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Senatskommission für tierexperimentelle Forschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Tierversuche in der Forschung

Senatskommission für tierexperimentelle Forschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft Tierversuche in der Forschung 2

Inhalt

Vorwort ...... 4

Einführung ...... 6

Tierversuche: Definition und Zahlen

Was ist ein Tierversuch? ...... 9 Wie viele Tiere werden verwendet? ...... 9 Wofür werden Tiere in der Forschung benötigt? ...... 11 Welche Tierarten werden eingesetzt? ...... 11 Europaweite Entwicklung ...... 14

Tierexperimentelle Praxis: Einsatzbereiche für Versuchstiere

Grundlagenforschung...... 17 Medizinische Forschung...... 18 Nobelpreiswürdig: Herausragende wissenschaftliche Erkenntnisse . . . . . 20 Diagnostik ...... 22 Transplantationsmedizin ...... 25 Zell- und Gewebeersatz beim Menschen...... 26 Stammzellforschung ...... 27 Genomforschung ...... 28 Neurowissenschaften ...... 31 Veterinärmedizinische Forschung ...... 33 Tierversuche in der Aus-, Fort- und Weiterbildung ...... 35 Die Grundannahme der Übertragbarkeit auf den Menschen...... 35 3

Tierversuche und Tierschutz: Ethische Abwägungen

Die Entwicklung des Tierschutzgedankens in Deutschland ...... 39 Ethische Aspekte von Tierversuchen und das Solidaritätsprinzip...... 40 Die Übertragbarkeit aus ethisch-rechtlicher Sicht...... 45 Das 3 R-Prinzip ...... 48 Alternativen zum Tierversuch...... 51 Grenzen von Alternativmethoden...... 54 Die Basler Deklaration ...... 56

Tierversuche in Deutschland: Vom Antrag bis zur Durchführung

Europäische Regelungen für Tierversuche ...... 59 Tierversuche unter Genehmigungsvorbehalt ...... 60 Rechtliche Grundlagen ...... 60 Genehmigungsverfahren ...... 63 Durchführung von Tierversuchen ...... 64 Qualifizierte Überwachung...... 68 Belastungen für die Tiere ...... 69 Die Tierschutz-Verbandsklage ...... 71

Anhang 4

Vorwort

Tierversuche sind in der biologischen und medizinischen Grundlagenforschung unverzichtbar – damit besteht ein klassisches Dilemma, da der Erkenntnisge- winn zum Wohl des Menschen mit der Belastung von Tieren verbunden ist. Der Tierschutz hat in den meisten europäischen Ländern einen hohen Rang und setzt der Forschung enge Grenzen. Im Jahr 2010 wurde vom Europäischen Par- lament nach langen kontroversen Debatten eine EU-Richtlinie zum Tierschutz in der Forschung verabschiedet, die in vielen Punkten neue, strengere Regelungen vorsieht und gleichzeitig europaweit einheitlich hohe Standards für die Zulas- sung von Tierversuchen und die Unterbringung und Betreuung von Tieren in der Forschung setzt.

Eine erste Auflage von „Tierversuche in der Forschung“ ist 2004 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) veröffentlicht worden. Sowohl die deutschsprachige als auch die englische Version „Animal Experiments in Re- search“ sind mittlerweile vergriffen. Die Anpassung des deutschen Tierschutz- gesetzes im Jahr 2013 an die EU-Richtlinie führte zu zahlreichen Änderungen im Genehmigungsverfahren, was einen größeren Verwaltungsaufwand für die Antragstellerinnen und Antragsteller als bisher bedeutet. Mit der vorliegenden Neuauflage wollen wir einen Überblick über den aktuellen Stand der gesetzli- chen Regelungen einschließlich praktischer Hinweise zu den organisatorischen Abläufen der Antragstellung und der Durchführung von Tierversuchen geben sowie die rechtlichen und ethischen Grundlagen der tierexperimentellen For- schung erläutern. Ergänzend zur Broschüre steht auf der DFG-Website unter www.dfg.de/tierschutz weiteres Material – wissenschaftliche Aufsätze, Gesetzes- texte, Formulare zur Antragstellung etc. – zur Verfügung.

Tierversuche werden in unserer Gesellschaft kontrovers und oft sehr emotional diskutiert – nicht zuletzt, weil vielfach sachliche Informationen über ihren Sinn, die Belastung der Tiere oder die Ergebnisse und deren möglichen Nutzen feh- len. Im Rahmen einer Selbstverpflichtung, der Basler Deklaration, haben sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dazu verpflichtet, stärker mit der Öf- fentlichkeit zu kommunizieren und diese besser zu informieren. Deshalb hat die vorliegende Broschüre auch zum Ziel, die interessierte Öffentlichkeit über den Umfang und die Notwendigkeit von Tierversuchen zu informieren. Anhand von ausgewählten Beispielen und Erläuterungen zu wissenschaftlichen Methoden wird versucht, Grundsätze der tierexperimentellen Forschung zu erläutern und somit einen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion zu liefern. 5

Die Broschüre ist das Ergebnis der Zusammenarbeit von Mitgliedern der Senats- kommission für tierexperimentelle Forschung der DFG und der DFG-Geschäfts- stelle in Bonn. An dieser Stelle möchte ich allen Beteiligten danken, die durch Textbeiträge und kritische Diskussionen einen Beitrag zur Fertigstellung geleistet haben.

Den Leserinnen und Lesern wünsche ich eine aufschlussreiche Lektüre!

Gerhard Heldmaier Vorsitzender der Senatskommission für tierexperimentelle Forschung der DFG NOBELPREISE 6 1901 Funktion der Serumtherapie, 1902 Forschung zu Malaria insbesondere bei Diphtherie

Einführung

Die Aufklärung des Erbguts komplexer sie den Forscherinnen und Forschern Lebewesen – wie der Taufl iege Drosophi- vor, dem Menschen eine Vorrangstel- la melanogaster, der Maus, der Ratte, des lung gegenüber den Tieren einzuräu- Schweins, des Rindes oder des Menschen men. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass – gehört zu den großen wissenschaftli- die Ergebnisse aus Tierversuchen nicht chen Leistungen der jüngsten Zeit. Aber auf den Menschen übertragbar seien auch auf anderen Gebieten der Lebens- und den Tieren – allein um die wis- wissenschaften wurden große Fortschrit- senschaftliche Neugier zu befriedigen te erzielt, darunter neue Erkenntnisse – Leid zugefügt werde. Aus heutiger über die Struktur von Ribosomen − den Sicht wirken manche Versuche aus der Eiweißfabriken der Körperzellen − und Anfangszeit der tierexperimentellen über die erstaunliche Plastizität von Forschung tatsächlich grausam, eben- Stammzellen. Diese Erkenntnisse ermög- so aber auch chirurgische Eingriffe am lichen neuartige Einblicke in die Komple- Menschen. Dies liegt aber vor allem an xität von Lebensvorgängen, verbessern den unzureichenden Operationstech- langfristig die medizinische Versorgung niken und Narkosemöglichkeiten je- und Ernährung von Mensch und Tier ner Zeit. Die Entdeckung der Narkose und tragen auf diese Weise zu einer er- im 19. Jahrhundert war für Mensch höhten Lebensqualität und steigenden und Tier ein Segen und ihr Einsatz bei Lebenserwartung bei. Tierversuchen ist heute gleichermaßen Verpfl ichtung und Routine. Entscheidende Fortschritte wären ohne den Einsatz von Versuchstieren nicht Die Kritik an Tierversuchen hat schon denkbar. Nur mit ihrer Hilfe konnten in im 19. Jahrhundert dazu geführt, dass der Vergangenheit Lebensvorgänge bei gesetzliche Regelungen für den Einsatz Tieren und Menschen näher aufgeklärt von Tieren in der Forschung formuliert werden. Dazu zählt die Funktion der wurden. Diese sind seitdem ständig Sinnesorgane, des Nerven-, Hormon- ausgeweitet worden. Das deutsche Tier- und Immunsystems oder auch einzel- schutzgesetz gehört zu einem der welt- ner Gene, die letztlich nur im Kontext weit strengsten Regelwerke. Es stellt des Gesamtorganismus entschlüsselt sicher, dass Tierversuche nur in einem werden kann. Zur Erforschung solcher von der Gesellschaft akzeptierten Um- komplexer Vorgänge im intakten, le- fang erfolgen und staatlichen Kontrol- benden Organismus sind auch in Zu- len unterliegen. Jeder Tierversuch zu kunft Tierversuche notwendig. biomedizinischen Forschungszwecken muss gegenüber der zuständigen Be- So lange wie es Tierversuche gibt, gibt hörde eines Bundeslandes ausführlich es Gegner. Heute wie damals werfen schriftlich begründet werden. Die Be- Iwan Pawlow 7 Forschung zu Malaria 1904 Physiologie der Verdauung

Im Erbgut aller Tiere fi nden sich ähnliche Merkmale wie beim Menschen. Deshalb eignet sich beispiels- weise auch die Taufl iege, um menschliche Lebensvorgänge und Erkrankungen zu erforschen.

hörde wird von einer Tierschutzkom- wissenschaftliche Zwecke verwendeten mission beraten, der sowohl Fachwis- Tiere erlassen. Sie betont drei Grundsät- senschaftlerinnen und -wissenschaftler ze, die zur Sicherung des Tierschutzes als auch Vertreterinnen und Vertreter in der Forschung eingehalten werden von Tierschutzverbänden angehören. sollen und als sogenanntes „3 R-Prin- Bei der Entscheidung über den Antrag zip“ bezeichnet werden: die Reduzie- spielt vor allem die Prüfung der Un- rung (Reduction) und Verfeinerung erlässlichkeit eine zentrale Rolle. Das (Refi nement) von tierexperimentellen heißt, es muss im Antrag plausibel dar- Methoden sowie die Entwicklung von gelegt werden, dass das Forschungsziel Ersatz- und Ergänzungsmethoden (Re- nur durch einen Tierversuch und nicht placement) zum Tierversuch. Darüber mit anderen Methoden erreicht wer- hinaus enthält die EU-Richtlinie zahlrei- den kann. che neue Regelungen für die Genehmi- gung und Durchführung von Tierversu- Um in der tierexperimentellen For- chen. Im Juli 2013 wurde das deutsche schung europaweit einen hohen bio- Tierschutzgesetz novelliert und an die ethischen Standard zu sichern, hat das europäische Richtlinie angepasst. Dabei Europäische Parlament 2010 die Richt- wurden alte Regelungen beibehalten linie 2010/63/EU zum Schutz der für und mit neuen Vorgaben ergänzt.

Robert Koch 1905 Übertragung und Behandlung 9 der Tuberkulose

Tierversuche: Defi nition und Zahlen

Was ist ein Tierversuch? Untersuchungen, der Umweltschutz, die Förderung des Wohlergehens von Das deutsche Tierschutzgesetz defi - Tieren, die Verbesserung der Hal- niert Tierversuche als Eingriffe oder tungsbedingungen, die Erhaltung der Behandlungen an Tieren, wenn diese Art sowie die Aus-, Fort- oder Weiter- mit Schmerzen, Leiden oder Schäden bildung. für die Tiere verbunden sein kön- nen. Dies gilt für jedes Verfahren, bei Das Töten von Tieren allein zum dem Tiere einer Belastung ausgesetzt Zweck der Organentnahme oder der werden, die „dem eines Kanülenein- Gewinnung von Zellen gilt nicht als stichs gemäß guter tierärztlicher Pra- Tierversuch. Die Zellen oder Organe xis gleichkommt oder darüber hin- werden entweder unmittelbar un- ausgeht“ (Artikel 3, 2010/63/EU). In tersucht oder zum Aufbau einer Zell- der Praxis bedeutet dies, dass jede Be- oder Gewebekultur genutzt. Solche handlung von Tieren zu wissenschaft- In-vitro-Kulturen können Untersu- lichen Zwecken als Tierversuch erfasst chungen am lebenden Tier ergänzen und von einer Behörde genehmigt und teilweise ersetzen. Sie ermögli- werden muss. Der Schutz erstreckt chen die Entwicklung von Alternativ- sich auf alle Wirbeltiere, Kopffüßler methoden zum Tierversuch. Etwa ein wie zum Beispiel der Oktopus und Drittel aller in der Forschung verwen- Zehnfußkrebse, zu denen der Hum- deten Tiere wird für diese In-vitro- mer zählt. Methoden eingesetzt.

