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RTL „10-Millionen-SKL-Show“-Moderator Jauch, Rate-Team*: „Schrecklich viel Spaß macht so ein Blutbad nicht“

SHOWS Das Beckenbauer-Syndrom Günther Jauch ist zur allgegenwärtigen Marke und zum mächtigsten Mann auf dem Bildschirm geworden. Nun parodiert sich der Macher von Sport- und Quiz-Shows selbst: Die Werbesendung für die Süddeutsche Klassenlotterie geriet zur unfreiwilligen Satire. Von Klaus Brinkbäumer

anchmal, spät am Abend bei ei- Kann es das Geld sein? Sicher, nur das Herr Albrecht guckt grimmig und weiß es nem Glas Kölsch, macht sich Geld. Was sonst hätte Günther Jauch auf vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Das ist MGünther Jauch Gedanken über die Idee bringen können, diese „10-Millio- nicht weiter wichtig, da er sowieso nichts seinen Beruf im ganz und gar Allgemei- nen-SKL-Show“ zu machen? sagen darf; raten muss einer der fünf nen. Er spricht dann von kommerziellem Jauchs Kandidat heißt seit ein paar Se- berühmten Menschen, die hinter ihm in ei- Fernsehen als einer „Art Kaufhaus“. kunden Werner Albrecht. Herr Albrecht nem apokalyptisch anmutenden Riesenei „Also“, sagt Jauch, 44, „es gibt da die ist ein Mensch, der normalerweise Laster hocken. Ein Scheinwerfergeflacker beginnt, Designerabteilung, wo ich Markenware und Baumaschinen durch fährt und und es erstrahlt Hellmuth Karasek. bekomme und wo ich mich auf die Qua- der seine polnische Freundin per Video ge- „Internet, Professor Karasek, können lität verlassen kann, aber es gibt auch den funden hat; „kein Wort“ habe die am An- Sie das?“, fragt Jauch, und Karasek, laut Wühltisch mit den Saisonartikeln, der fang verstanden, aber jetzt ist sie brav und Kollege Marcel Reif auch intellektuell „un- darauf ausgerichtet ist, drei Monate lang „lernt ganz gut Deutsch“. Das ist schön, sere Leuchte“, sagt: „Nicht so richtig“, eine Ware in besonders hoher Stückzahl aber noch schöner ist, dass Herr Albrecht aber er hat ja vorher am Buffet mit dem auf den Markt zu hauen – und dann bitte immer wieder die ziemlich teuren Lose der „SPIEGEL Almanach“ gelernt. Und dann weg damit.“ Süddeutschen Klassenlotterie (SKL) kauft. sagt er tapfer „Firewall“, und schon hat Es kommt auch vor, beim zweiten Gläs- Denn darum darf er jetzt auf diesem Stühl- Herr Albrecht 10000 Mark gewonnen. chen und einem winzigen Salami-Baguette, chen im Studio 9 auf dem Bavaria-Gelän- Wozu so ein SKL-Los gut sein kann! dass sich Jauch Gedanken über den Fern- de in München-Grünwald sitzen und sich An zehn Tagen hintereinander war sehmann Günther Jauch im ganz und gar Günther Jauchs Frage anhören. Günther Jauch nun bei RTL zu sehen. Nach Besonderen macht. Was soll einen mit dem Internet ver- zwei Ausgaben von „Wer wird Millionär?“ Er wolle, sagt er, keiner von denen sein, bundenen Rechner vor unerwünschten Zu- machte er vorige Woche siebenmal „Event- die „das Getöse, das Schaumschlägerische, griffen schützen? Die „Firewall“, die „Chi- Fernsehen“ (Jauch), nämlich die so ge- das Hohle“ auf den Bildschirm zerren, „das nese Wall“ oder doch die „Stone Wall“? nannte „10-Millionen-SKL-Show“; und ein- irgendwann in sich zusammenfällt“; er set- mal machte er „Stern TV“, wo er zuerst ze auf Langlebigkeit, mache Markenware * Fernsehprominente Hape Kerkeling, Hellmuth Karasek, über ein besonders übles Übel namens und keinen Grabbelkram. Sagt er. Hella von Sinnen, Michael Mittermeier, Marcel Reif. Spielsucht berichtete und später über seine

