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POLITIK ARTIKELFOLGE Rot werden - der SPD Parteitag Dem Lafontaine sein Bruder Rot werden - der SPD-Parteitag Wie Oskar hat auch sein Zwilling Hans bei den Sozialdemokraten angefangen und ist bei der Linkspartei gelandet. Er kann gut erklären, warum der Bruder so einflussreich wurde, dass er beim Parteitag der SPD heimlich Regie führt Stefan Willeke

Über einen Traum, dem man ein seine Gedanken vor fremden eher wieder draußen. Nachdem Leben lang hinterhergerannt ist, Menschen geschliffen vorzutragen, Oskar in der neu gegründeten kann man die Partei nicht einfach fügt er hinzu: »Ich bin wohl ein Partei WASG an die Spitze gerückt abstimmen lassen. Man muss für bisschen, ja, wie sagt man, war, trat Hans in die Saarbrücker ihn kämpfen, sagt Lafontaine. medienscheu.« PDS ein. Seit Oskar die beiden Kämpfen. Über Nacht kann er da Linksparteien vereinigte, haben die sein, der demokratische In der Mittagspause flüchtet er nach 64-jährigen Zwillingsbrüder wieder Sozialismus, und die Welt erstrahlt draußen in einen strahlend schönen ein gemeinsames Zuhause. Ohne in einem milden Licht, aber man Herbsttag. Ziellos geht er auf und die Partei würden sich die beiden kann diesen zauberhaften ab, bleibt vor der Agentur für Arbeit kaum noch begegnen. Augenblick nicht planen. Der stehen, die Gerhard Schröders demokratische Sozialismus ist eine Agenda ausführen muss, all diese Das Oskar-Prinzip geht so: Man faszinierende Idee, sagt Lafontaine. falsche Politik. Auf dem Parkplatz sieht ihn nicht, wenn er was Die Idee hat ihn an diesem neben der Behörde nähert sich anrichtet Sonntagmorgen im September Lafontaine plaudernden ungewöhnlich früh geweckt, und er Delegierten, die ihm aufgewärmte In den späten sechziger Jahren war ist zum Kongresszentrum in Würstchen anbieten. Er wirkt Hans Juso-Chef in Augsburg, und Saarbrücken gefahren, zu seiner erleichtert, jetzt, da er ein wenig Oskar war Juso-Chef in neuen Partei, der Linken. Anschluss gefunden hat und seinen Saarbrücken. Aber man täuscht Plastikteller auf dem sich, wenn man glaubt, ihre Wege Elefantenfüßig stapft Lafontaine Kofferraumdeckel eines Genossen hätten sich oft gekreuzt. Hans hat über den Platz, als humpele er abstellt. Er traut sich sogar, einen Jura studiert und ist Rechtsanwalt seinen Feinden entgegen. Vor der Witz zu machen über Christa Müller. geworden, sein Leben läuft auf Halle haben sich Demonstranten zu »Ich hoffe jetzt mal nicht«, sagt einer überschaubaren Bahn. Oskar einem Spalier aufgestellt, mit Hans Lafontaine, »dass meine hat Physik studiert und ist Grabeskreuzen aus Pappe, die an Schwägerin mit neuen Menschenfänger geworden, sein die Opfer der SED-Diktatur erinnern familienpolitischen Thesen Leben ist ein einziger Zirkus. sollen. »Mörder!«, rufen sie den rauskommt.« Christa Müller ist die »Zwischen uns passt mehr als ein eintreffenden Delegierten des Frau seines Bruders Oskar, der in Blatt Papier«, sagt Hans Lafontaine. Parteitages zu, »Mörder!« Muss er der Halle ein paar Reihen vor ihm Sie haben einander nicht viel zu sich angesprochen fühlen, er? sitzt und darauf lauert, sich in eine sagen. Vorsichtig, an sich zweifelnd, Lafontaine schiebt seine Schultern große Rede zu werfen. bescheiden Hans ist vieles, was schützend hoch. Wie konnte es den Oskar nicht ist. Sollte der Mauertoten nur gelingen, so weit in »Wir sind sehr verschieden«, sagt demokratische Sozialismus seinen den Westen vorzudringen? Hans Lafontaine, »wir sind Sinn für Dialektik nicht ganz zweieiige Zwillinge. Ich war fünf verloren haben, so wäre ihm mit In der Halle setzt sich Lafontaine in Minuten eher auf der Welt, und ich Hans und Oskar ein Traumpaar die letzte Reihe, endlich ist er war fünf Zentimeter größer, aber geglückt. unsichtbar. »Ich weiß noch nicht, ob Oskar hat das alles aufgeholt, auf ich am Mikrofon was sagen soll«, seine Art eben.« Hans war eher in »Ich gönne ihm natürlich seinen und weil es Lafontaine schwerfällt, der SPD als der Bruder, Oskar war Erfolg«, sagt Hans Lafontaine,

