den Grad an Magnifi zenz eines Hauses unter anderem am Maßstab der aufgebotenen Pracht und des demonstrativen Statuskonsums maß, galt es unter Ein- satz großer Finanzmittel im Fest größtmöglichen Pomp zu entfalten. Die (obligatorische) Inszenierung von Ritterspielen, Schiffsparaden, Feuerwerken, Jagden und dgl. unterlag den beschriebenen Erwartungen der geladenen adligen Gesellschaft, deren innerhierarchi- schen Rang und Ehre man kannte und auf die jedermann genau achtete. So kamen etwa anlässlich der Taufe des Prinzen Sigismund im Jahre 1592 drei Wettiner, ein Herzog zu Mecklenburg sowie ein Herzog von Holstein samt adligem „Komitat“ in die brandenbur- gische Residenz. Dank einer detaillierten Festbeschreibung sind wir gut über den Ablauf dieses Festes unterrichtet707. Mehrere Kupferstiche des Jacobus Francus aus den „Histo- ricae relationis continuatio“ von 1593 samt ausführlicher Festbeschreibung waren allein zu dem Zweck vom brandenburgischen Kurfürsten in Auftrag gegeben worden, um die Prachtentfaltung auf diesen Festen in Wort und Bild anschaulich und auf Dauer für Zeit- genossen und Nachwelt festzuhalten708 (Abbildungen 7–8). Es handelte sich bei derarti- gen Festbeschreibungen gleichsam „um symbolische Verdopplungen der feierlichen Akte in einem anderen Medium, Inszenierungen der Inszenierungen, Symbolisierungen zwei- ter Ordnung“709, durch die Pracht und Magnifi zenz über die engere höfi sche Umgebung hinaus unter den reichischen Zeitgenossen Verbreitung fi nden sollte. Vom Besuch König Christians IV. von Dänemark im Jahre 1595 wissen wir, dass der brandenburgische Kurfürst seinen königlichen Gast mit dem dementsprechenden großen Gefolge „einholte“. Der Administrator des Erzstifts Magdeburg und brandenburgische Kurprinz, dessen Sohn, Markgraf Johann Sigismund, die kurfürstlichen Prinzen Chris- tian und Joachim Ernst, Fürst Christian von Anhalt, die Herzöge von Lüneburg und Hol- stein sowie die Grafen von Mansfeld zählten zu den rangmäßig bedeutendsten. Und bei einem (religions-)politischenTreffen des Brandenburgers mit dem Pfalzgrafen Johann Ka- simir, dem Kurfürsten Christian von Sachsen, den Herzögen von Sachsen-Altenburg, von Braunschweig und von Pommern sowie dem Fürsten von Anhalt auf der Festung Küstrin 1586 ließ sich Johann Georg allein die Feuerwerke des Meisters Hans, die dieser zu Ehren der kurfürstlichen Gäste und zur Feier des eigenen Hauses in Szene setzte, 6.000 Gulden kosten. Bei dieser Gelegenheit wurden die Bildnisse des Sultans, des damaligen Zaren,

706 Vgl. Bardeleben, Carl: a.a.O., S. 65. 707 Vgl. dazu König, Anton Balthasar: Versuch einer Historischen Schilderung, S. 131 – 138. 708 Festbeschreibung wie Abbildung fi nden sich bei Peschken, Goerd/Klünner, Hans Werner (Hg.): a.a.O., S. 34 – 38. 709 Stollberg-Rilinger, Barbara: Des Kaisers alte Kleider, S. 21. IV. Sächsischer Einfl uss und sächsisches Anspruchsniveau 161 des Papstes sowie des Tartarenkhans als erklärte Feinde der Christenheit zur Kurzweil der Gäste abgebrannt710. Kunde haben wir auch von der Taufe Markgraf Christians zu Cölln-Berlin im Jahre 1581. Kurfürst August von Sachsen nebst Gemahlin und Sohn Christian gaben sich wohl zur Freude der Gastgeber die Ehre. Dementsprechend prächtig gestaltete sich wie- derum deren „Einholung“: „Vom köpenickschen Thore bis zum Schlosse, standen die berlinisch=köllnisch und spandowschen Bürger in voller Rüstung, und hielten nachmals bey Tag und Nacht Wache. Mittags nach der Taufe ward auf der Bahne eine Fechtschule gehalten, Montags und Dienstags aber ein Ringrennen, auf welchem (...) man viel und mancherley schoene Inventionen, Ritterspiel und instrumenta publica gesehen und ge- hoeret hat, und sonderlich ist H. Christian zu Sachsen, mit Graf Jobst von Barby und vier andere von Adel, so ihnen auf Dienst gewartet, stattlich aufgezogen, in gueldener Kleidung mit Sturmhauben, und gueldenen Leuen Köpfen an Schultern, Ellenbogen und Kniehen, Sonsten an Armen und mit fl eischfarbenen Kartecken, als wenn sie blos gewe- sen angethan. Wie man die heydnischen Götter pfl egt zu machen. Und sind die Musici und Instrumentisten in einer gueldenen Arche Nohe, oben mit einem geschnitzten guelde- nen Dache, daß man sie nicht hat sehen können, fürhergegangen. Auf welcher ein kleiner Knabe, am ganzen Leibe auf der blossen Haut mit fl eischfarben Kartecken bekleidet, mit Flügeln, Bogen, Köcher und verbundenen Augen, wie der Cupido gemalt wird, an einer grossen eisernen Stange stehende gewesen, und haben zwei kleine Knaben mit schoenen weißen Straußfedern angelegt, gueldenen Augen und Schnebelein wie die Täubelein, die Arche geführet, in welcher, wenn der Herzog gerannt und getroffen, man lieblichen mu- siciret, und sind etliche Tauben herausgelassen, deren jede einen hoelzernen Pfeil an der Brust und Kehle, und schwarze Karteckenbinde nachfl iegende gehabt, ist die erste dem Churfürst zu Sachsen, H. August, so bey Churf. von Brandenburg auf dem Trommeter- stul gestanden, zugefl ohen, und hat sich auf seine Zobelmütze gesetzt, die andere ist F. Sophien, Marggräfi n zu Brandenburg, so Herzog Christian zu Sachsen verlobt war, zu- gefl ogen, sich bey ihr aufs Fenster gesetzet, und sich greifen lassen.“711 Unter Aufbietung eines ganz besonderen Pompes und „mit grossen stadtlichen solem- niteten viel herrlicher, dann zuuor Jemals geschehen“712 wurde – Ausdruck der ihm sei- tens des kurfürstlich brandenburgischen Hauses zugeschriebenen Bedeutung – die Mit- belehnung des Kurhauses am Herzogtum Preußen gefeiert713. Als Schaubühne des Festes diente hier, angesichts des eminent politischen, juristischen, ja liturgischen Charakters des inszenierten Vorgangs nur allzu verständlich, nicht allein das kurfürstliche Schloss unter Einschluss der exklusiven Hofgesellschaft. Die ganze Stadt wurde in die öffentlichkeits- wirksame Propaganda mit einbezogen714, wie uns mehrere zeitgenössische Chronisten

710 Hierzu vgl. Schöning, Kurd von: a.a.O., S. 19. 711 König, Anton Balthasar: a.a.O., S. 141 f. 712 Vgl. Historische Aufzeichnungen Berliner Stadtschreiber, in: Riedel, CDB, D I, S. 304 – 370, hier S. 305, anno 1569. 713 Vgl. Bardeleben, Carl: a.a.O., S. 96 ff. 714 Vgl. Watanabe-O’Kelly, Helen: a.a.O., S. 53. 162 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert gleichlautend berichten. In ein gleichsam liturgisch-kriegerisches Gewand gehüllt, bil- deten feierliche Prozession, Glockengeläut, Geschützdonner, feierliches Hochamt in der Domkirche, Ritterschlag- und Umhalsungszeremonien sowie schlussendlich die Prägung von Gedächtnismünzen mit Kurszepter und preußischem Adler auf den zwei Seiten der Medaille die unentbehrlichen Elemente dieser („staatspolitischen“) Feier. In der Sprache der Zeit liest sich das so: „(...) vnd haben alle Jungfrawen beider Stedte Berlin vnd Cöl- len, so vber 12 Jahren gewesen, in weißsen Kleidern vnd Bade Kitteln mit ausgespreiten haren, Desgleichen alle Predicanten von Dörfern auf 3 Meilen herumb in priesterlichen ornat vnd ein Jeder ein Kilch vnd patenam in henden tragende in der procession gehen müßsen, Vnd ist der Churfürst in einem gulden stück, mit Zobeln gefüttert, auf einem goldfarben Gaul, so Ihme der Herzog in Preußsen bescheiden, hinter dem Thumbprobst hergeritten vnd haben Ihme Heinrich von Staupitz, der Oberste, den Schwartzen Preußi- schen Adeler, auf einem weißen bredte abgemalt, Herr George Gans Herr zu Putlitz; Als Erb-Marschalck der Chur Brandenburg, das güldene Churschwerdt, vnd Joachim Röbel, der Oberste, eine weißse Kartecken fane, darauf das Preußische wapen gemalt, neben ei- nander reitende fürgefürt, Vnd hat nach vollendten ampte der Meßse, do es fast 3 Vhrn nach Mittag gewesen, der Churfürst sich auf einen hohen aufgerichten Lehnstul auf dem altar fürm Chore im Tuhmstifft gesetzt, das Churschwerdt bloßs in die hand genomen, vnd Nachdem der Herr Cantzler Doctor Lampertus Distelmeier eine statliche Oration fast bey einer stunden lang von dießser belehnung des hertzogthumbs Preußsen gethan, hat der Churfürst darauf den Polnischen Gesandten, Staupitzen, Röbeln, den Cantzler, Doc- tor Albrecht Tuhm vnd viel andere Rethe mehr zu Rittern geschlagen, Darnach mit sich gegen hoffe genomen, Herrlich tractirt vnd mit güldenen Ketten vnd Ehrkleidern statlich verehrt.“715 Über solche vereinzelten Nachrichten hinaus ist nur weniges über den Standard der Hofkultur der Hohenzollern im „langen 16. Jahrhundert“ bekannt. Noch für die Regie- rungszeit des als in dieser Hinsicht vermeintlich verschwenderisch verschrieenen zweiten Joachim deutet doch manches eher auf Mangel denn auf üppige Prachtentfaltung, etwa im Stile eines Moritz von Sachsen oder seines Bruders und Nachfolgers August, hin. Eine aus Anlass des Besuchs Augusts angefertigte „Bestellunge des Hofes“ erhellt, dass der kurfürstliche Gast im „großen gemach beim schall“, die Kurfürstin im Gemach des brandenburgischen Herrschers und der sächsische Kurprinz im „gemach auf dem grunen Huett“ sowie die beiden (!) Herzöge von Braunschweig im „gewelbe oder könnigsmach“ einquartiert worden seien716. Der Mangel ist nicht nur hier mit Händen zu greifen! Erst seit den siebziger Jahren bemühte man sich, die Rückständigkeit des Cöllner Hofes bezüglich der Repräsentationskultur durch die Errichtung mehrerer Zweckbauten von allerdings nur sehr geringer künstlerischer Qualität unter Maßgabe der arg begrenz- ten ökonomischen Bedingungen zumindest ein Stück weit zu verringern und im Kon-

715 Hafftitz, Peter: Microcronicon Marchium, in: Riedel, CDB, D I, S. 127. 716 König, Anton Balthasar: a.a.O., S. 313 – 322. – So schon Hahn, Peter-Michael: Die Hofhaltung der Hohenzollern. Der Kampf um Anerkennung, in: Bahners, Patrick/Roellecke, Gerd (Hg.): Preußi- sche Stile. Ein Staat als Kunststück, Stuttgart 2001, S. 73 – 89, hier S. 77 f. IV. Sächsischer Einfl uss und sächsisches Anspruchsniveau 163 kurrenzkampf der Höfe um Rang und Magnifi zenz aufzuholen. Mit dem Tode Johann Georgs brachen diese Anstrengungen jedoch abrupt ab. Glänzende Feste wurden unter Joachim Friedrich und Johann Sigismund, mit dessen Konversion zum Calvinismus die Bereitschaft zur Nachahmung der Dresdner Hoffeste vollends weggefallen sein wird717, keine mehr gefeiert718. Die wettinische Hofkultur hingegen setzte in den folgenden Jahr- zehnten mit dem Bau des Komödienhauses, des Ballhauses, eines prächtigen Reit- und Schieß- sowie eines Inventions- und Lusthauses neue, europaweit anerkannte und beach- tete Maßstäbe719. Gleiches gilt auch für die wettinische Kunstkammer, die August im Jahre 1560 zum Ruhme seines Hauses anlegen und mit kostbarsten Sehenswürdigkeiten anfüllen ließ720. Die Dresdner Kunstkammer, die zweitälteste ihrer Art nach der 1553 in Wien durch die Habsburger eingerichteten721, galt bereits den Zeitgenossen als eine Sammlung von euro- päischem Rang. Sie verfügte über insgesamt sieben Räume von unterschiedlicher Größe

717 Vgl. dazu Sieber, Friedrich: Volk und volkstümliche Motivik im Festwerk des Barocks, dargestellt an Dresdner Bildquellen, Berlin 1960, S. XIf., S. 1 ff.; vgl. ferner die Beschreibung der Hochzeits- feierlichkeiten Kurfürst Christians I. von Sachsen mit Sophie von Brandenburg in der Dresdner Residenz in: Müller, Jürgen: Giovanni Maria Nosseni und die Dresdner Kunst zwischen 1580 und 1620, in: Syndram, Dirk/Schwerner, Antje (Hg.): In fürstlichem Glanz, S. 34 – 45, hier S. 36 sowie den Hinweis auf das von Nosseni inszenierte Schauessen aus Anlass der zweiten Hochzeit Johann Georgs I. mit Magdalena Sibylla von Brandenburg von 1607 bei Müller, Jürgen: a.a.O., S. 42. 718 König, Anton Balthasar: a.a.O., S. 153, 155. 719 Vgl. dazu Watanabe-O’Kelly, Helen: a.a.O., S. 55 f.; ferner Müller, Jürgen: a.a.O., S. 34 – 45. 720 Zur Dresdner Kunstkammer vgl. Hantzsch, Viktor: Beiträge zur älteren Geschichte der kurfürst- lichen Kunstkammer in Dresden, in: Neues Archiv für sächsische Geschichte 23 (1902), S. 220– 296; Holzhausen, Walter: Lage und Rekonstruktion der kurfürstlichen Kunstkammer im Schloß zu Dresden, in: Repertorium für Kunstwissenschaft 48 (1927), S. 140–147; Heres, Gerald: Dresde- ner Kunstsammlungen im 18. Jahrhundert, Leipzig 1991, S. 28 ff.; Menzhausen, Joachim: Dres- dener Kunstkammer und Grünes Gewölbe, Leipzig 1977; ders: Elector Augustus’ Kunstkammer: An Analysis of the Inventory of 1587, in: Impey, Oliver/Mac Gregor, Arthur (Hg.): The Origins of Museums. The Cabinet of Curiosities in Sixteenth- and Seventeenth-Century Europe, Oxford 1985, S. 69–75; Seydewitz, Ruth und Max: Die Dresdener Kunstschätze. Zur Geschichte des Grünen Gewölbes und der anderen Kunstsammlungen, Dresden 1960; Die Dresdner Kunstsammlungen in fünf Jahrhunderten, in: Dresdner Hefte, hrsg. vom Dresdner Geschichtsverein e.V., Sonderausgabe 2004; vgl. insbes. die Essays von Dirk Syndram und Wolfram Koeppe in: Syndram, Dirk/Scherner Antje (Hg.): In fürstlichem Glanz, hier S. 54–69 und 80–89. 721 Zur Bedeutung der Kunstkammer in der frühen Neuzeit: Da Costa Kaufmann, Thomas: Remarks on the Collection of Rudolf II: The Kunstkammer as a form of Representatio, in: Art Journal, Bd. 38, 1978; Scheicher, Elisabeth: Zur Entstehung des Museums im 16. Jahrhundert. Ordnungsprinzipien und Erschließung der Ambraser Sammlung Erzherzog Ferdinands II., in Akten des XXV. Interna- tionalen Kongresses für Kunstgeschichte, Wien 4.-10.9.1983, Bd. 4, Der Zugang zum Kunstwerk. Schatzkammer, Salon, Ausstellung, „Museum“, Wien/Köln/Graz 1986, S. 43 – 52; dies.: Die Kunst- und Wunderkammern der Habsburger, Wien/München/Zürich 1979; Bauer, Rotraut/Haupt, Herbert (Hg.): Das Kunstkammerinventar Kaiser Rudolfs II., 1607 – 1611, in: Jahrbuch der kunsthistori- schen Sammlungen in Wien, Bd. 72 (N.F. Bd. XXXVI), 1976; Kugler, Georg: Rudolf II. als Samm- ler, in: Prag um 1600. Kunst und Kultur am Hofe Kaiser Rudolfs II., Ausstellungskatalog, 2 Bde., Wien 1988, S. 9 – 21. 164 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert im Dachgeschoss des Westfl ügels des Dresdner Schlosses722. Dem ersten schriftlichen In- ventar der Dresdner Kunstkammer zufolge barg die Sammlung zum überwiegenden Teil Werkzeuge aller Art und hier insbesondere wissenschaftliche Instrumente. Zusammen machten diese Scientifi ca mit einer Stückzahl von ungefähr 8000 etwa 80 Prozent des Gesamtbestandes der Kunstkammer-Sammlung aus. Diese repräsentierten nach dem Wil- len der Wettiner den neuesten Stand der Technik ihrer Zeit und demonstrierten auf diese Weise die enorme Wirtschaftskraft und das hohe technische Entwicklungsniveau ihrer kursächsischen Territorien. Auf die Bekundung von Status und Dignität des wettinischen Herrscherhauses zielte auch die zeichenhafte Ausgestaltung der Kunstkammer, insbesondere der sogenannten „reiß cammer“ als dem Herzstück des kursächsischen Kunstkammergefüges. Dort be- fand sich vor einem Fenster der Zeichentisch des sächsischen Kurfürsten, an dem er ei- genhändig Karten seiner Ländereien anfertigte. Ein gutes Dutzend davon hing wohl nicht zufällig gerahmt an den Wänden und symbolisierte so die Inbesitznahme seines Herr- schaftsgebiets mit den Mitteln der Geometrie und der angewandten Mathematik723. Teil der symbolhaften Raumausstattung waren selbstverständlich auch die vielen Herrscher- portraits und genealogischen Stammtafeln, die für die Kunstkammerräume belegt sind. Im Reißgemach etwa hingen zwei Portraits des Kurfürsten, darunter das bekannte Ge- mälde von August mit Harnisch und Kurschwert, das 1586 nach seinem Ableben von dem Cranach-Schüler Zacharias Wehme angefertigt worden war. Eingerahmt von sechs kai- serlichen und königlichen Standesgenossen sowie von einer Serie der zwölf römischen Imperatoren diente diese Portraitsammlung namentlich, nicht zuletzt aufgrund ihrer Ex- klusivität und Kostbarkeit in materieller wie künstlerischer Hinsicht, dem Herrscher- lob724. Vier Statuetten zu den Tageszeiten von Michelangelo, die der Herzog von Savoyen Kurfürst August 1576 geschenkt, sowie ein kostbares Schreibmöbel, das Kaiser Maximi- lian II. anlässlich seines Dresdenaufenthalts der Kurfürstin Anna ein Jahr zuvor verehrt hatte, dienten ebenfalls der Visualisierung von Status und Ansehen des regierenden Herr- scherhauses725. Christian I. fügte diesen Prunkstücken an gleichem Ort unter anderem vier Bronzestatuetten Giambolognas, von Francesco I. de Medici aus Anlass von Christians Herrschaftsantritt im Frühjahr 1587 überreicht, sowie die Reiterstatuette Marc Aurels von Filarete, ein Geschenk des Herzogs Guglielmo Gonzaga von Mantua, hinzu726. Symbol- trächtig plazierte der Sohn und Nachfolger Augusts auf dem Zeichentisch seines Vaters ferner eine Smaragdstufe, die als kostbares Naturwunder galt und seit 1581 zum unveräu-

722 Hierzu vgl. Syndram, Dirk: Über den Ursprung der kursächsischen Kunstkammer, in: Dresdner Hefte, Sonderausgabe 2004, S. 3 – 13, hier S. 5. 723 Vgl. Syndram, Dirk: a.a.O., S. 6 f. 724 Hierzu vgl. Marx, Barbara: Kunst und Repräsentation an der kursächsischen Höfen, in: dies. (Hg.): Kunst und Repräsentation am Dresdner Hof, München/Berlin 2005, S. 9 – 39, hier S. 26. 725 Vgl. Syndram, Dirk: a.a.O., in: Dresdner Hefte, Sonderausgabe 2004, S. 7. 726 Vgl. Syndram, Dirk: a.a.O., S. 9. Vgl. ferner Scherner, Antje: Bronzeplastik in der kurfürstlichen Kunstkammer, in: Syndram, Dirk/Scherner, Antje (Hg.): In fürstlichem Glanz, S. 268 – 281, hier bes. S. 268 f. IV. Sächsischer Einfl uss und sächsisches Anspruchsniveau 165

ßerlichen Hausbesitz der Wettiner gehörte727, sowie neben vielen anderen Kostbarkeiten als weitere exklusive und aufsehenerregende Naturalie, von der Decke des Reißgemachs für jedermann sichtbar herabhängend, das lange Horn eines Einhorn728. So eingebunden in die höfi sche Repräsentation, fehlte es der Dresdner Kunstkammer an hochherrschaft- lichen Gästen nicht. Diese sollten und konnten sich mit Genehmigung des Kurfürsten bei einer Besichtigung der Dresdner Sammlung vom quasi königlichen Rang sowie vom Glanz und Splendor des Hauses Wettin überzeugen729. Von dieser Wirkung kann in Bezug auf die „Kunstkammer“ des Hauses Hohenzollern in keiner Weise die Rede sein730. In der Forschung umstritten ist allein schon die Existenz einer solchen im Hohenzollernschloss zu Cölln an der Spree731. Namentlich die ungünstige

727 Abb. bei Syndram, Dirk: Prunkvolle Ordnung, in: ders./Scherner, Antje (Hg.): a.a.O., S. 282 – 302, hier S. 302. 728 Syndram, Dirk: a.a.O., S. 10. 729 Zu Art und Zahl der Besucher der Dresdner Kunstkammer vgl. Heres, Gerald: Die Kunstkammer im 17. Jahrhundert, in: Dresdner Hefte, Sonderausgabe 2004, S. 14 – 22, hier S. 15 f. – Der Mag- nifi zenzsteigerung dienten ferner die Anlage einer Rüstkammer, eines Zeughauses, einer Hofbi- bliothek, einer Anatomiekammer und einer Hofapotheke. Vgl. etwa für die Habsburger: Thomas, Bruno: Die Rüstkammer von Stift Kremsmünster in Oberösterreich, in: Waffen- und Kostümkunde, 3. Folge, Bd. 5, H. 1, 1963, S. 41 – 62; Thomas, Bruno/Gambler, Ortwin: Katalog der Leibrüstkam- mer I, Kunsthistorisches Museum Wien, Wien 1975. Im Jahre 1616 ließen etwa die Wettiner im sel- ben Schlossfl ügel, in dem die Kunstkammer lag, eine „Anatomiekammer“ einrichten, über die sich Hainhofer in seiner Reisebeschreibung von 1617, ob ihrer Aussicht beeindruckt, folgendermaßen äußerte: „Von hier sihet man in die Churf. Apothek, in das bräwhauß, Rauchhauß, auf die Meelhauß vnd haberböden, goldhauß, Bahlhauß auf die bahn zu den jungen pferden, auf den Frawenhof, da man die bauren vnd arbeiter einfuriert, auf das Vorwerckh, Faßhanenhauß in den Clostergarten, ja man vebersiehet fast die ganze Statt.“ Vgl. Philipp Hainhofers Reise nach Dresden 1617, S. 46. 730 Hierzu vgl. Ledebur, Leopold von: Geschichte der Königlichen Kunstkammer in Berlin, in: ders. (Hg.): Allgemeines Archiv für die Geschichtskunde des Preußischen Staates 6 (1831), S. 3 – 57; ders.: Wanderungen durch die Königliche Kunstkammer in Berlin mit besonderer Rücksicht auf Erinnerungen an das hohe Herrscherhaus, in: ders. (Hg.): Allgemeines Archiv für die Geschichts- kunde des Preußischen Staates 12 (1833), S. 3 – 34, 289 – 319; Wagner, Friedrich: Der Schatz der Kurfürstin Elisabeth von Bandenburg, in: Hohenzollern-Jahrbuch 6 (1902), S. 70 – 101; Reichl, Otto: Zur Geschichte der ehemaligen Berliner Kunstkammer, in: Jahrbuch der Preußischen Kunst- sammlungen 51 (1930), S. 223 – 249; Holzhausen, Walter/Watzdorf, Erna von: Brandenburgische Wachsplastik des 16. Jahrhunderts. Studien aus den Kunstkammern in Berlin und Dresden, in: Jahr- buch der preußischen Kunstsammlungen 52 (1931), S. 235 – 257; Meckel, Claudia: Der Große Kur- fürst und die Brandenburgische Kunstkammer, in: Der Große Kurfürst. Sammler, Bauherr, Mäzen. 1620 – 1688, hrsg. von der Generaldirektion der Staatlichen Schlösser und Gärten Potsdam-Sans- souci, Potsdam 1988, S. 60 – 64; Dolezel, Eva: „Lehrreiche Unterhaltung“ oder „wissenschaftliches Hülfsmittel“? Die Berliner Kunstkammer um 1800. Eine Sammlung am Schnittpunkt zweier muse- aler Konzepte, in: Jahrbuch der Berliner Museen, N.F., 46 (2004), S. 147 – 160; Bredekamp, Horst/ Dolezel, Eva: Die Berliner Kunstkammer und die Utopie von Tangermünde, in: Cranach und die Kunst der Renaissance unter den Hohenzollern, Ausstellungskatalog, Berlin 2009, S. 136 – 141. 731 Frau Gundula Avenarius und Frau Angela Matyssek sei an dieser Stelle für die Einblicknahme in ihre Arbeiten zu Transkription und Deutung des Inventars von 1605 ausdrücklich gedankt. Auch wenn meine Interpretation der kurbrandenburgischen Sammlung in entscheidenden Punkten von derjenigen der beiden Verfasserinnen abweicht, so verdanke ich doch insbesondere der Arbeit von Frau Angela Matyssek wichtige Anregungen, Einblicke und Einsichten in das Wesen der kurbran- denburgischen Sammlung. Vgl. Avenarius, Gundula: Die Kunstkammer in der Regierungszeit des 166 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Quellenlage, die im wesentlichen auf den beiden Inventaren von 1603 und 1605 beruht732, erlaubt eine Beantwortung dieser Frage nur zum Teil. Eine zweifelsfreie Lokalisation und Rekonstruktion der räumlichen Anordnung ist ebenfalls nur bedingt möglich. Zwar ist die von Otto Reichl aufgeworfene Frage, ob es sich bei dieser Sammlung überhaupt um eine Kunstkammer gehandelt habe, unter Hinweis auf das Inventar von 1605 insofern zu mo- difi zieren, als die Sammlung mit Blick auf den Inventarvermerk „inn der kunstcammer“733 zumindest vom kurbrandenburgischen Hof als solche ausgegeben wurde. Die zumindest nominelle Existenz einer solchen Anlage gebot dies zwingend in Zeiten, in denen die Ak- kumulation von symbolischem Kapital über die kulturelle Ebenbürtigkeit und Standesge- mäßheit einer Dynastie im Reich entschied. Dieser Anspruch galt insbesondere bezüglich der Existenz einer Kunstkammer, die mit Blick auf die Standesgenossen zu den Herzstü- cken einer Residenz gehörte734. Doch mit den zeitgenössischen Vorstellungen von einer Kunstkammer, wie sie etwa am Münchner735 oder Kasseler Hof736, auf Schloss Ambras737,

Kurfürsten Joachim II. bis Georg Wilhelm (1535 – 1640) sowie Matyssek, Angela: Die Brandenbur- gisch-Preußische Kunstkammer vor dem Dreißigjährigen Krieg – Das Kunstkammer-Inventar von 1605“ (beide Kunstgeschichtliches Seminar der Humboldt-Universität zu Berlin 1995; unveröffent- licht). 732 GStA PK, I. HA, Rep. 9, D 2 Fasc. 1 (fol. 1r–12): „vorzeichnis was nach der churfur= / stin Catha- rinen gebornen marg= /gräfi n zu brandenburgk […] sehligen / absterben, hochlobiger gedechtnus […] / in J. churf [...] kunstcammer, / gefunden worden, den 20 julij / anno [1]603.“; ferner GStA PK, I. HA, Rep. 9, D 2 Fasc. 1 (f. 13r–43v): „Inventarium. / inn der kunstcammer. / den 8 [...] und 9 [...] novemb. Anno [...] 1605.“ Darüber hinaus sind ein Brief vom August 1607 sowie drei Ent- nahmevermerke bzw. -quittungen vom 21. bis 24. Januar 1607 sowie eine undatierte Notiz für die Übertragung von Kunstkammerobjekten in die Silberkammer auf uns gekommen (GStA PK, I. HA, Rep. 9, D 2 Fasc. 1, fol. 44r–50r; Fasc. 2, fol. 1r–15r). Auf ein im Jahre 1599 abgefasstes, wohl verloren gegangenes Inventar verweist ein um 1624 entstandener Restaurierungsbericht über einen „defect an dem güldenen kestlein, / welches im inventario, von anno 1599. / die lade, des bundeß genandt“ (GStA PK, I. HA, Rep. 9, D 2 Fasc. 2, fol. 14r–15r). 733 GStA PK, I. HA, Rep. 9, D2 Fasc. 1, fol. 15r; „Im Gewölbe vor der Kunstcammer“ (ebd., fol. 36r). 734 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Die Hofhaltung der Hohenzollern, in: Bahners, Patrick/Roellecke, Gerd (Hg.): Preußische Stile. Ein Staat als Kunststück, Stuttgart 2001, S. 73 – 89, hier S. 79. 735 Vgl. Seelig, Lorenz: The Munich Kunstkammer, 1565 – 1807, in: Impey, Oliver/Mac Gregor, Arthur (Hg.): The Origins of Museums. The Cabinet of Curiosities in Sixteenth- and Seventeenth-Century Europe, Oxford 1985, S. 76 – 89. 736 Vgl. Dreier, Franz Adrian: Zur Geschichte der Kasseler Kunstkammer, in: Zeitschrift des Ver- eins für hessische Geschichte und Landeskunde 72 (1961), S. 123 – 142; ders.: The Kunstkammer of the Hessian Landgraves, in: Impey, Oliver/Mac Gregor, Arthur (Hg.): The Origins of Muse- ums, S. 102 – 109; Link, Eva: Die landgräfl iche Kunstkammer Kassel (= Jahresgabe der Hessischen Brandversicherungsanstalt für 1985), o.O., o.J. 737 Vgl. Scheicher, Elisabeth: Die Kunst- und Wunderkammern der Habsburger, Wien/München/Zü- rich 1979; dies.: Zur Entstehung des Museums im 16. Jahrhundert. Ordnungsprinzipien und Er- schließung der Ambraser Sammlung Erzherzog Ferdinands II., in: Der Zugang zum Kunstwerk: Schatzkammer, Salon, Ausstellung, „Museum“ (= Akten des XXV. Internationalen Kongresses für Kunstgeschichte), Wien 1983, S. 43 – 52; dies.: The Collection of Archduke Ferdinand II at Schloss Ambras: its Purpose, Composition and Evolution, in: Impey, Oliver/Mac Gregor, Arthur (Hg.): The Origins of Museums, S. 29 – 38. IV. Sächsischer Einfl uss und sächsisches Anspruchsniveau 167 in Prag738 oder Dresden739 mutatis mutandis verwirklicht wurden, hatte die Sammlung der Hohenzollern nichts zu tun. In keiner Weise entsprach sie etwa dem Idealplan einer Kunst- kammer, wie ihn Samuel Quiccheberg, Kustode der Münchner Kunstkammer, in seinen „Inscriptiones vel Tituli Theatri Amplissimi“ im Jahre 1565 für den Münchner Hof ent- worfen hatte740 und wie er, ausgehend von der Idee eines Raumgefüges, das, einem Am- phitheater verwandt, seine vier, von vielen Fenstern durchbrochenen Sammlungssäle um einen Innenhof gruppierte, zumindest in Ansätzen in der Münchner Residenz realisiert worden war. Der Sammlungsraum im Spreeschloss beschränkte sich hingegen einzig auf ein „gewelbe“, wie uns das Inventar von 1605 verrät741, was übrigens bereits Leopold von Ledebur, der letzte Vorsteher der Kunstkammer, 1831 im Rahmen seiner Auswertung die- ses Inventars erkannte und mit klaren Worten herausstellte: „Alle Kunstsachen, bestehend aus silbernen und zum Theil vergoldeten Gerätschaften, aus kostbaren Schmucksachen, aus Kleinodien aller Art, aus Arbeiten von gedrechseltem Elfenbein und Bernstein, befan- den sich in einem einzigen gewölbten Zimmer, auch schlechtweg das Gewölbe genannt, in welchem nur eines Fensters und einer Thür gedacht wird, theils auf langen Tischen und Re- galen, theils zur Erde aufgestellt.“742 Und an anderer Stelle heißt es in negativer Einschät- zung des Kunstkammercharakters des Gewölbes: „Wir sehen (...), daß die Kunstkammer wohl weniger in Beziehung auf die Kunst angelegt war – als vielmehr dazu benutzt wurde, gelegentlich für hohe Personen Geschenke daraus zu entnehmen, und bei feierlichen Gele- genheiten, bei Jagdvergnügen, bei Gastmählern, zur Ausschmückung der Churfürstlichen Tafel zu dienen.“743 Nicht der Erwähnung wert hielt auch der Augsburger Kunstexperte und Fachmann für Hoffragen, Philipp Hainhofer, bei seinem Besuch des Cöllner Hofl agers im Oktober 1617 die in den Inventaren von 1603 und 1605 dokumentierte Sammlung der Hohenzollern. Dies mag zum einen darauf zurückzuführen sein, dass das Schlossgewölbe, in dem die Objekte aufbewahrt wurden, der Öffentlichkeit bezeichnenderweise nicht zu- gänglich war. Über eine öffentliche Zugänglichkeit oder von Führungen hochgestellter Per- sönlichkeiten durch das Gewölbe ist jedenfalls – im Gegensatz etwa zu den kaiserlichen Sammlungen oder zur Dresdner Kunstkammer – nichts bekannt744. Zum anderen entspra-

738 Vgl. Kugler, Georg: Rudolf II. als Sammler, in: Prag um 1600. Kunst und Kultur am Hofe Kaiser Rudolfs II., Ausstellungskatalog, 2 Bde., Wien 1988, S. 9 – 21. 739 Vgl. Menzhausen, Joachim: Dresdener Kunstkammer und Grünes Gewölbe, Leipzig 1977; ders: Elector Augustus’ Kunstkammer: An Analysis of the Inventory of 1587, in: Impey, Oliver/Mac Gre- gor, Arthur (Hg.): The Origins of Museums, S. 69 – 75. 740 Vgl. Hauger, Harriet: Samuel Quicchebergs „Inscriptiones vel Tituli Theatri Amplissimi“ (Mün- chen 1565) oder der Anfang der Museumslehre in Deutschland, Diss. Phil. Humboldt-Universität Berlin (unpubliziert). 741 „INVENTARIUM. Inn der kunstcammer, den 8 [...] und 9 [...] novemb. Anno [...] 1605. im ge- welbe“. (GStA PK, I. HA, Rep. 9, D2 Fasc. 1, f. 13r-43v, hier f. 15r). 742 Ledebur, Leopold von: Geschichte der Königlichen Kunstkammer in Berlin, in: ders. (Hg.): Allge- meines Archiv für die Geschichtskunde des Preußischen Staates 6 (1831), S. 1 – 57, hier S. 6. 743 Ledebur, Leopold von: a.a.O., S. 9. 744 Die öffentliche Zugänglichkeit einer Kunstkammer gehörte ebenso wie der Wille zur enzyklopä- dischen Bildung der Jugend und der Mehrung des Ruhmes und der memoria des Fürstenhauses zu den zentralen Funktionen einer Kunstkammer. Vgl. dazu Berliner, Rudolf: Zur älteren Geschichte 168 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert chen die Kunstobjekte der Hohenzollern in keiner Weise dem von Quiccheberg formulier- ten Anspruch auf Enzyklopädismus745. Weder bestand eine wissenschaftlich oder künstle- risch begründete Verbindung mit ergänzenden Sammlungen wie etwa einer Hofbibliothek, einem botanischen Garten, einer Sammlung wissenschaftlicher Geräte, einer Antiken-, ei- ner Gemälde- oder Möbelsammlung von Rang746, über die etwa Kaiser Rudolf II. zur Meh- rung seiner Magnifi zenz und seines Ruhmes verfügte747, noch entsprach die Sammlung der Kunstobjekte im Gewölbe des Spreeschlosses dem Anspruch einer Kunstkammer auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Naturalia, Artifi cialia und Scientifi ca748. Dem erfolgrei- chen Aufbau einer ausgewogenen, wohl gepfl egten Sammlung im Wettlauf der Fürstenhäu- ser um Magnifi zenz und Ehre stand dieser allgegenwärtige Mangel zweifelsfrei entgegen. Zu Artifi cialia verarbeitete Naturalia wie etwa Straußeneier und Korallen749 sowie Schne-

der Museumslehre in Deutschland, in: Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst, N.F. 5 (1928), S. 327 – 352. 745 Vgl. hierzu Mac Gregor, Arthur: Die besonderen Eigenschaften der „Kunstkammer“, in: Grote, Andreas (Hg.): Macrocosmos in microcosmo: die Welt in der Stube. Zur Geschichte des Sam- melns 1450 bis 1800 (= Berliner Schriften zur Museumskunde, Bd. 10), Opladen 1994, S. 61 – 106; Olmi, Giuseppe: Die Sammlung – Nutzbarmachung und Funktion, in: Grote, Andreas (Hg.): a.a.O., S. 169 – 189. 746 Zu Recht macht Hahn unter Hinweis auf das Testament Johann Georgs von 1596 darauf aufmerk- sam, dass man auch in Brandenburg sehr wohl um den sozialen und demonstrativen Wert sol- cher Sammlungen wusste. Dort bestimmte der Kurfürst nämlich, dass das „Tapezerey Hofl ager“ in Gänze seinem Nachfolger Joachim Friedrich „nur zur Zierde des Churfürstlichen Hauses alleinen“ zufallen sollte. Vgl. Hahn Peter-Michael: Die Hofhaltung der Hohenzollern, S. 78. 747 Vgl. etwa Kugler, Georg: Rudolf II. als Sammler, in: Prag um 1600. Kunst und Kultur am Hofe Rudolfs II., Ausstellungskatalog, 2 Bde, Wien 1988, S. 9 – 21, hier S. 11; ferner Da Costa Kauf- mann, Thomas: The Mastery of Nature. Aspects of Art, Science and Humanism in the Renaissance, Princeton 1993, S. 187. – Als weitere kurfürstliche Sammlungen und Einrichtungen sind nur noch eine Schatz-, eine Silber-, eine Rüst- und Harnischkammer sowie eine Hofapotheke am Cöllner Hof bekannt. Nicht gesichert sind eine Hofbibliothek oder beispielsweise eine Antiken- und Münzen- sammlung (vgl. Ledebur, Leopold von: Geschichte der Königlichen Kunstkammer in Berlin, 1831, S. 6 ff.; Reichl, Otto: Zur Geschichte der ehemaligen Berliner Kunstkammer, S. 227 f.). Hainho- fer, der die Rüstkammer in seiner Beschreibung des Cöllner Hofes erwähnt, weiß zwar die Rüst- kammer im Spreeschloss wohlgefüllt. Von Prunkwaffen oder anderen Objekten höchster Qualität schweigt er jedoch bezeichnenderweise (vgl. Philipp Hainhofers Reise-Tagebuch enthaltend Schil- derungen aus Franken, Sachsen, der Mark Brandenburg und Pommern im Jahr 1617, in: Baltische Studien, hrsg. von der Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Alterthumskunde 2 (1834), S. 117 – 118). – Die älteste Nachricht über die Anlage einer Rüst- und Harnischkammer im Schloss zu Cölln an der Spree stammt aus dem Jahre 1526 (vgl. hierzu GStA PK, I. HA, Rep. 9, DDD, Bau- sachen). 748 In acht Regalen, zwei kleinen Schränken, Kästchen sowie auf einem Tisch und selbst auf dem Bo- den waren die Objekte verteilt. Die Objekte reichten von den „ganz vergulten Bechern“ und ande- rem Goldgeschirr (GStA PK , I. HA, Rep. 9, D2 Fasc. 1, fol. 15r), silbernen Gegenständen (ebd., fol. 16r–16v), vergoldeten Figuren (ebd., fol. 16v–17v, 19r), Gegenständen aus vergoldetem Silber (ebd., fol. 18r–18v, 21v), aus kostbaren Steinen und Kleinodien (ebd., fol. 19v–20v) bis zu den da- mals an Fürstenhöfen üblichen Wachseffi gies (ebd., fol. 20v–21r). 749 GStA PK , I. HA, Rep. 9, D2 Fasc. 1, fol. 17v, 18v. – Zu den Exotika vgl. Bock, Sebastian: Ova struthionis. Die Straußeneiobjekte in den Schatz-, Silber- und Kunstkammern Europas, Freiburg im Breisgau/Heidelberg 2005; ferner Bujok, Elke: Neue Welten in europäischen Sammlungen. Afri- cana und Americana in Kunstkammern bis 1670, Berlin 2004. IV. Sächsischer Einfl uss und sächsisches Anspruchsniveau 169 cken und Bernstein750 machten nur einen ganz geringen Teil der Cöllner Sammlung aus. Auf technisch aufwendige, rare und außerordentlich kostspielige Scientifi ca, Sammlungs- schwerpunkt beispielsweise der Dresdner Kunstkammer, verzichtete der Kurfürst mit Aus- nahme einiger einfacher Kompasse und Uhrwerke völlig751. Der Schwerpunkt der ungefähr 1900 aufgelisteten Sammlungsobjekte lag einseitig auf den Silber- und Goldschmiedearbeiten. Dieser Fokus rührt zweifellos aus der spe- zifi schen ökonomischen und künstlerischen Situation der brandenburgischen Hofkunst vor dem Dreißigjährigen Krieg. Den brandenburgischen Hohenzollern mangelte es be- kanntlich nicht nur permanent an Geld; es fehlte zudem in der Residenzstadt wie in der Kurmark überhaupt an den notwendigen sozialen und kulturellen Ressourcen, um Hand- werker, Ingenieure und Künstler ins Land locken und ihnen eine langfristige Perspektive bieten zu können. Zudem lässt sich das deutliche Übergewicht an Bernstein- und Glas- objekten im Inventar von 1605 mit dem im Herzogtum Preußen vorhandenen und damit relativ kostengünstig zu beziehenden (einheimischen) Rohstoff752 sowie mit der 1602 in Grimnitz gegründeten landeseigenen kurfürstlichen Glashütte erklären. Dem gezwunge- nermaßen damit verbundenen regionalen und provinziellen Charakter der Objekte korres- pondiert auch die summarische, den Materialwert der Objekte in den Vordergrund rü- ckende Form des Inventars. Es handelt sich hierbei um ein reines Gebrauchsinventar. In seiner schmucklosen, rein enumerativen Aufl istung des Bestandes unterscheidet es sich deutlich von den kostbar und kunstvoll gestalteten eines Rudolf II. oder des Dresdner Kunstkammerinventars von 1587 mit seinen gleichermaßen ästhetischen wie didaktischen Intentionen753. Bei dem kurbrandenburgischen Inventar von 1605 hingegen handelte es sich um eine rein rechtliche Bestandsaufnahme, bei welcher in erster Linie der materielle Wert der Gegenstände dominierte. In Anbetracht der katastrophalen Finanzsituation der brandenburgischen Hohenzollern um 1600 werden die Kurfürsten ihre Sammlung wohl insgeheim als eine leicht in bare Münze umzuwandelnde Kapitalanlage verstanden haben.

750 GStA PK , I. HA, Rep. 9, D2 Fasc. 1, fol. 22r–23r. 751 Das Inventar führt beispielsweise „ein Mann, mit einem Speiß, und unten mit einem Uhrwerk“ so- wie „ein Jungfer mit einer Zither und auch mit einem Uhrwerk“ an (GStA PK , I. HA, Rep. 9, D2 Fasc. 1, fol. 17r). Ob es sich hierbei um sogenannte Automaten, wie wir sie in staunenswert großer Zahl und bewundernswerter technischer Perfektion beispielsweise in Dresden antreffen, gehandelt hat, ist nicht mehr zu klären. 752 Das Inventar nennt beispielsweise „ein Jägerhörnlein, von Pernstein, mit 2 vorgulten ringelein“, „zwei Pernstein-Marienbilderlein“ oder auch „ein pernsteinen Bret-Spiel“. Vgl. GStA PK , I. HA, Rep. 9, D2 Fasc. 1, fol. 19v, 22r, 31r. – Im übrigen gelangte das Herzogtum Preußen im Jahr der Anfertigung des Inventares unter kurbrandenburgische Verwaltung (vgl. dazu Beyer, Achim: Die kurbrandenburgische Außenpolitik im „langen“ 16. Jahrhundert, in: Blätter für deutsche Landesge- schichte 147 (2011), S. 271– 331, hier S. 303). 753 Hierzu vgl. Klapsia, Heinrich: Von Kunstkammer-Inventaren. Versuch einer quellenkritischen Grundlegung, in: Mitteilungen des österreichischen Institutes für Geschichtsforschung 49 (1935), S. 444 – 455; Ketelsen, Thomas: Künstlerviten, Inventare, Kataloge. Drei Studien zur Geschichte der kunsthistorischen Praxis, Amersbeck b. Hamburg 1990, Diss. Phil. Universität Hamburg 1988. – Solche Inventare zeichneten sich beispielsweise durch Randzeichnungen und ausführliche, vielfach wissenschaftliche Objektbeschreibungen aus und besaßen von daher einen genuinen Re- präsentationswert. 170 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Jedenfalls weist das im Inventar von 1605 angegebene Gewicht einzelner Objektgrup- pen, die sowohl leicht zu veräußern als auch einzuschmelzen waren, auf einen solchen Umgang hin754. Selbst defekte oder fehlerhafte Objekte listet das Inventar bezeichnen- derweise auf. Überhaupt scheinen sich diese und weitere Sammlungen im Spreeschloss in einem eher maroden Zustand befunden zu haben. Zumindest deutet eine Bemerkung Hainhofers auf diesen Umstand hin. Mit Bedauern nimmt der Augsburger Kunstagent Notiz von dem schlechten Zustand der wertvollen kirchlichen Kultgegenstände, die wohl größtenteils noch aus der von Joachim II. angelegten Reliquiensammlung stammten und angesichts des vollzogenen Konfessionswechsels von keinerlei symbolischer Bedeutung mehr für das Haus Hohenzollern waren. Diese Kostbarkeiten wurden entweder auslän- dischen Gesandten verehrt, oder man ließ sie durch schlechte Lagerung in einem beson- deren Gewölbe verkommen – in den Worten Hainhofers gesprochen: „es würdt aber gar nicht conservirt und ist schad, daß alles also verdürbt“755!

V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit

1. Der landesherrliche Hof

Über die kurfürstliche Residenzenpraxis im 16. Jahrhundert zu reden bedeutet immer auch, über die bauhistorische Betrachtung hinaus nach der funktionalen Komponente der kurfürstlichen Hofl ager zu fragen756. Die Wohnfunktion war eine von mehreren757, aller- dings – und dies hat das Vorangegangene erwiesen – in Bezug auf das Spreeschloss nicht die wesentliche. Auch noch nach dessen Bau pfl egte sich der Kurfürst selbst über län- gere Zeiträume hinweg außerhalb Cölln-Berlins aufzuhalten. Eine Reihe meist einfacher Jagdhäuser sowie ab der Mitte des 16. Jahrhunderts drei Landesfestungen standen ihm zu diesem Zweck zur Verfügung. Sie dienten ihm als Hofl ager, vor allem in den residenz- fernen märkischen Regionen. In einem Zeitalter, in dem das „persönliche Regiment“ die Herrschaftspraxis bestimmte und in dem Hof- und Landesverwaltung noch unlösbar mit- einander verwoben waren, bedeutete dies, dass residenztypische Aufgaben, seien es nun politische, administrative, richterliche oder auch symbolische, am (jeweiligen) landes-

754 Zur Beschlagnahmung und Einschmelzung von Edelmetallen vgl. Seidel, P.: Der Silber- und Gold- schatz der Hohenzollern im Königlichen Schlosse zu Berlin, Berlin 1895; Börsch-Supan, Helmut: Die Kunst in Brandenburg-Preußen, S. 27. 755 Philipp Hainhofers Reise-Tagebuch enthaltend Schilderungen aus Franken, Sachsen, der Mark Brandenburg und Pommern im Jahr 1617, in: Baltische Studien, hrsg. von der Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Alterthumskunde 2 (1834), S. 122. 756 Hoppe, Stephan: Die funktionale und räumliche Struktur des frühen Schlossbaus in Mitteldeutsch- land 1470 – 1570, Köln 1996. 757 Vgl. Arendt, M. u.a. (Hg.): Geschichte der Stadt Berlin, Festschrift zur 700-Jahr-Feier, Berlin 1937, S. 104 ff.; Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 141. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 171 herrlichen Hof wahrgenommen wurden – und dieser war immer dort, wo sich der Herr- scher gerade aufhielt758. Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, dass auch in Zeiten der Cöllner Residenz- bildung und ihres sich über die gesamte zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts hinziehenden Ausbaus die wichtigsten kurfürstlichen Amtsträger ihren Herrscher weiterhin auf seinen Reisen begleiten mussten759. Der im vorigen Kapitel konstatierte Befund, wonach wahr- scheinlich alle kurfürstlichen Jagdhäuser und Landesfestungen über Kanzleiräume ver- fügten, fügt sich nahtlos in dieses Bild von der Verwaltung bei Hofe. Dem widerspricht keineswegs, dass der größte Teil des Hofstaates und der kurfürstlichen Amtsträgerschaft indessen auch bei Abwesenheit des Fürsten in der gegen Ende des 15. Jahrhunderts orts- fest gewordenen Haupt- und Residenzstadt verblieb760. Zwei Quellen geben uns Aufschluss über die Organisation der dortigen kurfürstlichen Hofhaltung im 15. und 16. Jahrhundert761. Zum einen handelt es sich um die von Kurfürst Albrecht Achill für seinen Sohn Johann Cicero in Auftrag gegebene Hofordnung von 1470762. In ihr fi ndet sich eine Aufstellung des Hofpersonals763, die zwischen „Grauen vnd Rete am Hof“, „Gemein Hofgesind“ und Einrösser unterschied. Leider ist das Verzeichnis unvollständig, und präzise Funktionsangaben hinsichtlich des Hofpersonals fehlen eben- falls. Dennoch ist die Hofordnung von 1470 insofern aufschlussreich, als wir gleichsam indirekt einen Blick auf den Hofalltag im Schloss erhaschen. Das fränkisch-süddeutsche Element dominierte. Dies erhellen die einschlägigen Adelsnamen. Unterschieden wurde ferner zwischen dem Personal der „Cantzley“ auf der einen und der „Camer“, der Küche, des Kellers und Marstalls auf der anderen Seite, was den Blick über die Wohnfunktion hinaus auf die administrative Komponente freigibt. Die Existenz eines (Hof-)Rentmeis- ters764 offenbart darüber hinaus die sich allmählich entwickelnde Bedeutung des Schlos- ses in fi skalpolitischer und ökonomischer Hinsicht, die im Folgenden noch eingehend zu

758 Vgl. grundlegend: Meisner, H.-O.: Die monarchische Regierungsform in Brandenburg-Preußen, in: Festschrift Hartung, 1958, S. 219 – 245; Oestreich, Gerhard: Das persönliche Regiment, S. 201 – 234; Enders, Lieselott: Die Prignitz, S. 64. 759 So jüngst auch Neitmann, Klaus/Heimann, Heinz-Dieter (Hg.): Spätmittelalterliche Residenzbil- dung in geistlichen Territorien Mittel- und Nordostdeutschlands, Berlin 2009, S. 88. 760 Ein Blick in das Register von Riedels Codex diplomaticus Brandenburgensis bestätigt diese An- nahme. Mehr als drei Viertel der dort abgedruckten landesherrlichen Urkunden tragen den Vermerk „datum Colln an der Spree“. 761 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung Kurfürst Joachims II. von Brandenburg, Berlin 1910; Ahrens, Karl-Heinz: Residenz und Herrschaft. Studien zur Herrschaftsorganisation, Herrschaftspraxis und Residenzbildung der Markgrafen von Brandenburg im späten Mittelalter (= Europäische Hoch- schulschriften, Reihe III, Bd. 427), Frankfurt am Main 1990; ergänzend: Plodeck, Karin: Hofstruk- tur und Hofzeremoniell in Brandenburg-Ansbach vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, Ansbach 1972, S. 34 ff. 762 Riedel, CDB, C II, S. 115 – 125. Vgl. dazu Schapper, Gerhard: Die Hofordnung von 1470 und die Verwaltung am Berliner Hofe zur Zeit Kurfürst Albrechts im historischen Zusammenhang behan- delt (= Veröffentlichungen des Vereins für die Geschichte der Mark Brandenburg), Leipzig 1912. 763 Riedel, CDB, C II, S. 126 – 128. 764 Vgl. Neugebauer, Wolfgang: Residenz-Verwaltung-Repräsentation, S. 15; ferner Schapper, Ger- hard: Die Hofordnung, S. 107 ff., vgl. ferner S.VII, 112, 117. 172 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert behandeln sein wird. Die Aufstellung des Hofpersonals aus dem Jahre 1473 lässt darüber hinaus die kirchlich-religöse Komponente zumindest ansatzweise zu Tage treten. In der Rubrik „In der Capellen“ erfahren wir von der permanenten Anwesenheit eines jungen Kaplans, dreier Priester und von fünf Chorschülern765. Nicht von ungefähr stammt die zweite auf uns gekommene Hofordnung aus dem Jahre 1537 – also ein Jahr nach Baubeginn am Renaissanceschloss766. Die Vollständigkeit und Genauigkeit ihrer Angaben besticht sowohl hinsichtlich der Nennung der einzelnen Funk- tionsträger als auch in Bezug auf deren Funktionsbestimmung767. Allerdings handelt es sich hierbei – wie Martin Haß nachweisen konnte – um die erste von insgesamt drei Re- daktionen. Die Anfertigung der zweiten Redaktion (Redaktion B) datiert Haß zwischen 1542 (terminus post quem) und 1545 (terminus ante quem). Redaktion C muss Haß zu- folge zwischen dem 15. Februar 1545 und dem 6. Februar 1546 entstanden sein768. An al- len drei Entwürfen ist wohl der kurfürstliche Rat und Amtshauptmann zu Zossen, Eusta- chius von Schlieben, beteiligt gewesen769. Zudem liegt uns noch von der Hand Lampert Distelmeiers eine überarbeitete Fassung der Redaktion C vor, die nach 1551 entstanden sein wird. In allen vier Entwürfen tritt die vorrangige Bedeutung der Naturalwirtschaft deutlich hervor770. Themen wie der Beschaffung von Lebensmitteln und anderweitigen Konsum- gütern galt ein breites Interesse. Der Pfl ichtenkatalog eines großen Teils der Hofbediens- teten beschäftigte sich überaus ausführlich mit Problemen, die die Verköstigung, Beher- bergung und Bekleidung von in Spitzenzeiten bis zu 500 Menschen verursachte. Verantwortlich für sämtliche Aufgaben der Hofverwaltung771 zeichnete das Hof- personal, an dessen Spitze der Hofmarschall stand772. Da Hof- und Landesverwaltung aber bekanntlich noch nicht voneinander geschieden waren, im Gegenteil das gesamte 16. Jahrhundert hindurch untrennbar zusammengehörten, muss bei der folgenden Funk- tionsbeschreibung der landesherrlichen Amtsträger deren gesamter Tätigkeitsbereich in den Blick genommen werden. Auf diese Weise wird, um es vorweg zu nehmen, die Un- möglichkeit einer scharfen Trennung innerhalb der Schar der kurfürstlichen Amtsträger

765 Vgl. Riedel, CDB, C II, S. 128. 766 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung Kurfürst Joachims II. von Brandenburg (= Historische Stu- dien 87), Berlin 1910; ders.: Bemerkungen über die Hofordnung Joachims II., in: FBPG 19 (1906), S. 223 – 226, hier S. 223. 767 Vgl. Natzmer, Harriet von: „Was hilffts, einen grossen und unordenthlichen hauffen zuhaben und die nicht konnen underhalten?“ Die Hofordnung des brandenburgischen Kurfürsten Joachim II., in: Fouquet, Gerhard/Hirschbiegel, Jan/Paravicini, Werner (Hg.): Hofwirtschaft, Ostfi ldern 2008, S. 241 – 259, bes. S. 243 f. 768 Vgl. Haß, Martin: Bemerkungen über die Hofordnung, S. 225. 769 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 15. 770 Vgl. Paravicini, Werner: Unökonomisch? Zur Wirtschaft der Höfe in Alteuropa, in: Fouquet, Gerhard/Hirschbiegel, Jan/Paravicini, Werner (Hg.): Hofwirtschaft, Ostfi ldern 2008, S. 13 – 18. 771 Zu diesem Themenkomplex: Hintze, Otto: Hof- und Landesverwaltung, S. 213 ff.; ferner Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 149 ff. 772 Vgl. Ahrens, Karl-Heinz: Residenz und Herrschaft, S. 141; Spangenberg, H.: Hof- und Zentralver- waltung, S. 47 – 58; vgl. allgemein Müller, Rainer A.: Der Fürstenhof in der frühen Neuzeit, S. 18 f., 25 ff. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 173 nach ihren Aufgabengebieten offensichtlich. Im Gegenteil dürften alle Amtsträger „für die gleichen Aufgaben zur Verfügung gestanden haben“773, was sämtliche Bemühungen der älteren borussisch inspirierten Forschung von Haß über Klinkenborg bis Hintze wi- derlegt, die den Nachweis einer straff gegliederten Behördenorganisation bzw. zumindest einer Vorstufe derselben im Sinne derjenigen des 19. Jahrhunderts zu führen versuchten. In Wahrheit kann weder im 15. noch im 16. Jahrhundert von einer einheitlichen landes- herrlichen Administration die Rede sein. Eine fl ächendeckende, den territorialen Raum innerhalb fest gezogener politischer Grenzen unterschiedslos erfassende Verwaltung exis- tierte nicht774. Schlechte Verkehrswege und unzureichende Kommunikationsformen ver- hinderten den verwaltungsmäßigen Durchgriff des landesherrlichen Willens auf sämtli- che Teile der Bevölkerung in allen Teilen des Landes. Eine konsequente Exekutierung des landesherrlichen Gewaltmonopols war im gesamten Reformationszeitalter nicht vor- handen. Der namentlich in der Peripherie der Mark ansässige Adel, insbesondere derje- nige in Altmark, Prignitz und im Havelland, ließ die Hohenzollern im gesamten 15. und 16. Jahrhundert vielmehr nach „gutem Einvernehmen mit der märkischen Ritterschaft suchen“775. Vorstellungen und Assoziationen von einem modernen starken Verwaltungs- staat, wie er uns mit seinen anonymen Strukturen und Behörden seit dem 19. Jahrhundert bekannt ist und erst Recht mit Beginn des 20. Jahrhunderts entgegentritt, auf das „lange 16. Jahrhundert“ zu übertragen, verbietet sich mithin776. Selbst noch für das 18. Jahrhun- dert erscheinen die Begriffe „Verwaltung“ und „Behörde“ als überaus problematisch. So weist Neugebauer zu Recht darauf hin, dass die oberste Verwaltungsstelle Preußens im 18. Jahrhundert, das Generaldirektorium, nicht einmal über ein eigenes Gebäude verfügt habe; nur einige Zimmer im Westfl ügel des Berliner Stadtschlosses hätten zur Verfügung gestanden. Wichtigste Akten seien, vor unbefugter Einsichtnahme ungesichert, in Holz-

773 Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 148; ferner: Göse, Frank: Adlige Führungsgruppen in nordostdeutschen Territorialstaaten des 16. Jahrhunderts, in: Hahn, Peter-Michael/Lorenz, Hell- mut (Hg.): Formen zur Visualisierung von Herrschaft. Studien zu Adel, Fürst und Schloßbau vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, Potsdam 1998, S. 139 – 210. 774 Vgl. Neugebauer, Wolfgang: Die Kurmark und ihre Verwaltung, S. 33; allgemein: Meumann, Mar- kus/Pröve, Ralf: Die Faszination des Staates und die historische Praxis. Zur Beschreibung von Herrschaftsbeziehungen jenseits teleologischer und dualistischer Begriffsbildungen, in: dies. (Hg.): Herrschaft in der Frühen Neuzeit. Umrisse eines dynamisch-kommunikativen Prozesses, München 2004, S. 11 – 49. 775 Hahn, Peter-Michael: Adel und Landesherrschaft, S. 53; dagegen Neugebauer, Wolfgang: Die Kur- mark und ihre Verwaltung, S. 30, der das Verhältnis von Adel und Landesherrn als eines zwischen „Kampf und Kompromiss“ charakterisiert. 776 So auch Neugebauer, Wolfgang: Zur neueren Deutung der preußischen Verwaltung im 17. und 18. Jahrhundert in vergleichender Sicht, in: Büsch, Otto/Neugebauer, Wolfgang (Hg.): Moderne preu- ßische Geschichte 1648 – 1947. Eine Anthologie. Bd. 2, Berlin-New York 1981, S. 541 – 597; ders.: Brandenburg im absolutistischen Staat. Das 17. und 18. Jahrhundert, in: Materna, Ingo/Ribbe, Wolfgang (Hg.): Brandenburgische Geschichte, Berlin 1995, S. 291 – 394; ders.: Die Hohenzollern, Bd. 1: Anfänge, Landesstaat und monarchische Autokratie bis 1740, Stuttgart 1996, S. 73 – 102; Meumann, Markus/Pröve, Ralf: Die Faszination des Staates und die historische Praxis, in: dies. (Hg.): a.a.O., S. 11 – 49. 174 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert verschlägen aufbewahrt worden777. Darüber hinaus galt noch für das 18. Jahrhundert, was sich bereits im 15. und 16. Jahrhundert beobachten lässt: Neben dem Schloss an der Spree und den übrigen Hofl agern dienten Häuser und private Wohnungen der kurfürstlichen, später königlichen Amtsträger als Orte für die Erledigung der Verwaltungsarbeit. Das Ar- chiv in der Breitestraße sowie die Fiskalverwaltung in der Heilig-Geist-Straße sind zwei Beispiele für diese Tatsache778. Wie wenig durchstrukturiert und organisiert die Amtspfl ichten der obersten kurfürst- lichen Amtsträger waren, demonstriert folgende Zusammenstellung ihrer Tätigkeiten, die sich sowohl dem Bereich der Hofhaltung als auch der allgemeinen Verwaltung zuordnen lässt779. Der (Hof)Marschall780 hatte den Marstall zu beaufsichtigen, das Hofgesinde aus- zurüsten, die kurfürstlichen Gäste zu beherbergen, im Kriegsfall das Aufgebot zu führen, den „Schadenstand“ der Pferde am Hofe zu taxieren. Als Chef der gesamten Hofverwal- tung führte und überwachte er den fürstlichen Haushalt und war Inhaber der Disziplinar- gewalt über das Hofgesinde. Eine Unterscheidung und Differenzierung zwischen mili- tärischen, repräsentativen, fi skalischen, ökonomischen und juridischen Aufgaben wurde somit im Bereich der Hofhaltung in keiner Weise vorgenommen. Im Gegenteil, wir wis- sen aus den Quellen, dass der Einfl uss des Hofmarschalls auf die landesherrliche Poli- tik und Landesverwaltung erheblich war. Die Beherbergung der kurfürstlichen Gäste ist bereits im Zusammenhang mit der Hofhaltung genannt worden, lässt sich aber auch dem zweiten großen Tätigkeitsbereich zurechnen. Quellenmäßig belegt ist der Empfang frem- der Gesandtschaften und deren – aus Kostengründen – schneller Abfertigung durch den Hofmarschall. Zudem gehörte dieser zu den kurfürstlichen Räten, nahm unter ihnen gar die hervorragendste Stelle ein. Über Hofräte wie Kanzler besaß er die Disziplinargewalt, über die Amtsträger der Landesverwaltung (hierzu gehörten namentlich diejenigen der Kanzlei) übte er das Aufsichtsrecht aus. Als enger (politischer) Berater des Kurfürsten war er mit den verschiedensten Aufgaben betraut. Die Ausführung diplomatischer Missi- onen gehörte ebenso dazu wie die Teilnahme an der Rechtsprechung. Ähnlich verhielt es sich mit dem Amt des (Haus-)Hofmeisters781. In der Hofhaltung fand er sich genauso wie in der Verwaltung. Wie der Marschall gehörte auch er zu den

777 Vgl. Neugebauer, Wolfgang: Die Kurmark und ihre Verwaltung, S. 29. 778 Vgl. grundlegend Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 230 – 236; zur Schlosstopographie vgl. auch Neugebauer, Wolfgang: Residenz-Verwaltung-Repräsentation, bes. S. 22 – 24; ergänzend: Konter, Erich: Das Berliner Schloß im Zeitalter des Absolutismus. Architektursoziologie eines Herrschafts- ortes (= Arbeitshefte des Instituts für Stadt- und Regionalplanung der Technischen Universität Berlin, Sonderheft 3), Berlin 1991, S. 159 f.; ferner Kohnke, Meta: Das preußische Kabinettsmi- nisterium. Ein Beitrag zur Geschichte des Staatsapparates im Spätfeudalismus, in: Jahrbuch für Ge- schichte des Feudalismus 2 (1978), S. 313 – 356, hier S. 328. 779 Zur Ausbildung der Hofämter: Plodeck, Karin: Hofstruktur, S. 90 ff., bes. S. 95 ff.; ferner Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 142; Hintze, Otto: Hof- und Landesverwaltung, S. 204 – 254; Spangenberg, G.: Hof- und Zentralverwaltung, S. 45 – 49. 780 Zu diesem Amt: Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 109 – 112, 151 ff.; Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 142. 781 Hierzu vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 37 ff., 158 ff.; ergänzend Schapper, Gerhard: Die Hof- ordnung, S. 289 ff. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 175

Räten, was deutlich auf seine allgemein-landesverwaltenden Aufgaben hinweist. So tritt uns Hans von Hacke, Hofmeister des Markgrafen Hans v. Küstrin und als Haushofmeis- ter für Joachim II. bezeugt, zugleich als Verwalter des Amtes Bötzow entgegen782. Sein Nachfolger als Haushofmeister, Albrecht von Schlieben, wirkte zugleich als „Relator“ in der Kanzlei und in diplomatischer Mission für seinen Landesherrn783. Georg von Bose, seit 1550 zum Hofmeister der Kurfürstin Hedwig und der jungen Herrschaft bestallt, be- gleitete Joachim II. nicht nur 1541 zum Regensburger Reichstag784, er war darüber hinaus für seinen Herrn in Commissariatssachen unterwegs785. Die Mehrfachbesetzung des Hof- meisteramtes – so gab es vielfach einen Hofmeister des Kurfürsten, einen der Kurfürs- tin und einen der „jungen Herrschaft“ – mag neben dem Statuswert den vielfältigen und wohl auch zeitraubenden Pfl ichten geschuldet gewesen sein, denen sich diese Amtsträger ausgesetzt sahen786. Denn neben den genannten allgemein-landesverwaltenden Aufgaben bestand die Hauptaufgabe des Hofmeisters in der Beaufsichtigung von Küche und Keller, was in der Regel ständige Anwesenheit bei Hofe bedeutet hätte. Gemeinsam mit dem Kü- chenmeister hatte er nämlich „den Bedarf von Tag zu Tag festzustellen, den Einkauf zu überwachen und den Verbrauch zu kontrollieren“787. Auch bei den unter Joachim II. neu geschaffenen Chargen des Schlosshauptmanns und des Oberkämmerers lässt sich der multifunktionale Verwendungsanspruch feststel- len. Deren Amtsinhaber spielten in Hofhaltung wie Verwaltung eine bedeutende Rolle. So heißt es vom Schlosshauptmann, er sei neben der Beaufsichtigung der Hofhaltung für diejenige der Domänenverwaltung, insbesondere für die Aufsicht über das Mühlen- amt zuständig, ohne dass jedoch klar würde, was genau er zu beaufsichtigen hatte. Eine präzise Aufgabenzuschreibung scheint nicht erfolgt zu sein, lässt sich jedenfalls aus den Quellen nicht ermitteln788.