Im Genehmigungsverfahren durch die jeweils zuständige Behörde wer- Wie viele Tiere werden den sowohl die Begründung für den verwendet? Tierversuch als auch die Haltungs- und Betreuungsbedingungen für die Das Bundesministerium für Ernäh- Tiere geprüft. Die Erlaubnis für einen rung und Landwirtschaft und das Sta- Tierversuch wird nur für Zwecke er- tistische Bundesamt erfassen jährlich teilt, die im deutschen Tierschutz- die Gesamtzahl aller in Deutschland gesetz ausdrücklich festgelegt sind. verwendeten Tiere. Im Jahr 2014 Dazu gehören die Grundlagenfor- wurden in der Forschung 2,798 Mil- schung, die angewandte Forschung lionen Tiere eingesetzt. Darin enthal- zur Vorbeugung, Erkennung oder ten sind 2,008 Millionen Tiere, mit Behandlung von Krankheiten, Qua- denen Tierversuche durchgeführt litäts- und Wirksamkeitsprüfung von wurden, und 789 926, die für eine Or- Medikamenten, gerichtsmedizinische ganentnahme getötet wurden. Die für Camillio Golgi, Santiago Ramón y Cajal Alphonse Laveran 10 1906 Struktur des Nervensystems 1907 Rolle von Protozoen bei der Entstehung von Krankheiten

Forschungszwecke benötigten Tiere Tiere getötet, allerdings werden sie entsprechen 0,35% aller in Deutsch- nicht gezählt. land verwendeten 795 Millionen Tie- re – dieser kleine Anteil ist unerläss- Seit 2014 werden die für wissenschaft- lich für den Gewinn von Wissen über liche Zwecke verwendeten Tiere nach unsere natürlichen Lebensgrundlagen einem neuen, europaweit einheitlichen und den medizinischen Fortschritt. Meldeverfahren erfasst. Neu einge- Der mit 788 Millionen größte Anteil führt wurde die Meldung von Tierlar- der Tiere entfi el auf Rinder, Schweine, ven, „sobald sie selbstständig Nahrung Gefl ügel und Schafe, die für unsere aufnehmen können“. Die erste Zählung Ernährung getötet wurden. Weitere ergab, dass 563 000 Tierlarven in der 4 Millionen Tiere wurden bei der Jagd Forschung verwendet wurden. Fischlar- erlegt. Auch beim Fischfang und bei ven und Larven von Tintenfi schen kön- der Schädlingsbekämpfung werden nen sehr klein sein, sodass eine direkte

Grafik 1: Prozentualer Anteil der für bestimmte Forschungszwecke verwendeten Tiere

Grundlagenforschung: 31,1%

Translationale und angewandte 28,2% Forschung: 11,9% 31,1% Erhaltungszucht von genetisch veränderten, belasteten Tierkolonien: 2,8%

Quälitätskontrolle, Toxikologie und andere Unbedenklichkeitsprüfungen: 23,7%

1,8% Umweltschutz zum Wohle von Mensch und Tier: 0,2% 0,3% 0,2% Erhaltung der Art: 0,3%

11,9% Aus-, Fort- und Weiterbildung: 1,8% 23,7% 2,8% Tiere, die für wissenschaftliche Zwecke getötet wurden (kein Tierversuch): 28,2%

Quelle: Statistik des BMEL 2014 Ilja Metschnikow, 11 1908 Immunität bei infektiösen Erkrankungen

Zählung nicht möglich ist, sondern die Diagnostik und Behandlung menschli- Anzahl der Larven nur geschätzt werden cher Erkrankungen verbessert werden. kann. Diese erstmals erhobene Zahl ist in den oben genannten Zahlen des Bun- Etwa 28,2% der in der Forschung ein- desministeriums für Ernährung und gesetzten Tiere dienen der Entnahme Landwirtschaft nicht enthalten. von Zellen oder Gewebe, ohne dass mit ihnen Tierversuche durchgeführt Die Anzahl der insgesamt für For- wurden. An diesen Proben werden schungszwecke gebrauchten Tiere ist grundlegende biochemische Prozesse in den letzten Jahren leicht gesunken: auf zellulärer Ebene untersucht und 2013 (2,997 Millionen) um etwa 3% neue Wege pharmakologischer Be- im Vergleich zum Vorjahr und 2014 handlung erprobt. Dieser Prozentsatz (2,798 Millionen) erneut um 6,6%. muss letzten Endes auch dem Auf- wand für medizinische Forschung zu- gerechnet werden. Wofür werden Tiere in der Forschung benötigt? Zahlreiche Tierversuche werden im Rahmen des Verbraucherschutzes Der größte Anteil der für Forschungs- durchgeführt und sind gesetzlich zwecke verwendeten Tiere verteilt sich vorgeschrieben (sogenannte „regu- auf die Grundlagenforschung (31,1%) latorische Zwecke“). In Deutschland und die „translationale und angewand- werden etwa 23,7% aller Versuchs- te Forschung“ (11,9%). Letztere be- tiere für derartige Sicherheitsprü- zeichnet Vorhaben, in denen Erkennt- fungen, Qualitätskontrollen oder nisse aus der Grundlagenforschung für toxikologische Prüfungen nach dem eine medizinische Anwendung erprobt Chemikalien-, Arzneimittel- oder Le- werden. Die Grundlagenforschung und bensmittelhygienerecht verwendet. die translationale, angewandte For- Diese Prüfungen sind Voraussetzung schung sind im Forschungsalltag eng für die Zulassung von Medikamenten miteinander verbunden, sodass beide oder anderen Stoffen, mit denen der Prozentsätze gemeinsam den Aufwand Mensch in Berührung kommt. für medizinische Forschung beschrei- ben (43%). In der medizinischen For- schung werden Tierversuche gemacht, Welche Tierarten werden um bisher unbekannte Lebensvorgän- eingesetzt? ge und grundlegende biologische Zu- sammenhänge aufzuklären. Mit diesen In der Forschung kommen überwie- Erkenntnissen wiederum können die gend Kleinsäuger wie Mäuse, Rat- 12 1910 Chemie der Zelle und Inhalt des Zellkerns

Grafik 2: Tierverbrauch und zu wissenschaftlichen Zwecken verwendete Tierarten

Ernährung: 99,15%

Tiere für wissenschaftliche Zwecke (0,35%)

Jagd (0,50%)

Mäuse: 68,0%

Ratten: 13,0%

Vögel: 2,0%

Fische: 9,8%

Ratten: 13% Kaninchen: 3,8%

Hunde: 0,1% Mäuse: 68% Primaten: 0,1%

Nutztiere: 0,8%

andere Tiere: 2,4% Quelle: Statistik des BMEL 2014 13 1912 Entwicklung der Gefäßnaht-Technik

ten, Meerschweinchen und Kanin- Zahl bei 2842, das entspricht etwa chen zum Einsatz, daneben Fische 0,1% aller Tiere in der Forschung. Die und Vögel für spezielle Fragestel- am häufi gsten verwendete Affenart lungen. Mäuse (1,901 Millionen im waren Javaneraffen (2100). In den Jahr 2014, 68%) und Ratten (13%) meisten Fällen (2335 Tiere) wurden sind nach wie vor die häufi gsten Ver- Affen für gesetzlich vorgeschriebene suchstiere und werden auch am öf- Forschungszwecke eingesetzt, zum testen zur Organentnahme getötet. Beispiel für die Prüfung von Medi- Die Aufklärung des Mausgenoms vor kamenten. Katzen spielen eine noch wenigen Jahren und die technisch geringere Rolle in der Forschung (997 relativ einfache Manipulation ihres Tiere im Jahr 2014), und auch sie wer- Genoms machen die Maus zur mit den in erster Linie für gesetzlich vorge- Abstand wichtigsten Tierart in der schriebene Zwecke (519) benötigt. Forschung, weil dadurch Einblicke in die genetischen Grundlagen von In der tierexperimentellen For- Lebensvorgängen und Erkrankungen schung ist der Einsatz von streunen- gewonnen werden können. Die leicht den und verwilderten Hunden und rückläufi gen Tierversuchszahlen in Katzen verboten. Aus wissenschaftli- den letzten beiden Jahren beruhen chen Gründen sind sie nicht geeignet, in erster Linie auf einer reduzierten da ihre Herkunft, ihr Gesundheitszu- Anzahl von Mäusen und Ratten. Die stand, ihr genetischer Hintergrund Verwendung von Fischen hat in den und ihr vorheriges Verhalten un- letzten Jahren zugenommen (derzeit bekannt sind. Verlässliche und re- 9,8%), weil das Genom von Zebra- produzierbare Forschungsergebnisse fi schen entschlüsselt wurde und Er- können nur unter definierten, stan- kenntnisse über die Ursprünge von dardisierten Bedingungen erzielt Lebensvorgängen bei Wirbeltieren werden. Dies betrifft den Status der ermöglicht. Andere Tierarten werden Versuchstiere ebenso wie alle ande- nur in geringem Umfang eingesetzt. ren Versuchsparameter. Ihre Anzahl kann leicht schwanken, aber dies macht sich in der Gesamtbi- Die Forschung an Wildtieren ist lanz nicht bemerkbar. dagegen möglich, aber stark be- schränkt und an besondere Voraus- Seit 1991 werden in Deutschland kei- setzungen gebunden. Zur Sicherung ne Versuche mehr an Großen Men- der artenschutzrechtlichen Bestim- schenaffen wie Schimpansen und nur mungen müssen in Deutschland die noch sehr selten an anderen Affen für Naturschutz zuständigen Be- durchgeführt. Im Jahr 2014 lag die hörden mit einbezogen werden. Im 14 1913 Entdeckung der Überempfi ndlichkeit gegenüber Antigenen

Freiland werden vorrangig Fragen Auch europaweit sind Mäuse die am zum Verhalten und zu den Wech- häufi gsten im Tierversuch eingesetzte selbeziehungen von Tieren mit ih- Tierart. Ihr Anteil liegt bei 61%, ge- ren natürlichen Lebensräumen un- folgt von Ratte, Meerschweinchen, tersucht. Erkenntnisse aus solchen anderen Nagern und Kaninchen. Der Forschungsvorhaben dienen dann Anteil der Affen betrug 0,05%. Men- vor allem dem Artenschutz. In den schenaffen werden seit 1999 nicht meisten Fällen werden die Tiere da- mehr genutzt. Seit 2008 ist in Europa bei lediglich beobachtet und sind nur ein Rückgang der Zahlen für Amphi- geringen Belastungen ausgesetzt, bien (– 52%), Affen (– 48%), Vögel um das natürliche Verhalten nicht (– 26,5%) und Nagetiere (ohne Mäu- zu stören. se) (– 19,9%) zu verzeichnen, wäh- rend bei Fischen (+ 29%), Kaninchen (+ 7,5%) und anderen Säugetieren Europaweite Entwicklung (+ 38%) ein Anstieg registriert wurde.

Um die Entwicklung innerhalb Euro- Auf europäischer Ebene wurden mehr pas verfolgen zu können, erfasst auch als 60% der Tiere in der Grundla- die Europäische Kommission die An- genforschung und für die Forschung zahl der Versuchstiere. Für das Jahr und Entwicklung von medizinischen 2011 – aktuellere Zahlen lagen bei Produkten und Geräten für die Hu- Redaktionsschluss nicht vor – wurden man-, Zahn- und Veterinärmedizin insgesamt 11,5 Millionen Versuchstiere eingesetzt. Für Prüfungen und Kon- aufgeführt. Daran hat Deutschland ei- trollen von medizinischen Produk- nen Anteil von 2 Millionen Tieren, da ten und Geräten wurden etwa 19% in der europäischen Statistik – anders aller Tiere verwendet. Die Anzahl als in der nationalen Erfassung – nur der Tierversuche für toxikologische die eigentlichen Tierversuche einge- Untersuchungen und andere Sicher- rechnet werden, nicht aber die Tötung heitsprüfungen blieb über die letzten von Tieren zur Organentnahme. Jahre relativ konstant und lag bei etwa 9% – trotz Einführung der EU- In einigen Ländern stieg die Anzahl Chemikalien-Richtlinie REACH (Re- der Versuchstiere im Vergleich zur gistration, Evaluation, Authorisation letzten Zählung leicht an. In den meis- and Restriction of Chemicals) 2006, ten europäischen Ländern blieben die nach der alle in der EU in größeren Versuchstierzahlen jedoch annähernd Mengen verwendeten Chemikalien konstant oder waren leicht rückläufi g, in Tierversuchen überprüft werden so in Frankreich und Großbritannien. müssen. 15

Die Anzahl an Tierversuchen mit Amphibien – zu denen der Europäische Laubfrosch zählt – hat sich europaweit um mehr als die Hälfte reduziert.