132 der spiegel 18/2001 Im Vergleich dazu Fernsehstar Jauch die zuletzt 32,7 „Das Füllen von Löchern“ gesendete Folge vom 21. April von Markt- Geissler ist einer der Schatten- „Wer wird Millionär?“ anteil männer der TV-Landschaft. Vor 10,3 Millionen Zuschauer in % 25 Jahren spielte er in einer Band, und da traf er bei einer Disco „Die 10-Millionen-SKL-Show“ auf dem Land den Radiomodera- Marktanteil in Prozent tor und we- nig später dessen Kumpel Gün- ther Jauch. Heute führt Geiss- am 23. April ler in München die Firmen „Brot 26,4 8,5 Millionen und Spiele“, „Soll+Haben“ und Zuschauer die „Angenehme Unterhaltungs GmbH“ und macht ziemlich an- 24,5 genehme Geschäfte mit den Wer- am 24. April beträgern Gottschalk und Jauch. am 22. April 6,7 Millionen Das Problem bei der aktuellen 7,1 Millionen Zuschauer Aufgabenstellung war das Lotte- Zuschauer rierecht: Die Kandidaten dürfen 21,8 21,4 nicht für irgendeine Leistung be- lohnt werden; sie dürfen nur am 26. April Glück haben. Weil aber „das un- 6,5 Millionen Zuschauer terhaltsamste Kleid für eine Zie- hung im Moment die Quiz-Show“ ist (Geissler), kam es dazu, dass

T. RABSCH T. Jauch, der mit der deutschen Aus-

eigene Lotterie, die „10-Millionen-SKL- Show“. Irre spannend, die Sendung – un- bedingt einschalten! Dieses Ereignis-Fernsehen, das auf den Höhepunkt, die Übergabe des 10-Millio- nen-Mark-Schecks am Sonntag, ausgerich- tet war, kam daher wie eine Quiz-Show und hatte doch nur einen Zweck: Es sollte die SKL preisen. „Ein Glücksspiel“, sagt Produzent Antonio Geissler. Nein, es war eine Dauerwerbesendung, eine Art Prime- time-„Glücksrad“. Und klar, es hat funktioniert. Eine Quo- te von 20 Prozent hatte RTL zur Vorgabe gemacht. Bei 20 bis 25 Prozent, hatte RTL- Die Welt der Chef Gerhard Zeiler dem Moderator Jauch vorher gesagt, würde er Luftsprünge ma- Rätselfreuden chen. „Jetzt müsste er an der Decke hän- Länder, in denen gen“, sagte Jauch am Mittwoch, als wieder die Millionärsshow eine dieser frohen Quoten-Botschaften ein- gesendet wird getroffen war. Addiert man die Zahlen, ha- ben vergangene Woche rund 50 Millionen ironie, die er aus seinem Schatzkästlein im gabe des Welterfolgs „Who wants to be a Menschen Günther Jauch zugeschaut. Hinterkopf holt, aus jedem festgeklopften millionaire?“ Großvaters Fernsehen wieder Das Ganze funktionierte wohl deshalb, Korsett eine Jauch-Show“ macht. belebt hat und die Quiz-Welle des letzten weil im Moment das Modell Jauch funk- Bloß manchmal eine schlechte. Jahres ausgelöst hat, sich mit dieser Ab- tioniert; weil Jauch durch „Wer wird Mil- Eine Sendung eben, in der die Bewohner ziehausgabe erstens selber kopiert, zwei- lionär?“, „Stern TV“ und die Champions Mallorcas „die Eingeborenen“ heißen. Eine tens inflationiert und drittens parodiert. League mittlerweile zur allgegenwärtigen Sendung, in der Jauch fragt: „Wollen wir Es ist alles fast so wie beim Original. 120 Marke und zum beliebtesten Fernsehge- Tempo machen?