782 Zu Hans von Hacke: Riedel, CDB, A X, 175; ferner Ballhorn, F.: Geschichte der Stadt Oranienburg, S. 25; Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 131, 159. 783 Vgl. Riedel, CDB, A XI, 134; darüber hinaus war Albrecht von Schlieben neben seiner Tätigkeit als Relator mit Kommissionssachen betraut (siehe hierzu: Winter, Georg: Die märkischen Stände zur Zeit ihrer höchsten Blüthe 1540 – 1550, in: ZPGL 20 (1883), S. 505 – 716, hier S. 626). 784 Vgl. dazu Müller, Nikolaus: Zur Geschichte des Reichstags von Regensburg 1541, in: JBKG 4 (1907), S. 175 – 248, hier S. 187. 785 Vgl. Riedel, CDB, A XVI, 300. 786 Hans von Schlieben, im Jahre 1542 „die zeit der jungen herrschaft hofmeister“ (König, Anton Bal- thasar: Versuch einer historischen Schilderung, S. 355), musste etwa 1543 den Kurfürsten zum Reichstag begleiten. Vgl. Riedel, CDB, A XI, 134. 787 Vgl. Hintze, Otto: Hof- und Landesverwaltung, S. 215. 788 Vgl. Riedel, CDB, A XI, 134 (Bestallungsurkunde Christoph von Scheidings auf Tammendorf). Dort wird sein Aufgabenbereich wie folgt beschrieben: „uff unsern hof, haushaltung, datz auf das mollenampt und sonsten auff alle unsere empter neben unserm haußhoffmeister, rath (...) Hansen Hacken mit allem vleis und treuen guth uffsehen (zu) haben (...) unser hoff- und haußhaltung al- hie (und) in unsern emptern allenthalben in gute ordenung und regimet zubringen und uffzurichten, (...) und dieselben unsere empter des jars neben berurten unserm haußhoffmeister, so offt die not- turft erfordert, zubereitten und zubesichtigen und was sich also in unsern nutz zuthun und ufzurich- ten erfi nden wurde, dem unnachlessig und getreulichen nachzusetzen, niemands seiner unpillickeit zue guth zu haltten noch zuvorschweigen.“; vgl. ferner Hintze, Otto: Hof- und Landesverwaltung, S. 215 f.; Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 142. 176 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Zu den Pfl ichten des Oberkämmerers789 gehörte selbstverständlich der Hofdienst, und zwar wiederum, wie bei allen anderen höfi schen Amtsträgern, im Sinne einer Auf- sichtspfl icht – im Falle des Oberkämmerers in der Aufsicht über die weiteren am Hofe tätigen adligen Kämmerer, die Hofjunker und Kammerlakaien. Für den „Obersten Käm- merer“ Matthias von Saldern ist dieser Tätigkeitsbereich bezeugt790. Daneben gehörte Matthias von Saldern zum erlauchten Kreis derer, die dem Kurfürsten „in die Kammer ge- schworen“ hatten, also zur unmittelbaren Umgebung des Kurfürsten, was in der Zeit des „Persönlichen Regiments“ erheblichen Einfl uss auf die Willensbildungs- und Entschei- dungsprozesse des jeweiligen kurfürstlichen Herrn garantierte. Sein Rang als „oberster Kammerrat“ weist insofern in dieselbe Richtung, als dieser zur Beratung der „Kammer- sachen“ herangezogen wurde. Darunter sind allein von der persönlichen Entscheidung durch den Kurfürsten bestimmte Materien zu verstehen791. Nicht zu verwechseln ist das Amt des Oberkämmerers übrigens mit der Tätigkeit in der Amtskammer, die in erster Linie für Finanzangelegenheiten zuständig war792. Beim Oberkämmereramt handelt es sich primär um Hofdienst, wobei die Grenzen – wie bereits festgestellt – häufi g verschwimmen. So wissen wir von Hieronymus von Schlick, bevor- zugtem Ratgeber und Oberkämmerer Joachim Friedrichs, dass er die Hauptschlüssel zur Kammer des Fürsten zu verwahren hatte, zugleich aber mit Kommissionen in Landesan- gelegenheiten betraut wurde793. Von eminent politischer Bedeutung war auch das Amt des Türknechts, spielte er doch eine maßgebende Rolle in der kurfürstlichen Kammer794. Mit Ausnahme der Amtsträger, die dem Landesherrn ihren Diensteid in die Kammer geschworen hatten und deshalb un- mittelbaren Zugang zu ihm besaßen, bestimmte der Türknecht, wer über den Zutritt zum Fürsten verfügte795. Die ältere Literatur verglich seine Position aus diesem Grunde mit der eines Flügeladjutanten796, da die Kontrolle des Zugangs ein begehrtes Privileg dar- stellte, dass ihrem Inhaber eine Stellung verlieh, „die ihn weit über seinen sozialen Rang

789 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 165 ff. 790 Vgl. Riedel, CDB, A X, 90. Zu Matthias von Saldern: Riedel, Reg. s.v. Saldern; Heidemann, Julius: Die Reformation in der Mark Brandenburg, S. 338; Raumer, G.W. von: Die Landesho- heit der Churfürsten von Brandenburg über die Grafen von Lindow-Ruppin und die Grafen von Hohenstein=Vierraden, in: MF 2 (1843), S. 210 – 218, hier S. 214; Göroldt, C.H.: Geschichte des Geschlechts v. Saldern, Oschersleben 1865, S. 63 f.; Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 166. 791 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 144. 792 Hierzu Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 166, Anm. 44; zur kurfürstlichen Ämter- und Finanzver- waltung vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 151 – 157. 793 Vgl. seine Bestallungsurkunde, abgedr. bei Passow, Siegfried: Ein märkischer Rittersitz, Bd. 2, Eberswalde 1907, S. 211 f., in der neben den anderen Tätigkeiten von der Verpfl ichtung des Günst- lings Joachim Friedrichs die Rede ist, die kurfürstliche Kammer und besonders die in ihr aufwar- tenden Pagen zu beaufsichtigen. 794 Hierzu Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 169 f.; Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 145. 795 Vgl. die Bestallung Curt von Runtorfs bei Riedel, CDB, C III, 216. 796 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 170. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 177 erheben kann“797. Darüber hinaus bzw. daneben gehörte die Bewachung der Kammer, die Verwahrung des Torschlüssels über Nacht sowie das Verhindern des „Abschleppens“ zu seinen dienstlichen Obliegenheiten – Pfl ichten, die über die politische Sphäre hinaus in den Bereich des Ökonomischen reichten. In diesem Sinne führte er am Küstriner Hof die Aufsicht über den Gefl ügelhof und hatte die Fische aufzutragen798. In Berlin wie Küstrin wartete wohl ein besonderer Türknecht der Kurfürstin auf und verantwortete die Liefe- rung von Gewürzen und anderen Kostbarkeiten für das „Frauenzimmer“. Haß weiß ferner zu berichten, dass er bei den Besuchen der Junker im Frauengemach bei Zeiten das Zei- chen zum Aufbruch zu geben hatte799. Der Umfang seines Verwendungsradius’ war mit- hin nicht unerheblich. Zudem scheint die Bekleidung des Türknecht-Amtes ein Sprung- brett zu Höherem gewesen zu sein. Sowohl Matthias von Saldern800 als auch Albrecht von Schlieben801 bekleideten diese Charge, bevor dieser zum Haushofmeister und jener zum Obersten Kämmerer aufrückten. Der Vorgänger Albrecht von Schliebens auf diesem Posten, Curt von Burgsdorff, wurde vom Kurfürsten unmittelbar nach Beendigung seines Hofdienstes mit der Landvogtei der Neumark begnadet802. Mehrfach ist bereits auf die Versorgungsproblematik am kurfürstlichen Hofe hinge- wiesen worden803. Immerhin bestand um die Mitte des 16. Jahrhunderts die Aufgabe, um die 400 Personen sowie über 200 Pferde der reisigen Knechte im kurfürstlichen Marstall zu füttern804. Riesige Mengen an Lebensmitteln sowie der aus Prestigegründen notwen- dige Statuskonsum mussten herbeigeschafft werden, was die Verantwortlichen unter an- derem vor erhebliche logistische Herausforderungen stellte805. Daraus erhellt die große Bedeutung des Amtes Mühlenhof mit dem Mühlenhaupt- mann an seiner Spitze806. Amt wie Person bildeten den wirtschaftlichen Mittelpunkt des

797 Paravicini, Werner (Hg.): Alltag bei Hofe, S. 15; zur Bedeutung der Abschichtung von Kommuni- kationsrechten vgl. ergänzend Schlögl, Rudolf: Der frühneuzeitliche Hof als Kommunikationsraum, S. 195. 798 Vgl. dazu Kern, Küstriner Hofordnung, Bd. I, S. 60 ff., 82. 799 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 170. 800 Vgl.: Riedel, Reg. s.v. Saldern; Heidemann, Julius: Die Reformation in der Mark Brandenburg, S. 338; Göroldt, C.H.: Geschichte des Geschlechts v. Saldern, S. 63 f. 801 Vgl. Riedel, CDB, A XI, 134. 802 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 170. 803 Vgl. die Beiträge in: Hirschbiegel, Jan/Paravicini, Werner (Hg.): Atelier. Hofwirtschaft. Ein ökono- mischer Blick auf Hof und Residenz in Spätmittelalter und Früher Neuzeit (= Mitteilungen der Re- sidenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Sonderheft 9), Kiel 2007. Zur Hofwirtschaft außerhalb Brandenburgs vgl. Hirsch, Volker: Der Hof des Basler Bischofs Johan- nes von Venningen (1458 – 1478). Verwaltung und Kommunikation, Wirtschaftsführung und Kon- sum (Residenzenforschung, 16), Ostfi ldern 2004. 804 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 95; Müller-Mertens, E.: Die landesherrliche Residenz, S. 152. 805 Hierzu vgl. Kap. B, VI, 1.1 – 1.4 dieser Arbeit. 806 Zuletzt: Natzmer, Harriet: „Was hilffts, einen grossen und unordenthlichen hauffen zuhaben und die nicht konnen underhalten?, S. 245 – 248; ferner Escher, Felix: Berlin-Cölln als Hafen- und Han- delsstadt im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, in: Engel, Helmut/Haspel, Jörg/Ribbe, Wolfgang (Hg.): Geschichtswerkstatt Spree-Insel. Historische Topographie-Stadtarchäologie-Stadtentwick- lung, Potsdam 1998, S. 87 – 98, bes. S. 88 f. u. 94 ff.; Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, 178 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert kurfürstlichen Hofes. Das Amt Mühlenhof war Vorratskammer und Wirtschaftshof für die kurfürstliche Hofhaltung zugleich. Von dort aus wurde das Spreeinselschloss mit Nah- rungsmitteln versorgt. Gleichzeitig halfen die aus den fürstlichen Domanialämtern im Mühlenhof einlaufenden Überschüsse, etwaige Lücken zu schließen. Mithin wundert es nicht, dass der Mühlenhauptmann vorrangig – entgegen der sonst üblichen Praxis – mit ökonomischen Aufgaben betraut war. Zu seinem Pfl ichtenkreis gehörte die Vereinnah- mung der im Berliner Umland erhobenen Zölle. Verantwortlich zeichnete er ferner für alle anderweitigen Einkünfte, namentlich diejenigen aus den dem Amte Mühlenhof zu- gehörigen Dörfern der Umgegend. Neben anderen hatte er bei der Kontrolle der kurfürst- lichen Ämter mitzuwirken807 und das Betreiben der am Spreeübergang zwischen Teltow und Barnim am Mühlendamm808 unweit Berlins gelegenen sechs Mühlen zu überwachen. Es handelte sich um die Kölnische Mühle, die Walkmühle mit drei Nebenbetrieben, die Mittelmühle, die Klippmühle, die Neue und die Malzmühle809. Eine Reihe von Kramlä- den, Buden, hölzernen Baracken, deren Inhaber unter der Gerichtsbarkeit des Mühlen- hauptmanns standen, siedelte sich rund um den Mühlendamm an. Zum Mühlenamt ge- hörten ferner Weinberge810. Aber selbst der Inhaber eines in wirtschaftlicher Hinsicht so entscheidend bedeut- samen Amtes wie das des Mühlenhofes war nicht frei von Aufgaben, die diesen bereits hochkomplexen Tätigkeitsbereich sprengten811. Abgesehen von seinen jurisdiktionellen Funktionen gegenüber den Bewohnern des Amtes Mühlenhof samt umliegender Dörfer hatte er für die Überwachung des Verkehrs zwischen Mühlenhof und Schloss, die Beauf- sichtigung von Küche und Keller im Cöllner Hofl ager sowie die Verköstigung der Ritter- schaft bei in Berlin stattfi ndenden Ständeversammlungen zu sorgen. Nicht nur zeigt sich auch in diesem Falle das unentwirrbare Zuständigkeitsgefüge. Aus den fehlenden eindeu- tigen Funktionszuschreibungen wird auch die häufi g beklagte gravierende Ineffi zienz die- ses „Systems der Aushilfen“ deutlich. Alle Amtsträger standen für die gleichen Aufgaben zur Verfügung812. Verantwortung für einen bestimmten Aufgabenbereich brauchte deshalb niemand zu übernehmen. Gerade mit Blick auf die Versorgungsproblematik offenbarte

S. 143 f.; ältere Literatur: Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 170 ff.; Holtze, Friedrich: Das Amt Mühlenhof, S. 24 ff.; Schapper, Gerhard: Die Hofordnung von 1470, S. 43 – 84. 807 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 39 f., 55 f. 808 Ürsprünglich handelte es sich um einen Knüppeldamm zum Zwecke der Stauung des Oberwassers der Spree für den Mühlenbetrieb. 809 Vgl. Küster, G.G.: Altes und Neues Berlin, Bd. III, S. 115; Küster, G.G.: a.a.O., Bd. IV, S. 13; fer- ner: Borrmann, Richard: Die Bau- und Kunstdenkmäler, S. 394 f. 810 Vgl. dazu Hintze, Otto: Hof- und Landesverwaltung, S. 211. 811 Vgl. dazu die Bestallungsurkunde des Hans von Thermo auf Klobbicke und Brunow, abgedr. bei Passow, S.: Ein märkischer Rittersitz [Hohenfi now-Tornow], Bd. II, S. 205 ff. Hans von Thermo soll „auf backen und brauen, zollen, mollen, vihe, hofe und sonsten allenthalben auf unsere hauß- haltung“ gutes Aufsehen halten. Darüber hinaus gehört es zu seinen Obliegenheiten, den korrek- ten Eingang der dem Amt zu entrichtenden Zinsen, Pächte und Gefälle zu kontrollieren. Antonius Spiegel etwa, ebenfalls Amtshauptmann auf dem Mühlenhof, begleitete den Kurfürsten auf den Re- gensburger Reichstag von 1541. Vgl. dazu Müller, Nikolaus: Zur Geschichte des Reichstags von Regensburg 1541, in: JBKG 4 (1907), S. 175 – 248, hier S. 177, 186. 812 Hierzu grundlegend Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 148. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 179 sich dieser Missstand. Trotz beziehungsweise gerade wegen des entscheidenden Stellen- wertes, der diesem Bereich aus damaliger Sicht zukam, waren gleich sechs oberste hö- fi sche Amtsträger für Versorgung und Kontrolle zuständig: der Marschall, der Hofmeis- ter, der Schlosshauptmann, der Türknecht, der Hauptmann des Amtes Mühlenhof und der Hausvogt. Gleichzeitig standen aber alle sechs Amtsträger für die gleichen übrigen Auf- gaben zur Verfügung813. Im Falle des Hausvogtes lässt sich die These von den multifunktionalen Zuständigkei- ten ebenfalls verifi zieren814. Hofhaltung und Verwaltung waren auch bei ihm untrennbar miteinander verquickt815. So heißt es etwa in einem aus der Feder Lampert Distelmeiers stammenden Eidesformular, dass der Hausvogt „auf die wachefeuer und thor, auch das abtragen gut acht haben, auch wan seine k.f.g. zu bauen haben, darauff gute achtung ge- ben, dasselbige vleissig helffen befordern, desgleichen auff die wagenknegt, das die zu rechter zeit an- und ausspanen“816. Als Hilfsorgan des Marschalls hatte auch er die Wirt- schaft in Küche und Keller zu beaufsichtigen, die Ordnung bei den Mahlzeiten zu garan- tieren sowie den Hof mit Kleidung, Nahrungsmitteln und Brennholz zu beliefern. Recht- liche Befugnisse kamen ihm als Inhaber der Kriminaljurisdiktion über das Hofgesinde, die sonstigen Bewohner der „Schlossfreiheit“ sowie die Scharfrichter und Abdecker zu817. In Ausübung der Hausinspektion im Schloss hatte er dessen Zugänge zu überwachen und für die allabendliche Schließung der Tore zu sorgen. Dem Türknecht, ihm offensichtlich übergeordnet, hatte er den Torschlüssel abends zur nächtlichen Aufbewahrung zu über- geben. Einen Bedeutungsgewinn erfuhr dieses in der Mark bereits seit dem 13. Jahrhun- dert bezeugte, dann wieder in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts auftauchende Hofamt mit dem Bau des Berliner Schlosses. Die Aufgabe des Hausvogtes bestand in dieser Zeit namentlich in der Beaufsichtigung der Bauten am Schloss, also dem Neubau des Stech- bahnfl ügels und dem Umbau des Spreefl ügels818. Von einer beschränkten Beteiligung an der Lehnsverwaltung weiß Haß819. Der Hausvogt sei ihm zufolge für die Einweisung der

813 Vgl. dazu Müller, Rainer A.: Hofstaat – Hofmann – Höfl ing. Kategorien des Personals an deutschen Fürstenhöfen der Frühen Neuzeit, in: Malettke, Klaus/Grell, Chantal (Hg.): Hofgesellschaft und Höfl inge an europäischen Fürstenhöfen in der Frühen Neuzeit (15. – 18. Jh.) [= Forschungen zur Geschichte der Neuzeit. Marburger Beiträge, Bd. 1], Münster 2001, S. 37 – 53, bes. S. 43. 814 Vgl. hierzu Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 171 ff. 815 Beide Funktionsbereiche waren im frühneuzeitlichen Staat mit seinen patrimonialen Strukturen grundsätzlich nicht voneinander geschieden. Der „Hof“ als Institution war sowohl Herrschaftssitz als auch fürstlicher Haushalt. Hierzu bestätigend: Bernhardt, Walter: Die Zentralbehörden des Her- zogtums Württemberg und ihre Beamten 1520 – 1629, 2 Bde., Stuttgart 1973; Eckhardt, Wilhelm A.: Die hessischen Erbhofämter, in: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 41 (1991), S. 85 – 104; Scholz, Michael: Residenz, Hof und Verwaltung der Erzbischöfe von Magdeburg in Halle in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, Sigmaringen 1998. 816 Riedel, CDB, C III, 155. 817 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 172, Anm. 61. 818 Vgl. die Bestallungsurkunde für Heinrich von Brietzke, Hausvogt von 1536 – 1551 bei Riedel, CDB, A IX, 294. 819 Haß, Martin: a.a.O., S. 173; ferner Winterfeld, Ludwig G. von: Geschichte des Geschlechtes von Winterfeld, Bd. 2, Damerow 1859, S. 163, 165. 180 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Edelleute in Lehen zuständig gewesen und habe heimgefallene Lehen für den Kurfürsten eingenommen. Vielgestaltig waren auch die Pfl ichten des adligen Gefolges des Fürsten, des sogenann- ten „Gesellicht“820. Der Hofordnung zufolge hielten sich am Berliner Hofe ständig 31 Jun- ker auf, die sich entsprechend ihres jeweiligen Standes (Grafen, Herren, einfacher Adel) und gemäß der Zahl ihrer Pferde, mit denen sie am kurfürstlichen Hofe dienten, streng hie rar chisch in Ein-, Zwei-, Drei-, Vier-, Fünf- und Sechsrösser gliederten821. Charakte- ristisch für den Hofadel war nicht nur, dass er rittermäßig gerüstet sein musste. Der Kur- fürst verlangte darüber hinaus nicht zuletzt aus Prestigegründen die entsprechende Zahl von reisigen Knechten, je nach Stand, sowie an Pferden, mit denen seine Junker dienten. Der militärische Gestus spielte in diesem Zusammenhang eine nicht zu unterschätzende Rolle. Als bevorzugtes Zeichen fürstlicher Geltung achtete beispielsweise Joachim I. da- rauf, dass ihn 1530 auf seiner Reise auf den Augsburger Reichstag 450 Reisige begleite- ten822. Bei seiner Fahrt zum Regensburger Reichstag eskortierten den brandenburgischen Kurfürsten über 300 Reiter823. Auf seinem Zug zur Königswahl Maximilians II. im Jahre 1563 führte Joachim einschließlich der Begleitung seines Bruders 452 Pferde mit sich824. Und Joachim Friedrich verfügte als Administrator des Erzbistums Magdeburg auf seiner Reise zum Augsburger Reichstag von 1582 über einen Troß von 392 Pferden825. Standes-

820 Zum „Gesellicht“ vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 77, 108. 821 Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 75, 181. 822 Neben dem Kurprinzen gehörten dem kurfürstlichen Gefolge u.a. folgende Standespersonen an: der Bischof von Lebus, Georg von Blumenthal, die Theologen der Universität Frankfurt Konrad Wimpina, Johann Mensing und Rupert Elgersma sowie der Dompropst zu Stendal und Domherr zu Fürstenwalde Wolfgang Redorfer. Vgl. dazu Heidemann, Julius: Die Reformation in der Mark, S. 162; ferner Hammer, Karl H.: Kurfürst Joachim I. von Brandenburg auf dem Reichstag 1530, in: Wichmann-Jahrbuch 1 (1930), S. 116 – 133. 823 Vgl. dazu Müller, Nikolaus: Zur Geschichte des Reichstags von Regensburg 1541, in: JBKG 4 (1907), S. 175 – 248, hier S. 186; Mösender, Karl (Hg.): Feste in Regensburg. Von der Reforma- tion bis in die Gegenwart, Regensburg 1986, S. 145 ff., 153 ff.; Dotzauer, Winfried: Die Ankunft des Herrschers. Der festliche „Einzug“ in die Stadt (bis zum Ende des Alten Reichs), in: AKG 55 (1973), S. 245 – 288. 824 Vgl. dazu Angelus, Andreas: Annales Marchiae, S. 87. – Auf dem Wormser Reichstag von 1521 führten die Kurfürsten Joachim von Brandenburg und Johann von Sachsen 300 Pferde mit sich, Erzherzog Ferdinand 300 bis 400 Pferde, der Kaiser hingegen 2669 Pferde (vgl. Kohler, Alfred: Wohnen und Essen auf den Reichstagen des 16. Jahrhunderts, in: Kohler, Alfred/Lutz, Heinrich (Hg.): Alltag im 16. Jahrhundert. Studien zu Lebensformen in mitteleuropäischen Städten (Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit 14), Wien 1987, S. 222 – 258, hier S. 225). 825 Vgl. das für Joachim Friedrich aufgestellte „Nachtlagerverzeichnis von Halle nach Augsburg“ von 1582 im ThHStA Weimar, Reg. B 23221, zitiert nach Straube, Manfred: Kaufl eute auf dem Wege von und nach Leipzig – Handelsreisende im 16. Jahrhundert, in: Bräuer, Helmut/Schlenkrich, Elke (Hg.): Die Stadt als Kommunikationsraum. Beiträge zur Stadtgeschichte vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Festschrift für Karl Czok zum 75. Geburtstag, Leipzig 2001, S. 763 – 790, hier S. 771, Anm. 20. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 181 gemäßes Auftreten bedurfte eben einer adäquaten Umgebung und wurde von den Zeitge- nossen „als Prestigegenerator für beide Seiten“826 betrachtet827. Die Zahl der ständig am Hofl ager anwesenden Hofjunker hätte allerdings niemals ausgereicht, um eine solch stattliche Schar zustande zu bringen. Dazu bedurfte es soge- nannter „Diener von Haus aus“, die von Fall zu Fall reaktiviert wurden. Es handelte sich bei diesem Typus um aus dem aktiven Hofdienst ausgeschiedene Junker, die ihrem Lan- desherrn selbstredend nach wie vor verpfl ichtet waren, hatten sie doch bei Bewährung in der Regel eine fürstliche Entlohnung in Form eines Amtes oder dergleichen zu erwarten. Als integralen Bestandteil des fürstlichen Haushalts erhielt das adlige Hofgesinde au- ßer einer Geldbesoldung am Hofl ager Wohnung und Beköstigung. Im Zusammenhang mit dem Amt Mühlenhof war bereits davon am Rande die Rede. Dafür hatte das „Gesellicht“ seinen Landesherrn auf Reisen zu begleiten828. Ferner gehörte zu seinem Pfl ichtenkatalog eine ganz Reihe unterschiedlichster Aufgaben, je nachdem, ob es sich nun um Kammer- junker oder Hofjunker handelte. Von den Kammerjunkern wurde erwartet, dass sie sich beständig in der Nähe des Kurfürsten aufhielten, was in Zeiten des „persönlichen Regi- ments“ einen nicht unwesentlichen Einfl uss auf den Kurfürsten bedeutete. Eine daraus resultierende Verschwiegenheitspfl icht verstand sich von selbst829. In ihrem jeweiligen Dienstvertrag mit dem Landesherrn wurde darauf ausdrücklich Bezug genommen830. Be- kannt ist aber auch ihre prestigeträchtige Aufgabe als „Vorschmecker“831. Bei diesem Amt handelte es sich um ein weiteres Instrument im europaweiten Zeichensystem dynastischer Selbstinszenierung. Teilweise dienten sie ihrem Herrn zudem in politischer Funktion als

826 Paravicini, Werner (Hg.): Alltag bei Hofe, S. 16. 827 Zu Einzelheiten über Besuch und Kosten der Reichstage vgl. Aulinger, RTA/JR 10,1 (1992), S. 125, 126 (175), 150 (17), 154; Eltz, RTA/JR 15,1 (2001), S. 113; Leeb, RTA RV 1558/1559, S. 157 ff., 161; Lanzinner/Heil, RTA RV 1566, S. 89 (154), 91, 94; Lanzinner, RTA RV 1570, S. 152; Leeb, RTA RV 1582, S. 196, 198, 206; Leeb, RTA RV 1582, S. 181, 185, 188 – 190; vgl. ferner Eltz, Er- wein: Die Reise zum Reichstag, in: Kohler, Alfred/Lutz, Heinrich (Hg.): Alltag im 16. Jahrhundert, S. 195 – 222; Luttenberger, Albrecht P.: Pracht und Ehre. Gesellschaftliche Repräsentation und Zere- moniell auf dem Reichstag, in: Kohler, Alfred/Lutz, Heinrich (Hg.): a.a.O., S. 291 – 327; Stollberg- Rilinger: Zeremoniell als politisches Verfahren. Rangordnung und Rangstreit als Strukturmerkmale des frühneuzeitlichen Reichstags, in: Kunisch, Johannes (Hg.): Neue Studien zur frühneuzeitlichen Reichsgeschichte, Berlin 1997, S. 91 – 132, bes. S. 98. 828 Zur Teilnahmepfl icht an der sogenannten „Einholung“ auswärtiger Fürstlichkeiten vgl. bes. König, A.B.: Versuch einer historischen Schilderung, S. 313 – 322; ferner das Tagebuch des Grafen und der Gräfi n Lynar, in: Ledebur, Leopold von (Hg.): Archiv für die Geschichtskunde des Preußischen Staates, 16. Bd., 3. Heft, Berlin u.a. 1835, S. 193 – 232, hier S. 212. 829 Zur Verschwiegenheitspfl icht siehe die Eidesformel für Kammerjunker bei Haß, Martin: Die Hof- ordnung, S. 178; vgl. ferner die Bestallungsurkunde für Dr. Johann Köppen: „was wir ihme auch an Händeln, Registern oder Rechnungen vertrauen oder er sonsten an unsern geheimen Sachen er- fahren wird, dasselbe soll er bis in seine sterbliche Grube in sich geheim und verschwiegen halten.“ (zitiert nach Klinkenborg, Melle: Die kurfürstliche Kammer, S. 478). 830 Vgl. die Ratsbestallung von Henning von Quitzow bei: Hintze, Otto: Hof- und Landesverwaltung, S. 8, Anm. 1. 831 Hierzu vgl. die Eidesformel in: Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 177. 182 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Mitglieder des Rats und fanden Verwendung bei diplomatischen Missionen im In- und Ausland832. Die Hofjunker hatten ihrem Fürsten täglich „aufzuwarten“, was in ihrem Fall nichts anderes bedeutete, als dass sie sich jeden Tag zu bestimmter Stunde an einem bestimmten Ort, und zwar in der Ritterstube, versammeln mussten. Solch eine Ritter- oder Hofstube ist in fast allen Residenzen des Brandenburgers nachweisbar – Indiz dafür, dass das „Ge- sellicht“ wohl in der Regel der kurfürstlichen Entourage zuzurechnen war, also mit ihm auf Reisen ging. Ihr Beitrag zur Hebung der kurfürstlichen Reputation bestand unter an- derem darin, den Landesherrn beim Kirchgang, auf der Jagd, auf Hofbanketten und bei anderen festlichen Anlässen sowie zur Tafel zu begleiten. Ihre Teilnahme an ritterlichen Spielen, etwa auf der Stechbahn vor dem kurfürstlichen Schloss, sowie das „Einholen“ von und der Ehrendienst bei bedeutenden ausländischen Gästen galt als Pfl icht und bot dem Betrachter ein imponierendes Schauspiel.

2. Der Alltag bei Hofe – Hierarchie und Zeremoniell

Einem strengen höfi schen Reglement unterlag der Alltag bei Hofe in der Frühen Neuzeit. Dies wissen wir namentlich aus den europäischen Hofordnungen dieser Zeit833. Deren genereller Wert als Gattung und Quelle ist allerdings nicht unproblematisch, differiert er doch von Hofordnung zu Hofordnung. Hier wird diese und dort jene Materie bevorzugt oder ausschließlich behandelt. In diesem Fall dominierten namentlich Wirtschaft und Fi- nanzen, in jenem Fall Handlung und Zeremoniell834. An den beiden kurbrandenburgischen Hofordnungen aus dem 15. bzw. 16. Jahrhun- dert wurde dies bereits ansatzweise deutlich. Verzichtete die Hofordnung Albrecht Achills aus dem Jahre 1470 auf Aussagen über die Organisation der Finanz- und Landesverwal- tung völlig, so war dies bei der zweiten unter Joachim II. herausgegebenen Hofordnung nicht der Fall. Die Hofordnung von 1537 bestach ob der Genauigkeit und Vollständigkeit

832 So etwa Jakob Schilling von Lahnstein oder Joachim Flanß, die beide zur Reichstagsgesandtschaft des Kurfürsten nach Augsburg (1530) gehörten. Vgl. Müller, Nikolaus: Zur Geschichte des Reichs- tags von Regensburg 1541, in: JBKG 4 (1907), S. 175 – 248, hier S. 187. 833 Zu diesem Themenkomplex: Paravicini, Werner/Kruse, Holger (Hg.): Höfe und Hofordnungen 1200 – 1600 (Residenzenforschung 10), Sigmaringen 1999; Müller, Rainer A.: Der Fürstenhof in der Frühen Neuzeit, S. 40 – 41; Hecht, Michael: Hofordnungen, Wappen und Geschichtsschrei- bung, S. 98 – 122; Kern, Arthur (Hg.): Deutsche Hofordnungen des 16. und 17. Jahrhunderts, Berlin 1905 – 1907. Zu Kurbrandenburg speziell: Schapper, G.: Die Hofordnung von 1470 und die Verwal- tung am Berliner Hofe zur Zeit Kurfürst Albrechts, Leipzig 1912; Haß, Martin: Bemerkungen über die Hofordnung Kurfürst Joachims II., in: FBPG 19 (1906), S. 223 – 230; ders.: Die Hofordnung Kurfürst Joachims II. von Brandenburg. Neu herausgegeben und durch Untersuchungen über Hof- halt und Verwaltung unter Joachim II. erläutert, Berlin 1910, Nachdruck Vaduz 1965. 834 Zur Funktion des Zeremoniells vgl. Müller, Rainer A.: Der Fürstenhof in der Frühen Neuzeit, S. 41 – 42; Schlögl, Rudolf: Der frühneuzeitliche Hof als Kommunikationsraum, S. 199. Zum Quellenwert von Hofordnungen: Paravicini, Werner: Europäische Hofordnungen als Gattung und Quelle, S. 13 – 20. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 183 ihrer Angaben, war zugleich aber mehr als ein bloßes „Finanzdokument“. Die Hoford- nung von 1537 eröffnete darüber hinaus Einblicke und Einsichten in zeremonielle Fra- gen und Handlungen. Sie geriet in unserem Fall gar zur Handlungsvorschrift, insofern sie den Junkerdienst regelte, den Tagesablauf bis auf die Stunde genau reglementierte835, sich gerade in hierarchisch-ständischer Hinsicht zu wichtigen Aspekten wie Tischordnung, Speisefolge und Tischmanieren äußerte und einen Verhaltens- und Sittenkodex für die höfi sche Gesellschaft lieferte836. Diese Quellengattung gestattet uns einen recht lebendi- gen Blick auf das alltägliche Leben und Treiben der Schlossbewohner und ihrer Gäste. Es blieb zwar auch in der Joachimischen Hofordnung weitestgehend beim Normativen, aber Handlungen wurden zusehends integriert, ohne dass der Abstand zur alltäglichen Realität vergessen werden darf. Die Hofordnungen waren und blieben doch immer Vorschriften, die sich brechen ließen und gegen die häufi g im Alltag verstoßen worden sein wird. An- sonsten hätte es ihrer auch gar nicht bedurft. Der Hofalltag war in erster Linie durch die Mahlzeiten bestimmt837. Im Sommer um vier Uhr, im Winter um fünf Uhr wurden die Schlosstore geöffnet. Dienstbeginn in Mar- stall und Küche war vier Uhr838. Um sechs Uhr im Sommer, um sieben Uhr im Winter tra- ten die kurfürstlichen Räte ihren Dienst an839. Das Morgenmahl erfolgte zwischen sieben und acht Uhr840. Gewöhnlich um neun Uhr, an Fastentagen um zehn Uhr traf sich die im Schloss anwesende Hofgesellschaft zum Mittagessen, um etwa sechzehn Uhr wurde die Vesper gereicht841. Mit der Schließung der Frauenzimmer um zwanzig Uhr war der Tag zu Ende842. Eine Stunde später wurden die Schlosstore verschlossen, im Winter ein we- nig später843. Der Tag begann so früh, wie er endete. Ein Hauptgrund für den aus heuti- ger Sicht ungewöhnlichen Tagesablauf war die Kostbarkeit künstlicher Beleuchtung. Die Verwahrung der wertvollen Kerzenrationen in der höfi schen Silberkammer844 sowie die

835 Zur Bedeutung der Anwesenheit vgl. Schlögl, Rudolf: Der frühneuzeitliche Hof als Kom mu ni ka- tions raum, S. 206 f. 836 Zur Bedeutung des Speisezeremoniells in interaktionstheoretischer Perspektive vgl. Schlögl, Rudolf: Der frühneuzeitliche Hof als Kommunikationsraum, S. 197; ferner Plodeck, Karin: Hof- struktur und Hofzeremoniell, S. 123 – 129. 837 Vgl. dazu Paravicini, Werner (Hg.): Alltag bei Hofe, S. 10 – 30; ferner Müller, Rainer A.: Der Fürs- tenhof in der Frühen Neuzeit, S. 36 – 40, bes. S. 38. 838 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, [12]: Ordnung des stalles, S. 73. 839 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, [1]: Zcum ersten ordnung der rethe, S. 31. 840 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, [2]: Ordnung der cantzley, S. 33. 841 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, [9]: Ordnung der kuchen, S. 61. 842 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, [13]: Hiernach volget die ordnung des frauentzimmers, S. 78. 843 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, [7]: Ordnung des Hausvogts, S. 49. 844 Bei der Silberkammer handelte es sich um einen unverzichtbaren Funktionsbereich eines Resi- denzschlosses. Mit diesem Begriff verband man bei Bedarf eine ganze Folge von Räumen, im Falle des Torgauer Schlosses insgesamt acht. Vgl. dazu Hoppe, Stephan: Die funktionale und räumliche Struktur, S. 464. – Selbst in den kurfürstlichen Jagdhäusern sind Silberkammern bezeugt, was wie- derum ein deutlicher Hinweis auf ihre Residenzfunktion ist. 184 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Anordnung, ihre Stümpfe sorgsam zu verwahren, wurde ausdrücklich in der Hofordnung erwähnt845. Große Bedeutung und breiten Raum maß die Hofordnung der Tischordnung bei846. Dies erklärt sich aus dem überdurchschnittlich hohen Stellenwert höfi scher Repräsenta- tion und höfi schen Standesbewusstseins. Denn auf nichts achtete der höfi sche Mensch mehr „als auf die Zeichen des Ranges, den man ihm einräumt“847. So wie die meist aus Wachs oder aus Talg in der Wirtschaft selbst gefertigten Lich- ter je nach Stand in ganz bestimmter Zahl und Gewicht an die einzelnen Personen und Gruppen des Hofgesindes zwischen Allerheiligen (1. November) bis Lichtmeß (2. Feb- ruar) verausgabt wurden848, so war auch die Tischordnung zu den beiden Hauptmahlzeiten morgens und abends geregelt. Es wurde unterschieden zwischen bevorzugten und nicht bevorzugten Tischen. Zu den bevorzugten gehörten: vier Tische in der „ritterstuben“849, einer im Frauenzimmer850, einer in der Kanzlei sowie in der Hofstube851 je einer für die Harnischmeister, die Trummeter und die Marstaller. Zu den nicht bevorzugten zählten der Tisch für das allgemeine Hofgesinde und der für die Arbeitsleute. Im Rittersaal selber be- fanden sich, geordnet nach der Rangfolge, der Tisch des Kurfürsten, der Tisch der Räte, derjenige für die Edelleute sowie der für die Einrösser. Die Qualität der Speisen und Getränke sowie deren Quantität in Gestalt der Anzahl der Gänge korrespondierte mit der Tischordnung852. So wie es am fürstlichen Tisch, re- serviert für den Kurfürsten und seine Familie, morgens zehn, abends neun Gänge gab, so wurde den Herrschaften vom besseren Wein, in Flaschen aufgetragen, kredenzt. Am Tisch

845 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, [11]: Ordnung der sylbercammer und die namen und personen darynn, S. 71; vgl. in diesem Zusammenhang ferner die braunschweigisch-wolfenbüttelsche Hof- ordnung (Kern, Bd. 2, 1907, S. 13) sowie die Hofordnung Markgraf Johanns von Küstrin (Kern, Bd. 1, 1905, S. 43). 846 Vgl. Spieß, Karl-Heinz: Rangdenken und Rangstreit im Mittelalter, in: Paravicini, Werner (Hg.): Zeremoniell und Raum, Sigmaringen 1997, S. 39 – 61. 847 Paravincini, Werner (Hg.): Alltag bei Hofe, S. 19. 848 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, [11]: Ordnung der sylbercammer und die namen und personen darynn, S. 71; ferner Hintze, Otto: Hof- und Landesverwaltung, S. 213. 849 Neben der Hofstube als heizbarem Alltagsspeise- und Versammlungsraum des Hofgefolges, teil- weise auch der Schlossherrschaft wird in der Cöllner Hofordnung eine „ritterstube“ erwähnt (Haß, Martin: Die Hofordnung, [10]: Ordnung des kellers, S. 66). Hoppe deutet sie als Derivat der zur allgemeinen Tafel verwendeten Hofstuben, die als allein für die Herrschaft bestimmte separate Ta- felstube die zunehmende standesmäßige Ausdifferenzierung der höfi schen Gesellschaft belege. Vgl. zum Aufkommen separater Tafelstuben Hoppe, Stephan: Die funktionale und räumliche Struktur, S. 420 ff.; ferner die Hofordnung des Markgrafen Johann von Küstrin von 1561 (Kern, Bd. 1, 1905, S. 43), diejenige des Kurfürsten August von Sachsen von 1554 (Kern, Bd. 2, 1907, S. 44) sowie die preußische Frauenzimmerordnung aus der Zeit Herzog Albrechts (Kern, Bd. 1, 1905, S. 91). 850 Der Begriff „Frauenzimmer“ ist zu verstehen als räumlicher Bereich, der dem weiblichen Hofstaat der Schlossherrin zusätzlich zu ihrem persönlichen Stubenappartement, also einer mindestens aus einer Stube und einer Schlafkammer bestehenden Raumgruppe, zur Verfügung stand. Vgl. dazu Hoppe, Stephan: Die funktionale und räumliche Struktur des frühen Schloßbaus, S. 387 ff. 851 Zu deren Lage im Schloss vgl. Peschken, Goerd: a.a.O., S. 32 f., 35. 852 Zu den Speisegewohnheiten bei Hofe vgl. Ottomeyer, Hans/Völkel, Michaela (Hg.): Die Öffentli- che Tafel. Tafelzeremoniell in Europa 1300 – 1900, Wolfratshausen 2002. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 185 der Räte verringerte sich die Zahl der Gänge auf morgens sechs und abends fünf, am Tisch der Edelleute und Einrosser auf fünf bzw. vier853. Wie dem fürstlichen Tisch stand ihnen ein großer oder kleiner Becher, allerdings wohl nur des heimischen „Landweins“, zum gemeinsamen Umtrunk zu854. Serviert wurde er ihnen allen in silbernen Gefäßen. Aus Standgefäßen und Kannen wurde ihnen von sogenannten „Brett-Trägern“, „Wäch- tern“ und „Präbendern“ bernauisches und anderes Bier aufgetragen. Im Gegensatz etwa zur großen Bedeutung, die der sächsische Landesfürst dem zere- moniellen Kontext der Mahlzeit und der Verwendung ausschließlich hochrangiger Bedie- nung in der Torgauer Hofordnung von 1553 zumaß, fehlt dieser Aspekt in der kurbran- denburgischen zur Gänze. Für das Servieren sämtlicher Speisen und Getränke zog man im Gegenteil neben den auch dort üblichen Edelknaben ausdrücklich sogenannte „Prä- bender“, also Schüler, mit zur Bedienung heran. Gegen das Versprechen auf einen kos- tenlosen Freitisch halfen sie – wohl aus Mangel an hochrangigen Edelleuten am Cöllner Hofe – bei der Servierung der Mahlzeiten aus855. Die Torgauer Hofordnung hingegen ver- bat sich ausdrücklich den Einlass „von knechte, Trabanten, Lakaien, Bothen, Knaben, auch ander gemein Hoffgesinde inn unnser furstlich Esgemach“856. Außerhalb des Rittersaals, also schon in erkennbarer Distanz zum Herrscher, exis- tierten, wie bereits erwähnt, der Tisch der Frauenzimmer, der Kanzlei sowie die drei se- paraten Tische der Harnischmeister, Trummeter und Marstaller. Morgens fünf, abends vier Gänge wurden den Jungfrauen im Frauenzimmer, den Sekretären und Schreibern in der Kanzlei und den drei Gruppen in der Hofstube aufgetragen. Morgens vier, abends drei Gänge mit zwei oder einem Gemüse erhielt der allgemeine Hofgesindetisch, je drei Gänge am Morgen und am Abend die Arbeitsleute. Die bevorzugten Tische erwartete zu-

853 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, [9]: Ordnung der kuchen, S. 62. 854 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, [10]: Ordnung des kellers, S. 66. 855 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, [5]: Ordnung des marschalchs, S. 41, 43; ferner [10]: Ordnung des hausvogts, S. 48; [10]: Ordnung des kellers, S. 64. Bereits Hintze, Otto: Hof- und Landesver- waltung, S. 211 hat auf das Heranziehen der sogenannten Präbender hingewiesen, ohne allerdings daraus die notwendigen ökonomischen und kulturellen Schlüsse zu ziehen. 856 Vgl. „Churfürst Augusti Original-Hoff-Ordnung f. d. Torgau den 30. [richtig: 3.] Okt. 1553“, fol. 5v. (SächsHStA Dresden, Loc. 32436, Nr. 3). Überhaupt legt die Torgauer Hofordnung großen Wert auf Rangfragen, die fester Bestandteil des zeremoniellen Repräsentationsaufwandes waren: „Dinstwartung des Hovegesindes: Es sollenn auch die Furstenn, Graven, Hern unnd vom Adell im Hoffl ager, teglich Zwischen acht und neun unnd aufn abent Zwischen drey und vier uhrenn vor un- serm EssZimmer erscheinenn unnd do selbst bis wir Zu tisch gesessen, und wasser genommen auff unnsern dinst wartenn. Desgleichenn sollen sie auch thun Zur morgen unnd abendt mallZeit oder wan wir fremde hernn, Rethe, Botschafften oder sonst statliche leuthe bei uns habenn oder in au- dienzen, oder andern grossen handlungen sein werdenn. Es sollenn auch unsere Cammerer unnd Edelleuthe, die wir speisenn, nicht eher Zu tische setzenn, bis das wir uns Zuvornn gesetzt haben. Unnd sollenn die ihenigenn, so auff unsern tisch oder sonst Zu andern dinste bescheiden, desselbi- gen ihres dienstes in sonderheit teglich Zu rechter Zeit vleissig abwartenn, damit man einen ieden, wie bishero offt gescheenn, nicht suchen oder auff ihnenn wartenn dörffe. (...) Es soll uns auch hin- furo das wasser, Sonderlich wann fremde Herrnn oder geste vorhandenn sein, durch die Gravenn und Herrnn gereicht werdenn. Im fall aber, das sie aus erheblichen ursachenn nicht fur der Handt, sollenn es die vom Adell reichen.“ („Churfürst Augusti Original-Hoff-Ordnung f. d. Torgau den 30. [richtig: 3.] Okt. 1553“, fol. 4v–5r. (SächsHStA Dresden, Loc.32436, Nr. 3). 186 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert dem bei jeder Mahlzeit eine eigens vom Fürstentisch stammende Schüssel, die Hoford- nung spricht von „Kar“, sowie Semmeln aus Weizenmehl. Das Brot wurde entsprechend der Anzahl der Personen an sämtlichen Tischen ausgeteilt857. Zum Morgenmahl wurden Fleischsuppe mit Brot, Butter, Käse, getrocknete Fische sowie ein großer oder kleiner Be- cher Wein oder Bier serviert. Die Ausdifferenzierung der Speisenzubereitung in qualitativer wie quantitativer Hin- sicht nach ständischen Gesichtspunkten schlug sich darüber hinaus in einer Aufteilung des Küchenpersonals nieder858. So kennt die brandenburgische Hofordnung unter den 24 Personen, die in der Küche tätig waren859, sieben bis acht Köche, und zwar einen be- sonderen „Mundkoch“, der außer für den Kurfürsten und die Kurfürstin auch für den Kurprinzen beziehungsweise die junge Herrschaft kochte. Daneben unterschied man zwi- schen einem Ritterkoch und einem Hauskoch. Während der Hauskoch für die Speisen- zubereitung des „gemeinen Hofgesindes“ zuständig war, hatte sich der Ritterkoch, dem noch ein eigener „ritterkochs knecht“ an die Seite gestellt wurde, um das leibliche Wohl der höherrangigen Edelleute zu kümmern. Unter Joachim Friedrich trat noch ein beson- derer „Pastetenbäcker“ in die Küche ein. Was sich aus heutiger Sicht als durchaus prachtvoll darstellt, entpuppt sich im Ver- gleich mit den Verhältnissen am sächsischen Hof als recht bescheiden. Für den Kurfürs- ten Christian I. waren 1586 allein drei „Mundtköche“ für seine persönliche Speisenzube- reitung zuständig. Auch die Zahl der Ritterköche lag doppelt so hoch wie an der Spree860. Zudem existierte am kursächsischen Hof eine separate „Frauenzimmerküche“861. Wie prächtig und aufwendig die sächsische Hofhaltung im Vergleich zu Kurbrandenburg war, offenbart auch ein Blick auf ein System von Küchen auf Schloss Hartenfels. Dort unter- schied man allein zwischen vier kurfürstlichen Küchen: der Herrenküche, der Bratküche, der Herrenbratküche und der Ritterküche862. Dagegen entsprachen die Verhältnisse an der Spree eher denen an einem im Vergleich zu einem Kurhof rangniedrigeren Hofl ager. Am Hofe Herzog Heinrichs des Mittleren von Braunschweig-Lüneburg etwa gab es nur zwei Köche, und zwar einen für den Landesfürsten und den zweiten für seine Gemahlin sowie einen „huskoch“ und einen „underkoch“863. Interessant sind auch die angeordneten Maßnahmen zwecks Verhinderung des häu- fi g beklagten heimlichen „Abschleppens“864, verdeutlichen sie doch die bereits mehr- fach betonten großen Versorgungsprobleme, denen sich der brandenburgische Hof und

857 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, [10]: Ordnung der semmeln, S. 69. 858 Vgl. zu diesem Problemkreis Hoppe, Stephan: Die funktionale und räumliche Struktur, S. 463 f. 859 Vgl. Haß, Martin: Hofstaats-Verzeichnis „Ordtnung der personen, so in teglicher hofhaushaltung befunden werden“, in: ders.: Die Hofordnung, S. 91– 95. 860 Vgl. die Hofordnung von Kurfürst Christian I. von Sachsen von 1586 (Kern, Bd. 2, 1907, S. 57). 861 Vgl. die Hofordnung von Kurfürst Christian I. von Sachsen von 1586 (Kern, Bd. 2, 1907, S. 59). 862 Vgl. Hoppe, Stephan: a.a.O., S. 463. 863 Vgl. dazu dessen Hofordnung bei Kern, Bd. 2, 1907, S. 2; ähnlich liegen die Verhältnisse am relativ bescheidenen Küstriner Hof seines Bruders (Küstriner Hofordnung von 1561; Kern, Bd. 1, 1905, S. 51). 864 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, [7]: Ordnung des hausvogts, S. 48. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 187 insbesondere das Cöllner Hofl ager ausgesetzt sahen. Eine zweite Mahlzeit am „letzten Tisch“ war nicht erlaubt. Dies galt sowohl für diejenigen, die bereits gespeist, als auch für diejenigen, die die eigentliche Mahlzeit versäumt hatten. Die Schließung des Tores eine Viertelstunde, nachdem zu Tisch geblasen worden war, diente demselben Zweck865. Erinnert sei in diesem Zusammenhang insbesondere an die Kompetenzüberschneidungen der kurfürstlichen Amtsträger. Die Kontrolle von Küche und Kellern war gleich mehre- ren aufgetragen. Eine Verpfl ichtung zur Unterbindung des Missbrauchs des heimlichen „Abschleppens“ bestand für fast alle höfi schen Amtsträger. Das Verbot von sogenannten „Winkeltischen“, das „Abspeisen“ in Küche, Keller und in den privaten Zimmern der Hofl eute wurde ausdrücklich untersagt. Dem Recht der Hofl eute auf Verköstigung korre- spondierte die Pfl icht, sich vom Hofmarschall ihren Platz an der Hoftafel, also an einem der ihrem Rang entsprechenden Tische, anweisen zu lassen. Nur die Kranken machten die Ausnahme von der Regel. Sie durften ihr Essen holen lassen. Für alle Übrigen herrschte Präsenzpfl icht bei den Mahlzeiten. Aufschlussreich sind auch die Tischmanieren im Spreeschloss. Diese lassen sich – gleichsam im Umkehrschluss – aus der Missachtung der in der Hofordnung gesetzten Norm erschließen. Dem Passus, alle sollten sich bei Tische fein, züchtig und stille verhal- ten, lässt sich mithin eine realiter recht unfeine Tischzucht entnehmen, nämlich den ande- ren mit Knochen und Gräten, mit Brot- und Fleischstücken zu bewerfen. Marschall oder Hofmeister hatten dies entschieden zu unterbinden. Ferner scheint es häufi g zu außeror- dentlichem Alkoholgenuss gekommen zu sein866. Ausdrücklich verbot etwa die Hoford- nung des Markgrafen Hans von Küstrin die „unordentliche oder überfl üssige Sauferei“ und bezog in dieses Verbot auch das „Frauenzimmer“ mit ein, in das sich das „Gesellicht“ nach den beiden Hauptmahlzeiten zurückziehen durfte, „um den Jungfrauen in der „lan- gen Stube“ Gesellschaft zu leisten, bis der Türknecht des Frauenzimmers um die Vesper- zeit (vier Uhr) oder abends um acht Uhr abklopfte, zum Zeichen, daß das „Gesellicht“ wieder hinabgehen solle“867. Die Problematik war durchaus auch am kurbrandenburgi- schen Hofl ager bekannt, worauf die Zugangsregelung der Cöllner Hofordnung von 1537 hindeutet. Auch dort ist das konstante Bestreben deutlich erkennbar, den Kreis der männ- lichen Besucher möglichst zu begrenzen. Darüber hinaus lag das Cöllner Frauenzimmer nicht zufällig auf dem „oberen boden“ des Schlosses, also möglichst separat und mithin gut kontrollierbar868.

865 Vgl. Haß, Martin: ebd. 866 Die offensichtlich exzessiven und zahlreichen Saufgelage am Hofe hielten etwa den Grafen Lynar häufi g von einem gemeinsamen Essen oder dem Besuch einer Veranstaltung ab. Siehe hierzu: Rau- mer, G.W. von (Hg.): Auszüge aus dem Tagebuch des Grafen und der Gräfi n von Linar, S. 193 – 232. Vgl. hierzu ausführlich Gautschi, Andreas/Suter, Helmut: Vom Jagen, Trinken und Regieren. Remi- niszenzen aus dem Leben des Kurfürsten Johann Sigismund von Brandenburg nach alten Briefen zitiert, Limburg an der Lahn 2005. 867 Vgl. die Ordnung des Markgrafen Johann von Küstrin für den Hofmeister und den Türknecht des Frauenzimmers von etwa 1561 (Kern, Bd. 1, 1905, S. 78 – 82); ferner Hintze, Otto: Hof- und Lan- desverwaltung, S. 212. 868 Ganz in diesem Sinne heißt es in der anhaltinischen Ordnung von 1546: „Weil wir auch unser junge freulein und das frauenzimmer bey einander haben werden, So wollen wir, das Niemands dahinein 188 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Überhaupt scheint es, was die herrschenden Sitten und Gebräuche anbelangt, bei Hofe recht freizügig zugegangen zu sein. Warum sonst hätte die Hofmeisterin bei den „gesel- ligen“ Rencontres auf die Einhaltung bestimmter Verhaltensregeln achten müssen? Die Hofordnung nennt das Sitzen der Jungfrauen in einer Reihe auf einer langen Bank, das Verbot allen „Winkelsitzens“ und heimlichen Sprechens, die Vermeidung zu enger (räum- licher) Annäherung zwischen Mann und Frau. Die Zivilisierung der Sitten war bekannt- lich ein charakteristisches Anspruchsmerkmal höfi schen Lebens869.

3. Die kurfürstliche Kammer

Über Entstehung und personelle Zusammensetzung der kurfürstlichen Kammer sowie über die Kompetenzen ihrer Mitglieder in Brandenburg ist nur Weniges bekannt. In Ur- kunden, namentlich Bestallungen, liest man beispielsweise von einem Kammerrichter namens Georg von Waldenfels870, einem Kammermeister871, einem Kammerrat872 oder etwa von dem obersten Kämmerer Joachims II., Matthias von Saldern873. Die Hofordnung nennt das Amt des Türknechts im Zusammenhang mit der Kontrolle des Zutritts zur kur- fürstlichen Kammer. 1505 wurde von Kurfürst Joachim I. ein „Kammer- und Geheimer Schreiber“874 ernannt, „wohl noch mehr Finanzbeamter, aber das Beiwort „Geheimer“ deutet doch schon auf den Vorläufer des Geheimen Kammersekretärs hin“875. Ansonsten schweigen die brandenburgischen Quellen. Ein Personenverzeichnis für eine kurfürstli- che Kammer liegt uns nur für Sachsen vor, und zwar erst für das Jahr 1637876. Es nennt den Hofmarschall, die Geheimen Räte, den Oberkämmerer, einen Stallmeister, Kammer- junker, Kammersekretär, Ärzte und Kammerjungen. Angesichts der engen Kontakte und durchaus ähnlichen Verhältnisse zwischen Sachsen und Brandenburg gestattet diese Quelle durchaus Rückschlüsse auf die brandenburgische

gehe, zu verhutung allerley gefhar, Sonder, wer mit der junckfer etwas zu reden hat, kann uber tisch zeit und platz genug darzu haben.“ (Kern, Bd. 2, 1907, S. 25); vgl. ferner die Dresdner Frauenzim- merordnung Herzog Moritz’ von Sachsen von 1541 (Kern, Bd. 2, 1907, S. 36). 869 Zur Affektkontrolle als Ausdruck höfi scher Zivilisierung vgl. Elias, Norbert: Die höfi sche Gesell- schaft. Untersuchungen zur Soziologie des Königtums und der höfi schen Aristokratie, Darmstadt, 5. Aufl ., 1981; ders.: Über den Prozeß der Zivilisation, Bern 1969; Ehalt, H. Chr.: Ausdrucksformen absolutistischer Herrschaft. Der Wiener Hof im 17. und 18. Jahrhundert, München 1980. – Auf die Bedeutung der Sprache am Hofe, die sächsische Kanzleisprache, und ihr Gegenstück, das „dörpe- rische“ Niederdeutsche, ist bereits an anderer Stelle hingewiesen worden. 870 Vgl. Schapper, Gerhard: Die Hofordnung, S. 104 f., 164 ff., 174 ff.; Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 144. 871 Vgl. Isaacsohn, Siegfried: Geschichte des preußischen Beamtentums, Bd. 1, Berlin 1874, S. 9 ff. Das Amt verlor nach 1470 schnell an Bedeutung (vgl. dazu Schapper, Gerhard: a.a.O., S. 107 ff., bes. S. 112). 872 Vgl. Klinkenborg, Melle: Die kurfürstliche Kammer, S. 478 f. 873 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 144. 874 Vgl. Schapper, Gerhard: a.a.O. , S. 116 f. 875 Oestreich, Gerhard: Das persönliche Regiment, S. 223. 876 Vgl. Kern, Hofordnungen I, S. 69. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 189

Kammer. Ihr gehörten maßgeblich der Marschall, der Hofmeister, der Kanzler und der Kammerrat an, wobei die kurfürstlichen Amtsträger in der Regel zugleich in Personal- union Ämter in der Hof- bzw. Landesverwaltung bekleideten. Die Kammer als eigentli- cher Sitz für alle wichtigen „staatlichen“ Entscheidungen lag in den Händen der adligen Hofchargen877. Eine Ausnahme davon bildete allein das Kanzleramt, das bis ins späte 16. Jahrhundert nur mit Bürgerlichen besetzt wurde. Der Kanzler stand der Kanzlei, dem, um mit Hahn zu sprechen, neben der Kammer zweiten wichtigen unmittelbaren Organ kurfürstlicher Herrschaftsausübung, vor878. Gemeinsam waren ihnen allen der direkte Zu- tritt in die Kammer des Kurfürsten. Von Beginn an gehörte die Bearbeitung fi nanzieller Belange zu den Obliegenheiten der fürstlichen Kammer. Dies geht aus einer Reihe von Bestallungsurkunden hervor879. Der Kammermeister, ein bürgerlicher Amtsträger, war für die Einnahme der kurfürstlichen Gefälle, also Abgaben, Zölle und dergleichen, sowie der erwirtschafteten Überschüsse aus den Ämtern zuständig. Der Kammerrat, ebenfalls ein Bürgerlicher, zeichnete unter ande- rem für die Abwicklung landesherrlicher Finanzgeschäfte verantwortlich880. Gemeinsam mit dem Kammersekretär zählte er zu den höheren Amtsträgern in der „Hofkammerkanz- lei“, war also für die Erledigung der eigentlichen Regierungshandlungen zuständig881. Die dynastischen Interessen musste er ebenso im Blick haben wie die damit im 16. Jahrhun- dert untrennbar verbundenen (außen-)politischen seines Landesherrn. Zudem wurde er mit Kommissionen in Hof- und Landesangelegenheiten beauftragt882. Mit den Angelegenhei- ten der inneren Verwaltung war er wohl ebenfalls betraut. In den Kompetenzbereich des Kammerrats Dr. Johann Köppen, Nachfolger von Thomas Matthias (1538 – 1571) auf die- sem Posten883, fi elen beispielsweise so unterschiedliche Aufgaben wie der Erlass von Lan- desordnungen, das Führen ständischer Verhandlungen, die Berufung kurfürstlicher Amts- träger, die Bezeugung des kurfürstlichen Testaments. Bekannt ist auch seine Tätigkeit als Beirat der Neuen Biergeldkasse sowie für die Mittelmärkisch-Ruppinsche Städtekasse884. Unter Joachim II. fi nden wir zwei bis drei Kammersekretäre gleichzeitig in der kurfürstli- chen Kammer. Die Begleitung ihres Herrschers auf Reisen und ihre Vermittlung zwischen

877 Hierzu vgl. Haß, Martin: Die kurmärkischen Stände, S. 119. 878 Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 145. 879 Vgl. etwa die Bestallungsurkunde für Dr. Johann Köppen, abgedruckt in: Klinkenborg, Melle: Die kurfürstliche Kammer, S. 478. 880 Hierzu vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 144. 881 Grundlegend dazu die Aufsätze von Melle Klinkenborg: Ders.: Ratsstube und Kanzlei, S. 413 – 428; ferner: ders.: Die kurfürstliche Kammer, S. 476. 882 „desgleichen zu Reisen und Sendungen in und außerhalb unseres Landes gehorsamlich gebrauchen lassen“ (aus der undatierten Bestallungsurkunde Köppens, wahrscheinlich von 1571, abgedruckt bei Klinkenborg, Melle: Die kurfürstliche Kammer, S. 478); vgl. die Bestallungsurkunde zum Ge- heimen Rat von Haus aus für Bothe Trotte zu Himmelpfort von 1592: „zugleich sich zu Schickun- gen brauchen lassen sol“ (GStA, PK, HA I., Rep. 9, J.4.5.; abgedr. in Klinkenborg, Melle: Die kur- fürstliche Kammer, S. 481). 883 Zu seiner Person: Hintze, Otto: Hof- und Landesverwaltung, S. 30, 54. 884 Vgl. Klinkenborg, Melle: Die kurfürstliche Kammer, S. 480. Allgemein dazu: Landmesser, Bern- hard: Die Stände der Kurmark, S. 255 ff.; Haß, Martin: Die kurmärkischen Stände, S. 212 ff., 230 ff. 190 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert ihm und seinen Räten war Teil ihres Geschäftsbereichs. Macht und Einfl uss fl oss ihnen insbesondere aus ihrem Immediatverhältnis zum Kurfürsten zu. Kein Wunder, dass sich selbst die Räte, sofern sie nicht zu den in die Kammer Geschworenen zählten, sich dem Fürsten über den Kammersekretär näherten. Kanzler und Kanzlei saßen ja seit der zwei- ten Hälfte des 15. Jahrhunderts im Residenzschloss an der Spree. Macht und Einfl uss aber stiegen bzw. sanken je nach Nähe und Ferne zum beziehungsweise vom Herrscher. Auf den häufi gen und vielfach ausgedehnten Reisen blieb der Herrscher seiner Residenzstadt, sei es für Tage, Wochen oder gar Monate, fern. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch der (gescheiterte) Versuch Christian Distelmeiers Ende der achtziger Jahre des 16. Jahr- hunderts, beim Kurfürsten den Posten eines Vizekanzlers zu schaffen, der an seiner Stelle der Ratstube samt der damit verbundenen juristischen Angelegenheiten beim Kammerge- richt vorstehen sollte885. Die Notwendigkeit täglicher persönlicher Präsenz aufgrund seiner Amtspfl ichten in Ratstube und Kammergericht hinderte ihn an der Möglichkeit der ständi- gen Arbeit in der kurfürstlichen Kammer. Kammerrat Köppen wusste dieses Vorhaben sei- nes Konkurrenten um Erlangung von Fürstengunst und Einfl uss zu verhindern886. Uneinig war sich die ältere Forschung in Bezug auf den Kammersekretär- beziehungs- weise Kammerschreiberposten. Für Haß handelte es sich hierbei um ein und dasselbe Amt. Ferner zog er den „Kammersekretär (-schreiber)“ in die unmittelbare Umgebung des Kurfürsten und sah ihn zunächst an der Spitze der Finanzverwaltung und mit Be- ginn des 16. Jahrhunderts als „eigentliches Exekutivorgan der damaligen landesherrli- chen Verwaltung“887. Klinkenborg hingegen ging von zwei getrennten Ämtern aus, die zudem hierarchisch in die niedere Charge des Kammerschreibers und die „wichtigere“ des Kammersekretärs geschieden gewesen seien888. Wichtiger als der Kammerschreiber war für Klinkenborg das Amt des Kammersekretärs, den er zur ständigen Umgebung des Kurfürsten zählte889. Strittig waren sich die beiden auch darin, ob der Kammersekretär mit dem späteren Kabinettssekretär des 18. Jahrhunderts vergleichbar sei, wie Haß behaup- tete890, oder, wie Klinkenborg glaubte891, dass der Kammerrat des 16. Jahrhunderts dem absolutistischen Kabinettssekretär entsprach. Demgemäß sprach Haß dem Kammersekre- tär einen erheblichen Anteil an der Politik und Verwaltung zu: er habe den Verkehr zwi- schen dem Kurfürsten und der Kanzlei vermittelt, sei für die Expedition der landesfürst- lichen Sachen zuständig gewesen, sei Mitglied der Kanzlei gewesen, habe die direkten Befehle des Kurfürsten überbracht, sich in der ständigen Umgebung des Kurfürsten auf-

885 Vgl. Klinkenborg, Melle: Die kurfürstliche Kammer, S. 481. 886 Vgl. Oestreich, Gerhard: Das persönliche Regiment, S. 217. 887 Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 201. 888 Klinkenborg, Melle: Ratsstube und Kanzlei in Brandenburg, S. 415. 889 Vgl. hierzu den Bericht über die Bestallungen der kurfürstlichen Amtsträger bei Regierungsantritt Joachim Friedrichs, einschließlich der Vereidigung des Kanzlers (Johann v. Löben), des Vizekanz- lers, der Kammergerichts- und Konsistorialräte, der Lehenskammersekretäre und Geheimen Sekre- täre sowie des gesamten Kanzleipersonals, in: Ledebur, Leopold von (Hg.): Allgemeines Archiv für die Geschichtskunde des Preußischen Staates, Bd. 4, S. 349. 890 Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 220. 891 Klinkenborg, Melle: Die kurfürstliche Kammer, S. 477. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 191 gehalten, ihn somit auf die Jagd und auf seinen Reisen, insbesondere auf den politischen zu Reichstagen und ähnlichen Gelegenheiten, begleitet, habe als „Relator“ in der Kanzlei fungiert892, die persönlichen Entscheidungen des Kurfürsten zu Papier gebracht und nicht unwichtige diplomatische Aufträge erfüllt893. Über den Kammerschreiber wusste Klin- kenborg zu berichten, er habe dem Kammersekretär etwa beim Mundieren der Konzepte geholfen und die Kasse, die dem Kurfürsten unmittelbar für die persönlichen Bedürfnisse des Tages zur Verfügung gestanden habe, verwaltet894. All diese Funktionen lassen sich auch bei der übrigen brandenburgischen Amtsträger- schaft mutatis mutandis nachweisen. Für die kurfürstlichen Finanzen war eine stattliche Schar an landesherrlichen Ratgebern zuständig. Ähnlich verhielt es sich mit den Kanzlei- arbeiten, mit denen nicht nur Kanzleischreiber und Kanzleisekretäre, sondern auch Kam- merschreiber, Kammersekretäre und Kammerräte betraut wurden895. Mit den verwendeten Titeln – so hat es den Anschein – nahm man es nicht immer so genau. Daraus erhellt erneut: Die Vielfalt der Aufgaben der kurfürstlichen Amtsträger, wie sie uns aus den einschlägigen Quellen deutlich entgegentritt, erlaubt eine unzulässige, überpersönliche, also ahistorische Übertragung moderner Verwaltungskategorien auf die Verhältnisse des Reformationszeitalters nicht. Werner Paravicini spricht ganz in diesem Sinne davon, dass nicht rationale Verwaltung, sondern das „Herrenleben [...] Ziel und Vo- raussetzung dessen, was geschieht, [sei].“896 Der von der borussischen Forschung nicht zuletzt in mühevoller Kasuistik unternommene Versuch, fein säuberlich voneinander ab- gegrenzte Ämter und „Behörden“ anhand der Quellen nachzuweisen, musste mithin ins Leere laufen. Die Beispiele des Kammerrates Dr. Johann Köppen oder des mächtigen Kanzlers Johann von Löben machen dies deutlich. Die „Biographien“ der übrigen märki- schen Amtsträger bestätigen die Multifunktionalitätsthese nachdrücklich897. Erst mit der Begründung des brandenburgischen Geheimen Rats im Jahre 1604, der sich aus der kurfürstlichen Kammer – und nicht aus der Ratsstube des 16. Jahrhunderts – entwickelt hat898, schälte sich allmählich so etwas wie ein fest organisiertes Kollegium für

892 Als Relator der kurfürstlichen Urkunden gab dieser Amtsträger wohl die Anweisung, die betref- fende Urkunde auszufertigen. Als Relatoren werden sowohl Angehörige der Hof- als auch der Landesverwaltung erwähnt. Vgl. dazu Arendt, M.: Die brandenburgische Kanzlei, ihre Urkunden und das Registrierwesen unter der Regierung des Kurfürsten Johann, Berlin 1913, S. 41 f. sowie S. 44 – 51 für das späte 15. Jahrhundert; ferner Treusch von Buttlar, K.: Der Kampf Joachims I. von Brandenburg gegen den Adel seines Landes, Dresden 1889, S. 22 – 25 für die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts. 893 Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 201. 894 Vgl. Riedel, CDB, C III, 492 (Bestallung Gregor Bach); ferner Riedel, CDB, A VI, 283 (Bestal- lungsurkunde für den Kammersekretär Hans Brettschneider). 895 Vgl. Arendt, M.: Die brandenburgische Kanzlei, S. 41 f. 896 Paravicini, Werner (Hg.): Alltag bei Hofe, S. 21. 897 Etwa zum Grafen Schlick vgl. Märker, T.: Der Fall des kurbrandenburgischen Oberstkämmerers Gr. Schlick, in: ZPGL 3 (1866), S. 137 – 149; zu Johann von Löben: Kramer, Josef: Die diplomatische Tätigkeit des Kurfürstlich-Brandenburgischen Geheimen Rates Samuel v. Winterfeld, Diss. Bonn 1915, S. 83 f., 86. 898 Während Otto Hintze den Geheimen Rat auf die „Ratsstube“ zurückführte, in der er eine bürokra- tische Zentralbehörde zu erkennen glaubte, stellte Melle Klinkenborg die These auf, der Geheime 192 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert die allgemeine Landesverwaltung und die Führung der Außenpolitik heraus899. Ein we- sentlicher Schritt zur Trennung von Hof- und Landesverwaltung war damit vollzogen. In- haber von Hofämtern wurden von nun an nicht mehr mit Aufgaben und Funktionen in den wichtigsten „Staats-“Sachen betraut. Deren Erledigung zog der Geheime Rat – zumindest zeitweise – an sich, in dem fünf Adlige und vier Bürgerliche zum Zwecke der Beratung des Herrschers zusammenarbeiteten. Nötig geworden war die Begründung dieser neuen Kollegialbehörde aufgrund der veränderten außenpolitischen Situation um 1600900. Die Geheime Ratsordnung von 1604 sprach die gewandelte außenpolitische Großwetterlage direkt an und nannte sie explizit als Hauptgrund für die Errichtung der neuen Behörde, wies darüber hinaus aber auch da- raufhin, dass dieser Schritt ganz auf der Linie der Verfassungsentwicklung im Alten Reich gelegen habe: „das wir ganz hoch angelegene beschwerliche Sachen uf uns liegen haben, besonderlich die Preussische, Gulische, Straßburgk- und Jägerndorfi sche, welche alle und jede, insonderheit der Wichtigkeit, das wir guten reifl ichen Raths und getreuer Leut wohl bedürftigk“, weshalb Kurfürst Joachim Friedrich „nach Exempell anderer wohlbe- stellten Politien und Regimenten für hoch nothwendig angesehen“901, eine neue Behörde einzurichten. Aber selbst bei der Begründung des brandenburgischen Geheimen Rats lässt sich wohl kaum von einer „bürokratischen Zentralbehörde“ sprechen. Machtpolitische Kon- kurrenz erwuchs ihr namentlich von zwei Seiten, und zwar einmal von Seiten des zu Beginn der Reformation gegründeten Konsistoriums902. Auf dessen Zuständigkeiten in

Rat habe sich aus der kurfürstlichen Kammer entwickelt. Die neuere Forschung schließt sich – so weit sich dies überblicken lässt – der These Klinkenborgs an. Vgl. zu diesem Problem: Hintze, Otto: Ratstube und Kammergericht in Brandenburg während des 16. Jahrhunderts, in: FBPG 24 (1911), S. 34 ff.; Klinkenborg, Melle: Die kurfürstliche Kammer, S. 474 ff.; ders.: Ratstube und Kanzlei, S. 413 ff.; Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 146 sowie Neugebauer, Wolfgang: Die Kurmark und ihre Verwaltung, S. 34 ff. 899 Abdruck der Urkunde über die Gründung des Geheimen Rats bei Isaacsohn, S.: Geschichte des preußischen Beamtentums, Bd. 2, S. 24 – 29; ferner Geheime Ratsordnung vom 23. Dezember 1604, in: Klinkenborg, Melle (Hg.): Acta Brandenburgica. Brandenburgische Regierungsakten seit der Begründung des Geheimen Rates, Bd. 1, Berlin 1927, S. 91 – 96, Nr. 40; vgl. zum Gehei- men Rat: Hintze, Otto: Kalvinismus und Staatsräson in Brandenburg zu Beginn des 17. Jahrhun- derts, in: ders.: Regierung und Verwaltung, S. 290 ff.; Koser, Reinhold: Geschichte der branden- burgischen Politik, S. 334 f.; Oestreich, Gerhard: Der brandenburgisch-preußische Geheime Rat vom Regierungsantritt des Großen Kurfürsten bis zu der Neuordnung im Jahre 1651, Würzburg 1937; Schulz, Martin: Geschichte des brandenburgischen Geheimen Ratskollegiums in den Jahren 1604 – 1608, Berlin 1935, Neudruck: Vaduz 1965, S. 14 – 20; zu dieser Arbeit die Rezension von Gerhard Oestreich, in: FBPG 48 (1936), S. 207 – 210. 900 Vgl. Klinkenborg, Melle: Die kurfürstliche Kammer, S. 483 ff.; Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 146; hierzu ferner Beyer, Achim: Die kurbrandenburgische Außenpolitik, S. 322 ff. 901 Klinkenborg, Melle(Hg.): Acta Brandenburgica. Brandenburgische Regierungsacten seit der Be- gründung des Geheimen Rates, 4 Bde. (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für die Provinz Brandenburg und die Reichshauptstadt Berlin, 3), Berlin 1927, S. 91. 902 Vgl. dazu Themel, Karl: Die Mitglieder und die Leitung des Berliner Konsistoriums vom Regie- rungsantritt des Kurfürsten Johann Sigismund 1608 bis zur Aufhebung des Königlich Preußischen Oberkonsistoriums 1809, in: JBBKG 41 (1966), S. 52 – 111, bes. S. 56 ff. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 193 geistlichen und Schulsachen hatte der Geheime Rat keinen Zugriff903. Als bei weitem ge- fährlicher für den Rang der neuen Kollegialbehörde erwiesen sich zum anderen die Ver- suche der Amtskammer, ihr die neue Stellung wieder streitig zu machen, erledigte sie doch – wie gesehen – seit der Regierungszeit Johann Georgs die landesherrlichen (Do- mänen-)Ämtersachen, trug zum zweiten Verantwortung für das Münzwesen und sorgte ferner für bestimmte landesherrliche Einnahmen904. Am problematischsten erwies sich für den Zentralitätsanspruch des Geheimen Rats die Immediatstellung der Amtskammer im Verhältnis zum Kurfürsten. Indem sie ihre Anweisungen direkt vom Herrscher erhielt, un- tergrub sie die Position des Geheimen Rats. Unter Johann Sigismund war dies in hohem Maße der Fall. Am Geheimen Rat vorbei bestimmten um 1610 die Kammerräte Beyer und Rasche gemeinsam mit dem Kurfürsten aus der Kammer heraus die Politik. Weiter- hin wurden an den Landesherrn adressierte Briefe und Depeschen zunächst an „unsern cammersecretarien“ geleitet, der sie dem Herrscher ungeöffnet zu übergeben hatte. Ganz im Stile des persönlichen Regiments bestimmte dieser auch noch lange nach 1604 darü- ber, ob eine Angelegenheit vom Rat erledigt oder von ihm persönlich entschieden wer- den sollte. Der Kurfürst behielt sich also nicht nur die Letztentscheidung in allen wich- tigen Fragen vor, auf diese Weise wusste er Informationen gezielt zu kanalisieren. Die herrschende Praxis, die kurfürstlichen Ratgeber allein qua persönlichem Dienstvertrag an sich zu binden, entsprach diesem Herrschaftsverständnis905. Mit dem Tode des Herrschers galten alle Ämter als erledigt. Am brandenburgischen Hof existierte neben der Kammer ein zweites wichtiges un- mittelbares Organ kurfürstlicher Herrschaftsausübung, die Kanzlei906. Sie befand sich ei- nerseits in einem Verhältnis der Kooperation und Amtshilfe zur Kammer. Andererseits stand sie zu ihr bekanntlich in unverhohlener Konkurrenz907. Schaut man auf die Funkti- onsbeschreibung der Mitglieder beider Organe, so treten die Aufgabenüberschneidungen und das Kompetenzenwirrwarr in der Hof- und Landesverwaltung deutlich zutage. Die Kanzlei war die älteste der landesherrlichen „Behörden“908. Zu ihren Obliegen- heiten zählte u.a. das gesamte Expeditionswesen am Hofe, die Schreibarbeit, die Mundie- rung der Befehle und Abschiede im Güteversuchsverfahren, die Ausfertigung der Urkun- den für die Landstände sowie die Erledigung der Lehnssachen. Dass man die Kanzlei des

903 Zur Zusammenarbeit mit der Amtskammer vgl. Geheime Ratsordnung vom 23. Dezember 1604, in: Klinkenborg, Melle (Hg.): Acta Brandenburgica, Bd. 1, S. 91 – 96, Nr. 40, S. 95. 904 Von dem antagonistischen Verhältnis zwischen Kammer und Kanzler war bereits oben die Rede. 905 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 147. 906 Vgl. Lewinski, Ludwig: Die brandenburgische Kanzlei und das Urkundenwesen während der Regierung der beiden ersten Hohenzollernschen Markgrafen, Phil. Diss. Straßburg 1893; Wag- ner, Kurt: Das brandenburgische Kanzlei- und Urkundenwesen 1470 – 86, Phil. Diss. Berlin 1911; Arendt, M.: Die brandenburgische Kanzlei, S. 41 f., 44 – 51. 907 Standort von Teilen der Kanzlei mit der Registratur befanden sich im 16. Jahrhundert in einem Hause in der Breite Straße. Im Schloß selbst waren die räumlichen Erfordernisse der Kanzlei offen- sichtlich nur zum Teil zu befriedigen. Vgl. dazu Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 230 – 232; ferner Fidicin, Ernst: Berlin historisch und topographisch dargestellt, Berlin 1843, S. 126 f.; Neugebauer, Wolfgang: Reidenz-Verwaltung-Repräsentation, S. 22. 908 Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 193. 194 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

16. Jahrhunderts nicht mit heutigen Maßstäben betrachten kann, legt allein ein Blick auf die zahlenmäßige Stärke des Kanzleipersonals nahe. Nicht unrealistisch scheint etwa eine Zahl von zwölf bis vierzehn Mitgliedern gewesen zu sein909. Mit Klinkenborg von einer „Hofkammerkanzlei“ und einer „Kammergerichtskanzlei“ mit je einem eigenen Stamm von festen Mitarbeitern zu sprechen, verbietet sich vor dem oben explizierten Hinter- grund910. Zweifelhaft ist auch sein Bemühen um Erstellung eines hierarchisch strukturier- ten Behördenorganigramms mit spezifi schen Ressorts911. Nachweisbar ist allein die Aus- sonderung einer Lehnskanzlei aus der allgemeinen Kanzlei, der ein eigener (bürgerlicher) Lehnssekretär vorstand912. Dieser beschäftigte sich wohl schwerpunktmäßig mit der Erle- digung der Lehenssachen, einer Materie, die spezielle Fachkenntnisse voraussetzte. Von einer eigenen Behörde zu reden, verbietet sich aber auch in diesem Falle, wissen wir doch beispielsweise von der Funktion des Hausvogtes, die Edelleute in ihr Lehen einzuweisen sowie heimgefallene Lehen für den Kurfürsten einzuholen.

