Symptomatisches Aus Politik, Kultur Und Wirtschaft Goethe, Weininger, Mauthner Zu Den Leitsätzen Rudolf Steiners Un-Michaelisch
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Jg. 16/Nr. 12 Oktober 2012 Symptomatisches aus Politik, Kultur und Wirtschaft Goethe, Weininger, Mauthner Ein Interview mit Jacques Le Rider Zu den Leitsätzen Rudolf Steiners Un-Michaelisches aus Dornach Mitt Romney und die Mormonen Wer ist «der Held» der Mysteriendramen? Fr. 14.– € 11.– Monatsschrift auf der Grundlage Geisteswissenschaft Rudolf Steiners € 11.– Fr. 14.– Der Euro und der geplante EU-Einheitsstaat Wie angloamerikanische Plutokraten Europa lenken Inhalt Am 4. September strahlte Arte-TV einen bemerkenswerten Dokumentarfilm «Das einzig Wirkliche sind die mit dem Titel Goldmann- Sachs – Eine Bank lenkt die Welt* aus. Mario Draghi, einzelnen Individuen» 3 ein früherer Goldmann Sachs-Mitarbeiter, heute Chef der EZB, heißt die Poli- Ein Interview mit Jacques Le Rider tik dieser Bank ausdrücklich gut, obwohl sie Griechenlands Schulden her- untertrickste, um das Land EU- resp. Euro-fähig zu machen, und sich dann Benedictus als Repräsentant an seiner voraussehbaren Pleite bereicherte. einer christlichen Draghis Vorgänger Jean-Claude Trichet verstummte auf die Frage eines Geistesführung 11 Editorial Journalisten, was Draghi von diesen betrugs-kriminellen Machenschaften Vortrag von Charles Kovacs - von Goldmann Sachs gewusst habe – wie auf ein verabredetes Zeichen hin. Die zur Zeit wohl mächtigste Bank der Welt hat nur ein Ziel: unlimitierte Das Mysterienlicht in Vergangen- Bereicherung, um jeden Preis, das heißt egal, auf wessen Kosten. heit, Gegenwart und Zukunft 14 Draghis am 6. September bekanntgegebener Beschluss, dass die EZB unli- Frank von Zeska mitiert Staatsanleihen aufkaufen kann, muss auch vor dem Hintergrund ge- sehen werden, wie Goldmann-Sachs Griechenland hereinlegte. Soll das nun Neues zur Michaelschule 17 mit der ganzen Euro-Zone geschehen? Marcel Frei / Thomas Meyer Es sollte nicht vorausgesetzt werden, dass Draghi an einem viel umfassen- deren «Verlustgeschäft» im Sinn von Goldmann-Sachs kein Interesse hätte. Weltschuldenkrise und Rudolf Steiner sprach in einer undatierten, aber wohl vom Dezember soziale Dreigliederung 18 1917 stammenden Aufzeichnung von «angloamerikanischen Plutokra- Nicholas Dodwell ten», welche sich der «beweglichen kapitalistischen Wirtschaftsimpulse» zu Machtzwecken zu bedienen wissen. h dem Osten hin.» Ludwig Polzer-Hoditz Apropos 83 Und im selben Epochejahr 1917 betonte Steiner: «Mitteleuropa muss in A-Werk-Krüppel, Bio-Milch diesem Gange nach dem Osten, sie können ulturperiode, in welcher wir leben, führt vom Westen kom einem richtigen wirtschaftlichen Konkurrenzverhältnis zu England bleiben und gesundende Erde 21 rungskräften; Katastrophen gehen aus ihnen hervor. und darf nicht in ein wirtschaftliches Abhängigkeitsverhält- Boris Bernstein nis kommen.» Aus heutiger Sicht ist zu ergänzen: Erstens sind an die Stelle Englands die USA getreten. Zweitens ist Kalender Heftmitte die zu vermeidende Abhängigkeit Faktum geworden. Allein die Ernennung des Goldmann Sachs-Mannes Mario Draghi Mitt Romney und zum Chef der europäischen Zentralbank dokumentiert die- die Mormonen 27 se Tatsache. Seine