Jules Bordet 17 1919 Grundlegende Entdeckungen zur Immunität

Tierexperimentelle Praxis: Einsatzbereiche für Versuchstiere

Grundlagenforschung durch Zell- oder Gewebeersatz neue therapeutische Ansätze für die Be- Ziel der Grundlagenforschung ist der handlung von Herzinfarkten oder Erkenntnisgewinn. Sie hat keine un- neurologischen Erkrankungen wie mittelbare Anwendung zum Ziel, son- beispielsweise der Parkinson-Krank- dern erarbeitet das wissenschaftliche heit. Fundament, auf dem jede weitere Forschung aufbaut. Da der Stoffwech- Viele Ergebnisse in der Grundlagen- sel und die Funktion der Organe bei forschung werden mithilfe von Zell- Mensch und Tier sehr ähnlich sind, kulturen gewonnen, weil sich Zellen können im Tierversuch gewonnene in Kulturen schnell und relativ ho- Erkenntnisse helfen, Lebensvorgänge mogen entwickeln und für experi- sowie deren Störungen beim Men- mentelle Methoden direkt zugäng- schen und bei Tieren besser zu ver- lich sind. Zellkulturen sind immer stehen. Obwohl die Übertragbarkeit künstliche Systeme, die nur einge- der Ergebnisse aus der Grundlagen- schränkten Einblick in Lebensvor- forschung in die Anwendung weder gänge erlauben. Aber sie sind der planbar ist noch ihr direkter Nutzen einzige Weg, um biochemische Vor- kurzfristig abgesehen werden kann, gänge in der Zelle direkt zu mani- sind wissenschaftliche und medizini- pulieren und zu messen. So werden sche Durchbrüche ohne die Erkennt- zum Beispiel in der Krebsforschung nisse, die die Grundlagenforschung isolierte Tumorzellen verwendet, um hervorbringt, nicht denkbar. die Eigenschaften und Ursachen der Entartung dieser Zellen zu identifi- Untersuchungen am Tier sind vor al- zieren. Die wahre Natur einer Krebs- lem dann erforderlich, wenn komple- erkrankung wird jedoch erst sichtbar, xe Zusammenhänge von physiologi- wenn sie sich im Verbund mit ande- schen Vorgängen und Erkrankungen ren Zellen und Geweben im Körper nur im lebenden Organismus unter- entwickelt. Um eine solche Tumor- sucht werden können. Das gilt ins- entwicklung im Organismus verfol- besondere für Untersuchungen zur gen und Therapien erproben zu kön- Funktionsweise des Nerven-, Herz- nen, sind Tierversuche erforderlich, Kreislauf- und des Immunsystems bei denen Tumorzellen in Mäuse sowie der Wirkungsweise von Hormo- übertragen werden. nen. Sehr dynamische Entwicklungen fi nden gegenwärtig auf dem Gebiet Auch bei der Erforschung von Infek- der Genom- und Stammzellforschung tionskrankheiten spielt die enge Ver- statt. Von letzterer erhofft man sich bindung zwischen zellulärer Grund- 18 1920 Entdeckung des kapillarmotorischen Regulationsmechanismus

lagenforschung und Tierversuchen durch Kältebelastung und Nahrungs- eine zentrale Rolle. Nur auf diesem mangel ausgelöst wird und die Tem- Weg kann man verstehen, wie Bak- peraturregulation versagt. Neueste terien und Viren den menschlichen Untersuchungen bei Zieseln, Sieben- und tierischen Organismus befallen schläfern und Murmeltieren zeigen und schädigen. Erkenntnisse über jedoch, dass diese Tiere im Winter- die Interaktion von Viren und ihren schlaf ihren Stoffwechsel aktiv dros- Wirtszellen machen es möglich, Vi- seln, ihre Körpertemperatur nahe ruserkrankungen wie Grippe, Her- dem Gefrierpunkt regulieren und At- pesinfektion oder Pocken gezielt zu mung und Herzschlag beinahe zum behandeln und vorbeugende Maß- Stillstand kommen. So wurde eine nahmen zu entwickeln. Sichtbare neue Regulationsleistung des Stoff- Ergebnisse dieser Forschung sind wechsels entdeckt, mit der Säugetiere Fortschritte auf dem Gebiet der vom „Normalbetrieb“ auf „Sparfl am- Schutzimpfungen: Erst vor wenigen me“ umschalten können. Zu verste- Jahren wurde entdeckt, dass Papil- hen, wie ein solches Umschalten er- lomaviren an der Entstehung von folgt, könnte für die Behandlung von Gebärmutterhalskrebs beteiligt sind. Schwerverletzten lebensrettend sein Ohne Tierversuche an Mäusen, Scha- oder Folgen eines Schlaganfalls oder fen, Pferden und Ziegen wäre diese Herzinfarkts eindämmen. In einigen Entdeckung nicht möglich gewesen. Kliniken wird bereits versucht, diesen Es gelang, eine Impfung gegen die Zustand durch Unterkühlung von Pa- Viren zu entwickeln. Für diese For- tientinnen und Patienten auszulösen. schungsarbeiten wurde der deutsche Auch die Transplantationsmedizin (sie- Wissenschaftler he Seite 25f.) kann davon profi tieren, 2008 mit dem Medizin-Nobelpreis indem die Haltbarkeit von Organen ausgezeichnet. verbessert werden könnte.

Aus grundlegenden Forschungsvorha- ben, die zunächst nur auf die Aufklä- Medizinische Forschung rung von Lebensvorgängen bei Tieren ausgerichtet sind, kann zu einem spä- Fortschritte in der Medizin sind un- teren Zeitpunkt medizinischer Nutzen trennbar mit der Grundlagenforschung erwachsen. Ein Beispiel dafür ist die verbunden. Ein Beispiel dafür ist die Untersuchung des Winterschlafs bei Entwicklung von Behandlungsmetho- Murmeltieren und anderen Klein- den für die Zuckerkrankheit, den Dia- säugern. Anfänglich ist man davon betes mellitus. In den 1920er-Jahren ausgegangen, dass der Winterschlaf wurde als ein Hormon identi- , Otto Meyerhof , John Macleod 19 1922 Stoffwechsel und Wärmeerzeugung 1923 Entdeckung des der Muskeln

Murmeltiere fahren während des Winterschlafs ihre Körperfunktionen auf ein Minimum zurück. Ein ge- naueres Verständnis darüber kann nützlich sein für die lebensrettende Behandlung von Schwerverletzten.

fi ziert, das den Blutzuckerspiegel regu- Zucht im Hinblick auf spezielle Krank- liert. Versuche an Kaninchen, Hunden, heitsbilder. Hierzu gehören beispiels- Schweinen und Kühen halfen, die Wir- weise die „Diabetesmaus“, die erhöhte kung des Insulins auf den Blutzucker- Blutzuckerwerte aufweist, und die „Zu- spiegel zu verstehen und damit neue ckerratte“, die Fettleibigkeit entwickelt. Therapien zu entwickeln. 1923 erhiel- ten die kanadischen Wissenschaftler Zahlreiche Beispiele für die Nutzung Frederick Banting und John J. R. Ma- von Erkenntnissen aus der tierexpe- cleod für die Entdeckung des Insulins rimentellen Forschung für eine thera- den Nobelpreis. Kaninchen, Hunde peutische Anwendung im Menschen und andere Säugetiere wurden in der stammen aus der Immunologie. Sie physiologischen Forschung später weit- befasst sich unter anderem mit der Ab- gehend durch Ratte und Maus abgelöst. wehr von Krankheitserregern und der Die schnelle Generationenfolge die- Abstoßung von Transplantaten nach ser Tierarten ermöglicht eine gezielte einer Verpfl anzung. Die Entwicklung 20 1924 Elektrokardiogramm

des Antiserums gegen Diphtherie technische Überprüfung durchlaufen (maßgeblich vorangetrieben durch haben, in Großtieren wie Schweinen Versuche mit Meerschweinchen) und auf ihre biologische Verträglichkeit von Impfstoffen gegen Gelbfi eber und überprüft. Kinderlähmung (Maus und Affe), Un- tersuchungen zur Pathogenese der Tuberkulose (Schaf und Rind), des Ty- Nobelpreiswürdig: phus (Maus, Ratte, Affe), der Malaria Herausragende Erkenntnisse (Taube) und auch von antiretroviralen Wirkstoffen gegen AIDS (Affe) waren Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wer- bahnbrechende Fortschritte für die den außergewöhnliche Leistungen auf Medizin. dem Gebiet der Medizin und Physiolo- gie mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Die Entdeckung der Wirkweise des Den ersten Nobelpreis erhielt 1901 C wurde im Meerschwein- der Mediziner Emil von Behring für chen erforscht und führte zu der Er- seine Arbeiten zur Behandlung der kenntnis, dass Vitamine sowohl im Diphtherie. Ende des 19. Jahrhun- Tier als auch im Menschen die glei- derts verstarb fast jedes zweite Kind che Wirkung entfalten. Hormone wie an Diphtherie. Im Jahr 1890 fanden das Kalzitonin des Lachses werden in von Behring und sein japanischer der medizinischen Behandlung von Kollege Kitasato heraus, dass die In- Osteoporose eingesetzt. In der Chi- jektion von niedrigen Dosen des Diph- rurgie konnten durch Tierversuche therietoxins bei Ratten, Mäusen und neue Techniken erforscht und Ope- Kaninchen die Bildung von Antikör- rationsmethoden verfeinert werden. pern auslöst. Danach waren die Tiere Die ersten Versuche zur Verpfl anzung dauerhaft geschützt. Die Injektion des von Geweben fanden bereits zu Be- Serums von „immunisierten“ Tieren ginn des 20. Jahrhunderts an Mäusen konnte den Krankheitsausbruch bei statt. Heute dienen vor allem Schwei- anderen Tieren ebenfalls verhindern. ne, aber auch Hunde und Schafe als Von Behring entdeckte damit eines Tiermodelle, mit deren Hilfe auf dem der Grundprinzipien der Immunolo- Gebiet der Nierentransplantation, der gie – die „Immunität“ – und legte da- Knochenmarksübertragung und der mit den Grundstein für die Entwick- Herzchirurgie neue Methoden zur lung der Schutzimpfung. Heilung oder Linderung bei Organer- krankungen des Menschen entwickelt Die immense Bedeutung von Tierver- werden. Künstliche Ersatzorgane wer- suchen in der biomedizinischen For- den, nachdem sie eine standardisierte schung und der daraus resultierende 21 1926 Entdeckung des Fadenwurms Spiroptera carcinoma (Krebsforschung)

Emil von Behring war 1901 der erste Medizin-Nobelpreisträger. Seine Serumtherapie, die er an Tieren erprobt hat, ist die Basis für unsere heutige Schutzimpfung.