4. Die kurfürstlichen Räte

Als äußerst schillernd erweist sich auch der Begriff des Rates913. Weder lässt sich der Titel des kurfürstlichen Rates auf eine bestimmte „Behörde“ zurückführen, sei es die „Ratstube“ oder die „Kammer“, noch auf einen spezifi schen adligen oder bürgerlichen Personenkreis. Sowohl Inhaber von Hofämtern im engeren Sinne als auch solche der „Landesverwaltung“ wurden zu Räten bestellt914. Gemeinsam war ihnen allein ihre Zu- gehörigkeit zum „erlesenen“ Kreise der landesherrlichen „Ratgeber“. Deren Aufgabe be- stand ganz allgemein in der Unterstützung ihres Fürsten in seinen „sachen und geschaff- ten“, was deutlich auf einen fehlenden institutionellen Rahmen verweist. Ihre rechtliche Stellung war einzig durch einen persönlichen Dienstvertrag bestimmt, der sie als Perso- nal an ihren Landesherrn band915. Dementsprechend breit gefächert war auch der Pfl ich-

909 Haß, Martin: ebd. – Zur Zeit Kurfürst Joachims II. umfasste die Verwaltung am Cöllner Hof we- niger als 20 Personen (vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 89 – 95). Im Gefolge der Ausdifferenzierung der Verwaltungsaufgaben vermehrte sich die Zahl der Amtsträger in den folgenden anderthalb Jahr- hunderten laut dem „Catalogus der kurfürstlichen Bedienten“ aus dem Jahre 1691 auf insgesamt 227 (Nds. HStA Hannover, Calenberg Br. 24, Nr. 555; zitiert nach Hahn, Peter-Michael: Aristokra- tisierung und Professionalisierung. Der Aufstieg der Obristen zu einer militärischen und höfi schen Elite in Brandenburg-Preußen von 1650 – 1725, in: FBPG N.F.1 (1991), 2, S. 161 – 208, hier S. 178, Anm. 66). 910 Klinkenborg, Melle: Ratstube und Kanzlei, S. 413. 911 Klinkenborg, Melle: a.a.O., S. 417. 912 Nacheinander bekleideten dieses Amt Erasmus Seidel (1558 – 1562), Joachim Schaum d.Ä. (1562 – 1564) und Joachim Steinbrecher (1564 – 1598). 913 Vgl. dazu Klinkenborg, Melle: Ratstube und Kanzlei, S. 413 – 428; ders.: Die kurfürstliche Kammer, S. 437 – 488. 914 Hierzu Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 147 – 149. 915 Vgl. die Bestallungsurkunde für Werner Behr vom 2. Februar 1598 zum Kammergerichtsrat so- wie diejenige für Albrecht von Schlieben vom 27. Februar 1598 zum Geheimen Rat, abgedruckt in Klinkenborg, Melle: Ratstube und Kanzlei, S. 65. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 195 tenkatalog der Räte916. Er reichte von „Verschickungen“ innerhalb und außerhalb der Mark bis zur Verwendung – wohl je nach Kompetenz und Bedarf – im Kammergericht917 und Kriegswesen. Es verwundert in diesem Zusammenhang auch nicht, dass beispiels- weise viele Amtshauptleute sowie beinahe sämtliche obersten „Hofbeamten“ gleichzeitig zum Kreis der „Räte“ gehörten – entsprach dies doch ganz den Gepfl ogenheiten am kur- brandenburgischen Hofe mit seinem multifunktionalen Anforderungsprofi l918. Über ihr Heranziehen zur Erfüllung der epochentypischen repräsentativen Bedürfnisse ist schon an anderer Stelle gesprochen worden. Wichtig war die Unterscheidung nach den Räten „von Haus aus“ und den „wesentli- chen Räten“, von denen die Quellen unzweideutig reden919. Die „wesentlichen Räte“ wa- ren beim Herrscher selbst tätig. Deshalb hatten sie zwingend am Hofe zu leben und zu wohnen. Kleidung und Verpfl egung wurden ihnen vom Landesherrn gestellt. Auffällig ist vor allem die allmähliche Zunahme des Anteils an so genannten „gemieteten Doktoren“ unter den „wesentlichen Räten“. Hierbei handelte es sich in erster Linie um Juristen, de- rer der Herrscher angesichts der Ausbreitung und Durchsetzung des römischen Rechts ge- genüber dem alten Gewohnheitsrecht in seinen Landen bedurfte. Bei den Räten „von Haus aus“ handelte es sich wohl primär um aus dem persönli- chen Dienst für den Fürsten ausgeschiedene Amtsträger oder um Personen, die ob ihrer Verdienste um den Herrscher mit dem statuserhöhenden Titel eines Rates ausgezeichnet worden waren. Dementsprechend hielten sich die Pfl ichten eines Rates „von Haus aus“ in Grenzen. Bei Bedarf wurden sie von ihren Gütern aus tätig, indem sie etwa Aufgaben der lokalen Verwaltung übernahmen oder aber Sonderaufgaben, z. B. diplomatischer Natur, im In- und Ausland erledigten. Eine regelmäßige Teilnahme an Sitzungen darf man sich aller- dings nicht vorstellen. So ist etwa von den Kreisständen bekannt, dass sie mehrfach in der Saat- oder Erntezeit wichtige Zusammenkünfte verschoben haben, da sonst diese wich- tigen Arbeiten behindert worden wären920. Ihre Tätigkeit am Hofe wird analog dazu vom Rhythmus der Jahreszeiten bestimmt gewesen sein. Zudem hatten sie dort nur gelegent- lich und zeitlich begrenzt zu erscheinen. Zum Gefühl der Verbundenheit und Loyalität gegenüber ihrem Herrscher trug sicherlich auch der in ihrem Fall regelmäßige Empfang von Geldeinnahmen durch den Landesherrn bei.

916 Riedel, CDB, A VI, S. 287 f.; ferner Holtze, Friedrich: Geschichte des Kammergerichtes, T. 2, S. 76 ff. 917 Vgl. Klinkenborg, Melle: Ratstube und Kanzlei, S. 426; Holtze, Friedrich: 500 Jahre Geschichte des Kammergerichts. Festschrift zur Feier seines Einzuges in das neue Heim am Kleistpark, Berlin 1913. 918 Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 148 f.; ferner Oestreich, Gerhard: Der brandenbur- gisch-preußische Geheime Rat, S. 7. 919 Zu dieser Unterscheidung Hintze, Otto: Hof- und Landesverwaltung, S. 225. 920 Vgl. Croon, Helmut: Die kurmärkischen Landstände, S. 30, 88, 122, 124, 143, 152. 196 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

5. Die kurfürstliche Verwaltung in den brandenburgischen Landschaften

Oberste Instanz der Verwaltung im Lande war der Landeshauptmann bzw. Landvogt921. Er war der Amtsträger des Landesherrn in den märkischen Landschaften: der Altmark, Prig- nitz, des Landes Ruppin922, der Uckermark und Neumark. Mit der Einrichtung der Lan- deshauptmannschaft im 14. Jahrhundert war ein erster Schritt auf dem Wege zu einer Ver- dichtung der markgräfl ichen Gewalt in den brandenburgischen Teillandschaften getan923. Ihr Kompetenzbereich erstreckte sich namentlich auf zwei Hauptfunktionen. Einmal be- stand ihre Aufgabe darin, den jeweiligen Landesteil, dem sie vorstanden, „zu verwesen, zu schützen und zu schirmen“924. Im 15. und 16. Jahrhundert meinte das primär die Wah- rung des Landfriedens925 und die Kontrolle der Verkehrswege926. Ihre Pfl icht, stets acht bis zwölf reisige Knechte unter Waffen zu halten, versteht sich von daher. Zum anderen be- saßen sie Befugnisse im Bereich der Rechtspfl ege927. In Altmark und Uckermark war den Landeshauptleuten der Vorsitz des Quartalgerichts anvertraut928. Mit Streitigkeiten, die vom Kammergericht im Spreeschloss ins Quartalgericht zurückverwiesen worden waren, hatten sich die Landeshauptleute zu befassen929. Vor Ort sollte eine Entscheidung herbei- geführt werden. Angerufen werden konnte das Quartalgericht vom Adel der Landschaft ebenso wie von den Bauern, die gegen ihre Obrigkeit Klage führten. Da die Landeshaupt- leute allerdings in der Regel dem angesessenen Adel entstammten, das Quartalgericht als Gerichtsstand für den Adel der Landschaft zuständig war und zugleich Vertreter der Land- stände in ihren Reihen saßen, darf wohl bezweifelt werden, dass Justitia immer zu ihrem

921 Hierzu Isaacsohn, Siegfried: Geschichte des preußischen Beamtentums, Bd. 1, S. 93 ff.; Liebegott, M.: Der brandenburgische Landvogt bis zum 16. Jahrhundert, Halle 1906, daselbst das Verzeichnis der Amtsträger S. 12 ff. 922 Ruppin gehörte seit seinem Heimfall 1524 zur Mark Brandenburg. 923 Allerdings offenbart die regelmäßige Überlassung dieses Amtes an Angehörige mächtiger Adelsge- schlechter, dass es der Autorität und des Sozialprestiges dieser meist burggesessenen Geschlechter bedurfte, um diesem landesherrlichen Amt sachliche und räumliche Kompetenz zu verleihen. Für die Altmark exemplarisch nachgewiesen hat dies Hahn, Peter-Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt,S. 93 f. 924 Riedel, CDB, A V, S. 487 f.; Riedel, CDB, A VI, S. 311 f.; Riedel, CDB, Suppl., S. 488 f.; Raumer 2, S. 267 f., 282 f. 925 Vgl. zum 15. Jahrhundert Priebatsch, Felix: Die Hohenzollern und der Adel, S. 223 f., 226 f.; fer- ner Schotte, Walther: Fürstentum und Stände, S. 52 mit Anm. 1, 52 – 55, 57 – 62, 64, 94 f., 97, 100; Rosenberg, Hans: Die Ausprägung der Junkerherrschaft in Brandenburg-Preußen 1410 – 1618, in: ders.: Machteliten und Wirtschaftskonjunkturen. Studien zur neueren deutschen Sozial- und Wirt- schaftsgeschichte, Göttingen 1978, S. 36, 43, 47, 66 f. 926 Zu diesem Aspekt vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 149 – 150. 927 Vgl. dazu Isaacsohn, Siegfried: Geschichte des preußischen Beamtentums, Bd. 1, S. 101 ff.; Liebe- gott, M.: Der brandenburgische Landvogt, S. 94 ff., bes. S. 115 ff. 928 1520 wurde als Appellationsinstanz das Quartalgericht der Altmark in Stendal eingerichtet. Vgl. Enders, Lieselott: Die Altmark, S. 46; ferner Görges, Ernst: Die Gerichtsverfassung in der Altmark. Ein Rückblick auf 800 Jahre Rechtsgeschichte, in: Aus der Altmark. 59. Jahresbericht des Altmärki- schen Vereins für Vaterländische Geschichte (1967), S. 5 – 24; ferner Holtze, Friedrich: Geschichte des Kammergerichts, T. 2, S. 16, 48, 106 f.; Isaacsohn, Siegfried: a.a.O., S. 234 ff. 929 Isaacsohn, Siegfried: a.a.O., S. 78; ferner Hintze, Otto: Ratstube und Kammergericht, S. 51. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 197

Recht kam. In der Person des Vorsitzenden des Quartalgerichts werden ständische mit landesherrlichen Interessen konkurriert haben. Dies wird selbstredend auch in der außer- gerichtlichen Tätigkeitssphäre des Landeshauptmanns gegolten haben. Andererseits hatte die per se zwiespältige Rolle dieses „kurfürstlichen“ Amtsträgers auch Vorteile, konnte er doch auf die Kooperation und Unterstützung seiner Standesgenossen rechnen. Die Ver- teidigungsbereitschaft seiner Landschaft galt es ebenso wie den einwandfreien Zustand des Lehnsaufgebotes zu garantieren930. Ohne die Bereitschaft der Landstände war dies nicht möglich. Die Vergabe von Lehen und Leibgedingen durch einige der Landeshaupt- leute stützte und stärkte das grundsätzliche Vorhandensein starker ständischer Loyalitäten im Sinne eines „manus manum lavat“931. Insbesondere für die Ständeversammlungen hat Peter-Michael Hahn diese ambivalente Haltung unter Hinweis auf den Landeshauptmann Thomas von der Knesebeck sehr konkret herausgearbeitet. Diesem sei zu verdanken ge- wesen, dass die Proteste der Stände hinsichtlich des Religionswechsels des Kurfürsten schon bald verstummten. Ferner macht Hahn auf die Bestallungen der Landeshauptleute aufmerksam, denen zufolge sie ihre Aufgaben mit Unterstützung der Landstände durch- zuführen hätten932. Wie reibungslos das Zusammenspiel zwischen den Ständen und dem Landeshauptmann funktioniert haben muss, erhellt auch aus der Tatsache, dass nach der Nicht-Wiederbesetzung der Landeshauptmannschaft der Prignitz und des Landes Ruppin eine Neubesetzung von den Ständen ausdrücklich gefordert wurde933. In ihrer Arbeit unterstützt wurden die Landvögte und Landeshauptleute von den soge- nannten „Landreitern“934. Zugleich tritt uns in ihnen das einzige unmittelbare Instrument des Kurfürsten entgegen, um von seiner jeweiligen Residenz aus in die Mark hineinzu- wirken. Dass der Landreiter vom Landesherrn persönlich bestallt wurde, entspricht sei- ner Bedeutung in den Augen des Kurfürsten935. Der Landreiter stellte sozusagen das Bin- deglied zwischen Kurfürst und Landeshauptmann dar. Dem entsprechend beanspruchte er, die kurfürstlichen Befehle zu exekutieren. Diese waren in der Regel administrativer und fi skalpraktischer Natur, berührten dabei aber nicht in jedem Punkte den Geschäfts- kreis des Landeshauptmanns. Die Einziehung der Gefälle und Steuern hatte der Land-

930 Zum brandenburgischen Kriegswesen: Bardeleben, C. von: Über das Kriegswesen in der Mark Brandenburg, S. 155 ff.; Riedel, A.: Die brandenburgische Lehnsmiliz, S. 369 ff. 931 Isaacsohn, Siegfried: a.a.O., S. 109; Riedel, CDB, A XXIV, S. 224. 932 Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 150. 933 Es handelt sich um den Tod Curdt von Rohrs, der in Personalunion die Landeshauptmannschaf- ten der Prignitz und des Landes Ruppin inne hatte. Zu ihm: Hahn, Peter-Michael: Curdt Rohr, S. 143 – 150. 934 Zur Rolle der Landreiter im allgemeinen vgl. Isaacsohn, Siegfried: Geschichte des preußischen Beamtentums, Bd. 1, S. 78 ff.; Bohm, Eberhard: Teltow und Barnim. Untersuchungen zur Ver- fassungsgeschichte und Landesgliederung brandenburgischer Landschaften im Mittelalter, Köln- Wien 1978, S. 169 ff.; Hahn, Peter-Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, S. 94 f., 161 f., 205, 362, 469, 473 f., 477; Peters, Jan: Informations- und Kommunikationssysteme, S. 187 f.; ferner Schultze, Johannes: Der Landreiter in der Uckermark, zuerst 1942, wieder in: ders.: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte. Ausgewählte Aufsätze (= Veröf- fentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin beim Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin, 13), Berlin 1964, S. 209 – 213. 935 Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 304, Anm. 819. 198 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert reiter ebenso zu besorgen wie die Verwaltung des Domänenbesitzes. Ferner wirkte er in juridischer Hinsicht als Zusteller von Gerichtsladungen und landesherrlicher Patente936. Unbeschränkten Zutritt auf Adelsland wird der Landreiter jedoch vermutlich nicht gehabt haben937. Zudem darf in der Tat bezweifelt werden, dass dieser landesherrliche Amtsträger auf Grund seines sozialen Status gegenüber der Ritterschaft als ein wirksames Instrument fürstlicher Territorialverwaltung betrachtet werden darf 938. Wie schwach man sich den administrativen Zugriff des Landesherrn auf die Land- schaften vorstellen muss, ergibt sich aus der räumlichen Ausdehnung der Mark und den schlechten Verkehrswegen bei gleichzeitig äußerst geringer personeller Stärke der Land- reiter939. Für die gesamte Uckermark standen dem Kurfürsten zwei Landreiter, in der Altmark, jedenfalls im 18. Jahrhundert, sechs in ihren jeweiligen „Beritten“, um 1640 einer für das ganze Havelland, je einer für Ober- und für Niederbarnim sowie einer für den ganzen Teltow zur Verfügung940. Zu Recht ist aus diesem Umstand ein „strukturelles Vollzugsdefi zit frühneuzeitlicher Verwaltung“ für Brandenburg gefolgert worden941, das selbst für die unmittelbare ländliche Umgebung der Residenz gegolten habe, mithin – so müssen wir ergänzen – erst recht für von der Haupt- und Residenzstadt so weit entfernte Landschaften wie Altmark, Prignitz oder die Neumark. Mit dem Bau beziehungsweise Ausbau der Jagdhäuser, die sich wohl nicht zufällig auf alle märkischen Teillandschaften verteilten, war der Kurfürst gleichsam um eine, wenn auch recht schwache Antwort auf diese in seinen Augen recht unbefriedigende Exekutivpraxis bemüht. Von den in den ein- zelnen Teillandschaften, vielfach auf den Fundamenten oder an Stelle einer ehemaligen mittelalterlichen Burganlage, bezogenen Hofl agern aus942 versuchte er, die Konzentration adliger Herrschaft zugunsten seines Anspruchs auf fürstliche Territorialhoheit zu begren-

936 Vgl. Eickstedt, C. von: Beiträge zu einem neueren Landbuch der Marken Brandenburg, Magdeburg 1840, S. 150 – 156. Die durch einzelne Landreiter wiederholt vorgenommenen Auspfändungen, wie sie in den Ständeakten Erwähnung fi nden, betrafen in der Regel nicht Angehörige der Ritterschaft, sondern Stadtbürger oder Bauern. 937 Die amtliche Tätigkeit eines Landreiters etwa in den Dörfern des schlossgesessenen Geschlechts derer von Alvensleben auf Erxleben und Kalbe ist in deren Akten nirgends bezeugt. Vgl. dazu so- wie allgemein zum fehlenden Durchgriff der landesherrlichen Gewalt auf Adelsland Hahn, Peter- Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, S. 469. 938 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, S. 94. 939 Die hohe Effi zienz, mit der die Landreiter ihre vielfältigen Aufgaben erfüllt haben, betonen hinge- gen Lieselott Enders und Jan Peters. Vgl. Enders, Lieselott: Die Uckermark, S. 113 f.; Peters, Jan: Informations- und Kommunikationssysteme, S. 187. 940 Vgl. Schultze, Johannes: Der Landreiter in der Uckermark, S. 209 f. Zum Landreiter im Dienst der Stände: Schöer, Fritz: Das Havelland im 30jährigen Krieg, hrsg. von Gerd Heinrich, Köln- Graz 1966, S. 103, 145; Meinardus, Otto (Hg.): Protokolle und Relationen des Brandenburgischen Geheimen Rathes aus der Zeit des Kurfürsten Friedrich Wilhelm, Bd. 4, S. 194, 304, 497, 500, 587, Bd. 6, S. 935; Hintze, Otto: Der Ursprung des Landratsamts in der Mark Brandenburg, zuerst 1915, wieder in ders.: Regierung und Verwaltung. Gesammelte Abhandlungen zur Staats-, Rechts- und Sozialgeschichte Preußens, hrsg. von Gerhard Oestreich, 2. durchges. Aufl ., Göttingen 1967, S. 164 – 203, hier S. 180. 941 Neugebauer, Wolfgang: Die Kurmark und ihre Verwaltung, S. 37. 942 Nicht zufällig konzentrierten sich alle landesherrlichen Ämter, sofern es sich nicht um säkulari- sierte Kirchengüter handelte, um eine mittelalterliche Burganlage. Diese bildete in allen Territorien V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 199 zen. Doch wird der landesherrliche Herrschaftsanspruch über den umliegenden Raum nur solange aufrechtzuerhalten möglich gewesen sein, bis der Landesherr sein dort für einen oder mehrere Tage oder für einige Wochen aufgeschlagenes Hofl ager wieder abbrach, um etwa in eine andere, vielfach fernab vom Herrschaftszentrum gelegene Teillandschaft oder aber wieder in die Haupt- und Residenzstadt (weiter) zu ziehen. Zwar fi elen diese Gebiete, insbesondere wenn sie sich in Grenzregion befanden, nicht mehr, wie noch im 15. Jahrhundert in Altmark, Prignitz und Uckermark immer wieder zu beobachten, in eine Vielzahl von regionalen und lokalen Wirren zurück943. Doch der im 16. Jahrhundert ab- geschlossene Prozess der Territorialisierung im Sinne einer räumlichen Abgrenzung von den Nachbarterritorien ist nicht mit einer territorialherrschaftlichen Durchdringung des Landes im Sinne einer konsequenten und wirksamen landesherrlichen Verwaltungspraxis zu verwechseln. Sieht man einmal von den Domanialgütern als Kristallisationspunkten für eine intensivere fürstliche Verwaltungstätigkeit ab, beschränkte sich der landesherr- liche Ordnungs- und Gestaltungswille auf die Zeiten der persönlichen Anwesenheit des Landesfürsten in der jeweiligen Teillandschaft, zum Beispiel auf den erwähnten, häufi g in Grenznähe liegenden Jagdhäusern. Um so mehr bedurfte der Landesherr in der übrigen Zeit einer interessegeleiteten Kooperation mit den landsässig gewordenen Burgherren, um zumindest seinen Anspruch auf fürstliche Hoheit in der Weite des ländlichen Raumes aufrecht zu erhalten944.

6. Die kurfürstliche Ämter- und Finanzverwaltung

Das strukturelle Vollzugsdefi zit, das im vorangegangenen Kapitel herausgearbeitet wurde, schuldete sich ferner der regionalen Verteilung des Landbesitzes in der Mark. Zwar war aufgrund der Säkularisation des Kirchengutes im Zuge der Reformation der landesherr- liche Grundbesitz zeitweise deutlich angewachsen, dennoch verteilte sich der adlige und landesherrliche Grundbesitz recht ungleich. Domanialbesitz fand sich schwerpunktmä- ßig um die Residenzstadt Cölln-Berlin, auf Barnim und Teltow sowie im Lande Ruppin. In Altmark, Prignitz, Teilen des Havellandes sowie in der Uckermark dominierte hinge- gen der Adelsbesitz. Erschwerend hinzu kam eine durch die drückende Schuldenlast ver- anlasste exzessive Verpfändungspolitik seitens des Kurfürsten. Seine Finanzlage zwang ihn, von den etwas mehr als 40 Domänenämtern, die er zeitweilig oder im Zuge der Sä- kularisation der Kirchengüter neu in seinen Besitz hatte bringen können, den größten Teil

den Kristallisationspunkt der Herrschaft. Vgl. hierzu Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 151. 943 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, S. 45 – 113. 944 Die Landfriedenspolitik der Hohenzollern im 16. Jahrhundert ist dafür ein schlagendes Beispiel. Ei- ner Vielzahl von Fehden, Gewaltakten und Raubüberfällen vermochte etwa Joachim I. nur Einhalt zu gebieten im Bündnis mit den mächtigen burggesessenen Adelsgeschlechtern der Mark. Anderer- seits bediente sich dieser Kurfürst der Fehde- und Beutezüge von Teilen seiner Ritterschaft, weil er sich davon die Destabilisierung der Position benachbarter Territorien versprach. Vgl. dazu Hahn, Peter-Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, S. 162 f. 200 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

namentlich an den fi nanzkräftigen Adel seines Landes zu verpfänden945. Darüber hinaus sah er sich genötigt, über die Verpfändung von Zolleinnahmen hinaus gar auf die Aus- übung von Jurisdiktionsbefugnissen zugunsten eines einheimischen oder auswärtigen Gläubigers und vielfach wegen verhältnismäßig geringfügiger Summen zu verzichten. Etwa wegen eines Darlehens von 1.000 Gulden wurden dem Rat von Tangermünde am 27. März 1541 die Gerichtsrechte verpfändet946. Ähnliches fi ndet sich in folgenden Fäl- len: der Stadt Werben überließ Joachim pfandweise Gericht und Straßenzoll für 800 Gul- den947; dem Rat zu Neustadt-Eberswalde das dortige Gericht für 200 Gulden948; pfand- weise übertrug der Kurfürst Andreas von Lüderitz das Jungfrauenkloster Crevese samt aller Pertinenzien für 1.500 Gulden949, den Städten Bernau und Eberswalde das Dorf Schönerlinde für 1.400 Gulden950, dem Rat zu Neuruppin dessen Stadtgericht für 1.200 Gulden951. Verpfändungen im großen Stil unternahm Joachim namentlich mit dem kleinen Kreis mächtiger und vor allem fi nanziell potenter Adelsgeschlechter, deren Angehörige allesamt zu seiner Amtsträgerschaft zählten. Gegen die Bestallung mit der Amtshaupt- mannschaft von Salzwedel gewährte Ludolf von Alvensleben seinem Landesherrn ein Darlehen von 3.500 Gulden952. Von Hans von Arnim dem Jüngeren nahm er 8.000 Gulden gegen 5 Prozent auf sechs Jahre gegen Verpfändung des Jungfrauenklosters zu Lindau953; von Hans von Arnim, dem Landvogt der Uckermark, 4.000 Gulden gegen Verschreibung des Klosters Himmelpfort954, von Curdt von Rohr 5.000 Gulden gegen Verschreibung des Klosters Zum Heiligen Grabe955; von Kaspar von Köckeritz 20.000 Taler gegen Ver- schreibung des Kammerguts Chorin956 plus 3.000 Taler gegen Verpfändung von Amt und Schloss Potsdam957. Ebenfalls zu den großen kurfürstlichen Gläubigern zählte Matthias von Saldern. Für die enorme Summe von 26.000 Gulden verpfändete er ihm das ganze Amt Ruppin958. Gegen 6 Prozent Verzinsung und Verschreibung sämtlicher Einkünfte, des Biergeldes, der Urbede und des Gerichtsgeldes in der Stadt Tangermünde erhielt er von den Städten der Altmark und Prignitz 7.600 Gulden959; 6.200 Gulden „Münze“ und 1.200 Goldgulden von Tonius, Edlem zu Warbergk, gegen Verpfändung des Klosters

945 Zeitweise wusste sich der Kurfürst nur im Besitze von über rund ein Dutzend solcher Ämter samt ihrer Einkünfte. Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 130 – 134; ergänzend: Breysig, Kurt: Ge- schichte der brandenburgischen Finanzen in der Zeit von 1640 – 1697. Darstellung und Akten, 1. Bd., Leipzig 1895, S. 192. 946 Riedel, CDB, A XVI, 155. 947 Riedel, CDB, A XVI, 438. 948 Riedel, CDB, A XII, 347. 949 Riedel, CDB, Suppl. 486. 950 Riedel, CDB, A XII, 205. 951 Riedel, CDB, Suppl. 500. 952 Riedel, CDB, A XVII, 219. 953 Riedel, CDB, A XXI, 511. 954 Riedel, CDB, A XXI, 512. 955 Riedel, CDB, Suppl. 480. 956 Riedel, CDB, A XIII, 306. 957 Riedel, CDB, Suppl. 482. 958 Riedel, CDB, A II, 101. 959 Riedel, CDB, A XVI, 228. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 201

„ufm Berge“ in der Nähe von Brandenburg960 und 20.000 Taler von Wilhelm Schenk zu Landsberg gegen Verschreibung des Jungfrauenklosters Friedland961. In landesherrlichem Besitz befand sich zu Beginn des 17. Jahrhunderts nur noch etwa ein Viertel bis ein Drittel des landwirtschaftlich genutzten Bodens962, womit der adlige Besitz vice versa quantitativ deutlich dominierte. Erschwerend hinzu trat – wie gese- hen – das auch von den Landständen beklagte Gravamen der Ämterverpfändung. Zudem erlaubte der rechtliche Charakter des Domanialgutes eben nur den Zugriff auf die dort ansässigen Bauern und Kossäten. Eine Erfassung der übrigen Bewohner der Mark Bran- denburg war darüber nicht möglich. Selbst innerhalb des jeweiligen (Domänen-)Amtes darf man sich die dort herrschen- den Verwaltungsstrukturen nicht allzu modern vorstellen. Ein Amtmann, der sich meist im Pfandbesitz des jeweiligen Amtes befand, verwaltete dieses gemeinsam mit einem Kastner963, einem Amtsschreiber und einem Zöllner964. Diese drei dem adligen Amts- hauptmann (die Hofordnung spricht auch von sog. „haushaltern“) unterstellten bürger- lichen Amtsdiener kümmerten sich um die Einnahme der grundherrlichen Gefälle und unterstützten den Amtshauptmann bei der Durchführung der sonstigen anliegenden Ver- waltungsaufgaben965. Hierzu zählten – wiederum Ausdruck des Multifunktionalitätspro- fi ls auch in diesem Bereich – nicht nur ökonomische, sondern ebenso obrigkeitliche Auf- gaben, insbesondere solche aus dem Bereich der Rechtsprechung. Obwohl das Amt als allgemeiner Verwaltungs- und Gerichtsbezirk galt, fi el dem Amtmann die Gerichtsbar- keit über den Adel in seinem jeweiligen Amt in praxi bis auf eine Ausnahme wohl nir- gends zu966. Der „schlossgesessene“ Adel entzog sich ihr auf seinem Adelsland völlig967. Lediglich die gütliche Vermittlung zwischen dem Landesherrn und dem nicht schlossge- sessenen Adel war zudem sein Ziel. Zum Pfl ichtenkatalog zählte weiterhin: die Wahrung

960 Riedel, CDB, A IX, 305. 961 Riedel, CDB, Suppl., 498. 962 Siehe dazu: Heinrich, Gerd: Besitzstand in Brandenburg um 1800. (Berlin 1971) (= Historischer Handatlas von Brandenburg und Berlin, Lfg. 31), dazu das Beiheft (unpag.) Bl. 1 v; außerdem: Be- sitzstandskarte der 1815 in der Provinz Brandenburg zusammengefassten historischen Territorien und Gebietsteile für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts, Beilage zu: (Enders, Lieselott u.a. [Be- arb.]): Übersicht über die Bestände des Brandenburgischen Landeshauptarchivs Potsdam (Staatsar- chiv Potsdam), Tl.2, Weimar 1967 (= Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptar- chivs, Bd. 5). 963 Vgl. Isaacsohn, S.: Geschichte des preußischen Beamtentums, Bd. 1, S. 63 ff., bes. S. 67 ff. 964 Vgl. Isaacsohn, S.: a.a.O., Bd. 1, S. 72 ff. 965 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 151. 966 Nur in der Herrschaft Beeskow/Storkow verfügte der Hauptmann über eine Sonderstellung. Dort entsprach sein Kompetenzbereich in etwa dem eines Landeshauptmanns. Die gesamte Rechtspre- chung, inklusive derjenigen über den Adel, gehörte hierzu. Vgl. Petersen, C.: Geschichte des Krei- ses Beeskow-Storkow, Beeskow 1922, S. 162 ff. 967 Lediglich ein Bericht des Hauptmanns von Spandau an den Kurfürsten erwähnt, dass jener „den adel im ampte Spandau gesessen“ versammelt habe (Friedensburg, Walter (Hg.): Kurmärkische Ständeakten, Bd. I, S. 123). Eine unmittelbare Beziehung zwischen dem Adel und einem landes- herrlichen Amt existierte ansonsten nicht. Vgl. auch Hintze, Otto: Die Wurzeln der Kreisverfassung in den Ländern des nordöstlichen Deutschlands, in: ders.: Staat und Verfassung. Gesammelte Ab- handl., Bd. 1, hrsg. von Gerhard Oestreich, 3.Aufl ., Göttingen 1970, S. 187 ff., 208 ff. 202 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert des Landfriedens, die Überwachung der Straßen, die Verantwortung für alle baulichen und militärischen Fragen in ihrem Amt, die Unterhaltung der Söldner in den gefährde- ten Grenzfesten, die Durchführung der Überwachung der Landesgrenzen zwecks Verhin- derung des Verlusts von Zolleinnahmen, das Bereisen der Ämter, die Unterbreitung von Änderungen beim Fürsten mit dem Ziel der Steigerung der Ertragslage der Domänen. Verwendung fanden die Amtsleute auch in diplomatischen Missionen und in sogenannten „commissions-sachen“968. Von der Personalunion von Amtsinhaber und Ratsmitglied war bereits an anderer Stelle die Rede. Die „Amtsdiener“, also Kastner, Amtsschreiber und Zöllner, scheinen, sofern sich das entsprechende Amt nicht im Pfandbesitz des jeweiligen Amtshauptmanns befand, primär mit der Domänenverwaltung in ökonomischer und fi skalischer Hinsicht beschäftigt ge- wesen zu sein. Hintze weiß vom Führen von Registern der steigenden und fallenden Nut- zungen, der Einnahme der grundherrlichen Gefälle, dem Halten von Kerbstöcken, dem Führen eines Gegenregisters sowie dem Halten von geheimen Nachregistern zur (offen- sichtlich notwendigen) Kontrolle der Amtsleute969. Wohl eher lose unterstellt waren die (Domänen-)Ämter der auf dem Schloss gele- genen Rentei970. An der Spitze stand der Rentmeister971. Dessen Aufgaben waren in der Hofordnung fi xiert972. Zu ihnen gehörten973: die Vereinnahmung und Berechnung aller Geldeinkünfte des Kurfürsten aus Zöllen974, altem und neuem Biergeld, Urbeden und Amtsnutzungen auf der Grundlage der zu diesem Zwecke eigens geführten kurfürstli- chen Register975; die vierteljährliche Abführung der Gelder zu den Quatemberterminen an die kurfürstliche Kammer; die Führung eines Buches von den Pfandschaften und Schul- den; die Beachtung der Fälligkeitstermine zu den Kapitalien und Zinsen; die Hilfe bei der Aufstellung der Tages- und Wochenrechnungen für den Hofhalt; die Auslösung fremder Diplomaten, die am kurfürstlichen Hofe weilten, in der Herberge, wo sie logierten; die regelmäßige Prüfung der Amtsrechnung; die Bestreitung der meisten Ausgaben sowie der Rückfl uss der Rentei-Überschüsse in die Kammer. Ein Gegenschreiber, neben dem Rentmeister „Ausgeber“ des Kurfürsten, hatte seinen Vorgesetzten offensichtlich zu kon- trollieren. Die Berechnung und Leistung aller Ausgaben, die Erstellung der sogenannten

968 Hierzu vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 151 – 152. 969 Vgl. Isaacsohn, Siegfried: Geschichte des preußischen Beamtentums, Bd. 1, S. 63 ff., bes. S. 67 ff.; ferner Hintze, Otto: Hof- und Landesverwaltung, S. 246. 970 Die Hofrentei war besetzt mit drei adligen und drei bürgerlichen Amtsträgern, darunter dem Rent- meister (vgl. hierzu Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 156). 971 Haß identifi ziert den Rentmeister mit dem Kammermeister. Vgl. dazu Haß, Martin: Über die Ver- waltung der Amts- und Kammersachen unter Joachim II. und Johann Georg, in: FBPG 19 (1906), S. 227 – 230, bes. S. 227 ff.; ferner: Schapper, Gerhard: Die Hofordnung, S. 106 ff., bes. S. 112 ff. und S. 117 ff.; Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 154 – 155. 972 Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 78 ff., 173 f.; ferner Hahn, Peter-Michael: Kirchenschutz und Landesherrschaft, S. 210, Anm. 157. 973 Vgl. dazu Hintze, Otto: Hof- und Landesverwaltung, S. 244. 974 Zur Vereinnahmung der Zölle in der Hofrentei: Breysig, Kurt: Geschichte der brandenburgischen Finanzen, Bd. 1, S. 56 ff., 155 f., 189, 627. 975 Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 78 ff. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 203

Quartalsrechnungen in Zusammenarbeit mit dem Rentmeister sowie die Erstellung der Jahresrechnung zählte zu seinen Pfl ichten. Obwohl die Rentei uneingeschränkt dem ökonomisch-fi skalischen Bereich zuzuord- nen war, verbietet es sich dennoch, von ihr als einer eigenständigen Ressort-Behörde zu sprechen, wie dies Hintzes Diktum von der „Rentei als festem Mittelpunkt der Finanz- verwaltung“ nahelegte. Richtig ist, dass die Rentei namentlich für die Geldwirtschaft zu- ständig war976. Dies trifft aber auch auf die kurfürstliche Kammer zu. In welchem Ver- hältnis beide zueinander standen und ob eine klare Abgrenzung ihrer Geschäftskreise von einander bestand, ist angesichts der zahllosen Überschneidungen der Kompetenzen und Funktionen der beiden Einrichtungen ungewiss. Von einer geordneten Finanzverwaltung zu sprechen verbietet sich wohl eher. Präzise defi nierte Zuständigkeiten in Finanzfra- gen haben nicht existiert. Der Kurfürst bediente sich im Gegenteil zahlreicher und unter- schiedlichster Finanzquellen, die das Bemühen um eine saubere Buchführung im Ansatz untergrub. Bereits Haß zog Hintzes These von der Rentei als festem Mittelpunkt der Fi- nanzverwaltung in Zweifel. Für ihn war die Hofrentei nur eine unter anderen Orten der kurfürstlichen Finanzverwaltung977. Haß sprach in diesem Zusammenhang zutreffend von „kommissarischer Geschäftserledigung“978. Zu Recht machte er darauf aufmerksam, dass dem Rentmeister bei der Prüfung der vierteljährlich eingehenden Ämterrechnungen „auf seinen Antrag nötigenfalls etliche Hofräte zugeordnet werden sollen“ und interpretierte dieses Vorgehen als „eine Beauftragung von Fall zu Fall“979. Im Gegensatz zu Hintze erachtete er die fi nanzpolitische Bedeutung der kurfürstli- chen Kammer noch zur Zeit Joachims als erheblich größer. Als Indizien für seine Be- hauptung führte er die Verwaltung des Schuldenwesens Joachims II. in der Kammer so- wie die Entlassung des Kammerrats Thomas Matthias’ nach dem Tode des Kurfürsten bei gleichzeitiger „Schonung“ des amtierenden Hofrentmeisters an980. Zudem fl ossen die Überschüsse der Rentei ja in die Kammer. Gerhard Oestreich betrachtete deshalb die kur- fürstliche Kammer als den wesentlichen und ursprünglichen Ort der Finanzverwaltung im Alten Reich wie in Brandenburg. Dort seien sämtliche Einkünfte und Gefälle aus den Regalien und dem Grundbesitz verwaltet worden981. Oestreich wies überzeugend nach, wie sich aus der Kammer des Fürsten die sogenannte Amtskammer entwickelte982. Für Brandenburg geschah dies unter Johann Georg, und zwar in Konkurrenz zur Hofrentei. Unter diesem Kurfürsten wurde das Kammermeisteramt wieder belebt983. Kammermeis-

976 Hintze, Otto: Hof- und Landesverwaltung, S. 244. 977 Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 221. 978 Haß, Martin: Über die Verwaltung der Amts- und Kammersachen, S. 228. 979 Haß, Martin: ebd. 980 Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 221. 981 Vgl. Oestreich, Gerhard: Das persönliche Regiment, S. 201 ff. 982 Zum Verhältnis von Amtskammer und Rat: Breysig, Kurt: Geschichte der brandenburgischen Fi- nanzen, Bd. 1, S. 162; zum Personal auf den Ämtern: Breysig, Kurt: a.a.O., S. 202; zu ihrer Vorge- schichte: Hass, Martin: Über die Verwaltung der Amts- und Kammersachen, S. 227, 229. 983 Vgl. Isaacsohn, Siegfried: Geschichte des preußischen Beamtentums, Bd. 1, S. 11, Anm. 2; Haß, Martin: Über die Verwaltung der Amts- und Kammersachen, S. 228 f. 204 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert ter Heinrich Straube (1572 – 88) sollte neben dem Rentmeister an der kurfürstlichen Fi- nanzverwaltung mitwirken. Straube zur Seite standen ein adliger Amtsrat, Dietrich von Holtzendorff984, und ein Kammerschreiber. Von Holtzendorff wurde im Hauptamt auf zehn Jahre zum Amtsrat berufen985. Ein eigenes Lokal ist ab 1577 belegt. Zu einer ratio- nalen und effi zienten Aufgabenverteilung wird die Einrichtung einer weiteren „Behörde“ für die Verwaltung der landesherrlichen Finanzen aber sicherlich nicht beigetragen ha- ben, zumal die kurfürstliche Kammer ihre Funktion als „Privatschatulle“ des Kurfürs- ten weiterhin beibehielt986. Erst mit dem Erlass der Ordnung für das Kammerwesen, die Hofhaltung und die Hofrentei im Jahre 1615987 wurde der Weg zu einer Vereinheitlichung der Finanzverwaltung beschritten988. Auf das Reformationsjahrhundert traf dies nicht zu. Gerade für das 16. Jahrhundert zeigte sich deutlich, wie überlastet namentlich die adligen Amtsträger waren. Vom Kammerpräsidenten Johann Casimir Graf Lynar, dem Sohn des kurfürstlichen Baumeisters Rochus Lynar, wissen wir, dass der Vorsteher der Kammer zu- gleich für die (kostspielige) Organisation der Hofhaltung sowie für die Beaufsichtigung der landesherrlichen Ämter und der Hofrentei verantwortlich zeichnete989. Zahllose wei- tere Beispiele ließen sich anführen990.

7. Die märkische Gerichtsverfassung

Der landesherrliche Anspruch auf autonome Rechtsprechung, der sich in der offensicht- lich programmatischen Ortswahl auf dem Schloss manifestierte, kontrastiert jedoch so- wohl im 15. als auch noch im ganzen 16. Jahrhundert deutlich mit dem tatsächlichen Cha- rakter des märkischen Gerichtswesens991. Anspruch und Wirklichkeit lagen offensichtlich

984 Zu seiner Person vgl. Holtzendorff, W.: Die Holtzendorffs in der Mark Brandenburg und Chursach- sen, Berlin 1876, S. 40 ff. 985 Haß, Martin: Über die Verwaltung der Amts- und Kammersachen, S. 229. 986 So auch Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 153. 987 Die Ordnung von 1615 ist abgedruckt bei Breysig, Kurt: Geschichte der brandenburgischen Finan- zen, Bd. 1, S. 619 – 628. 988 Selbst für das 17. Jahrhundert äußert Hahn nicht zu Unrecht Bedenken hinsichtlich einer ratio- naleren Durchführung der Verwaltungsarbeit. Nicht nur hätten die adligen Amtsträger auch wei- terhin zusätzliche Funktionen nebenher erfüllen müssen, die beginnende Ämterkumulation und die nicht selten wechselnden Kompetenzbereiche der adligen Chargen hätten eine kontinuierliche Verwaltungstätigkeit nur schwer zugelassen. Vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 155 – 156. 989 Vgl. Isaacsohn, Siegfried: Geschichte des preußischen Beamtentums, Bd. 2, S. 40 ff.; ferner Alt- mann, W.: Ausgewählte Urkunden zur brandenburgisch-preußischen Verwaltungsgeschichte, T. 1, Berlin 1897, S. 38 ff. 990 Zur Ämterkumulation im Falle des Jobst v. Oppen: Mülverstedt, G.A. von: Urkundenbuch zur Ge- schichte des altadeligen Geschlechts v. Oppen, Oppen 1893/96, S. 221, 246, 277, 281 f., 286 f., 288 f., 386, 438 f., 510 ff. 991 Zur Gerichtsverfassung im Reich allgemein: Planitz, Hans: Deutsche Rechtsgeschichte, Graz 1950, S. 253 ff.; Döhring, Erich: Geschichte der deutschen Rechtspfl ege seit 1500, Berlin 1953; zu den märkischen Verhältnissen vgl. Hübbe, U.: Bauernrechts- und Gerichtsordnung der Alten Mark- Brandenburg; ein Landtagsschluß vom Jahre 1531. Mit Anmerkungen und einer Uebersicht des V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 205 weit auseinander. Die fürstlichen Gerichte unterlagen vielmehr einem starken ständischen Einfl uss992, wie im Folgenden zu zeigen sein wird. Bestes Beispiel ist das Hofgericht „vor dem Schlosse zu Cöln“. Hierbei handelte es sich der Hofgerichtsordnung von 1528 zufolge um ein ritterliches Vasallengericht993. Un- ter dem Vorsitz eines Hofrichters rekrutierten sich die Mitglieder der Schöffenbank aus der Reihe der Oberstände, insbesondere des Adels. Gleichzeitig stand dessen Anrufung, insbesondere in Lehnsangelegenheiten, allen Personen des ritterlichen Standes offen. Darüber hinaus beschäftigte es sich mit kriminal- und zivilrechtlichen Materien, war für die Verfestung fl üchtiger Missetäter zuständig und spielte eine nicht unbedeutende Rolle in Schuldprozessen. Das Hofgericht tagte periodisch. Doch bereits unter Joachim I. trat der Unwille der ungelehrten adligen Schöffen deutlich zutage, die in der Regel mühsame Reise von ihren teils weit entfernten Landgütern zu den in der Haupt- und Residenzstadt periodisch stattfi ndenden Urteilssitzungen anzutreten. Die in dieser Zeit verstärkt erfol- gende Rezeption des römischen Rechts trug ein Übriges bei diesen ungelehrten Schöffen zum Niedergang der Hofgerichtsbarkeit bei. Aber auch von Seiten des Kurfürsten sank das Interesse an deren Bewahrung und Pfl ege – deutlich erkennbar daran, dass die Mit- glieder des Hofgerichts vom Herrscher auf ihren Anspruch auf Futter und Mahl in der Folge verzichten mussten. Unter dem Einfl uss des kaiserlichen Gerichtswesens und der Reichsgesetzgebung994 hatte sich nämlich im Verlaufe des 15. Jahrhunderts ein Unter- schied zwischen dem Hofgericht als Vasallengericht und dem Kammergericht als einem

altmärkischen Gerichtswesens vom Jahre 1100 bis 1806, in: Jahrbücher für die Preußische Gesetz- gebung, Rechtswissenschaft und Rechtsverwaltung 45 (1835), S. 87 – 176; Hahn, Peter-Michael: „Absolutistische“ Polizeigesetzgebung und ländliche Sozialverfassung, in: JGMOD 29 (1980), S. 13 – 29; ders.: Die Gerichtspraxis der altständischen Gesellschaft im Zeitalter des „Absolutis- mus“. Die Gutachtertätigkeit der Helmstedter Juristenfakultät für die brandenburgisch-preußischen Territorien 1675 – 1710, Berlin 1989; ders.: Brandenburgisches Gerichtswesen um 1700, in: Vor- träge zur Justizforschung. Geschichte und Theorie 2, Frankfurt am Main 1993, S. 213 – 244; Stöl- zel, Adolf: Brandenburg-Preußens Rechtsverfassung und Rechtsverwaltung, dargestellt im Wirken seiner Landesfürsten und obersten Justizbeamten, 1. Bd., Berlin 1888. 992 Die neuere Forschung gibt Friedrich Holtzes Betonung der Beteiligung der Stände an der Recht- sprechung den Vorzug vor Otto Hintzes Bemühen, den „beamtenmäßigen“ Charakter des branden- burgischen Gerichtswesens nachzuweisen. Vgl. zu dieser Kontroverse der älteren Forschung insbes. Holtze, Friedrich: Geschichte des Kammergerichts in Brandenburg-Preußen, Tl.1, S. 131 ff. und 171 f.; ferner ebd. Tl.2, 1891, S. 11 f.; Hintze, Otto: Ratstube und Kammergericht, S. 15,35,83 f.; ders: Hof- und Landesverwaltung, S. 232 ff. Zur Position der neueren Forschung: Hahn, Peter- Michael: Struktur und Funktion, S. 157 ff.; ders.: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsge- walt, S. 130, der daselbst zu bedenken gibt, ob nicht der Aufschwung der kurfürstlichen Gerichte darauf zurückzuführen sei, dass die Markgrafen bei der Rechtsprechung Angehörige der führenden Adelsgeschlechter als vertraute Räte herangezogen haben. 993 Zum Hofgericht: Isaacsohn, Siegfried: Geschichte des preußischen Beamtentums, Bd. 1, S. 201 ff.; Holtze, Friedrich: Geschichte des Kammergerichts, T. 2, S. 314 ff.; Hintze, Otto: Hof- und Landes- verwaltung, S. 239 f. 994 Zur Arbeits- und Wirkungsweise der Reichsgerichte vgl. Diestelkamp, Bernhard: Vom königlichen Hofgericht zum Reichskammergericht, in: Dilcher, Gerhard/Diestelkamp, Bernhard (Hg.): Recht, Gericht, Genossenschaft und Policey, Berlin 1986, S. 48 ff. 206 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Gericht aus bestallten kurfürstlichen Räten herausgebildet995. Vor allem dem Kammerge- richt galten zukünftig Wohlwollen und Förderung des Landesherrn996. Es stieg zum obers- ten landesherrlichen Gericht auf. Im Gegensatz zu den ungelehrten adligen Vasallen han- delte es sich größtenteils um gelehrte (bürgerliche) Räte, die am Kammergericht wirkten. Sie verfügten über die der Rezeption des römischen Rechts997 geschuldete akademische Ausbildung, die sie beispielsweise an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der neu ge- gründeten Landesuniversität zu Frankfurt an der Oder genossen hatten998. Und im Gegen- satz zum Hofgericht tagte das Kammergericht in Permanenz. Die am Hofe des Landes- herrn ständig weilenden „wesentlichen“ Räte machten es möglich. Für das Jahr 1483 ist die Abhaltung des Gerichts der Räte erstmals, und zwar im Ber- liner Stadtschloss, bezeugt. Zuständig scheint es ursprünglich für die Behandlung von sogenannten „fellen“, i.e. Straffälle fi skalischer Natur, gewesen zu sein. Schnell jedoch erweiterte sich sein Geschäftkreis999. Vormundschaftsklagen, Leibgedinge- wie Pachtan- gelegenheiten, Totschlag und Mordbrennerei gehörten zu seinen bevorzugten Materien. Insbesondere bei Berufungen vor den unteren Gerichten trat das Kammergericht als Ap- pellationsinstanz mit eigenen gerichtlichen Urteilen in Erscheinung. Zugleich wirkte es als Güteinstanz. Den Vorsitz führte in der Regel der Hofmeister oder der Kanzler1000. Die Behauptung, im Gegensatz zum Hofgericht habe es sich beim Kammergericht um ein reines „Beamtengericht“ gehandelt, war lange Zeit herrschende Meinung und verdankte sich Otto Hintze. Die neuere Forschung hat dieses Bild jedoch unter Hinweis auf die Kammergerichtsordnung von 1516 in wesentlichen Punkten korrigiert1001. Ihr zufolge bestand das Kammergericht aus vier kurfürstlichen Räten (darunter dem Kanz- ler bzw. Hofmeister) sowie acht ständischen Vertretern. Als Auswahlkriterien für dessen Bestellung lagen die Prinzipien der Standesgemäßheit und der regionalen Zugehörigkeit

995 Riedel, CDB, C III, S. 207 f. Zum Verhältnis von Hof- und Kammergericht: Schapper, Gerhard: Die Hofordnung, S. 207 ff., bes. 218 ff.; Spangenberg, Hans: Hof- und Zentralverwaltung, S. 172 ff., bes. S. 183 ff. 996 Zum Kammergericht: Holtze, Friedrich: Geschichte des Kammergerichts, T. 1, S. 131 ff., 171 f.; T. 2, 1891, S. 11 f.; Hintze, Otto: Ratstube und Kammergericht, S. 15, 35, 83 f.; ders.: Hof- und Landesverwaltung, S. 232 ff.; zur Vorgeschichte des Kammergerichts: Schapper, Gerhard: Die Hof- ordnung, S. 225 f., 230 – 235. 997 Vgl. Raumer, G.W. von: Über die Einführung des römischen Rechtes in der Churmark Branden- burg, in: Ledebur, Leopold von (Hg.): Allg. Archiv für die Geschichtskunde des preußischen Staa- tes, Bd. 5 (1831), S. 313, 315 f., 327 f. 998 Zum brandenburgischen Adel auf den Universitäten vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 110 – 119; ergänzend: Zahn, Wilhelm: Altmärker auf der Universität Frankfurt/Oder 1506 – 1648, in: 27. Jahresbericht des Altmärkischen Vereins für Vaterländische Geschichte (1900), S. 30 – 75. 999 Zur Fixierung von Rechten und Zuständigkeiten zwischen der Herrschaft und den Untertanen vgl. Holtze, Friedrich: Geschichte des Kammergerichts, T. 1, S. 131 ff., 140, 148, 162 ff.; Landmesser, B.: Die Stände der Kurmark, S. 110 – 126. 1000 Zu Verfahren und Ablauf der Gerichtssitzungen vgl. Hintze, Otto: Ratstube und Kammergericht, S. 45 ff. 1001 Vgl. Holtze, Friedrich: Geschichte des Kammergerichts, T. 1, S. 162 ff.; Publikation der Ordnung bei: Mylius, CCM, II, Abt. 1, Nr. 1 sowie Holtze, Friedrich: a.a.O., T. 1, S. 221 ff. (Beilage 5). V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 207 zugrunde1002. In diesem ständischen Sinne verfuhr der Kurfürst bereits in einer Urkunde vom 28. Januar 1508, die hinsichtlich der personellen Zusammensetzung des Kammer- gerichts den Bischof von Brandenburg, Dr. Dietrich von Dieskau, Verweser von Kros- sen, Heinz Röder, Hofmeister und Amtmann des Kurfürsten, den Kanzler Dr. Zerer sowie Dr. Sebastian Stublinger nennt1003. Von den vier genannten Kammergerichtsräten stamm- ten zwei aus dem ständischen Milieu. Von einem Verschwinden jeder ständischen Beteiligung an der Rechtspfl ege im Kam- mergericht konnte auch nach der Zusammenlegung von Kammer und Hofgericht nicht die Rede sein. Zwar weiß die Reformation der Kammergerichtsordnung von 1540 nichts über die personelle Zusammensetzung des Gerichts1004. Und die Tatsache, dass im Zuge der Reformation eine Reduktion des Prälatenstandes erfolgte, dürfte insofern nicht ohne Auswirkung auf die Durchführung der Rechtsprechung geblieben sein, als die Stände da- durch ihrer ranghöchsten und akademisch vorgebildeten Mitglieder verlustig gingen1005. Die neuere Forschung hat jedoch mit Hilfe prosopographischer Untersuchungen deutlich erbracht, dass adlige Stände das gesamte Reformationsjahrhundert hindurch an der Recht- sprechung beteiligt waren und auch ausdrücklich als Sachwalter ständischer Interessen betrachtet wurden1006. In besonderem Maße traf dies auf die regionale Gerichtsbarkeit zu, also auf die Land- und Quartalgerichte1007. Dies erhellt bereits ein Blick auf ihre personelle Zusammenset- zung. Namentlich in den Quartalgerichten von Altmark und Neumark dominierte das ständische Element insofern, als in ihnen nicht nur Abgeordnete der Landstände vertreten waren. Der Landeshauptmann selbst, in der Altmark etwa das gesamte 16. und 17. Jahr- hundert über mit einer Ausnahme ein Angehöriger der burggesessenen Geschlechter1008, nahm bekanntlich dessen Vorsitz ein1009. Hinzu kam, dass die Quartalgerichte nur unter größten Schwierigkeiten von den bäuerlichen Hintersassen angerufen werden konnten1010. Für die Bauern und Kossäten auf den adligen Gütern galt die Patrimonialjustiz in der Re- gel uneingeschränkt1011. Die Erfolgsaussichten der wenigen zugelassenen Appellanden

1002 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 158. 1003 Vgl. Holtze, Friedrich: Geschichte des Kammergerichts, T. 1, S. 229 f., 259 ff. 1004 Holtze, Friedrich: a.a.O., T. 1, S. 259 ff. 1005 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 158. 1006 Vgl. Hahn, Peter-Michael: a.a.O., S. 159. 1007 Zum Quartalgericht: Görges, Ernst: Die Gerichtsverfassung in der Altmark, S. 5 – 24; Holtze, Fried- rich: Geschichte des Kammergerichts, T. 2, S. 16, 20, 48, 106 f. 1008 Im 16. Jahrhundert vererbte sich das Amt in der Altmark in der Familie von der Schulenburg, von 1602 bis 1735 – von zwei Unterbrechungen abgesehen – in der Familie von dem Knesebeck. Vgl. dazu Hahn, Peter-Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, S. 160. 1009 Holtze, Friedrich: a.a.O., T. 2, S. 16, 48, 106 f. 1010 Holtze, Friedrich: a.a.O., T. 1, S. 255; ferner Acta Brandenburgica, Bd. 3, S. 605; Hahn, Peter- Michael: Struktur und Funktion, S. 308, Anm. 902; Ribbe, Wolfgang: Zur rechtlichen, wirtschaft- lichen und ethnischen Stellung der Kossäten, in: Fritze, Wolfgang H. (Hg.): Germania Slavica II, Berlin 1981, S. 21 – 40. 1011 Vgl. dazu Thauer, Jenny: Gerichtspraxis in der ländlichen Gesellschaft. Eine mikrohistorische Un- tersuchung am Beispiel eines altmärkischen Patrimonialgerichts um 1700, Berlin 2001. 208 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert waren nicht eben groß1012. Die Bedingungen für eine Kontrolle der lokalen Gerichtsbar- keit durch den Landesherrn müssen deshalb als in hohem Maße ungünstig bewertet wer- den1013.

7.1 Die Gerichtstage auf der Ratstube im Schloss

Über Funktion und Bedeutung der Ratstube herrschte lange Zeit Unklarheit. Als Ver- sammlungsort der Räte im Schloss bzw. als Bezeichnung für die darin versammelten Räte defi nierte Otto Hintze sie1014. Hintze erblickte in ihr ein fest organisiertes Kollegium für die allgemeine Landesverwaltung und Führung der Außenpolitik. Für ihn stellte die Ratstube mithin die „bürokratische Zentralbehörde“ des Kurfürstentums Brandenburg dar. In diesem Sinne gehörte die Kanzlei für ihn notwendig zur Ratstube1015. Korrigiert wurde dieses Bild von der Ratstube von Melle Klinkenborg1016. Klinkenborg erkannte in ihr ausschließlich den Ort der landesherrlichen Rechtsprechung und wies in diesem Zu- sammenhang auf ihre Identität mit dem Kammergericht hin. Als Versammlungsort der zum Kammergericht verordneten Räte sei sie ausschließlich für die Rechtspfl ege be- stimmt gewesen. Eine Zuständigkeit für die kurfürstlichen Angelegenheiten, also für die

1012 Vgl. Friedensburg, Walter: Kurmärkische Ständeakten aus der Regierungszeit Kurfürst Joachims II., Bd. 1, S. 95 f. und 687. Zur Bekräftigung des Appellationsrechts aller Bewohner der Mark Bran- denburg: Friedensburg, Walter: a.a.O., S. 90 und 99. 1013 In diesem Sinne auch Hahn, Peter-Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, S. 306 ff.; gegenteiliger Auffassung hingegen Enders, Lieselott: Die Altmark, S. 53, 77, 341, 636; dies.: Die Uckermark, S. 193 ff.; dies.: Entwicklungsetappen der Gutsherrschaft vom Ende des 15. bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts, untersucht am Beispiel der Uckermark, in: JbGFeud 12 (1988), S. 119 – 166, hier S. 123 ff.; dies.: Individuum und Gesellschaft. Bäuerliche Aktions- räume in der frühneuzeitlichen Mark Brandenburg, in: Peters, Jan (Hg.): Gutsherrschaft als sozi- ales Modell, München 1995, S. 155 – 178, hier S. 156, 166; Peters, Jan: Gutsherrschaft. Ein Jahr- zehnt Potsdamer Forschungserfahrungen, in: Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie 53/1 (2005), S. 77 – 85, hier S. 81; ders.: Gutsherrschaftsgeschichte in historisch-anthropologischer Perspektive, in: ders. (Hg.): Gutsherrschaft als soziales Modell. Vergleichende Betrachtungen zur Funktionsweise frühneuzeitlicher Agrargesellschaften, München 1995, S. 3 – 21, hier S. 13; ders.: Inszenierung von Gutsherrschaft im 16. Jahrhundert: Matthias v. Saldern auf Plattenburg-Wilsnack (Prignitz), in: ders. (Hg.): Konfl ikt und Kontrolle in Gutsherrschaftsgesellschaften. Über Resis- tenz- und Herrschaftsverhalten in ländlichen Sozialgebilden der Frühen Neuzeit, Göttingen 1995, S. 248 – 286, hier S. 272; Schultze, Johannes: Die Prignitz. Aus der Geschichte einer märkischen Landschaft, Köln-Graz 1956, S. 182; Wunder, Heide: Das Selbstverständliche denken. Ein Vor- schlag zur vergleichenden Analyse ländlicher Gesellschaften in der Frühen Neuzeit, ausgehend vom „Modell ostelbische Gutsherrschaft“, in: Peters, Jan (Hg.): Gutsherrschaft als soziales Modell, München 1995, S. 23 – 49, hier S. 40. 1014 Vgl. Hintze, Otto: Ratstube und Kammergericht, S. 1 – 84; ders.: Hof- und Landesverwaltung, S. 204 – 254; im Anschluss an Hintzes Position: Haß, Martin: Die Hofordnung Kurfürst Joachims II. von Brandenburg, Berlin 1910. 1015 Vgl. Hintze, Otto: Ratstube und Kammergericht, S. 31. 1016 Vgl. Klinkenborg, Melle: Ratstube und Kanzlei, S. 413 – 428; ders.: Die kurfürstliche Kammer, S. 473 – 488. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 209 dynastischen sowie innen- und außenpolitischen Interessen des Kurfürsten, leugnete er in bewusster Entgegnung zu Hintze1017. Doch die Ratstube ist für uns noch in anderer (alltagshistorischer) Hinsicht von Inte- resse. Nicht zuletzt die Schilderung des formalen Prozessverfahrens im Kammergericht gewährt über den rechtshistorischen Rahmen hinaus Einblick in den alltäglichen Ge- schäftsbetrieb und Publikumsverkehr in der Ratstube auf dem Berliner Schloss1018. An drei Tagen in der Woche, dem Montag, Mittwoch und Freitag, stand den strei- tenden Parteien die Ratstube offen. Ihre Vorladung, die sogenannte „Vorbescheidung“, erfolgte an diesen Rechtstagen. Die kurfürstlichen Räte hatten dann in der Ratstube als Kammergericht zu fungieren, was in praxi bedeutete, dass an diesen Tagen – abwei- chend vom heutigen Prozedere – auf der Ratstube das mündliche Verhörverfahren mit dem Güteversuch und der Abschiedserteilung stattfand1019. Bei dieser im heutigen Sprach- gebrauch mündlichen Vorverhandlung handelte es sich zwar, wie Hintze deutlich gemacht hat, um ein außerordentliches, aber nicht außergerichtliches Verfahren1020. In der Regel fand die Anhörung immer nur einer Partei in der Ratstube statt, während die Gegenpartei in einem Vorzimmer zu warten hatte. Die Beschlussfassung über die Abschiede erfolgte – im Anschluss an das Verhör in der Ratstube, nach der Besprechung des Falls durch alle anwesenden Räte – immer kollegialisch. Der „Abschied“ erlangte Hintze zufolge immer nur dann Rechtskraft, wenn die Parteien damit einverstanden waren1021. Das Treiben in der Ratstube auf dem Schloss dürfen wir uns sehr lebhaft vorstellen, verdichteten sich doch eine Fülle verschiedenster Tätigkeiten von der Zeugenverneh- mung bis zu den Verhören mit dem Güteversuch und der Abschiedserteilung auf die drei genannten Tage. Aus den einschlägigen Quellen wissen wir vom Schwur sogenannter Ka- lumnien- oder Gefährdeeiden, der Eröffnung und Mitteilung der schriftlichen „Gezeug- nisse“ auswärtiger Zeugen, der Publikation der im ordentlichen gerichtlichen Verfahren gefällten Urteile, der Regelung der Kostenfrage zwischen den Parteien nach ergangenem Urteil sowie der Einbringung von Appellationslibellen. Die Ladung erfolgte regelmäßig durch einen Kammergerichtsboten. Die streitenden Parteien veranlassten diese in der Re- gel selbst. Das „eigentliche“ schriftliche Verfahren, der ordentliche förmliche Prozess, fand hingegen in der der Ratstube vorgelagerten Gerichtsschreiberei statt. Hier wechsel- ten die Schriftsätze hin und her, an diesem Ort übergaben die Parteien bzw. deren Proku- ratoren die Schriftsätze an die Gerichtsschreiber.