am 4. September vorgestellte Wundertüte Andreas Bracher – durch unlimitierten Ankauf von Staatspapieren durch die EZB – könnte sich für die Euro-Länder über kurz oder lang als finanztechnische Büchse der Der €uro als Treibsatz zur Pandora erweisen. Bildung des «Einheitsstaates» 32 An ihr werden nur die verdienen, die sie konstruiert haben. Der grenzen- Franz-Jürgen Römmeler lose Mammonismus des US-Bankensystems hat vom Finanzplatz Europa Besitz ergriffen. Dass die Europäer ihren wirtschaftlichen Unabhängigkeits- «Ich lasse dich nicht gehen, willen, für dessen Aufrechterhaltung Steiner wirkte, nun irreversibel zu be- wenn du mich nicht segnest» 36 graben scheinen, können sie nur sich selbst zuschreiben. Doch die Folge ist Aus der Leitsatzarbeit Rudolf Steiners fatal: Das Fernziel einer allmächtigen Weltregierung, wie es Winston Chur- Christin Schaub chill vorschwebte, kann auf dem Grab, das Europa seiner wirtschaftlichen – und mittelbar auch seiner geistigen – Unabhängigkeit schaufelte, umso Leserbriefe 42 leichter errichtet werden. «Kritiker werfen dem europäischen Lobby-Netzwerk der amerikanischen Rätsel 43 Bank Goldman Sachs (GS) vor, wie eine Form der Freimaurerei zu funktio- nieren. In unterschiedlichem Maße sind der neue Präsident der Europäi- Impressum 43 schen Zentralbank Mario Draghi, Italiens designierter Regierungschef Ma- rio Monti und Griechenlands neuer Ministerpräsident Lukas Papademos Galionsfiguren dieses enggestrickten Netzes.» So schrieb bereits vor einem Jahr der französische Journalist Marc Roche in Le Monde (15. 11. 2011), Co- Autor des eingangs erwähnten Arte-Films. Endgültiger Untergang europäi- scher Unabhängigkeit oder Neubesinnung auf wirkliche europäische Werte, wie sie etwa im folgenden Interview mit dem französischen Kulturschaffen- den Jacques Le Rider zur Sprache kommen? An diesem entscheidenden Wen- depunkt ist die europäische Entwicklung angelangt. Thomas Meyer Foto Titelseite: Jacques Le Rider * http://videos.arte.tv/de/videos/goldman-sachs-eine-bank-lenkt-die-welt--6894428.html Fotografin: Regine Hendrich, mit freundlicher «Die Mitte Europas ist ein Mysterienraum. Er verlangt von der Menschheit, dass sie sich dementsprechend verhalte. Der Weg K mend, nach dem Osten sich wendend, über diesen Raum. Da muss Altes metamorphosieren. Alle alten Kräfte verlieren auf durch diesen Raum, ohne sich aus dem Geiste zu erneuern, nicht weiterschreiten. Wollen sie es doch tun, so werden Zerstö In diesem Raum muss aus Menschenerkenntnis, Menschenliebe und Menschenmut das erst werden, was heilsam weiterschreiten darf nac Genehmigung des Standard / Wien Die nächste Nummer erscheint Anfang November 2012 Der Europäer Jg. 16 / Nr. 12 / Oktober 2012 Interview mit Jacques Le Rider «Das einzig Wirkliche sind die einzelnen Individuen» Ein Interview mit dem Germanisten und Kulturschaffenden Jacques Le Rider Jacques Le Rider (geb. 1954) ist für die meisten Europäer- Leser kein Unbekannter. Wir veröffentlichten in der Sommerdoppelnummer des Jahres 2000 einen längeren Aufsatz zu Nietzsches zweiter Unzeitgemäßer Betrachtung; in der Sommernummer 2003 brachten wir einen Auszug aus seiner französischsprachigen Auswahl aus Goethes autobiographischen Schriften, unter dem Titel Goethe, die Französische