Erkenntnisgewinn in der Medizin sind wissenschaftliche Erkenntnisse, die mit daran abzulesen, dass bis auf eine Aus- dem Physik- oder Chemie-Nobelpreis nahme – Barbara McClintock für ihre ausgezeichnet wurden, haben wesent- Arbeiten auf dem Gebiet der Pfl anzen- lich zum Fortschritt beigetragen. So genetik – der Nobelpreis für Medizin erhielten die beiden Chemiker Robert oder Physiologie in den letzten 40 Jah- Lefkowitz und Brian Kobilka die Aus- ren stets an Forscherinnen oder For- zeichnung für die Erforschung einer scher vergeben wurde, deren Arbeiten wichtigen Klasse von Rezeptorprotei- den Einsatz von Tieren einschließen nen in der Zellhülle von Wirbeltieren, (siehe durchgehende Zeitleiste am obe- die eine bedeutende Funktion in zahl- ren Seitenrand). Auch herausragende reichen physiologischen Prozessen ein- 22 1928 Forschung zu Typhus

Grafik 3: Die häufigsten Todesursachen weltweit in Prozent

Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Infektionskrankheiten

Krebserkrankungen

Atemwegserkrankungen

Unfallfolgen

Infektion der Atemwege

Säuglingssterblichkeit

Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts

HIV/AIDS

Vorsätzlich herbeigeführte Verletzungen

Tuberkulose

Neuropsychiatrische Erkrankungen

0 5 10 15 20 25 30 35

Quelle: Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung: S. Kröhnert, M. Karsch; Lebensspanne und Todesursachen früher und heute (Stand 2013 auf der Basis von WHO-Daten 2008)

nehmen. Im Jahr 2008 bekamen Osamu und seiner Erkrankungen zugrunde Shimomura, Martin Chalfi e und Roger liegen. Y. Tsien den Preis für die Entdeckung des grün fl uoreszierenden Proteins (GFP) aus der Qualle Aequorea victoria. Diagnostik Dieses Protein und zahlreiche ver- schiedene Varianten werden heute in In den Ländern der westlichen Welt der biologischen und medizinischen sind durch eine verbesserte Hygie- Forschung als universelle molekulare ne und medizinische Versorgung die Marker eingesetzt, welche die mikro- Neugeborenen-Sterblichkeit gesunken skopische Untersuchung zellulärer und die Lebenserwartung gestiegen. Prozesse ermöglichen, die den physio- Trotz dieser Fortschritte können viele logischen Funktionen des Organismus Krankheiten nur symptomatisch be- 23

handelt werden, da ihre Entstehung Diagnose abhängig. Daher liegt einer noch nicht ausreichend erforscht ist. der Schwerpunkte der Forschung da- Die Gesellschaft hat daher nach wie rin, diagnostische Verfahren zu ver- vor große Erwartungen in puncto me- feinern und zu verbessern. Nicht in- dizinischer Fortschritt und Versorgung. vasive Untersuchungstechniken wie die Computertomografie (CT), die Bei vielen Krankheiten ist der Erfolg Positronenemissionstomografie (PET), der Behandlung von der rechtzeitigen die Magnetresonanztomografie (MRT)

Die Computertomografie (CT) liefert schmerzfreie Schichtaufnahmen des Körpers. Für die mit dem Nobelpreis gewürdigte Entwicklung dieses Verfahrens diente das Schwein als Modellorganismus. , Frederick Hopkins 24 1929 Bedeutung von Vitaminen

Bei der Xenotransplantation werden Zellen oder Organe zwischen verschiedenen Spezies übertragen. Bisher werden vor allem Krebszellen zu Forschungszwecken in Nacktmäuse verpfl anzt. Charles Sherrington, 25 1932 Forschung zur elektrischen Aktivität in Neuronen

und die funktionelle MRT (fMRT) so- zur Immunsuppression, das heißt zur wie die Entwicklung von Kontrast- Unterdrückung körpereigener Ab- mitteln und Biomarkern – das sind wehrmechanismen gegen das Spen- Indikatoren, die auf einen krank- derorgan, mit dem Ziel, potenzielle haften Prozess hinweisen – eröffnen Nebenwirkungen für den Organemp- neue Diagnosemöglichkeiten. Bei der fänger zu verringern. Entwicklung der Computertomogra- fi e, für die 1979 der Amerikaner Allan Da die Zahl der Spenderorgane nicht Cormack und der Engländer Godfrey ausreicht, werden andere Wege des N. Hounsfi eld den Nobelpreis erhiel- Organersatzes erforscht. Die soge- ten, diente vor allem das Schwein als nannte Xenotransplantation (grie- Modellorganismus. chisch xenos = Fremder), bei der Organe von einer Tierart zur an- In der Veterinärmedizin kommen die- deren oder vom Tier auf den Men- se verfeinerten Diagnoseverfahren schen übertragen werden, nimmt in besonders den Sozialpartnern Hund der Transplantationsforschung eine und Katze zugute. Erfahrungen der Sonderstellung ein. Sie könnte das Humanmedizin mit der Ultraschalldi- Problem der Unterversorgung mit agnostik, dem Röntgen und den ande- Spenderorganen entschärfen. Ziel der ren bildgebenden Verfahren werden Forschung ist es, Tierarten zu iden- selbstverständlich in der modernen tifi zieren, deren Organe aufgrund Veterinärmedizin genutzt. medizinischer und physiologischer Ähnlichkeiten für die Transplantati- on geeignet sind. Aus anatomischen Transplantationsmedizin und physiologischen Gründen wird derzeit das Hausschwein als aus- Im Jahr 2014 wurden in Deutsch- sichtsreichster Organspender für land 3169 Organtransplantationen den Menschen angesehen. Die tier- durchgeführt. Gleichzeitig warteten experimentelle Forschung ist damit ca. 11 000 schwer erkrankte Patientin- auch eine bedeutsame Schnittstel- nen und Patienten auf ein überlebens- le zur Nutztierforschung. Während wichtiges Spenderorgan. Die operati- die Transplantation von ganzen tie- ven Techniken sowie alle Verfahren rischen Organen heute noch nicht zur Vermeidung von Abstoßungsre- möglich ist, gibt es bei der Transplan- aktionen wurden in jahrelanger For- tation von Teilorganen und Geweben schung mit Tieren entwickelt. Von schon sehr gute Erfolge, beispielswei- großer Bedeutung für Organtrans- se bei der Verpfl anzung von Herz- plantationen sind neue Erkenntnisse klappen aus dem Schweineherz. Thomas Morgan , , William Murphy 26 1933 Rolle der Chromosomen 1934 Entdeckung der Lebertherapie in der Vererbung und perniziösen Anämie

Die Chancen der Xenotransplantation Notfällen kein geeignetes menschli- werden kontrovers diskutiert: Dabei ches Spenderorgan unmittelbar zur spielen in erster Linie ethische Über- Verfügung steht. legungen und mögliche Gefahren durch immunologische Abwehrreak- tionen eine große Rolle. Für die Zu- Zell- und Gewebeersatz kunft erhofft man sich, dass genetisch beim Menschen veränderte Tiere gezüchtet werden können, deren Immunsystem dem Eine Vielzahl heute bekannter Er- des Menschen noch ähnlicher ist, um krankungen resultiert aus der Funkti- somit eine potenzielle Abstoßung des onsunfähigkeit oder dem Verlust von transplantierten Organs zu verringern. Zellen und Geweben. Bei neurodege- Derzeit befi ndet sich die Forschung nerativen Krankheiten wie Parkinson auf diesem Gebiet noch in einem frü- oder Alzheimer, bei Arthrose oder hen Entwicklungsstadium. Eine na- beim Herzinfarkt kommt es zum Bei- heliegende Form der Nutzung dieser spiel zum Zell- oder Gewebetod mit Technik zeichnet sich jedoch schon erheblichen Auswirkungen auf die jetzt ab, wenn nämlich bei klinischen Lebensqualität der Patientinnen und

Stammzellen besitzen ein großes Potenzial für die Medizin, denn sie liefern frisches Zellmaterial, mit dem beispielsweise Krankheiten therapiert werden sollen, die bislang nur schwer oder gar nicht zu behandeln sind. Henry Dale, 27 1935 Zum „Organisator-Effekt“ 1936 Entdeckung der Neurotransmitter in der Embryonalentwicklung

Patienten. Die medikamentöse Be- Stammzellforschung handlung, chirurgische Korrekturen, die Implantation von Haut-, Nerven- Ziel der Stammzellforschung ist es, die zellen oder Herzklappen, Kunsther- Grundlagen der Zelldifferenzierung zen, Herzschrittmachern oder künst- und die Möglichkeiten ihrer Steue- lichen Gelenken sind Verfahren, die rung zu entschlüsseln. Bei Stamm- sich alle auf Tierversuche stützen. Mit zellen handelt es sich um Zellen, die der Züchtung von körpereigenem Er- noch weitgehende Teilungs- und Ent- satzgewebe, dem sogenannten „Tissue wicklungsfähigkeit besitzen und sich Engineering“, könnte es in Zukunft zu spezialisierten Zellen, Geweben möglich sein, geschädigte Zellen oder und Organen entwickeln können. kranke Organe durch patientenei- genes „Material“ zu kompensieren. Es gibt verschiedene Arten von Stammzellen werden beispielsweise in Stammzellen. Embryonale Stamm- der Knochenmarkstransplantation be- zellen sind zelluläre Alleskönner, die reits erfolgreich verwendet. Auf diese die Fähigkeit besitzen, sich in jede be- Weise kann bestimmtes Gewebe nach- liebige Zellart entwickeln zu können. wachsen. Bei sogenannten „Biohyb- Sie werden als pluripotent bezeichnet, rid-Implantaten“ werden körpereige- da aus ihnen jedes Organ oder Gewe- ne Zellstrukturen und Funktionen mit be eines Säugetiers gebildet werden elektronischen oder mechanischen kann. In fertigen Organen wie zum Implantaten kombiniert. Beispiel Knochenmark, Haut oder 28 1938 Regulation der Atmung 1939 Entdeckung der antibakteriellen Wirkung des Prontosil

Zentralnervensystem können adulte aus Bauchspeicheldrüse, Leber und (erwachsene) Stammzellen die Schä- Knochenmark konnten erfolgreich in den im Organismus reparieren. Sie insulin-produzierende Zellen umpro- nennt man multipotent, da sie nur grammiert werden und Symptome des noch Zellen eines einzelnen Organs Typ 1 in Mäusen lindern. Die oder Gewebes hervorbringen. Fetale Transplantation adulter Muskelstamm- Stammzellen sind eine Mischform von zellen führte in Mäusen nicht nur zur embryonalen und adulten Stammzel- Reparatur des verletzten Gewebes, son- len, die nicht mehr vollständig wan- dern regte darüber hinaus auch neues delbar sind, dafür aber schneller und Muskelwachstum an. Ein langfristiges besser wachsen. 2012 wurden die Ar- Ziel ist es, aus menschlichen Stammzel- beiten des Japaners Shinya Yamana- len komplexe Zellverbände oder ganze ka und des Briten zur Organe für die Transplantation zu re- Stammzellforschung mit dem Nobel- generieren. Das Risiko von Unverträg- preis ausgezeichnet. Sie hatten ent- lichkeits- und Abstoßungsreaktionen deckt, wie reife, ausdifferenzierte Zel- würde sich deutlich reduzieren. len zu Stammzellen umprogrammiert werden können, die dann ihrerseits wieder verschiedenste Gewebearten Genomforschung hervorbringen können. Ihre Erkennt- nisse über diese sogenannten indu- In der Genomforschung werden die zierten pluripotenten Stammzellen Erbanlagen lebender Organismen un- (iPS-Zellen) gewannen die Forscher tersucht. Hierbei interessiert nicht nur durch den Einsatz von Mäusen. der genetische Code – also die Abfol- ge von Nukleinsäurebausteinen in der Tierversuche in der Stammzellfor- DNS –, sondern vor allem die Funktion schung ebnen den Weg für neue The- von Genen, da in ihnen der Schlüs- rapieansätze für derzeit noch nicht sel zum Aufbau des Körpers und zur heilbare Erkrankungen wie Parkinson, Wechselwirkung zwischen den Orga- Alzheimer oder Diabetes. In der Krebs- nen liegt. Um diese Wechselwirkun- therapie tragen Erkenntnisse über die gen in einem komplexen Organismus Differenzierungsvorgänge der Zellen analysieren zu können, ist es notwen- dazu bei, die Mechanismen der Bildung dig, anhand von Tierversuchen gezielt und Teilung von Krebszellen zu ver- Veränderungen im Erbmaterial, dem stehen. Die medizinische Anwendung Genom, herbeizuführen. Auswirkun- des Zell- und Gewebeersatzes durch gen im „Phänotyp“ der Tiere − also im Stammzellen wurde in Tierversuchen Aussehen oder Verhalten, bei Organ- bereits erprobt. Adulte Stammzellen funktionen oder im Blutbild − ermögli- 29

chen Rückschlüsse auf die genetischen tiere wie Schweine können mittlerweile Grundlagen solcher Veränderungen. genetisch verändert werden. Da neben dem menschlichen Genom auch das Für die Genomforschung werden so- Mausgenom vollständig entschlüsselt wohl gentechnisch veränderte – soge- ist und beide ein hohes Maß an gene- nannte transgene Tiere – als auch Tiere tischer Übereinstimmung aufweisen, mit spontanen und damit natürlichen spielt die Maus eine besonders wichti- oder durch Zucht hervorgebrachten ge Rolle bei der Erforschung mensch- Veränderungen im Erbgut (Mutationen) licher Erkrankungen. Inzwischen exis- genutzt. Fliegen, Fadenwürmer, Zebra- tiert eine Vielzahl genetisch veränderter fische, Mäuse, Ratten oder auch Groß- Mausstämme, die in der Forschung als