1017 Vgl. Klinkenborg, Melle: Die kurfürstliche Kammer, S. 488. 1018 Zu Verfahren und Ablauf der Gerichtssitzungen vgl. ergänzend Hintze, Otto: Ratstube und Kam- mergericht, S. 45 ff. 1019 Zum Verhältnis von Schriftlichkeit und Mündlichkeit in der Arbeit der Ratsgremien und Kommis- sionen vgl. Schlögl, Rudolf: Der frühneuzeitliche Hof als Kommunikationsraum, S. 213. 1020 Hintze, Otto: a.a.O., S. 54. 1021 Hintze, Otto: a.a.O., S. 55. 210 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

7.2 Das Konsistorium

In der Gründung des Konsistoriums dokumentierte sich – analog zur weltlichen Gerichts- barkeit – Wille und Anspruch des Landesherrn auf jurisdiktionelle Hoheit auch in geist- lichen Fragen1022. Im Einvernehmen mit dem Brandenburger Bischof Matthias von Jagow (gest. 1544) ließ Joachim II. als geistliche Aufsichts- und Gerichtsinstanz ein Konsistorium durch Ver- ordnung vom 22. April 1543 bilden1023. Es bestand aus vier bis fünf Personen, Theolo- gen wie Juristen. An seiner Spitze stand ein Generalsuperintendent, zuerst Jakob Stratner, nach dessen Tod im Jahre 1543 Johann Agricola. Als erste Mitglieder sind der Berliner Propst Georg Buchholzer, der Dompropst Rupert Elgersma, Kammergerichtsrat Johan- nes Heyler und Konrad Pawel bezeugt. Die Aufgaben des Konsistoriums bestanden nach dem Willen des Landesfürsten in der Übernahme der Funktionen der vorreformatorischen bischöfl ichen Aufsicht über die Lehre, über die Personen geistlichen Standes, den Kir- chenbesitz sowie die Gerichtsbarkeit in Kirchen- und Ehesachen.1024 Zum Sitz des Kon- sistoriums wurde das Cöllner Stadtschloss bestimmt.1025 Die Wahl des Spreeschlosses als dessen fester Sitz darf aus diesem Grunde als programmatisch betrachtet werden1026. Der erneuerten Konsistorialordnung von 1573 zufolge, die nach dem Willen Johann Georgs auf dem Boden streng lutherischer Orthodoxie abgefasst worden war, fanden die Sitzun- gen des Konsistorialkollegiums wöchentlich am Dienstag in der Ratstube statt1027. Im Be- darfsfalle konnte das Kollegium Kanzler und Kammergerichtsräte hinzuziehen1028. 1581 übernahm an Stelle des Generalsuperintendenten ein Jurist die Leitung des Konsistori- ums. Die Letzt ent schei dung in allen zu behandelnden Materien lag beim Landesherrn.

1022 Zum Konsistorium vgl. Herold, V.: Kurbrandenburgische Kirchenverwaltung bis zum Bekenntnis- wechsel Johann Sigismunds 1539 – 1613, S. 247 – 249, ungedr. Msschr. Geh. Staatsarchiv Provinz Brandenburg Rep. 16 A Nr. 6.; Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 14 – 16, der auf die relative Schwäche des Konsistoriums, die dem landesherrlichen Kirchenregiment enge Grenzen ge- setzt habe, hinweist; ferner: Heidemann, Julius: Die Reformation in der Mark Brandenburg, S. 262, 269; Müller, Adolph: Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg, Berlin 1839, S. 293 ff. 1023 Vgl. hierzu Haß, Martin: Die ältesten Entwürfe einer Konsistorialordnung, S. 16 ff. 1024 Vgl. dazu Mühler, H. von: Geschichte der evangelischen Kirchenverfassung in der Mark Bran- denburg, Weimar 1846; Herold, Victor: Das Cöllnische Konsistorium im 16. Jahrhundert, in: FBPG 53 (1941), S. 10 ff.; Themel, K.: Die Mitglieder und die Leitung des Berliner Konsistoriums 1543 – 1608, in: JBKG 38 (1963), S. 134 ff. 1025 Zur Lage des Konsistoriums an der Domkirche, wo früher „ain Kloster, da jetzo das Consistorium vnd Cammergericht ist“, vgl. Medem, Fr. von: Berlin im Jahre 1617, S. 199; ferner Neugebauer, Wolfgang: Residenz-Verwaltung-Repräsentation, S. 23. 1026 Altmark und Prignitz verfügten zeitweise über ein gesondertes Konsistorium, das dem Cöllner zwar unterstand, zweifellos aber Indiz für die schwache Ausbildung des landesherrlichen Kir- chenregiments in der Mark Brandenburg war. Johann Lüdecke war sein Generalsuperintendent. Vgl. Opel, Julius: Die Vereinigung des Herzogthums Magdeburg mit Kurbrandenburg, Halle a.S. 1880, S. 45 ff. Zur Herausbildung einer fl ächendeckenden Kirchenorganisation vor 1680 vgl. ferner Winter, F.: Mösers Aufzeichnungen über den dreißigjährigen Krieg, in: GbllMagd. 9 (1874), S. 54 f. 1027 Die Visitations- und Consistorialordnung fi ndet sich abgedruckt in: Mylius, CCM, I, 7. 1028 Der uneheliche Sohn Joachims I., Achatius von Brandenburg, wurde dem Konsistorium 1576 als Konsistorialrat zugeordnet. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 211

Aus der Distanz betrachtet, hatte die Landesherrschaft mithin einen großen Sieg er- rungen. Dem adligen Kirchenregiment waren Grenzen gesetzt, erstmalig war ein Eingriff in das innere Gefüge der lokalen Herrschaft gelungen. Während den übrigen Organen der kurfürstlichen Landesverwaltung noch jedwede institutionelle Verfl echtung fehlte1029, setzte der Kurfürst Amtshierarchie und Amtssprengel als wesentliche Verwaltungsprinzi- pien innerhalb der lutherischen Landeskirche durch und gewährleistete damit ein gewis- ses Maß an räumlich-sachlicher Kompetenzgliederung. In allen geistlichen Fragen zog das Konsistorium Aufsichtsfunktionen an sich. Dies dokumentierte sich in einer Fülle von Aufgaben und Kompetenzen. Die Aufsicht über den Lebenswandel seiner Unterta- nen, insbesondere der Kirchendiener, beanspruchte das Konsistorium ebenso für sich wie vermögensrechtliche Entscheidungen in Bezug auf umstrittenen Kirchengutbesitz oder Erbstreitigkeiten. Die Gerichtsbarkeit in Kirchen- und Ehesachen ging vom Schloss aus. Zunehmend zogen die dort arbeitenden Mitglieder des Konsistoriums auch die Aufsicht über das Schulwesen an sich1030. Die Einrichtung von Visitationskommissionen geschah dort. Die in größeren Abständen, namentlich im Zeitraum von 1540 bis 1600 unternom- menen Kirchenvisitationen erfolgten von Cölln-Berlin aus und führten auch wieder dort- hin zurück1031. In Wahrheit jedoch scheint der landesfürstliche Einfl uss auf die Gestaltung nament- lich des ländlichen Kirchenwesens äußerst begrenzt gewesen zu sein. Zweifellos mussten sich die Adligen in den nach damaligen Verhältnissen weit entfernten und schwer zu er- reichenden Teillandschaften mit „ihrem“ Generalsuperintendenten oder dem Cöllnischen Konsistorium auseinandersetzen. Doch handelte es sich um eine Aufsicht aus der Ferne, die die landesherrlichen Kontrollorgane über die Dorfgeistlichkeit ausübten. Die Zustän- digkeit des Konsistoriums beschränkte sich auf Personalfragen, die nach Aktenlage ent- schieden wurde1032. Eine wirksame Kontrolle des Landesherrn über die Dorfkirchen fand so gut wie nicht statt1033. Dementsprechend groß war nach wie vor der Einfl uss der bran- denburgischen „Magnaten“, deren Interesse von Beginn der Reformation an darauf ge- richtet war, die landeskirchliche Organisation zurückzudrängen. An zahllosen Versuchen

1029 Die übrige kurfürstliche Amtsträgerschaft (Amtshauptleute, Landeshauptmänner, Oberjägermeis- ter und andere adlige Amtsträger) verband allein ein Netz familiärer und ökonomischer Interessen, die fast keinerlei Versachlichung des Amtsbegriffs erlaubten. In der Hofverwaltung bestimmte ins- besondere die Nähe zum Herrscher den Wirkungsbereich des jeweiligen Amtes. Zu letzterem vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 31 ff., 149 ff. 1030 Zum Konsistorium im 16. und 17. Jahrhundert vgl. Neugebauer, Wolfgang: Absolutistischer Staat und Schulwirklichkeit in Brandenburg-Preußen (= Veröffentlichungen der Historischen Kommis- sion zu Berlin, Bd. 62), Berlin-New York 1985, S. 73 – 79. 1031 Vgl. Heidemann, Julius: Die Reformation in der Mark Brandenburg, S. 227 ff. Vgl. darüber hi naus die diversen Untersuchungen von Victor Herold im Jahrbuch für brandenburgische Kirchenge- schichte. 1032 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, S. 353 f. 1033 Beispiele hierfür bei Bonin, Burkhard von: Entscheidungen des Cöllnischen Konsistoriums 1541 – 1704, Weimar 1926. 212 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert ihrerseits hat es in dieser Hinsicht nicht gemangelt1034. Noch bis weit ins 17. Jahrhundert hinein konnte die Ritterschaft auf diesem Gebiet nach Belieben schalten und walten1035.

8. Das märkische Ständewesen – Struktur, Kompetenz, Einfl uss und Grenzen

Bislang völlig außer acht geblieben ist die maßgebliche Rolle der Landstände, die diese in der Geschichte der brandenburgischen Residenzenlandschaft, namentlich im „langen 16. Jahrhundert“, gespielt haben1036. Eine Beschäftigung mit diesem ständehistorischen Aspekt kurbrandenburgischer Geschichte scheint außerhalb des Gesichtskreises einer Untersuchung zu liegen, die sich mit Residenzenbildung und -strukturen befasst. In der einschlägigen Forschung galt und gilt gerade das Spreeinselschloss als Ort der Herausbil- dung fürstlicher Zentralität. Ansätze einer geordneten, von kurfürstlichen Räten geführten Finanzverwaltung hatten dort ihren Ursprung und Sitz. Von der Forschung bislang kaum gewürdigt wurde, dass die kurbrandenburgische Re- sidenz seit der Mitte des 14. Jahrhunderts auch häufi g Ort ständischer Versammlungen war1037. Verband sich mit der Versammlung der Landtage vor der Zeit des Schlossneu- baus kein bestimmter Ort, so bürgerte sich seitdem als solcher allmählich Cölln-Berlin ein. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts begegneten uns Tangermünde (1438, 1479), Rathe now (1450, 1458) und Spandau (1448) als Sitze von Landtagen. 1470, 1472 und 1478 wurden sie in der Mehrzahl bereits nach Berlin verschrieben. In der Folge fanden sie sämtlich zu Cölln auf dem Schlosse statt, und zwar 1513, 1521, 1524, 1527, 1534, 1538, 1540, 1549, 1550, 1564, 1572, 1602 und alle weiteren.1038 Bis auf Markgraf Johanns Con-

1034 Eine ganze Reihe von Beispielen für die Altmark fi nden sich bei Hahn, Peter-Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, S. 175 f., 350 ff., 467 ff. Im übrigen bewahrte sich die hohe altgläubige Geistlichkeit noch Jahrzehnte nach Einführung der Reformation in der Kurmark ihre völlige Autonomie im Bereich der Rechtsprechung über ihre Lehnsleute und Hintersassen in den geistlichen Territorien. 1035 Zudem war sie stets darum bemüht, mögliche Konfl iktfälle vor Ort zu lösen. Das Konsistorium wurde erst aktiv, wenn man es im Konfl iktfall anrief. Beispiele dafür bei Hahn, Peter-Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, S. 354. 1036 Vgl. Mülverstedt, G.A.: Die ältere Verfassung der Landstände in der Mark Brandenburg, vor- nehmlich im 16. und 17. Jahrhundert, Berlin 1858; Schotte, W.: Fürstentum und Stände in der Mark Brandenburg unter der Regierung Joachims I., Leipzig 1911; Landmesser, B.: Die Stände der Kurmark Brandenburg unter Joachim II., Borna-Leipzig 1929; Hallmann, H.: Die kurmärkischen Stände z. Zt. Joachims II., in: FBPG 49 (1937), S. 22 – 38; Haß, M.: Die kurmärkischen Stände im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts, Leipzig 1913; Croon, H.: Die kurmärkischen Landstände 1571 – 1616, Berlin 1938; Clausnitzer, E.: Die märkischen Stände unter Kurfürst Johann Sigismund, Halle 1895; ferner die Quellenedition: Friedensburg, W. (Hg.): Kurmärkische Ständeakten aus der Regierungszeit Joachims II., Bd. 1 u. 2, Leipzig 1913/16. 1037 So Ribbe, Wolfgang: Cölln bei Berlin, S. 78; ferner Neugebauer, Wolfgang: Residenz-Verwaltung- Repräsentation, S. 21. 1038 Vgl. Friedensburg, Walter (Hg.): Kurmärkische Ständeakten, Bd. I Nr. 4, 14, 60, 73, 120, 201; Bd. II Nr. 409, 445; vgl. dazu auch Mülverstedt, G.A. von: Die ältere Verfassung der Landstände, S. 89 und Landmesser, Bernhard: Die Stände der Kurmark Brandenburg, S. 22; Clausnitzer, Eduard: Die märkischen Stände, S. 11. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 213

fi rmation des Reverses „d.d. Cüstrin Freitag nach omnium sanctorum 1539“1039, der von Joachim II. 1538 den Ständen erteilt worden war, wurden alle anderen zu Cölln an der Spree ausgestellt.1040 Bereits auf den frühen Morgen war der Beginn der Landtagsverhandlungen festge- setzt. Aufschluss darüber erhalten wir aus einer Notiz folgenden Inhalts: „Haben chf. G. stende, anzuhoren, worumb sie zum landtage vorschrieben, uf den morgen umb 7 schlege in den grossen sahl bescheiden lassen.“1041 Wir dürfen mit Landmesser annehmen, dass es auch auf den übrigen Landtagen so gehalten worden ist1042, da auch die Dienststunden der kurfürstlichen Kanzlei und des Rates im Sommer um 6.00 Uhr und im Winter um 7.00 Uhr begannen.1043 Besagter Landtag datierte auf den 3. November. Der Landesherr musste für Unterbringung, Verpfl egung und Fütterung der Pferde während der Dauer der Landtage aufkommen. Einem Anschlag von 1621 zufolge hatte er die enorme Summe von ungefähr 30.000 Talern aufzubringen, um den Landtagsbe- such von 300 Junkern zu fi nanzieren.1044. Martin Haß vermutete, dass die Oberstände im Spreeschloss untergebracht worden sind. Die Herbergen der Residenzstadt hätten in kei- ner Weise über die dazu notwendigen Kapazitäten verfügt.1045 Haß ist in diesem Punkte uneingeschränkt zuzustimmen. Die Stände reisten durchweg mit Pferden und teilweise in Begleitung von Knechten oder sonstigem Gefolge an. In welcher Größenordnung sich der Zustrom in die Residenzstadt bei solcher Gelegenheit bewegte, erhellt ein zweiter Hin- weis in den Ständeakten, demzufolge zum Landtag von 1543 allein etwa 124 Delegierte der uckermärkischen Oberstände erwartet wurden.1046 Eine ausschließliche Unterbringung im kurfürstlichen Schloss war somit sehr unwahrscheinlich. Dafür spricht auch der quel- lenmäßig belegte Umstand, dass die Vertreter der Städte in Herbergen Unterkunft fi nden mussten.1047 Beträchtliche Unkosten entstanden dem Landesherrn vielfach auch aufgrund der Dauer der Landtage. 10 bis 20 Tage waren durchaus keine Seltenheit1048. Im Langen Saal des kurfürstlichen Schlosses wurde der Landtag entweder in Anwe- senheit des Landesherrn, begleitet von seinem Hofstaat, den anwesenden Räten, oft auch von seiner Gemahlin und den Prinzen, oder in seiner Abwesenheit durch einen oder meh-

1039 Vgl. Mülverstedt, G.A. v.: Die ältere Verfassung der Landstände, S. 16. 1040 Die Formel lautet: „d.d. Cöln a. Sp.“ Siehe in den Ständeakten sowie in Riedels Codex Diplomati- cus Brandenburgensis. 1041 Friedensburg, W. (Hg.): Kurmärkische Ständeakten, Bd. II Nr. 417, ferner: Mülverstedt, G.A.: Die ältere Verfassung der Landstände, S. 23 sowie Landmesser, B.: Die Stände der Kurmark Branden- burg, S. 23. 1042 Vgl. Landmesser, B.: a.a.O., S. 24. 1043 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 33. 1044 Vgl. Clausnitzer, E.: Die märkischen Stände, S. 8 f., Anm. 5. 1045 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 48. 1046 Vgl. Friedensburg, W. (Hg.): Kurmärkische Ständeakten Bd. I, Nr. 74, S. 241 – 245. 1047 Vgl. Friedensburg, W. (Hg.): a.a.O., Bd. II, S. 270, 460: „und seind also die stedte vom schlosse nach iren herbergen gegangen.“ Unter Hinweis auf die Ständeakten Bd. I, S. 343 vermutet Land- messer zudem den Brauch, die Ritterschaft im Rathause unterzubringen, während ihre Knechte mit den Herbergen hätten vorlieb nehmen müssen. Siehe Landmesser, B.: Die Stände der Kurmark Brandenburg, S. 26. 1048 Vgl. Haß, Martin: Die kurmärkischen Stände, S. 54, Anm. 3. 214 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert rere seiner Räte, in der Regel den Kanzler, feierlich eröffnet1049. Der Fälle, dass der Lan- desherr in eigener Person den Landtag eröffnete, fi nden sich jedoch nur wenige. Diese be- schränkten sich insbesondere auf solche von herausgehobener politischer Bedeutung, die eine persönliche Intervention des Kurfürsten erforderlich machten. Für Joachim II. lässt sich eine persönliche Anwesenheit auf den Landtagen von 1540 und 1549 nachweisen. In beiden Fällen verlas er seine Proposition angesichts der fi nanzpolitischen Bedrängnis, in die er geraten war, höchstpersönlich und unterstrich auf diese Weise die zwingende Notwendigkeit ständischer Hilfe. Die Beratung der Stände erfolgte sodann nach Kurien getrennt. Das Recht, im Schlosse selbst zu beraten, kam allein den Oberständen zu. Die Städtevertreter hatten es zu diesem Zwecke zu verlassen. Als Tagungsstätte diente ihnen bezeichnenderweise das Berliner Rathaus1050. Die Reihenfolge der Wortmeldungen richtete sich nach dem Grundsatz des ständi- schen Ranges1051. Mit der Verlesung der Ständebeschlüsse, in vorreformatorischer Zeit durch einen Bischof, seit der Säkularisation durch einen der beiden Dompröpste bzw. Domdechanten, endete die ständische Versammlung. Ihr vierstufi ger Ablauf fand sich in dieser Form ebenfalls auf den Kreis- und Ausschusstagen. Mit den Ritterschafts- und Städtetagen bildeten sie die vier Arten der ständischen Versammlungen. Das Recht auf Landstandschaft, also das Recht auf Teilnahme an den ständischen Versammlungen, war seit alters vor allem an den Grundbesitz und die damit verbundene grundherrliche Autorität „über einen größeren Theil der übrigen Landes-Angehörigen und zugleich durch ein näheres persönliches (mehrenteils feudales oder ministeriales) Verhält- niß zum Landesfürsten“1052 geknüpft. Prälaten, Grafen und Herren sowie die Ritterschaft zählten in diesem Sinne zu den Oberständen. Dem Prälatenstand gehörten die drei Landesbischöfe zu Havelberg, Brandenburg und Lebus, die Äbte der großen Klöster, die Domkapitel, Pröpste kleinerer und mittlerer Klös- ter und Stifter sowie der Johanniterorden an1053. Die Grafen zu Lindow, Herren zu Ruppin (bis 1524), die Herren von Torgau (bis 1479), die Schenken von Landsberg, die Gänse zu Puttlitz, die Grafen von Hohnstein, Herren zu Schwedt und Vierraden (1480 – 1609), bil- deten den Grafen- und Herrenstand1054. Die Ritterschaft, auch als „Landschaft“ bezeich- net, bildete sowohl in quantitativer als auch ökonomischer Hinsicht den bedeutendsten

1049 Zum Ablauf der ständischen Versammlungen: Croon, H.: Die kurmärkischen Landstände, S. 5; Haß, Martin: Die kurmärkischen Stände, S. 52 f.; Landmesser, B.: Die Stände der Kurmark Bran- denburg, S. 36 ff. 1050 Vgl. Friedensburg, W. (Hg.): Kurmärkische Ständeakten, Bd. II Nr. 429, S. 367. 1051 Vgl. Croon, Helmut: Die kurmärkischen Landstände, S. 5; Haß, Martin: Die kurmärkischen Stände, S. 52 f.; Landmesser, Bernhard: Die Stände der Kurmark Brandenburg, S. 36 ff. Zu Fragen der Rangordnung und des Rangstreits allgemein: Stollberg-Rilinger, Barbara: Zeremoniell als politi- sches Verfahren, S. 91 – 132. 1052 Mülverstedt, G.A.: Die ältere Verfassung der Landstände, S. 2. 1053 Vgl. Haß, Martin: Die kurmärkischen Stände, S. 10 ff.; Landmesser, B.: Die Stände der Kurmark Brandenburg, S. 9 ff.; Mülverstedt, G.A. von: Die ältere Verfassung der Landstände, S. 30 ff. 1054 Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 17 ff.; Mülverstedt, G.A. von: a.a.O., S. 34 f.; Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 161. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 215

Teil der Stände1055. Später traten die Städte1056 hinzu, und zwar nur diejenigen, die als so- genannte Immediatstädte nicht „im Privateigentum, unter dem Schutze und der Oberherr- lichkeit entweder des Landesherrn, der Geistlichkeit oder der Ritterschaft“1057 standen. Die Mediatstädte waren von der Landstandschaft ausgeschlossen1058. Erst am Ende des 15. Jahrhunderts gelangte die genannte Struktur der märkischen Stände zu festeren For- men. Von nun an traten sie in vier voneinander unterschiedenen Kurien auf1059. Im „langen 16. Jahrhundert“ bildeten sie in Opposition wie Kooperation zum bzw. mit dem Landesfürsten den „dualistischen Ständestaat“. Die Herausbildung der Landes- organisation und Landesverwaltung verdankte beiden Faktoren Entscheidendes. Gerade mit Blick auf die Regierungszeit Joachims II. erwies sich die dargelegte Verfassungsdu- alität für die Kurmark als konstitutiv. Die Gründe dafür lagen bekanntlich primär in der schlechten Finanzlage dieses Kurfürsten. Weniger die namentlich von der älteren For- schung beklagte Prunk- und Verschwendungssucht Joachims zeichnete dafür verantwort- lich als vielmehr eine ganze Kette von neuen herrschaftlichen Anforderungen, die mit dem Anwachsen der politischen Aufgaben im Reformationszeitalter zusammenhingen. Die Teilnahme an kostspieligen Reichsexekutionen, zu der die Kurfürsten ihre Ver- pfl ichtungen dem Reich gegenüber zwangen, war eine unter vielen Ursachen für seine Verschuldung. Besonders ungünstige Auswirkungen auf Joachims grundsätzlich ange- spannte Finanzlage scheint namentlich der Zug gegen die Türken gehabt zu haben1060. Immerhin stand Joachim ihm bekanntlich als Oberfeldherr des Reichsheeres 1542 vor. Hinzu kamen die häufi gen Reisen zu Wahl- und Reichstagen, zu deren Finanzierung der Kurfürst angesichts der bekannten Zahlungsunlust der Stände sich wiederholt Gelder leihen musste1061. Hierhin gehörten ferner die kostspieligen Erwerbungen der Bistümer Magdeburg, Halberstadt und Lebus für seine Söhne und den Enkel Joachim Friedrich1062,

1055 Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 19 ff.; Landmesser, B.: a.a.O., S. 12 ff.; Hahn, Peter-Michael: a.a.O., S. 161. – Die Unterscheidung von schlossgesessenem und nicht schlossgesessenem Adel war lange Zeit in der Altmark konstitutiv (vgl. hierzu Riedel, Adolph Friedrich: Von dem Unterschiede zwi- schen den beschlossenen und unbeschlossenen Geschlechtern der Brandenburgischen Ritterschaft, in: MF 1 (1841), S. 266 – 290). 1056 Vgl. Haß, Martin: a.a.O., 37 ff.; Landmesser, B.: a.a.O., 16 ff. 1057 Mülverstedt, G.A.: Die ältere Verfassung der Landstände, S. 47. 1058 Vgl. Haß, Martin: Die kurmärkischen Stände, S. 37 ff.; Landmesser, B.: Die Stände der Kurmark, S. 16 ff.; Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 161. 1059 Vgl. Schotte, Walter: Fürstentum und Stände, S. 6 ff.; Haß, Martin: a.a.O., S. 46 ff.; Landmesser, Bernhard: a.a.O., S. 10 ff. 1060 Vgl. dazu Droege, Georg: Die fi nanziellen Grundlagen des Territorialstaates, S. 149; ferner Traut, Hermann: Kurfürst Joachim II. von Brandenburg und der Türkenfeldzug vom Jahre 1542, Gum- mersbach 1892. 1061 Vgl. Müller, Nikolaus: Zur Geschichte des Reichstages von Regensburg 1541, S. 177 f., 186 f.; Heinrich, Gerd: Kurfürst Joachim I. von Hohenzollern, in: Reuter, F. (Hg.): Der Reichstag zu Worms von 1521, Berlin 1971, S. 336 – 351; Sannes, A.: Die brandenburgische und mainzische Kurstimme bei der Kaiserwahl Karls V., in: FBPG 14 (1901), S. 375 – 392. 1062 Von seinem Onkel Hans von Küstrin erhielt Johann Georg ein Darlehen über 12000 Taler zur De- ckung der Kosten der Übernahme Magdeburgs durch Joachim Friedrich (vgl. Mollwo, Ludwig: Markgraf Hans von Küstrin, S. 504). Vgl. ergänzend: Scholz, Michael: Geistliche Landesherrschaft zwischen Kurbrandenburg und Kursachsen. Das Erzstift Magdeburg vom 14. bis 16. Jahrhundert, 216 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert die häufi gen Durchzüge von Fürstlichkeiten, die vom Überschreiten der Landesgrenzen an als des Landesherrn Gäste galten, sowie die Fürstenbesuche in der Mark oder die vie- len Reisen des Kurfürsten und seiner Angehörigen aus Anlass von Taufen, Hochzeiten oder Beerdigungen1063. Namentlich die brandenburgische Mitbelehnungspolitik in Bezug auf Preußen seit 1563 sowie deren zahlreiche Erneuerungen verschlangen Unsummen1064. Gewaltige Kosten verursachte eine rege Bautätigkeit, wie etwa der an anderer Stelle aus- führlich behandelte Schlossbau, den Joachim selber bei Gelegenheit bekanntermaßen eine Ursache seiner Geldnot nannte, der Um- und Ausbau der Jagdhäuser oder der Bau der Landesfestungen1065. Kostspielige Gesandtschaften an ausländische Höfe, die Finan- zierung des Leibgedinges für die kurfürstliche Mutter, die Vergabe von „Gnadengeldern“, die üppige Prachtentfaltung und Verschwendung bei Hofe1066, die schlechte und nachläs- sig geführte Finanzwirtschaft auf den landesherrlichen Domänen, die allerorten spürbaren steigenden Lebenshaltungskosten1067 – all dies führte im Zusammenhang mit der allge- mein im Reich zu beobachtenden Teuerung zur Verschuldungskrise im 16. Jahrhundert. Die Abtretung der Neumark, die zu einem Verlust der kurbrandenburgischen Einkünfte um etwa ein Siebtel führte, tat ein Übriges1068. Die kurfürstlichen Ausgaben überstiegen die Einkünfte demnach um ein Vielfaches. Die traditionellen fürstlichen Finanzquellen, die sich aus Steuern, Kanzlei- und Gerichts- gebühren, Münz- und Mühleneinnahmen sowie dem Domänenbesitz speisten, reichten bei weitem nicht mehr aus. Ebenso verhielt es sich mit einmaligen ständischen Bewilli- gungen, die das fürstliche Schuldenaufkommen nicht mehr zu decken vermochten. Der landesherrliche Versuch, sich neue Einkommensquellen in Form eines Kornzolls an der Oder bzw. sogenannter Generalmittel (gemeint ist eine allgemeine Akzise) zu erschließen, scheiterte an ständischem Widerstand. Selbst das verzweifelte Mittel, den größten Teil der kurfürstlichen Einkünfte, seien es solche aus den landesherrlichen Ämtern oder aus Zöl- len und Regalien, zu verpfänden, erwies sich als letztlich unzureichend, um der Schulden- falle auf Dauer zu entkommen. Bis 1540 wuchs der Schuldenberg, soweit dies überhaupt

in: Rogge, Jörg/Schirmer, Uwe (Hg.): Hochadelige Herrschaft im mitteldeutschen Raum (1200 bis 1600). Formen – Legitimation – Repräsentation, Leipzig 2003, S. 443 – 464; Wohlbrück, Siegmund Wilhelm: Geschichte des ehemaligen Bisthumes Lebus, S. 343 f. 1063 Einen anschaulichen Eindruck von dem repräsentativen Aufwand bei den diversen Fürstenbesuchen im Jahr (z.B. wertvolle Gastgeschenke) gewinnt man aus dem Tagebuch des Grafen und der Gräfi n Lynar, in: Ledebur, Leopold von (Hg.): Allgemeines Archiv für die Geschichtskunde des Preußi- schen Staates 16,3 (1835), S. 193 – 232. 1064 Vgl. Karge, Paul: Kurbrandenburg und Polen. Die polnische Nachfolge und preußische Mitbeleh- nung 1548 – 1563, in: FBPG 11 (1898), S. 103 – 173. 1065 Vgl. dazu Buchholtz, Samuel: Versuch einer Geschichte der Mark Brandenburg, Bd. III, S. 415; ferner Friedensburg, Walter (Hg.): Kurmärkische Ständeakten, Bd. 1, Nr. 43, S. 154; Bd. 2, S. 167 (Bewilligung einer Übernahme von Schulden durch die Mittelmärkischen Landstände am Freitag nach Bartholomaei 1559 zu Spandau). 1066 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 154. 1067 Vgl. Clausnitzer, E.: Die märkischen Stände, S. 8 f., Anm. 5. Nach einem Anschlag von 1621 be- trugen die Unterhaltskosten für die Ritterschaft und ihre Knechte auf dem Landtag ungefähr 30000 Taler. 1068 Vgl. Mollwo, Ludwig: Markgraf Hans von Küstrin, S. 89 f. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 217 feststellbar ist, auf über 1 Million Gulden an, was einem Betrag von umgerechnet 700.000 Reichstalern entsprach. 1549 bezifferte er sich bereits auf eine Summe von 1,6 Millionen Gulden, stieg bis 1564 auf 2,3 Millionen Gulden, um sich beim Tode des Kurfürsten im Jahre 1571 auf einen Betrag von 4,7 Millionen Gulden zu belaufen1069.

8.1 Zur ökonomischen Situation der Hohenzollern in der zweiten Hälfte des „langen 16. Jahrhunderts“ – ein Exkurs

Nicht minder dramatisch gestaltete sich die fi nanzpolitische Situation der brandenburgi- schen Dynastie in der zweiten Jahrhunderthälfte. Trotz der namentlich zu Beginn seiner Regentschaft unternommenen Bemühungen Kurfürst Johann Georgs, des von der borus- sischen Historiographie lange Zeit als „Oeconomus“ gefeierten Nachfolgers, der väter- lichen Überschuldung Herr zu werden und die fi nanzielle Lage seiner Landesherrschaft mithin zu stabilisieren, gelang dies auf Dauer nicht1070. Neben den an anderer Stelle be- reits dargestellten Ursachen offenbart vor allem ein kritischer Blick auf die dem kurfürst- lichen Haus namentlich aus Prestigegründen so wichtige Anwartschaftspolitik mit ihrer unmittelbaren Folgewirkung auf die höfi sche Residenz- und Repräsentationskultur die Vergeblichkeit dieses Unterfangens in aller Klarkeit. Die vor allem in der Anwartschafts- politik in aller Deutlichkeit zutage tretende Überdehnung der Kräfte, insbesondere in fi - nanzpolitischer Hinsicht, markiert den überaus beengten Rahmen, der kaum Handlungs- spielräume zuließ und macht- wie kunstpolitischen Ambitionen engste Grenzen setzte. Bis auf wenige Ausnahmen entsprach die im europäischen Kontext betrachtet vergleichs- weise bescheidene künstlerische Höhe der brandenburgischen Residenz- und Repräsen- tationskultur der machtpolitischen Unbedeutendheit der Hohenzollern. Erst mit der Er- weiterung der machtpolitischen Basis der Hohenzollerndynastie nach 1648 gelang es dem Großen Kurfürsten und insbesondere seinem Sohn und Nachfolger Friedrich III./I., auch in residenzkultureller Hinsicht allmählich Anschluss an die führenden Dynastien des Al- ten Reiches zu fi nden. Wie beengt die macht- wie kunstpolitischen Spielräume der Dynastie gewesen sein müssen, erhellt bereits ein fl üchtiger Blick auf die kurbrandenburgische (Finanz-)Politik in der Frage der Realisierung der niederrheinischen Exspectanzen. Nur äußerst ungenü- gend zeigte sich der Hohenzoller in der Lage, die fi nanziellen Beiträge zum Unterhalt auch nur eines kleines Söldnerkontingents zu leisten1071. Zwar einigte sich die Landschaft

1069 Zum Verschuldungsproblem ausführlich: Winter, Georg: Die märkischen Stände zur Zeit ihrer höchsten Blüte 1540 – 1550, in: ZPGL 19 (1882), S. 254 – 310, S. 545 – 613, 20 (1883), S. 505 – 716. 1070 Vgl. hierzu Neugebauer, Wolfgang: Die Hohenzollern, Bd. 1, S. 97 – 99. 1071 Vgl. zur Finanzierung der Jülicher Sache insbes. Croon, Helmuth: Die kurmärkischen Landstände 1571 – 1616 (= Brandenburgische Ständeakten, Bd. 1 Veröffentlichungen der Historischen Kom- mission für die Provinz Brandenburg und die Reichshauptstadt Berlin, Bd.IX, 1), Berlin 1938, S. 142 – 146; ferner Jany, Curt: Geschichte der Königlich Preußischen Armee bis zum Jahre 1807, Bd. 1: Von den Anfängen bis 1740, Berlin 1928, S. 32 f., 42 – 45. – Selbst die Unionsbeiträge scheint er nicht fristgerecht und regelmäßig bezahlt zu haben, weswegen das Kurfürstentum Brandenburg 218 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert auf seine dringende Bitte hin nach schwierigen Verhandlungen auf eine freiwillige Bei- hilfe von 400.000 fl . Doch die Finanzierung der Gesamtsumme bereitete den Landstän- den arges Kopfzerbrechen. Man einigte sich letztendlich dahin, „von der Geldsumme von 400000.- fl ., den Gulden zu 18 Groschen gerechnet, 100000.- ins Biergeld zu schlagen, binnen eines Jahres dem Kurfürsten zu erlegen“1072. Nicht in der Lage, selbst die Aushe- bung von vergleichsweise überaus bescheidenen 694 Reitern und 3.164 Fußsoldaten aus der eigenen Tasche zu fi nanzieren1073, sah er sich 1616 gezwungen, über den holländi- schen Generalempfänger Peter Hoefyser bei den Generalstaaten die beträchtliche Summe von 100.000 fl . gegen einen Zinssatz von 8% zu leihen1074. Zum Pfand setzte er in Erman- gelung anderer Quellen und beredter Ausdruck der verzweifelten fi nanzpolitischen Situ- ation am Cöllner Hofe sämtliche landesherrlichen „Güter, Domainen und Einkünfte im

1617 aus dem Kreis der protestantischen Fürsten ausschied. Fortan gehörte es der Union nur noch als sog. „korrespondierendes“ Mitglied an (vgl. hierzu Clausnitzer, Eduard: Die märkischen Stände, S. 20 f.; Gautschi, Andreas/Suter, Helmut: Vom Jagen, Trinken und Regieren. Reminiszenzen aus dem Leben des Kurfürsten Johann Sigismund von Brandenburg, nach alten Briefen zitiert, Limburg an der Lahn 2005, S. 358). 1072 Croon, Helmuth: a.a.O., S. 145. 1073 Hierzu Jany, Curt: a.a.O., Bd. 1, S. 43 ff.; zum fehlenden fi nanz- und militärpolitischen Spielraum ergänzend Neugebauer, Wolfgang: Brandenburg-Preußen um 1600: Struktur-Dynastie-Konfession, in: ders. (Hg.): Handbuch ..., Bd. 1, §2: Die Krise des 17. Jahrhunderts in Brandenburg-Preußen, Berlin 2009, S. 146 – 148. 1074 Brandenburgische Kredite und Verschreibungen bei den Generalstaaten oder Amsterdamer Kauf- leuten vor dem Dreißigjährigen Krieg sind mehrfach belegt. Vgl. dazu Acta Brandenburgica, Bd. 1 [für den Zeitraum von 1604 bis 1605], Nr. 169, S. 269 f. (Schreiben Beyers an Rheydt. Berlin, 11. März 1605: Abhängigkeit der niederländischen Verhandlungen von denen mit Polen. Beyers Reise nach den Niederlanden. Aufbringung der Geldsummen); Nr. 204, S. 285 (Verschreibung des Markgrafen Johann Siegismund für Johann von Oldenbarnevelt über jährlich 1000 Goldgul- den auf Lebenszeit zahlbar, sobald der Markgraf in den Besitz der jülichschen Lande gelangt ist. Cölln a.S., 4. April 1605); Nr. 232, S. 293 ff. (Relation von Rheydt, o.D. (April 15): Verhandlun- gen mit den Niederlanden); Nr. 247, S. 302 f. (Relation von Rheydt. o.D. Postabgang 8. Mai 1605 aus Amsterdam: Termine der Zahlungen an die Niederlande, insbes. bezüglich der Zahlung einer ersten Rate über 50.000 Gulden auf Anfang Oktober zu Danzig oder Hamburg); Nr. 254, S. 305 (Versicherung des Freiherrn von Rheydt, dass die fälligen 50.000 Gulden den Generalstaaten An- fang Oktober in Danzig oder Hamburg ausbezahlt werden sollen und dass über die Bezahlung der übrigen 200.000 Gulden der Kurfürst sich vor Jahresschluss erklären werde. Haag, 2. Mai 1605); Nr. 317, S. 350 ff. (Zahlung an die Generalstaaten); Nr. 267, S. 326 (Relation von Rheydt. Amster- dam, 20. Mai 1605: Verhandlungen mit Amsterdamer Ratspatriziat); Nr. 344, S. 389 (Resolution an Rheydt. Cölln a.S., 29. Juni 1605: Jülische Angelegenheiten. Auszahlung der Gelder an die Gene- ralstaaten); Nr. 515, S. 499 f. (Bedenken Pruckmanns für Markgraf Johann Siegismund beim An- tritt seiner Reise in die Pfalz. Cölln a.S., 3. Oktober 1605: Vertrag mit den Niederlanden); Nr. 594, S. 553 (Schreiben an Mader. Himmelstedt, 24. November 1605: Die Niederländer in Joachimstal); Nr. 626, S. 568 ff. (Relation von Rheydt über seine niederländische Sendung. o.D. (12. Dezember 1605); Bd. 2 [für 1606], Nr. 851, S. 159 ff. (Schreiben des Markgrafen Johann Siegismund. O.O. und D. [April 1606]: Vertrag mit den Generalstaaten); Nr. 1086, S. 319 f. (Schreiben des Markgra- fen Johann Siegismund an Kanzler und geheime Räte. Zechlin, 5. August 1606: Kredit des Hauses Brandenburg bey den Hern Stadten). Vgl. hierzu ferner Heinrich, Gerd: Geschichte Preußens, S. 88; Jany, Curt: a.a.O., Bd. 1, S. 44 f. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 219

Lande Cleve“1075. Darüber hinaus sah sich der Hohenzoller der Jülicher Angelegenheit wegen genötigt, beispielsweise bei seinem Schwager, dem König von Dänemark, einen Kredit in Höhe von 200.000 Talern zu 6 % Zinsen aufzunehmen1076. Mit einer Schuld von 210.000 Talern stand er bei seinem Bruder Markgraf Christian Wilhelm, dem Adminis- trator von Magdeburg, gegen Verpfändung von fünf altmärkischen Ämtern auf 12 Jahre aus eben diesem Grunde in der Kreide1077. Man könne nicht erst warten, so die Begrün- dung für die verzweifelte Kreditaufnahme, bis der Feind bereits herangezogen sei und „seine Roße an die Zäune“ binde1078. Weitere 20.000 Taler streckte ihm Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig vor1079. Hans Meinhardt von Schonberg, der de dato Zossen 1611 von Johann Sigismund zum „General-Artolorey-Meister“ bestallt wurde, empfi ng aus der Hand des Brandenburgers ein kostbares Halsband, „um solches im Nothfall zu Bestellung der Artillerie und sonsten zu Abwendung des Kurfürsten Schadens, Schimpfs und Nachtheils zu gebrauchen und bestmöglichst zu verpfänden.“1080 Des weiteren musste von Schonberg 1614 aus eigenen Mitteln ein Regiment Fußvolk anwerben, wozu ihm der Kurfürst als Sicherheit die gesamte brandenburgische Artillerie samt Pulver, Kugeln und Zubehör verpfändete, „so daß, wenn er in der Frankfurter Ostermesse 1615 nicht voll- ständig befriedigt sei, er diese Artillerie ohne Weiteres verkaufen und sich davon bezahlt machen könnte“1081. Die allzu schwachen Kräfte des Hohenzollern1082 – auf dem Schlachtfeld wurden sie jedermann offenbar, hier gab es für den Kurfürsten nichts zu gewinnen, aber alles zu ver- lieren! In die außen- und reichspolitischen Händel und Konjunkturen seiner Zeit ließ sich durch den Hohenzoller angesichts seiner deprimierenden fi nanziellen Möglichkeiten in keiner Weise gestaltend eingreifen!

1075 Hierzu vgl. Droysen, Johann Gustav: Geschichte der preußischen Politik, II,2, S. 445; zuletzt Wil- son, Peter H.: Europe’s Tragedy. A History of the Thirty Years War, London 2009, S. 253, der zu Recht auf den fehlenden fi nanziellen Spielraum noch zu Zeiten des Großen Kurfürsten aufmerk- sam macht: “The Hoefyser loan was never repaid, and was eventually written off by the Republic in 1685 in return for a political alliance when the electorate was much more powerful” (vgl. Wilson, Peter H.: a.a.O., S. 873, Anm. 14). 1076 Vgl. Croon, Helmuth: a.a.O., S. 156. 1077 Vgl. Croon, Helmuth: a.a.O., S. 169. 1078 Clausnitzer, Eduard: Die märkischen Stände, S. 57, 62 f., 69; Gautschi, Andreas/Suter, Helmut: a.a.O., S. 359. 1079 Vgl. Croon, Helmuth: a.a.O., S. 169. 1080 Zitiert nach Schöning, Kurd von: Historisch-biographische Nachrichten zur Geschichte der Bran- denburgisch-Preußischen Artillerie. Aus bisher unbekannten Dokumenten zusammengestellt. 1. Theil, Berlin 1844 – 1845, ND LTR-Verlag 1984, S. 23. 1081 Schöning, Kurd von: a.a.O., S. 24. 1082 Neugebauer spricht in diesem Zusammenhang allzu beschönigend von „ersten Zeichen brandenbur- gischer Überforderung“ (Neugebauer, Wolfgang: Die Hohenzollern, Bd. 1, S. 130); Koser charakte- risiert die kurbrandenburgische und pfalz-neuburgische Soldateska im Vergleich zu den Armeen der beiden Großmächte deutlich als einen „armseligen Haufen von einigen hundert Köpfen“, die schon bald „arg ins Gedränge (kommen), welche die Possedierenden angeworben haben; einmal entrinnt der brandenburgische Kurprinz nur um ein Haar der Gefahr, von den Spaniern aufgehoben zu wer- den.“ (Koser, Reinhold: Geschichte der brandenburgischen Politik bis zum Westfälischen Frieden, 2. Aufl ., Stuttgart, Berlin 1913, S. 368). 220 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

In der Frage der (Mit-)Belehnung des Herzogtums Preußen wird diese Tatsache be- sonders evident. Die fi nanziellen Erfordernisse und Notwendigkeiten, die für eine erfolg- versprechende Realisierung der preußischen Anwartschaft eingegangen werden mussten, überstiegen bereits unter Kurfürst Johann Georg das für das Haus Hohenzollern und seine Territorien ökonomisch vertretbare Maß bei weitem. Deutlich wird dies bereits mit Blick auf die fi nanziellen Verpfl ichtungen des Markgrafen Georg Friedrich aus der ansbachi- schen Linie des Hauses Hohenzollern. Zwecks Übertragung der Vormundschaft über Al- brecht Friedrich, die Administration des Herzogtums sowie Titel und Würden eines Her- zogs war er zur Zahlung von 200.000 polnischen Gulden an den polnischen König Stefan Báthory gezwungen1083. Der feierliche Belehnungsakt erfolgte als Resultat am 27. Februar 1578. Mitbelehnt wurden auch die brandenburgischen Hohenzollern in Gestalt des Kur- fürsten und des Kurprinzen. Die Einwände gegen die Mitbelehnung der kurbrandenbur- gischen Linie seitens des polnischen Adels ließen sich durch Ehrengeschenke verhältnis- mäßig problemlos ausräumen. Wegen ihrer aufgewendeten „Mühen“ erhielten etwa die beiden polnischen Kanzler Piotr Dunin Wolski und Jan Zamoyski jeweils 10.000 Gulden. Letzterer empfi ng aus der brandenburgischen Schatulle nochmals gesondert 8.000 Gul- den. Darüber hinaus investierte der Kurfürst in die „preußische“ Sache weitere 12.000 Taler für Kleinodien an einfl ussreiche polnische Senatoren1084. Bedeutende Bestechungssummen, die über die üblichen „Verehrungen“ und Ehren- geschenke weit hinausgingen, fl ossen auch wieder nach dem Tod Stefan Báthorys am 12. Dezember 1586. Zwar gestalteten sich die preußisch-polnischen Angelegenheiten un- ter seinem Nachfolger Sigismund III., einem schwedischen Prinzen aus dem Hause Wasa, bedeutend schwieriger als seinerzeit unter Báthory. Doch die Überzeugungskraft der Gel- der sorgte nach erheblichen Verzögerungen und Schwierigkeiten dafür, dass die neuerli- che Belehnung Georg Friedrichs mit dem Herzogtum Preußen am 18. April 1589 zustande kam1085. Massive polnische Bedenken und Ressentiments, ja manifester Argwohn polni- scherseits gegenüber den Interessen der „Brandenburgischen Fürsten von Berlin“ galt es immer wieder über die egoistischen Finanzinteressen einzelner hinaus zu beschwichti- gen. Polnischerseits befürchtete man, wie einer anonymen polnischen Denkschrift aus dem Jahre 1604 zu entnehmen ist, dass die brandenburgischen Kurfürsten „sich des Lan- des Preußen sogar eilendt und geschwindt anmaßen“ wollten1086. Misstrauen erweckte in Warschau auch der Umstand, dass man in der Kurmark öffentlich darüber rede, wie die

1083 Hierzu vgl. Krollmann, C.: Die Selbstbiographie des Burggrafen Fabian zu Dohna nebst Aktenstü- cken zur Geschichte der Sukzession der Kurfürsten von Brandenburg in Preußen aus dem fürstlich dohnaischen Hausarchive zu Schlobitten, Leipzig 1905, S. 177 f.; Petersohn, Jürgen: Fürstenmacht und Ständetum in Preußen und Habsburg im 16. Jahrhundert, Köln 1968, S. 3, 6 f., 83 ff. 1084 Hierzu vgl. Petersohn, Jürgen: a.a.O., S. 16 ff.; Dolezel, St. und H.: Die Staatsverträge des Herzog- tums Preußen, S. 92. 1085 Belehnungsurkunde abgedruckt bei: Dolezel, Stephan und H.: Die Staatsverträge des Herzogtums Preußen, Teil I, Polen und Litauen, Verträge und Belehnungsurkunden 1525 – 1627/58. Veröffentli- chungen aus den Archiven Preußischer Kulturbesitz, Bd. 4, Köln und Berlin 1971, S. 96 – 98. 1086 GStA PK, I. HA, Rep. 7, alte lit. Abt. Nr. 18, Anonyme polnische Denkschrift „Nötige und wichtige Erklärung etzlicher Leute …“, 1604. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 221

Krone Polen „umbs Land Preußen“ gebracht werden solle, auch dass sich die branden- burgischen Gesandten auf dem polnischen Reichstag darüber „beklaget, daß man ihnen, den Brandenburgischen Fürsten, etzlich Mal den Titulum des Landes Preußen in der Kö- niglichen Cantzley entzogen“1087. Argwohn erregte, dass Joachim Friedrich „so heftig und viell umb das Land Preußen thuen und sich deßen annehmen“. In diesem Zusammen- hang wurde die Befürchtung geäußert, sie wollten den Polen, die „sonsten mit Kriegen und andern Beschwerligkeiten turbiret, das Land Preußen abringen und abschrecken“1088. Selbst die probrandenburgischen Kreise am Warschauer Hof wurden nicht müde zu be- tonen, dass die Herrschaft der Hohenzollern im Herzogtum keine „ewige Erbschaft“ sei, sondern dass der Brandenburger diese „allein zu Lehenrecht, wie der Gebrau bis anhero gewesen, begehren“ dürften1089. Wie wichtig dem Haus Hohenzollern die Sicherung der Sukzession in Preußen war, erwies sich erneut nach dem Ableben Georg Friedrichs am 26. April 16031090. Nur unter größten Schwierigkeiten gelang es dem brandenburgischen Kurfürsten gut zwei Jahre nach dem Tode des fränkischen Markgrafen, von König Sigismund III. die Vormund- schaft über den „blöden“ Herzog zu erlangen. Abgesehen von der Erfüllung zahlreicher, teils überaus demütigender Bedingungen, die ihm die polnische Krone aufzwang1091, verpfl ichtete sich Joachim Friedrich zu einer einmaligen Zahlung von 600.000 polni- schen Gulden an den Warschauer Hof. Einen Betrag von 30.000 polnischen Gulden hat Brandenburg zudem an den König überweisen müssen. Identischer Höhe war auch die Summe, die der Kurfürst darüber hinaus jährlich als Kontribution zu jeder vom polni- schen Reichstag beschlossenen Steuer zu entrichten hatte1092. In der Frage der Kuratel und Sukzession des Hauses Hohenzollern im Herzogtum war eben nichts auszurichten, ehe der Kurfürst nicht „ein große Summa Geldes dem Könige gab“, wie es in einer ano- nymen Denkschrift heißt1093. Diese Aussage gilt ungeschmälert auch für Johann Sigismunds fi nanzielle Aufwen- dungen in der preußischen Anwartschafts- und Belehnungsfrage1094. Diese sprengten jed- weden halbwegs verantwortbaren Rahmen. So wurde etwa auf den Rat Fabian Dohnas d.Ä. hin der in preußischen Diensten stehende Danziger Bürger Andreas Köhn von Jaski mit 10.000 Dukaten an den Warschauer Hof entsandt. Angesichts der seit langem völlig erschöpften kurmärkischen Kassen sah sich der Kurfürst gar gezwungen, die Zahlung

1087 GStA PK, I. HA, Rep. 7, alte lit. Abt. Nr. 18. 1088 GStA PK, I. HA, Rep. 7, alte lit. Abt. Nr. 18. 1089 GStA PK, I. HA, Rep. 7, alte lit. Abt. Nr. 18. 1090 GStA PK, XX. HA, HBA, Konzepte K6, Kasten 1098, Die fränkische Regierung in Ansbach am 27.4.1603. Vgl. hierzu ergänzend Immekeppel, Heinz: Das Herzogtum Preußen von 1603 bis 1618, phil. Diss., Köln/Berlin 1975, S. 11, 17, 23, 25, 44. 1091 Vgl. dazu Croon, Helmuth: Die kurmärkischen Landstände, S. 115; Gautschi, Andreas/Suter, Helmut: Vom Jagen, Trinken und Regieren, S. 89. 1092 Vgl. Immekeppel, Heinz: a.a.O., S. 34 f.; Gautschi, Andreas/Suter, Helmut: a.a.O., S. 90; Croon, Helmuth: a.a.O., S. 115. 1093 GStA PK, I. HA, Rep. 7, alte lit. Abt. Nr. 21, Anonyme Denkschrift, ohne Datum. 1094 Zur Finanzierungsproblematik in der preußischen Frage vgl. Croon, Helmuth: a.a.O., S. 104 – 130. 222 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert der Königsberger Kasse zu entnehmen1095 – übrigens gegen den erklärten Widerstand des preußischen Kanzlers Christoff Rappe, „dem die bislang schon verabfolgten Beste- chungsgelder reuen und der zu bedenken gibt, sie hätten schlußendlich wenig bis nichts genützt1096. Ein recht vages In-Aussicht-Stellen der Übertragung der Kuratel über Herzog Albrecht Friedrich auf dem folgenden polnischen Reichstag von 1609 war der unsichere Lohn für solcherart „diplomatische“ Bemühungen1097. Dank „reichlicher Handsalben“ und umfangreicher „Vorehrungen“1098, mit denen der neue brandenburgische Kurfürst die polnischen Kommissare in üblicher Weise bedachte, schaffte Johann Sigismund eine für Brandenburg wohlwollende Stimmung. Deshalb sowie dank des Umstandes, dass der polnische König auf fi nanzielle Hilfsgelder des Brandenburgers für seinen livländischen Krieg angewiesen war1099, übersandte Sigismund III. Ende April 1609 schließlich die Vor- mundschafts- und Regentschaftsurkunde1100. Die persönliche Belehnung erfolgte indessen erst – wiederum dank üppiger Verehrungen befördert1101 – zwei Jahre später, am 16. No- vember 1611 auf dem Warschauer Reichstag1102. Allein aus der preußischen Kammer fl oss bis 1610, wie die preußischen Oberräte in eben diesem Jahre errechneten1103, die ungeheure Summe von 700.000 Mark an den War- schauer Hof. Doch damit nicht genug! 1611 wechselten großzügige Verehrungen vom Pregel an die Weichsel; 10.000 Gulden jährlich erhielt der Unterkanzler Felix Kriski für die Dauer seiner Amtszeit; Unkosten in Höhe von 33.400 preußischen Mark ergaben sich aus der Beherbergung und Verköstigung der königlichen Kommissare aus Anlass der Amtseinführung Johann Sigismunds in Königsberg; 14.000 Gulden, im Jahre 1611 einem Angehörigen derer von Dönhoff „zum Laufgelt“ ausgezahlt, fl ossen nach Warschau; meh- rere 100.000 polnische Gulden verursachten die Reisen des Kurfürsten ins Herzogtum Preußen im Zeitraum von 1608 bis 1610, die Reise nach Warschau 1611 und die weiteren Hofl ager in Preußen bis 1613 sowie die königlichen Kommissionen von 1609 und 1612. Die jährlich zu überweisende Summe von 30.000 polnischen Gulden für die Krone Polen

1095 Hierbei handelt es sich im Übrigen um ein Beispiel unter vielen für das Verständnis des Kurfürsten, die Finanzquellen des Herzogtums als eine Art Hilfsquelle für seine dynastische Politik anzuzap- fen. – In diesem Sinne auch Gautschi, Andreas/Suter, Helmut: a.a.O., S. 355. 1096 Gautschi, Andreas/Suter, Helmut: a.a.O., S. 222. 1097 Immekeppel, Heinz: a.a.O., S. 60; Schmidt, H. G.: Fabian von Dohna [der Ältere], Halle 1897, S. 206 – 209. 1098 Vgl. dazu Krollmann, C.: a.a.O., S. 184. 1099 Vgl. Croon, Helmuth: a.a.O., S. 115. 1100 Die Urkunden bei Dolezel, H. und St.: a.a.O., S. 113. 1101 Inakzeptable religionspolitische Forderungen der Krone Polens, die die feierliche Einsetzung des Kurfürsten in sein neues Amt auf dem Königsberger Schloss gefährdeten, räumte der Branden- burger in der üblichen Weise aus: 100.000 polnische Gulden, die sich Johann Sigismund bei den preußischen Ständen borgen musste, regelten das Problem im Verbund mit einer darauf folgenden Erhöhung des polnischen Subsidiums auf 150.000 Gulden als Geste der Dankbarkeit. Vgl. dazu Immekeppel, Heinz: a.a.O., S. 95 – 99. 1102 Vgl. Immekeppel, Heinz: a.a.O., S. 90; Schultze, Johannes: Die Mark Brandenburg, Bd. 4, S. 186; Gautschi, Andreas/Suter, Helmut: a.a.O., S. 268 f. 1103 Vgl. Immekeppel, Heinz: a.a.O., S. 86. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 223 konnten vom Hohenzollern 1614 nur unter größten Problemen „ufgetrieben“ werden1104. Unkosten in Höhe von ungefähr 20.000 Talern resultierten 1614 aus der Überweisung von „Tapezereyen“ für den König1105. Die Kosten, die die Verehrung eines Geschützes an ei- nen polnischen Erzbischof verursachten, sind unbekannt. Ähnlich verhielt es sich mit ei- ner Glocke, die dem polnischen Vicekanzler überschickt wurde1106. Aus den Kassen der Kurmark waren solche Ausgaben, wie bereits oben erwähnt, un- möglich zu fi nanzieren. Auch auf Hilfe und Unterstützung der kurmärkischen Stände war nicht zu hoffen. Diese hielten es für ausgeschlossen, „binnen kurzer Zeit größere Geldsummen aufzubringen, da die wenigen Vermögenden ihr Geld bei der Landschaft stehen hätten, eine plötzliche Kündigung aber das Kreditwerk über den Haufen werfen müßte; einer Aufnahme von Anleihen bei Ausländern standen ihres Erachtens mancher- lei Schwierigkeiten entgegen, abgesehen davon, daß ein etwaiges vergebliches Bemühen das Ansehen des Kurfürsten bei den Polen in starkem Maße mindern mußte“1107. Aber auch den ökonomischen Spielraum der vom Kurfürsten ein ums andere Mal bemühten preußischen Kammer überstieg die rapide angehäufte Schuldenlast bei weitem1108. Zwar war kein Geld vorhanden, wie eine anonyme Denkschrift „über die preußischen Sachen“ hervorhebt, aber „man kann den König anderst nicht gewinnen als durch Gelt oder zum wenigsten durch eine gar gewiße Zusag“1109 – soweit die absurd-paradoxe Situation! Er- schwerend hinzu trat die allgemeine Konjunkturschwäche der Wirtschaft um 1600 im Reich wie namentlich in Kurbrandenburg. Handel und Verkehr gingen allenthalben zu- rück. Die Zahl der Feuerstellen verringerte sich seit langem, mancherorts war ein Viertel der Ackerstellen unbesetzt1110. Zwar bewilligten die kurmärkischen Stände dem Kurfürs- ten gleich bei Regierungsantritt 700.000 Taler zur Tilgung der väterlichen Schuldenlast, aber Einnahmen- und Ausgabenseite gerieten in Kürze erneut in eine prekäre Schiefl age. Die Summe von ungefähr 280.000 Talern, die an jährlichen Einkünften in Hofrentei und Kammer fl ossen, reichten „nicht im Entferntesten aus, um den zahlreichen Anforderun- gen, welche an das Kurfürstentum auch von der Person des Souveräns und der kurfürst- lichen Familie gestellt werden, zu genügen“1111. Große Politik ließ sich so mit Sicherheit nicht betreiben. Für eine zupackende Außenpolitik fehlte jedwede Grundlage. Das bran-

1104 GStA PK, I. HA, Rep. 7, alte lit. Abt. Nr. 21, Anonyme Denkschrift „Erinnerung in preußischen Sa- chen“, 1614, Teil 3. 1105 Zum diplomatischen Geschenkwesen, insbesondere zu dessen Zeichen- und Kommunikationswert grundlegend: Falcke, Jeanette: Studien zum diplomatischen Geschenkwesen am brandenburgisch- preußischen Hof im 17. und 18. Jahrhundert (= Quellen und Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, Bd. 31), Berlin 2006. 1106 Vgl. Gautschi, Andreas/Suter, Helmut: a.a.O., S. 295 f. 1107 Croon, Helmuth: a.a.O., S. 115. 1108 Vgl. Croon, Helmuth: a.a.O., S. 116. 1109 GStA PK, I. HA, Rep. 7, alte lit. Abt. Nr. 21. 1110 Vgl. Gautschi, Andreas/Suter, Helmut : a.a.O., S. 295 ; Clausnitzer, Eduard: Aus der Regierungszeit des Kurfürsten Johann Sigismund von Brandenburg, in: Hohenzollern-Jahrbuch 1907, S. 170 – 174, hier S. 171. 1111 Gautschi, Andreas/Suter, Helmut: a.a.O., S. 353; vgl. ferner Clausnitzer, Eduard: Die märkischen Stände, S. 22 f. 224 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert denburgische Kurhaus entsprach von daher einem Getriebenen, dem allein der Zufall be- ziehungsweise die Konjunkturen halfen1112. Nichts war letztlich eigenes Verdienst! Auf Auswege aus der sämtlichen Hohenzollernherrschern bis Johann Sigismund und darüber hinaus wohl bekannten Schuldenfalle sann dieser in der gewohn- ten Weise. Die Mittel reichten von der vertrauten Ämterverpfändung über diejenige von Zöllen und anderen Regalien über die Aufnahme von umfangreichen Darlehen bis zur Ausleihe mittlerer und kleinster Summen bei seiner Entourage1113 und anders- wo1114. Auch in der Frage der Schuldentilgung verfuhr er nach Art seiner Vorfahren. Offene Rechnungen etwa über Viktualien bei Händlern und Handwerkern aus der Re- sidenzstadt oder in Düsseldorf beglich er unter anderem mit Geldern aus der preußi- schen Rentkammer oder borgte sie beispielsweise im Herzogtum zu hohen Zinsen1115. Die neuen Landerwerbungen, und zwar sowohl im Osten wie im Westen des Alten Rei- ches, scheint man recht rücksichtslos ausgeplündert zu haben. Nach dem Tod Herzog Albrecht Friedrichs schickte sich Johann Sigismund gezwungenermaßen an, seinen Kö-

1112 In diesem Sinne u.a. auch Oestreich, Gerhard: Calvinismus, Neustoizismus und Preußentum, in: Jahrbuch für die Geschichte Mitteldeutschlands 5 (1956), S. 157 – 181, hier S. 157 („politischer Zu- fall“). 1113 Die gesamte kurfürstliche Familie scheint von dem notorischen Geldmangel betroffen gewesen zu sein. So erfährt man etwa aus einem Brief der Kurfürstin Anna aus Bayern an ihren Gemahl, dass ihr „ziemblicher Mangel an Geldt fürfallen will, sintemal wir bis dahero in dem überaus bösen Weg uf Beßerung der zerbrochenen Wagen und sonsten anderer Ausgaben geschweigende ein merckli- ches ufwenden müeßen, also daß wir numehr desjenigen, so uns von Berlin mitgegeben worden, fast gänzlichen entblösset“ und fordert, ihr „ufs wenigste ein zweihundert Thaler nach(zu)schicken“ (GStA PK, BPH, Rep. 33 T, Nr. 3, Kurfürstin Anna an Johann Sigismund am 10.1.1610). Ein an- dermal klagt sie ihrem Gatten in einem undatierten Brief, eine derartige Geldknappheit beim Lan- desherrn in einem Kurfürstentum sei eine „Schandt“ (GStA PK, BPH, Rep. 33 T, Nr. 2, Kurfürstin Anna an Johann Sigismund, ohne Datum). Der Bruder des Kurfürsten, Johann Georg, beklagt in seiner Amtszeit als Statthalter der Kurmark die drängende Finanznot. In einem Brief vom 30. Sep- tember 1613 an seinen kurfürstlichen Bruder ist zu lesen, dass er die Hofhaltung nicht länger auf einem standesgemäßen Niveau halten könne. Viktualien und andere Vorräte seien fast erschöpft. Und er warnt, „daß dero eigene churfürstliche Reputation, Credit undt Namen daran gelegen undt also mit diesen Sachen nicht länger zu säumen sey“ (GStA PK, I. HA, Rep. 36, Nr. 772, Markgraf Johann Georg an Johann Sigismund am 30.9.1613). – Vgl. ferner Croon, Helmuth: a.a.O., S. 124. 1114 Das geringe Entgegenkommen der kurmärkischen Stände in fi nanzieller Hinsicht erklärt sich vor allem angesichts der starken Steuerbelastungen innerhalb der Kurmark sowie der rückläufi gen Steuereingänge aufgrund der bereits an anderer Stelle explizierten wirtschaftlichen Depression um 1600. Nach einer Aufstellung von 1615 beliefen sich die rückständigen Reichs- und Kreissteuern zwischen 1594 und 1606 inklusive der fälligen Zinsen auf 349.443 Talern 2 Groschen (GStA PK, I. HA, Rep. 17, Nr. 14b und 17); vgl. dazu ergänzend Croon, Helmuth: a.a.O., S. 132, Anm. 354. 1115 Generell gilt ihm das Herzogtum als Hilfsquelle zur Tilgung kurmärkischer Schulden. 3.681 preu- ßische Mark werden aus der preußischen Rentkammer im Jahre 1611, 52.066 Mark für 1612 zur Begleichung von rückständigen Besoldungen an märkisches Hofpersonal entnommen. Sogar preu- ßische Güter werden vom Kurfürsten an seine kurbrandenburgische Entourage verliehen. Zu Recht sprechen Gautschi/Suter in diesem Zusammenhang von einem „materiellen Transfer von Preußen nach Brandenburg“. Vgl. Gautschi, Andreas/Suter, Helmut: a.a.O., S. 355; ferner Scheller, R.: Die Entwicklung des Königsberger Hofes unter Herzog Albrechts Nachfolgern (1568 – 1654), in: Jahr- buch der Universität Königsberg 20 (1970), S. 12 – 39. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 225 nigsberger Hofstaat drastisch zu reduzieren1116. Sein Nachfolger Georg Wilhelm musste schließlich aus den dargelegten fi nanziellen Motiven die endgültige Aufl ösung des Kö- nigsberger Hofl agers veranlassen. Ferner ist etwa mit Blick auf die Klever Schwanen- burg, seit 1614 häufi ger Aufenthaltsort des Kurprinzen Georg Wilhelm, bekannt, dass zumindest große Teile ihres Inventars an den Cöllner Hof verbracht wurden1117. Wegen mangelnden Unterhalts muss das Schloss zudem sehr schnell verfallen sein. Jedenfalls war die Klever Residenz, einst prächtiges Hofl ager der Herzöge von Jülich-Kleve und Berg, bei Dienstantritt von Johann Moritz von Nassau-Siegen als Statthalter der kurfürst- lichen Westprovinzen nicht mehr bewohnbar1118. Noch unter dem Großen Kurfürsten war die Finanznot so groß, dass sein Statthalter Johann Moritz den Umbau der Klever Resi- denz durch Verpfändung kostbarer Pretiosen, etwa eines goldenen Hutbandes besetzt mit 53 Diamanten zu fl . 2.750 oder eines goldenen Ordenskreuzes mit großem Diamant zu 10.000 fl . aus seinem persönlichen Besitz für ihn hat vorfi nanzieren müssen1119. Bekannt ist auch, dass der Große Kurfürst immer wieder um Kredite bei den Generalstaaten oder Amsterdamer Kaufl euten nachsuchen musste1120. Als Folge der nicht enden wollenden Zahlungen und Verehrungen, insbesondere der Realisierung der auswärtigen Exspectanzen wegen1121, stand das Kurfürstentum gegen Ende der Regierungszeit des Kurfürsten Johann Sigismund gleichsam vor dem Staats- bankrott. Die Finanzlage war derart desolat, dass selbst vor der Versetzung der Klein- odien des kurfürstlichen Paares nicht mehr halt gemacht werden konnte1122. Selbst bei seiner eigenen Gemahlin sah sich der Kurfürst genötigt, Schulden aufzunehmen1123. Die Kreditwürdigkeit des Kurfürsten stand gerade auch bei mittleren und kleinen Handwer-

1116 Hierzu vgl. jüngst Wagner, Wulf D.: Das Königsberger Schloss. Eine Bau- und Kulturgeschichte, Bd. 1, Regensburg 2008, S. 184 – 185; ferner Gautschi, Andreas/Suter, Helmut: a.a.O., S. 372 – 373; Scheller, R.: Die Entwicklung des Königsberger Hofes unter Herzog Albrechts Nachfolgern (1568 – 1654), in: Jahrbuch der Universität Königsberg 20 (1970), S. 12 – 39, hier S. 32 ff. 1117 Hierzu vgl. Marra, Stephanie: Art. Kleve und Mark, in: Paravicini, Werner (Hg.), bearb. von Hirsch- biegel, Jan/Wettlaufer, Jörg: Residenzenforschung: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Bilder und Begriffe, 15 II, Teilbd. 1 u. 2, Ostfi ldern 2005, hier Bd. 2, S. 235. 1118 Vgl. Lemmens, Gerard: Die Klever Burg, in: Land im Mittelpunkt der Mächte. Die Herzogtü- mer Jülich. Kleve. Berg, 3. überarb. Aufl ., Kleve 1985, S. 269 – 290, hier S. 281; Terwen, J.J.: Johann Moritz und die Architektur, in: Soweit der Erdkreis reicht. Johann Moritz von Nassau-Sie- gen 1604 – 1679, Kleve 1979, S. 127 – 141, hier S. 136 – 138; Hahn, Peter-Michael: Die Hofhaltung der Hohenzollern, S. 82; ders.: Magnifi zenz und dynastische Legitimation, S. 29 ff. 1119 Vgl. HStA Düsseldorf, Kleve-Mark, Akten Nr. 45 (Altes Dillenburger Archiv). 1120 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Magnifi zenz und dynastische Legitimation, S. 30; ders.: Dynastische Selbstdarstellung und Militärmacht. Kriegerische Symbolik als höfi sche Zeichensprache in Bran- denburg-Preußen im 17. Jahrhundert, in: Frieden und Krieg in der Frühen Neuzeit. Die europäische Staatenordnung und die außereuropäische Welt, München 2001, Bd. 2, S. 115 – 138, hier S. 120; mit Belegen bereits aus der Regierungszeit Johann Sigismunds: Heinrich, Gerd: Geschichte Preußens. Staat und Dynastie, Berlin 1981, S. 75, 76, 88. 1121 Dies betrifft selbstverständlich auch die Erbansprüche der Hohenzollern am Niederrhein. 1122 GStA PK, BPH, Rep. 33 T, Nr. 2, Kurfürstin Anna an Johann Sigismund, ohne Datum. 1123 GStA PK, BPH, Rep. 33 G, Nr. 2, Verzeichnis der Schulden des Kurfürsten Johann Sigismund bei der Kurfürstin Anna, ohne Datum, ca. 1615. – Diese beliefen sich auf über 64.000 Reichstaler. 226 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert kern und Händlern zusehends mehr in Frage1124 und führte zusehends schneller zu zahl- losen Darlehenskündigungen1125. Bis zum Jahre 1618 war der Schuldenberg auf die un- glaubliche Höhe von 2.142.000 Taler angewachsen, „also auf mehr als das Siebenfache der Jahreseinnahme“1126.