Gemäß §1 Abschn. 3 des Bundesdatenschutzgesetzes vom 21.1.1977 werden personenbezogene Daten ausschließlich für publizistische Zwecke gespeichert und herausgegeben. Seite: 1 Artikelnr: Donnerstag Nr: Seite: A41373773 25.10.2007 44 10 Quelle: Die Zeit Provided by GENIOS

wegen Oskar loben die Leute jetzt SPDler und zeigen so ihre Achtung Danach ist es schnell wieder gut, auch ihn. Wer hätte schon geglaubt, die Sozialdemokraten beruhigen dass sogar CDU-Politiker plötzlich Erkundigt man sich bei langjährigen sich und können Lafontaine in das Arbeitslosengeld erhöhen Wegbegleitern nach ihm, ist das ein einem versöhnlichen Nebensatz als wollen? Dass SPD-Chef Kurt Beck bisschen so, als habe man fremde »brillanten Kopf« loben. Ein sich daranmacht, Hartz IV Leute am Telefon gefragt, ob man brillanter Kopf, ein Arschloch auszuhöhlen? Dass Oskar es eine Kamera in ihrem Schlafzimmer irgendwo dazwischen muss der fertigbringt, seine Gegner in seine installieren dürfe. Ehemalige demokratische Sozialismus stecken. Richtung zu ziehen? Manchmal, Sekretärinnen legen wortlos auf, sagt Hans Lafontaine, sehe es so ehemalige Staatssekretäre Mit ein bisschen Übertreibung kann aus, als habe Oskar schon antworten: »Wir können über alles man behaupten, dass der gewonnen, obwohl er ja gar nicht an reden, nur nicht darüber.« Ein enger Hamburger Parteitag der SPD eine der Regierung sei. Freund meint, er wolle »Oskar nicht Hymne auf verraten«. Ein Manager aus der anstimmt, ohne ihn auch nur einmal Das Oskar-Prinzip. Man sieht Oskar Stahlindustrie schickt seine Frau zu erwähnen. Oskar Lafontaine ist Lafontaine nicht, wenn er etwas zum Telefon. »Kein Bedarf!«, ruft der Mann, der sich für die SPD eine anrichtet. Einem Drama kann er sie in den Hörer. »Er könnte Agenda ausgedacht hat. Das sich entziehen, um dann im zurückkommen, das kann niemand Drehbuch für diesen Parteitag richtigen Moment zurück auf die ausschließen«, sagt ein könnte er geschrieben haben, so Bühne zu springen. Ständig Exmitarbeiter. Lafontaine hat fließend sind seine Attacken in schleichen Männer um ihn herum, angekündigt, er wolle 2009 wieder sozialdemokratische Debatten die seine Stellvertreter sein wollen. Ministerpräsident im übergegangen. Vielleicht ist er in So geschieht sein Wille, auch wenn werden. der sozialdemokratischen Partei nie er gar nicht anwesend ist. stärker präsent gewesen als jetzt, Spricht man mit Sozialdemokraten da er sich ihr entzogen hat. Früher, sagt Hans Lafontaine, habe an der Saar über den Mann, der Vielleicht verfängt sein Zauber erst, man ihm oft übel mitgespielt, 1999 aus der rot-grünen Regierung wenn er die Verzauberten obwohl man in Wahrheit Oskar flüchtete und als SPD-Vorsitzender alleingelassen hat. habe treffen wollen. Früher musste zurücktrat, strengen sich die er ein stellvertretender Oskar sein. Sozialdemokraten meist sehr an, Es gibt zwei Orte, an denen Oskar Der richtige Oskar war Sonnenkönig ihn politisch zu verkleinern. Die Lafontaine regelmäßig auf seine an der Saar. »Er war unantastbar, Gespräche laufen dann so, dass frühere Partei stößt auf dem da war ich viel verletzlicher.