Aufgrund seiner besonders großen Neuronen und eines handhabbaren Nervensystems ist der Kali- fornische Seehase (Aplysia californica) ein bedeutsames Versuchsmodell in der Neurologie. An seinen Synapsen erforschte Nobelpreisträger Kandel unter anderem das Lernen auf zellulärer Ebene. 30

Modellsysteme für menschliche Erkran- den − eine ethische Abwägung und kungen genutzt werden. Einschätzung der Belastung für die El- terntiere und die nachfolgenden Gene- Um genetische Veränderungen an Tie- rationen. Operative Eingriffe, wie zum ren vornehmen zu können, verlangt Beispiel die Übertragung der Eizelle das deutsche Tierschutzgesetz − un- in Ammenmütter oder die Durchtren- abhängig davon, ob diese Tiere durch nung der Samenleiter bei männlichen technische Manipulation oder einfache Tieren, finden unter Narkose mit an- Zucht einer neuen Linie erzeugt wer- schließender Schmerzbehandlung statt

Komplexe wissenschaftliche Fragestellungen wie zum Beispiel Vorgänge im Gehirn lassen sich nur am lebenden und intakten Organismus untersuchen. , Edward Doisy 31 1943 Entdeckung des

und sind für das Einzeltier mit mittle- onsweise des peripheren und zentra- ren Belastungen verbunden. Bei den len Nervensystems. Im Mittelpunkt Nachkommen ist der Grad der Belas- steht dabei die Frage, wie Nervenzel- tung oft nicht vorhersehbar, sie kann len miteinander kommunizieren und von gering bis hochgradig variieren. wie sie untereinander verschaltet sind, Auch kann die Embryonalentwick- um die hochkomplexe Verarbeitung lung so stark gestört sein, dass es be- von Sinneseindrücken, die Steuerung reits vor der Geburt zum Absterben der und Koordination von Verhaltenswei- Embryonen oder Föten kommt. Die sen und das Denken und Fühlen bes- Erfahrung hat gezeigt, dass sich gene- ser zu verstehen. tisch veränderte Versuchstiere häufi g in ihrem Erscheinungsbild kaum oder Im Jahr 2000 erhielten die Wissen- gar nicht von den sogenannten Wild- schaftler , typ-Tieren unterscheiden. Offensicht- und den Medizin-No- lich wird der Ausfall eines Gens durch belpreis für ihre Entdeckungen zur andere genetische, biochemische oder Signalweiterleitung im Nervensys- physiologische Prozesse kompensiert, tem von Mäusen, Ratten, Kaninchen, sodass Abweichungen erst bei einer ge- Meerschweinchen und Meeresschne- naueren Analyse erkannt werden. cken. Für die Aufklärung von Trans- portmechanismen innerhalb einer Seit Kurzem gewinnt auch die Genom- Nervenzelle und deren Bedeutung forschung mit Schweinen an Bedeutung. für die Signalübertragung zwischen Es ist mittlerweile möglich, das Genom Nervenzellen wurden 2013 James E. einer einzelnen Eizelle gezielt zu verän- Rothman, Randy W. Schekman und dern und so Tiere zu züchten, die zur Er- Thomas C. Südhof mit dem Nobelpreis forschung der genetischen Grundlagen ausgezeichnet. Sie haben in ihren Ar- von Erkrankungen, zum Beispiel von de- beiten Ratten, Hamster und gentech- generativen Muskelerkrankungen, ge- nisch veränderte Mäuse eingesetzt. nutzt werden. Ein weiteres Forschungs- Für ihre Forschung zur Orientie- ziel ist, das Immunsystem der Schweine rungsleistung von Säugetieren erhiel- so zu verändern, dass sie Ersatzorgane ten John O´Keefe und die Eheleute für den Menschen liefern können. Moser im Jahr 2014 den Nobelpreis für Medizin und Physiologie. Ihnen ist es gelungen, die für die Orientie- Neurowissenschaften rung spezialisierten Gehirnzellen – die sogenannten Orts- und Gitterzellen Die Neurowissenschaften beschäftigen – zu identifi zieren und deren Interak- sich mit dem Aufbau und der Funkti- tion nachzuweisen. Die Vernetzung , Herbert Gasser , , 32 1944 Forschung zu differenzierten Funktionen 1945 Entdeckung des Penizillin der einzelnen Nervenfasern

der Gitterzellen und deren räumliche rungen und/oder chemische Substan- Anordnung ähneln einem 3-D-Koor- zen Krankheitsbilder ausgelöst wur- dinatensystem und ermöglichen die den, die menschlichen Erkrankungen räumliche und zeitliche Orientierung wie Parkinson, Multipler Sklerose und Navigation. Diese Untersuchun- oder Schlaganfällen ähnlich sind, gen erfolgten an Ratten. Weiterfüh- führten zu Verbesserungen des All- rende Studien belegen vergleichbare gemeinzustands und zum Abklingen Strukturen des biologischen Orientie- der typischen Symptome. Chipbasier- rungssystems auch bei anderen Tier- te Retina-Implantate, die Erblindeten arten wie Mäusen, Fledermäusen, Pri- eine basale Sehfähigkeit ermöglichen, maten und dem Menschen. oder Cochlea-Implantate für Gehör- lose beruhen auf wissenschaftlichen Aktuell wird die Aufklärung der Versuchen mit Hühnern, Kaninchen, Funktionsweise des Nervensystems Katzen, Schweinen und nicht huma- und des Gehirns intensiv vorange- nen Primaten. Die Tiefenhirnstimu- trieben. In Großforschungsprojekten lation kombiniert neurochirurgische investieren die USA mit dem Brain und elektrophysiologische Ansätze, Activity Map Project (BRAIN-Initi- die vor allem in nicht humanen Pri- ative) ebenso wie Europa mit dem matenmodellen entwickelt wurden. Human Brain Project Milliardenbe- Sie wird heutzutage erfolgreich bei träge in die Hirnforschung. Erst ein Patientinnen und Patienten mit Par- tieferes Verständnis über die grundle- kinsonerkrankung und den damit ein- genden Funktionen der Nervenzellen hergehenden Bewegungsstörungen erlaubt es, Ursachen für Erkrankun- angewendet. gen des Nervensystems zu verstehen und Behandlungsmöglichkeiten für Auch bei der Entwicklung von Pro- beispielsweise Schlaganfall, Alzhei- thesen beziehungsweise der Therapie mer, Parkinson, Multiple Sklerose, von Lähmungen nutzt man Erkennt- Epilepsie, Depression, Schizophrenie, nisse aus Tierversuchen. So konnte Angststörungen und Querschnittsläh- man zum Beispiel nicht humane Pri- mung zu entwickeln. maten, deren Gliedmaßen aufgrund einer Schädigung des Rückenmarks Eine erhebliche Zahl wichtiger thera- gelähmt waren, durch elektrische Sti- peutischer Ansätze ist auf Erkenntnis- mulation ihrer Rückenmarksnerven se aus Tierversuchen zurückzuführen: wieder in die Lage versetzen, ihre Transplantationen von Stammzellen Hand zu bewegen und Gegenstän- in das Gehirn von Mäusen, in denen de zu greifen. Bei Ratten mit Quer- zuvor durch gentechnische Verände- schnittslähmung konnte durch Über- Hermann Muller , Carl Cori, 33 1946 Entdeckung der mutagenisierenden 1947 Forschung zum Wirkung von Röntgenstrahlung Kohlenhydrat-Stoffwechsel

Hygiene im Tierbestand ist oberstes Gebot: Tierpfl eger und Wissenschaftler müssen beim Betreten der Räume Schutzkleidung tragen, um eine mögliche Infektionsgefahr für die Tiere auszuschließen.

tragung embryonaler Stammzellen in Veterinärmedizinische das Rückenmark die Nervenleitung Forschung teilweise wiederhergestellt werden. Allerdings sind die daran beteiligten Die Erkenntnisse aus der tierexperi- molekularen und zellulären Prozesse mentellen Forschung, die für die Hu- noch nicht ausreichend verstanden, manmedizin genutzt werden, kom- um auf den Menschen übertragen men auch bei der Entwicklung neuer werden zu können. Ähnliches gilt Diagnose- und Behandlungsverfahren für erste hoffnungsvolle Ansätze hin- in der Veterinärmedizin zum Einsatz. sichtlich einer möglichen Stammzell- Bestimmte Erkrankungen treten so- therapie, bei der gezielt Stammzellen wohl im Tier als auch im Menschen in betroffene Hirnareale transplan- auf. Hierunter fallen die Arterioskle- tiert werden. rose und die angeborene Fehlbildung Paul Müller Walter Hess, Antonio Moniz 34 1948 Entdeckung des 1949 Forschung zur funktionalen Organisation des Hirns Insektizids DDT und zur chirurgischen Behandlung von Psychosen

der Wirbelsäule beim Kaninchen, Er- re oder Bluterkrankungen. Hunden krankungen des visuellen Systems mit einer natürlich vorkommenden bei Katzen und spezielle Formen von Blutgerinnungsstörung, die zu star- Krebs, die Zuckerkrankheit, Geschwü- ken lebensbedrohlichen inneren Blu- tungen führt, wird mit einer für den Menschen entwickelten Gentherapie Die Veterinärmedizin konnte durch den Einsatz von Ver- suchstieren erfolgreiche Impfstrategien gegen tödliche zur Behandlung von Hämophilie A Erkrankungen wie Staupe oder Leukose entwickeln. (Bluterkrankheit) geholfen, sodass langfristig keine Blutungen mehr auf- treten. Ein weiteres Beispiel ist die Tu- mortherapie bei Kleintieren.

In der Regel ist eine Übertragung von Behandlungsmethoden aus der Hu- manmedizin auf veterinärmedizinische Anwendungen ohne Schwierigkeiten möglich, da die in der Humanmedizin praktizierten Verfahren durch Tierver- suche erarbeitet wurden. Aber auch die Veterinärmedizin kann auf den Einsatz von Versuchstieren in der Grundlagen- forschung und der Entwicklung neuer Behandlungsmethoden nicht verzich- ten. Hier wird die Fragestellung meist so ausgerichtet, dass die Untersuchung an der Zieltierart, also am potenziellen Patienten selbst, erfolgt.