8.2 Das „Ständische Kreditwerk“

Bereits unter Joachim II. blieb bekanntlich als einziger Ausweg die Übernahme der fürst- lichen Steuerverwaltung in ständische Hände. Konkret bedeutete dies die Übernahme der landesherrlichen Steuerverwaltung durch die Stände. Die Einnahme und Verwendung der Steuern, sei es der Hufen- und Giebelschoß auf dem Lande, sei es der Pfund- und Vor- schoß in den Städten1127, sei es das alte und neue Biergeld1128, oblag von nun an nicht mehr dem Landesherrn, sondern den Ständen, die zu diesem Zwecke eine eigene ständische Steuerverwaltung aufbauten – das „Ständische Kreditwerk“1129. Neben der landesherrli- chen Verwaltung geriet die ständische Schuldenadministration damit für knapp ein Jahr- hundert zum wesentlichen Faktor der landesstaatlichen Organisation1130. Als schwachen Ausdruck fürstlicher Zentralisierungsbemühungen zog der Branden- burger im übrigen das „Ständische Kreditwerk“ nach Berlin. Im Landschaftshaus in der Berliner Nagelgasse fand es seinen Sitz1131. Dort befanden sich alle drei Kassenorgani-

1124 GStA PK, I. HA, Rep. 36, Nr. 772, Graf Johann Lynar an Johann Sigismund am 24.10.1616. 1125 Gautschi, Andreas/Suter, Helmut: a.a.O., S. 361 f. 1126 Gautschi, Andreas/Suter, Helmut: a.a.O., S. 362; ferner Clausnitzer, Eduard: Die märkischen Stände, S. 18 f.; Hintze, Otto: Die Hohenzollern und ihr Werk, Berlin 1916, S. 162; Croon, Hel- muth: a.a.O., S. 198. 1127 Zu den Steuerarten: Landmesser, Bernhard: a.a.O., S. 210 ff.; Haß, Martin: a.a.O., S. 186 ff. 1128 Zum Biergeld: Kriegk, Otto: Das Biergeld in der Kurmark Brandenburg, in: FBPG 28 (1915), S. 237 ff., bes. 241. 1129 Zum „Ständischen Kreditwerk“ vgl. Isaacsohn, Siegfried: Die Finanzen Joachims II. und das stän- dische Kreditwerk, in: ZPGL 16 (1879), S. 455 – 479, hier S. 457 ff.; Landmesser, Bernhard: Die Stände der Kurmark Brandenburg, S. 243 ff.; Haß, Martin: Die kurmärkischen Stände, S. 242 ff., 273 ff.; Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 162 ff.; Raumer, Georg Wilhelm von: Die Steuerverfassung der Mark Brandenburg zur Zeit Kurfürst Joachims II., in: MF 4 (1850), S. 321 – 336, bes. S. 323 – 328; Hallmann, Hans: Die kurmärkischen Stände, S. 35 ff. 1130 Gerade auf das stetige Anwachsen des landesherrschaftlichen Schuldenbergs seit dem letzten Drit- tel des 16. Jahrhunderts ist zurückzuführen , dass die brandenburgischen Stände organisatorisch en- ger zusammenrückten und sich damit ein wichtiger Schritt auf dem Weg vom spätmittelalterlichen Territorium zum landesfürstlichen Staatsverband der Frühneuzeit vollzog. Vgl. dazu auch Schultze, Johannes: Die Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 186 ff.; ferner Hahn, Peter-Michael: Fürstliche Territo- rialhoheit und lokale Adelsgewalt, S. 102. 1131 Zum Lokal der Kasse vgl. Haß, Martin: Die kurmärkischen Stände, S. 247; ferner Küster: Altes und neues Berlin, Bd. III, S. 521. Wegen der Baufälligkeit des alten Gebäudes zog das Landschaftshaus 1580 in die Spandauer Straße um. Dort fand sich das Haus der brandenburgischen Provinzialstände noch im 19. Jahrhundert. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 227 sationen1132: die Neubiergeldkasse1133, die Adel und Städte gemeinsam verwalteten, die Mittelmärkisch-Ruppinische, die Altmärkisch-Prignitzsche und die Uckermärkisch-Stol- pirische Hufenschoßkasse der Ritterschaft1134 sowie seit 1565 die Mittelmärkisch-Ucker- märkische und die Altmärkisch-Prignitzsche Städtekasse1135. Großer und engerer Aus- schuss tagten ebenfalls dort. Der engere Ausschuss trat uns erstmals auf dem Landtag von 1540 entgegen. Er war dazu bestellt, die dort gefassten Beschlüsse, insbesondere solche in Steuerangelegenhei- ten, zu exekutieren1136. Jährlich hatte er in Berlin die Rechnungslegung der Steuereinneh- mer entgegenzunehmen und zu prüfen. Die Aufgaben des auf dem Landtag von 1549 eingesetzten „Großen Ausschusses“ be- standen neben anderen in der Rechenschaftsabnahme der Verwaltung des „Ständischen Kreditwerks“, die von den Deputierten der drei Kassenorganisationen geführt wurden, durch die Landschaft1137. Zu diesem Zweck versammelten sich die Deputierten jährlich einmal, und zwar bei der Biergeldkasse bald nach Jahresbeginn, bei den Schosskassen um die Jahresmitte. Die Verordneten aller Kurien der Stände, also der Prälaten, Grafen, Herren, der Ritterschaft und Städte, beschickten den „Großen Ausschuss“. Die Kontrolle der Finanzen und die Auslösung der verpfändeten kurfürstlichen Ämter und Gefälle zähl- ten zu seinen Hauptaufgaben. Außerdem oblag ihm das Recht zur Wahl der Verordneten zu den drei ständischen Kassen. Die Quotisation von 1/3 Städteverordneten zu 2/3 Ver- ordneten der Oberstände dokumentierte die Prärogative der „Landschaft“ im „Großen Ausschuss“1138. Inwieweit sich die Kompetenzen des „Großen Ausschusses“ über die engere fi nanz- politische Materie hinaus auf die Mitwirkung an Fragen und Problemen legislatorischer und außenpolitischer Natur erstreckten, ist umstritten1139. Sicher ist jedenfalls, dass der „Große Ausschuss“ den „gemeinen“ Landtag als Form der ständischen Versammlungen verdrängte und ersetzte1140. In der knapp 30jährigen Regierungszeit Johann Georgs fanden zwar zehn Ausschusstage, jedoch nur ein Landtag statt. Nichts wäre jedoch fälschlicher, als ein rein zentralistisches ständisches Verwaltungs- und Steuersystem aus obigem Befund zu konstruieren. Zentralistisches und regional-loka-

1132 Vgl. Haß, Martin: Die kurmärkischen Stände, S. 186 ff., S. 227 ff.; ergänzend Klinkenborg, Melle: Das Archiv der brandenburgischen Provinzialverwaltung, Bd. 1, S. 289 – 291; Hahn, Peter-Michael: Landesstaat und Ständetum, S. 55 f. 1133 Vgl. Haß, Martin: Die kurmärkischen Stände, S. 186 ff., S. 227 ff. 1134 Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 264 ff. 1135 Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 230 ff., 280 ff. 1136 Vgl. Friedensburg, Walter (Hg.): Kurmärkische Ständeakten, Bd. I Nr. 22 ff. 1137 Neben dem Großen Ausschuss der Neubiergeldkasse tagten in Berlin im 16. Jahrhundert Aus- schüsse der Oberstände. Vgl. dazu Hahn, Peter-Michael: Landesstaat und Ständetum, S. 56. 1138 Vgl. Landmesser, Bernhard: Die Stände der Kurmark Brandenburg, S. 199 ff.; Haß, Martin: Die kurmärkischen Stände, S. 183 ff. 1139 Hierzu vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 166; ferner Croon, H.: Die kurmärki- schen Landstände, S. 105 ff.; Haß, Martin: Die kurmärkischen Stände, S. 74 f.; Landmesser, B: Die Stände der Kurmark, S. 99 ff.; Clausnitzer, E.: Die märkischen Stände, S. 49 ff. 1140 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Landesstaat und Ständetum, S. 56. 228 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert les Element griffen ineinander1141. In den verschiedenen Städten und Flecken der Kurmark saßen allein 63 eingesetzte ständische Ziesemeister unter der Aufsicht zweier Oberziese- meister, die vor Ort die ordnungsgemäße Abwicklung der Einnahmen besorgten1142. Ih- nen zur Seite standen 25 ständische Mühlenbereiter zur Vermeidung des Ziesebetrugs1143. Abgeführt wurden die eingenommenen Gelder an die vom Landrentmeister verwaltete Hauptkasse1144. Mit anderen Worten verfügte die ständische Schuldenadministration über ein für die Zeit recht umfangreiches eigenes Personal, das der landschaftlichen Durch- dringung im Vergleich zur landesherrlichen Verwaltung deutlich überlegen war1145. Wie weit der Grad der verwaltungsmäßigen Differenzierung der ständischen Finanz- verwaltung vorangeschritten war, erhellt ein Blick auf das umfängliche Personal derer, die für die Erhebung und Verrechnung der Steuern verantwortlich zeichneten1146. Und zwar: je vier Vertreter von Prälaten und Ritterschaft jedes Kreises, je ein die Register füh- render Kassierer für die Erhebung des Hufenschosses. Die Erhebung und Verrechnung des Städteschosses erfolgte durch den Bürgermeister oder Kämmerer mit dem Ratssekre- tär als Gegenschreiber. Sie sorgten für die Einsendung der Quartalserträge an die Städte- kästen in den Kreishauptstädten (für die Altmark: Salzwedel; für die Prignitz: Perleberg; für das Land Ruppin: Neu-Ruppin; für die Uckermark: Prenzlau; für die Mittelmark: Brandenburg; für das Land Lebus: Frankfurt a.O.)1147. Zu den erklärten Verwendungszwe- cken für die Steuern und Obligationen gehörten erstens die Befriedigung der beschwer- lichsten Gläubiger und zweitens die Auslösung der einträglichsten Pfandstücke, insbeson- dere der Ämter und Zölle.

8.3 Das Interesse der Stände an der Schuldenpolitik des Fürsten

Auf den ersten Blick erstaunt die Feststellung, dass die Stände an der landesherrlichen Schuldenpolitik ein großes Interesse besaßen. Bei näherem Hinsehen zeigt sich jedoch folgendes: Zum einen versprachen sie sich von der Übernahme der drückenden fürstli- chen Schuldenlast – und zwar, wie sich in der historischen Rückschau zeigen sollte, zu Recht – eine Festigung und Verbesserung ihrer gutsherrlichen Position gegenüber ih-

1141 Zum Problem des ständischen Regionalismus im frühneuzeitlichen Kurbrandenburg vgl. insbeson- dere die Habilitationsschrift von Frank Göse: Rittergut – Garnison – Residenz. Studien zur Sozial- struktur und politischen Wirksamkeit des brandenburgischen Adels 1648 – 1763 (= Veröffentlichun- gen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs, Bd. 51), Berlin 2005, hier bes. S. 271 – 327. 1142 Vgl. Haß, Martin: Die kurmärkischen Stände, S. 242 ff., 257 ff., 273 ff., 292 ff. 1143 Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 262 f. 1144 Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 242 ff.; ferner Neugebauer, Wolfgang: Die Kurmark und ihre Verwal- tung, S. 34. 1145 Zur Bedeutung der ständischen Steuerverwaltung im 16. Jahrhundert vgl. Hahn, Peter-Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, S. 132 f., 158, 164; ferner ders.: Landesstaat und Ständetum, S. 58; Neugebauer, Wolfgang: Die Kurmark und ihre Verwaltung, S. 33 f. 1146 Vgl. Haß, Martin: Die kurmärkischen Stände, S. 248 ff., 275 ff., 295 ff. 1147 Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 279 ff. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 229 ren bäuerlichen Untertanen1148. Als Kompensation für ihr ständisches fi nanzielles Entge- genkommen trotzten sie dem Fürsten eine ganze Reihe von Rechten ab, die sich auf die vier zentralen, die lokalen Machtverhältnisse konstituierenden Funktionen bezogen: die bäuerliche Erbuntertänigkeit1149, die Patrimonialgerichtsbarkeit1150, die Patronatsherrlich- keit1151 und die gutsherrliche Polizeigewalt1152. Zum anderen zogen sie aus der Übernahme der fürstlichen Finanzverwaltung einen nicht unerheblichen wirtschaftlichen Gewinn. Für den Kataster beziehungsweise die Taxierung des ländlichen und städtischen Grund- und beweglichen Besitzes zeichneten zwar die zum Hufenschoß bzw. Städtekasten Verord- neten in jedem Kreise verantwortlich1153. Aber aus der Tatsache , dass es sich bei ihnen

1148 Zur Gutsherrschaft in der Mark Enders, Lieselott: Entwicklungsetappen der Gutsherrschaft, S. 119 – 166; dies.: Das bäuerliche Besitzrecht in der Mark Brandenburg, untersucht am Beispiel der Prignitz vom 13. bis 18. Jahrhundert, in: Peters, Jan (Hg.): Gutsherrschaftsgesellschaften im europäischen Vergleich, Berlin 1997, S. 399 – 427; dies.: Die Besitz- und Rechtsverhältnisse der altmärkischen Bauern in der Frühneuzeit, in: FBPG N.F. 13 (2003), S. 1 – 59; dies.: Bäuerliche Be- sitzrechte, in: Jaeger, Friedrich (Hg.): Enzyklopädie der Neuzeit Bd. 1, Stuttgart-Weimar 2005, Sp. 1024 – 1027; dies.: Bauernlegen, in: ebd., Sp. 1061 – 1064; dies.: Grundherrschaft und Guts- wirtschaft. Zur Agrarverfassung der frühneuzeitlichen Altmark, in: Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie 55/1 (2007), S. 95 – 112; Peters, Jan (Hg.): Gutsherrschaft als soziales Modell. Vergleichende Betrachtungen zur Funktionsweise frühneuzeitlicher Agrargesellschaften, München 1995; ders. (Hg.): Konfl ikt und Kontrolle in Gutsherrschaftsgesellschaften. Über Resistenz- und Herrschaftsverhalten in ländlichen Sozialgebilden der Frühen Neuzeit, Göttingen 1995. 1149 Vgl. Harnisch, Hartmut: Die Gutsherrschaft in Brandenburg. Ergebnisse und Probleme, in: Jahr- buch für Wirtschaftsgeschichte 1969/IV, S. 117 – 147; ders.: Grundherrschaft oder Gutsherrschaft. Zu den wirtschaftlichen Grundlagen des niederen Adels in Norddeutschland zwischen spätmittel- alterlicher Agrarkrise und Dreißigjährigem Krieg, in: Endres, Rudolf (Hg.): Adel in der Frühneu- zeit. Ein regionaler Vergleich, Köln/Wien 1991, S. 73 – 98; Enders, Lieselott: Die Landgemeinde in Brandenburg – Grundzüge ihrer Funktion und Wirkungsweise vom 13. bis zum 18. Jahrhundert, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 129 (1993), S. 195 – 256; dies.: Individuum und Gesellschaft, S. 155 – 178; Peters, Jan: Gutsherrschaft, S. 77 – 85; ders. (Hg.): Gutsherrschaftsgesellschaften im europäischen Vergleich, Redaktion Axel Lubinski, Berlin 1997. 1150 Vgl. Enders, Lieselott: Die Besitz- und Rechtsverhältnisse, S. 1 – 59; Fauck, Siegfried: Die Domä- nenjustiz in der Kurmark im 18. und 19. Jahrhundert, in: JGMOD 13/14 (1965), S. 110 – 127; Gör- ges, Ernst: Die Gerichtsverfassung in der Altmark, S. 5 – 24; Haxthausen, August Frhr. von: Die patrimoniale Gesetzgebung in der Altmark. Ein Beispiel zum Provinzial-Recht, in: Jahrbücher für Preußische Gesetzgebung, Rechtswissenschaft und Rechtsverwaltung 39 (1832), S. 3 – 110; Thauer, Jenny: Gerichtspraxis in der ländlichen Gesellschaft. Eine mikrohistorische Untersuchung am Bei- spiel eines altmärkischen Patrimonialgerichts um 1700, Berlin 2001. 1151 Zum Kirchenpatronat vgl. Krogel, Wolfgang G.: Grundlinien des neuzeitlichen Kirchenpatronats in der Mark Brandenburg, in: JbBBKG 64 (2003), S. 67 – 85; Zückert, Hartmut: Die brandenburgische Landgemeinde bis zum 30jährigen Krieg, ihre Organe und Kompetenzen, in: Schmidt, Heinrich G./Holenstein, André/Würgler, Andres (Hg.): Gemeinde, Reformation und Widerstand. FS Peter Blickle, Tübingen 1998, S. 25 – 42. 1152 Vgl. Peters, Jan: Märkische Lebenswelten. Gesellschaftsgeschichte der Herrschaft Plattenburg- Wilsnack, Prignitz 1550 – 1800, Berlin 2007; Rudert, Thomas/Zückert, Hartmut (Hg.): Gemeinde- leben. Dorf und kleine Stadt im östlichen Deutschland. 16.-18. Jahrhundert, Köln/Weimar/Wien 2001; Vetter, Klaus: Zwischen Dorf und Stadt – Die Mediatstädte des kurmärkischen Kreises Le- bus. Verfassung, Wirtschaft und Sozialstruktur im 17. und 18. Jahrhundert, Weimar 1996. 1153 Vgl. Enders, Lieselott: Die Abgaben der altmärkischen Bauern in der Frühneuzeit, in: 77. Jahresbe- richt des Altmärkischen Vereins für Vaterländische Geschichte (2006), S. 49 – 87. 230 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert gleichzeitig um die Taxierten selber handelte und das Verfahren zudem auf dem Grund- satz der Selbstveranlagung beruhte, erhellt, welchen ökonomischen Vorteil diese Klien- telgruppen, ob nun die Gutsherren auf dem Lande oder die Ratsverwandten in den Städ- ten, aus dem neuen Taxierungsverfahren zogen. Nicht nur, dass die steuereinnehmenden Gläubiger ihren Besitz in aller Regel recht ungleichmäßig und für die ständischen Kassen wenig einträglich taxierten. Die Gelder fl ossen zudem bekanntlich an die Zentralkassen eben dieser Gläubiger. Darüber hinaus führte die Übernahme der fürstlichen Finanzverwaltung durch die Stände zu einer zusehends wachsenden Vertiefung der Kluft zwischen den Ständen sel- ber1154. Die Beschneidung der städtischen Handelsprivilegien zugunsten der Oberstände äußerte sich in einer ganzen Reihe dem Landesherrn abgerungener Rechte1155. Die Befrei- ung der Adligen vom Marktzwang der Städte äußerte sich u.a. im nun erworbenen Recht der Hintersassen des Adels und der Prälaten, Getreide und Vieh frei zu verkaufen. Über- haupt anerkannte der Landesherr von nun an den freien Getreideexport der Junker ebenso wie das Braurecht des adligen Krügers, der durch niedrigere Besteuerung dem städtischen Konkurrenten gegenüber bevorteilt wurde1156. Die Ursache hierfür lag wiederum in der oben dargelegten personellen Verknüpfung von landesherrlicher und ständischer Amts- trägerschaft. Der Niedergang des brandenburgischen Städtewesens ist vor diesem Hin- tergrund zu sehen1157.

1154 Vgl. Haß, Martin: Die kurmärkischen Stände, S. 161 ff.; Kriegk, Otto: Das Biergeld, S. 242, 263, 265. 1155 Vgl. Croon, Helmut: Die kurmärkischen Landstände, S. 91 ff.; Haß, Martin: Die kurmärkischen Stände, S. 135 ff.; Landmesser, Bernhard: Die Stände der Kurmark Brandenburg, S. 291 ff.; Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 167 f. 1156 Vgl. Naudé, W.: Acta Borussica. Denkmäler der Preußischen Staatsverwaltung, Getreidehandelspo- litik, Bd. 1, Berlin 1896, S. 255 ff. 1157 Zur märkischen Stadtkultur: Dietrich, Richard: Die Städte Brandenburgs im 16. Jahrhundert (mit Stadtplänen), in: Rausch, Wilhelm (Hg.): Die Stadt an der Schwelle zur Neuzeit, Linz/Donau 1980, S. 153 – 192; Göse, Frank: Zwischen Adelsherrschaft und städtischer Freiheit. Zur Geschichte kur- märkischer adliger Mediatstädte in der Frühen Neuzeit, in: Jahrbuch für brandenburgische Landes- geschichte 47 (1996), S. 55 – 85; ders.: Zwischen beanspruchter Selbstverwaltung und landesherr- licher Reglementierung. Die brandenburgischen Städte um 1700, in: ders. (Hg.): Im Schatten der Krone. Die Mark Brandenburg um 1700 (Brandenburgische Historische Studien, Bd. 11), Potsdam 2002, S. 99 – 142; ders.: Zwischen regionaler Konkurrenz und ständischer Solidarität. Adel und Städte der Mark Brandenburg in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, in: Kaiser, Michael/Rohr- schneider, Michael (Hg.): Membra unius capitis. Studien zu Herrschaftsauffassungen und Regie- rungspraxis in Kurbrandenburg (1640 – 1688), Berlin 2005, S. 53 – 76; Helbig, Herbert: Die bran- denburgischen Städte des 15. Jahrhunderts zwischen Landesherrschaft und adligen Ständen, in: Rausch, Wilhelm (Hg.): Die Stadt am Ausgang des Mittelalters, Linz 1974, S. 227 – 250. Allgemein zur Stadt: Engel, Evamaria: Die deutsche Stadt des Mittelalters, München 1993; Schilling, Heinz: Die Stadt in der Frühen Neuzeit, München 1993; Schulz, Knut: Störer, Stümper, Pfuscher, Bönha- sen und „Fremde“. Wandel und Konsequenzen der städtischen Bevölkerungs- und Gewerbepolitik seit der Mitte des 16. Jahrhunderts, in: Jäger, Helmut/Petri, Franz/Quirin, Heinz (Hg.): Civitatum Communitas. Studien zum europäischen Städtewesen. FS Heinz Stoob, Köln/Wien 1984, Bd. 2, S. 683 – 705. V. Die Residenzen als Orte administrativer Tätigkeit 231

Namentlich von der älteren Forschung ist die Übernahme der ständischen Finanzver- waltung als ein Tiefpunkt fürstlicher Souveränität interpretiert worden. Die landesherrli- che Ohnmacht habe sich seit diesem Zeitpunkt auf beinahe alle Felder gesellschaftlichen Handelns ausgedehnt. Seit 1540 habe der Herrscher auch auf seinem ureigensten Gebiet, der äußeren Politik, seinen politischen Handlungsspielraum zusehends eingebüßt1158. Der Passus aus dem Landtagsrezeß für die Oberstände vom 17. März 1540, wonach der Lan- desherr „keine wichtige sache, doran der lande gedei oder vorterb gelegen“ ohne Vor- wissen der Stände vorzunehmen habe, „auch kein verbuntnis, dorzu unsere undertanen oder landsassen sollten oder mussten gebraucht werden, ohne rat und bewilligung gemei- ner Landrete (zu) begeben“1159, wurde im ständischen Sinne ausgelegt1160. Schon Bern- hard Landmesser hat für das Feld der Außenpolitik ausführlich und überzeugend darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Verdikt in dieser Form in keiner Weise haltbar ist.1161 Die Thematisierung außenpolitischer Fragen in den Verhandlungen zwischen dem Lan- desherrn und den Ständen erfolgte nur dann, wenn unmittelbare Lasten und Schäden für die Mark selber drohten. Nur das, „was sie unmittelbar am eigenen Leibe zu spüren bekamen“1162, veranlasste die Stände zu ablehnenden oder zustimmenden Äußerungen hinsichtlich außenpolitischer Fragen. Ein Anspruch der Stände auf Richtlinienkompetenz hat somit zu keinem Zeitpunkt bestanden. Von einer ständischen Mitregierung für die Zeit Joachims II. kann nicht die Rede sein. Die „uneingeschränkte außenpolitische Bewe- gungsfreiheit des Fürsten“ (Hahn) war niemals gefährdet. Ganz anders verhielt es sich in dieser Hinsicht auf dem Gebiet der landesherrlichen Rechtspfl ege und im Polizeiwesen. Von der Stärkung der lokalen Patrimonialgerichts- barkeit zuungunsten der landesherrlichen Jurisdiktion war bereits oben die Rede1163. Im Polizeiwesen war der Einfl uss der Stände besonders groß, wenn auch eine unmittelbare Beteiligung der Stände an der landesherrlichen Polizeigesetzgebung zu keinem Zeitpunkt bestand1164. Dies hängt damit zusammen, dass Herkommen, Gewohnheit und die Ver- schiedenheit lokaler Normen in damaliger Zeit eine prägende Rolle spielten. Deren Wür- digung und Begutachtung war Sache der Vertreter des Grundbesitzes und der Magistrate. Auf deren Kenntnisse der regionalen und lokalen Besonderheiten war der Landesherr das gesamte Reformationszeitalter hindurch und auch später unabdingbar angewiesen. Noch

1158 Vgl. Croon, H.: Die kurmärkischen Landstände, S. 105 ff. 1159 Friedensburg, Walter (Hg.): Kurmärkische Ständeakten, Bd. I, Nr. 18, S. 97. 1160 Vgl. etwa Droysen, Johann Gustav: Geschichte der preußischen Politik, 2,2, S. 187, 199, 201 – 206. Dagegen: Hahn, Peter-Michael: Landesstaat und Ständetum, S. 42. 1161 Vgl. Landmesser, Bernhard: Die Stände der Kurmark Brandenburg, S. 99 – 108, S. 278 – 288; ferner: Schultze, Johannes: Die Mark Brandenburg, Bd. 4, S. 59 f. 1162 Landmesser, Bernhard: a.a.O., S. 279. 1163 Vgl. auch Croon, Helmuth: Die kurmärkischen Landstände, S. 78 ff., bes. S. 82; Haß, Martin: Die kurmärkischen Stände, S. 115 ff.; Landmesser, Bernhard: Die Stände der Kurmark Brandenburg, S. 112 – 114. 1164 Vgl. Croon, Helmuth: Die kurmärkischen Landstände, S. 79, 85 ff.; Haß, Martin: Die kurmärki- schen Stände, S. 102 ff.; Landmesser, Bernhard: Die Stände der Kurmark Brandenburg, S. 161 ff.; ferner Schotte, Walter: Fürstentum und Stände, S. 25 ff.; Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funk- tion, S. 167. 232 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert zwei Jahrhunderte später, als die landesherrliche Souveränität endgültig im Begriff war, das ständische Element niederzuringen, holte der Landesherr bezüglich der Polizeigesetz- gebung bezeichnenderweise den Ratschlag der Landstände ein. Langfristig gesehen führte die Übernahme der fürstlichen Schulden durch die Stände jedoch nicht – wie vielleicht zu erwarten gewesen wäre – zu einer Machtvermehrung im ständischen Sinne1165. Von einem starken ständischen Mitspracherecht oder gar einem Ständestaat, wie beispielsweise im Falle Polens oder des mecklenburgischen Nachbarn, kann für Kurbrandenburg nicht gesprochen werden. Nicht allein waren sich die märki- schen Stände in ihren Standesgliederungen selten einig. Sonderinteressen bestimmten zu- dem ihr uneinheitliches Handeln. Seit den vierziger Jahren des 16. Jahrhunderts begaben sie sich darüber hinaus ihres genuinen politischen Druckmittels1166: Das Instrument der ständischen Steuerverweigerung – bis dato probates und häufi g eingesetztes Druckmittel ständischer Interessenpolitik – griff nicht mehr. Wegen der Verlagerung der Schuldentil- gung vom Landesherrn auf die Landstände war sein Einsatz kaum noch möglich.

VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land

1. Kurfürstlicher Hof und Residenzstadt

1.1 Zur materiellen Versorgung des Hofs

Seit den Tagen der Residenzbildung in der Doppelstadt stellte die Verproviantierung das Hauptproblem bezüglich der materialen Versorgung des Hofs dar1167. Es bedurfte größten organisatorischen Aufwands, um die Beschaffung der Lebensmittel zu organisieren.1168 Unter anderem aus diesem Grunde hatte ja noch Albrecht Achill seinem mit der Statthal-

1165 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 163. 1166 In diesem Sinne Baumgart, P.: Zur Geschichte der kurmärkischen Stände im 17. und 18. Jahr- hundert, in: Gerhard, D. (Hg.): Ständische Vertretungen in Europa im 17. und 18. Jahrhundert, Göttingen 1969, S. 131 – 161, hier S. 133 f. Dem widerspricht Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 198, demzufolge auch nach der Errichtung der landschaftlichen Kassen sich die bran- denburgischen Markgrafen an ihre Landsassen mit der Bitte um Gelder wenden mussten. Im Sinne Hahns auch Croon, Helmuth: Die kurmärkischen Landstände, S. 121 – 125, bes. S. 128. 1167 Zur Versorgung des Cöllner Hofl agers mit Nahrungsmitteln vgl. Schapper, Gerhard: Die Hoford- nung, S. 43 ff. Zum Thema Hofwirtschaft allgemein vgl. Bünz, Enno: Hofwirtschaft. Zusammen- fassung und Ausblick, in: Fouquet, Gerhard/Hirschbiegel, Jan/Paravicini, Werner (Hg.): Hofwirt- schaft, Ostfi ldern 2008, S. 487 – 503; Paravicini, Werner: Unökonomisch? Zur Wirtschaft der Höfe in Alteuropa, in: Fouquet, Gerhard/ Hirschbiegel, Jan/Paravicini, Werner (Hg.): a.a.O., S. 13 – 18; Hirschbiegel, Jan/Paravicini, Werner (Hg.): Atelier. Hofwirtschaft. Ein ökonomischer Blick auf Hof und Residenz in Spätmittelalter und Früher Neuzeit (= Mitteilungen der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Sonderheft 9), Kiel 2007. 1168 In diesem Sinne auch Johanek, Peter: Schlussbetrachtungen: Auf der Suche nach dem Alltag bei Hofe, in: Paravicini, Werner (Hg.): Alltag bei Hofe. 3. Symposium der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Ansbach 28. Februar bis 1. März 1992 (= Residenzen- forschung 5), Sigmaringen 1995, S. 271. VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 233 terschaft in der Mark betrauten Sohn Johann Cicero befohlen, sein Hofl ager nicht aus- schließlich im Cöllner Spreeschloss aufzuschlagen, sondern die Reiseherrschaft in ihrer älteren Form beizubehalten, um die ökonomischen Ressourcen der märkischen Teilland- schaften besser nutzen zu können1169. Johann Cicero entschied sich bekanntlich anders. Die daraus erwachsenen ökonomischen Probleme müssen gewaltig gewesen sein, zu- mal es, altem Brauch entsprechend, dem Landesherrn oblag, sein Gefolge zu beherber- gen, zu kleiden und zu verköstigen. Bereits in der Phase des Schlossbaus galt es, eine stattliche Zahl an Menschen, die am zehn Jahre währenden Bau des Residenzschlosses mitwirkte, mit allem Lebensnotwendigen zu versorgen. Eine Vorstellung von den Dimen- sionen dieser Aufgabe gewinnt man, wenn man sich den personellen Umfang des Hof- staats vor Augen führt. Der Hofordnung von 1470 zufolge waren im Schloss etwas über 200 Personen zu verköstigen – eine für damalige Verhältnisse generell, insbesondere aber für brandenburgische äußerst schwierige Aufgabe. Es beherbergte neben der kurfürstli- chen Familie eine stattliche Zahl von Hofbediensteten und Reisigen1170. Eine Aufstellung des Hofpersonals aus der Zeit Albrecht Achills nennt „Grauen vnd Rete am Hof“. Es folgen „Gemein Hofgesind“, das Personal der „Cantzley“, sodann „Ca- mer“ und Küche, Keller und Marstall. Auch eine eigene „Sneyderei“, die den Anspruch auf Hofkleider zu befriedigen hatte, fi ndet Erwähnung. Bezeugt sind ferner mehrere „fro- wen czymer“, die Kammerfrauen und eine Hofmeisterin beherbergten, sowie verschie- dene Diener und Knechte1171. Wie die kurbrandenburgischen Hofordnungen aus der Mitte des 16. Jahrhunderts zei- gen1172, war die am Cöllner Hof anwesende Personenzahl seit dem 15. Jahrhundert deut- lich gestiegen. Um 1550 hielten sich im Vergleich zu den Tagen eines Albrecht Achill mehr als zweimal so viele Personen am Hofe auf1173. Zu ihnen zählten neben den etwa

1169 Albrecht Achill hingegen konnte – Indiz der den märkischen Verhältnissen weit überlegenen frän- kischen Städtekultur – insbesondere auf Nürnberg als Versorgungszentrum für die fränkischen Ho- henzollernresidenzen zurückgreifen. Vgl. dazu Seyboth, Reinhard: Reichsstadt und fürstliche Re- sidenz. Nürnberg als Versorgungszentrum für die fränkischen Hohenzollernresidenzen im späten Mittelalter, in: Paravicini, Werner (Hg.): Alltag bei Hofe. 3. Symposium der Residenzen-Kommis- sion der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Ansbach 28. Februar bis 1. März 1992 (Resi- denzenforschung, 5), Sigmaringen 1995, S. 65 – 81; Nolte, Cordula: Die markgräfl iche Familie am Hof zu Berlin und Ansbach 1470 – 1486 – Versorgung-Wohnstrukturen-Kommunikation, in: Nolte, Cordula/Spieß, Karl-Heinz (Hg.): Principes. Dynastien und Höfe im späten Mittelalter (Residen- zenforschung 14), Stuttgart 2002, S. 147–170. 1170 Grundlegend Schapper, Gerhard: Die Hofordnung von 1470, S. 35 f. 1171 Riedel, CDB, C II, Nr. 94, S. 126 – 128 (Hofpersonal des Markgrafen Johann). 1172 Vgl. Natzmer, Harriet von: „Was hilffts, einen grossen und unordenthlichen hauffen zuhaben und die nicht konnen underhalten?“. Die Hofordnung des brandenburgischen Kurfürsten Joachim II., in: Fouquet, Gerhard/Hirschbiegel, Jan/Paravicini, Werner (Hg.): Hofwirtschaft, Ostfi ldern 2008, S. 241 – 256. 1173 Zur steigenden Bedeutung des Kostgeldempfangs angesichts der immensen Schwierigkeiten der bislang offensichtlich üblichen Naturalbeköstigung vgl. die Hofordnung des Markgrafen Johann von Küstrin von 1561 (Kern, Bd. 1, 1905, S. 48); die Hofordnung Herzog Johann Albrechts I. von Mecklenburg von 1574 (Kern, Bd. 1, 1905, S. 212 ff.); die Hofordnung Herzog Bogislaws XIV. von Pommern-Stettin von 1624 (Kern, Bd. 1, 1905, S. 156 ff.). In den genannten Hofordnungen kommt 234 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert zwanzig ständig am kurfürstlichen Hof weilenden Mitgliedern der kurfürstlichen Fami- lie Räte, Kammerdiener, Hofjungfrauen, sonstige Leibbedienstete, das Personal in Kanz- lei, Küche, Keller, Marstall, Bäckerei, der diversen Betriebe ebenso wie die Geistlichen der Hofkapelle. Das Hofstaatsverzeichnis von 1548/51 zählt summa summarum am Hof zu Cölln 455 Personen, darunter 127 Reisige mit 157 im Marstall zu versorgenden Pfer- den1174. Über diese vielen ständig anwesenden und täglich zu versorgenden Mitglieder der Hofgesellschaft hinaus1175 hatte die kurbrandenburgische Residenz zu besonderen Anläs- sen für einige Zeit beachtliche Zahlen an Gästen zu beherbergen. Reichsfürsten mit Ge- folge, Vertreter der märkischen Städte und Vertreter der Ritterschaft hielten sich in mehr oder minder regelmäßigen Abständen, etwa aus Anlass eines fürstlichen (Staats-)Besuchs, einer Kindstaufe, Hochzeit, eines Begräbnisses oder eines Landtages, in der Residenz- stadt auf. Für den kurbrandenburgischen Hof bedeutete dies einen weit über den nicht ge- ringen laufenden Bedarf des Hofes hinausgehenden quantitativen wie qualitativen Auf- wand, zumal solche feierlichen Anlässe den gastgebenden Hohenzollern willkommene Gelegenheit zur repräsentativen Inszenierung fürstlichen Glanzes und Splendors bot, um Ruhm und Ansehen ihres Hauses im dynastischen Konkurrenzkampf zu vermehren.

1.2 Die ökonomische Bedeutung des Amts Mühlenhof für die materielle Grundversorgung

Die Aufgabe der Versorgung der höfi schen Gesellschaft und ihrer Gäste fi el nach da- maligem Verständnis dem Landesfürsten zu1176. Aus den Mitteln seines Domänenbesit- zes hatte er einen nicht unerheblichen Teil der täglichen Basisversorgung zu bestreiten. Insbesondere dem Amt Mühlenhof, der Zentraldomäne unmittelbar vor den Toren der Doppelstadt mit seinen Dörfern und Vorwerken1177, oblag in diesem Wirtschaftsgefüge die äußerst schwierige Herausforderung, den stetig wachsenden Hofstaat sowie die am Hofe weilenden Gäste mit Brot, Bier und allem Lebensnotwendigen zu versorgen sowie die Hofbediensteten mit den notwendigen Naturallieferungen auszustatten1178. Dem dem

die langsame Ablösung der Naturalbeköstigung zugunsten der Einführung eines Kostgelds zum Ausdruck. 1174 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 76; Müller-Mertens, Eckhard: Die landesherrliche Residenz, S. 152; Landmesser, Bernhard: Die Stände der Kurmark, S. 144 f.; Ahrens, Karl-Heinz: Residenz und Herrschaft, S. 201. 1175 Die Hofordnung führt 147 Hofangehörige als Kostgeldempfänger auf. Vgl. Haß, Martin: Die Hof- ordnung, S. 24, 89 ff. 1176 Vermutlich oblag dem Amt Mühlenhof auch die Verköstigung der Ritterschaft, wenn sie sich aus Anlass einer Ständeversammlung in Berlin aufhielt. Vgl. dazu Clausnitzer, Eduard: Die märkischen Stände, S. 83, Anm. 5 sowie Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 143 sowie S. 301, Anm. 777. 1177 Zur Lage: Fidicin, Ernst: Berlin, historisch und topographisch, S. 60 f. 1178 Zur Versorgung des Berliner Hofes mit Nahrungsmitteln vgl. Schapper, Gerhard: Die Hofordnung von 1470, S. 34, 43 ff.; Ahrens, Karl-Heinz: Residenz und Herrschaft, S. 171 – 203, (zum Müh- VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 235

Mühlenhof vorstehenden Hauptmann kam dabei die Stellung eines Verwesers zu, der, eine Art Wirtschaftsinspektor für die kurfürstliche Hofhaltung, die Organisations- und Verwaltungswege „zwischen den die Naturalien liefernden Ämtern, den die Roherzeug- nisse verarbeitenden Mühlen und dem konsumierenden Hofe“1179 zu verwalten und zu überwachen hatte. Die Aufgaben des Mühlenhofpersonals waren angesichts der Bedeutung der Mühlen- hofökonomie für die Grundversorgung des kurfürstlichen Hofes dementsprechend um- fangreich. Die Hofordnung von 1537 versuchte dem Rechnung zu tragen, indem sie einer großen Anzahl detaillierter Betriebsvorschriften, die einzelnen Abläufe betreffend, brei- ten Raum einräumte1180. Erklärtes Ziel war es, die Konsumtion des Hofes ganz aus dem Amt Mühlenhof und dem übrigen landesherrlichen Domänenbesitz zu decken1181. Doch die Wirklichkeit sah anders aus, wie ein Blick auf die Register über die Einnahmen und Ausgaben der Müh- lenhofwirtschaft aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts erhellt. Der Bedarf für die kurfürstliche Hofhaltung auf dem Schloss samt dazugehöriger Mühlenhofwirtschaft über- stieg bis auf wenige Ausnahmen die Naturaleinnahmen aus dem landesherrlichen Domä- nenbesitz. Diese setzten sich aus folgenden Posten zusammen1182:

An Roggen: 72 Wispel aus den Dörfern an fi xierter Pacht 12 Wispel aus den Vorwerken 140 Wispel Naturaleinnahmen von dem für Mahlgäste gemahlenen Roggen Summa: 224 Wispel Roggen

An Weizen: 16 Wispel Naturaleinnahmen von den für Mahlgäste gemahlenen Weizen

An Gerste: 7 Wispel 20 Scheffel aus den Dörfern an fi xierter Pacht 40 Wispel aus den Vorwerken 50 Wispel Naturaleinnahmen von dem für Mahlgäste gemahlenen Roggen Summa: 97 Wispel Gerste

lenhof:) S. 188 – 193. Zur materiellen Basisversorgung des Küstriner Hofs unter Markgraf Hans und zur Bedeutung seiner Zentraldomäne Quartschen vgl. Mollwo, Ludwig: Markgraf Hans von Küstrin, S. 116 ff., 453, 457. 1179 Holtze, Friedrich: Das Amt Mühlenhof, S. 28; ferner: Hintze, Otto: Hof- und Landesverwaltung, S. 217 – 220. 1180 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 51 – 57, 114 – 118, 170 f. 1181 Vgl. Holtze, Friedrich: Das Amt Mühlenhof, S. 22 f., 25 f. 1182 Die statistischen Angaben stammen aus: Holtze, Friedrich: Das Amt Mühlenhof, S. 24 – 26. 236 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

An Talg: 100 Stein

An Hafer: 16 Wispel aus den Dörfern an fi xierter Pacht

Dagegen betrug der Bedarf für die kurfürstliche Hofhaltung im Spreeschloss und die da- zugehörige Mühlenhofwirtschaft folgende Mengen an Naturalien pro Jahr:

An Roggen: 312 Wispel zum Verbacken, nämlich 6 Wispel in der Woche 30 Wispel für Gäste, die der Kurfürst verpfl egte 136 Wispel Leistungen an die Hofdienerschaft Summa: 478 Wispel Roggen

An Weizen: 39 Wispel zum Verbacken; wöchentlich wurden 18 Scheffel verbacken

An Gerste: 416 Wispel zum Malzbrennen, nämlich 8 Wispel in der Woche 74 Wispel Leistungen an die Hofdienerschaft Summa: 490 Wispel Gerste

An Hafer: 572 Wispel da nach Ausweis der Futterzettel wöchentlich 11 Wispel ge- braucht werden

An Hopfen: 140 Wispel wurden zum Brauen auf dem Mühlenhofe und in Mühlenbeck gebraucht

An Talg: 500 Stein

Hält man nun Bedarf und Einnahmen an Naturalien nebeneinander, ergibt sich folgen- des Bild: Besonders groß war offensichtlich der Bedarf an Roggen. Hier ergibt sich aus dem Vergleich zwischen der Einnahmen- und Ausgabenseite eine Differenz von 254 Wis- pel. Hingegen hielt sich der Fehlbetrag beim Weizen in Grenzen. Es handelte sich um ganze 23 Wispel. Ganz anders wiederum der Fehlbetrag beim Hafer: im Verhältnis zu den landesherrlichen Naturaleinnahmen belief dieser sich auf eine Höhe von stolzen 476 VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 237

Wispel1183. Beim Hopfen war der Kurfürst gar in vollem Umfange auf kostspielige Im- porte angewiesen. Eine Quelle spricht von Bierlieferungen im Umfang von 200 bis 300 Tonnen1184. Gleiches galt auch für den Bedarf an Talgsteinen, der das Fünffache der auf dem Mühlenhof geschmolzenen Steine betrug. Allein die Einnahme an Gerste überstieg für den genannten Zeitraum deren Bedarf um 393 Wispel. Der Hofversorgung dienten darüber hinaus die unter Joachim II. angelegten Schäfe- reien in der unmittelbaren Umgebung des Mühlenhofs sowie vorzüglich auf dem Teltow und im Barnim. Der Umfang der dort betriebenen Viehzucht muss sich jedoch in Grenzen gehalten haben, da sie den Fleischbedarf des Cöllner Hofes offensichtlich nicht zu decken in der Lage war.1185 Die Versorgung der Küche mit Fischen erfolgte aus den kurfürstlichen Fischereien zu Spandau und Köpenick1186. Alle möglichen Küchengewächse, etwa Kohl und Zwiebeln, bezog der Hof wohl aus eigenem Anbau. Ein stattlicher Küchengarten in der Nähe von Schöneberg wurden zu diesem Zweck eigens angelegt. Bekannt ist auch aus der Bestallungsurkunde des kurfürstlichen Gärtners Desiderius Corbianus, dass es sich im Falle des Cöllner Lustgartens, der sich ürsprünglich westlich des Schlosses befand, das gesamte 16. Jahrhundert über um einen handelte, „daraus Wir allerley unser küchen notturft haben mögen“1187. Offenkundig scheint es sich hier um einen kleinen Nutz- und Kräutergarten gehandelt zu haben, der neben seiner Funktion als Ort des Müßiggangs der Versorgung des Hofes mit Obst, Gemüse und allerlei Kräutern diente. Aus dem kurfürstli- chen Hopfengarten gingen alljährlich Lieferungen von fünf bis sieben Wispel in das Amt Mühlenhof zum Brauen ein. Aus den beiden vor der Stadt Cölln gelegenen Weinbergen, die Anfang des 16. Jahrhunderts ein gewisser Meister Marcus bebaute, bezog der Hof ei- nen Teil seines Weines1188. Die Erträge scheinen alles in allem vor dem Hintergrund des landesfürstlichen Anspruchs einer glänzenden Residenzstadt recht bescheiden gewesen zu

1183 Aus diesem Grunde bezog der kurfürstliche Hof anderweitig, bisweilen von der märkischen Rit- terschaft, den fehlenden Hafer. 1586 etwa ließ Johann Georg durch Joachim von Rohr, Hauptmann zu Ziesar, an Jakob Pieverling 360 Taler für 60 Wispel Hafer und an Gebhard von Alvensleben 210 Taler für 30 Wispel Hafer entrichten (vgl. Riedel, CDB, A IX, S. 327); 50.000 kg Hafer verkaufte ein Angehöriger des märkischen Kleinadels, der sich offensichtlich im Getreidehandel engagierte und als Zwischenhändler entsprechende Größenmengen von Bauern und Adligen bezog, dem Cöll- ner Hof. Vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 78. 1184 Es handelt sich hierbei um das Ruppiner Gebräu, das neben dem Bernauischen Bier am Hofe bevor- zugt getrunken wurde. Vgl. dazu Schosser, Chr. Th.: Kurtze, jedoch gründliche Beschreibung der ganzen Churfürstlichen Marck zu Brandenburgk etc., Magdeburg 1617; ferner Colerus, Oeconomia ruralis, S. 22; Bittkau: Neuere Geschichte der Stadt Neuruppin, S. 139; Haß, Martin: Die Hoford- nung, S. 124, Anm. 66. 1185 Vgl. den Abschnitt über den ungarischen Ochsenhandel in Kap. B, VI, 1.3 dieser Arbeit. Siehe fer- ner: Holtze, Friedrich: Das Amt Mühlenhof, S. 35. 1186 Vgl. Ahrens, Karl-Heinz: Residenz und Herrschaft, S. 179. 1187 GStA PK I. HA Rep. 36, Nr. 3565, fol. 2 f. (Bestallung des Gärtners Desiderius Corbianus, Sontag Oculi 1573); zitiert nach Jager, Markus: Der Berliner Lustgarten. Gartenkunst und Stadtgestalt in Preußens Mitte (= Kunstwissenschaftliche Studien; Bd. 120), München/Berlin 2005, S. 15, 25 so- wie 27 – 29. – Zur Lage des Gartens vgl. Jager, Markus: a.a.O., S. 25. 1188 Riedel, CDB, C III, 160 (Bestallungsurkunde für Meister Marcus zum kurfürstlichen Weinhecker). Neben der ihm anvertrauten Bestellung des Weinbergs unterstand Meister Marcus die Aufsicht über den Ochsenstall, dessen Mist den beiden Weinbergen als Dung diente. 238 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert sein. Von einer Eigenversorgung konnte nicht die Rede sein. Deshalb bestand die Aufgabe des Küchenschreibers darin, in den Läden zu beiden Seiten des Mühlendamms bezie- hungsweise auf dem Markt „allerlei clein zubuos das man pfl igt uf dem markt zu kaufen“, also die Gegenstände des täglichen Bedarfs zu erstehen. Hierzu zählten junge Hühner, Gänse, Enten, Hennen, Kapaune, Vögel, Eier, Käse, Milch, Gründeln, Aale, Grünkraut, Zwiebeln, Birnen, Äpfel und vieles mehr1189. Darüber hinaus ist in Eybs „Ratschlägen“ davon die Rede, die „großen Stücke“, darunter ist vor allem Schlachtvieh zu verstehen, angesichts der damit verbundenen hohen Kosten mit Vorteil nur zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten käufl ich zu erwerben. Hierzu gehören auch Salz, Schmalz, Öl, Gewürze, Zucker, gesalzene, grüne Fische und andere Fastenspeise sowie allerlei Ge- müse1190. Darüber hinaus war der kurfürstliche Hof gezwungen, zur Versorgung der be- trächtlichen Zahl an Kostgängern auf Naturallieferungen der landesherrlichen Hintersas- sen zurückzugreifen1191. Dies galt nicht nur für den Naturalfl eischzehnt auf Gänse und Kälber in natura, sondern auch bei Schafen und Bienen. Allerdings war es den Pfl ichti- gen gestattet, diesen auch in klingender Münze zu entrichten, und zwar durch Zahlung von 9 Groschen für jedes zehnte Lamm und 1 Groschen für jeden zehnten Schwarm1192. 3 Groschen konnten statt des Zehnten von Pferden an das Amt Mühlenhof entrichtet wer- den. Bei Schweinen handelte es sich im Falle eines Hüfners um jährlich 12 Groschen für eine Zuchtsau, im Falle eines Kossäten um die Hälfte der Abgabe. Ebenso mager gestal- teten sich die Naturaleinnahmen des Kurfürsten bezüglich Gefl ügel, Milch, Käse, Eiern und Fisch. Zwei Beispiele für viele mögen hier genügen. Die ungefähr 120 Rauchhühner und 3 Schock Eier, die von den steuerpfl ichtigen Hintersassen in das Amt Mühlenhof zu liefern waren, werden dem Bedarf der Hofküche bei weitem nicht entsprochen haben.1193 An eine Erfüllung der landesherrlichen Forderung nach einer autarken Versorgung des Spreehofes war mithin kaum zu denken.1194 Es bedurfte vielmehr anderweitiger ökono- mischer Quellen und Mittel, um das Missverhältnis zwischen Einnahme und Verbrauch auszugleichen. Bei diesem wohl permanenten Zwang, die Grundversorgung der umfangreichen kur- fürstlichen Familie und der sie umgebenden Hofgesellschaft zu befriedigen, spielten aus-

1189 Vgl. Meyer, Christian: Aus dem Gedenkbuch des Ritters Ludwig von Eyb, Ansbach 1890, S. 7. 1190 Vgl. Schapper, Gerhard: Die Hofordnung von 1470, S. 57 f. 1191 Selbst in natura abgelieferte Zollgefälle waren im gesamten 16. Jahrhundert noch üblich. Nach Moehsen sind „im Zoll zu Küstrin 60 Schock Krebse mit einem Schock verzollet und sind 1578, nach Bescheinigung des Kammermeisters und Zöllners 28.005 Schock Krebse, als Zoll eingekom- men“, in: Moehsen, Johann Karl Wilhelm: Beschreibung einer Berlinischen Medaillen-Sammlung, die vorzüglich aus Gedächtnismünzen berühmter Ärzte bestehet; nebst einer Geschichte der Wis- senschaften in der Mark Brandenburg ..., T. 1 – 3, Berlin 1773 – 1783, hier T. 3, S. 469. 1192 Holtze, Friedrich: Das Amt Mühlenhof, S. 36. 1193 Holtze, Friedrich: ebd. 1194 Unklar bleibt in diesem Zusammenhang, wie Friedrich Holtze trotz der von ihm selbst zusammen- getragenen Zahlen zu dem Ergebnis kommt, dass das Ziel nach Autarkie der Hofversorgung „in ge- schickter Weise erreicht [wurde]“. Siehe Holtze, Friedrich: Das Amt Mühlenhof, S. 38. VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 239 ländische1195 und einheimische Kaufherrenfamilien eine zentrale Rolle. Die uns aus zahl- losen Urkunden, Rechnungen und Quittungen entgegentretenden regen geschäftlichen Beziehungen zwischen dem Landesherrn und den Blankenfeldes, Dörings, Griebens, Rei- ches und Lindholz’, sämtlich in der Residenzstadt ansässige Kaufherrenfamilien, lassen die Bedeutung der brandenburgischen Doppelresidenz klar hervortreten1196. Die Aufgabe dieser Kaufherren bestand offensichtlich zu einem guten Teil darin, die Versorgung des Hohenzollernhofes mit den Waren des täglichen Grundbedarfs – sowie darüber hinaus des gehobenen Anspruchs – zu decken. In diesem Zusammenhang für den heutigen Betrachter auffällig sind die kaum sauber zu trennenden Geschäftsfelder. Ein undurchdringliches Durcheinander von Verschreibun- gen, Verbürgungen, Zessionen sowie Aufrechnen von Schulden und Forderungen verun- möglichen jeden Versuch einer sauberen Aufl istung der kurfürstlichen Warengeschäfte mit den einzelnen Handelshäusern.1197 Zudem erschweren vielfach unsichere, geänderte oder nicht anerkannte Überweisungen, Verrechnungen und Warenlieferungen den Ver- such einer Entfl echtung der einzelnen geschäftlichen Materien bereits im Ansatz. Im Zei- chen des noch nicht vollzogenen Übergangs von der Natural- zur Geldwirtschaft wurden umfangreiche Transaktionen noch fast ganz ohne Barmittel lediglich durch Verrechnun- gen vollzogen1198. Reine Finanzgeschäfte waren in der Kurmark noch die Ausnahme. Stattdessen bezahlte man mit Waren. Der Geldwert wurde meist nur zur Verrechnung er- mittelt. Der beträchtliche Umfang der Warengeschäfte zwischen dem Kurfürsten und den hauptstädtischen Handelshäusern tritt uns dennoch – trotz dieser genannten Schwierigkei- ten – deutlich erkennbar entgegen.

1.3 Die Bedeutung der brandenburgischen Kaufherrenfamilien für die Basisversorgung des Hofes

Die Warengeschäfte des Johann Blankenfelde sind ein erstes schönes Beispiel für die (wechselseitige) Abhängigkeit des kurfürstlichen Hofes von der hauptstädtischen Wirt- schaftskraft1199. Verfl echtung und Aufeinander-Angewiesensein beider Sphären verdich-

1195 Hofmarschall Adam Gans zu Putlitz etwa bestellte 1607 bei einem Rostocker Kaufmann für den Hof in Zechlin je 3 Tonnen Hering und Pökelaal (BLHA, Pr. Br. Rep. 7, Amt Goldbeck-Wittstock, Nr. 341/1, zu 1607). 1196 Dank der vorzüglichen Auswertung der einschlägigen Quellen durch Hugo Rachel, Johannes Papritz und Paul Wallich steht uns das Geschäftsgebaren des brandenburgischen Kurhauses mit den residenzstädtischen Kaufherrenfamilien deutlich vor Augen. Die Kapitel 1.2 bis 1.4 der vorlie- genden Arbeit stützen sich maßgeblich auf die zahlreichen Quellenbelege des ersten Bandes jener Studie über die „Berliner Großkaufl eute und Kapitalisten“. 1197 Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: Berliner Großkaufl eute und Kapitalisten, Bd. 1 (= Veröffentlichungen des Vereins für Geschichte der Mark Brandenburg), Berlin 1934, S. 259. 1198 Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 105. 1199 Warengeschäfte zwischen dem Hof und den Blankenfeldes sind bereits für die Regierungszeit Alb- recht Achills überliefert. So liegt uns aus dem Jahre 1470 eine Abrechnung zwischen dem Berliner Tuchhändler Thomas Blankenfelde, einem Schneider Titze, dem kurfürstlichen Küchenmeister und 240 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert ten sich in der nicht zufälligen Berufung Johann Blankenfeldes zum kurfürstlichen Kü- chenmeister1200. Indem der Kurfürst gerade diesen solventen und mit guten Kontakten zur heimischen Wirtschaft ausgestatteten Mann zum Vorsteher der Küchen- und Kellerver- waltung erhob, stellte er eine permanente Versorgung der Hofgesellschaft zumindest mit den Grundnahrungsmitteln sicher. Der zumeist klammen kurfürstlichen Kasse mit Anlei- hen, Schuldverschreibungen und Verpfändungen beizuspringen, erklärte sich der reiche Bürgerssohn ein ums andere mal bereit. Die Urkunde Joachims II. für den Cöllner Kauf- mann von 1564 über 3.000 fl . in bar und Viktualien ist dafür einer von mehreren Bele- gen.1201 Ferner liegen uns eine Reihe von Schuldverschreibungen, und zwar meist wegen Küchen- und Kellerschulden, zwischen dem Kurfürsten und Johann für das Jahrzehnt von 1549 bis 1559 vor. Darüber hinaus wissen wir von Johanns Arretierung auf dem Leipziger Weihnachtsmarkt von 1544.1202 Auf Anforderung des Augsburger Kaufmanns Jacob Her- brot wurde Johann Blankenfelde samt eines Wagens mit für ein Beilager am kurfürstli- chen Hof bestimmten Gewürzen und Viktualien verhaftet, weil eine Schuldverschreibung Joachims II. nicht beglichen war. Johann wird sich wohl selber hat freikaufen müssen. Wie desolat es um die landesherrliche Finanzverwaltung und in diesem Zusammen- hang um die tägliche, regelmäßige Versorgung des Cöllner Hofes stand, zeigt auch das Beispiel des Cöllner Bürgermeisters Valtin Döring1203. Der Kurfürst schuldete Döring fast 1.000 Taler für Tuch und Wein. Darüber hinaus hatte er von ihm noch 1.887 Taler zu for- dern, die er teils für seinen Landesherrn bei Galle Becken in Stettin geliehen, teils Caspar Theiß zum Bau des Jagdschlosses im Grunewald vorgestreckt hatte.1204 Rege Geschäftsbeziehungen mit dem brandenburgischen Hof unterhielt auch das Handelshaus der Grieben. Beträchtliche Warenlieferungen lassen sich für das gesamte 16. Jahrhundert anhand von Rechnungen, Quittungen, Briefen und diversen anderen Quellen belegen1205. Dies gilt sowohl für den Berliner als auch den Leipziger Zweig der Familie. Selbst die weiblichen Mitglieder dieser weitverzweigten Kaufmannsfamilie,

dem Schreiber Heinz Howeck über eine größere Stoffl ieferung vor. Vgl. Riedel, CDB, C I, 527 f. – Zur Person des Kaufmanns, Küchenmeisters und Berliner Bürgermeisters Johann Blankenfelde vgl. Schmitz, Christian: Ratsbürgerschaft und Residenz, Berlin/New York 2002, S. 45 – 48, 201. 1200 Bereits unter Markgraf Johann, Statthalter seines Vaters Friedrich II., bekleidete der der Dop- pelstadt entstammende Bürger Ulrich Zeuschel das Amt des Küchenmeisters im kurfürstlichen Schloss. Mit Hilfe ihm überantworteter diverser Gefälle, die ihm und seinen Erben so lange haften sollten, bis ihnen die etwa auf jene Hofhaltung gemachten Vorschüsse zurückgezahlt sein würden, hatte er die Versorgung des Spreeschlosses zu garantieren. Die Bestallung Ulrich Zeuschels ist ab- gedruckt bei Raumer, Georg, W.: Codex Diplomaticus Brandenburgensis, Bd. 1, S. 179. Zu seiner Person vgl. Odebrecht, Th.: Ulrich Zeuschel, Ein Märkisches Lebensbild des 15. Jahrhunderts, in: MF 5 (1857), S. 12 ff. 1201 GStA PK, BPH, Rep. 30. Vgl. dazu Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 45, Anm. 2. 1202 GStA PK, I. HA, Rep. 61, Nr. 2. Vgl. dazu ferner Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 44. 1203 Zu ihm: Schmitz, Christian: Ratsbürgerschaft und Residenz, S. 52, 76, 131, 134, 215. 1204 BLHA, PR. Br. Rep. 23 A Kurmärkische Stände, Nr. B 1.8, S. 103, 380. Vgl. dazu Rachel, Hugo/ Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 46. 1205 Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 201. VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 241 etwa die Witwe des Bürgermeisters Jakob Grieben, trieben mit dem Kurfürsten Handel. Geldleihgeschäfte sind in ihrem Falle ebenso belegt wie Tuchlieferungen.1206 In weitaus größerem Stil nahm Joachim Grieben, ältester Sohn des Andreas Grie- ben, Geschäftsverbindung mit Joachim auf.1207 Joachim unterbreitete dem Kurfürsten das verlockende Angebot, und zwar billiger als bislang, die Gewürze für den kurfürstlichen Hofhalt zu beschaffen. Darüber hinaus bot er Joachim II. die Lieferung des gesamten sonstigen Bedarfs für die Hofküche an. Auf diese Weise erreichte er die Bestallung zum „Verleger der Küche“. Seit 1557 nahm er die Lieferungen auf, die sich schon bald auf ei- nen Wert von etwa 8.000 Talern beliefen. In engen Geschäftsbeziehungen stand Joachim Grieben ferner zum kurprinzlichen Hof in Zechlin. Auch dort kümmerte er sich unter anderem um den kurfürstlichen Kü- chenbedarf. Die Lieferung der Kleidung für den Zechliner Hof, „nämlich lundisch Tuch, Futtertuche, Parchent und andere Notdurft“1208, besorgte er wohl nicht nur in den Jahren 1557 und 1558. Die Kosten sollten gegen die Einnahmen aus einem großen Wollkauf verrechnet werden. Grieben hatte nämlich die gesamte Wollernte des Kurprinzen, unter anderem in dessen Stiftern Lebus und Havelberg, zu einem äußerst günstigen Preis auf- gekauft.1209 Eine weitere Forderung Joachim Griebens, die aus diversen kleineren Lieferungen an Lebensmitteln und Getränken bestand, belief sich zu Ostern 1560 auf 3.325 Talern. Im Herbst 1560 betrug die Rechnungssumme bereits 6.022 Taler. Aus einem Einwand des Thomas Matthias’, in der sich der kurfürstliche Finanzbeamte bei Grieben darüber be- klagte, dieser habe 2.000 Taler, etwa für ein nicht bestelltes seidenes Zelt, zu viel berech- net, erhellt eine Geschäftspraxis, die nicht frei von Unterschleife und anderen Formen von Gaunerei war. Ebenso stand eine Kupferlieferung in Teilen noch aus. Es fehlten 50 Zentner.1210 Dem entsprach auf Seiten des Hofes eine meist derart miserable Zahlungsmo- ral, dass die Geschäftsleute vielfach zu Repressalien, etwa der Sperrung von Lieferungen an Gewürzen und anderen Waren1211, greifen mussten. Über kurz oder lang endete dieses Geschäftsgebaren mit Sicherheit im Konkurs. Gemeinsam mit dem Stettiner Handelshaus der Loitz stiegen die Lindholz1212 in gro- ßem Umfang in geschäftliche Beziehungen mit dem brandenburgischen Kurhaus ein. Es ist sicherlich nicht unberechtigt, sie deswegen als Hofl ieferanten der Hohenzollern zu bezeichnen. Sieht man von den üblichen Warenlieferungen für den kurfürstlichen Hof ab, so bildete das mit dem Kurhause vereinbarte Ochsengeschäft aus dem Jahre 15461213

1206 Friedensburg, Walter (Hg.): Kurmärkische Ständeakten II S. 680, 693, 752, 756, 757. 1207 BLHA, PR. Br. Rep. 23 A Kurmärkische Stände, Nr. C 50, Nr. 11. 1208 GStA PK, I. HA, Rep. 61, Nr. 7 (25. März 1558). 1209 Vgl. Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 68 f. 1210 Vgl. Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 106. 1211 10. März 1563. Ratsarchiv Leipzig XLV G1a II; zitiert nach Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/ Wallich, Paul: a.a.O., S. 127. 1212 Zur Familie Lindholtz vgl. Schmitz, Christian: Ratsbürgerschaft und Residenz, S. 45, 52, 131 – 136. 1213 Zum Thema Viehimport allgemein: Schultze, J.: Rindereinfuhr in den deutschen Territorien, insbe- sondere in Hessen, im 16. und 17. Jahrhundert, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 242 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert gleichsam den Auftakt für einen Warenhandel großen Stils1214. Annähernd 12.000 Och- sen sollten in Ungarn käufl ich erworben und von dort in die Kurmark überführt werden. Der Vertrag zwischen dem Hofpodaren der Walachei und dem Kurfürsten bildete für die- ses Geschäft die rechtliche Grundlage. Den Loitz-Lindholtz kam bei dieser Transaktion die wichtige Rolle der Finanziers zu. Die für dieses Geschäft notwendigen 12.000 Ta- ler hatten sie vorzustrecken, nach Lemberg zu überstellen, in ungarische Goldgulden zu wechseln und dem dort weilenden Beauftragten des Kurfürsten auszuhändigen. Über die vertraglich festgelegte Summe hinaus hatte sich das Handelshaus bereit erklärt, weitere 6.000 Taler gegen Verpfändung dänischer Schuldverschreibungen über eine Summe von ungefähr 11.000 Gulden vorzuschießen. Der ungarische Ochsenhandel war insofern auch auf die Zukunft hin berechnet, als ein jährlicher Viehtreck von mehreren tausend Ochsen von Anfang an als fester Bestandteil des Geschäfts vorgesehen war. Davon sollten 400 Ochsen und 100 Kühe dem Cöllner Hof gratis überstellt werden, mit deren Anzahl man wohl hoffte, über Jahre die Fleischversorgung am Hofe sicherzustellen.1215 Der Kurfürst setzte offensichtlich große Erwartungen in dieses Geschäft, versprach er sich doch zu- dem davon, sich nicht nur mit einem Schlage seiner sämtlichen fi nanziellen Verpfl ich- tungen den Loitz-Lindholtz gegenüber zu entledigen, sondern darüber hinaus auch einen ansehnlichen Gewinn zu erzielen.1216 Dementsprechend hatte er zügig gehandelt und Be- auftragte nebst „brackern oder Ochsentreibern“1217 an die Walachische Grenze geschickt. Auch der Fürst der Walachei war nicht säumig und hatte ca. 15.000 Stück Vieh an der Grenze zusammentreiben lassen. Offensichtlich gelang es den Loitz-Lindholz und ihren Geschäftspartnern aber nicht, die erforderliche Kaufsumme rechtzeitig aufzubringen.1218 Das Geschäft jedenfalls platzte.1219 Die Folge war ein beinahe völliger Abbruch der ge- schäftlichen Beziehungen zwischen ihnen und dem Hofe.