“, und sein Kandidat ant- Menschen im Studio grinsen schon ver- sicht der Republik geworden ist und damit wortet: „Ham wa heute morgen ja auch ge- klärt, als Jauch, nach 40 Tagen Fastenkur zum mächtigsten Mann der Branche. Jauch macht“, weil schließlich drei Sendungen an noch hagerer als sonst, den Raum betritt; bewirbt für die Bundesbank den Euro und einem Tag aufgezeichnet werden, was nur in der Mitte stehen zwei Stühle und zwei in einer Sendung die andere und befeuert keiner merken sollte. Eine Sendung, in der Monitore; die Musik soll Spannung und so stets die eigene Popularität. Und darum der Komiker Hape Kerkeling die Arme aus- die herumsausende Krankamera Dynamik ist er derzeit der einzige deutsche Fern- breitet und verkündet: „Wir sind dumm.“ vermitteln; das „Millionär“-Team hat die sehmensch, der morgens eine Gagenver- Das Elend begann im Sommer 2000. Da- Fragen verfasst; und Jauch sitzt da und legt dopplung verlangen könnte und mittags mals riefen die kreativen Herren von der lächelnd seinen hervorstehenden Eckzahn eine Verdreifachung erhalten würde. SKL bei Antonio Geissler an. „Die Aufga- bloß und dann den Kopf schief. Das alles liegt daran, dass Jauch, wie benstellung war: Wie kann man zehn Mil- Was Jauch eigentlich beherrscht, sind Nina Ruge, schlaue Gast-Raterin in der lionen Mark im Fernsehen vergeben?“, sagt Gespräche; wenn es gut geht, redet er sehr Werbe-Show, sagt, mit einer „Lausbuben- Geissler, und so machte er sich ans Werk. langsam, hakt sich fest, merkt sich Details

der spiegel 18/2001 133 Medien Lächelnder Losverkäufer Die staatliche Glücksspielfirma SKL, berüchtigt für ihre dreisten Werbebriefe, sucht im Fernsehen ein besseres Image. ie Riesenchance auf Reichtum Reklamebriefe mit einem Stempel kam daher wie ein Schreiben „staatlich geprüft und garantiert“ zu ver- Dvom Amt. „Wichtige Dokumen- zieren oder „100%ige Gewinnchancen“ te“ stand auf dem Briefumschlag, und zu versprechen. Immerhin gilt es, den drinnen befand sich eine „offizielle Do- Empfängern Lose zum stattlichen Preis kumentenmappe – persönlich für die von je 1500 Mark zu verkaufen. Wer ausgewählte Gewinnberechtigte“. nicht so viel zahlen mag, kann auch ein Wiederum „persönlich“ wies Walter Teillos erwerben, muss sich im Glücksfall Günther, Chef einer Staatlichen Lotterie- aber auch mit einem Teilgewinn begnü- Einnahme in Bamberg, in einer „offiziel- gen. Die Gewinnwahrscheinlichkeit für len Mitteilung“ auf eine „garantierte Viel- die höchste Gewinnklasse, ermittelte die fach-Gewinnchance“ hin. Jede zweite Zeitschrift „Test“, beträgt 1:600000. Von „fortgesetzt zweifelhafter Wer- bung“ spricht Stiftung Warentest. Das Süddeutsche Klassenlotterie seien „übliche Gestaltungsmerkmale im Anstalt öffentlichen Rechts in Millionen Mailingwesen“, erwidert SKL-Marke- Berufsanfänger Gottschalk, Jauch (1982): Vom mit Sitz in München Mark, 1999 tingchef Heribert Geng, es solle nur ver- hindert werden, dass „von 100 Briefen und kramt Dinge wieder hervor, die vor Umsatz 1887,0 80 im Papierkorb landen“. einer Viertelstunde gesagt worden sind – Den ganz großen Aufschwung – und so viel Gedächtnis ist selten im Fernse- Jahresüberschuss 91,5 ein besseres Image – erhoffen sich die hen. Was er ebenfalls kann, ist schweigen; bayerischen Glücksspielstrategen nun „Mut zur Pause“ nennt er das, manchmal Mitarbeiter vom Fernsehen. Sie verpflichteten des- auch „Füllen von Löchern durch bloße Prä- 84 halb 1998 den allseits beliebten RTL- senz“, und das hat er sich von Harald Mann Günther Jauch. Der moderiert Schmidt abgeschaut. Was er dann noch beherrscht, ist das Losnummer werde „mindestens „Prinzip der permanenten Verunsiche- einmal gewinnen“, erklärte er. rung“ (Jauch); mit Blicken und sehr netten „Ich sage es Ihnen ganz offen – Fragen – „Sie wissen, dass Ihnen der Joker nie waren die Chancen besser, später nichts mehr nutzt, wenn Sie jetzt 25 Millionen DM zu gewinnen.