So wurden erfolgreiche Impfstrategien gegen tödliche Erkrankungen wie Leu- kose, Staupe und bovine Tuberkulose entwickelt. Impfstoffe und Veterinär- medikamente tragen dazu bei, die Ver- luste von landwirtschaftlichen Nutztie- ren durch Erkrankungen zu verringern. Sie werden darüber hinaus auch in Naturschutzprojekten zum Schutz von gefährdeten Arten eingesetzt, um ins- Edward Kendall, Tadeus Reichstein, Philip Hench Max Theiler 35 1950 Struktur und Funktion 1951 Impfstoff gegen Gelbfi eber der Nebennierenhormone

besondere die Verbreitung von Krank- der Umgang mit Versuchstieren in der heiten zu verhindern. Ausbildung wie ein Tierversuch be- handelt, der beantragt und genehmigt werden muss. Tierversuche in der Aus-, Fort- und Weiterbildung Die Grundannahme der Der fachgerechte Umgang mit Ver- Übertragbarkeit suchstieren durch Wissenschaftlerin- nen und Wissenschaftler sowie Tier- Die Bestandteile von Körperzellen pfl egerinnen und Tierpfl eger muss und die biochemischen Mechanismen, erlernt werden. Dieser schließt so- die den Lebensvorgängen zugrunde wohl Routinetätigkeiten in der Tier- liegen, sind bei verschiedenen Tierar- haltung als auch Blutentnahmen, In- ten sehr ähnlich. Die molekulare Ge- jektionen oder operative Eingriffe ein. netik kann beweisen, dass alle heute Die sorgfältige und umfassende Aus- lebenden Organismen den gleichen bildung des Personals soll gewährleis- Ursprung haben und dass für den ten, dass die Belastung der Tiere auf Körperaufbau verantwortliche und ein Minimum reduziert wird. Auch im Laufe der Zeit modifi zierte Gene aus wissenschaftlicher Sicht ist dies die materielle Basis für die Abfolge der notwendig, denn um verlässliche und Lebewesen durch alle Erdzeitalter bil- reproduzierbare Forschungsergebnis- den. Durch diese Ähnlichkeiten sind se erzielen zu können, müssen Stress- grundsätzlich sogar Vergleiche von und Schmerzsymptome soweit wie menschlichen Genen und Stoffwech- möglich minimiert werden. selprozessen mit denen von Bakterien, Pilzen und Hefen möglich. In der Humanmedizin, speziell in der Chirurgie und Anästhesie, ist Bei höher entwickelten Tieren und das praktische Training mit Groß- beim Menschen sind die Körperfunk- tieren ein wichtiges Element in der tionen wesentlich komplizierter als Aus- und Weiterbildung. Durch solche bei einfachen Organismen, da sie auf praktische Übungseinheiten, die im einer Vielzahl von spezialisierten Zell- Routinebetrieb der Klinik nur schwer typen und Organen beruhen. So kann vermittelt werden können, vertiefen ein Wirkstoff in der Leber zwar eine Ärztinnen und Ärzte ihre Fertigkeiten gewünschte Wirkung besitzen, aber für Operationen am Menschen und von den Leberzellen chemisch so ver- können so neue Methoden erlernen. ändert werden, dass dabei eine für das Im deutschen Tierschutzgesetz wird Zentralnervensystem schädigende Ver- , Fritz Lipmann 36 1952 Entdeckung des Streptomycin 1953 Der Citratzyklus

Beispiele für den Einsatz von Tieren in der Forschung.

bindung entsteht. Dies zeigt, dass die Übertragung von Reaktionsweisen aus Zellverbänden auf den gesamten Or- ganismus äußerst schwierig sein kann. Maus, Ratte Aus diesem Grund sind neben Unter- Krebsforschung suchungen auf zellulärer Ebene (durch Alternativmethoden, siehe Seite 51ff.) Stoffwechselerkrankungen stets auch Untersuchungen am Gesam- Wirksamkeitsprüfung von torganismus notwendig, um sowohl Arzneimitteln Wirksamkeit als auch Nebenwirkun- Genomforschung gen einer Substanz zu überprüfen.

Durch Tierversuche lassen sich er- wünschte und etwa 70 % der uner- wünschten Wirkungen, die den Men- Hund schen betreffen, vorhersagen. Ein Transplantationschirurgie Beispiel hierfür ist die Acetylsalicylsäu- re, Wirkstoff des Schmerzmittels Aspi- Osteosynthese rin®. Sie wirkt bei Ratte und Mensch Notfallchirurgie schmerzlindernd, aber bei beiden kann Diabetesforschung es nach der Einnahme zu erhöhter Herz-Kreislauf-Erkrankungen Blutungsneigung kommen. Weitere Osteoporoseforschung Beispiele sind Effekte von Baumateria- Veterinärmedizinische Forschung len und Lösungsmitteln, die bei Ratten und Menschen die gleiche Wirkung zeigen: Asbest führt bei beiden zu Lungenkrebs, Kunststoffl ösungsmittel zu Leberkrebs. Aus diesen Erfahrun- gen lässt sich folgern: Sicherheits- und Wirksamkeitsprüfungen im Tierver- Nicht menschliche Primaten such können das Risiko neuer Behand- lungsmethoden für den Menschen Neurobiologische Grundlagenforschung/ erheblich senken. 36 % der in präklini- angewandte Forschung schen Tierversuchen getesteten Stoffe werden aufgrund unerwünschter Ne- Impfstoffentwicklung benwirkungen und Sicherheitsrisiken SIV/HIV Forschung nicht weiter in der klinischen Prüfung am Menschen verwendet und aus dem John Enders, Thomas Weller, Frederick Robbins Axel Theorell 37 Der Citratzyklus 1954 Entdeckung der Züchtung von Polioviren in Kultur 1955 Wirkweise der Oxydationsenzyme

Beispiele für den Einsatz von Tieren in der Forschung.

Entwicklungsprozess genommen. So- mit verhindert der Tierversuch, dass den Menschen möglicherweise schä- digende oder lebensbedrohende Subs- Kaninchen tanzen verabreicht werden. Entwicklung von Impfstoffen Wirksamkeitsprüfung von Eine absolute Sicherheit gibt es jedoch Arzneimitteln nicht. In den 1960er-Jahren hat die Contergan-Katastrophe dies in tragi- scher Weise deutlich gemacht. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde die mögliche keimschädigende Wirkung eines Medi- kaments nicht geprüft. Erst nach dem Skandal wurde 1978 das Arzneimit- telgesetz verschärft und zur Überprü- fung der Arzneimittelunbedenklichkeit und -wirksamkeit die Wirkung auf die Rind, Pferd, Schwein Embryonalentwicklung in den Prüfka- Impfstoffgewinnung und talog aufgenommen. Entwicklung Veterinärmedizinische Die Grundannahme der Übertrag- Forschung barkeit ist ein ebenso wichtiger As- pekt, wenn es um die Beurteilung von Schmerzen und Empfi ndungen bei Tie- ren geht. Der anatomische Aufbau des Gehirns sowie die Erregungsleitung bei Schmerzen und ihre Erfassung im Zen- tralnervensystem sind bei höher ent- wickelten Tierarten ähnlich. Diese Tat- Katze sache lässt Analogieschlüsse über das Herzchirurgie Schmerzempfi nden und möglicherwei- Neurophysiologische Studien se auch über die Leidensfähigkeit zu. Entwicklung von Hörhilfen Die Übertragbarkeit der Ergebnisse vom Erforschung der Katzenleukose Tier auf den Menschen gilt demnach Veterinärmedizinische Forschung auch im umgekehrten Sinne: Arzneien, die erfolgreich für die Behandlung von Menschen eingesetzt werden, können auch für Haustiere genutzt werden.

André Cournand, , Dickinson Richards 39 1956 Entwicklung der Herzkatheterisierung

Tierversuche und Tierschutz: Ethische Abwägungen

Die Entwicklung des liche Vereinheitlichung förderte den Tierschutzgedankens in Tierschutz als gesellschaftliches Anlie- Deutschland gen und führte dazu, dass sich zahlrei- che Tierschutzorganisationen bildeten. Ihr vorrangiges Ziel war es, Tierquäle- Der Gedanke der besonderen Verant- rei und die „Vivisektion“ – also Eingrif- wortung des Menschen für das in sei- fe am lebenden Tier – zu verhindern. ner Obhut gehaltene Tier ist ein Er- Da zur selben Zeit die experimentelle gebnis der historischen Entwicklung Forschung und damit die Zahl der Tier- der Mensch-Tier-Beziehung. Kulturel- versuche deutlich zunahm, führte dies le, weltanschauliche, gesellschaftliche zunehmend zu Konfl ikten zwischen und staatliche Normen stecken den Wissenschaft und Tierschutz. Die Be- Rahmen ab, der unsere Einstellung zu gründungen für die Ablehnung von Tieren und deren Bedürfnissen leitet. Tierversuchen fi elen damals bereits Die heute geltenden Gesetze und Ver- unterschiedlich aus, je nach wissen- ordnungen zum Tierschutz sind Aus- schaftlichem, religiösem oder gesell- druck dieser Entwicklung, die im 17. schaftlichem Hintergrund. Jahrhundert begann. Seitdem wird ein anthropozentrischer Tierschutzgedan- In den 30er-Jahren des 20. Jahrhun- ke vertreten, der den Menschen in den derts wurde das erste Tierschutzge- Mittelpunkt stellt. setz in Deutschland erlassen, das auch noch in der Zeit nach dem Zweiten Im 18. und 19. Jahrhundert engagier- Weltkrieg Gültigkeit hatte. Darin wur- ten sich einfl ussreiche Vertreter einer den erste Regelungen im Umgang mit gesellschaftlich und sozialpolitisch ak- Versuchstieren festgeschrieben. In den tiven Bevölkerungsschicht für die Tier- 60er- und 70er-Jahren war der Schutz schutzbewegung. Sie verabscheuten der landwirtschaftlichen Nutztiere und jegliche Tierquälerei und machten dies Versuchstiere erneut ein öffentlich dis- zu einem Kennzeichen ihres Bildungs- kutiertes Thema, woraus weitere gesetz- standes. Hierbei stand jedoch nicht liche Regelungen entstanden. Das 1972 das Tier im Mittelpunkt des Interesses, in der Bundesrepublik Deutschland sondern die Sorge um die Verrohung verabschiedete Tierschutzgesetz basier- der Menschen und der Gesellschaft. In te auf einem ethisch ausgerichteten Deutschland wurden zunächst unter- Tierschutz und zog als Beurteilungskri- schiedliche gesetzliche Vorgaben erlas- terium wissenschaftliche Erkenntnisse sen, und erst 1871 wurde der Schutz über artgemäße und verhaltensgerech- von Tieren vor Quälerei in das Reichs- te Normen und Erfordernisse der Tiere strafgesetz aufgenommen. Diese recht- heran. 40 1957 Entwicklung von Substanzen, die die Wirkung biologischer Amine hemmen

Die folgenden Gesetzesänderungen der Erkenntnisse und Entwicklungen im 1980er- und 1990er-Jahre entstanden Sinne des 3 R-Prinzips (reduce, refi ne, im Spannungsfeld zwischen Ökono- replace – reduzieren, verfeinern, erset- mie, Wissenschaft und Politik. Sie sind zen, siehe Seite 48ff.) sicher. auch Ausdruck einer stärkeren Beto- nung des Tieres als Mitgeschöpf und einer Verschärfung der Regelung von Ethische Aspekte von Tierversuchen. Um den Schutz der Tie- Tierversuchen und das re als Lebewesen in der Rechtsordnung Solidaritätsprinzip weiter zu stärken, wurde der Tierschutz als Staatsziel in der Verfassung der Bun- In der gegenwärtigen ethischen Diskus- desrepublik Deutschland verankert. Seit sion über den menschlichen Umgang Juli 2002 enthält das Grundgesetz als mit Tieren wird die Auffassung vertre- Artikel 20a den Satz „Der Staat schützt ten, dass dem Menschen ein grundsätz- auch in Verantwortung für die künf- liches moralisches Recht auf die Verfü- tigen Generationen die natürlichen gung über Tiere und die Nutzung von Lebensgrundlagen und die Tiere im Tieren zu eigenen Zwecken zukommt. Rahmen der verfassungsmäßigen Ord- Dieses Recht stößt aber an eine Grenze, nung durch die Gesetzgebung und nach wenn Tiere durch die menschliche Ver- Maßgabe von Gesetz und Recht durch fügung erheblich belastet oder ohne die vollziehende Gewalt und die Recht- sprechung.“ Mit dieser Rechtslage hat das Gebot eines sittlich verantworteten Umgangs des Menschen mit dem Tier einen besonders hohen Stand erreicht.