Revolution und Napoleon. Beide Betrachtun- gen sind als PdF auf unserer Webseite zu finden. Le Rider, der in Paris einen Lehrstuhl für deutsche Kul- turgeschichte innehat, ist vielleicht der beste gegenwärtige Kenner der multikulturellen Sphäre der «Wiener Moderne» der vorletzten Jahrhundertwende, wie besonders das (aus seiner Habilitationsschrift hervorgegangene) Werk Das En- de der Illusion – Die Wiener Moderne und die Krisen der Iden- Jacques Le Rider in Wien, Sommer 2012 tität, Wien 1990, dokumentiert. Sein erstes eigenständiges Foto: Regine Hendrich, mit freundlicher Genehmigung des Standard / Wien Werk zum Wien des Fin de Siècle war die 1982 in Paris und 1985 in Wien erschienene Monographie Der Fall Otto Wei- Eine neue französische Faust-Ausgabe ninger – Wurzeln des Antifeminismus und Antisemitismus. Wir TM: Sie haben vor einigen Jahren zusammen mit Jean widmeten diesem genialen, rätselhaften Ausnahmemen- Lacoste eine französische Neuausgabe von Goethes schen zum 100. Todestag am 4. Oktober 2004 einen Ge- Faust (inkl. dessen Urfaust) vorgelegt, den zweiten, rätsel- denkartikel (In memoriam Otto Weininger, in: Der Europäer hafteren Teil dabei selbst neu übersetzt und kommentiert. Jg. 7 / Nr. 12 / Oktober 2003; ebenfalls als PdF zu finden). Eine immense Arbeit und außerordentliche Leistung. Rudolf Steiner sprach im zweitletzten seiner Karmavorträge Worin liegt in Ihren Augen die Aktualität dieser wohl am 21. September 1924 über Weiningers Leben, Werk und wahrhaft europäischen Dichtung? Hat man in Frankreich Schicksal, während er im letzten dieser Vorträge Ausfüh- durch Ihre Ausgabe den Faust neu schätzen gelernt? Wie rungen über das Karma seines eigenen Lehrers Karl Julius waren die Echos auf diese Publikation? Schröer machte. Beiden Gestalten des Fin de Siècle war trotz ihrer sonstigen Ungleichheit nach Steiner gemeinsam, dass Goethes Faust-Dichtung ist eines der wenigen ihnen von früheren Erdenleben her eine reiche Spirituali- Bücher, die alle üblichen Gattungen und Kate- tät innewohnte, welche sich im äußeren Lebensgang nur gorien sinnlos machen durch große Hemmungen manifestieren konnte. Wein- inger und Schröer liegen beide auf dem Matzleinsdorfer JLR: In der französischen Romantik hat Faust, von Dela- Friedhof in Wien begraben, in Sichtweite nebeneinander. croix illustriert, von Nerval übersetzt, von Gounod ver- Jacques le Rider wirkt im großen Stile als ein Vermittler tont, eine so große Rolle gespielt, in der klassischen Mo- mitteleuropäisch-übernationaler Kulturwerte in den fran- derne war die Aktualität der Faust-Dichtung wieder so zösischen Sprachraum. So redigierte er u.a., zusammen groß, man denke nur an Paul Valérys Mon Faust; René Clé- mit Jean Lacoste, eine zweibändige französische Nietz- ments VerfilmungLa Beauté du diable ist so berühmt, dass sche-Ausgabe. Vor einigen Jahren publizierte er eine Neu- die Franzosen mit Faust bestens vertraut zu sein glauben. übersetzung des zweiten Teils von Goethes Faust (Näheres In Wirklichkeit ist das Gegenteil wahr. Von diesem neben siehe unten). Dies war der Anlass für mich, ihn um ein Don Juan/Don Giovanni größten modernen Mythos Interview für den Europäer zu bitten. Die Fragen wurden kennt man nur einige Motive, wie man von Homers Ilias