“ rausfliegen?“ – lockt er Kandidaten in die Dem Schreiben legte Günther Irre, die richtig liegen, und bestärkt ande- noch einen „Berechtigungsaus- re, die falsch liegen. Oder natürlich umge- weis“ und eine „Abrufurkun- kehrt. Das Rätsel beim Original, bei „Wer de“ für ein Los bei – als „schrift- wird Millionär?“, sind nicht die Fragen, das liche Legitimation zum Gewin- Rätsel ist Jauch. nen“, wie er im Bürokratenjar- Und das einzige Rätsel bei der „10-Mil- gon erläuterte. lionen-SKL-Show“ ist, warum so viele Der Sohn der inzwischen ver- Werbefigur Jauch: Glückslos für 1500 Mark Menschen ihn auch hier noch sehen wollen. storbenen „Gewinnberechtig- Hier ist alles egal. Man muss nur Marcel ten“ fühlte sich gefoppt – und leitete die nach der SKL-Spielshow „Millionär Reif beobachten, den Fußballreporter, der vermeintliche Glückspost an den Ber- gesucht“ nun die „10-Millionen-SKL- wenig so verabscheut wie Fußballer, die liner Verbraucherschutzverein weiter. Show“. Die ganze Sendung sei, jubelt nach dem Spiel blöde „Ich sach mal“-In- Dort sind die Verkaufsmethoden der Manager Geng, „eine Ziehung der SKL“. terviews geben. Reif hockt in diesem selt- Süddeutschen Klassenlotterie (SKL) Seit Wochen schon animiert Jauch in samen Ei und verdreht die Augen. schon lange ein Thema. „Wir haben vie- TV-Spots und großflächigen Anzeigen Denn der Kandidat Bernd Reinemuth le Anfragen“, sagt Jurist Dieter Lang. zum Kauf der Lose, denn nur so kommt aus Weinheim, im Leben vor der SKL „im Ein Rechtsverstoß jedoch sei schwierig man in seine Sendung. „Werden Sie mein klebetechnischen Bereich meiner Firma“ nachzuweisen. nächster 10-Millionen-Kandidat“, lockt tätig, sitzt vorn auf dem Stuhl vor Jauch, Jeder deutsche Haushalt wird wäh- der Moderator und zeigt auf einen leeren und um sie herum plätschert Wasser, und rend eines Jahres mit mindestens einem Studiosessel. dann fliegt Herr Reinemuth raus, weil Schreiben der SKL bedient, bestätigt die Dank des lächelnden Losverkäufers Hape Kerkeling nicht weiß, wie eine CD in München beheimatete Glücksspiel- soll gelingen, was die Werbebriefe und von Eric Clapton heißt. Und Elfriede Pe- organisation, die sechs Bundesländern das forsche Telefonmarketing auch nicht tersen aus Holzdorf ist die nächste Kandi- gehört. Die Briefe verfassen die 156 Ver- vermochten: die magere Verkaufsquote datin, setzt ihr Maskottchen, eine Maus triebspartner der Staatslotterie – wie nachhaltig zu steigern. aus Heu, aufs Pult, und die Frage lautet, etwa die Einnahmestelle des Herrn Bisher nämlich werden nur rund 35 welcher Schnaps in der DDR Hochkon- Günther aus Bamberg – auf eigene Rech- Prozent der insgesamt 2,5 Millionen Lose junktur hatte. A: Blauer Würger. B: Roter nung, mit eigener Kreativität. Die pro Lotterie abgenommen. Rachen. C: Gelber Brenner. Und Reif sagt: schrecken auch nicht davor zurück, ihre Hans-Jürgen Jakobs „Och, ich sach mal: Gelber Brenner.“ Falsch, und tschüss, kleine Heumaus.