Darüber hinaus wurde im Juli 2013 das Dritte Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes veröffentlicht, das die Richtlinie 2010/63/EU des Europä- ischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere in nationales Recht umsetzt. Es stellt die Gewährleistung eines hohen Tierschutzniveaus und die Anhebung von Mindeststandards unter Berück- sichtigung neuester wissenschaftlicher Frank Burnet, Georg von Békésy 41 1960 Entdeckung der erworbenen 1961 Entdeckung der mechanischen immunologischen Toleranz Funktion des Innenohrs

hinreichenden Grund getötet werden. men weithin als miteinander verträg- Nach der gängigen Systematik der nor- lich angesehen. mativen tierethischen Positionen gilt diese Auffassung als „pathozentrisch“. Der starken Variante des Anthropo- Das bedeutet, dass sich aus der Lei- zentrismus zufolge ist der Umgang mit densfähigkeit von Lebewesen auch die Tieren allein am Maßstab menschlicher Verpfl ichtung zu deren Schutz ergibt. Interessen, Empfi ndungen und Gefüh- Hingegen bezeichnet man als „Anthro- le zu bestimmen. Über Jahrhunderte pozentrismus“ eine Position, die den hinweg dominierte diese Position die Menschen grundsätzlich zum „Maß Ethik unseres Kulturkreises. Seine pro- aller Dinge“ macht, auch im Hinblick auf den Umgang mit Tieren und den Tierschutz. Eine dritte relevante Posi- Immanuel Kant (links) war Anhänger des tion stellt der sogenannte „Biozentris- sogenannten Anthropozentrismus, nach dem der Mensch das Maß aller Dinge ist, er aber mus“ dar, der allem Lebendigen, also eine Pfl icht zum humanen Umgang mit Tieren auch niederen Tieren und Pfl anzen, hat. Für Arthur Schopenhauer (Mitte) zeigen einen eigenen ethischen Wert beimisst. Tiere die gleichen Wesenszüge wie der Mensch, Während die Extremformen dieser drei das heißt, sie sind fähig zu empfi nden und zu leiden. Albert Schweitzer (rechts) vertrat einen Positionen miteinander inkompatibel radikalen Biozentrismus, der jedem Lebewesen sind, werden ihre gemäßigteren For- einen moralischen Eigenwert zuschreibt. John Eccles, , 42 1963 Entstehung des Aktionspotenzials in Neuronen

minentesten Vertreter waren Immanu- Der Anthropozentrismus wurde aller- el Kant und – repräsentativ für den dings durch Jeremy Bentham und Ar- führenden Strang der christlichen Mo- thur Schopenhauer einer tief greifen- raltheologie – Thomas von Aquin. We- den und heute überwiegend geteilten sentlich für diese Position ist bei Kant Kritik aus pathozentrischer Perspekti- die Ansicht, dass nur der Mensch ein ve unterzogen. Nach Bentham kommt moralfähiges Wesen sei. Daraus wür- es nicht darauf an, ob Tiere denken den sowohl Vorrechte als auch Ver- oder reden können wie Menschen, pfl ichtungen resultieren. Der Schutz sondern ob sie wie Menschen leiden der Tiere wurzele danach letztlich in können. Allen schmerzempfi ndenden der Selbstachtung des Menschen, die Wesen wird ihm zufolge ein Eigenwert es verbiete, grausam zu handeln. zugeschrieben.

Edward Hicks: The Peaceable Kingdom (1846/47). Konrad Bloch, 43 1964 Fettsäure-Stoffwechsel und Regulation des Cholesterins

Einen solchen ethischen Eigenwert hen. Insgesamt könnte sie vielleicht schreibt der Biozentrismus wiederum passender als „pathoinklusive“ Ethik allen Lebewesen, einschließlich der bezeichnet werden: Diese ist nicht nur niederen Tiere und der Pfl anzen, zu. vereinbar damit, dass die Interessen Prominentestes Beispiel für diese Auf- von Menschen stärker berücksichtigt fassung ist Albert Schweitzers „Ethik werden als die von empfi ndungsfähi- der Ehrfurcht vor dem Leben in allen gen Tieren, sondern auch damit, dass seinen Erscheinungsformen“. Viele andere menschliche Güter wie Leben Vertreter gehen noch einen Schritt wei- und Gesundheit, Wissenserwerb und ter und sprechen allen nicht mensch- Genuss als Rechtfertigungsgründe lichen Lebewesen ein gleich starkes für die Belastung von Tieren infrage Recht auf Leben und Entwicklung zu. kommen. Sie schließt außerdem eine Tötung von Tieren nicht aus, fordert Eine Ethik wie die pathozentrische, die aber, dass diese möglichst angst- und davon ausgeht, dass neben den Men- leidensfrei erfolgt. schen zumindest auch die empfi n- dungsfähigen Tiere in moralischer Hin- Auch dann, wenn die pathoinklusive sicht zu berücksichtigen sind, vermittelt Ethik bestimmten Tieren Rechte zu- zwischen den Extremen. Sie schreibt schreibt, geht sie nicht davon aus, dass diesen Tieren einen abgestuften mora- sie diese von sich aus und unabhängig lischen Status zu, der einerseits schwä- von einer entsprechenden Zuschrei- cher ist als der des Menschen, anderer- bung durch die Menschen besitzen. seits aber erheblich stärker als der der Diese, unter den Tierethikern unstrit- nicht empfi ndungsfähigen Tiere und tige Auffassung des epistemischen und der Pfl anzen. auf Verantwortung zielenden Anthro- pozentrismus – nicht zu verwechseln mit dem oben skizzierten normativen Pathoinklusiv statt pathozentrisch: Anthropozentrismus – sieht richtig, dass Was macht den Unterschied? nur Menschen dazu fähig sind, mora- lische Verpfl ichtungen zu begründen, Eine pathozentrische Tierethik postu- zu verstehen und zu befolgen. Auch liert die Anerkennung von Pfl ichten wenn Tiere Gegenstände menschlicher gegenüber Tieren und stellt die Ver- Pfl ichten sind, sind sie auf das Wohl- meidung von Leid ins Zentrum. Es wollen und auf die Bemühungen der wäre aber ein Missverständnis zu mei- Menschen um die Deutung ihrer Be- nen, sie müsse Leidensvermeidung dürfnisse angewiesen. Die Pfl icht zur insgesamt, also auch bei Menschen, als Unterlassung von Leidenszufügung den wichtigsten aller Maßstäbe verste- und zur aktiven Leidenslinderung bei Peyton Rous, Charles Huggins Haldan Hartline, , 44 1966 Entdeckungen zur Ursache 1967 Physiologie des Sehens und Behandlung von Tumoren

Menschen wird in allen Ethiksyste- ren weniger Gewissheit als über das men anerkannt. Das Hauptargument von Menschen. Da Tiere bezüglich ihrer für eine Erweiterung dieser Pfl ichten Empfi ndungen für uns Menschen nicht über den Kreis der Menschen hinaus deutungskooperativ sind, das heißt die ist, dass nicht erkennbar sei, warum Bestimmung ihres Wohls von Empa- entsprechende Pfl ichten grundsätzlich thie sowie Erfahrung und Wissen des nicht auch in Bezug auf empfi ndungs- Menschen abhängig ist, besteht eine fähige Tiere gelten sollten. beträchtliche Irrtumswahrscheinlich- keit darüber, ob und in welcher Inten- Die pathoinklusive Auffassung ist auch sität das Tier leidet. Im Übrigen dürfte die Grundlage des deutschen Tier- bei Tieren – wie auch bei Menschen – schutzgesetzes. Im Gegensatz zu älteren die individuelle Leidensfähigkeit stark Fassungen, die Tiere nur soweit schütz- divergieren. Wenn in dieser Hinsicht ten, wie es die Vermeidung öffentlicher hohe Unsicherheiten bestehen, sind die Ärgernisse oder einer vermeintlichen „sicheren“ Ansprüche des Menschen Verrohung von Menschen erforderte, dadurch aus der Sicht verschiedenster schützt die bestehende Fassung Tie- Moral- und Ethikansätze überlegen. re um ihrer selbst willen. Eine „Lei- denszufügung“ darf nur dann in Kauf „Unumgänglichkeit“ der Leidenszufü- genommen werden, wenn die damit gung bedeutet, dass Alternativmetho- verbundene Handlung (zum Beispiel den nicht zur Verfügung stehen, dass ein Tierversuch) einerseits geeignet ist, der Tierversuch und die Belastung der erwartbar höhere Güter bei Menschen Tiere gemessen an der wissenschaftli- und Tieren zu schützen, zu sichern oder chen, therapeutischen oder anderweiti- zu verwirklichen, und andererseits da- gen Bedeutung des Versuchszwecks im für „unumgänglich“ ist. Diese Formu- Sinne der 3 R-Regel (siehe Seite 48ff.) lierung erfordert bei der Rechtfertigung optimiert beziehungsweise minimiert von Tierversuchen zwei Arten komple- wird. Das Kriterium der Leidensfähig- xer Beurteilung und Abwägung: erstens keit setzt also den Versuchen, die mit die Gewichtung der Güter und zweitens leidensfähigen Tieren gemacht werden die Feststellung der Unumgänglichkeit. dürfen, Grenzen, beinhaltet aber keine Beide Beurteilungen sind schwierig, kategorische Ablehnung von belasten- aber nicht willkürlich. den Tierversuchen.

Menschliche Güter wie Leben und Zudem ist davon auszugehen, dass Gesundheit wiegen in der Regel stär- nur ein Teil der Tierversuche tatsäch- ker als Leidensvermeidung bei Tieren. lich belastend ist. Bei kognitiv niedri- Auch gibt es über das Leiden von Tie- ger entwickelten Tieren lässt sich Robert Holley, Marshall Nirenberg, Gobind Khorana 45 1968 Interpretation des genetischen Codes und seiner Funktion bei der Proteinsynthese

Ratten sind nach Mäusen die am häufi gsten eingesetzten Versuchstiere.

beispielsweise ihre Haltung im Labor Die pathoinklusive Ethik hat gegen sol- nicht generell als leidensverursachend che Versuche, wenn damit biologische klassifi zieren. Anhaltspunkte dafür und medizinische Erkenntnisfortschrit- sind eine teils lange Lebensdauer und te zugunsten des Menschen verbunden ein besserer Gesundheitszustand als oder zu erwarten sind, keinen grund- in einem Leben in Freiheit. Viele Ver- sätzlichen Einspruch vorzubringen. suchstiere werden ferner ohne Ein- griffe in Kontrollgruppen gehalten, weitere werden zur Organentnahme Die Übertragbarkeit aus getötet, ohne zuvor im Tierversuch ethisch-rechtlicher Sicht eingesetzt worden zu sein. Außerdem gibt es die Kategorie der sogenannten In der öffentlichen Diskussion zur fi nalen Tierversuche. Hierbei werden ethischen Bewertung von Tierversu- die Tiere vor den Versuchen narko- chen wird häufi g die direkte Über- tisiert und nach Ende des Versuchs tragbarkeit der Erkenntnisse auf den noch in Narkose getötet, um ihnen Menschen als Maßstab für die Legi- leidvolle Empfi ndungen zu ersparen. timation gefordert. Diese Forderung , , Earl Sutherland 46 1970 Speicherung, Freisetzung und Inaktivierung 1971 Entdeckungen über die Wirkungs- von Neurotransmittern an den Synapsen mechanismen von Hormonen