3. Folge 42 (1914), S. 614 – 625; ferner: Stromer, Wolfgang von: Zur Organisation des transkonti- nentalen Ochsen- und Textilhandels im Spätmittelalter. Der Ochsenhandel des Reichserbkämmerers Konrad von Weinsberg anno 1422, in: Westermann, Ekkehard (Hg.): Internationaler Ochsenhandel 1350 – 1750. Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte 9 (1979), S. 171 – 195; Westermann, Ekkehard: Re- gister vom Ochsen- und Schweinekauf des Kasseler und Marburger Hofes in Dänemark, Hannover, Greven, Lipling, Buttstädt, Zerbst und Berlin von 1508 – 1618, in: Scripta Mercaturae 1/2 (1973), S. 53 – 86. 1214 Viehandel in größerem Umfang betrieb auch Joachims Bruder Hans von Küstrin. Hierzu vgl. Mollwo, Ludwig: Markgraf Hans von Küstrin, S. 523. 1215 Vgl. Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/ Wallich, Paul: a.a.O., S. 22. 1216 Regesten zum Jahr 1546 im BLHA, Pr. Br. Rep. 23 A Kurmärkische Stände, Nr. B 6,2. Im übrigen belastete der Anteil der Naturalversorgung der brandenburgischen Amtsträgerschaft aus der Hof- und Landesverwaltung die kurfürstliche Kasse schwer. Eine Aufstellung der Deputate des Choriner Amthauptmanns J. von Oppen aus dem Jahre 1593 belegt dies: 18,5 W Roggen + 18,5 W Gerste + 40,5 W Hafer (Wert über 650 Taler), dazu 3 Ochsen, 15 Hammel, 6 Kälber, 4 Kühe, 30 Schafe + 20 Zehntlämmer, 20 Schweine, 30 Gänse u.a. Vgl. hierzu Paech, P.: Amt Chorin, Prenzlau 1936, S. 52 f.; Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 329, Anm. 1266. 1217 RKG Lit L 758/2510 vol. II; zitiert nach Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 127. 1218 RKG Lit. L 758/2510 vol.II; zitiert nach Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: ebd. 1219 Unter großem Verlust musste der walachische Hofpodar seine Ochsen wieder abtreiben lassen, wes- wegen er im Gegenzug kurzerhand die kurfürstlichen Beauftragten und Treiber gefangen setzen ließ VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 243

Im Jahre 1559 nahmen sie wieder mit einer Reihe von Geldgeschäften Geschäftsbe- ziehungen zum Kurhause auf. Aber erst im Zusammenhang mit der großen Anleihe von 52.000 fl , was 39.000 Talern entsprach, zum Bau der Festung Spandau, an der Andreas Lindholz1220 zur Hälfte beteiligt war, erhalten wir auch wieder Auskunft über die für die Grundversorgung des Hofes sowie gehobenen Ansprüchen genügenden wichtigen Wa- renlieferungen. Zusätzlich zu diesem Betrag ist in einem späteren Bericht über diese Transaktion von 25.000 Talern die Rede, für die als Gegenwert zwei Jahre lang Pulver, Kugeln, Kupfer, ferner im Wert von 3.400 Talern Wein und in einer Höhe von 6.000 Ta- lern Hofkleidung zu liefern seien. In der über diese Summe ausgestellten Verschreibung vom 11. April 1561 bekannte sich Joachim II. zu einer Schuld von insgesamt 72.000 Talern sächsischen Schrots und Korns an die Loitz-Lindholtz. Mit 6% Zinsen sowie Rückzahlung aus dem ihnen zu diesem Zweck verpfändeten Lenzener Zoll sollte die Schuldsumme beglichen werden.1221 In einer schon kurze Zeit später erstellten neuen Rechnung1222 fi nden wir folgende Forderungen an den Kurfürsten bezüglich der Grund- versorgung: 420 Taler an etlichem korn, 1.517 Taler für Süßweine, 200 Taler für 25 Wis- pel Gerste, die der Berliner Kaufmann Hans Mittelstraß dem Hauptmann auf dem Müh- lenhof geliefert hatte, 28 Taler für zwei Lagen Wein („reinfahl“) sowie 100 Taler für ein Pferd, das der Kurfürst verschenkt hatte. In einer den Lindholzschen Papieren entnom- menen Forderung des Andreas lesen wir „von 20 Talern vor einen halben packen schol- len, 700 Talern vor 50 möllenstein, 800 Talern vor die alebaster taffel, 307 Talern so ich dem Kuchmeister Hans Blanckfelt zu vitalia geben“1223. Die Forderungen der Loitz belie- fen sich auf einen Betrag „von 800 Talern von der alebaster taffel, 400 Talern vor vitalia, 400 Talern vor einen weißen sofi r, 307 Talern noch vor mer vitalia sowie 500 Talern vor 50 mollenstein“, was eine Summe von 2.557 Talern ausmachte. Die Addition der beiden Summen belief sich mithin auf einen Betrag von knapp 10.000 Talern. Aus einer wei- teren Rechnungsaufstellung in Höhe der stolzen Summe von 27.875 Talern von Ostern 1563 erfahren wir von Forderungen von 400 Talern für „der churfürstin muntkoch Hans Gallen bezalt“ sowie von 600 Talern für „den Loizen vor zugesante vitalien“.1224 Offen- sichtlich fi nanzierten die Hohenzollern nicht nur ihre materiale Versorgung mit Hilfe von Kaufl euten wie den Loitz-Lindholtz. Auch das für die Versorgung zuständige Hofperso- nal, hier der Mundkoch der Kurfürstin, wurde auf diese Weise für seine Arbeit entlohnt. In den 60er Jahren müssen sich die Geschäftsbeziehungen der Lindholz mit dem Kur- hause auf ihrem Höhepunkt befunden haben. Aus der Korrespondenz des Andreas Lind- holz mit dem Cöllner Bürgermeister Hans Bredtschneider1225 und dem markgräfl ichen

und Schadenersatz beim Kurfürsten erhob. Vgl. den Hinweis auf RKG Lit. L 758/2510 vol.II bei Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 204. 1220 Vgl. zu ihm Schmitz, Christian: Ratsbürgerschaft und Residenz, S. 135 f. 1221 Vgl. Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 205. 1222 BLHA, Rep. 23 A Kurmärkische Stände, Nr. C 49 L16. 1223 GStA PK, I. HA, Rep. 61, Nr. 33b.1. 1224 GStA PK, I. HA, Rep. 61, Nr. 33b.1. 1225 Zum Kammersekretär und Cöllner Bürgermeister Johann Bredtschneider vgl. Schmitz, Christian: Ratsbürgerschaft und Residenz, S. 136. 244 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Kammersekretär Kaspar Meinow wissen wir nämlich1226, dass jener die Weinversorgung für den kurprinzlichen Hof ausschließlich in seinen Händen hielt.1227 Als „Faktor“ Johann Georgs gestalteten sich die Beziehungen zum kurfürstlichen und kurprinzlichen Hof so günstig, dass ihm der Ankauf der Jahresernte aus den markgräfl ichen Ämtern Lebus und Fürstenwalde in diesem Dezennium mehrfach glückte. Ferner sehen wir Andreas 1566 in Verhandlungen mit der Hansestadt Hamburg über Viktualienlieferungen für den Cöll- ner Hof. Nach dem Zusammenbruch der Lindholz’ zogen namentlich ein Jobst Krappe, die so genannte „Sturmsche Handlung“, die Häuser Weiler1228 und Sturm1229, ein Tilman Essen- brücher1230 sowie ein Simon Vossenholl den Warenhandel mit dem kurfürstlichen Hof an sich. Als Hofl ieferant und Kramhändler betätigte sich Jobst Krappe zum Wohle der kurfürstlichen Hofversorgung mit dem Erfolg, dass er als Dank für den Erhalt diverser Warenlieferungen das kurfürstliche Privileg erhielt, Tuchhandel treiben zu dürfen.1231 Warenlieferungen gegen Kredit betrieb auch die „Sturmsche Handlung“. Die Kaufmanns- schulden Kurfürst Johann Georgs bei Ambrosius Sturm1232, die beim Tode des Kurfürsten eine Gesamthöhe von 44.800 Talern erreicht hatten1233, belegen nachdrücklich die öko- nomischen Folgen, die die Aufnahme von Geschäftsbeziehungen, sei es nun reiner Wa- renhandel oder auch Geld- und Darlehensgeschäfte, für den einzelnen Kaufmann nach sich zogen. Das Beispiel der Häuser Weiler und Sturm bestätigt diesen Befund unein- geschränkt. Die Forderungen des Weilerschen Hauses an den kurfürstlichen Hof betru- gen Anfang 1606 stolze 20.175 Taler für gelieferte Waren.1234 Zur selben Zeit klagten die Sturm über Außenstände von 8.176 Talern für gelieferte Waren. Die Forderungen reich- ten bis auf das Jahr 1588 zurück.1235 Ein weiteres Beispiel ist das der Hofrenteirechnung von Trinitatis 16111236, derzufolge sich die kurfürstlichen Schulden bei „den Weilerischen und Sturmischen“ wie folgt verteilte: ungefähr 60.000 Taler für Seiden- und Kramwa- ren, 2.826 ¾ Taler für Wein und 16 ⅔ Taler „für zehn Kronen“. Unter Kurfürst Johann

1226 GStA PK, I. HA, Rep. 97, I.27. 1227 Vgl. Papritz, Johannes: Die Beziehungen des Bank- und Handelshauses der Loitz, S. 141. Den Weinhandel besorgte Andreas 1567 zusammen mit einem Geschäftspartner namens Georg Möller. 1228 Hierzu vgl. Schmitz, Christian: Ratsbürgerschaft und Residenz, S. 33,51 f., 221. 1229 Hierzu vgl. Schmitz, Christian: a.a.O., S. 51, 53 – 55, 78 f., 98, 105 f., 221. 1230 Zur Familie Essenbrücher vgl. Schmitz, Christian: a.a.O., S. 51. 1231 Für das Jahr 1571 beläuft sich eine Forderung des Jobst Krappe für Seidenwaren auf 632 Reichs- taler (BLHA, Pr. Br. Rep. 23 A Kurmärkische Stände, Nr. B1.8, S. 27). – Zur Person des Handels- mannes und Berliner Ratskämmerers Jobst Krappe vgl. Schmitz, Christian: Ratsbürgerschaft und Residenz, S. 52; zu seiner Familie allgemein: Schmitz, Christian: a.a.O., S. 51 – 53, 55, 59, 78 f., 131, 210, 221. 1232 Zu seiner Person Schmitz, Christian: a.a.O., S. 53 f. 1233 Vgl. Bracht, E.: Ständische Verhandlungen ... unter Joachim Friedrich, S. 323, Anm. 4. Die Gesamt- summe sämtlicher Kaufmannsschulden des Kurfürsten belief sich 1598 auf eine Höhe von 67.318 Talern. 1234 Vgl. Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 324. 1235 Ebd. 1236 Ebd. VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 245

Sigismund beliefen sich die Forderungen der beiden Handelshäuser auf die horrende Summe von 80.000 Talern. Von der miserablen Zahlungsmoral der brandenburgischen Kurfürsten kündet auch das Beispiel des Tilman Essenbrücher. Mit dem Argument, der Wein sei nicht mehr Wert als 5 Taler, weigerte sich Johann Sigismund, die ursprünglich (1614) vereinbarte Kauf- summe von je 10 Talern pro Eimer Frankenwein, die bei ihm aus Anlass einer kurfürst- lichen Kindstaufe geordert worden waren, zu entrichten. Immerhin handelte es sich um eine Bestellung von 55 Eimern.1237 Als kurfürstlicher Faktor tritt Simon Vossenholl aus den Quellen hervor.1238 Laut sei- ner Bestallungsurkunde zeichnete er verantwortlich für den Einkauf von Tuch-, Seiden- und anderen Kramwaren für den kurfürstlichen Hof. Was auf den ersten Blick als ein luk- ratives Geschäft erscheint, erweist sich bei genauerem Hinsehen als durchaus ambivalent. Denn der Kurfürst erwartete von Vossenholl Warenlieferungen zum Einkaufspreis, für die er für ihn nach Frankfurt am Main, Italien (insbesondere für Ankäufe von Seidenwaren), Hamburg (Einkauf von Fisch- und Fettwaren für die Hofküche) oder für die Feststellung des Standes der Getreide- und Wollpreise nach Leipzig oder sogar in die Niederlande zu reisen hatte. Auf welche Weise und in welcher Höhe ihm seine dabei entstehenden Ne- benausgaben erstattet worden sind, ist quellenmäßig nicht belegt. Ebensowenig sind die Möglichkeiten seines Profi ts ersichtlich. Ob sie durch Unterschleife oder aus Provisionen bei den Händlern vor Ort erwuchsen, wissen wir nicht. Klar erkennbar ist jedoch bei allen diesen Beispielen das eklatante Risiko bei sämtli- chen mit dem kurfürstlichen Hof eingegangenen Warengeschäften. Die äußerst säumige Zahlungsmoral, das übermäßige Kreditbeschaffungsgebaren, der in der Auseinanderset- zung mit dem Hof den Kaufl euten grundsätzlich verschlossene Rechtsweg sowie der häu- fi ge Zahlungsmodus des Hofes in Form von Lieferungen von Ämtererzeugnissen führte dazu, dass sämtliche Handelshäuser, die mit dem kurfürstlichen Hof Warengeschäfte be- trieben, am Ende alle in Konkurs gerieten. Dieses Schicksal teilten die Blankenfelde, Grieben und Lindholz mit den aus einer späteren Zeit stammenden Sturm und Weiler1239. Ursache und Anlass war in allen Fällen die überspannte Kreditgewährung dieser Firmen gegenüber ihrem Landesfürsten.

1.4 Die Versorgung des Hofes mit Produkten gehobenen und höchsten Anspruchs

Das Streben des Hofes nach Prestige sowie sein Bemühen um Machtdarstellung durch Splendor haben wir bereits mehrfach als einen bestimmenden Grundzug der Darstellung

1237 Vgl. Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/ Wallich, Paul: a.a.O., S. 328. 1238 GStA PK, I. HA Geh. Rat, Rep. 36, Nr. 12 [ehemals BPH, Rep. 10]. Vgl. dazu Rachel, Hugo/ Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 375. 1239 Auch auf die Mittelstraß, Reiche und Tempelhof trifft dieses Ende zu. Darin unterscheiden sie sich in keiner Weise vom Ende der großen oberdeutschen Handelshäuser, wie etwa den Fuggern (Nie- dergang seit 1562), den Welsern (Niedergang seit 1587) oder den Loitz in Stettin (1572). 246 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert sämtlicher europäischer Höfe der Frühen Neuzeit identifi ziert. Der besondere Glanz ei- nes Hofes fand seinen Ausdruck jedoch nicht in der oben dargestellten Basisversorgung. Vielmehr gewann die „conspicuous consumption“ ihre Substanz und ihren Splendor aus den Luxuswaren1240. Im Gegensatz beispielsweise zum Dresdner Hof, aber auch zu kleineren Höfen wie dem kurkölnischen oder dem ansbachischen der fränkischen Vettern befand sich der Hof der brandenburgischen Hohenzollern von vorneherein im Nachteil. Dies rührte sicher- lich zu einem großen Teil aus der mangelnden Finanzkraft Kurbrandenburgs. Im Gegen- satz beispielsweise zu den Wettinern1241 verfügte das Haus Hohenzollern keineswegs über reich sprudelnde Einnahmequellen aus einem ergiebigen Bergwerksregal1242. Vielmehr bestimmte – wie wir bereits mit Blick auf die Basisversorgung des cöllnischen Hofes sa- hen – das Prinzip des „Von-der-Hand-in-den-Mund“ die fi skalpolitische und ökonomische Wirklichkeit in der Kurmark. Erschwerend hinzu kam die fehlende städtische Kultur zwi- schen Elbe und Oder. Seit dem Verlust ihrer städtischen Autonomie im um die Mitte des 15. Jahrhunderts ausgetragenen Kampf der Hohenzollern um eine territorialherrschaftliche Durchdringung der Mark sanken selbst Städte wie Stendal und Salzwedel im Westen und Frankfurt an der Oder im Osten ökonomisch und kulturell auf ein mittleres Provinzniveau zurück, ganz zu schweigen von den Mediatstädten, in denen bekanntlich der Adel das Re- giment führte1243. Selbst die Doppelstadt Berlin-Cölln verfügte nach ihrer gewaltsamen Unterwerfung unter den Willen des hohenzollernschen Landesherrn im Zuge der Errich- tung des Spreeschlosses auch nicht ansatzweise über die fi nanziellen und kulturellen Res- sourcen, derer eine blühende Residenz- und Hauptstadt bedurfte und wie sie namentlich Städten wie Leipzig, Nürnberg, Augsburg oder im Westen des Alten Reiches etwa Köln, Mainz oder Frankfurt am Main eigen waren1244. Anders als diesen reichen und mächtigen Bürgerstädten fehlte es der Doppelstadt an einem differenzierten Angebot an hochwer- tigen Gütern aller Art, die auf ein großes Hinterland hätte attraktiv wirken können. Die durchgreifende Regionalisierung des politischen wie gesellschaftlichen Lebens hatte zu- dem dazu geführt, dass die Haupt- und Residenzstadt sich im Lande vergleichsweise star- ker Konkurrenz ausgesetzt sah. Die Altmark etwa verfügte in wirtschaftlicher Hinsicht mit

1240 Johanek, Peter: Schlussbetrachtungen, S. 271. – Zum Begriff „conspicuous consumption“ vgl. Veblen, Thorstein: The Theory of the Leisure Class, New York 1899. 1241 Vgl. Haake, Paul: Kursachsen oder Brandenburg-Preußen?, S. 90; Schirmer, Uwe: Kursächsische Staatsfi nanzen (1456 – 1656). Strukturen – Verfassung – Funktionseliten (= Quellen und Forschun- gen zur sächsischen Geschichte, 28), Stuttgart 2006. 1242 Helbig, Herbert: Gesellschaft und Wirtschaft der Mark Brandenburg im Mittelalter, Berlin/New York 1973. 1243 Vgl. Below, Georg von: Der Untergang der mittelalterlichen Stadtwirtschaft (Über den Begriff der Territorialwirtschaft), in: ders.: Probleme der Wirtschaftsgeschichte, Tübingen 1920; Spangenberg, Hans: Territorialwirtschaft und Stadtwirtschaft, München 1932. 1244 Hierzu Dietrich, Richard: Berlin und die Hohenzollern, in: ders. (Hg.): Berlin. Zehn Kapitel sei- ner Geschichte, 2. Aufl ., Berlin/New York 1981, S. 105 – 128, hier bes. S. 127; ferner Schmitz, Christian: Ratsbürgerschaft und Residenz, S. 140 f. VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 247

Stendal und Salzwedel über zwei durchaus wettbewerbsfähige Kommunen1245. Dies galt auch für die Mittelmark mit Brandenburg an der Havel sowie für die Universitäts- und Handelsstadt Frankfurt an der Oder. Und selbst die ferne Uckermark mit der Stadt Prenz- lau, die Neumark mit Küstrin und Landsberg an der Warthe sowie die seit 1564 zur Mark gehörige Herrschaft Cottbus mit ihrer gleichnamigen Stadt besaßen regionale Zentren, welche die Bedürfnisse ihrer Bewohner zweifellos erfüllten. Die daraus resultierende Schwierigkeit für die nach Prestigeerhöhung trachtenden Ho- henzollern liegt somit offen zutage. Zwar hatten sich in der Doppelstadt Handwerksfami- lien niedergelassen, welche die Nachfrage der Hofgesellschaft nach Artikeln des geho- benen Bedarfs zu befriedigen suchten. Wir wissen etwa von einem in Berlin ansässigen Hofkürschner, einem Apotheker, einem Schuster oder dem Hofjuwelier Peter Wolf1246. Doch der seit dem Schlossbau 1452 ständig gestiegenen Nachfrage der Hofgesellschaft nach Luxuswaren vermochten sie aus sich heraus und mit ihren Mitteln nicht zu genügen. Nicht nur fehlten Kunsthandwerker und Künstler von europäischem Rang völlig. Selbst zur Befriedigung des aus Gründen der Statuskonkurrenz notwendigen Luxusbedürfnis- ses suchte der Cöllner Hof – über seine Warengeschäfte mit den hauptstädtischen Kauf- leuten hinaus – den geschäftlichen Kontakt zu den namhaften oberdeutschen Handelsge- sellschaften. Die Welser und Fugger gehörten ebenso dazu wie die Augsburger Kaufl eute Peter Zimmer und Lucas Meyer oder der Nürnberger Gotthard König. Selbst mit den Florentinern Lorenz Villani, Vertreter der dortigen Seidenhandlung Petrus Saliti1247, und den de Nobili und ihren Gesellschaftern trat schon Joachim I. in Geschäftsbeziehungen. Die Handelsverbindungen in den oberdeutschen Raum scheinen im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts recht lebhaft gewesen zu sein1248. In der Regierungszeit Joachims II. und seiner Nachfolger stieg indessen neben Hamburg vor allem Leipzig zum zentralen Markt- ort für den Berlin-Cöllner Waren- und Geldhandel auf. Viermal im Jahr trafen sich beide Seiten auf der Leipziger Messe, und zwar an Michaelis, zu Neujahr, Weihnachten und an Ostern.1249 Von nun an bedurfte es keines kurfürstlichen Schutzbriefes mehr, den die Wel-

1245 Zu Beginn des 16. Jahrhunderts rangierte Stendal hinsichtlich seiner Wirtschaftskraft noch vor Cölln-Berlin. Vgl. Priebatsch, Felix: Die Hohenzollern und die Städte in der Mark im 15. Jahrhun- dert, Berlin 1892, S. 152, 261; in diesem Sinne jüngst auch Schmitz, Christian: a.a.O., S. 141. 1246 Vgl. den Tagebucheintrag des Grafen Lynar vom 30. September 1590: „Den 30 Septbr. 30 Tlr. Der Hofkürschner zu Berlin zur völligen Bezahlung, 27 Tlr. 6 gr. Der Apotheker zu Berlin zur völli- gen Bezahlung, 21 Tlr. Der Schuster zu Berlin, 60 Tlr. Peter Wolf, Juwelier, ist gar bezahlt.“ (Le- debur, Leopold von (Hg.): Allgemeines Archiv für die Geschichtskunde des Preußischen Staates, 16 (1835), S. 193 – 232, hier S. 217); ferner hierzu Hahn, Peter-Michael: Hofhaltung und Kultur- transfer nach Berlin-Cölln und Potsdam bis 1740. Zur Rezeption und Imitation höfi scher Stil- elemente, in: Luh, Jürgen et al. (Hg.): Preussen, Deutschland und Europa 1701 – 2001, Groningen 2003, S. 253 – 279, hier S. 260 – 262. 1247 Geldgeschäfte sind auch zwischen Villani und Kardinal-Erzbischof Albrecht von Brandenburg bekannt. Vgl. hierzu Tacke, Andreas (Hg.): „... wir wollen der Liebe Raum geben“. Konkubinate geistlicher und weltlicher Fürsten um 1500. Göttingen 2006, S. 179. 1248 Vgl. Stromer, Wolfgang von: Oberdeutsche Hochfi nanz 1350 – 1450 (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Beihefte, 55 – 57), 3 Bde., Wiesbaden 1970. 1249 Weitere für den kurbrandenburgischen Hof und seine Versorgung wichtige Messen waren der 248 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert ser und der Florentiner Lorenz Villani noch gegen das Versprechen eines Fässchens Süß- wein vom Brandenburger erstanden hatten.1250 Das Geschäftsgebaren der brandenburgischen Kurfürsten verweist in allen Fällen auf eine Grundkonstante jeder höfi schen Versorgung: den äußerst begrenzten fi nanziellen Spielraum1251. Das Streben nach Splendor und der Zwang zur Sparsamkeit erwiesen sich als zwei Seiten einer Medaille. Nicht nur die Versuche der Hofordnungen von 1470 und 1537, die Zahl der bei Hofe zu verköstigenden und unterzubringenden Personen zu redu- zieren, belegen dies. Die Forderungen der einheimischen und ausländischen Handelshäu- ser an die brandenburgischen Kurfürsten dokumentieren die mangelnde fi nanzielle Leis- tungskraft Kurbrandenburgs. So beliefen sich die Schulden Joachims I. bei den de Nobili 1531 auf den Betrag von 5.356 fl .; 19 Jahre später waren es wieder 8.324 ½ Taler plus 1.500 Talern für rückstän- dige Zinsen1252. Den Fuggern schuldete Joachim II. 9.400 fl .1253, die Forderungen des Con- rad Humpis und seiner Ravensburger Gesellschaft an den Berliner Federmacher Hans Phende beliefen sich auf 737 fl . 9 schill. in Gold für Federn, Saffran, Unzengold und Samt. Wahrscheinlich hatte Phende die Bestellung ins Spreeschloss geliefert, die Kos- ten jedoch noch nicht erstattet bekommen. Wie katastrophal die fi nanzielle Lage Johann Sigismunds gegen Ende seiner Regierungszeit war, erhellt in aller Deutlichkeit aus einem Schreiben der brandenburgischen Räte Johann Ernst von Schlieben und Daniel Klindt an ihn vom 12.4.1618, demzufolge angesichts der gähnend leeren Kassen die Weinbestände am Cöllner Hofl ager weitgehend geschrumpft waren. Zum Zeitpunkt seiner Abreise aus der Mark in Richtung Königsberg waren im Hofkeller nicht über sechs oder acht Eimer Rheinwein vorhanden1254. Gautschi und Suter mutmaßen gar, dass dieser Umstand gar zur Abreise Johann Sigismunds ins Herzogtum beigetragen habe1255. Wie desolat die Fi- nanzlage am kurfürstlichen Hof bereits seit Jahren war1256, belegt auch ein Vertrag Johann

Frankfurter Margaretenmarkt im Juli, der Naumburger Peter- und Paulsmarkt, der Reminiszere- Markt zu Frankfurt an der Oder sowie dessen Martini-Markt. 1250 Hafftitz, Peter: Microcronicon Marchium, S. 145. 1251 GStA PK, I. HA, Rep. 174, Nr. 41; GStA PK, I. HA, Rep. 61, Nr. 28a. 1252 BLHA, Pr. Br. 23 A Kurmärkische Stände, Nr. C. 2714. 1253 Vgl. Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/ Wallich, Paul: a.a.O., S. 33, Anm. 1. 1254 GStA PK, I. HA, Rep. 36, Nr. 772. – Zu Hofhaltung und Hofversorgung auf dem Königsberger Schloss vgl. insbes. Gautschi, Andreas/Suter, Helmut: a.a.O., S. 325 – 373. 1255 Vgl. Gautschi, Andreas/Suter, Helmut: a.a.O., S. 330. 1256 Darauf deutet auch die am 13. Juli 1614 von Johann Sigismund herausgegebene Hofordnung bei seiner Abwesenheit hin. So wird darüber Klage geführt, „daß es eine Zeit hero mit dem Abspeise sehr ungleich zugangen (...), dabey allerhandt Unterschleiffe vorgelaufen“ seien. In diesem Zusam- menhang wird auch das Problem des „Abschleppens“ thematisiert. „So dürfe ohne Zustimmung des Marschall, Schlosshauptmanns oder des Oberschenken „niemandem, er sey auch wer er wolle, an Essen, Trincken über dem, was einem und dem andern zurgewönlichen Malzeit vorordnet (...) das allergeringste nicht gefolget, wie auch auf die Jagt- und anderer der Herrschaft zustehenden Hun- den ohne Zettel, so von den Jägermeistern oder Windehetzer underschrieben und darein gemeldet, wie viel Hunde jedes Mal Brodt zu geben, kein Brodt gefolget werden solle.“ Weiterhin will der Kurfürst zukünftig „ganz nit verstatten, daß in den Wein- oder Bierkellern frembde Leute, welche darein nit sonderlichen bestalldt oder in der Herrschaft Pfl icht sein, geduldet werden sollen, vielwe- VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 249

Sigismunds mit dem langjährigen „Factor“ für Weine am Cöllner Hof. Johann von Me- gen, Bürger von Köln am Rhein, hatte bereits seinen Vater Joachim Friedrich mit Rhein- weinen beliefert. In besagtem Vertrag vom 4. Januar 1611 wird ausdrücklich darauf hin- gewiesen, Megen habe sich „vorhero und itzo dergestalt bezeiget, daß (...) wir mit ihm gnädigst friedtlich zu sein Ursach gehabt“. Offensichtlich hat auch Megen dem Kurfürs- ten die zu zahlenden Summen vorgestreckt. Darauf deutet auch der Vertragstext hin, wo- nach Megen jährlich „einhondert Fueder oder eintausentzweihondert Eimer Rheinwein (...) am Rheinstrom zue kaufen und in unser Hoffl ager uf sein Gefahr und Costen ufs Landt zue bringen“1257 hatte1258. Von besonderem Interesse für die Befriedigung des höfi schen Bedürfnisses nach Lu- xusartikeln ist das Beispiel des Nürnberger Kaufmanns Gotthard König.1259 König gehörte zu den oberdeutschen Gläubigern des Brandenburgers und pfl egte rege Handelsbeziehun- gen zum Nordosten des Alten Reiches. Auf den für den gesamten Ostseehandel bedeu- tenden Märkten von Antwerpen, Lübeck und Danzig sah man ihn ebenso wie auf Reisen nach Dänemark, Holstein, Preußen und ins Baltikum. Zudem verfügte er über gute Kon- takte zum mecklenburgischen und pommerschen Hof. In den sechziger Jahren fi nden wir König in enger geschäftlicher Beziehung zum brandenburgischen Kurfürsten. Nachdem jener durch Joachim aus Leipziger Schuldhaft dank eines kurfürstlichen Reverses, für et- waige Schäden zu haften, entlassen worden war, begab sich König stante pede an dessen Hof. Dort hoffte er die ihm entstandenen Schäden in einer Höhe von 4.135 Talern durch Joachim II. erstattet zu bekommen. Der Kurfürst jedoch dachte gar nicht daran. Stattdes- sen schätzte er es, einen versierten Kaufmann in seiner näheren Umgebung zu wissen und ihn für die prompte Erledigung seiner Bestellungen einzuspannen. So bezog er durch ihn, abgesehen von einer Ladung diverser Weine für seinen Hofhalt, vor allem hochwertigste Waren, wie etwa ein Uhrwerk für 1.500 Taler, ein „vergoldetes Schiff“ im Wert von 200 Talern, eine Lieferung roten Damasts für seine Mätresse sowie zwei Bilder der Grafen Egmont und Hoorn1260. Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass Kö- nig diese Lieferungen sämtlich von seinem Gelde vorstrecken beziehungsweise selber mit Hilfe von Krediten und Verpfändungen vorfi nanzieren musste, und zwar in der (letztend- lich vergeblichen) Hoffnung, endlich in das ihm versprochene Amt Potsdam eingewiesen zu werden. Seine unerwartete, heimliche Abreise legt eine solche Lesart ebenso nahe wie Joachims unwillige Reaktion darauf.

niger sollen sie auch hinfüro die Biere und Weine durch Frembde in die Keller bringen (...) lassen. Über das (...) haben höchstgedachte I.CH.G. gnädigst anbefohlen, daß die Keller bey Hoffe in dero Abwesen zu rechter Zeit zu- und ufgeschloßen werden sollen“, und „zwar „nach dem Mittageseßen umb halbwege ein Uhr zu undt gein der Abendtmahlzeit umb halbwege fünf Uhr hinwiederumb uf- geschloßen werden mögen und die Schlüßel dem Oberschenken oder Schloßhauptmann (...) zuzu- bringen.“ (GStA PK, BPH, Rep. 33 B, Nr. 6). 1257 GStA PK, I. HA, Rep. 36, Nr. 1065. 1258 Einen Überblick über Aufwendungen Johann Sigismunds für Artikel hohen und höchsten Anspruchs fi ndet sich im GStA PK, XX. HA, Ostpreußischer Foliant Nr. 13523, Ausgaben der preußischen Rentkammer 1612; vgl. dazu ergänzend Gautschi, Andreas/Suter, Helmut: a.a.O., S. 337 – 345. 1259 Vgl. Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 158. 1260 Vgl. Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 171 f. 250 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Zahllose Beispiele über die vielfach recht skrupellose Art der Beschaffung solcher Lu- xusgüter liegen uns auch mit Blick auf die Handelsbeziehungen des Kurhofs zu Kaufl eu- ten der Residenzstadt vor. Ein ums andere Mal sehen wir den Kurfürsten auf das Kapital dieser Handelsherren zurückgreifen, um sich in den Besitz dieser heiß begehrten Luxusar- tikel zu bringen. Einer Obligation vom 15.5.1546 des Kurfürsten an Andreas Lindholz ist zu entnehmen, dass jener diesem 20.000 Taler schuldete1261. In einem mit dieser Urkunde in Zusammenhang stehenden „Gegenzettel“, der wiederum für den Leipziger Kaufherrn Jakob Grieben bestimmt war1262, ist von offensichtlich an ihn verpfändetem „kleinodt“ die Rede, das gegen die genannte Summe wieder eingelöst werden sollte. Bei den eben- falls auf dem „Gegenzettel“ erwähnten 800 Talern für Perlen handelte es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um einen Neukauf.1263 Als aufschlussreich hinsichtlich der Finanzierung in hohem Maße prestigeträchtiger und politisch bedeutsamer Ereignisse im Leben der kurfürstlichen Familie erweisen sich insbesondere folgende drei Beispiele. So sah sich der Kurfürst aus Anlass der Vermählung seiner Tochter Hedwig gezwungen, bei Andreas Lindholz eine Anleihe in Höhe von 6.200 Talern aufzunehmen, die in die Aussteuer Hedwigs fl oss1264. Seine Reise zum Reichstag im Jahre 1562 vermochte er ebenfalls nur über eine Anleihe zu fi nanzieren1265. Die dazu in den Augen Joachims notwendige Summe von 15.000 Talern erlaubt Rückschlüsse auf den aufgewandten Pomp, mit dem dieses hochpolitische Spektakel vor den Augen der üb- rigen Reichsfürsten und der übrigen höfi schen Welt in Szene gesetzt wurde. Geklotzt und nicht gekleckert wurde auch aus Anlass des Liegnitz-Briegschen Beilagers (1611). Kur- fürst Johann Sigismund orderte zur Feier dieses für das Haus Hohenzollern bedeutsamen dynastischen Ereignisses eine stattliche Lieferung von 142 Eimern Rheinwein à 11 Talern bei Bartholomäus Lindholz, damals einer der reichsten Kaufl eute der Doppelstadt1266. Die Rechnungssumme von 1.562 Talern samt den bis dahin aufgelaufenen Zinsen bemühte sich noch knapp ein halbes Jahrhundert später seine Tochter Ursula, Witwe eines Advoka- ten, einzutreiben. Gezahlt wurde jedoch – und zwar nicht nur in diesem Falle – niemals. Besonders groß scheint das Bedürfnis nach teurem Pelzwerk und kostbarem Ge- schmeide gewesen zu sein. Die Gründe dafür sind sicherlich in deren Kostbarkeit und Einzigartigkeit zu suchen. Als Motiv für deren aufwendige und kostenintensive Beschaf- fung mag aber auch deren Exotik eine Rolle spielen, mussten doch etwa die teuren Zobel- fälle aus nach damaligen Vorstellungen unerreichbar fernen Ländern unter vielfach größ- ten Mühen und Gefahren herbeigeschafft werden. So scheute sich Kurfürst Joachim II. nicht, trotz stets klammer Kassenlage für die horrende Summe von 7.000 Talern Klein-

1261 RKG Lit. L 758/2510 vol.2 fol. 20; zitiert nach Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 230. 1262 Vgl. Fischer, Gerhard: Aus zwei Jahrhunderten Leipziger Handelsgeschichte, S. 369 f. 1263 RKG Lit. L 758/2510; 759/2511; 760/2512; zitiert nach Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 231. 1264 Vgl. Papritz, Johannes: Die Beziehungen des Bank- und Handelshauses, S. 40. 1265 BLHA, Pr. Br. Rep. 23 A Kurmärkische Stände, Nr. C.2327; GStA PK, I. HA, Rep. 61, Nr. 33b.1. 1266 Vgl. Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 231. VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 251 odien und Zobelfelle bei den Stettiner Loitz zu bestellen1267. Ostern 1563 überreichten die Loitz und Lindholz dem Kurfürsten ihre Rechnung. Joachim jedoch scheint die Summe, trotz vorheriger eindeutiger vertraglicher Fixierung, erst gar nicht anerkannt zu haben. Jedenfalls erhielten die Loitz-Lindholz weder die erhoffte Rückzahlung noch eine si- chere Schuldverschreibung1268. Der entstandene Schaden lag ganz auf der Seite der Han- delsherren. Dies erhellt auch aus einem Brief des Hans Loitz an Andreas Lindholz vom 16. Juni 1564, in dem es heißt: „Das Kleinot und Zobeln liegen uns zu keinem geringen schaden“1269. Offensichtlich war eine Auslieferung der Ware noch nicht erfolgt. Deshalb war der Ärger des Hans Loitz allzu verständlich, als er auf dem Leipziger Ostermarkt von 1565 – also in dem Augenblick, als eine Millionenbewilligung der Stände auf dem Land- tag desselben Jahres erfolgte und mithin berechtigte Hoffnungen auf eine Abfi ndung der Forderungen der Kaufl eute eröffnete – erfuhr, dass Hans Bredtschneider, der Schwieger- vater des Andreas Lindholz, dem Kurbrandenburger nicht nur die Kleinodien, sondern auch die Zobelfelle ausgeliefert und sich damit jeglichen Druckmittels begeben hatte1270. Eine sicherlich auch für damalige Verhältnisse recht ungewöhnliche Art der Beschaf- fung der begehrten Prestigeprodukte liegt mit dem bekannten „Einfall“ Joachims II. im Jahre 1567 vor. Auf kurfürstlichen Befehl hin wurden die Güter des größten Teils der kur- brandenburgischen Kaufl eute mit Gewalt beschlagnahmt, diejenigen, derer man habhaft wurde, arretiert und ihr Hab und Gut inventarisiert. Mit Ausnahme des im Dienste des Kurfürsten stehenden Berliner Bürgermeisters Johann Blankenfelde und des kurfürst- lichen Amtsträgers Thomas Matthias1271 war nahezu die gesamte Kaufmannschaft der Cölln-Berliner Residenzstadt von dieser Aktion betroffen1272. Besonders hart traf es Joachim Grieben1273. Er verlor den kostbarsten Teil seines Haus- rats, darunter drei große Packen, „andern Leuten von Augspurg und Nurmberg zustendig, darunter ein groß vergult Schreibkistlein, etliche Tapecerei von Seiden, Silber und Golt und eine zimliche Anzahl beschlagene Tolche und Wehren“1274. Er selbst veranschlagte den Verlust auf einen Wert von 5.000 Talern. Darüber hinaus ließ Joachim II. lebendes wie totes Inventar der Griebenschen Besitztümer auf dem Lande einziehen, worunter sich „51 feister polnischer Ochsen, etliche Jagtnetzen, Bechern, Ketten, Ringe, silberne Leffel, Perlen, alten Gulden und gulden Cunterfeien, gulden Kneuffen“1275 u.a.m. befanden. An Wertgegenständen von Joachim Griebens Vater Andreas Grieben konfi szierte man annä-

1267 GStA PK, I. HA, Rep. 61, Nr. 33b.1. 1268 Vgl. Papritz, Johannes: Die Beziehungen des Bank- und Handelshauses, S. 123. 1269 GStA PK, I. HA, Rep. 61, Nr. 33b.1. 1270 GStA PK, I. HA, Rep. 61, Nr. 33b.1. 1271 Zu seiner Person: Schmitz, Christian: a.a.O., S. 48; zu seiner Familie allgemein ders.: a.a.O., S. 45, 47 – 49, 221. 1272 Zum Hintergrund dieser Aktion vgl. Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 234 ff. sowie Papritz, Johannes: Die Beziehungen des Bank- und Handelshauses, S. 143 f. 1273 Vgl. Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 156. 1274 GStA PK, I. HA, Rep. 61, Nr. 29c. (undatierte Aufzeichnung Griebens (1569)); BLHA Pr. Br. 23 A Kurmärkische Stände, Nr. B.732, C.2714. 1275 GStA PK, I. HA, Rep. 61, Nr. 29c, fol. 217 ff. (Griebens Schreiben an den Kurfürsten, Cölln, 1.6.1570) 252 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert hernd 1.900 Taler in barer Münze, Gold- und Silbergerät in ungenannter Summe, worun- ter sich unter anderem ein goldenes Bildnis Joachims II. befand1276. Schwer getroffen wurde auch Andreas Lindholz, bis dahin – wie wir sahen – einer der engsten Geschäftspartner des Hofes zu Cölln an der Spree. Auch seine Güter einschließ- lich Haus und Hof in Cölln, „mit allem, was darin“, ließ der Kurfürst beschlagnahmen und inventarisieren. Laut auf uns gekommenem Inventarverzeichnis handelte es sich um etwas Hausgerät, Kleidungsstücke, Packen gelber Futtertücher, ein Faß voll zinnerner Gefäße, ungefähr 15 Wispel Hafer, die auf dem Boden seines Hauses lagerten, sowie drei Fässer roten Weins im Keller1277. Für unsere Fragestellung von größerem Interesse bezüglich von Art und Umfang des Warenhandels mit Artikeln gehobenem und höchstem Anspruchs durch die Kaufl eute der Residenzstadt ist indessen die Konfi szierung dreier Laden des Andreas Lindholz am 12. August 1567 auf Veranlassung des Markgrafen Hans von Küstrin in Peitz1278. Laut In- ventarverzeichnis enthielten die Laden in großer Stückzahl goldene Ketten, Ringe, Arm- bänder, zahllose Kleinodien, silberne Kannen und Becher u.v.m. Der Wert der Truhen wurde auf 1.800 fl . geschätzt1279 und deren Inhalt dem Markgrafen überantwortet. Über dessen weiteres Schicksal erfahren wir bezeichnenderweise nichts. Ähnlich pfl egte der brandenburgische Landesherr in der Folge des Einfalls vom Au- gust 1567 mit den übrigen betroffenen Kaufl euten der Doppelresidenz zu verfahren. Das, was er namentlich an Edelmetall, Pretiosen und Münzen konfi szieren ließ, wurde ent- weder der weiteren Verpfändung zugeführt oder dem kurfürstlichen Besitz zugeschla- gen. Dies mussten auch die Mittelstraß, Tempelhofs, Massows, Jetzkes, Gadegast und Krappes am eigenen Leibe erfahren. Im Zuge des „Einfalls“ wurden der Witwe des Hans Mittelstraß „einige Gold- und Silbersachen“1280, dem Hieronymus Tempelhof neun gol- dene Ringe, zwei Ketten, etliche Silbersachen sowie 14 Fässer französischen Weins1281, dem Andreas Massow zwei Lundische Tücher, 18 Fässer Rhein- und Landwein, Bernau- isch Bier und Butter, ferner sieben Becher, elf Löffel, ein gulden Ring und ein Roseno- bel, und Martin Jetzke ein großer Vorrat an sächsischen und Landtüchern, 20 Guldgulden,

1276 Vgl. Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 157. 1277 Vgl. Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 218. In einem Schreiben des Andreas Lindholz an Kurfürst Johann Georg von 1571 fi ndet zudem die Konfi szierung von „etzlich Ge- treide“ durch den Heidereiter zu Cöpenick Erwähnung. Vgl. dazu Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/ Wallich, Paul: a.a.O., S. 222. 1278 Über seine Geschäftsbeziehungen zur Familie Grieben vgl. Mollwo, Ludwig: Markgraf Hans von Küstrin, S. 501, 523 f. 1279 Als Begründung für diese Aktion musste die Aussage herhalten, die kurmärkischen Städte hätten es versäumt, dem Markgrafen auf Ostern die geforderte Summe zu erlegen, die sie diesem, durch wucherische Zinsen zusätzlich angeschwollen, schuldeten. Hintergrund dieser in höchstem Grade unrechtmäßigen Maßnahme war wiederum der durch Hans von Küstrin unternommene Aufkauf der Schuldforderungen Joachim Griebens an seinen kurfürstlichen Bruder. Da die kurfürstlichen Städte für diese Schulden aufzukommen hatten, sich aber außerstande erklärten, ihren Bürgschaftsver- pfl ichtungen nachzukommen, suchte der Küstriner die Schulden in dieser Weise einzutreiben. 1280 Vgl. Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 240. 1281 Ebd. VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 253 fünf Becher im Wert von drei Mark 14 Lot und etliche Schmucksachen beschlagnahmt1282. 15 Taler, eine Kette, vier Ringe und neun Becher brachte der Landesfürst aus dem Besitz von Thomas Gadegast an sich. Bei Jobst Krappe, dem Begründer des Weilerschen Hau- ses, waren es vier silberne Becher und zwei silberne Löffel. Merten Grieben beklagte den Verlust eines Perlengewindes um einen Rock, einer goldenen Kette, eines silbernen Be- chers und einer indianischen Nuss in vergoldetem Silber gefasst. Der Hunger nach die- sen statusbegründenden Kostbarkeiten scheint so unersättlich gewesen zu sein, dass dem Hofe zu deren Erlangung offensichtlich fast jedes Mittel recht gewesen ist. An Bargeld fl ossen folgende Beträge in die kurfürstlichen Kassen: 1.769 Taler 5 Gul- den, 71 Mark an verbotenen Talern, vier Mark 6 ½ Lot an Pagament in die Lippoldsche Münze; an Gold: 47 Rhein. F., zwei Portugaleser, 14 Kronen, fünf Krosaken; 216 Rhein. Goldgulden an drei Ketten, 15 goldene Ringe mit Edelgestein, ein gulden Conterfei des Kurfürsten; 15 Mark 15 Lot Silbergeschirr. Von diesen Beschlagnahmungen fl ossen sechs Mark 14 ½ Lot Rhein. Gold, zwei Mark 2 ½ Lot Silber in die Lippoldsche Münze. Nur ein winziger Teil dieser Summen und Wertgegenstände wurden ihren Besitzern rücker- stattet, nämlich eine vergoldete Kanne und zwölf goldene Ringe „von den geringen“. Wer nach dem oben Dargestellten nun allerdings vermutet, damit hätten die geschäft- lichen Beziehungen zwischen dem Hof zu Cölln an der Spree und den Kaufl euten der Doppelstadt ein abruptes und ultimatives Ende gefunden, der sieht sich gründlich ge- täuscht. Schon vier Jahre später unternahmen die Gebrüder Jakob und Bartholomäus Tempelhof gemeinsam mit vier Kaufl euten aus Leipzig, Aschersleben und Jüterbog eine Handelreise nach Moskau1283. Im Tausch gegen Schmuck im Wert von 35.000 Talern1284 – darunter stach ein goldenes mit kostbaren Steinen besetztes Halsband namentlich her- vor – erstanden die Tempelhofs vom russischen Zaren unter anderem 245 Zimmer Zo- belfelle1285, 50.000 Stück Grauwerk und 70 Wölfe.1286 Zwar bleibt der Adressat dieses Warengeschäfts ungenannt. Es ist aber mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Cöllner Hofgesellschaft, zumindest deren hohe und höchsten Chargen sowie ins- besondere die kurfürstliche Familie, schon gespannt das Eintreffen der kostbaren Ladung erwartete. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch das Verlangen des Zaren nach den im Tausch angebotenen Waren. Unmittelbar nach ihrer Ankunft, „ohne dass man ih- nen Zeit zum Umkleiden ließ“1287, forderte er die Handelsdelegation zu Hofe. Offensicht- lich wusste selbst der moskowitische Hof um den prestigeträchtigen, symbolischen Wert der mitgebrachten Pretiosen. Typisch aber auch ist das Verhalten des Zaren hinsichtlich der Bezahlung. Es stellte sich auf der Rückreise der Kaufl eute heraus, dass an der auszu- liefernden Menge 40 Zimmer Zobel sowie eine nicht unbeträchtliche Summe an Rubeln

1282 Vgl. Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 241. 1283 Berliner Stadtarchiv, Notar Heyde, fol. 173.; zitiert nach Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 249. 1284 Fischer, Gerhard: a.a.O., S. 418. 1285 1 Zimmer entspricht 40 Stück. 1286 Zur Moskauer Reise der Tempelhofs ausführlich: Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 247 f. 1287 Vgl. Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 248. 254 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert fehlte. Die Zahlungsmoral Moskaus unterschied sich um keinen Deut von derjenigen der meisten anderen europäischen Höfe. Welche Gewinne sich mit Luxuswaren solcher Art und solchen Umfangs an den euro- päischen Höfen erzielen ließen, beweist auch die hohe Risikobereitschaft der Kaufl eute, die damals mit einer solchen Fahrt verbunden war. Schon zwei Jahre später unternahm Hieronymus Tempelhof, und zwar gemeinsam mit dem Cöllner Kaufmann Georg Eckart, ebenfalls eine Handelsreise ins weit entfernte Moskau1288. Der Ankauf der wertvollen Kleinodien und der Tausch am Moskowiter Hof gegen Zobelfelle und andere Waren gin- gen zwar glatt über die Bühne. Die Katastrophe ereilte die beiden Kaufl eute jedoch auf dem Rücktransport. Kaperschiffe brachten ihr Schiff – trotz der für unseren Zusammen- hang aufschlussreichen Fürsprache Joachims II. bei König Johann III. von Schweden hin- sichtlich unbehinderten Transits – auf und raubten die kostbare Warenladung bis auf den letzten Zobel. Der Schaden belief sich nach den Angaben Eckarts auf insgesamt 92.600 Taler und traf die beiden Kaufl eute schwer. Es stellte sich später – pikanterweise – her- aus, dass selbst Kriegsschiffe des schwedischen Königs, wohl nicht ohne dessen Wissen und Befehl, an der Kaperung beteiligt waren. Auch am Stockholmer Hof scheint das Be- dürfnis nach solcherart von Waren offensichtlich – koste es, was es wolle – immens ge- wesen zu sein. Innerhalb der Residenzstadt scheint der Kurfürst – neben deren Kaufl euten – auch Personen seiner näheren Umgebung mit der Befriedigung seines unstillbaren Hungers nach Luxusartikeln beauftragt zu haben. So ist beispielsweise bekannt, dass dem Hofju- den Lippold die Funktion einer Art von Kammerdiener für seinen Landesherrn zugedacht war. Offensichtlich an den kurfürstlichen Kassen vorbei hatte er – wohl aus einem separa- ten Topf – für seinen Herrn Luxusausgaben zu tätigen. Aufträge für Goldschmiedearbei- ten sind ebenso auf uns gekommen wie solche für Geschenke, die der Kurfürst bestimm- ten auszuzeichnenden Mitgliedern des Hofes zugedacht hatte, die er auf diese Weise vor anderen herausheben wollte1289. Von dem Basler Medicus und Apotheker Leonhard von Thurneysser, der sich seit 1565 in der Residenzstadt an der Spree aufhielt1290, wissen wir, dass dieser für die Lieferung von wohlriechenden Ölen, sogenannten „Olitäten“, zu sorgen hatte1291. Bekannt ist ferner die Anlage einer Glashütte in Grimnitz durch ihn1292. Höchstwahrscheinlich wird auch der Cöllner Hof das eine oder andere Produkt für den täglichen Gebrauch aus dieser Manufaktur bezogen haben. Über die Qualität dieser Pro- dukte ist jedoch bezeichnenderweise nichts bekannt.

1288 Danzig Stadtarchiv 300, Abt. 33, Nr. 2123; 300, Abt. 53, Nr. 859, 946, 983., zitiert nach Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 250. 1289 Vgl. Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 307. 1290 Zu Leonhard Thurneisser vgl. Moehsen, Johann Karl Wilhelm: Leben Leonhard Thurneissers zum Thurn: ein Beitrag zur Geschichte der Alchemie, wie auch der Wissenschaften und Künste in der Mark Brandenburg gegen Ende des 16. Jahrhunderts, München 1976. 1291 Vgl. Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 316. 1292 Vgl. Schmidt, Robert: Brandenburgische Gläser, Berlin 1914; Stengel, Walter: Brandenburgische Gläser. Quellen-Studien zur Berliner Kulturgeschichte, Berlin 1949; Rachel, Hugo/Papritz, Johan- nes/Wallich, Paul: a.a.O., S. 317. VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 255

1.5 Beziehungen und Verfl echtungen zwischen Hofgesellschaft und Stadtbürgertum

Die Beziehungen zwischen Hof und Stadtbürgertum erstreckten sich jedoch keineswegs allein auf das rein Ökonomische1293. Ein Blick etwa auf die Personalverzeichnisse der bei- den Hofordnungen1294, die ältesten Bürgerbücher von Berlin und Cölln1295, die Listen der Bürgermeister und Ratsherren der Doppelstadt, die bei Küster angegebenen Listen der Bürgermeister und Ratsherren von Berlin1296 sowie die chronikalischen Nachrichten des Cöllner Bürgerbuches1297 offenbaren darüber hinaus zusehends engere personale Bezie- hungen und Verfl echtungen zwischen Schloss und Stadt. Die tieferen Ursachen für den Aufbau jenes personalen Beziehungsgefl echts lagen unter anderem in der Territorialisie- rungspolitik des Hauses Hohenzollern. Nach dem Verlust der städtischen Autonomie im 15. Jahrhundert suchten insbeson- dere die alten städtischen Eliten nach neuen Wegen und Möglichkeiten, Macht und Ein- fl uss innerhalb ihres städtischen Sozialgefüges unter den veränderten Bedingungen zu sichern1298. Zwar zogen die brandenburgischen Landesfürsten zunächst vorwiegend Land- fremde, insbesondere aus den hoch entwickelten fränkischen Stammlanden, als Amts- träger heran, um mit ihrer Hilfe den Ausbau der Landesherrschaft voranzutreiben. Doch bereits um 1500 fand sich eine kleine Zahl von Angehörigen der Berliner Rats- und Kauf- herrenfamilien als Amtsträger am kurbrandenburgischen Hof. Offensichtlich lag es in

1293 Vgl. Spufford, Peter: Handel, Macht und Reichtum: Kaufl eute im Mittelalter, Darmstadt 2004, hier bes. Kap. 2: Höfe und Verbraucher, S. 45 – 105; Schulz, K.: Residenzstadt und Gesellschaft vom Hoch- zum Spätmittelalter, in: Klever Archiv 14 (1993), S. 211 – 227; Schmitz, Christian: Rats- bürgerschaft und Residenz. Untersuchungen zu Berliner Ratsfamilien, Heiratskreisen und sozialen Wandlungen im 17. Jahrhundert (Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin 101), Berlin/New York 2002. 1294 Riedel, CDB, C II, S. 126 – 128, Nr. 94; vgl. hierzu auch den Kommentar bei Schapper, Gerhard: Die Hofordnung von 1470, S. 11 – 42; zu den Ratslisten von 1470 vgl. ebd., S. 163 – 166. Zum Hof- personalverzeichnis in der Hofordnung von 1537 vgl.: Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 89 – 95; vgl. hierzu den Kommentar S. 149 – 192. 1295 Das älteste Berliner Bürgerbuch 1453 – 1700, hrsg. von Peter von Gebhardt (= Veröffentlichun- gen der Historischen Kommission für die Provinz Brandenburg und die Reichshauptstadt Berlin, Bd. 1,1), Berlin 1927; Die Bürgerbücher von Cölln an der Spree 1508 – 1611 und 1689 – 1709 und die chronikalischen Nachrichten des ältesten Cöllner Bürgerbuches 1542 – 1610, hrsg. von Peter von Gebhardt (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für die Provinz Brandenburg und die Reichshauptstadt Berlin, Bd.I,3), Berlin 1930. 1296 Müller, Johann Christoph/Küster, Georg Gottfried: Altes und Neues Berlin, Bd. 4, Berlin 1769, Sp. 392 – 403 und 449 – 456. Quellenkritisch ist hier Vorsicht geboten, da die Angaben keineswegs immer mit denen der Bürgerbücher übereinstimmen. 1297 Die Bürgerbücher von Cölln an der Spree 1508 – 1611 und 1689 – 1709 und die chronikalischen Nachrichten des ältesten Cöllner Bürgerbuches 1542 – 1610, hrsg. von Peter von Gebhardt (= Veröf- fentlichungen der Historischen Kommission für die Provinz Brandenburg und die Reichshauptstadt Berlin, Bd.I,3), Berlin 1930. 1298 Zum Niedergang der Städte und deren Ursachen: Holtze, Friedrich: Geschichte der Stadt Berlin, Tübingen 1906; Ribbe, Wolfgang (Hg.): Geschichte Berlins, 2 Bde., München 1987; Priebatsch, Felix: Die Hohenzollern und die Städte in der Mark im 15. Jahrhundert, Berlin 1892; Fidicin, Ernst: Über die Autonomie der märkischen Städte, in: MF 1 (1841) S. 355 – 364; Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 167 – 168. 256 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert der Absicht der Landesherrschaft, die städtischen Führungsschichten durch die Vergabe fürstlicher Ämter an sich zu binden1299. Allerdings befanden sich diese häufi g in unterge- ordneter Stellung, etwa als Küchenmeister oder Hausvögte1300. Mit dem Ausbau der kur- fürstlichen Verwaltung um die Mitte des 16. Jahrhunderts stieg jedoch auch die Zahl der aus der Residenzstadt stammenden bürgerlichen Amtsträger. Bis zum Tode Joachims I. namentlich als Kanzleischreiber und Kammersekretäre in kurfürstlichen Diensten ste- hend1301, treffen wir um 1550 vor allem Mitglieder aus dem kleinen Kreis der städtischen Rats- und Kaufherrenfamilien als bürgerliche Räte in Kammergericht, Konsistorium1302 und kurfürstlicher Kammer an1303. Vor allem aus den Reihen der Blankenfelde, Grieben, Lindholz und Tempelhof und den mit ihnen verschwägerten Personen rekrutierte sich die einheimische bürgerliche Amtsträgerschaft im Spreeschloß. Johann Blankenfelde der Ältere etwa (1507 – 1579), vor 1535 Kastner zu Tanger- münde, wurde um 1544 mit dem für die materielle Versorgung des Stadtschlosses be- deutenden Amt eines kurfürstlichen Küchenmeisters bestallt1304, sein Sohn Johann der Jüngere (gest. 1579) stieg später gar zum kurfürstlichen Amtskammersekretär auf1305. Aus der Familie Grieben fanden mit Johann, Andreas und Joachim im 16. Jahrhundert drei Personen, bezeichnenderweise wiederum in wirtschaftlicher Funktion, ihren Platz in kurfürstlichen Diensten: Johann um 1519 als kurfürstlicher Diener, Andreas seit 1595 als Zöllner zu Lenzen1306 und Joachim (gest. 1636) im Jahre 1584 als Schreiber bei der Küst- riner Kammer1307. Die Familie Lindholz stellte in diesem Zeitraum insgesamt vier landes- fürstliche Amtsträger. Es handelte sich um den kurfürstlichen Geheimsekretär Andreas (1551 – 1617) sowie dessen Söhne Kaspar (seit 1642 Amtsschreiber zu Bötzow; 1644 zu

1299 Zu diesem Themenkomplex vgl. Hahn, Peter-Michael: Stadtbürgertum und landesherrliches Amt, in: Mieck, Ilja (Hg.): Ämterhandel im Spätmittelalter und im 16. Jahrhundert, Berlin 1984, S. 252 ff. und ergänzend Press, Volker: Korbinian von Prielmaier (1643 – 1707), Ottenhofen 1978, S. 20 ff. 1300 Vgl. dazu auch die Angaben zum Hofpersonal bei Beck, Lorenz: Hofpersonal und Bürgerschaft in der Residenzstadt Berlin-Cölln, S. 18 – 23. Eine Ausnahme macht in dieser Hinsicht Johann Blan- kenfelde (1471 – 1533). Seinem Eintritt in den geistlichen Stand verdankte er seinen Aufstieg zum Bischof von Brandenburg (1503), Bischof von Reval (1514) und Erzbischof von Riga (1524). 1301 Beck, Lorenz: Hofpersonal und Bürgerschaft, S. 7 – 32. 1302 Im Gegensatz zu den überwiegend adligen Amtsträgern in Hof- und Landesverwaltung stammte die Geistlichkeit überwiegend aus dem Stadtbürgertum. Deren vergleichsweise geringes Sozialprestige, schwache ökonomische Position und fehlender familiärer und ständischer Rückhalt gegenüber der adligen Amtsträgerschaft führte notwendigerweise zu einer stärkeren Unterordnung im Verhält- nis zur Landesherrschaft. Vgl. dazu Heinrich, Gerd: Amtsträgerschaft und Geistlichkeit, in: Franz, Günther (Hg.): Beamtentum und Pfarrerstand 1400 – 1800. Büdinger Vorträge 1967, Limburg/Lahn 1972, S. 179 – 238. 1303 Beck, Lorenz: Hofpersonal und Bürgerschaft, S. 29. 1304 BLHA Pr. Br. Rep. 23 A Kurmärkische Stände, Nr. C.2702. 1305 Vgl. die Stammtafel der Blankenfeldes in: Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., Anhang I. 1306 Ein anderer Grieben wird als Zöllner zu Lenzen schon 1550 erwähnt. Vgl. hierzu Friedensburg, Walter (Hg.): Kurmärkische Ständeakten, Bd. I, S. 722. 1307 Vgl. die Stammtafel der Griebens in: Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., An- hang III. VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 257

Chorin) und Christian, der nach 1600 zum Kammergerichtsadvokaten aufstieg. Ein To- bias Lindholz begegnet seit 1645 ebenfalls als Kammergerichtsadvokat und Syndikus der Universität Frankfurt an der Oder1308. Im Besitz der Rats- und Kaufmannsfamilie Tem- pelhof sehen wir in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts das Amt des kurfürstlichen Küchenmeisters. Die beiden Brüder Simon und Hans (1475 – 1544) versahen es wohl nacheinander im kurfürstlichen Schloss. Einem Bartholomäus Tempelhof, Enkel des kur- fürstlichen Küchenmeisters Hans, gelang gegen Ende des 16. Jahrhunderts der Aufstieg zum kurfürstlichen Kammersekretär1309. Ein politisch bedeutsames landesherrliches Amt hat allerdings keiner dieser Angehö- rigen der brandenburgischen Rats- und Kaufherrenfamilien bekleidet. Dies erhellt zwei- felsfrei aus dem knappen prosopographischen Überblick. Die brandenburgischen Kur- fürsten suchten offensichtlich gezielt und in erster Linie die ökonomischen Ressourcen dieser für brandenburgische Verhältnisse recht wohlhabenden Familien abzuschöpfen. Von daher verstanden sich auch die klar in diese Richtung zielenden Amtsträgerbestal- lungen namentlich als Kastner, Amtsschreiber, Zöllner, Rentmeister, in der Amtskammer oder als kurfürstlicher Küchenmeister. Darüber hinaus fanden Angehörige dieser Fami- lien ihr Unterkommen noch als Advokaten im kurfürstlichen Kammergericht beziehungs- weise im Konsistorium1310. Über diesen begrenzten Gesichtskreis hinaus hat das vor allem im Fern- und Warenhandel sowie im Kreditgeschäft engagierte städtische Patriziat zu kei- nem Zeitpunkt auch nur ansatzweise eine politisch tragende Rolle in der Mark Branden- burg gespielt1311. Anders verhielt es sich indessen mit der nicht dem einheimischen städtischen Patriziat entstammenden bürgerlichen Amtsträgerschaft. Diese rekrutierte der Landesfürst bevor- zugt aus dem Ausland und bestallte sie vornehmlich als „gemietete Doktoren“, d.h. juris- tisch ausgebildete Räte „von Haus aus“, sowie als ständige Räte beziehungsweise Kanz- ler. In herausgehobener Funktion zeichneten diese für die Erledigung der zunehmend schriftlichen Verwaltungsabläufe in der Hof- und Landesverwaltung verantwortlich. An- gesichts der sächsischen Vorbildfunktion im Auf- und Ausbau von Verwaltungsorganisa- tionsstrukturen handelte es sich vielfach um sog. „Meißner“, die – neben den Märkern – auf je unterschiedliche Weise an den brandenburgischen Kurhof gelangten1312.

1308 Vgl. die Stammtafel der Lindholz in: Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., Anhang IV. Wohl nicht ohne Billigung des Kurfürsten war bereits zu Beginn des 16. Jahrhunderts ein Jo- hann Lindholz (gest. 1535) zum Dekan der Philosophischen Fakultät der Viadrina gewählt worden. 1309 Vgl. die Stammtafel der Tempelhof in: Rachel, Hugo/Papritz, Johannes/Wallich, Paul: a.a.O., An- hang V. 1310 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Landesherrliches Amt und Stadtbürgertum, S. 253. 1311 Zudem endeten die genannten brandenburgischen Kaufherrenfamilien sämtlich im wirtschaftlichen Ruin. 1312 Ausnahmslos handelt es sich etwa bei den Kanzlern vor 1541 um Landfremde, die – außer Kracht und Breitenbach – das Studium der Rechte absolviert hatten. Vgl. dazu Holtze, Friedrich: Die ältes- ten märkischen Kanzler und ihre Familien, in: FBPG 7 (1894), S. 479 – 531; ders.: Die märkischen Kanzler bis 1650, in: FBPG 2 (1889), S. 245 – 252; ferner: Beck, Lorenz: Hofpersonal und Bürger- schaft, S. 29, Anm. 65. 258 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Über deren Eintritt in den landesfürstlichen Dienst ebenso wie über den der Angehö- rigen aus den alten städtischen Rats- und Kaufherrenfamilien entschieden eine Reihe spe- zifi scher Organisationsmerkmale des Fürstenhofes, die Peter-Michael Hahn am Beispiel ausgewählter bürgerlicher Amtsträgersippen der Berliner Residenz1313 treffend und präg- nant als ein „Gefl echt persönlicher und verwandtschaftlicher Beziehungen und Abhängig- keiten der Amtsträger“1314 beschrieben und herausgearbeitet hat. Zu den ausschlaggeben- den Faktoren in diesem Beziehungsgefl echt aus Patronage und Klientelwesen, die über die Aufnahme am Hofe wesentlich mitentschieden, zählten die geographische und sozi- ale Herkunft des Einzelnen, seine Konfession, sein Bildungsgang, seine Vermögensver- hältnisse, die Übernahme von Patenschaften und insbesondere sein Heiratsverhalten1315. Für das städtische Bürgertum insgesamt waren die Voraussetzungen zur Erlangung eines landesfürstlichen Amtes jedoch besonders ungünstig. Die Ursache dafür lag un- ter anderem in der begrenzten Zahl der bürgerlichen Amtsträger, die über einen direkten Zugang zum Landesfürsten verfügten, begründet. Im Falle Kurbrandenburgs handelte es sich lediglich um den recht überschaubaren Kreis der Geheimen Kammersekretäre, der Kammerräte und um den Kanzler, die Einfl uss auf die Personalentscheidungen ihres Lan- desherrn besaßen1316. Diesem äußerst begrenzten Personenkreis stand – für den bürgerli- chen Bewerber zudem erschwerend hinzutretend – eine der gering ausgebildeten Verwal- tungsorganisation geschuldete relativ kleine Anzahl an Ämtern gegenüber1317. Ein übriges tat die betont adelsfreundliche Politik des Hauses Hohenzollern, was dazu führte, dass selbst Personen aus der überschaubaren Gruppe der städtischen Eliten von den höheren und höchsten Ämtern in Hof- und Landesverwaltung weitestgehend ausgeschlossen blie- ben. Dass sich die Erlangung und Weitergabe der landesherrlichen Ämter zudem vielfach im engeren Familienkreis vollzog, verwundert dementsprechend nicht. Eine nicht zu un- terschätzende Rolle maßen die städtischen Führungsschichten deshalb namentlich dem Konnubium mit der landesherrlichen bürgerlichen Amtsträgerschicht zu. In etlichen quel- lenmäßig gut zu belegenden Fällen führte gerade ein bewusstes Heiratsverhalten dieser Familien zu dem erwünschten Ziel1318. Das mit dem Amt verknüpfte Sozialprestige trat als ein weiteres wesentliches Mo- tiv mit Sicherheit hinzu, bedeutete doch die Erlangung eines Amtes im landesherrlichen Dienst, eine Sonderstellung innerhalb der städtischen Sozialverfassung einzunehmen, d.h. innerhalb der städtischen Sozialverfassung aufzurücken und darüber hinaus in Kon- kurrenz mit der politisch, ökonomisch und kulturell tonangebenden kurbrandenburgi-

1313 Es handelt sich um die Familien Zerer, Matthias und Distelmeier. Vgl. dazu Hahn, Peter-Michael: Landesherrliches Amt und Stadtbürgertum, S. 256 – 262. 1314 Hahn, Peter-Michael: a.a.O., S. 255. 1315 Vgl. hierzu Bahl, Peter: Der Hof des großen Kurfürsten, S. 138. – Zur Bedeutung von Patenschaf- ten am Beispiel des Lampert Distelmeier siehe: Hahn, Peter-Michael: a.a.O., S. 260. 1316 Vgl. Hahn, Peter-Michael: a.a.O., S. 264. Insgesamt handelt es sich für die Zeit Kurfürst Joa- chims II. um einen Personenkreis von ungefähr 20 Menschen. 1317 Neugebauer, Wolfgang: Die Kurmark und ihre Verwaltung, S. 28. 1318 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 120 – 130. VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 259 schen Adelsgesellschaft treten zu dürfen1319. Denn den Fesseln und Beschränkungen in der Lebensführung, die bis ins Detail für sämtliche Angehörige des Bürgerstandes, ihrem jeweiligen Stand entsprechend, qua städtischer Polizeiordnung1320 verbindlich festge- schrieben waren, entkamen nur die im landesherrlichen Dienst Stehenden1321. Vom kur- fürstlichen Trompeter bis zum kurmärkischen Kanzler galt dies für alle am Cöllner Hof Tätigen ausnahmslos. Von daher erklären sich auch die zahlreichen Klagen des Stadtbür- gertums über die bürgerliche Amtsträgerschaft. Nicht nur waren sämtliche kurfürstliche Amtsträger dem städtischen Gerichtsstand enthoben, die Vergünstigungen bezüglich der Besteuerung ihres städtischen Vermögens sowie bei der Neuaufnahme der Hofl eute in die Bürgerschaft der Doppelstadt sorgten zudem für weiteren Zwist zwischen Stadt und Hof1322. Ein nicht zu unterschätzendes Motiv für das stadtbürgerliche Engagement in höfi - schen Diensten dürfte auch die sich ihnen dort eröffnende Möglichkeit des Gütererwerbs gewesen sein. Zwar verbietet sich ein diesbezüglicher Vergleich in Größe und Umfang der geschäftlichen Transaktionen mit ihrer adligen Konkurrenz grundsätzlich. Eine ganze Reihe von Beispielen belegen jedoch, dass in dieser Hinsicht auch die bürgerliche Amts- trägerschicht und ihre Umgebung von den personalen Beziehungen und Verfl echtungen sowie aufgrund ihrer – im Verhältnis zu jenem kleinen Kreis adliger Amtsträger deutlich bescheideneren – Geld- und Kreditgeschäfte durchaus zu profi tieren verstand. Joachim Zerer etwa, Sohn des gleichnamigen Kanzlers1323, rückte unter Joachim II. nicht nur zum bürgerlichen Hofrat und 1537 zum Berliner Hofrichter auf, der Kurfürst verlieh ihm darüber hinaus in Ansehung seiner Verdienste Michaelis 1538 vor Frank- furt die Burglehens-Gerechtigkeit. Darüber hinaus erwarb er vom Hofmeister Hans von Hacke das Dorf Schöneiche käufl ich1324. In Gütergeschäfte verwickelt war auch der Kammersekretär Hans Brettschneider, Sohn des gleichnamigen kurfürstlichen Sekretärs und Cöllner Ratsherrn. Er verfügte nicht nur über städtischen Grundbesitz1325, sondern

1319 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Landesherrliches Amt und Stadtbürgertum, S. 265 f. 1320 Vgl. die Polizeiordnung von 1550 abgedruckt in: Friedensburg, Walter (Hg.): Kurmärkische Stän- deakten, Bd. 1, S. 784 ff., 827 ff.; einen guten Überblick für Kurbrandenburg bietet Schulze, Rei- ner: Die Polizeigesetzgebung zur Wirtschafts- und Arbeitsordnung der Mark Brandenburg in der frühen Neuzeit, Aalen 1978. Zu deren sozialgeschichtlicher Relevanz vgl. Endres, R.: Ländliche Rechtsquellen als sozialgeschichtliche Quellen, in: Blickle, Peter (Hg.): Deutsche ländliche Rechts- quellen, Stuttgart 1977, S. 161 ff. 1321 Vgl. dazu die in den Jahren 1580 und 1604 erlassenen Luxusordnungen des Kurfürsten und der Städte Berlin-Cölln für die Bürger der Residenzstadt in: Mylius, Christian Otto: Corpus Constitu- tionum Marchicarum, Bd. 5, Berlin 1740, Abt. 1, Nr. 7 und 8, Sp. 59 – 83. Zu diesem Thema auch: Schulz, Knut: Der festliche Tod, S. 200 – 201; ferner König, A.B.: Versuch einer historischen Schil- derung, S. 106 – 122 sowie Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 167. 1322 Zu diesem Themenkomplex vgl. Beck, Lorenz: Hofpersonal und Bürgerschaft, S. 23 f.; Hahn, Pe- ter-Michael: Landesherrliches Amt und Stadtbürgertum, S. 263; zu den Polizeiordnungen in den adligen Mediatstädten vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 89 – 97. 1323 Holtze, Friedrich: Die ältesten märkischen Kanzler, S. 498 ff. 1324 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 204, Anm. 25. 1325 1558 erwarb er das sogenannte Creutzische Haus in der Berliner Klosterstraße. Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 207. 260 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert möglicherweise in Konkurrenz zum brandenburgischen Landadel auch über einen Ritter- sitz mit vier Hufen in Rosenthal im Niederbarnim, den er von Michel Happe erworben, später jedoch wieder an den Berliner Kaufherrn Hans Mittelstraß weiterverkaufte1326. Über städtischen1327 wie ritterschaftlichen Grundbesitz verfügte auch der bürgerliche Rat Panthaleon Thum, der mit dem Ankauf des Gutes Falkenberg im Niederbarnim vom Kurfürsten selbst ganz bewusst den Lebensstil des märkischen Landadels zu imitieren suchte. Bezeichnenderweise verbrachte er seine letzten Lebensjahre nicht in der Stadt, sondern auf seinem Gut. Von der Dominanz adliger Lebenskultur zeugt auch das Beispiel des Lehnssekretärs Joachim Schaum (Schum). Qua Erbschaft bereits früh im Besitz des Dorfes Steglitz im Teltow1328, verdankte er den mehrfachen Gnadenbeweisen seines Lan- desherrn eine Reihe von Gütern, Renten und Einkünften aus verschiedenen Dörfern, die er zum Teil zur gesamten Hand erhielt1329. Zur Belohnung für seine Dienste wurde auch der Kanzleisekretär Jacob Francke 1537 mit den Lehngütern des verstorbenen Jeronimus Retzow unter anderem in Wildenbruch und Friedersdorf vom Kurfürsten belehnt1330, und 1570 erteilte dieser dem Kanzleischreiber Barthold, also einem vergleichsweise unterge- ordnetem bürgerlichen Amtsträger, eine Angefällsverschreibung auf ein Schulzengericht im Amt Zossen1331. Die weitaus stärkste Gruppe der am Hof zu Cölln an der Spree Beschäftigten bildete jedoch die wohl nicht mehr exakt zu quantifi zierende Schar der „einfachen“ Bürger der Doppelstadt. Für sie stellte das kurfürstliche Schloss zweifellos den größten Arbeitgeber innerhalb der Residenzstadt dar. Umgekehrt war ohne die Bürger der Doppelstadt an ein Funktionieren von Hofstaat und Hofwirtschaft nicht zu denken. Aus der Untersuchung der einschlägigen Quellen1332 tritt dieser Umstand klar und deutlich hervor. Aus ihnen gewinnen wir nicht nur ein recht präzises Bild von den engen personalen Beziehungen und Verfl echtungen zwischen Residenzstadt und kurfürstlichem Hof. Die Personalverzeichnisse vermitteln darüber hinaus einen plastischen Eindruck von den vielfältigen Tätigkeiten, denen diese als einfache Hofbedienstete Beschäftigten nach- gingen und derer die Unterhaltung und Versorgung eines landesfürstlichen Hofes notwen- dig bedurfte. So fi nden wir etwa im Hofstaatsverzeichnis die Unterscheidung zwischen den Personen, „die man teglich speysen muß“, und solchen, die Kostgeld erhielten. Zur

1326 Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 207. 1327 Das späterhin als Stapfi sches bekannte Haus in Berlin nannte Thum sein Eigen. Vgl. hierzu Haß, Martin: a.a.O., S. 209. 1328 Vgl. Fidicin, Ernst: Territorien, Teltow, S. 134. 1329 Haß, Martin: a.a.O., S. 211 Anm. 54. 1330 Haß, Martin: a.a.O., S. 215, Anm. 63. 1331 GStA PK, VII. HA, Urkunden, Märk. Ortschaften Nächst-Neuendorf, Nr. 1. 1332 Vgl. dazu das älteste Berliner Bürgerbuch 1453 – 1700, hrsg. von Peter von Gebhardt (= Veröffentli- chungen der Historischen Kommission für die Provinz Brandenburg und die Reichshauptstadt Ber- lin, Bd. 1,1), Berlin 1927; Die Bürgerbücher von Cölln an der Spree 1508 – 1611 und 1689 – 1709 und die chronikalischen Nachrichten des ältesten Cöllner Bürgerbuches 1542 – 1610, hrsg. von Peter von Gebhardt (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für die Provinz Branden- burg und die Reichshauptstadt Berlin, Bd.I,3), Berlin 1930; ferner Beck, Lorenz: Hofpersonal und Bürgerschaft, S. 20 ff. VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 261 ersten Gruppe zählten unter anderen die Kammerknechte und Stubenheizer, der Prinzen- erzieher, Ammen und Lakaien, ferner – im Bereich der Küche – Küchenmeister und Kü- chenschreiber, Köche, Spüler und Fischer. Der Hofbarbier, ein Hofschmied, zehn Trom- peter, ein „thurhuter in der kirchen“, ein Balgentreter bei der Orgel, der Hofschneider, Jagdbedienstete sowie „Helfer“ auf dem Mühlenhof werden darüber hinaus genannt. Zu den Kostgeldempfängern rechnet das Hofstaatsverzeichnis sämtlich die bürgerlichen Räte in Kanzlei und Rentei, ferner die Harnischknechte in der kurfürstlichen Harnischkam- mer1333, den Panzermacher, Steinmetz und Bildhauer, den Büchsenmeister und „Gießer“, einen Spießmacher, reitende und laufende Boten, Entensteller, Vogelsteller und Heubin- der. Dem künstlerisch-musikalischen Bereich zuzuordnen sind ein Harfenschläger, ein Sangmeister, 4 „alleluiajungen“ (i.e. Sängerknaben; Anm. A.B.), ein Organist, ein Ma- ler Andres u.a.m.1334. Die Bürgerbücher der Städte Cölln und Berlin kennen darüber hin- aus noch den Hauskellermeister, den Ausreiter, Kutscher zu Hofe und Karrenknecht, den Wächter im Schloß, den Hofsattler, den Bäcker und den Brauer auf dem Mühlenhof, den Schwarzfärber, Schmelzer sowie den Gärtner und Bader, um nur einige zu nennen.