« Hätte sich die Sozialdemokraten sehr Friedhof, bei Beerdigungen alter ihm früher einer das Namensschild vornehm ausdrücken und einen Freunde, und in der Wartehalle des an der Anwaltskanzlei geklaut, hätte weiten Bogen schlagen, um kleinen Saarbrücker Flughafens. Hans Lafontaine wahrscheinlich Lafontaine moralisch und Entdeckt Lafontaine dort Reinhard gedacht, man wolle ihm wieder eins intellektuell zu entlarven, sein Klimmt, schleicht er sich von hinten auswischen. Heute sagt er stolz: Unvermögen, seine Unterlegenheit. an und fragt: »Können Sie mir ein »Das Schild ist weg. So ist das mit Aber spätestens nach einer Stunde Autogramm geben?« Dann lachen einem berühmten Bruder.« fällt die Taktik in sich zusammen, beide los, als sei nichts gewesen. vernichtet durch einen Funken der Wie kann es sein, dass Oskar Verzweiflung. »Dieses Arschloch!« Der Sozialdemokrat Klimmt hat 33 Lafontaine, der untergetaucht war in Man weiß in diesem Moment gar Jahre an der Seite Lafontaines einem nebeligen Nichts, auf sein nicht, was stärker ist die Wut auf ihn verbracht, er hatte nicht immer viel eigenes Kommando hin Gestalt oder die Enttäuschung über die zu lachen. Auch er war ein annimmt und politische Macht eigene Schwäche. Alles habe er stellvertretender Oskar. Klimmt ausübt, ohne sie zu haben? Der hingeschmissen, nun kehre er sprang als saarländischer einzige politische Wiedergänger, zurück, spalte die linke Mehrheit Ministerpräsident für seinen Freund den die Bundesrepublik und verrate die SPD zum zweiten ein, als Lafontaine 1998 in Gerhard hervorgebracht hat, ist Oskar Mal. »Dieses verdammte Schröders Kabinett wechselte. Aber Lafontaine. Arschloch!« Klarer als in dieser nachdem Lafontaine seine Ämter Verfluchung dringt die heimliche abgeschüttelt hatte, verlor Klimmt »Dieses Arschloch!«, fluchen die Achtung vor ihm selten hervor. die Wahl und verhedderte sich in

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einer kleinen Finanzaffäre um den sehr verachten, wie sie sich Wallerfangen mitgemacht. Dass mit 1. FC Saarbrücken, die ihn zwang, vorgenommen haben. Er lenkt sie solchen Erkenntnissen niemandem sich aus der Politik zurückzuziehen. ab mit seinem Feuerwerk. Im gedient ist, sah das Das war kein gutes Ende. Die Wahlkampf ist er ein Stier, er kann Innenministerium in Saarbrücken Verbitterung, die Lafontaine galt, einen Satz des Gegners schließlich ein und wies die bekam Klimmt in der verlorenen niedertrampeln und danach so Verfassungsschützer vor wenigen Wahl zu spüren. Klimmt sagt: »Ich geschickt aufspießen, dass sich die Wochen an, Oskar Lafontaine aus mag den Kerl noch immer.« Arena biegt vor Schadenfreude. Er der Datei zu nehmen. Um diese Art Verraten fühle er sich nicht. Müsste kann immer nur der Erste sein. Als von Gefährlichkeit kann es bei ihm er, sagt Klimmt, sich im Bundestag er der Zweite war, unter Schröder, nicht gehen, es geht um die zehn Leute für einen gemeinsamen schmiss er hin. Versuchung, sich von ihm verhexen Urlaub aussuchen, wäre Lafontaine zu lassen. dabei. Ist er ein Linker? Reinhard Klimmt muss eine Weile nachdenken. Über Jahrzehnte hat Reinhard In seinem Haus in der Nähe des »Schwer zu sagen. Er hat keine Klimmt beobachtet, wie Lafontaine Saarbrücker Zoos führt Klimmt ein Truppen, die gesellschaftlich wichtig sich auf politische Kampfbegriffe stilles Leben hinter Bücherwänden, sind. Er hat nur die Ostkader der stürzt, nie sei ihm etwas unachtsam und er wird nicht müde zu betonen, Partei und verbitterte herausgerutscht. In Lafontaines dass er in der Politik alles erreicht Gewerkschafter.