134 der spiegel 18/2001 FOTO SESSNER (l.); S. GREGOROWIUS / ACTION PRESS (r.) SESSNER (l.); S. GREGOROWIUS / ACTION FOTO Kumpel zur Jagd getragen „Wer wird Millionär?“-Gastgeber Jauch*: „Das Prinzip der permanenten Verunsicherung“

Gern würde man die fünf Prominenten kunft der „Fußballfuzzi“, der deshalb mit- Als Gottschalk „Wetten, dass …?“ über- für diesen Trübsinn prügeln, aber das wäre mache, weil sein Champions-League- nahm, bekam Jauch den „Na so was“- ganz und gar nicht gerecht. Alle sind sie ja Kumpel Günther ihn gefragt habe: „Haste Sendeplatz um halb acht, moderierte „Na ungefähr so eifrig dabei „wie damals im nicht Lust?“ siehste“, und nun ging es steil aufwärts: Abenteuer-Zeltlager“ (Karasek) und hin- „Es lähmt schon ein wenig die Span- ZDF-Sportstudio, „Stern TV“, Champions terher „total durchgeschwitzt“ (Ruge). nung, wenn die Fragen nicht im Niveau League. „Günther ist eins zu eins“, sagt Denn weil sie die Fragen der Kandidaten steigen und wenn es diese schöne Verbin- sein Freund Reif, „ein preußischer Arbei- beantworten müssen, haben sie natürlich dung nicht gibt: mehr wissen gleich mehr ter, der nur macht, was er kann.“ „immer Angst, dass einer, den ich hinaus- gewinnen“, sagt Nina Ruge. Kann Jauch also alles? werfe, mich später mit der Schrotflinte er- „Manche mögen natürlich sagen: Der Jedenfalls kann er manchmal ganz gut wartet – Dankbarkeit ist kein großes und Kandidat tut ja gar nichts“, sagt Jauch. mit Widersprüchen leben. Dass er sich Hass ein sehr haltbares Gefühl“ (Karasek). Wahrhaftig: Manche mögen das sagen. einst in den Dienst einer Drückerfirma Nein, die fünf Prominenten sorgen für das Wenn man Günther Jauch in Köln- stellte, tat ihm nicht weiter weh; besonders einzige, das winzige bisschen Spannung, Hürth besucht, nach drei Aufzeichnungen viel PR habe er nie gemacht, sagt er, „des- da sie sich wenigstens hin und wieder bla- seines TV-Triumphs „Wer wird Millionär?“, halb hält sich mein schlechtes Gewissen mieren und sich dann tüchtig schämen. und wenn man ihn oben in seiner Garde- in Grenzen“. Einer wie er darf auch in Das Problem ist viel simpler: Früher hieß robe nach den Ursachen seiner längst bei- „Stern TV“ diese „Abzocke“ durch man- Werbung noch „Werbung“ und lief, lo- spiellosen Karriere fragt, antwortet er mit che 0190-Telefonnummern beklagen, ob- gisch, im Werbeblock; und fürs Vorlesen dem Begriff „Beckenbauer-Syndrom“. Er wohl das Preisgeld für „Wer wird Mil- von Glückszahlen reichte damals die Mi- will damit sagen, dass er nie eine Bewer- lionär?