2. Kurfürstlicher Hof und lokale Herrschaft

2.1 Die politischen und ökonomischen Voraussetzungen im Verhältnis von Adel und Landesherr

Namentlich für die borussisch inspirierte Geschichtsschreibung stellte sich die landes- herrliche Politik der ersten Hohenzollern auf märkischem Boden in erster Linie als ein Kampf zwischen ihnen und dem brandenburgischen Adel dar, der sich unter der Füh- rung der Quitzows und ihrer adligen Freunde lange Zeit dem Versuch widersetzt habe, in der Mark eine geordnete Landesherrschaft mit fester Landesordnung und machtvol- ler fürstlicher Gewalt herzustellen1335. Umgekehrt wurde dem Hause Hohenzollern, ins- besondere dem Kurfürsten Joachim I., das Verdienst zugeschrieben, mit Raubrittertum und schrankenlosem Fehdewesen endgültig und ein für allemal aufgeräumt zu haben1336. In dieser doppelten Sichtweise artikulierte sich das um Legitimation und Verherrlichung bemühte Geschichtsbild von Historikergenerationen, denen es darum ging, eine gerade Linie zu ziehen von den Anfängen preußischer Geschichte auf märkisch-brandenburgi-

1333 Diese befand sich außerhalb des Schlosses in einem dem Schloß schräg gegenüber liegenden Ge- bäude an der Ecke der Brüderstraße. Vgl. dazu Haß, Martin: a.a.O., S. 142, Anm. 93b. 1334 Ein Verzeichnis der in den Bürgerbüchern der Doppelresidenz verzeichneten Amtsträger und Be- diensteten chronologisch nach dem Datum ihrer Bürgeraufnahme in Berlin und Cölln geordnet fi n- det sich bei: Beck, Lorenz: Hofpersonal und Bürgerschaft, S. 22 – 23. 1335 Eine durchaus abgewogene Beurteilung der Quitzow bei Hoppe, W.: Die Quitzows, S. 265 ff., ins- besondere S. 284 f. 1336 Vgl. dazu etwa Hintze, Otto: Die Hohenzollern und der Adel, S. 32; ders.: Die Hohenzollern und ihr Werk, S. 48 f.; Koser, Reinhold: Geschichte der brandenburgischen Politik, S. 85 ff.; Pierson, William: Preußische Geschichte, Bd. 1, 8. Aufl ., Berlin 1903, S. 39 ff. 262 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert schem Boden über Friedrich den Großen bis hin zu Otto von Bismarck, der auf diese Weise zum Erfüller preußisch-deutscher Geschichte stilisiert wurde1337. Zudem ging die- ser Geschichtsmythos von einem Bild von Staatlichkeit aus, das unter dem Eindruck des modernen Machtstaates entstanden war, mit dem mittelalterlichen Bild eines reichischen Territorial- oder Landesstaats aber nichts zu tun hatte1338. In Wahrheit stützten sich nicht erst die brandenburgischen Hohenzollern, sondern be- reits die Wittelsbacher und Luxemburger in der Ausübung ihrer Herrschaft über Grund, Boden und Personen in der Mark Brandenburg auf die Macht der lokalen und regionalen Adelsgewalten zwischen Elbe und Oder1339. Dies hing unter anderem mit den naturräumli- chen Bedingungen in der Mark zusammen. Die Größe des Landes und die äußerst schwie- rigen Verkehrs- und Kommunikationsverhältnisse verhinderten noch bis ins 18. Jahrhun- dert hinein ein wirksames Durchgreifen der landesfürstlichen Autorität bis in den letzten Winkel des Kurfürstentums. Des weiteren erlaubte die im gesamten 15. Jahrhundert viru- lente Finanznot des Landesfürsten1340 keine Intensivierung seiner Landesherrschaft. Die Verpfändung von Burgbezirken und Herrschaftsrechten als Folge der unzureichenden landesherrlichen Finanzverwaltung war einerseits Ausdruck der Abhängigkeit des Fürs- ten von den lokalen und regionalen Adelsgewalten bei der Ausübung von Herrschaft. An- dererseits deutet sich in der im 15. und 16. Jahrhundert häufi g geübten landesfürstlichen Praxis, Herrschafts- und Besitzrechte zu kommerzialisieren1341, das enge politische und ökonomische Beziehungsgefl echt zwischen beiden Seiten an1342. Dies blieb auch so wäh- rend des gesamten 16. Jahrhunderts. Zwar gewann die Landesherrschaft unter den Kurfürsten des Reformationszeit- alters wieder an Handlungsspielraum. Doch dies war keineswegs einer Schwächung der landständischen Ritterschaft geschuldet. Vielmehr ging dieser Gewinn auf Kos-

1337 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Landesstaat und Ständetum, S. 44 f.; ders.: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, S. 29, 40, 74 Anm. 138; ferner Anderson, Pauline R.: Gustav Schmoller, in: Wehler, Hans-Ulrich (Hg.): Deutsche Historiker, Bd. 2, Göttingen 1971, S. 48 ff. und Kocka, Jürgen: Otto Hintze, in: Wehler, Hans-Ulrich (Hg.): Deutsche Historiker, Bd. 3, Göttingen 1972, S. 52 ff.; zuletzt ausführlich am Beispiel des Friedrich-Bildes in der Geschichtswissenschaft: Hahn, Peter-Michael: Friedrich der Große und die deutsche Nation. Geschichte als politisches Argument, Stuttgart 2007. 1338 Vgl. Böckenförde, E.-W.: Die deutsche verfassungsgeschichtliche Forschung im 19. Jahrhundert, Berlin 1961, S. 197 ff.; Brunner, Otto: Land und Herrschaft, 5. Aufl ., Wien 1965, S. 146 ff., bes. S. 160 f. 1339 Vgl. Cramer, H.: Die Herren von Wedel im Lande über der Oder, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 18 (1969), S. 68 ff., 108 ff.; ferner: Hahn, Peter-Michael: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, S. 34 ff.; ders.: Adel und Landesherrschaft, S. 45 ff. 1340 Zu diesem Themenkomplex: Droege, Georg: Die Ausbildung der mittelalterlichen territorialen Fi- nanzverwaltung, in: Patze, Hans (Hg.): Der deutsche Territorialstaat im 14. Jahrhundert, Bd. 1, Sig- maringen 1970, S. 330 ff.; ders.: Die fi nanziellen Grundlagen des Territorialstaats, in: Vierteljahres- schrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 53 (1966), S. 148 ff. 1341 Vgl. hierzu Landwehr, G.: Mobilisierung und Konsolidierung der Herrschaftsordnung im 14. Jahr- hundert, in: Patze, Hans (Hg.): Der deutsche Territorialstaat im 14. Jahrhundert, Bd. 2, Sigmaringen 1971, S. 486 ff. 1342 Zu den wirtschaftlichen Folgen der Fehde vgl. Patze, Hans: Grundherrschaft und Fehde, in: ders. (Hg.): Die Grundherrschaft im späten Mittelalter, Bd. 1, Sigmaringen 1983, S. 267 ff. VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 263 ten der städtischen Gewalten, deren ökonomische Bedeutung im Zuge ihrer rechtlichen Beschränkungen durch die Hohenzollern dramatisch zurückging1343. Anders formuliert könnte man – vielleicht ein wenig überpointiert – behaupten: In dem Maße, wie die Ho- henzollern deren Rechte beschnitten hatten, stiegen diejenigen des Adels proportional an1344. Insbesondere von der günstigen Entwicklung des agrarischen Gütermarktes im 16. Jahrhundert, der durch ein über Jahrzehnte stattfi ndendes Anziehen des Getreideprei- ses und einen deutlichen Bevölkerungsanstieg gekennzeichnet war1345, profi tierte die land- ständische Ritterschaft nachdrücklich1346. Zu Lasten der Städte beförderten die Kurfürsten die ökonomischen Ambitionen der landbesitzenden Ritterschaft1347. Eine dem Bevölke- rungswachstum geschuldete steigende Nachfrage nach Getreide sowie die Verdrängung des städtischen Bürgertums aus dem ländlichen Braugeschäft und dem Getreidehandel und mit anderen agrarischen Produkten vergrößerte den adligen Wohlstand nachhaltig1348. Eine kleine Elite von vielleicht einem guten Dutzend schlossgesessenen Geschlech- tern1349 verstand es in diesem Zeitraum, qua ritterschaftlicher Kapitalbildung Einfl uss auf die landesherrliche Finanzpolitik zu gewinnen, was durch die fürstliche Misswirtschaft zusätzlich begünstigt wurde1350. Aus den Einkünften des Domanialgutes, der Zölle und

1343 Vgl. Dietrich, R.: Die Städte Brandenburgs im 16. Jahrhundert, in: Rausch, W. (Hg.): Die Stadt an der Schwelle zur Neuzeit, 1980, S. 153 – 192. 1344 Zur Aufhebung der Funktionstrennung zwischen landbebauendem Adel und handeltreibendem Stadtbürgertum vgl. Harnisch, Hartmut: Bauern-Feudaladel-Städtebürgertum, Weimar 1980, S. 127 ff. und Endres, Rudolf: Die deutschen Führungsschichten um 1600, in: Hofmann, Hanns Hubert/Franz, Günther (Hg.): Deutsche Führungsschichten. Eine Zwischenbilanz, Boppard/Rhein 1980, S. 29 ff.; ferner Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 73 ff. 1345 Vgl. Bechtel, Heinrich: Wirtschaftsgeschichte Deutschlands, Bd. 2: Vom Beginn des 16. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, München 1952, S. 85 ff.; Rich, E.E./Wilson, C.H. (Hg.): The Economy of Expanding Europe in the Sixteenth and Seventeenth Centuries, Cambridge 1967, S. 378 ff., bes. S. 404 ff.; Abel, Wilhelm: Massenarmut und Hungerkrisen im vorindustriellen Europa, Hamburg- Berlin 1974, S. 33 ff. 1346 Vgl. Kellenbenz, Hermann: Die unternehmerische Betätigung der verschiedenen Stände während des Übergangs zur Neuzeit, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 44 (1957), S. 1 ff.; Endres, Rudolf: Die wirtschaftlichen Grundlagen des niederen Adels in der frühen Neu- zeit, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 36 (1976), S. 215 ff.; Schissler, Hanna: Die Jun- ker. Zur Sozialgeschichte und historischen Bedeutung der agrarischen Elite in Preußen, in: Puhle, Hans-Jürgen/Wehler, Hans-Ulrich (Hg.): Preußen im Rückblick (Geschichte und Gesellschaft, Son- derheft 6), Göttingen 1980, S. 89 – 122, hier S. 91; Bünz, Enno: Adlige Unternehmer? Wirtschaftli- che Aktivitäten von Grafen und Herren im späten Mittelalter, in: Andermann, Kurt/Joos, Clemens (Hg.): Grafen und Herren in Südwestdeutschland vom 12. bis ins 17. Jahrhundert (Kraichtaler Kolloquien, 5), Epfendorf 2006, S. 35 – 69; Mieck, Ilja: Preußen und Westeuropa, in: Neugebauer, Wolfgang (Hg.): Handbuch ..., Bd. 1, Berlin 2009, S. 471 f. 1347 Vgl. Haß, Martin: Die kurmärkischen Stände, München-Leipzig 1913, S. 152 ff., 161 ff. 1348 In diese Phase fällt nicht zufällig die um 1550 einsetzende Bautätigkeit der reichen landadligen Ma- gnaten. Vgl. dazu Kap. B,III dieser Arbeit. 1349 Riedel, Adolph: Von dem Unterschiede zwischen den beschlossenen und unbeschlossenen Ge- schlechtern der Brandenburgischen Ritterschaft, in: MF 1 (1841), S. 266 – 290. 1350 Haß, Martin: Die kurmärkischen Stände, S. 174 ff.; Croon, H.: Die kurmärkischen Landstände 1571 – 1616, Berlin 1938, S. 13 ff. 264 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert der Einnahme der Bierziese ließen sich mit den wachsenden Bedürfnissen der Landes- herrschaft die rapide wachsenden Ausgaben schon lange nicht mehr decken. So sahen sich die brandenburgischen Stände und der Kurfürst gezwungen, bei Steuerausfällen1351 ihre Gelder auf den Leipziger Ostermessen zu leihen1352. Eine systematische Auswertung der Biergeldregister von 1550 – 1559 sowie von 1569 – 1570 ergab eine Gesamtschuld- summe von 6.974 Talern sowie 1.300 Gulden, die kurmärkische Ständevertreter nament- lich auf den Leipziger Ostermärkten auf das von den Ständen verwaltete Biergeld ge- gen Zinsen geborgt hatten. „6666 gl. 12 sgr. an 5000 thaler Kersten Manteuffel uff seine heuptsumma bezahlt, hat Hans Loitz zu Leiptigk empfangen.“1353 Auf dem Leipziger Os- termarkt anno 1558 rückerstattete der brandenburgische Adlige Hieronimus von Drachs- dorff inklusive Zinsen 632 Gulden auf die auf das Biergeld entliehene Summe von 474 Talern1354; „20 gl. an 15 thaler Ulrich Meyern von 1500 thaler ein halb vierteljar zins, so bei ime uffbracht sein, actum Leiptzischen ostermarkt 58.“1355 Ungenannt bleibt die Rück- erstattung der Schuldsumme der Herren Blasius Stephan, Joachim von Bredow, Hans Roch, Christof von Thumen und Jacob Francke „uff den Leipzigischen ostermarkt“ anno 57 oder 58. In den Biergeldregistern notiert sind in dieser Hinsicht allein ihre Reise- bzw. Verzehrkosten: „44 gl. 11 sgr. 2 pf. hat Blasius Stephan nach Leipzigk und doselbs vor- zert und zu fuhrlohn geben, auch für 2 rath, so er unterwegen zurbrochen, bezalt, do er Manduweln, Drachstorff, Valtin Pfl ugk und andere bezalt.“, heißt es an einer Stelle. Und etwas später: „19 gl. 2 sgr. haben Joachim von Bredow und Hans Roch uff Jubilate in funf tagen alhir zu Berlin vorzert, do sie zu bestellung des Leiptzischen ostermarkts vorord- nung gethan und u. gst. h. uf der stedte vorzeichnus bericht gethan, was fur schulde im biergelde bezahlt und wie viel noch zu bezalen plieben.“ und unmittelbar im Anschluss: „32 gl. 9 sgr. 7 pf. haben Christof von Thumen, Blasius Stephan und Jacob Francke uff den Leipzigischen ostermarkt nach Leipzigk und doselbs vorzert und zu furlohn geben in 11 thagen.“1356 Ungenannt bleibt leider auch die auf das Biergeld entliehene Summe vom „Ostermarkt des 70. [Jahres; Anm. A.B.]“, die man einem Jobst Branden samt Zin-

1351 Aus Protest gegen die 1586 in der Uckermark bewilligte Junkersteuer führten die Oberstände über zwei Jahre hin keine Gelder an den Landesherrn ab. Vgl. zum Problem der ständischen Steuerver- weigerung: Haß, Martin: Die kurmärkischen Landstände, S. 189 – 195. 1352 Auf diesen Aspekt hat erstmals Peter-Michael Hahn aufmerksam gemacht. Siehe dazu: Ders.: Re- sidenzbildung und Hofgesellschaft, S. 50; ferner die Auszüge aus den Biergeldregistern der Jahre 1550 – 1570 im Anhang bei Friedensburg, Walter (Hg.): Kurmärkische Ständeakten, Bd. 2, S. 600, 683 ff., 783 ff. – Von zentraler Bedeutung für die brandenburgischen Landesherren hinsichtlich der Kreditgewährung waren nicht zuletzt auch die reichen kursächsischen Adelsfamilien. Angehö- rige der Familien von Pfl ugk (SächHStA Dresden Geheimes Archiv loc. 7240 „Acta Kurfürst Joa- chim II. zu Brandenburg Schulden“), von Bünau (BLHA Potsdam Pr. Br. Rep. 23 A. C 2117) oder von Carlowitz (BLHA Potsdam Pr. Br. Rep. 23 A. C 2286) traten als Gläubiger bzw. Bürgen der Kurfürsten von Brandenburg auf. Vgl. hierzu Göse, Frank: Der Blick über die Grenzen: Branden- burgische und sächsische Adlige im 16. und 17. Jahrhundert, S. 70 – 71, S. 75 Anm. 17 – 19. 1353 Friedensburg, Walter (Hg.): Kurmärkische Ständeakten, Bd. 2, S. 752. 1354 Friedensburg, Walter (Hg.): a.a.O., Bd. 2, S. 753. 1355 Friedensburg, Walter (Hg.): a.a.O., Bd. 2, S. 754. 1356 Friedensburg, Walter (Hg.): a.a.O., Bd. 2, S. 763. VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 265 sen zu diesem Zeitpunkt rückerstattet hatte1357. „Das ander“, so heißt es ohne genauere Angaben, sei „ins hufenschoß geschrieben und berechnet.“1358 Von einer Schuldsumme von 1.300 Gulden plus Zins ist die Rede, die ein „Wentzel Heinrichstorff nach Leiptigk Trinitatis 58“ rückerstattete, „do er doctor Breittenbachs erben 1300 gl. Heuptsumma und zins bezalt“1359. Ungleich höher beläuft sich indessen die Gesamtschuldsumme, die man auf das städ- tische Hilfsgeld belieh. Es handelt sich um einen Betrag von insgesamt 18.500 Talern und 4.000 Gulden. Dieser verteilt sich wie folgt: Auf die Hauptsumme von 3.000 Talern zahlt Anzelhem (i.e. Anselm) von Zeswitz einem Heinrich Cramer zu Leipzig 4.000 gl. zurück1360; 13.333 Gulden, 6 Silbergroschen samt einem Aufgeld von 33 Gulden 6 Sil- bergroschen zahlte anno 1566 der Bruder Joachims II., Markgraf Hans von Küstrin, auf eine bei Jacob Grieben zu Leipzig auf das städtische Hilfsgeld aufgenommene Summe in Höhe von 10.000 Talern1361. 4.000 Gulden auf eine ungenannte Schuldsumme erstattete „uff Petri Pauli“ ein Zaswiz dem Leipziger Kaufmann Heinrich Kramer1362. Einem Ulrich Meier zu Leipzig werden von einem unbekannten Schuldner 2.666 Gulden 22 Groschen auf die Hauptsumme von 2.000 Talern1363, dem Leipziger Gläubiger D. Sebastianus Hei- ligern auf die Hauptsumme von 1.600 Talern 2.123 gl. 11 gr.1364 und dem Wulff Hertteln zu Leipzig die Rate von 15 gl. 12 gr. auf die geborgte Hauptsumme von 2.000 th. rück- erstattet1365. Namentlich die unverhältnismäßig hohen Hofhaltungskosten1366 sowie der unter gro- ßem Aufwand von Seiten Brandenburgs durchgeführte und in einem militärischen Desas- ter endende Türkenfeldzug vom Jahre 15421367 haben sich auf die ökonomische Stellung des Brandenburgers besonders nachteilig ausgewirkt. Auf Jahrzehnte hinaus zwangen die dafür aufgenommenen Schulden den Kurfürsten, fast alle Ämter und Kirchengüter zu verpfänden1368. Als deren Folge geriet der Kurfürst zusehends mehr in die Abhängigkeit seiner schon vorher nicht kleinen Schar an Gläubigern. Das Verhältnis zwischen landes- fürstlichen Aufgaben und Einnahmen geriet nämlich seit 1542 in eine irreversible Schief-

1357 Friedensburg, Walter (Hg.): a.a.O., Bd. 2, S. 784. 1358 Ebd. 1359 Friedensburg, Walter (Hg.): a.a.O., Bd. 2, S. 764. 1360 Friedensburg, Walter (Hg.): a.a.O., Bd. 2, S. 789. 1361 Friedensburg, Walter (Hg.): a.a.O., Bd. 2, S. 792. 1362 Ebd. 1363 Friedensburg, Walter (Hg.): a.a.O., Bd. 2, S. 798. 1364 Friedensburg, Walter (Hg.): a.a.O., Bd. 2, S. 799. 1365 Friedensburg, Walter (Hg.): a.a.O., Bd. 2, S. 800. 1366 Vgl. Droege, Georg: Die fi nanziellen Grundlagen, S. 149. Unter Hinweis auf die Klagen der Stände über die unverhältnismäßig hohen Kosten der Hofhaltung weist Droege darauf hin, dass diese in der Regel den höchsten Unkostenanteil im landesherrlichen Haushalt, und zwar bis zu 90 % des Gesamteinkommens, ausmachten. Vgl. zu den Hofhaltungskosten am kurbrandenburgischen Hof: Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 154. 1367 Im Falle der militärischen Auseinandersetzungen zwischen Hessen und Kurmainz verschlangen die Kosten eines nur kurz währenden Sommerfeldzuges mehr als ein Jahreseinkommen. Vgl. dazu Droege, Georg: Die fi nanziellen Grundlagen, S. 153, insbesondere hier Anm. 26. 1368 Zum Anlaß für die Ämterverpfändungen vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 224 f. 266 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert lage, derer der Landesherr nur noch auf dem Wege rechtlicher Zugeständnisse gegenüber seinen Ständen zu entkommen wusste. Dessen seit diesem Zeitpunkt dramatisch wach- sende fi nanzielle Misere führte bereits 1549 zur Entstehung eines territorialen Kredit- werks, was nichts anderes bedeutete, als dass die Stände die gesamte Steuerverwaltung in Gestalt des sogenannten „Ständischen Kreditwerks“ in der Kurmark an sich zogen. In- folgedessen stammten von nun an die zentralen Einkünfte des Brandenburgers allein aus seinem Domänenbesitz1369. Für den kleinen Kreis der am Hofe und in der Landesverwaltung tätigen Adligen hingegen bedeutete diese Entwicklung hin zu einer ständischen Finanzverwaltung eine höchst sichere und vor allem hochrentable Einkommensquelle, da das Kreditwerk seine Gelder vornehmlich von solch fi nanzstarken Personen wie ihnen zu einem Zinssatz von fünf bis zehn Prozent lieh1370. Von den stets schwankenden Einkünften aus der Landwirt- schaft wurden sie so zusehends unabhängiger.

2.2 Der Einfl uss der Cöllner Hofgesellschaft auf die Entwicklung der landschaftlich verfassten Ritterschaft

Eine zentrale Funktion spielte in diesem Zusammenspiel von Landesherrschaft und Adels- gesellschaft der landesherrliche Hof und hier insbesondere Schloss und Schlossbezirk in Cölln an der Spree1371. Der kurfürstliche Hof fungierte in diesem Beziehungsgefüge, und zwar seit seiner Existenz1372, als eine Art Forum, auf dem nicht nur die Distributionswege und Distributionsregeln für den höfi schen „Gütermarkt“ festgelegt wurden. Er war darü- ber hinaus gleichsam Bühne und Kontaktbörse, auf der über die Verteilung von Ämtern, Privilegien und den Erwerb ökonomischer Chancen entschieden, Geldgeschäfte getätigt, politische Willensbildung betrieben, aber auch familiäre und politische Allianzen gestif- tet wurden1373. Eine entscheidende Rolle kam in diesem Verteilungskampf innerhalb der Hofgesellschaft, der sich auch und vor allem als ein Wetteifern um die Gunst des Fürs- ten darstellte, dem personalen Beziehungsgefl echt innerhalb der Hofstaatsgesellschaft zu. Durchaus analog zu den Rekrutierungsmustern der bürgerlichen Amtsträgerschaft

1369 Vgl. Isaacsohn, S.: Die Finanzen Joachims II. und das Ständische Kreditwerk, in: Zeitschrift für preußische Geschichte 14, S. 455 ff. 1370 Zur Frage der Ausweitung der ständischen Befugnisse im Zuge der Einsetzung des Ständischen Kreditwerks vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 163. 1371 Zur personellen Zusammensetzung des Cöllner Hofes vgl. Beck, Lorenz: a.a.O., S. 22, Anm. 202; ferner dazu im Vergleich diejenige am Küstriner Hof: Mollwo, Ludwig: Markgraf Hans von Küst- rin, S. 85 – 90; zur Verfl echtung von Adels- und Hofgesellschaft namentlich im 17. und 18. Jahrhun- dert vgl. Göse, Frank: Rittergut-Garnison-Residenz, S. 329 – 382. 1372 Ahrens, Karl-Heinz: Die Entstehung der landesherrlichen Residenz, S. 34, ferner ders.: Residenz und Herrschaft, S. 120 ff. 1373 Zum Hof als Kommunikationsraum vgl. Schlögl, Rudolf: Der frühneuzeitliche Hof als Kommu- nikationsraum, S. 193, 203; ferner Hahn, Peter-Michael/Lorenz, Hellmuth (Hg.): Herrenhäuser in Brandenburg und der Niederlausitz, Bd. 1, S. 44, Sp. 2. VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 267 entschieden Freundes- und Gattenwahl1374, konfessionelle, landsmannschaftliche, pro- fessionelle und anderweitige Zugehörigkeitsfaktoren über die Aufnahme in die fürstliche Amtsträgerschaft1375. Allein ein fein gesponnenes Netz von Klientelbeziehungen versetzte den Fürstendiener in die Lage, über den Dienst am Hofe lukrative Kredit- und Geldge- schäfte, meist als Gläubiger des notorisch fi nanzschwachen Kurfürsten, zu tätigen, bezie- hungsweise mit der Amtshauptmannschaft eines der gerade in der Verfügungsgewalt des Landesfürsten stehenden Ämter – vielfach pfandweise – bestallt zu werden. Umgekehrt verfügte einzig der Landesfürst über die Möglichkeit, einen kleinen Kreis mächtiger, mit ihm – allerdings gegen hohe Zinsen – in geschäftlichen Beziehungen stehenden Amtsträ- ger durch die Aussicht auf den pfandweisen Erwerb fürstlicher Domanialgüter und die Erteilung von Anwartschaften auf heimgefallene Ritterlehen politisch und persönlich an sich zu binden. Die adligen Kreditgeschäfte erfüllten darüber hinaus in den Augen dieser kleinen, mächtigen Amtsträgerschicht die Aufgabe, ihre Güter – in Erwartung hoher Ren- diten aus den steigenden Getreidepreisen – durch den Ankauf weiteren Landbesitzes zu vergrößern. Davon versprachen sie sich einerseits die Ausstattung und Versorgung ihrer in der Regel zahlreichen Nachkommenschaft sowie andererseits eine Vermehrung ihres unter anderem an die Größe ihres Landbesitzes gebundenen Sozialprestiges am Hofe wie in den Augen ihrer landadligen Freunde und Hintersassen. Das Bedürfnis der Hofadligen nach einer sozial herausgehobenen Lebensweise traf sich genau hier mit dem Streben des Landesherrn nach fürstlichem Glanz. Adlige Gesittung und Lebensweise bildeten in die- sem Kontext eine breite und solide Grundlage an Gemeinsamkeiten1376. Vereinzelt gelang es den adligen Kreditgebern des Fürsten dank dieser verschiedensten persönlichen, politischen und wirtschaftlichen Kontakte, wertvolle Domanialgüter ganz in ihren Familienbesitz zu bringen. Sämtliche von den über die gesamte Mark Brandenburg verteilten geschätzten 40 – 45 Ämtern1377 waren nicht zufällig ausschließlich mit adligen Standespersonen besetzt. Unter Joachim II. waren dies folgende aus den wichtigsten ad- ligen Familien der Mark Brandenburg stammenden Namen: Eustachius von Schlieben1378,

1374 Vgl. Euler, Fr. W.: Wandlungen des Konnubiums im Adel des 15. und 16. Jahrhunderts, in: Röss- ler, H. (Hg.): Deutscher Adel 1430 – 1555, Darmstadt 1965, S. 60 ff.; ferner Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 120 – 130. 1375 Vgl. dazu auch mit Blick auf das 17. Jahrhundert Bahl, Peter: Am Hof des Großen Kurfürsten, S. 177 ff. 1376 Hahn betont in diesem Zusammenhang wohl zu Recht, dass die Klagen der Stände über die ste- tig wachsende Verschuldung des Hofes nicht mit der Haltung und Gesinnung der wohlhabenderen Schichten der brandenburgischen Ritterschaft übereingestimmt haben werden. Dazu: Hahn, Peter- Michael: Adel und Landesherrschaft, S. 55. 1377 Die Zahl beruht auf einer Berechnung von Martin Haß, in: ders.: Die Hofordnung, S. 130. 1378 Amtshauptmann des äußerst einträglichen Amtes Zossen, das er vom Kurfürsten gegen eine Besol- dung von 100 Gulden im Jahre 1536 übertragen bekam, späterhin in eine Pfandschaft umgewandelt, da Schlieben eine Schuld des Kurfürsten von 8.654 Talern übernahm und ihm mit zusätzlichen fi - nanziellen Mitteln unter die Arme griff; Aufl ösung der Pfandschaft und Rückführung in landesherr- lichen Besitz 1549 mit fi nanzieller Unterstützung der Landschaft. Vgl. dazu Haß, Martin: a.a.O., S. 131. 268 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Hans von Hacke1379, Jacob (IV.) von Arnim1380, Caspar von Köckeritz1381, Johann von Grä- venitz auf Tornow1382, Caspar von Klitzing1383, Georg von Flanß1384, Matthias von Oppen1385, Curt von Rohr1386, Matthias von Saldern1387, Hans und Georg von Bose1388, Joachim von Lüderitz1389, Michael Happ von Happberg1390, Bertram von Bredow1391, Georg von Lind- stedt1392, Hans von Arnim der Jüngere1393, Balthasar von Beerfelde1394 sowie Wilhelm Schenk zu Landsberg1395. Nicht zufällig begegnen uns viele dieser Amtsträgernamen aus der brandenburgischen Landesverwaltung auch in einfl ussreichen und -reichsten Hofämtern wieder. Es handelt sich entweder um die Amtsträger selber, die gleichzeitig von ihrem Landesherrn mit ei- nem solchen Posten bestallt wurden1396. Oder es waren Mitglieder ihrer weit verzweigten

1379 Amtshauptmann von Bötzow und Liebenwalde, gleichzeitig Haushofmeister am kurfürstlichen Hofe. Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 131. 1380 Amtshauptmann von Bötzow und Liebenwalde (1541 bis 1560) und 1548 bis zu seinem Tode als Pfandinhaber Amtshauptmann von Chorin.Vgl. Haß, Martin: ebd. 1381 Amtshauptmann von Chorin, dem das 1543 säkularisierte Amt wiederverkäufl ich verpfändet wurde; 1546 durch die uckermärkischen Stände abgelöst und für kurze Zeit in kurfürstlichen Besitz zurück- geführt. Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 132. 1382 Amtshauptmann in Spandau und seit 1549 dessen Pfandinhaber. Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 132. 1383 Amtshauptmann des „Kloster-Amtes“ Spandau auf Lebenszeit. Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 132. 1384 Amtshauptmann des „Schloß-Amtes“ Spandau. Vgl. Haß, Martin, a.a.O., S. 132. 1385 Amtshauptmann des Amtes Alt-Ruppin von 1524 bis um 1536. Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 132. 1386 Ruppiner Amtshauptmann von 1540 – 1572; gleichzeitig Landeshauptmann der Prignitz und des Landes Ruppin. Vgl. zu ihm Hahn, Peter-Michael: Curdt Rohr, S. 143 – 150. 1387 Im Besitz der Amtshauptmannschaft von Alt-Ruppin, und zwar eine Zeit lang pfandweise, und wohl um 1565 von Lehnin. Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 132 f. 1388 Hans, von 1540 bis 1547 Amtshauptmann von Tangermünde; 1549 wegen eines Kreditgeschäfts mit Joachim II. im Pfandbesitz Georgs von Bose. Bestallung Georgs zum Hofmeister der Kurfürstin und „jungen Herrschaft“ unmittelbar nach Einlösung der kurfürstlichen Schulden durch die Stände. Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 133. 1389 Hofmarschall am Spreehof und Tangermünder Amtshauptmann. Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 133. 1390 Erster Amtshauptmann des Amtes Lehnin nach dessen Umwandlung vom Zisterzienserkloster zur kurfürstlichen Domäne; gleichzeitig Kammerjunker des Kurfürsten. Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 133. 1391 Amtshauptmann von Lehnin. Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 133. 1392 Amtshauptmann der uckermärkischen Ämter Gramzow und Seehausen zwischen 1546 und 1567. Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 133. 1393 Lindower Amtshauptmann, und zwar pfandweise zwecks Verzinsung eines Darlehens von 8.000 Gulden bis zu seinem Tode 1553. Vgl. Riedel, CDB, A XXXI, 511. 1394 Amtshauptmann von Friedland (Kreis Oberbarnim), das ihm auf 10 Jahre für ein Darlehen von 5.000 Gulden wiederkäufl ich vom Kurfürsten verpfändet wurde. Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 134. 1395 Bestallung als Amtshauptmann von Friedland gegen ein Darlehen von 20.000 Gulden wiederkäuf- lich auf 30 Jahre. Vgl. Haß, Martin: a.a.O., S. 134. 1396 Dies trifft etwa zu auf folgende Personen: Georg von Flans (Hofmarschall des Kurfürsten), Joa- chim von Lüderitz (Marschall von 1546 – 1555), Georg von Bose (Frauenhofmeister), Christoph von Schlieben (Schenk des Kurfürsten), Matthias von Saldern (Türknecht, später Oberkämmerer des Kurfürsten). VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 269

Familien oder Personen ihres adligen Freundeskreises, die über ein solches Hofamt und damit über Macht und Einfl uss in unmittelbarer Umgebung des Kurfürsten verfügten1397. Vom engen Konnex zwischen Hofdienst und Gütererwerb zeugen auch die zahllosen Verpfändungsbeispiele des Kurfürsten an fi nanziell potente Adlige. Adam von Trott, Mar- schall am Hofe Joachims II., ist in diesem Zusammenhang zu nennen. Für ein größeres Darlehen verpfändete ihm der Kurfürst 1551 das ehemalige, im Zuge der Reformation säkularisierte Kloster Himmelpfort sowie das Feste Haus zu Badingen nebst anderem Zubehör zu teilweiser Nutznießung. Dank der andauernden Finanzmisere seines Landes- herrn brachte es Adam von Trott schließlich dahin, dass Joachim die Verpfändung 1557 in ein erbliches Lehen umwandelte1398, das das adlige Familiengeschlecht bis zu seinem Aussterben 1727 innehatte. Auf diese Weise haben eine ganze Reihe von adligen Günstlingen im Verlaufe des „langen 16. Jahrhunderts“ große Herrschaftskomplexe an sich bringen können. Der vom Landesherrn besonders protegierten uckermärkischen Familie der von Arnims beispiels- weise gelang es, dank der am Hofe erworbenen fi nanziellen Mittel die Herrschaft Boit- zenburg samt der Burg Plaue zu erwerben. Dieser der Nähe zum Herrscher geschuldete Gütererwerb bildete die Grundlage für die beherrschende Stellung dieser Familie in der Uckermark und innerhalb des märkischen Adels für die folgenden Jahrhunderte bis zum Zusammenbruch des Kaiserreiches 1918. Der enge Konnex zwischen Hofdienst und Gü- tererwerb bestätigt sich auch mit Blick auf die von Saldern1399. Matthias von Saldern, kur- fürstlicher Kämmerer am Hofe zu Cölln an der Spree, erwarb ebenfalls über ausgedehnte Kreditgeschäfte beträchtlichen Güterbesitz. Nachdem er bereits verschiedene landesherr- liche Domanialgüter als Verzinsung und als Sicherheit für seine Darlehen pfandweise an sich gebracht hatte, sah sich der Kurfürst gezwungen, die Verpfändung des Amtes Plat- tenburg auf Lebenszeit zu verlängern und das stattliche ehemalige bischöfl iche Tafelgut schließlich, da an eine kurfürstliche Rückzahlung der Anleihe nicht zu denken war, in ein erbliches Lehen umzuwandeln1400. Auf der Grundlage seines im Kreditgeschäft so- wie im Getreidehandel gewonnenen Vermögens erwarb auch ein weiterer einfl ussreicher Ratgeber des Kurfürsten, Eustachius von Schlieben, ausgedehnte Güter in der Niederlau- sitz. Ein ähnliches Muster fi ndet sich hinter dem 1621 getätigten Ankauf der Herrschaft Lübbenau durch Elisabeth Distelmeier, verheiratete von Lynar. Das von ihrem Schwie- gervater, Rochus Graf Lynar, im Hofdienst erworbene stattliche Vermögen rettete sie so

1397 Vgl. dazu die Zusammenstellung des Hofpersonals bei Beck, Lorenz: Hofpersonal und Bürger- schaft, S. 18 ff., ferner: die Übersichtslisten der obersten Hofbeamten Joachims II. bei Haß, Martin: a.a.O., S. 175; ders.: Bemerkungen über die Hofordnung, S. 223 – 226. 1398 Vgl. dazu Hass, Martin: Die Hofordnung, S. 156. – Sein gleichnamiger Sohn wusste den Famili- enbesitz in der Folge zu sichern. Nicht zufällig begegnet uns auch er unter Johann Georg als Hof- marschall. Weitere Beispiele für den Zusammenhang von Hofdienst, Kreditgeschäften und Güterer- werb fi nden sich etwa bei Albrecht von Schlieben, seinem Bruder Christoph, Hans von Bardeleben, Wichard (oder Wichmann) von Bardeleben auf Selbelang, Matthias von Saldern. 1399 Joachim II. belehnte sie mit der Plattenburg. Vgl. hierzu Foelsch, Torsten: Schlösser und Gärten der Mark: Plattenburg, hg. von Sibylle Badstübner-Gröger, Berlin 1993, S. 4. 1400 Vgl. hierzu Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 168. 270 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert vor Krieg und Infl ation1401. Im Zuge des wirtschaftlichen Niedergangs um 1600 begeg- nen uns noch einmal kurfürstliche Amtsträger, die sich als Landaufkäufer in großem Stil betätigten. Hierzu gehörten für das Havelland der Lehniner und Giebichensteiner Amts- hauptmann Heine Brösigke auf Ketzür, die Spandauer Amtshauptleute und kurfürstli- chen Oberhofmeister aus der Familie der von Ribbeck auf Groß Glienicke, Lichterfelde und Niederneuendorf oder die Familie Blankenburg auf Goldbeck und Wolfshagen in der Uckermark. Für die Prignitz ist an die Familie von Winterfeld zu denken, die in dieser Zeit den Besitz von Neustadt an der Dosse und Freyenstein erwarb. Über gute persönli- che und ökonomische Beziehungen zum Cöllner Hof verfügte auch der im Lebusischen ansässige Hans von Buch auf Podelzig, der seinen dortigen Besitz nach Kräften zu meh- ren verstand. 1593 nahm Johann Georg bei ihm eine Anleihe von 10.000 Talern auf, und sein Sohn trat in den Hofdienst ein1402. Wie wir sahen, litt das von einem kleinen Kreis mächtiger adliger Amtsträger be- triebene Kreditgeschäft jedoch unter einem eklatanten Mangel an Bargeld. Dies hing namentlich mit der im Denken des märkischen Landadels begründeten Auffassung zu- sammen, wonach es sich um eine Ehrenpfl icht handle, ohne ausreichende Sicherheiten Bürgschaften im engeren Familienkreis und im näheren Umfeld zu übernehmen1403. Die- ses Missverhältnis zwischen im Land kursierendem Barvermögen und materiellem Um- fang der Kreditgeschäfte führte schließlich um 1600 zwangsläufi g zum ökonomischen Kollaps1404. Das umfassende Netz von Kreditbeziehungen, das seit der Mitte des 16. Jahr- hunderts immer feiner gesponnen worden war und die gesamte Mark zusehends dichter umspannte, brach in sich zusammen1405. Einer Lawine ähnlich, führte die Zahlungsunfä- higkeit Weniger zum Kollaps des gesamten Kredit- und Bürgschaftssystems in der Mark und damit letztendlich zum Zusammenbruch der politischen Macht des sie tragenden brandenburgischen Ständetums1406.

1401 Zu Rochus Graf Lynar: Klinkenborg, Melle: Die Tätigkeit des Grafen Rochus zu Lynar in Branden- burg, in: Hohenzollern-Jahrbuch 14 (1910), S. 30 – 34. 1402 Hierzu Hahn, Peter-Michael: Herrenhäuser in Brandenburg und der Niederlausitz, Bd. 1, S. 46, Sp. 1. 1403 Hierzu vgl. auch Göse, Frank: Rittergut-Garnison-Residenz, S. 86. 1404 Vgl. Kaphahn, Fritz: Die wirtschaftlichen Folgen des 30jährigen Krieges für die Altmark, Gotha 1911, S. 24 f. 1405 Zur verhängnisvollen Bedeutung der Kreditverfl echtungen vgl. Abel, W.: Massenarmut und Hun- gerkrisen im vorindustriellen Europa, Hamburg und Berlin 1974, S. 134 – 137; zur allgemeinen ökonomischen Situation vgl. Lütge, Fr.: Die wirtschaftliche Lage in Deutschland vor Ausbruch des 30jährigen Krieges, in: ders.: Studien zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Stuttgart 1963, S. 386 f. 1406 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 39 f., 42 f., 45, 48. Die uckermärische Hufen- schoßkasse war schon vor 1618 überschuldet (Croon, H.: Die kurmärkischen Stände, S. 132); En- ders, Lieselott: „Aus drängender Not“. Die Verschuldung des gutsherrlichen Adels der Mark Bran- denburg im 17. Jahrhundert, in: Jahrbuch für Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 43 (1995) S. 1 – 23. VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 271

2.3 Zur Rolle und Bedeutung landfremder Amtsträger am Hofe und in der Landesverwaltung

Es ist eine durchaus bekannte Tatsache, dass die fürstlichen Territorialherren des späten Mittelalters wie der Frühen Neuzeit gerne „Ausländer“, um einen zeitgenössischen Be- griff zu verwenden, in ihre Dienste zogen1407. Die Hohenzollern machten von dieser Regel keine Ausnahme1408. Lange Zeit selber als Landfremde in der Mark geltend, stützten sie sich im 15. Jahrhundert namentlich auf den fränkischen Adel, um ihre Herrschaft in der Mark Brandenburg zu etablieren. Bis auf wenige Ausnahmen1409 wurden die meisten von ihnen dort jedoch nicht sesshaft, sondern kehrten nach Erledigung ihrer Tätigkeit wieder in ihre fränkische Heimat zurück1410. Dies änderte sich erst im Laufe des 16. Jahrhunderts. In beträchtlicher Zahl fanden Landadlige ihren Weg aus den Nachbarterritorien an den kurbrandenburgischen Hof1411. Und nicht zufällig befanden sie sich vielfach in nächster Nähe zum Herrscher, der eines notwendigen und konstanten Gegengewichts zu den ein- heimischen Amtsträgern und ihren ständischen Interessen bedurfte. Die bevorzugte Re- krutierung der Landfremden barg für den Kurfürsten den Vorteil in sich, auf diese Weise Macht und Einfl uss der territorial organisierten Ritterschaft am Cöllner Hofe zurückzu- drängen und sich so der indigenen Adelsgesellschaft gegenüber einen Handlungsspiel- raum zu bewahren. Über eine solche Vertrauensstellung verfügten etwa die „Meißner“ Eustachius von Schlieben1412 und Lampert Distelmeier1413, der aus dem Hessischen stam- mende Hofmarschall Adam von Trott1414 und der „Braunschweiger“ Matthias von Sal- dern. Der Kammerjunker Wolf von Kloster, der italienische Baumeister Rochus Graf von

1407 Männl, Ingrid: Die gelehrten Juristen im Dienst der Territorialherren im Norden und Nordosten des Reiches von 1250 bis 1440, in: Schwinges, Rainer Christoph (Hg.): Gelehrte im Reich. Zur Sozial- und Wirkungsgeschichte akademischer Eliten des 14. bis 16. Jahrhunderts (Zeitschrift für Histori- sche Forschung, Beiheft 18), Berlin 1996, S. 269 – 290. 1408 Grundlegend hierzu: Opgenoorth, Ernst: „Ausländer“ in Brandenburg-Preußen als leitende Beamte und Offi ziere 1604 – 1871 (= Jahrbuch der Albertus-Universität Königsberg/Pr., Beiheft 24), Würz- burg 1967; ferner Bahl, Peter: Der Hof des Großen Kurfürsten, S. 145 ff., 180 ff. 1409 Um eine solche Ausnahme handelte es sich beispielsweise bei dem Franken Georg von Waldenfels. Die Waldenfels auf Plaue waren über mehrere Generationen hinweg in der Mark ansässig. Vgl. zu ihm: Raumer, Georg W.: Codex diplomaticus Brandenburgensis continuatus, Bd. 2, S. 126 ff.; Schapper, Gerhard: Die Hofordnung, S. 104 f., 164 ff., 174 ff. 1410 Dies gilt selbst für die hohenzollernschen Kurfürsten bis einschließlich Albrecht Achill, die sämt- lich in ihr fränkisches Kernland zurückkehrten. 1411 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 172 ff. 1412 Zu seiner Person vgl. Herold, Victor: Der vielgehaßte Meißner Eustachius v. Schlieben, S. 3 f. (un- gedr. Msschr., GStA PK, I. HA, Rep. 16 A, Nr. 6,2 [vormals BLHA Pr. Br. Rep. 16 A]); Mollwo, Ludwig: Markgraf Hans von Küstrin, S. 26 f. 1413 Zu ihm: Holtze, Friedrich: Lampert Distelmeier, kurbrandenburgischer Kanzler, in: Schriften des Vereins für die Geschichte Berlins 32 (1895), S. 1 – 97. 1414 Vgl. Buchholz, Samuel: Versuch einer Geschichte der Churmark Brandenburg, Bd. 1 – 6, Berlin 1765 – 1775, hier Bd. 3, S. 371, 403; Heidemann, Julius: Die Reformation in der Mark, S. 174, 204; Mollwo, Ludwig: Markgraf Hans von Küstrin, S. 222, 243 f. 272 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert

Lynar, der Kanzler Johann von Löben und der Kämmerer Hieronimus Graf Schlick1415 sind weitere herausragende Beispiele für die bedeutende Rolle der landfremden Amtsträ- ger am Hofe. Die Heranziehung Landfremder aus möglichst hochadeligen Familien war zudem eine Frage des Prestiges und der Repräsentation. Hochadelige Familien, welche die Magnifi zenz und Würde des Kurhauses in angemessener Weise darstellen konnten, existierten innerhalb der Mark Brandenburg nur in ungenügender Zahl1416. Gemäß der Vorstellung der Zeit hob es jedoch das persönliche Ansehen eines Fürsten in dem Maße, je mehr Amtsträger von hoher und altehrwürdiger Abkunft in seinen Diensten standen. Mit den gestiegenen Repräsentationsbedürfnissen war auch der Bedarf an (Hoch-)Adli- gen gewachsen, die der Landesfürst etwa zu Gesandtschaften verwenden konnte1417. Im Missverhältnis zwischen dem einheimischen Angebot an akademisch qualifi zierten Kräften und dem tatsächlich vorhandenen landesherrlichen Bedarf lag zweifellos ein wei- terer Grund für den Zuzug landfremder Amtsträger. Eustachius von Schlieben etwa wurde nicht zuletzt aufgrund seiner profunden Fachkenntnisse in brandenburgische Dienste ge- holt1418. Der Hesse Adam Trott sowie der Kanzler Johann von Löben gehörten ebenfalls dem Kreis universitär gebildeter Amtsträger an. Von der stetig zunehmenden Bedeutung eines akademischen Bildungsgangs1419 profi tierten diese juristisch geschulten Junker und hier, aufgrund des Bildungsdefi zits breiter Schichten der märkischen Ritterschaft, die Landfremden in besonderem Maße1420. Ungeachtet der zu beobachtenden Neuorientie- rung des adligen Bildungsstrebens1421 zeigte sich der indigene brandenburgische Adel den neuen Anforderungen um 1500 in keiner Weise gewachsen. Dennoch saßen ausländische Amtsträger – im Unterschied zum Hofe – sehr selten in Ämtern der Landesverwaltung. Der Hesse Adam Trott und der „Meißner“ Eustachius von Schlieben um die Jahrhundertmitte sowie Johann von Löben und Christof von Waldenfels für das frühe 17. Jahrhundert bildeten hier zweifellos die Ausnahme1422. Der weitaus größte Teil der Landfremden wurde vom Kurfürsten ausschließlich mit der Wahrneh-

1415 Zu seiner Person: Märcker, T.: Der Fall des Kurbrandenburgischen Oberstkämmerers Grafen Hie- ronymus Schlick, in: ZPGL 3,3 (1866), S. 137 – 150; 3,4 (1866), S. 236 – 249. 1416 Der zahlenmäßig bedeutendste Teil der märkischen Ritterschaft stammte aus dem niederen Adel. Nach dem Aussterben der Grafen von Lindow und Herren zu Ruppin zählten alleine die Schenken zu Landsberg, die Gänse von Putlitz und die Grafen von Hohnstein zum einheimischen höheren Adel. 1417 Hochadlige Amtsträger haben in der kurfürstlichen Reichs- und Religionspolitik bezeichnender- weise keine Rolle gespielt. Unter den ausländischen Junkern waren es namentlich der Hofmarschall und Amtshauptmann Adam Trott, der Amtshauptmann Eustachius von Schlieben, Nickel Metzerade sowie Christof v. d. Straßen, kurfürstlicher Rat und Professor an der Frankfurter Universität, die auf diesem Felde tonangebend waren. Mit weiterführender Literatur vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 184, 317 (1054 – 1058). 1418 Vgl. Heidemann, Julius: Die Reformation in der Mark, S. 198 ff., 204, 246, 280, 285. 1419 Zum Vordringen des Römischen Rechts vgl. Raumer, G.W. von: Über die Einführung des römi- schen Rechtes in der Churmark Brandenburg, in: Ledebur, Leopold von (Hg.): Allgemeines Archiv für die Geschichtskunde des preußischen Staates, Bd. 5 (1831), S. 313, 315 f., 327 f. 1420 Hierzu vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 215 f. 1421 Vgl. Brunner, Otto: Adliges Landleben und europäischer Geist, S. 108 ff., 152 ff. 1422 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 110. VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 273 mung seiner persönlichen Belange betraut. Die prestigeträchtigen Ämter in der Landes- verwaltung, etwa die Posten eines Landes- oder Amtshauptmanns, blieben dem kleinen Kreis der mächtigen brandenburgischen Adelsgeschlechter vorbehalten. Allein diese ein- heimischen Junker verfügten in den Augen der Zeitgenossen zum einen qua Geburt über die erforderliche Magnifi zenz und Würde und zum anderen über die notwendige Kenntnis der Landesbräuche, um gestaltend in die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vor Ort eingreifen zu können. In Zeiten, in denen Gewohnheit und Herkommen den Rahmen für die Rechtsfi ndung setzten, blieb der Kurfürst auf die indigene Amtsträgerschaft ange- wiesen. So verwundert es auch nicht, dass sich unter der Gruppe der ständischen Depu- tierten ebenfalls kaum Landfremde fanden. Ein Beispiel mag dies stellvertretend für viele belegen. So berief der Kurfürst etwa 1541 zur Taxierung der Bauerngüter in den betref- fenden Kreisen folgende „Verordnete“: den Kastner von Tangermünde und den Propst zu Arnsee für die Altmark; Christoph von Quitzow zu Quitzöbel und Dietrich von Klitzing zu Demerthin für die Prignitz; Joachim von Quast zu Garzig und Matthias von Oppen für das Land Ruppin; Joachim von Bredow, Amtshauptmann von Spandau, für das Havel- land; den Amtshauptmann zu Neuhausen und Udo von Arnim den Älteren für die Ucker- mark und Stolpe; Hans von Hake und Jacob von Arnim für Löwenberg, Bötzow und Lie- benwalde; Joachim von Schlaberndorf und Christoph von Born für den Teltow; Hans von Krumesche und Jacob von Barfuß für den Hohen Barnim sowie den Amtshauptmann von Spandau und Joachim von Bredow für Rhinow und Friesack1423. Nicht zufällig stammten alle namentlich aufgeführten „Verordneten“ aus den führenden Familien derjenigen Re- gionen, deren Grund und Boden es zu schätzen galt. Wo aber lagen die Motive der Landfremden für einen Eintritt in die brandenburgische Hof- und Landesverwaltung? Elementarer persönlicher Ehrgeiz und Machtwille sind si- cherlich nicht zu unterschätzen, wie uns das Beispiel des bürgerlichen Kanzlers Lampert Distelmeier lehrt1424. Ungeachtet der vielfachen materiellen Anreize in Form von Ange- fällen, Vergünstigungen, Soldzahlungen, Gewinnen aus Pfandschaften und anderwei- tigen Gunst- und Gnadenerweisen, die ihm seitens seines Landesherrn zuteil wurden, spann Distelmeier ein feinmaschiges Netz von Kontakten und Beziehungen, dank des- sen es ihm gelang, bedeutenden Einfl uss auf seinen Herrscher und damit auf die Poli- tik des Kurfürstentums zu nehmen. Im Falle der von Winterfelds und der von Lochows, zweier von insgesamt zehn im Ruppinschen ansässiger landfremder Familien, treten uns vor allem ökonomische Beweggründe entgegen. Die von Winterfeld etwa verdankten ih- ren Aufstieg in die Führungsschicht des Ruppiner Adels ihrem im Krieg und durch Kre-

1423 Vgl. Winter, Georg: Die märkischen Stände zur Zeit ihrer höchsten Blüthe 1540 – 1550. Eine archi- valische Studie, in: ZPGL 19 (1882), S. 254 – 310, 545 – 613; 20 (1883), S. 505 – 716, hier 19 (1882), S. 546. 1424 Vgl. dazu Holtze, Friedrich: Lampert Distelmeier, S. 1 – 97; Schulz, Knut: Der festliche Tod, S. 185 – 217; Heidemann, Julius: Ein Tagebuch des brandenburgischen Kanzlers Lampert Distel- meier (Wissenschaftliche Beilage zum Programm des Berlinischen Gymnasiums zum Grauen Klos- ter, Ostern 1885), Berlin 1885. 274 B. Hauptteil: Hof und Residenz der Hohenzollern im 16. Jahrhundert ditgeschäfte mit fürstlichen Personen erworbenen Vermögen1425. Den von Lochows ge- lang dies mit großer Wahrscheinlichkeit aufgrund des Erwerbs geistlicher Pfründen1426. Ähnlich verhielt es sich mit der vor allem in der Uckermark ansässigen Familie von Trott, der Familie von Schlieben, in der Lausitz mit Lehen begabt, sowie der ehemali- gen Magdeburger Domherrenfamilie von Görne. So erwarb Christian von Görne von den im Niedergang begriffenen von Arnim auf Boitzenburg Stadt und Schloss Plaue für 80.000 Taler1427. Generell lässt sich in diesem Zusammenhang beobachten, dass zu den Profi teuren des erwähnten wirtschaftlichen Niedergangs, der zwischen 1600 und 1620 zu einer Häufung von Güterkonkursen führte1428, die höfi sche Amtsträgerschaft bezie- hungsweise deren nächste Angehörige rechneten. Insbesondere eine Reihe von „Aus- ländern“, die im Dienste der Hohenzollern zu Macht und Reichtum gelangt waren, ist hier wiederum zu nennen. Es handelte sich um die von Brösigke, von Saldern, von Trott und von Winterfeld. Ein hervorragendes Beispiel ist auch die Witwe Johann Casimirs von Lynar, Elisabeth Distelmeier. Ihr gelang es, den dank der direkten Unterstützung des kurfürstlichen Landesherrn durch ihren Vater und Schwiegervater erworbenen Wohlstand über alle Krisen und Konjunkturen hinweg in der Niederlausitz sicher anzulegen1429. Es wäre jedoch ein Fehler, die Bedeutung der landfremden Amtsträger in der Kurmark des 16. Jahrhunderts überschätzen zu wollen. Es ist zwar richtig, dass die Stände konti- nuierlich über die sogenannten „Ausländer“ Klage führten. Das schlechte Funktionieren der kurfürstlichen Hofhaltung, die stetig wachsende landesfürstliche Verschuldung und die Höhe der Steuerforderungen schoben sie den „Ausländern“ in völliger Verkennung der tatsächlichen Verhältnisse in die Schuhe. In der bekannten Eingabe „etlicher Armen vom Adel“ denunzierten sie diese als „bösen Unrat“1430 und verbanden ihre Klage mit der Forderung, der Kurfürst möge in Zukunft nur mit den Ständen regieren und die Wahrung des Indigenatsrechts konsequent beachten1431. Doch diese Forderungen gehörten zu den

1425 Vgl. Winterfeld, Ludwig G. v.: Geschichte des Geschlechtes v. Winterfeld, Bd. 1 – 4, Damerow 1858 – 1874. 1426 Lochow, Karl v.: Geschichte des Geschlechtes v. Lochow, Görlitz 1940. – Zum landfremden Rup- piner Adel vgl. Hahn, Peter-Michael: a.a.O., S. 37. 1427 Hahn, Peter-Michael: a.a.O., S. 42, 49. 1428 Betroffen sind unter anderem folgende Großgrundbesitzer: die von Arnim auf Boitzenburg, die von Rohr auf Freyenstein, die von der Schulenburg auf Löcknitz und auf Lieberose, die von Arnim auf Plaue, die von Alvensleben auf Rogätz, die von Quitzow auf Friesack, die von Bredow auf Löwen- berg sowie die von Zernikow auf Schönermark. Vgl. dazu Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funk- tion, S. 48. 1429 Rochus Graf Lynar ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie ein „Ausländer“ dank kurfürstlichem Wohlwollen in der Mark Brandenburg als Kaufmann und Unternehmer zu Reichtum gelangte. Vgl. dazu Haß, Martin: Das brandenburgische Zollwesen, S. 1458; zur Errichtung und Armierung der Festungsanlagen auf eigene Rechnung vgl. Raumer, G.W. von (Hg.): Auszüge aus dem Tagebuch, S. 209 – 212, 214 – 217. 1430 Vgl. dazu Hintze, Otto: Hof- und Landesverwaltung in der Mark Brandenburg, S. 227 f.; dort fi ndet sich auch das Protestschreiben abgedruckt. 1431 Vgl. Haß, Martin: Die Hofordnung, S. 183 ff. VI. Die Beziehungen des kurfürstlichen Hofes zu Stadt und Land 275

Gemeinplätzen ständischer Mitregierungsambitionen1432. In Wahrheit stützte sich der Kur- fürst auf jene kleine Schicht der mächtigen einheimischen Adelsgeschlechter, in die sich die „Ausländer“ recht schnell über das Instrument der Einheirat integrierten. Insbeson- dere auf Angehörige der landfremden Adelsgeschlechter von Flans, von Fronhöfer, von Schlieben und von Trott trifft diese Aussage uneingeschränkt zu. Zudem verteilten sich die 317 landesherrlichen Amtsträger auf insgesamt 129 adlige Familien, von denen 66 dem kurmärkischen Adel und 8 dem Bürgertum angehörten. Aus dem Ausland stammten 55 Familien1433. Dem Faktor „Ausländer“ als Mittel kurfürstlicher Personalpolitik wird man von daher keine übermäßige Beachtung für die kurmärkischen Verhältnisse im Re- formationszeitalter schenken müssen. Der überwiegende Teil der landesherrlichen Ämter wurde in diesem Zeitraum von einheimischen Junkern besetzt1434.

1432 Zur Bedeutung der ständischen Rechte vgl. Neugebauer, Wolfgang: Die Hohenzollern, Bd. 1, S. 153 – 167. 1433 Vgl. Hahn, Peter-Michael: Struktur und Funktion, S. 206. 1434 Vgl. auch Hahn, Peter-Michael: Residenzhaltung und Hofgesellschaft, S. 47 – 49.