« Ein anderer Asylpolitik wimmelte es zeitweise habe, was er erreichen wollte. Will Sozialdemokrat, der Lafontaine seit von vollen Booten, in der er einem Besucher zeigen, wo er Jahren gut kennt, sagt: »Er ist ein Arbeitsmarktpolitik spielte Lafontaine unterbringt, stellt er sich linker Schill.« Der rechte Ronald Lafontaine mit der Angst vor dem vor ein Regal, in dem alles seinen Schill, ein ehemaliger Richter, fing »Fremdarbeiter«. Noch in seinen Platz hat. Da stehen sie, in Hamburg Wähler ein, indem er jüngeren Büchern gibt es Passagen, Lafontaines Bücher, beachtlich viele sich über die Politik einer in denen er die Forderung nach Bücher. Neben Lafontaine hat defensiven SPD lustig machte. verstärkter Zuwanderung als Thema Klimmt einen schmalen von sorglosen Reichen geißelt. Liest Interviewband von Gerhard Lafontaine gibt sich als einer, der im man seine Veröffentlichungen Schröder gequetscht. »Ich habe sie Herzen nie dazugehört hat chronologisch, spürt man, dass er friedlich miteinander vereint. Diesen mit den Eliten, gegen die er hetzt, Tort habe ich Oskar angetan.« Lafontaine, Oskar, geboren am 19. mehr und mehr die politischen September 1943. Das Eliten meint. Stärker denn je neigt Er ist sehr klug, charmant, gebildet, saarländische Amt für Lafontaine dazu, sich den Bürgern geistreich, sagt Klimmt, das sagen Verfassungsschutz legte über ihn im anzubiedern, indem er das viele. Der Schriftsteller Ludwig Harig Jahr 2006 eine dürre Akte an. In der politische System nicht mehr allein sagt es, der in Lafontaines Villa in Bundespartei PDS gab es immer von innen angreift, als Redner der dem saarländischen Dorf wieder Hinweise auf Opposition im Parlament, sondern Oberlimberg öfter zu Gast ist. Ingrid verfassungsfeindliche Strömungen, auch von außen, als vermeintlich und Margret, die von Lafontaine also wurden die Namen von Unbeteiligter, der im Herzen nie geschiedenen Frauen, sagen es. Funktionären der PDS- wirklich dazugehört, jedoch die Lothar Bisky sagt es, der Nachfolgepartei Die Linke in einer herrschenden Machenschaften gemeinsam mit Lafontaine die Linke zentralen Datei der durchschaut habe. Bei dem anführt und sich ihn als Verfassungsschützer gespeichert, Antipolitiker Schill überraschte Hauptdarsteller in einem Melodram auch auf der Ebene der dieses fadenscheinige Manöver über das wiedervereinigte Bundesländer. In Lafontaines Akte nicht, bei Lafontaine grenzt es an Deutschland vorstellen könnte. »Er steht, er sei auf einer Kundgebung Selbstverleugnung. ist ein Ereignis«, sagt einer seiner einer linksextremistischen ehemaligen Minister im Saarland. Er türkischen Gruppe in Deutschland Als er den »Fremdarbeiter« kann in einer trostlosen aufgetreten. Das erfuhr die Behörde rhetorisch einsetzte, forschte sein Viertelstunde ein Feuerwerk aus einer Meldung in einer Zwillingsbruder Hans tagelang in entfachen. Deswegen können ihn kurdischen Zeitung. Außerdem alten Schriften, fertigte für den manche, die er persönlich schwer habe Lafontaine beim Politischen Bruder eine kleine Expertise an, und beleidigte und verletzte, nicht so Aschermittwoch im saarländischen richtig: Das sei kein Naziwort