“ durch eine 0190-Nummer einge- nute vor der Wettervorhersage. bung geschrieben hat, sondern stets zu- spielt wird. Jauch führt hier keine Interviews. Er frieden irgendwo an einem Schreibtisch Jauch ist oben und fühlt sich dort „frei“; fragt: „Sie haben Ihr SKL-Los seit drei oder vor einer Kamera saß, als wieder die alte Trennung zwischen „E“ wie „ernst- Jahren?“ Oder: „Sie sind aus Österreich? „ein Angebot vorbeigeschwommen kam“. haft“ und „U“ wie „Unterhaltung“ erklärt Wie kommt man in Österreich an ein Jauch ist schließlich einer dieser netten er für aufgehoben. Für ihn mag es deshalb SKL-Los?“ Dann plaudert er über seine Menschen, die sich nie vorzudrängeln perfekt sein, dass er seinen Arbeitgeber, Kandidaten und sagt allen Ernstes: „Sie scheinen und ihre Ziele letztlich deshalb er- die RTL-Mutter Bertelsmann, die ihm an- zeichnen sich alle nur dadurch aus, dass sie reichen, weil sie keine Feinde haben und geblich zwölf Millionen Mark im Jahr zahlt, ein Los der SKL besitzen.“ Und hat auch immer unterschätzt werden. und seinen Werbepartner SKL (geschätzte noch Recht. Jauch, gebürtiger Münsteraner, aufge- vier Millionen Mark) endlich zusammen- „Aaaahhh“, ruft Jauch mit piepsiger wachsener Berliner, war zuerst beim Rias bringen konnte. Stimme, wenn wieder einer durchrasselt. und dann für den Bayerischen Rundfunk Man kann den Begriff „Beckenbauer- Das chemische Symbol von Silber ist Korrespondent in Bonn. „Ich hätte das Syndrom“ aber noch auf eine zweite Wei- nicht „Ar“, sondern „Ag“? Wie konnte ewig und noch viel länger machen kön- se auslegen. Als sich Franz Beckenbauer, das passieren? Pech halt. Und gänzlich nen“, sagt er, doch dann trug ihn Thomas der doppelte Fußball-Weltmeister, unan- wurscht, denn 10000 Mark „Begrüßungs- Gottschalk zur Jagd. Gottschalk suchte da- greifbar wähnte, wurde er allgegenwärtig geld“ (Jauch) bekommen all diese Men- mals, Mitte der Achtziger, einen Partner und karikierte sich irgendwann selbst. „Ein schen, die sich nur durch den Besitz von für die „B 3-Radioshow“, und die ist heu- frühes Tor würde dem Spiel gut tun“, sag- drei Zehntel oder vielleicht auch nullacht te Hörfunklegende – nie wieder fiel den te er vor dem Spiel, und nachher sagte er, Fünfzehntel SKL-Losen auszeichnen, weil Öffentlich-Rechtlichen eine solche Ant- das einzige Tor sei „natürlich zu früh“ ge- bei und mit und dank der SKL selbstver- wort auf den Privatfunk ein wie die- fallen – der Firlefranz. ständlich alle Menschen reich werden. ses Duo. Günther Jauch wird seinen Saisonartikel „Schrecklich viel Spaß macht so ein im Herbst ein zweites Mal auf den Wühl- Blutbad nicht“, sagt Reif, laut Selbstaus- * Am 28. November 2000 mit Gewinner Eckhard Freise. tisch werfen. Und dann bitte weg damit. ™

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