C. Schlussbetrachtung

Durchgängiges Signum der kurbrandenburgischen Residenzkultur im untersuchten Zeit- raum waren zweifellos Mangel und Rückständigkeit. Von diesen Faktoren wurde nicht nur das politische, ökonomische wie sozio-kulturelle Leben und Treiben am kurbranden- burgischen Hof im „langen 16. Jahrhundert“ bestimmt. Die gesamte Herrschaftspraxis der seit 1415 in der Mark Brandenburg regierenden Hohenzollern erklärt sich, und zwar bis tief ins 18. Jahrhundert hinein, von hier aus. Dieses allerorten anzutreffende Struktur- defi zit, Kennzeichen insbesondere der frühen Hohenzollern bis zum Großen Kurfürsten, bildet gleichsam den Nukleus, auf den sich Motivation und Handeln der kurbrandenbur- gischen Landesfürsten zurückführen lässt. Als Emporkömmlinge unter den Dynasten des Alten Reiches geltend, zeigten sich die brandenburgischen Landesherren auf allen Fel- dern des gesellschaftlichen Lebens in ihrem „Kampf um Anerkennung“ (Hahn) mit den älteren, rangmäßig höher stehenden Mächten angestrengt bemüht, Magnifi zenz und dy- nastische Legitimation zu erwerben. Hof und Residenz stellten in diesem Zusammenhang einen zentralen Kampfplatz dar. Zum einen markierte der Bau eines befestigten Schlosses auf dem Stadtgebiet von Cölln- Berlin einen gewichtigen Schritt im Zuge des im 15. Jahrhundert im Alten Reich gene- rell zu beobachtenden Prozesses der Territorialisierung und Zentralisierung. Der unter Friedrich II. ins Werk gesetzte Schlossbau visualisierte diesen Anspruch im Medium der Architektur. Der Residenzkomplex war zugleich auf Pracht und Reputation zielendes Hofl ager seines Territorialherrn sowie fester Sitz zentraler landesfürstlicher Behörden im Zeitalter eines „persönlichen Regiments“. Die programmatische Etablierung wichtiger landesherrlicher Institutionen im kurfürstlichen Stadtschloss an der Spree sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es noch ein weiter Weg bis zur herrschaftlichen Durchdrin- gung des kurmärkischen Raumes von der neuen Haupt- und Residenzstadt aus war. Kur- märkische Gerichts- und Konsistorialverfassung ebenso wie ständische Finanzverwaltung waren dafür Beispiele. In Wahrheit handelte es sich bis in die Regierungszeit des Großen Kurfürsten um eine Aufsicht aus der Ferne. Macht und Einfl uss der märkischen Stände blieben in der Weite der kurbrandenburgischen Teillandschaften mit ihren lokalen wie re- gionalen Besonderheiten weitgehend ungebrochen. Der Grund dafür lag in den vergleichsweise ungünstigen naturräumlichen Bedin- gungen, die im Alten Reich insgesamt, in der Mark Brandenburg aber im Besonderen herrschten. Das verkehrstechnisch besonders schlecht erschlossene Territorium der Ho- henzollern stand einer effektiven und effi zienten Herrschaftsdurchdringung a priori im Wege. Regelmäßig wiederkehrende Pestwellen ebenso wie jahreszeitlich bedingte hoch- wasserführende Flüsse unterbanden eine gesicherte Verwaltungstätigkeit vielfach über Wochen und Monate. Ohne eine leistungsfähige Infrastruktur war Herrschaft, die in die- ser Epoche vor Ort in direktem Kontakt zwischen dem beziehungsweise den Herrschafts- trägern und den zu Beherrschenden täglich neu ausgehandelt werden musste, nur in be- grenztem Umfange möglich. Mithin erstaunt es wenig, dass der Neu- und Ausbau der 278 C. Schlussbetrachtung

Cöllner Residenz keineswegs – wie häufi g angenommen – ein sofortiges Ende der älteren Reiseherrschaft bedeutete. Zudem bedurfte es einer Reihe fi nanzieller und ökonomischer Voraussetzungen, um den Prozess der Residenzbildung im Sinne des landesfürstlichen Anspruchs auf herrschaftliche Intensivierung des territorialen Naturraums zu vollenden. Doch gerade daran mangelte es den brandenburgischen Hohenzollern von Beginn an. Im Gegensatz zum sächsischen Nachbarn verfügte das hohenzollernsche Kurfürstentum nicht über reiche Silbervorkommen, eine wohlhabende Städtelandschaft oder andere für eine fl orierende Landesentwicklung unverzichtbare Quellen. Die märkische Streusand- büchse hatte seiner Dynastie in dieser Hinsicht nichts zu bieten. An einem funktionstüch- tigen Steuerwesen, das den kurfürstlichen Hof regelmäßig mit ausreichenden Ressourcen hätte versorgen können, mangelte es notorisch, und eine einheitliche landesherrliche Ad- ministration, eine fl ächendeckende, den territorialen Raum innerhalb fest gezogener poli- tischer Grenzen unterschiedslos erfassende Verwaltung des Kurfürstentums existierte das gesamte 16. Jahrhundert nicht. Hof- und Landesverwaltung waren noch keineswegs säu- berlich voneinander geschieden. Die Mehrfachbesetzung von Ämtern war vielmehr die Regel. In fi nanzieller Hinsicht zeigte sich der brandenburgische Landesherr zudem auf das Zusammenwirken mit den Ständen angewiesen, denn die Einnahmen und Erträge aus seinen Regalien und Domänen reichten bei weitem nicht aus, um den stetig steigenden Anforderungen in Bezug auf seine ständig wachsenden landesherrlichen Aufgaben und Pfl ichten zu genügen. Gravierende Folgen zeitigten diese in sozio-ökonomischer Hinsicht überaus unbefriedigenden Verhältnisse und Strukturen namentlich auf seine Hofhaltung. Seit dem 15. Jahrhundert wuchs unter den alteuropäischen Dynasten der Zwang, in zeichenhafter Weise Rang und Reputation zu bekunden und, falls möglich, noch zu stei- gern. Im Falle der Hohenzollern, denen es in den Augen ihrer Konkurrenten an dynasti- scher Tradition eklatant mangelte, schien dies umso dringender, um ihren Makel als Em- porkömmlinge unter den europäischen Fürstenhäusern zumindest zu egalisieren und in ihrem „Kampf um Anerkennung“ auf diese Weise Magnifi zenz und dynastische Legiti- mation zu erlangen. Die Konstruktion eines mythischen Ahnherrn, auf den sich ihre Dy- nastie zurückführen ließ, gehörte ebenso zu den in dieser Zeit im Alten Reich nicht unüb- lichen Strategien in jenem Wettstreit wie auch eine macht- wie statuspolitisch motivierte Heiratspolitik. Zu den Bemühungen um Statuswahrung und Prestigegewinn zählten fer- ner die Entfaltung eines ihrer kurfürstlichen Würde angemessenen Decorums. Letzteres bekundete sich etwa in Gestalt eines „demonstrativen Konsums“, eines in sogenannten Hofordnungen schriftlich fi xierten strengen höfi schen Reglements, das den Alltag bei Hofe in hierarchisch-ständischer Differenzierung präzise regelte, oder des repräsentati- ven Ausbaus einer prestigeträchtigen und statuserhöhenden Residenz, die in fürstgerech- ter architektonischer Formensprache die zeitgenössische Erwartungshaltung bezüglich der Summe an Pracht und Herrlichkeit zu erfüllen hatte. Mit solchen Mitteln und Formen ließ sich – und dies war das Entscheidende – „symbolisches Kapital“ (Bourdieu) akku- mulieren. In diesem Kontext schrieben die Zeitgenossen insbesondere dem Stammsitz eines Geschlechts, von dem aus unter Umständen die territoriale Fundierung der Landesherr- schaft erfolgt war, eine herausgehobene Bedeutung zu. Fehlte es etwa an einem solchen C. Schlussbetrachtung 279 geschichtsträchtigen Ort der Familiengeschichte, wie im Falle der brandenburgischen Hohenzollern, sann man auf alternative Mittel und Wege zur Generierung und Bekun- dung fürstlicher Altehrwürdigkeit. Dynastische Erinnerung ließ sich beispielsweise im Rahmen des Um- oder Neubaus einer Residenz durch gezielte Bewahrung und bewusste Integration mehr oder minder bedeutsamer „Alt“-Bauteile in den in moderner, fürstge- rechter Formensprache errichteten Neubau stiften. Zu den europaweit anerkannten und üblichen Darstellungs- und Legitimationsformen, mit denen sich fürstliche Herrschaft in- szenieren und präsentieren ließ, gehörten weiterhin die Bekundung von – sei es realer, sei es fi ktiver – Wehrhaftigkeit als einem unverzichtbaren Attribut landesherrlicher Gewalt und fürstlicher Dignität. Die Größe des landesfürstlichen Geschützparks, die Anzahl und Ausstattung armierter Festungen und Zeughäuser, die Vielzahl repräsentativer Galerien, Altane, Treppen und Türme als allseits bekannte Symbole fürstlicher Wehrhaftigkeit ent- schieden mit über Rang und Ansehen des regierenden Hauses, wenn bei Fürstenbesuchen und Feierlichkeiten der verschiedensten Art den hohen und höchsten Gästen diese unver- zichtbaren und unstrittigen Objekte überkommener Herrschaftstraditionen eindrucksvoll vorgeführt wurden. Hierzu zählte auch die Vielzahl repräsentativer Räume mit vielfach aussagekräftigen dynastischen Bildprogrammen, das architektonische Bemühen um eine symmetrische Anordnung von Gebäudeteilen, die Errichtung fürstgemäßer Drei- oder Vierfl ügelanlagen, die Ausstattung der auf Repräsentation bedachten Schlossanlagen mit einem programmatischen Wappenschmuck von hoher Zeichenhaftigkeit, das Vorhanden- sein fürstlicher Funktionsbauten wie Kanzleigebäude, Hofapotheke, Marstall und derglei- chen mehr. Insbesondere die Möglichkeiten des fürstlichen Divertissements wie die Exis- tenz von Gartenanlagen, eines Ballhauses, eines Reithauses oder eines Jägerhofes zählten zum breiten Instrumentarium an Zeichen herrscherlicher und herrschaftlicher Würde, ganz zu schweigen vom Vorhandensein einer auf Magnifi zenz angelegten, dem enzyklo- pädischen Anspruch der Zeit genügenden Kunstsammlung. Auch die brandenburgischen Hohenzollern bedienten sich – wie gezeigt – dieser Strategien ganz bewusst. Das Spree- schloss kündete cum grano salis ebenso davon wie sämtliche brandenburgische Landes- festungen und – soweit bekannt – viele der hohenzollernschen Jagdhäuser, wenn auch vor allem die Letztgenannten nach Maßgabe der materiellen und künstlerischen Ressour- cen des Hauses Hohenzollern lediglich über den zum Fürst-Sein zwingend notwendigen (bau-)künstlerischen Mindeststandard im interhöfi schen Wettstreit um Rang und Dignität verfügten, manchmal sogar – wie im Falle des Fehlens einer prestigeträchtigen Kunst- kammer – weit hinter den führenden Fürstenhäusern Alteuropas zurückblieben. Angesichts der kaum ausreichenden Ressourcen ihres Landes befand sich das bran- denburgische Kurfürstenhaus mithin, und zwar von Beginn an, heillos im Hintertreffen gegenüber seinen dynastischen Konkurrenten. Zur Entfaltung der unentbehrlichen At- tribute eines angemessenen kurfürstlichen Lebensstils fehlte es den Hohenzollern als Folge dieses ökonomischen Mangels nicht nur an der erforderlichen Güte der in der Re- sidenz ansässigen Handwerkerschaft. Seine Lage an der nordöstlichen Peripherie des Alten Reiches tat ein Übriges, um das Kurfürstentum auch verkehrstechnisch von den standardsetzenden mittel- und süddeutschen Handels- und Kunstzentren weitgehend ab- zukoppeln. Fremde in die Mark zu locken, gelang den Kurbrandenburgern im gesamten 280 C. Schlussbetrachtung

16. Jahrhundert nur ausnahmsweise. Im Umkehrschluss bedeutete dies eine permanente Orientierung, Anlehnung, ja Abhängigkeit vom „Ausland“. Die entscheidende Rolle spielte in diesem Zusammenhang der wettinische Nachbar. In vielerlei Hinsicht und überaus deutlich lässt sich das sächsische Kurfürstentum als das eigentliche Gravitationszentrum identifi zieren, dem die ungeteilte politische, ökonomi- sche, religiöse wie kulturelle Aufmerksamkeit der Hohenzollern im fraglichen Zeitraum galt. Nicht zuletzt personell wie materiell war das ressourcenarme hohenzollernsche Kur- fürstentum auf den mächtigen und reichen Nachbarn an seiner Südgrenze, dem aus seinen zahlreichen bedeutenden Reichsämtern, vor allem aber aus seiner Stellung als Schutz- und Führungsmacht der lutherischen Reformation überdurchschnittliches Prestige im Alten Reich und insbesondere unter den protestantischen Fürstenhäusern zuwuchs, an- gewiesen. Vor allem auf dem Gebiet der Hofkultur ist die nicht nur kulturelle Überlegen- heit der Wettiner bereits bei oberfl ächlicher Betrachtung für jedermann offenkundig. Der prachtvollen höfi schen Kulisse, die die Wettiner seit dem 15. Jahrhundert auf ihrem Ter- ritorium inszenierten, hatte die von Mangel und Rückständigkeit geprägte Kurmark noch bis weit ins 17. Jahrhundert hinein nichts Vergleichbares entgegenzusetzen. Sehr deut- lich wird dies mit Blick auf die beeindruckende Zahl prächtiger sächsischer Schlossbau- ten von der Meißner Albrechtsburg über die Leipziger Pleißenburg, das Torgauer Schloss Hartenfels bis hin zum Wittenberger und Dresdner Schlossbau. Bis auf das von sächsi- schen Baumeistern unter Verwendung sächsischen Baumaterials unter Joachim II. er- richtete Spreeschloss verfügte der brandenburgische Nachbar über keine weiteren be- achtenswerten kurfürstlichen Herrschaftsbauten, die von der Reputation und Macht der Hohenzollern jenseits der Grenzen ihres Territoriums hätten künden können. Selbst in- nerhalb der Landesgrenzen hielt sich die Ausstrahlungskraft des kurbrandenburgischen Fürstenhauses auf die märkischen Adelsfamilien in engen Grenzen, wie ein Blick auf deren über die Kurmark verteilten Adelssitze lehrt. Residenznähe beziehungsweise Resi- denzferne entschieden wesentlich mit über den Grad des kulturellen Einfl usses der Cöll- ner Hofkultur auf die adligen Wohnsitze auf kurfürstlich-brandenburgischem Territorium. Augenfällig wird der notorische Mangel an repräsentativen landesfürstlichen Bau- ten ferner im Vergleich zu der großen Zahl an statusgenerierenden Hofl agern außerhalb der jeweiligen Haupt- und Residenzstadt, über die vor allem Wettiner, Wittelsbacher und Habsburger verfügten. Unter Aufwendung gewaltiger Summen und unter Einsatz un- geheurer personeller wie materieller Ressourcen ließen sich etwa die Wettiner mit der Lochau, der späteren Annaburg, der Moritzburg oder der Augustusburg Jagdschlösser von üppiger Pracht errichten, die in zeichenhafter Weise von Reichtum und Macht ihres Hauses kündeten. Auch in diesem Fall fehlt architektonisch wie künstlerisch Vergleich- bares in der Mark. Bis vielleicht auf die Jagdschlösser Grunewald und Köpenick handelte es sich im brandenburgischen Kurfürstentum um baukünstlerisch völlig unbedeutende Anlagen, die zudem, wie uns das marode und wurmstichige Grimnitzer Beispiel lehrt, wohl teilweise in einem äußerst bedenklichen baulichen Zustand gewesen zu sein schei- nen. Ihrer dynastischen Symbolkraft scheint dies im Falle der kurfürstlichen Jagdsitze jedoch kaum Abbruch getan zu haben. Fürst-Sein erforderte in Zeiten des „persönlichen Regiments“ Herrschaftsbauten an verschiedenen Orten, deren sinnlich wahrzunehmende C. Schlussbetrachtung 281

Botschaft sich namentlich an die sie umgebende lokale wie regionale Adelsgesellschaft richtete. Darüber hinaus erfüllten gerade die Jagdhäuser des Landesherrn – vor allem so- fern diese Bauwerke an der Peripherie des kurbrandenburgischen Territoriums lagen – den Zweck, seinen hoheitlichen Anspruch gegenüber den benachbarten Höfen, und sei es auch nur mit bescheidensten dekorativen und architektonischen Mitteln, zu visualisieren. Von der Unterlegenheit der Hohenzollern nicht nur den Wettinern gegenüber, die sich mit den führenden europäischen Fürstenhäusern messen wollten und konnten, kündete auch die künstlerische Höhe, auf der sich neben dem süddeutschen das sächsische Kunst- handwerk bewegte. Immer wieder bediente sich der Cöllner Hof deshalb unter fi nanzi- eller Anspannung, ja Überdehnung aller Kräfte solcher Künstler, um die Distanz zu den wichtigen Leitdynastien im Alten Reich zumindest ein Stück weit zu verringern. An pres- tigeträchtigen und statusfördernden Hofkünstlern fehlte es in der Spreeresidenz völlig. Dem Ziel, den Abstand zu den führenden Fürstenhäusern im Alten Reich zumindest ein wenig zu minimieren, diente unter anderem auch die Rezeption der kursächsischen Festkultur, wie sie namentlich unter Johann Georg in der zweiten Hälfte des 16. Jahr- hunderts im Kurfürstentum gepfl egt wurde. Vor den Augen einer möglichst großen und möglichst altehrwürdigen Schar hoher und höchster Gäste galt es, unter Aufwendung un- verhältnismäßig großer Kosten das höfi sche Publikum mittels größtmöglicher Prachtent- faltung im Fest zu beeindrucken, um so vom Glanz und Splendor des regierenden Hauses zu künden. Die gezielte Verbreitung von detaillierten Festbeschreibungen, von Münzen oder Medaillen gehörte dabei nicht nur im Kurfürstentum Brandenburg zu den ausgeklü- gelten kommunikativen Strategien herrschaftlicher Propaganda, durch deren Indienst- nahme sich nicht unwesentlich Ruhm und Magnifi zenz eines Hauses steigern ließen. Mit dem Tode Johann Georgs endete nach nur kurzer Blüte eine auch an der Spree auf Splen- dor und Glanz bedachte Festkultur. Verantwortlich zeichneten dafür sicherlich religiöse Vorbehalte im Zusammenhang des Bekenntniswechsels der Hohenzollern vom Luther- tum zum Calvinismus. Nicht unerheblich für diesen Verzicht wird aber auch und wohl in erster Linie der äußerst prekäre materielle und ökonomische Spielraum der Dynastie um 1600 gewesen sein. Dem Zweck, Ruhm und Splendor über den Tod hinaus zu wahren, diente nicht zuletzt die Anlage einer kurfürstlichen Grablege im Kontext des Neubaus des Cöllner Schlos- ses nach 1538. Im europäischen Raum in dieser Epoche landesherrlicher Territorialisie- rungspolitik allenthalben zu beobachten, zielte die Verlegung der kurfürstlich-branden- burgischen Grablege vom Kloster Lehnin in die Haupt- und Residenzstadt und die damit verbundene kostenintensive Pfl ege einer zeichenhaften Sepulkralkultur ebenfalls auf den Gewinn von Glanz und Macht. Es genügte nicht mehr, die mehr oder weniger ruhmrei- chen und wappengeschmückten Ahnen in klösterlicher Abgeschiedenheit vereint zu wis- sen, um Macht und Ansehen seines Hauses zu bekunden. Vor diesem Hintergrund und im Vergleich zu anderen europäischen Fürstenhäusern von Rang fällt jedoch im Falle der Hohenzollern das weitgehende Fehlen andernorts ge- meinhin üblicher dynastieverherrlichender Strategien ins Auge. An der Publikation von Landes- und Fürstenchroniken zum Zweck der Steigerung dynastischen Ruhms mangelte es in der Kurmark ebenso wie – mit einer Ausnahme – an der Errichtung künstlerisch 282 C. Schlussbetrachtung

aufwendiger und mit horrenden Kosten verbundener Epitaphien, welche andernorts der aufwendig inszenierten Gedächtnispfl ege in der Absicht, die lebenden mit den verstor- benen Angehörigen des kurfürstlichen Hauses zu verknüpfen, dienten. Namentlich die künstlerisch höchst anspruchsvolle Aufgabe einer auf Beeindruckung der höfi schen Welt zielenden Epitaphienkultur bestand ja darin, dem verstorbenen Landesfürsten und seinem Haus ein ewiges Gedächtnis zu sichern. Doch der Preis für diese auf Prestigegewinn ge- richtete Kulturpolitik scheint dem brandenburgischen Kurhaus wohl zu hoch gewesen zu sein. Deren Nichtexistenz bei weitgehender Beschränkung auf schlichte Zinn-, ja Holz- särge für ihre verstorbenen Angehörigen – übrigens im Gegensatz zur eigenen adligen Machtelite, aber auch zum stolzen städtischen Patriziat der Haupt- und Residenzstadt! – legt dies jedenfalls nahe. An der stetig wachsenden Verschuldung des Kurhauses änderte dieser in den Augen der höfi schen Gesellschaft schwer wiegende Verzicht jedoch nichts. Bekanntlich gerieten die Hohenzollern seit 1549 in völlige fi nanzpolitische Abhängigkeit von ihren Ständen. Darüber hinaus griff das Herrscherhaus im vergeblichen Bemühen um Schuldentilgung zur allseits bekannten und seit langem praktizierten extensiven Ver- pfändungs- und Darlehenspolitik, von der in erster Linie die schlossgesessenen Adelsge- schlechter profi tierten. Der um 1550 kräftig einsetzende Bauboom an prestigeträchtigen, dekorativ aufwendig ausgestatteten Adelssitzen von hoher Zeichenkraft ist dafür ein un- zweifelhafter Beleg. Ähnlich desolat sah es für die brandenburgischen Hohenzollern in materieller und ökonomischer Hinsicht aus. Nicht nur dominierte das gesamte 16. Jahrhundert hindurch in der Kurmark wie im kurfürstlichen Hofl ager noch weitgehend die (mittelalterliche) Na- turalwirtschaft gegenüber der (modernen) Geldwirtschaft, wie sie sich seit längerem etwa in den wettinischen Territorien, aber auch andernorts durchgesetzt hatte. Von der Einlö- sung des landesfürstlichen Anspruchs auf Autarkie, was die materiale Basisversorgung des Cöllner Hofl agers anbelangte, konnte jedenfalls keine Rede sein. Mit den Mitteln des Amtes Mühlenhof war dieser zu keinem Zeitpunkt in der Geschichte der brandenburgi- schen Residenzkultur zu erfüllen. Man blieb von Beginn an auf einheimische wie auslän- dische Kaufherrenfamilien angewiesen. In gesteigerter Form galt dies mit Blick auf die Versorgung des Hofes für Produkte gehobenen und höchsten Anspruchs. Vor diesem Hin- tergrund, als ein Baustein unter vielen, nahm die Verschuldung des Hauses Hohenzollern bis zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges gleichsam dramatische Züge an. Das kur- fürstliche Haus wusste sich angesichts der schwer drückenden Schuldenlast in der Regel allein dank einer exzessiven Kreditaufnahme- und Verpfändungspolitik, und zwar im In- und Ausland, zu helfen. Solcherart Wirtschaftsgebaren reichte von der bereits im frühen 15. Jahrhundert häufi g praktizierten Verpfändung zahlreicher kurfürstlicher Domänen und Regalien bis zur unter Johann Sigismund und seiner Gemahlin Anna betriebenen Veräu- ßerung der herrschaftlichen Pretiosen oder Teilen des kurfürstlichen Tafelsilbers – und dies häufi g wegen geradezu lächerlicher Kleinstbeträge! Die miserable landesfürstliche Zahlungsmoral verbunden mit dem um 1600 im Alten Reich allgemein einsetzenden wirtschaftlichen Niedergang trieb am Ende, bedingt durch ein kollabierendes System aus Anleihen und Bürgschaften, immer größere Kreise nicht nur der kurmärkischen Eliten in den wirtschaftlichen Ruin. Der Bankrott der meisten der C. Schlussbetrachtung 283 in der Haupt- und Residenzstadt ansässigen brandenburgischen Kaufherrenfamilien, etwa der Blankenfelde, Grieben und Lindholz oder in späterer Zeit der Sturm und Weiler, ist diesem Umstand geschuldet. In den allgemein um sich greifenden ökonomischen Stru- del gerieten selbstverständlich die kleinen, in hohem Maße vom kurfürstlichen Hof und seiner Wirtschaftskraft abhängigen städtischen Händler und Handwerker. Aber auch der mächtige schlossgesessene märkische Adel verlor vor allem infolge der Agrardepression seine einfl ussreiche Rolle bei der Landesherrschaft wie am Hohenzollernhof, und zwar in dem Moment, als er seine Funktion als Kreditgeber seines Fürsten nicht mehr erfüllen konnte. An die Stelle des einheimischen Landadels traten zum Teil „ausländische“, meist calvinistische Amtsträger, die es unter anderem dank des Bekenntniswechsels des bran- denburgischen Kurfürsten sowie bedingt durch die im Zentrum der brandenburgischen Politik stehenden territorialen Erweiterungen verstanden, das Vertrauen des Landesherrn zu gewinnen und in die erste Reihe der politischen Berater und Entscheidungsträger auf- zurücken. Durch Einheirat in den Kreis der mächtigen einheimischen Adelsgeschlechter integrierten sie sich recht zügig. Auch auf politisch-militärischem Felde zeigte sich der Kurbrandenburger in Zukunft verstärkt auf den Zustrom begabter „Ausländer“ angewie- sen, ohne die Bedeutung dieser Gruppe für die kurmärkischen Verhältnisse innerhalb des Reformationszeitalters überschätzen zu dürfen. Der überwiegende Teil der landesherr- lichen Ämter wurde im „langen 16. Jahrhundert“ von einheimischen Junkern besetzt. Durch die wirksame Verknüpfung von „Besitz“ und „Amt“ sowie weiterer ausgefeilter und erfolgreich erprobter Rekrutierungsmuster vermochte sich diese „Machtelite“ für über ein Jahrhundert fest zu etablieren. Der kurfürstliche Hof zu Cölln an der Spree fun- gierte in diesem Beziehungsgefl echt aus Patronage und Klientelwesen als eine Art Forum, auf dem maßgeblich über die Verteilung von Karrierechancen Einzelner und ihrer Fami- lien entschieden wurde. Im Ergebnis ist mithin eines deutlich: Die brandenburgischen Herrscher zeigten sich über das gesamte Reformationsjahrhundert hinweg, und zwar auf sämtlichen zentralen gesellschaftlichen Handlungsfeldern, angestrengt bemüht, den gravierenden Mangel an dynastischer Altehrwürdigkeit mit den Mitteln einer achtunggebietenden Hofkultur wett- zumachen. Hierzu bedienten sie sich namentlich des unter den Fürstenhäusern Alteuro- pas anerkannten und praktizierten höfi schen Zeichensystems, das vor allem in Gestalt ausgefeilter und ausgeklügelter Darstellungs- und Legitimationsformen jeder Dynastie Magnifi zenz und Splendor versprach. Dieser allein unter hohem materiellen wie künstle- rischen Einsatz und Aufwand zu inszenierenden Strategien vermochte sich das rangnied- rigste Kurfürstenhaus jedoch angesichts sehr begrenzter Ressourcen nur eingeschränkt zu bedienen. Als Konsequenz konzentrierte es seine materiellen wie ökonomischen Kräfte schon frühzeitig und in bewusster Beschränkung auf den Ausbau der Haupt- und Resi- denzstadt und seiner näheren Umgebung. Über eine auch die territorialen Peripherien einbeziehende „geziemende“ Residenzenkultur – wie dies etwa bei den Wettinern oder Habsburgern der Fall war – verfügten die Hohenzollern angesichts des herrschenden ma- teriellen Mangels und des vorhandenen künstlerischen Rückstands nicht. In die wenigen herrschaftlichen Bauten in den Grenzräumen des Kurfürstentums investierten die Hohen- zollern wohl nur insoweit, als ihnen dies im Rahmen des zwischenhöfi schen Status- und 284 C. Schlussbetrachtung

Konkurrenzkampfs als zwingend notwendig erschien. Von einer (blühenden) kurbran- denburgischen Residenzenlandschaft kann jedenfalls für den untersuchten Zeitraum noch nicht die Rede sein. Deren Ausbau im Umkreis der hohenzollernschen Haupt- und Resi- denzstadt blieb einer wesentlich späteren Zeit vorbehalten. D. Quellen und Literatur

1. Ungedruckte Quellen

BLHA Potsdam (Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam) – Pr. Br. Rep. 2 Kurmärkische Amtskammer – Pr. Br. Rep. 4 A Kurmärkisches Kammergericht (z.T. vormals: GStA Rep. 97) – Pr. Br. Rep. 4 D Schöppenstuhl zu Brandenburg/Havel – Pr. Br. Rep. 7 Landesherrliche Ämter – (Pr. Br. Rep. 16) Kleine Erwerbungen, Handschriften und dgl. (aufgelöst) – Pr. Br. Rep. 23 A Kurmärkische Stände – Pr. Br. Rep. 37 Adlige Herrschaften und Güter – Pr. Br. Rep. 40 A Kurmärkisches Konsistorium – Pr. Br. Rep. 78 Kurmärkische Lehnskanzlei (vormals: GStA Rep. 78)

GStA PK Berlin (Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin) – I. HA, Rep. 7 (= Preußische Angelegenheiten) – I. HA, Rep. 9 (= Allgemeine Verwaltung) – I. HA, Rep. 11 (= Auswärtige Beziehungen, Akten) – I. HA, Rep. 16 (= Ober- und Niedersächsische Kreis- und Probationstage) – I. HA, Rep. 17 (= Reichskontributionssachen) – I. HA, Rep. 20 (= Brandenburgische Landtage) – I. HA, Rep. 21 (= Brandenburgische Städte, Ämter und Kreise) – I. HA, Rep. 36 (= Hof- und Güterverwaltung) – I. HA, Rep. 41 (= Beziehungen zu Kursachsen) – I. HA, Rep. 58 (= Bistum Havelberg) – I. HA, Rep. 59 (= Bistum Lebus) – I. HA, Rep. 61 (= Schuldensachen der Herrschaft) – I. HA, Rep. 78 (= Kurmärkische Lehnskanzlei) – I. HA, Rep. 97 (= Kammergericht) – I. HA, Rep. 131 (= Archivkabinett) – I. HA, Rep. 174 (= Reichskammergericht) – VII. HA (= Urkunden) – XX. HA (= Historisches Staatsarchiv Königsberg) – BPH (Brandenburg-Preußisches Hausarchiv), Rep. 27 (= Kfst Albrecht Achilles) – BPH, Rep. 28 (= Kfst Johann Cicero) – BPH, Rep. 29 (= Kfst Joachim I.) – BPH, Rep. 30 (= Kfst Joachim II.) – BPH, Rep. 31 (= Kfst Johann Georg) – BPH, Rep. 32 (= Kfst Joachim Friedrich) – BPH, Rep. 33 (= Kfst Johann Sigismund) 286 D. Quellen und Literatur

SächHStA Dresden (Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden) – 10036 Finanzarchiv, Loc. 35768, Gen. 154 – Loc. (Locat) 39804/31, „Acta der Geleitbriefe. 1564 – 1613“. – Loc. 35365 – Loc. 35768/162 – Loc. 35385/267 – Loc. 39800, Zoll- und Geleitsbriefe von 1551 – 1562. – Loc. 32436 – Loc. 7241, „Die Joachimsthalische Fürstenschule zu Berlin betreffend“ – Akten der Amtshauptmannschaft Pirna, AHP 1755 – Geheimes Archiv loc. 7240 „Acta Kurfürst Joachim II. zu Brandenburg Schulden“

ThHStA Weimar (Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar) – Reg. B 23221

HStA Düsseldorf (Nordrhein-Westfälisches Hauptstaatsarchiv Düsseldorf) – Kleve-Mark, Akten Nr. 45 (Altes Dillenburger Archiv).

Staatsarchiv Wolfenbüttel – 1/2118, Nr. 241, fol. 48r–49r

Staatsarchiv Bamberg – Rep. C 3, Nr. 191

Staatsbibiothek Berlin – StB PK, Ms. Bor.2° 483 Tagebuch des Grafen Lynar 1590 (Abschrift) – StB PK, Ms. Boruss. Fol. 734, Mappe R, Zettel 180 (Bestallungsurkunde für Andreas Riehl d.J.)

2. Gedruckte Quellen

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Aller 105 Bötzow 108, 110, 122 – 126, 175, 256, Altenburg 142, 160 273 Altenfl ieß 124 Brandenburg/Havel 28, 111, 201, 207, Altmark 48, 70, 106 – 109, 111 f., 137 f., 210, 214, 228, 247 173, 196 – 200, 207, 219, 227 f., 246, Braunschweig 93, 102 f., 112 f., 138, 273 159 ff., 186, 219, 271 Altruppin 116 Burg 111 Ambras 166 Burgstall 106 f. Amsterdam 43, 225 Burgund 156 Anhalt 92, 111, 114, 138, 160 Celle 137 Annaberg 150 Charlottenburg 145 Annaburg (Lochau) 280 Chorin 28, 200, 257 Ansbach 47, 93, 103, 111, 115, 141, Cleve (Kleve) 219, 225 149, 220, 246 Coburg 152 Antwerpen 249 Cölln-Berlin Arnsee 273 – Archiv 25, 53, 82, 87, 154, 174 Aschersleben 253 – Ballhaus 62 Augsburg 42, 82, 94, 98, 147, 156, 167, – Berliner Rathaus 42, 83, 214 170, 180, 240, 246 f., 251 – Breitestraße 174 Augustusburg 114, 121, 123, 280 – Burgstraße 43, 63 Baden 74 – Cöllnisches Rathaus 42 Badingen 131, 133, 269 – Dominikanerkloster/-kirche (auch: Baltikum 99, 249 Domkirche) 16, 22 f., 27, 29, 42, Barby 161 44, 54, 74, 78, 87, 154 Barnim 199, 237 – Erasmus-(Schloss-)kapelle 25 – 29, – Niederbarnim 198, 260 51 – 55, 63 – 68, 73, 154 – Oberbarnim 108, 198, 273 – Glockenturm 27, 56, 83 Basel 254 – Grüner Hut 51 – 55, 59 – 63, 154, 162 Bayern 35 f. – Haus des Kanzlers Stublinger 85 Bayreuth 111 – Heilig-Geist-Straße 174 Beeskow 116 – Herzoginn Haus 60, 63 Beiendorf 107 – Hofapotheke 133, 140, 154, 155 Berg 148, 225 – Hofgericht 23, 87 Bernau 185, 200, 252 – Hohes Haus 20 – 25, 85 Bernburg 52, 70 – Hundtsbruggen 62 Böhmen 36, 72 – Jägerhaus 62 Boitzenburg 131 – 133, 269, 274 – Kammergericht 16, 25, 56, 83 – 87, Bologna 102 256 358 Ortsregister

– Kanzlei 45, 82 – 87, 184 f., 189 – 194, Eberswalde 200 208, 233 f., 261 Elbe 31, 61, 105, 138, 142, 148, 152, – Kapellenturm 59, 63, 154 246, 262 – Klosterstraße 20, 24, 42, 45, 85 England 157 – Konsistorium 83 – 87, 192, 210 – 212, Erfurt 148 256 Erxleben 137 – Lange Brücke 21 – 25, 42 f., 87 Erzgebirge 152 – Langer Saal 17, 60, 83 f., 213 Falkenberg 260 – Lehnskanzlei 84 – 86, 194 Fischbeck 107 – Lindenallee 42 Florenz 91, 145, 247, 248 – Lustgarten 42 f., 60, 237 Franken 35, 90, 139, 141, 148, 171, 221, – Lynarscher Eckbau 60, 63 245 f., 255, 271 f. – Lynarsches Querfl ügel 60, 82, 87 Frankfurt/Main 94, 245, 246 – Marienkirche 42 Frankfurt/Oder 21, 206, 219, 228, 246 f., – Marstall 43, 60, 177, 183, 233 f. 257, 259 – Mühlendamm 19, 178, 238 Frankreich 57, 156, 252 – Mühlengraben 23 Freyenstein 135, 136, 270 – Mühlenhof, Amt 140, 175, 177 – 179, Friedersdorf 260 181, 234 – 239, 243, 261, 282 Friedland 201 – Münzturm (Wasserkunst) 44, 55 Friesack 273 – Nagelgasse 226 Fürstenwalde 113, 244 – Nicolaikirche 41 f. Gadebusch 137 – Petrikirche 42 Gardelegische Heide 106 f. – Ratstube 82 – 87, 135, 208 – 209 Garzig 273 – Reithaus 62 Geldern 95 – Reitschnecken 60 Generalstaaten 225 – Rentei 25, 82 – 87, 91, 202 – 204, 261 Giebichenstein 270 – Schlossfreiheit 82 Gifhorn 137 – Stadtmauer 53 Goldbeck 270 – Stechbahn 17, 43, 59 f., 68, 82 – 85, Grimnitz 108 f., 112 – 113, 117, 140, 153 f., 179, 182 118 – 119, 122, 127, 157, 169, 254, 280 – Zeughaus 60 Groß Glienicke 270 Cottbus (Kottbus) 70, 247 Groß-Mühlenbeck 124 Crevese 200 Groß-Schönebeck 108 f., 116 – 117, Dänemark 43, 160, 219, 242, 249 Gruneheyde 124 Danzig 221, 249 Grunewald 108, 124 f., 131, 240, 280 Demerthin 131, 273 Güstrow 137 Dolle 107 Halberstadt 103, 215 Dömitz 90 Halle 79, 137, 155 Dresden 58, 89, 91, 102, 133, 146, Hamburg 21, 62, 244 – 247 150 – 155, 163 – 169, 246, 280 Harz 148 Driesen 95 Havel 19, 100 Düsseldorf 224 Havelberg 108, 214, 241 Ortsregister 359

Havelland 173, 198 f., 270, 273 Lemberg 242 Heidelberg 92 Lenzen 243, 256 Heilsbronn 73 Letzlingen 106 ff., 110 – 112, 114, 117, Henneberg-Schleusingen 75 124 – 126 Hessen 75, 92, 103, 271 f. Lichtenthal 74 Himmelpfort 28, 200, 269 Lichterfelde 131 – 134, 270 Himmelstedt 124 Liebenwalde 273 Holstein 160, 249 Liebenwerda 145 Italien 90 ff., 113, 245, 271 Liegnitz-Brieg 98, 102, 250 Jegersburg 108, 124 – 128 Lindau 200 Jerusalem 28 Lindow 214 Jülich 148, 219, 225 Livland 98 f., 222 Jüterbog 253 Lochau (spätere Annaburg) 114, 118, Karzig 108, 124 151, 280 Kassel 166 London 252 Ketzür 270 Lothringen 27 Kletzke 134 Löwenberg 273 Köln a. Rhein 158, 246, 249 Lübbenau 269 Königsberg/Neumark 95 Lübeck 21, 136, 249 Königsberg/Ostpreußen 158, 222, 224 f., Lüneburg 160, 186 248 Magdeburg 58, 70, 95, 105 f., 112, 137, Königsfelden 74 140, 148 f., 155 – 160, 215, 219, 274 Königstein 90 Mainz 78 f., 148 f., 246 Konstanz 35 Mansfeld 75, 160 Köpenick 108, 110, 122 – 123, 131, 161, Marienburg / Westpreußen 27 237, 280 Marienwalde 127 Krevese 107 Massin 124 Krossen 70, 207 Mecklenburg 75, 90, 102 f., 108, 112, Kurmark 31, 39, 81, 84, 92, 97 f., 99, 117, 135, 137, 142, 145, 232, 249 124, 127, 169, 220 f., 223, 228, 239, Meißen 57 f., 66, 69, 133 f., 149 – 152, 242, 246, 280 – 282 257, 271 f., 280 Küstrin (Cüstrin) 70 – 72, 90, – Albrechtsburg 57, 152, 280 93 – 96, 100, 112 f., 127, 159, 160, 175, Merseburg 58 177, 187, 213, 247, 252, 256, 265 Metz 91 Landsberg/Warthe 247 Mittelmark 70, 137, 227 f., 247 Landshut 123 Mömpelgard 103 Lausitz 274 Moritzburg 155, 280 Lebus 28, 47, 113, 214 f., 228, 241, 244, Moskau 99, 253 f. 270 Mückeburg 124 Lehnin 23, 28, 54, 73 f., 270, 281 Mühlberg 98 Leipzig 90, 144, 150, 156, 240, Mühldorf 36 245 – 253, 264 – 265, 280 Mühlenbeck 236 Leitzkau 138 München 155 – 159, 166 f. 360 Ortsregister

Neuendorf bei Gardelegen 106 Ravensburg 248 Neuhausen 273 Regensburg 175 Neumark 48, 70 f., 92, 95, 97 f., 108 f., Regenthin 127 124 f., 127, 177, 196, 198, 207, 216, Rhinow 273 247 Rom 37, 156 Neuruppin 200, 228 Rosenthal 260 Neustadt an der Dosse 270 Rostock 90 Neustadt-Eberswalde 200 Rüdersdorf 124 Niederlande 245 Ruppin 70, 196 – 200, 214, 227 f., 273 Niederlausitz 148, 269, 274 Russland 253 Niederneuendorf 270 Sachsen 18, 47, 57 – 59, 63, 66 f., 69, 82, Niederrhein 148 90, 92 ff., 98, 102 f., 112 f., 117, 133 f., Nürnberg 35 – 39, 77, 89, 94, 147 f., 151, 138 – 170, 185, 188, 243, 252, 257, 246 – 251 278 – 281 Oder 31, 70, 72, 127, 131 – 135, 216, Salzwedel 200, 228, 246 f. 246, 262 Schatzkammer 82 Österreich 37, 144 Schmalkalden 98 Ostsee 99, 249 Schneeberg 152 Peitz 70, 90 – 100, 103, 252 Schöneberg 237 Perleberg 228 Schöneiche 259 Pfalz 35, 41, 91, 102, 117, 160 Schönerlinde 200 Pirna 141 f. Schönfeld 106 Plassenburg 90 Schönhausen 107 Plattenburg 120, 269 Schorfheide 114 Plätz 107 Schweden 220, 254 Plaue 269, 274 Schwedt/Oder 131 – 135, 214 Pleißenburg 90, 280 Schwerin 90 Podelzig 270 Sommerfeld 70 Polen 41, 66, 72, 99, 108, 119, 127, 156, Sonnewalde 113 162, 220 – 223, 232, 251 Spandau 90 – 93, 96 – 103, 112 f., 133, Pommern 70, 72, 103, 108, 112 – 121, 145, 161, 212, 237, 243, 270, 273 142, 160, 249 Spanien 117 Potsdam 14, 108, 200, 249 Steglitz 260 Prag 167 Steiermark 37 Pregel 222 Stendal 246 f. Prenzlau 228, 247 Sternberg 70 Preußen, Herzogtum 66, 68, 99, 115, Stettin 240 f., 251 157, 161 f., 169, 216, 220 – 224, 248 f. Stockholm 254 Prignitz 70, 108 f., 120, 134, 138, 173, Stolpe/Oder 131 f., 227, 273 196 – 200, 227 f., 270, 273 Storkow 116 Quedlinburg 148 Strausberg 145 Quitzöbel 273 Struppen 143 Rathenow 212 Tamsel/Neumark 42 Ortsregister 361

Tangermünde 24, 106, 200, 212, 256, Weser 137 273 Wien 74, 159, 163 Teltow 178, 198 f., 237, 260, 273 Wildenbruch 260 Thüringen 69 Wismar 137 Tirol 94 Wittenberg 58, 79, 134, 149 f., 280 Torgau 58, 61, 134, 150 – 153, 185 f., Wittenwende 106 214, 280 Wittstock 115 Troja 37 Woldenberg 108, 125 Turin 74 Wolfenbüttel 93, 103, 137, 159 Uckermark 70, 108 f., 133, 138, 142, Wolfsburg 138 196 – 199, 213, 227 f., 247, 269 – 274 Wolfshagen 270 Ulm 27, 94 Wolmirstedt 106 Ungarn 242 Württemberg 75 Venedig 133, 144 Zechlin 108 f., 113 – 116, 117 f., Versailles 150 120 – 121, 241 Walachei 242 Zehden 124 Warschau 220 – 222 Zinna 28 Warthe 72 Zossen 113, 124, 172, 219, 260 Weichsel 222 Züllichau 70 Werben 200 Zum Heiligen Grabe 200

Personenregister

Absberg, Georg von 141 – Jacob (IV.) von 268, 273 Adalbert, Herzog von Sachsen, Erzbischof – Kurt von 132 f. von Mainz (1467 – 1484) 148 – Udo der Ältere von 273 Agnes, Markgräfi n von Brandenburg Aschenbrenner, Michael 155 (1606 – 1608) 115 Askanier (deutsches Adelsgeschlecht; spä- Agricola, Johann 210 ter Fürsten von Anhalt) 73, 110, 160 Albrecht (VII.), Herzog zu Mecklenburg August, Kurfürst von Sachsen (1486 – 1547) 112 (1526 – 1586) 93, 102, 155, 161 – 164 Albrecht Achill, Kurfürst von Branden- Badstübner, Ernst 133 burg (1414 – 1486) 31 f., 37, 47, 141, Baptista, Johann 144 156, 171, 182, 232 f. Barbara, Herzogin von Sachsen Albrecht Friedrich, Herzog von Preußen (1478 – 1534) 156 (1553 – 1618) 115, 157, 222, 224 Barbara, Markgräfi n von Brandenburg Albrecht V., Herzog von Bayern (1464 – 1515) 47 (1528 – 1579) 158 Barbari, Jacopo de’ 144 f. Albrecht, Kurfürst von Sachsen Barby, Graf Jobst von 161 (1443 – 1500) 152 Bardeleben, Wichard von 111 Albrecht, Markgraf von Branden- Barfuß, Jacob von 273 burg; Kardinal-Erzbischof zu Mainz Bartensleben, Familie von 138 (1490 – 1545) 78 f., 145, 149 Barthold, Kanzleischreiber 260 Albrecht, Markgraf von Brandenburg- Báthory, Stefan, König von Polen Ansbach; Hochmeister des Deutschen (1533 – 1586) 220 Ordens (1490 – 1568) 149 Becken, Galle 240 Alvensleben, Familie von 106 Beerfelde, Balthasar von 268 – Busso der Reiche von 137 Bertold aus Dassleben 23 – Joachim von 137 Beyer, Reichard 115, 116, 193 – Ludolf von 112, 200 Bismarck, Familie von 106 f. – Matthias von 126 – Otto von 262 – Valentin von 112 Blankenburg, Familie von 270 Anna, Kurfürstin von Brandenburg Blankenfelde, Familie 239, 245, 256, (1576 – 1625) 115, 282 283 Anna, Kurfürstin von Sachsen – Johann der Ältere 239 f., 243, 251, (1532 – 1585) 164 256 Arndt, Lorenz 126 – Johann der Jüngere 256 Arnim, Familie von 132 f., 269 Born, Christoph von 273 – Bernd von 132, 142 Bornau, Francesco a 90 – Hans der Jüngere von 132, 200, 268 Borrmann, Richard 59, 61 – Hans von, Landvogt der Ucker- Bose, Familie von mark 200 – Georg von 175, 268 364 Personenregister

– Hans von 268 Distelmeier, Familie 271 Bourdieu, Pierre 278 – Christian 86, 190 Branden, Jobst 264 – Elisabeth 269, 274 Bredow, Familie von – Lampert 86, 112, 150, 162, 172, 179, – Bertram von 268 271, 273 – Joachim von 264, 273 Dohna, Familie von Bredtschneider, Hans 243, 251, 259 – Fabian der Ältere 221 Breitenbach, Georg von 150 Döring, Familie 239 Brösigke, Familie von 274 – Valtin 240 – Heine von 270 Drachsdorff, Hieronimus von 264 Buch, Familie von 132 Duchhardt, Heinz 18 – Hans der Ältere von 270 Düren, Statius van 137 – Hans der Jüngere von 133 Dürer, Andreas 147 – Valtin von 132 Eccard, Johann 158 Buchholzer, Georg 210 Eckart, Georg 254 Buntschuh, Kunz 153 Egmont, Lamoral Graf von 249 Burgkmair, Hans 147 Elgersma, Rupert 210 Burgsdorff, Curt von 177 Elisabeth von Anhalt, Kurfürstin von Call der Ältere, Jan van 43 Brandenburg (1563 – 1607) 63 Cante, Andreas 144 – 146 Erasmus von Rotterdam 62 Chiaramella de Gandino, Erich I., Herzog von Braunschweig Francesco 91 f., 100, 113, 133, 145, (1470 – 1540) 112 147, 154 Ernst, Kurfürst von Sachsen Christian I., Fürst von Anhalt-Bernburg (1441 – 1486) 148, 152 (1568 – 1630) 160 Essenbrücher, Tilman 244 f. Christian I., Kurfürst von Sachsen Eyb, Ritter Ludwig von 141, 238 (1560 – 1591) 90, 103, 113, 157, Fazuni, Antonio 89 160 f., 164, 186 Filarete (eigentlich Antonio Averli- Christian IV., König von Dänemark no) 164 (1577 – 1648) 43, 160 Flanß, Familie von 275 Christian Wilhelm, Markgraf von Bran- – Georg von 110, 268 denburg; Administrator von Magdeburg Fontane, Theodor 134 (1587 – 1665) 219 Francesco I., de Medici, Großherzog der Christian, Markgraf von Brandenburg- Toskana (1541 – 1587) 164 Bayreuth (1581 – 1655) 160 f. Francke, Jacob 260, 264 Clausewitz, Carl von 18 Francus, Jacobus 43, 160 Corbianus, Desiderius 237 Friedrich der Große, König von Preußen Cramer, Heinrich 265 (1712 – 1786) 262 Cranach, Familie Friedrich der Schöne von Habsburg – Lucas der Ältere 147, 151 (1289 – 1330) 36 – Lucas der Jüngere 17, 147 Friedrich I., Kurfürst von Brandenburg Croon, Helmut 83 f. (1371 – 1440) 36, 81, 110 Dieskau, Dietrich von 207 Personenregister 365

Friedrich II., Herzog von Liegnitz, Brieg Georg von Blumenthal, Bischof von Le- und Wohlau (1480 – 1547) 98 bus 113 Friedrich II., Kurfürst von Brandenburg Georg Wilhelm, Kurfürst von Branden- (1413 – 1471) 21 – 24, 26 f., 32, 39, burg (1595 – 1640) 225 45 – 47, 53, 55, 85, 154, 277 Geyer, Albert 45, 55, 61, 83 Friedrich III. „der Weise“, Kurfürst von Giambologna (eigentlich Giovanni da Sachsen (1463 – 1525) 58, 78 f., 118, Bologna) 164 148 f. Glaser, Andreas 159 Friedrich III., Burggraf von Nürnberg (um Gorka, Lukasz II., Bischof von Wlocla- 1220 – 1297) 37 wek (1538 – 1542) 41 Friedrich III./I. Kurfürst von Brandenburg, Görne, Familie von 274 König in Preußen (1657 – 1713) 123, – Christian von 274 217 Göthe, Eosander von 42 Friedrich Ulrich, Herzog von Göttling, Elias 158 Braunschweig und Lüneburg Grävenitz, Johann von 268 (1591 – 1634) 219 Greifen (deutsches Adelsge- Friedrich Wilhelm I., Herzog von Sach- schlecht) 114, 142, 160 sen-Altenburg (1562 – 1602) 142 Grieben, Familie 239 f., 245, 251, 256, Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst 283 (1620 – 1688) 32, 35, 39, 43, 81, 83, – Andreas 159, 241, 251, 256 123, 143, 154, 217, 225, 277 – Jakob 241, 250, 265 Friedrich, Herzog von Sachsen; Hoch- – Joachim 241, 251, 256 meister des deutschen Ordens – Johann 256 (1473 – 1510) 148 – Merten 253 Fronhöfer, Familie von 275 Großmann, Julius 38 Fugger (oberdeutsches Handels- Guglielmo Gonzaga, Herzog von Mantua haus) 247 (1538 – 1587) 164 Gadegast, Familie 252 Habsburger (deutsches Adelsge- – Thomas 253 schlecht) 34 – 39, 74, 94, 98, 112, 140, Gallen, Hans 243 147, 156, 163, 280, 283 Gans zu Putlitz, Georg 162 Hacke, Hans von 175, 259, 268, 273 Gautschi, Andreas 248 Hafftitz, Peter 41, 119 Georg der Bärtige, Herzog von Sachsen Hahn, Peter-Michael 189, 197, 231, 258, (1471 – 1539) 66, 112, 142, 150, 152, 277 156 Hainhofer, Philipp 41, 61, 82, 86, 167, Georg der Fromme, Markgraf von Ans- 170 bach-Bayreuth (1484 – 1543) 111 Hanenzweig, Paul 159 f. Georg Friedrich I., der Ältere, Mark- Hans (Johann), Markgraf von Küstrin graf von Brandenburg-Ansbach (1513 – 1571) 70 – 72, 93 – 95, 100, (1539 – 1603) 93, 103, 220, 221 113, 127, 159, 175, 187, 212, 252, 265 Georg I., Herzog von Pommern Happ von Happberg, Michael von 268 (1493 – 1531) 112 Happe, Michel 260 Hasenfl eisch, Hans 144, 145 366 Personenregister

Haß, Martin 83, 172 f., 177, 179, 190, – Martin 252 203, 213 Joachim Ernst, Fürst von Anhalt Hedwig, Kurfürstin von Brandenburg (1536 – 1585) 111 (1513 – 1573) 68, 119, 175 Joachim Ernst, Markgraf von Branden- Hedwig, Markgräfi n von Brandenburg; burg (1583 – 1625) 160 Herzogin von Braunschweig-Wolfen- Joachim Friedrich, Kurfürst von Branden- büttel (1540 – 1602) 159, 250 burg; Administrator von Magdeburg Heiligern, Sebastianus 265 (1546 – 1608) 55, 63, 95, 106, 111, Heinrich der Löwe, Herzog von Sachsen 113, 115, 117 f., 140, 157, 163, 176, und Bayern (um 1129 – 1195) 34 180, 186, 192, 215, 221, 249 Heinrich der Mittlere, Herzog Joachim I., Kurfürst von Brandenburg von Braunschweig-Lüneburg (1484 – 1535) 33, 39, 67, 70, 74, 78, (1468 – 1532) 186 81, 85, 110, 118, 139, 146 f., 180, 188, Heinrich II. (der Jüngere), Herzog 205, 247 f., 256, 261 von Braunschweig-Wolfenbüttel Joachim II., Kurfürst von Brandenburg (1489 – 1568) 93, 112 (1505 – 1571) 16, 29, 39, 41, 51 – 53, Heinrich II., König von Frankreich 55 ff., 60 f., 68, 70, 74, 82, 84 – 87, (1519 – 1559) 91 97 f., 101 f., 107 – 113, 125 – 128, Heinrich IV. von Navarra, König von 139 f., 147, 150 – 157, 162, 170, Frankreich (1553 – 1610) 117 175, 180 – 183, 188 f., 200, 203, 210, Heinrich V., Herzog zu Mecklenburg 213 – 216, 226, 237, 240 – 254, 259, (1479 – 1552) 145 265 – 269, 280 Heinrichstorff, Wentzel 265 Joachim Sigismund, Markgraf von Bran- Henneberg-Schleusingen (fränkisches denburg (1603 – 1625) 62 Adelsgeschlecht) 75 Johann Albrecht I., Herzog von Mecklen- Herbrot, Jacob 240 burg (1525 – 1576) 90, 102 Hertteln, Wulff 265 Johann Alchimist, Markgraf von Branden- Hesse, Heinrich 144, 146 burg (1406 – 1464) 21 Hessen (deutsches Adelsgeschlecht) 92 Johann Casimir, Pfalzgraf von Pfalz-Sim- Heyler, Johannes 210 mern (1543 – 1592) 91, 102, 160 Hilger, Familie 94 Johann Cicero, Kurfürst von Brandenburg Hintze, Otto 150, 173, 202 f., 206, 208 f. (1455 – 1499) 15, 32 f., 39, 73 f., Hoefyser, Peter 218 79 f., 106, 110, 141, 145, 156, 159, Hohnstein (märkisches Grafenge- 171, 233 schlecht) 134 f. Johann Friedrich I. der Großmütige, Kur- Holtzendorff, Dietrich von 204 fürst von Sachsen (1503 – 1554) 151 Hoorn, Philippe II. Graf von 249 Johann Friedrich, Markgraf von Branden- Hoppe, Stephan 46, 63, 84 burg (1607 – 1608) 115 Humpis, Conrad 248 Johann Georg, Kurfürst von Brandenburg Ivan IV., Zar von Russland (1525 – 1598) 17, 55, 60, 63, 82, 86, (1530 – 1584) 99 91, 98, 106 f., 111, 114 – 117, 125 – 128, Jagow, Matthias von 210 140, 154 – 163, 193, 203, 210, 217, 220, Jetzke, Familie 252 227, 244, 281 Personenregister 367

Johann III., König von Schweden Küster, Georg Gottfried 255 (1537 – 1592) 254 La Vigne 42 Johann Moritz, Fürst von Nassau-Siegen Landmesser, Bernhard 213, 231 (1604 – 1679) 225 Lasso, Orlando di 156, 158 Johann Sigismund, Kurfürst von Branden- Ledebur, Leopold von 167 burg (1572 – 1620) 15, 81, 115 – 118, Leutinger, Nicolaus 26 160, 163, 193, 219, 221 – 225, 245 f., Lindholz, Familie 239, 241 – 245, 251, 248, 282 256, 283 Jonas, Propst von Wittenberg 150 – Andreas 243 f., 250 – 252, 256 Julius, Herzog von Braunschweig-Wolfen- – Bartholomäus 250 büttel (1528 – 1589) 102, 159 – Christian 257 Karl V., römisch-deutscher König und – Kaspar 256 Kaiser 69 f., 98 – Tobias 257 Katharina von Brandenburg-Küstrin, – Ursula 250 Kurfürstin von Brandenburg Lindstedt, Georg von 268 (1549 – 1602) 155 Lippold, Ben Chluchim 253 f. Katharina von Sachsen, Kurfürstin von Löben, Johann von 191, 272 Brandenburg (1421 – 1476) 46 f. Lochow, Familie von 273 f. Kettwig, Wolfgang 150 Löffl er, Familie 94 Klindt, Daniel 248 Loitz, Familie 241 ff., 251 Klinkenborg, Melle 173, 190 f., 194, – Hans 251, 264 208 Lorich, Reinhard 62 Klitzing, Familie von 131 Lotter, Hieronymus 89 – Caspar von 268 Lüderitz, Familie von – Dietrich von 273 – Andreas von 200 Kloster, Wolf von 271 – Joachim von 268 Knesebeck, Thomas von der 197 Ludwig IV. der Bayer, römisch- Köckeritz, Kaspar (Caspar) von 200, deutscher König und Kaiser (um 268 1281/82 – 1347) 35 f. Kohlhaas, Michael 34 Ludwig VII. der Bärtige von Bayern- Köhn von Jaski, Andreas 221 Ingolstadt (1368 – 1447) 36 Kolbe, Cunz 156 Luther, Martin 149 König, Gotthard 247, 249 Luxemburger (deutsches Adelsge- Köppen, Johann 189, 190, 191 schlecht) 21, 24, 148, 262 Kramer, Heinrich 265 Lynar, Familie von 269 Krantz, Albert 22 – Johann Casimir Graf von 204, 274 Krappe, Familie 252 – Rochus Graf von 47 f., 60, 63, 82, – Jobst 244, 253 87, 91, 101 – 103, 125, 133, 147, Krebs, Conrad 151 ff. 153 – 155, 204, 269, 271 f. Krell, Hans 144, 146 Magdalene von Sachsen, Kurfürstin von Kriski, Felix 222 Brandenburg (1507 – 1534) 74, 150 Krumesche, Hans von 273 Maler Andres 261 Kummer der Ältere, Peter 153, 155 368 Personenregister

Mansfeld (deutsches Adelsge- Mörsperg, August von 61 schlecht) 160 Müller, Matthias 49, 69 Manteuffel, Kersten 264 Müller-Mertens, Eckhard 22, 45 Marc Aurel, römischer Kaiser 164 Münchhausen, Familie von 138 Margarethe von Sachsen, Kurfürstin von Nering, Arnold 43 Brandenburg (1449 – 1501) 159 Neugebauer, Wolfgang 45, 84, 173 Margarethe, Markgräfi n von Brandenburg Nicolas, Raoul 55, 56 (um 1447 – 1489) 47 Niuron, Familie Marie Eleonore, Markgräfi n von Branden- – Franz 132 burg (1607 – 1675) 157 – Peter 132, 153 Marx, Heinrich 144 f. Nobili, Familie de 247 Massow, Familie 252 Oestreich, Gerhard 203 – Andreas 252 Oppen, Matthias von 268, 273 Matthias, Thomas 189, 203, 241, 251 Ottheinrich, Pfalzgraf von Pfalz-Neuburg Maximilian I., römisch-deutscher König und Kurfürst (1502 – 1559) 41 und Kaiser (1459 – 1519) 77, 114, Ottokar II., König von Böhmen (um 155 f. 1232 – 1278) 36 Maximilian II., römisch-deutscher König Palestrina, Giovanni Pierluigi da 156 und Kaiser (1527 – 1576) 164, 180 Paravicini, Werner 191 Mecklenburg (Haus Mecklenburg; deut- Pawel, Konrad 210 sches Adelsgeschlecht) 137, 142 Pegnitzer, Familie 94 Medici, Alessandro de, Herzog von Flo- Perini, Baptista 145 renz (1510 – 1537) 91 Peschken, Goerd 44 Megen, Johann von 249 Phende, Hans 248 Meier (Meyern), Ulrich 264, 265 Philip maler 144 Meinow, Kaspar 244 Préz, Josquin des 156 Meister Andres 144 Promnitz, Familie 142 Meister Hans 160 – Gottlob Heinrich der Jüngere 143 Meister Marcus 237 – Philipp Heinrich der Ältere 143 Memhardt, Johann Gregor 42 Quast, Joachim von 273 Merian, Familie Quiccheberg, Samuel 167 f. – Caspar 42 Quitzow, Familie von – Matthäus 131 f. – Christoph von 273 Mernow, Caspar 111 Rasche, Christoph Ludwig 193 Meyer, Lucas 247 Räspell, Hans 153 Michelangelo Buonarroti 164 Reiche, Familie 239 Minckwitz, Nikolaus von 113 Reichl, Otto 166 Mittelstraß, Familie 252 Reinwald, Caspar 153 – Hans 243, 252, 260 Retzow, Jeronimus 260 Moehsen, Johann Carl Wilhelm 83 Ribbeck, Familie von 270 Moritz, Kurfürst von Sachsen Ribestein, Michel 144 (1521 – 1553) 69, 98, 150 – 153, 162 Riedel, Adolph Friedrich Johann 113 Mors, Jacob 158 Röbel, Joachim 162 Personenregister 369

Roch, Familie Schulenburg, Familie von der 106 – Hans 264 – Dietrich von der 112 – Maximilian 42 – Richard von der 112 Röder, Heinz 207 Schulz, Knut 45 Rohr, Curdt von 135 f., 200, 268 Schütte, Ulrich 44 f., 48, 97 Römer, Christoph 145 Schwabe, Caspar 153 Rudolf I. von Habsburg, römisch-deut- Schweinfurt, Jakob von 152 scher König (1218 – 1291) 36 f. Schwertzer, Sebald 155 Rudolf II., römisch-deutscher König und Seidel, Familie Kaiser (1552 – 1612) 168 – Erasmus 150 Ruggieri, Fulgentius 102 – Martin Friedrich 83 Ruprecht III. von der Pfalz, römisch-deut- Senfl , Ludwig 156 scher König (1352 – 1410) 35 Seydel, C. 124 Sabine, Markgräfi n von Brandenburg- Sigismund I., König von Polen Ansbach; Kurfürstin von Brandenburg (1467 – 1548) 41, 66, 68 (1529 – 1575) 115 Sigismund III. Wasa, König von Polen Saldern, Familie von 269, 274 (1566 – 1632) 220 – 222 – Matthias von 111, 176 f., 188, 200, Sigismund von Luxemburg, römisch- 268 – 271 deutscher König und Kaiser Saliti, Petrus 247 (1368 – 1437) 35 Savoyen (Adelsgeschlecht) 74, 164 Sigismund, Markgraf von Brandenburg Schäufelein, Leonhard 147 (1592 – 1640) 43, 160 Schaum (Schum), Joachim 260 Sigismund, Markgraf von Branden- Schenk Scheußlich, Hans 144, 152 burg; Erzbischof von Magdeburg Schenk zu Landsberg, Wilhelm 201, 268 (1538 – 1566) 93, 111 Schich, Winfried 24, 45 Sophie, Markgräfi n von Branden- Schildt, Familie burg; Kurfürstin von Sachsen – Andreas 144, 146 (1568 – 1622) 161 – Moritz 144, 146 Sparr, Familie von 133 Schlaberndorf, Joachim von 273 Staupitz, Heinrich von 162 Schlick, Hieronymus (Hieronimus) Graf Steger, Franz 26 von 176, 272 Steinbrecher, Joachim 111 Schlieben, Familie von 274 f. Stephan, Blasius 264 – Albrecht von 86, 150, 175, 177 Stratner, Jakob 210 – Christoph von 150 Straube, Heinrich 204 – Eustachius von 150, 172, 267 – 272 Stridbeck der Jüngere, Johann 42 f. – Joachim Ernst von 248 Stublinger, Sebastian 85, 207 Schlüter, Andreas 42, 82 Sturm, Familie 244 f., 283 Schmer, Hans 159 – Ambrosius 244 Schmidt, Georg 123 Suter, Helmut 248 Schmidtchen, Volker 94 Tempelhof, Familie 252 f., 256 f. Schonberg, Hans Meinhardt von 219 – Bartholomäus 253, 257 Schrader, Andreas 86 – Hans 257 370 Personenregister

– Hieronymus 252, 254 Weiler, Familie 244 f., 253, 283 – Jakob 253 Welfen (deutsches Adelsgeschlecht) 34, – Simon 257 103, 113, 160, 162 Teuber von Liebenwerda, Johann 145 Welser (oberdeutsches Handels- Theiß, Kaspar 17, 83, 127, 152 f., 240 haus) 247 f. Thum, Panthaleon 260 Wettiner (deutsches Adelsge- Thumen, Christof von 264 schlecht) 34 f., 39, 57, 66 f., 69, 75, Thurneysser zum Thurn, Leonhard 69, 79, 94, 112, 118, 123, 129, 140, 142, 254 147 ff., 152, 155, 160, 163 ff., 246, Trott, Familie von 271, 274 f. 280 f., 283 – Adam von 269 – 272 Widukind (auch Wittekind) 35 Tuhm, Albrecht 162 Wiesinger, Liselotte 55 f., 61 Ulm, Erwin von 27 Wilhelm IV. der Weise, Landgraf von Ulrich, Herzog zu Mecklenburg Hessen-Kassel (1532 – 1592) 103 (1527 – 1603) 90, 117 Wilhelm V. der Fromme, Herzog von Ursula, Markgräfi n von Brandenburg; Bayern (1548 – 1626) 158 Herzogin zu Mecklenburg- Winterfeld, Familie von 270, 273 f. Schwerin 145 Wittelsbacher (deutsches Adelsge- Villani, Lorenz 247 f. schlecht) 20 f., 24, 34 – 36, 39, 112, Vischer, Familie 123, 129, 140, 147, 158, 262, 280 – Hans 79 Wolf, Peter 247 – Peter 77, 78, 79 Wolgemut, Michael 147 Vogt von Wierandt, Caspar 89 Wolski, Piotr Dunin 220 Vossenholl, Simon 244 f. Württemberg (deutsches Adelsge- Waldenfels, Familie von schlecht) 75 – Christof von 272 Zacharias, Wilhelm 144, 153 – Georg von 24, 188 Zamoyski, Jan 220 Warbergk, Tonius Edler von 200 Zerer, Joachim 207, 259 Wasa (schwedisches Adelsge- Zeswitz, Anselm von 265 schlecht) 220 Zeuschel, Ulrich 24 Wehme, Zacharias 164 Zimmer, Peter 247 Abbildungsnachweis

Abb. 1: Fielgraf, Carl. Kopie nach Begeyn, Abraham Jansz.: Das Berliner Schloss um 1680, GK I 2879. (Verlust)/Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin- Brandenburg/Fotograf: Oberhofmarschallamt/ Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten (1927–1945). Abb. 2: Geyer, Albert: Geschichte des Schlosses zu Berlin, Bd. 1: Die kurfürstliche Zeit bis zum Jahre 1698, Berlin 1936, S. 21. Abb. 3: 1652 veröffentlicht in M. Zeilers Topographie, Merian Frankfurt am Main. Ab- gedruckt in: Geyer, Albert: Geschichte des Schlosses zu Berlin, Bd. 1: Die kur- fürstliche Zeit bis zum Jahre1698. Die Bilder, Berlin 1936, Abb. 2. Abb. 4: Ribbe, Wolfgang (Hg.): Schloß und Schloßbezirk in der Mitte Berlins. Das Zentrum der Stadt als politischer und gesellschaftlicher Ort (Publikationen der Historischen Kommission zu Berlin), Berlin 2005, S. 41. Abb. 5: Sign.: Ms. Boruss. Qu. 9, Blatt 8r, Staatsbibliothek zu Berlin – Preussischer Kulturbesitz. Abb. 6: Sign.: Ms. Boruss. Qu. 9, Blatt 4r, Staatsbibliothek zu Berlin – Preussischer Kulturbesitz. Abb. 7: Ribbe, Wolfgang (Hg.): a.a.O., S. 42. Abb. 8: Jacob Francus, Historicae relationis continuatio, Frankfurt a. Main 1596, S. 58. Abgedruckt in: Geyer, Albert: a.a.O., Abb. 18. Abb. 9: Geyer, Albert: a.a.O., Abb. 13. Abb. 10: Geyer, Albert: a.a.O., Abb. 30. Abb. 11: Geyer, Albert: a.a.O., Abb. 40. Abb. 12: Schich, Winfried: Anlage und Funktion des Schlosses und des Schloßbezirks in Mittelalter und Renaissance, in: Ribbe, Wolfgang (Hg.): a.a.O., S. 26. Abb. 13: Hahn, Peter-Michael/Lorenz, Hellmut: Herrenhäuser in Brandenburg und der Niederlausitz. Kommentierte Neuausgabe des Ansichtenwerks von Alexander Duncker (1857–1883), Bd. 2: Katalog, Berlin 2000, S. 47. Abb. 14: Hahn, Peter-Michael/Lorenz, Hellmut: a.a.O., S. 102. Abb. 15: Hahn, Peter-Michael/Lorenz, Hellmut: a.a.O., S. 141.

Abbildungen

Abbildung 1: Das Schloss zu Cölln an der Spree gegen Ende der Regierung des Großen Kurfürsten von der Langen Brücke aus gesehen. Kopie eines anonymen Ölbildes aus Schloss Tamsel bei Küstrin, Sanssouci Abbildung 2: Caspar Merian: Ansicht von Berlin und Cölln. Radierung 1652, Ausschnitt Abbildung 3: Johannes Gregor Memhardt: Plan von Berlin und Cölln. Kupferstich von Caspar Merian, 1652 Abbildung 4: Perspektivansicht des Schlosses mit Dom und Lustgarten aus dem La Vigne-Plan von Berlin-Cölln. Kupferstich 1685 Abbildung 5: Ansicht des Schlossplatzes von Süden. Zeichnung von Johann Stridbeck d. J., 1690

Abbildung 6: Blick von der Bergstraße von Osten auf das Berliner Schloss. Zeichnung von Johann Stridbeck d. J., um 1690 Abbildung 7: Ringrennen auf der Stechbahn vor dem Berliner Schloss 1591. Kupferstich von Jacobus Francus, „Historicae relationis continuatio“ von 1593 Abbildung 8: Ansicht des Doms von Norden. Darstellung einer Allegorie mit der Gestalt Neptuns während eines festlichen Feuerwerks zu Ehren Christians IV. von Dänemark, 1595 Abbildung 9: Grundrissrekonstruktion der Schlossanlage Kurfürst Friedrichs II. Zeichnung nach Ausmessung von A. Geyer, 1936 (Die in gestrichelten Linien gezeichneten Schlossteile sind Annahmen.) Abbildung 10: Rekonstruktion des Joachimschlosses, von der Langen Brücke aus gesehen. Zeichnung nach Ausmessung von A. Geyer, 1936 Abbildung 11: Rekonstruktion des inneren Hofes des Joachimschlosses. Zeichnung von A. Geyer, 1936 Abbildung 12:Berlin und Cölln um 1400. Rekonstruierter Stadtgrundriss. Zeichnung von Winfried Schich, 2005 Abbildung 13: Schloss Boitzenburg. Kupferstich von Matthäus Merian, 1652 Abbildung 14: Demerthin, Nordfassade. Foto 1996 Abbildung 15: Freyenstein „Altes Schloss“. Foto 1996

Die Residenzforschung erfreut sich seit längerem regen Interesses. Zumeist in in- terdisziplinärem Zugriff werden herrschaftliche, administrative, repräsentativ-zei- chenhafte, aber auch soziale und ökonomische Aufgaben des jeweiligen Hoflagers untersucht. Für das Kurfürstentum Brandenburg im „langen“ 16. Jahrhundert fehlte es bislang an einer solchen umfassenden Darstellung. Die vorliegende Studie möch- te diese Lücke schließen. Sie verfolgt die Absicht, das Hohenzollernschloss zu Cölln an der Spree auf seine bestimmenden Funktionsmerkmale hin zu untersuchen und innerhalb der kurbrandenburgischen Residenzenlandschaft mit seinen Jagdhäusern und Landesfestungen zu verankern. Von diesen Orten hoher dynastischer Symbol- kraft übten die Hohenzollern Herrschaft über Land und Leute aus. Mit welchen propagandistischen Mitteln dies geschah, wie landesherrliche Machtansprüche in zeichenhafter Weise prätendiert und visualisiert wurden – diesen Fragen geht die vorliegende Studie unter einer dezidiert komparatistischen Perspektive nach. Denn erst in vergleichender Betrachtung des Cöllner Hofes etwa mit den Hoflagern der Wettiner oder Wittelsbacher und unter gründlicher Ausleuchtung des finanzpoliti- schen Spielraums des brandenburgischen Kurfürstentums entsteht ein präzises Bild vom Stand und Standard der Hofkultur der um rang- und statusmäßige Anerkennung im Alten Reich ringenden Hohenzollern. Die kurbrandenburgischeDie Residenzenlandschaft • Beyer Beyer

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