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gewesen, der »Fremdarbeiter« »Ich rede ihm nicht rein. Das kann als den Älteren, hätte ich das wohl habe denen nicht rassistisch genug er nicht leiden. Er muss ja seine nicht überlebt.« Vielleicht, meint geklungen. Hans Lafontaine sitzt in Macht zeigen.« Christina Rau, »hatte mein Mann einem italienischen Restaurant in deshalb hinterher so viel Nachsicht Saarbrücken, als er davon erzählt, Aus dem Stapel mit symbolischen mit ihm«. und er bestellt ein Glas Merlot. Über Fotos von Oskar Lafontaine, die im die Semantik des »Fremdarbeiters« Gedächtnis der Bundesrepublik Was treibt Lafontaine an? Wie hält spricht er so ungezwungen, dass lagern, ragt eines besonders er es von morgens um neun bis Gäste an anderen Tischen irritiert heraus, das Foto vom Tag des abends um neun auf einem herüberschauen. Hans Lafontaine Putsches. Der SPD-Parteitag in Landesparteitag der Linken aus, bei hat nur diese eine Stimme, er spielt Mannheim, 1995. Oskar Lafontaine dem sich Redner über die mit ihr nicht wie sein Bruder, der reicht dem unterlegenen Rudolf Interpretation von bedeutungsschwer raunen kann Scharping die Hand. Zum ersten Satzungsparagrafen ereifern, zwölf und wütend donnern. Nein, Hans Mal in der Geschichte der SPD wird Stunden vor der Provinzbühne einer Lafontaine redet immer so ein Vorsitzender abgewählt. Laienspieltruppe? Warum posiert er geradeheraus, als müsse er vor Lafontaine: 436 Stimmen. wie einer von der Lottogesellschaft einem Sozialgericht die Ansprüche Scharping: 189 Stimmen. Eine mit einem Blumenstrauß neben eines Arbeitslosen durchpauken, vernichtende Niederlage, die zwei einer Bibliothekarin, nur weil diese der sich von einem Amt betrogen Berliner Sprechwirkungsforscher so Frau von den saarländischen fühlt. analysiert haben: »Auffallend ist die Grünen zur Linken wechselte? Tatsache, dass bei Scharping, Warum tut er sich das an? »Er muss jetzt einsam sein«, dachte selbst wenn er nahezu schreit, die Lang, »er handelt aus Einsamkeit« aus dem Spektrum berechneten Das hat sich Armin Lang, der für die Dezibelwerte weit unter denen von SPD im saarländischen Landtag Das kommt im Leben des Anwalts Lafontaine liegen.« sitzt, öfter gefragt. Aus Lafontaine jetzt öfter vor, wegen verschiedenen Erlebnissen mit Hartz IV. Seit er Arbeitslose hin und Auf dem Foto sitzt ein bleicher seinem alten Freund setzt er sich wieder im Hinterzimmer einer Johannes Rau zwischen den eine Antwort zusammen. Als Lang Kneipe berät, ist Hans Lafontaine Kontrahenten. Sein Blick wirkt leer, ihn vor einiger Zeit auf dem ein Programmpunkt in den er scheint in großer Sorge zu sein. Saarbrücker Flughafen traf, wollte Veranstaltungsplänen der Am Abend vorher, als die ihm Lafontaine seine Vorstellungen Linkspartei. Delegierten der Landesverbände von einer gerechten Sozialpolitik schon aufgescheucht herumliefen erklären, aber Lang fuhr ihm Ist auch Ihr Bruder ein Linker? und tuschelten, Lafontaine werde dazwischen. »Hör auf, Oskar, ich angreifen, versuchte Rau noch, die habe dich als Ministerpräsident »Wie meinen Sie das?« Er überlegt. Parteifreunde zu besänftigen, und erlebt. Ich höre dich heute noch Tja. »Oskar geht Risiken ein, er mahnte vergeblich Solidarität an. sagen: Sozialpolitiker, das sind die geht seinen Weg.« Zu Hause, sagt Leute, die mir das Geld aus der Hans Lafontaine, habe er ein Foto Im kleinen Kreis hatte Lafontaine Tasche ziehen.« Das Saarbrücker aufbewahrt, das Oskar Lafontaine manchmal über Raus Leitspruch Schloss wurde eindrucksvoll neben dessen Freund Gerhard gefrotzelt, »Versöhnen statt renoviert, die elende Innenstadt in Schröder zeigt, 1998, auf einem spalten«. Bei Lafontaine ist es ein schickes Viertel verwandelt, herbstlich leuchtenden Hügel immer umgekehrt gewesen, spalten aber nie hatte das Saarland weniger oberhalb der Saarschleife. Die statt versöhnen. Aber seit dem Lehrer, weniger Erzieher, weniger absolute Harmonie. Zwischen uns Attentat auf ihn, im Jahr 1990, war Sozialarbeiter als unter dem passt kein Blatt Papier, beteuerte Rau durch »eine besondere regierenden Lafontaine. Schröder damals. Wenige Monate Gemütsbeziehung« mit ihm später passte eine ganze verbunden, sagt Christina Rau, die Vor ein paar Monaten, im Flugzeug Papierfabrik zwischen sie. »Wir sind Witwe. Das Attentat in Köln galt von Saarbrücken nach , setzte wie Zwillinge«, erklärte Oskar eigentlich Rau, durch einen Zufall sich Lang auf den Platz neben Lafontaine. Er meinte Schröder. erwischte es den Mann neben ihm, Lafontaine. Irgendwann fragte er: »Ich habe es ihm nicht übel Lafontaine. »Hätte es mich »Schröder ist weg, das hast du ja genommen«, sagt Hans Lafontaine. getroffen, sagte mein Mann, mich erreicht. Was ist dein anderes

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Ziel?« die Bruchstellen übersehen kann. springen oder nicht springen. Also Diese Momente entstehen, wenn ist Oskar gesprungen.« Es liegt viel Müller muss weg, Peter Müller, der der Sozialdemokrat Ottmar Bewunderung in diesem Satz. Jetzt saarländische Ministerpräsident von Schreiner laut nachdenkt über seine ließ sich dieser Teufelskerl auf ein der CDU. Partei, die er nicht im Stich lassen neues Abenteuer ein. kann. Er bringt es nicht fertig, auch »Wenn du nicht gewesen wärst, du wenn es manchmal so aussieht, es Herr Schreiner, ist er ein Linker? mit deiner Blödheit und deinem könne jeden Moment passieren. Rücktritt damals«, entgegnete Lang, »Ich bin jetzt 61«, sagt Schreiner, »Ich denke: Eher ja.« »wäre Müller nie an die Regierung »da denkt man nicht ans Wechseln, gekommen. Jetzt willst du das eher ans Übungsende.« Mit Oskar Lafontaine ins Gespräch wiedergutmachen, was?« zu kommen ist eine Kunst, die nicht Sein Lachen ist verkümmert zu jeder beherrscht. Fragt man ihn Kann man so sehen, habe einem Geräusch der Arroganz persönlich auf einem Parteitag, Lafontaine erwidert. grinst er und sagt, dass er nicht zur Wenn er sich in seinem Verfügung stehe für ein formloses Oskar Lafontaine, sagt Lang, wolle Abgeordnetenbüro in Berlin weit in Gespräch über dies und das. Diese SPD und Linkspartei zu einer die rechte Ecke stellt, sieht er die Art von Gesprächen ende damit, gemeinsamen Kraft verschmelzen, Kuppel des Reichstages. Beim dass ihn Journalisten in die Pfanne und sobald das gelungen sei, werde Braten saarländischer Mettwürste in hauten. Eine Zeitung habe ihn mit er abtreten. Erst spalten, dann der kleinen Küche blickt er auf die dem Begriff »Juden« zitiert, obwohl versöhnen. Flagge vor der russischen Botschaft er doch »Jugend« gesagt habe. herab, beim Pinkeln auf die Flagge Nein, nur ein Interview könne er Herr Lang, ist Lafontaine ein Linker? der Amerikaner. Er ist mittendrin anbieten, und vor der und doch ziemlich weit weg. Er Veröffentlichung werde der Wortlaut »Oskar ist kein Linker. In kann lange schweigen, ohne dass durch ihn autorisiert. Abrüstungsfragen ja, bei der der Eindruck entsteht, er habe das sozialen Gerechtigkeit wackelt er Gespräch abgebrochen. Schließlich Beim Interview im Karl-Liebknecht- schon, und in der Asylpolitik hätte er sagt er: »Oskar ist ins Leben Haus in Berlin sitzen zwei seiner die CDU am liebsten rechts verliebt. Und er ist ein politisches Pressesprecher mit am Tisch. Als überholt.« Urgestein. Das ist es dann auch die beiden hereinkamen, knöpfte schon.« Stille. »Und er ist Lafontaine sein Jackett zu, warf sich Einmal, als Armin Lang gerade zum gesprungen.« in Pose, stutzte dann und schaute Landtag lief, hörte er von einem sich enttäuscht um. Wie, kein Parkplatz hinter hohen Büschen Am 24. Mai 2005 saß Ottmar Fotograf? Wieso kein Fotograf? Das eine Stimme: »Armin, warte mal!« Schreiner mit , dem war das Einzige, was ihn wirklich Er wolle sich für die lieben SPD-Chef von der Saar, im Café beschäftigte. Geburtstagswünsche bedanken, Eins am Ufer der Spree in Berlin, sagte Lafontaine, und Lang als bei Maas diese SMS eintraf. Tage später, nachdem Oskar antwortete: »Aber Oskar, ich Kanzler Schröder hatte Neuwahlen Lafontaine den Text des Interviews gratuliere dir doch jedes Jahr.« angekündigt, nun trat Lafontaine geprüft hat, lässt er ausrichten, das Seltsam. Früher merkte Lafontaine aus der SPD aus und bot sich der Interview werde zurückgezogen. Im überhaupt nicht, wenn man ihn an Protestpartei WASG als Frontmann Grunde war es auch gar kein seinem Geburtstag anrief, so viele an. Oskar ist zurück. Maas las die Interview, nicht in dem Sinne, dass Ovationen nahm er entgegen und Nachricht auf dem Handy laut vor, jemand Auskunft gab. Es war eine spulte sein Dankeschön ab. »Er und Schreiner brachte lange kein einzige Belehrung, Lektion für muss jetzt einsam sein«, dachte Wort heraus. Man kann sich gut Lektion. Sozialabbau, Lang mit einem Mal, »er handelt vorstellen, wie der alte Seelöwe aus Afghanistaneinsatz, da hatte ich aus Einsamkeit.« traurigen Augen in den Himmel recht, da soll mir mal einer starrte und mit einer Flosse widersprechen. Es gibt Momente, in denen sich die schwermütig in einer Tasse Kaffee SPD und Oskar Lafontaine noch rührte. »Ich dachte damals: Jetzt ist Es fiel auf, dass er verlernt hat zu heute so nahekommen, dass man der richtige Zeitpunkt da: Er muss lachen. Lafontaine bringt noch ein

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helles, höhnisches Jaulen hervor, Rathausplatz hatte sich gut gefüllt, Pointen wie sein Partner Gysi, das zwar klingt wie ein Lachen, aber als Lafontaine auf der Bühne von überhaupt ist das Spielerische aus in Wahrheit eine Waffe ist, die auf seinem Hocker glitt und sich in Lafontaines Rhetorik gewichen. die Dummheit des Gegenübers diese explosive Stimmung Friedrichsthal könne berühmt zielt. Sein Lachen ist verkümmert zu versetzte, die ihn als politischen werden, wenn die Stadt den einem Geräusch der Arroganz. Redner so überragend gemacht hat. Kandidaten der Linken wähle. Und doch hat sich etwas verändert. »Drüben im Reich wird man Im September trat er im Er brüllt. Er brüllt fast die ganze aufhorchen!« Er brüllt sich blutrot saarländischen Städtchen Zeit. Das müsste man gar nicht und findet kein Mittel mehr, sich zu Friedrichsthal auf, kurz vor der Wahl erwähnen, wenn die Stimme bei ihm entkrampfen. Er rackert sich ab wie eines neuen Bürgermeisters. Der nur eine Körperfunktion wäre. Aber ein zorniger Käfer, der unbedingt Kandidat der Linken schien eine in dieser Stimme liegen sein fliegen will. Aber er ist zu schwer, er Chance zu haben, am Ende politischer Aufstieg, seine hebt nicht ab. scheiterte er. Hätte er gewonnen, Wendigkeit, seine Kraft. Er wäre er der erste Bürgermeister der schaukelt sich mit seiner Stimme Einig und zweieiig: Oskar ist laut Linken in Westdeutschland hoch, wird immer giftiger, wie schon und berühmt, Hans scheu und geworden. Es ging deshalb um früher, aber er kann sich aus unbekannt mehr als um Friedrichsthal, auch diesem Zustand nicht mehr Gregor Gysi reiste an. Der befreien. Er jongliert nicht mehr mit

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