unterschätzt jedoch die Komplexi- sein sollen. Es ist zwar eine ethische tät der Übertragbarkeit. Im Tierver- Bewertung gefordert, die die voraus- such werden tierische Lebensvorgänge sichtliche Schädigung der Tiere gegen unter sucht, die nur indirekt auf den den zu erwartenden Nutzen abwägen Menschen extrapoliert werden kön- soll. Doch wie der Nutzen letztendlich nen. Dies kommt auch in der Gesetz- defi niert ist und in welchem Zeitraum gebung zum Ausdruck. Die Richtlinie dieser Nutzen sichtbar werden soll, 2010/63/EU des Europäischen Parla- lässt die besagte Richtlinie offen: „… ments und des Rates vom 22. Septem- um die Gesundheit von Mensch und ber 2010 zum Schutz der für wissen- Tier sowie die Umwelt zu schützen“. schaftliche Zwecke verwendeten Tiere Diese wenig konkrete Formulierung hat drei Ziele: berücksichtigt die Erfahrung, dass Entdeckungen aus Tierversuchen mit- ► das Wohlergehen der Tiere, die in unter erst Jahre später ihren Nutzen wissenschaftlichen Verfahren einge- entfalten und der Gesundheit von setzt werden, erheblich zu verbes- Mensch und Tier zugute kommen. sern, Dass sie einen unmittelbaren Nutzen für den Menschen haben müssen, ist ► einen fairen Wettbewerb innerhalb eine moralisch-ethische Forderung, der EU sicherzustellen und die kaum zu erfüllen ist. Tiere sind, wie wir Menschen, extrem komplexe ► die Forschung innerhalb der EU zu Organismen, die sich – neben einigen stärken. grundsätzlichen Übereinstimmungen – doch vom Menschen unterscheiden. Die Übertragbarkeit der Ergebnisse Diese Unterschiede sind das Resultat aus Tierversuchen auf den Menschen verschiedener evolutionärer Mecha- ist in der Richtlinie nicht gefordert. nismen, die auf hochkomplexe Syste- Sie beinhaltet vielmehr Absichten me wie Tier und Mensch in der Ver- und Maßnahmen, um das Wohlerge- gangenheit und auch heute noch über hen der Tiere zu verbessern und nach multifaktorielle Mechanismen wie der den Grundsätzen des 3 R-Prinzips zu genetischen Präposition einwirken verfahren. In der Richtlinie sind die und die auch epigenetischen und um- Zwecke der Verfahren aufgeführt, zu weltbedingten Einfl üssen unterliegen. denen Tiere eingesetzt werden dürfen. Nicht einmal ein Mensch gleicht dem Keiner davon beinhaltet Beschrän- anderen und ist sich selbst das ideale kungen, die nur Verfahren mit le- Modell. Eine an Menschen orientierte benden Tieren zulassen, deren Ergeb- Forschung ist daher wünschenswert, nisse auf den Menschen übertragbar aber sie reicht nicht aus. Rodney Porter, 47 Entdeckungen über die Wirkungs- 1972 Chemische Struktur der Antikörper mechanismen von Hormonen

Im Spannungsfeld zwischen Soli- ches und zur Solidarität fähiges Wesen daritätsprinzip und Tierschutz besonders aus.

Ein vollständiges Verbot der tierex- Wer Tierversuche durchführt, stellt perimentellen Forschung würde mit sich selbst immer aktiv in das Span- einer ethischen Fundamentalnorm, nungsverhältnis zweier Pfl ichten, die dem menschlichen Solidaritätsprin- aus dem oben genannten resultieren. zip, kollidieren. Dieses beschreibt die Die eine, die positive, ist die Pfl icht, Pfl icht, Hilfsbedürftigen, Schwachen eigenes Wissen und eigene Fähigkei- und Kranken bestmögliche Unterstüt- ten zur Minderung menschlichen und zung zukommen zu lassen. Das Soli- tierischen Leids einzusetzen. Die ne- daritätsprinzip ist nicht nur eine von gative Pfl icht hingegen besteht darin, vielen Voraussetzungen menschlichen nicht selbst anderen Wesen vermeid- Zusammenlebens – es zeichnet den bares Leid zuzufügen. Es gehört zu Menschen als moralisch verantwortli- den Rahmenbedingungen mensch-

3R-Prinzip für Alternativmethoden

www.bf3r.de © Deutsches Zentrum zum Schutz von Versuchstieren (Bf3R), 2015

eplace Tierversuchsfreier (Ersetzen Zellen R Test: durch Alternativ - Auswirkung von methoden) chemischen Stoffen unter Einfuss von Licht auf die Hautgesundheit Prüfsubstanz ± UV-Licht

educe R (Reduzieren der Anzahl der Versuchstiere) Schädigung der Zellen: ja/nein? Tierversuche

Rekonstruierte Modelle der Hautreizung: Alternativmethoden Tierversuchsfreier menschlichen Haut Prüfsubstanz ja/nein? Test zur Prüfung von Hautreizungen efine

R (Vermindern Zellen und/oder Hautmodellen von Verwendung Zum Beispiel durch von Schmerzen oder Leiden der Versuchstiere) , , , George Palade, 48 1973 Organisation sozialer Verhaltensmuster 1974 Strukturelle und funktionale Organisation der Zellen

lichen Handelns, dass wir oft in Ent- spektive nie generell, sondern nur im scheidungsnot geraten und gezwun- Einzelfall geben. gen sind, gegen eine dieser Pfl ichten zu verstoßen, um der anderen zu ge- nügen. Solange es wissenschaftlich Das 3 R-Prinzip unmöglich ist, komplexe Ursache- Wirkungs-Verhältnisse in lebenden Obwohl in der Forschung nicht voll- Organismen ohne Tierversuche zu ständig auf Tierversuche verzichtet erforschen, wird diese Pfl ichtenkolli- werden kann, besteht Konsens darüber, sion immer Thema ethischer Diskurse dass sie auf ein notwendiges Minimum bleiben. Eine Antwort auf die Frage, zu beschränken sind. Als Richtlinie gilt ob ein Tierversuch vertretbar ist, wird dabei das von W. Russell und R. Burch es dabei aus der hier vertretenen Per- bereits im Jahr 1959 formulierte 3 R-

Nicht humane Primaten wie diese Rhesusaffen verhalten sich ähnlich wie Menschen. Aus diesem Grund ist die Erforschung komplexer kognitiver Funktionen nur an diesen Arten möglich. , Howard Temin, Carleton Gajdusek, Baruch Blumberg 49 1975 Entdeckungen auf dem Gebiet der Wechselwirkungen 1976 Entdeckungen von neuen Mechanismen zwischen Tumorviren und dem genetischen Material der Zelle bei der Entstehung und Verbreitung von Infektionskrankheiten

Prinzip für Tierversuche. 3 R steht für Tieren Rechnung und verbessert darü- die drei Begriffe ber hinaus die Qualität der Versuchser- gebnisse. Forscherinnen und Forscher ► refi nement (Verfeinerung), sind dabei immer wieder neu gefordert, ► reduction (Verringerung) und ihre Methoden zu optimieren und an- ► replacement (Vermeidung). hand von objektiven Parametern, wie beispielsweise dem Verhalten der Tie- Ziel des Prinzips ist es, Tierversuche re, den Grad ihrer Beeinträchtigung wenn möglich zu vermeiden, ihre Zahl einzuschätzen. Dies setzt sowohl per- zu reduzieren und das Leid der Tie- sönliche Sensibilität als auch eine gute re in Versuchen auf das unerlässliche Ausbildung voraus. Maß zu beschränken. Die konsequen- te und verantwortungsvolle Umset- zung des 3 R-Prinzips trägt ethischen Refi nement Bedenken gegen die Verwendung von Die Verfeinerung von Tierversuchen hat zum Ziel, Tiere durch die For- schungsmaßnahmen möglichst wenig zu beeinträchtigen und zu belasten. Für diese Einschätzung ist das Krite- rium der Leidensfähigkeit von zen- traler Bedeutung. Die menschliche Verpfl ichtung zur Minimierung belas- tender Tierversuche muss sich wesent- lich danach richten, in welchem Maß Tiere aufgrund ihrer unterschiedlich ausgeprägten neuronalen Entwick- lungsniveaus leidensfähig sind. Für eine Abstufung des ethisch begründe- ten Tierschutzes kommt insbesondere der Eigenwahrnehmungsfähigkeit von Tieren Bedeutung zu. Besonders ge- schützt werden sollten demnach Tiere, denen aufgrund ihres Entwicklungs- standes besonders große Erlebnisfähig- keit zugeschrieben werden kann, wie zum Beispiel Primaten. Zu berücksich- tigen ist aber auch, dass bisweilen we- , , Rosalyn Yalow 50 1977 Hypothalamische Hormone

Alternativmethoden zum Tierversuch werden in Deutschland gefördert.

niger entwickelte Tiere mit größerem Stress auf eine Versuchsanordnung re- agieren als solche, die in der Lage sind, sich durch Training auf entsprechende Belastungen einzustellen.

Durch eine sorgfältige Auswahl der Tiermodelle, die Linderung von Schmerzen mittels Analgesie und An- ästhesie, die technische Verbesserung von Messverfahren sowie die Ent- wicklung von nicht invasiven Unter- suchungsmethoden wurden bei der Verfeinerung von Tierversuchen er- hebliche Fortschritte erzielt. Verbes- serte Haltungsbedingungen der Tiere, zum Beispiel durch eine artgerechte Anreicherung der Haltungsumwelt (das sogenannte „enrichment“), füh- ren darüber hinaus zu einem besse- ren Wohlbefi nden und einer höheren Lebensqualität der Versuchstiere. So erhalten beispielsweise Nager Nestbau- materialien, die ihre Thermoregulation unterstützen, oder Papierrollen, die ihnen als Rückzugsmöglichkeit dienen. Solche Verbesserungen liegen auch im Interesse der Forschung, weil sie die Reproduzierbarkeit von Versuchser- gebnissen verbessern.

Reduction

Zur Verringerung der Zahl von Ver- suchstieren tragen statistische und methodische Optimierungen bei. Dazu zählt neben einer sorgfältigen Aus- Godfrey Hounsfi eld, Allan Cormack , , George Snell 51 1979 Entwicklung der Computertomografi e 1980 Entdeckung genetisch bestimmter zellulärer Oberfl ächenstrukturen, von denen immunologische Reaktionen gesteuert werden

wahl geeigneter Tiermodelle und der in den zurückliegenden Jahrzehnten Prüfung der zwingend notwendigen erhebliche methodische Fortschritte Anzahl von Versuchstieren die konse- erzielt worden. Besonders auf dem quente Anwendung statistischer Ver- Gebiet der Arzneimittelprüfung und fahren. Auch die zentrale Registrierung bei der Entwicklung pharmakologi- und Erfassung von Ergebnissen aus scher Substanzen haben sie zu einer Tierversuchen kann diese reduzieren. Reduzierung der Versuchstierzahlen beigetragen. Dennoch können sie Tierversuche nicht vollständig erset- Replacement zen, weil die Komplexität des Gesamt- organismus – also das Zusammenwir- Das Replacement strebt an, Versuche ken von Organen und Geweben – in mit Tieren möglichst durch Alternativ- diesen isolierten, künstlichen Syste- methoden zu ersetzen oder sie gänzlich men nicht vollständig abgebildet wer- zu vermeiden. Wo es im Sinne der wis- den kann. Außerdem müssen auch für senschaftlichen Fragestellung möglich die Herstellung und Kultivierung von ist, wird auf einfache Organismen wie Organ- und Zellkulturen Tiere getötet Bakterien oder wirbellose Tiere, Zell- werden. und Gewebekulturen, Computermo- delle oder andere Ersatzmethoden zu- Ein weiterer Ansatz, Untersuchun- rückgegriffen. gen im lebenden Tier zu umgehen, kommt aus der regenerativen Medi- zin und nennt sich „body on a chip“. Alternativen zum Tierversuch Diese Methode wurde aus dem „Tis- sue Engineering“ oder „Bioprinting“ Häufi g werden Zelllinien verwendet, entwickelt, bei dem Ersatzorgane für die aus Tieren oder aus menschlichem den Menschen aus humanem Gewe- Gewebe gewonnen und dann in einer be gezüchtet und mit einem 3-D-Dru- Laborkultur weitergezüchtet werden. cker hergestellt werden. Diese Mini- Solche Versuchsmethoden außerhalb organe werden auf einem Mikrochip des Organismus, sogenannte „In-vit- platziert und durch ein künstliches ro-Verfahren“ (in vitro = im Glas), sind Erhaltungssystem versorgt. Sensoren von großer Bedeutung und werden auf dem Mikrochip messen Parameter intensiv genutzt, insbesondere bei der wie Temperatur und Sauerstoffgehalt Aufklärung von zellulären Prozessen der Organe und registrieren Verände- oder der Wirkung von Medikamenten rungen im System. „Body on a chip“ auf den Stoffwechsel von Zellen. Bei wird für die Prüfung von Toxizität der Arbeit mit In-vitro-Systemen sind oder pharmakologischen Eigenschaf- Roger Sperry, David Hubel, Bengt Samuelsson, , Sune Bergstrom 52 1981 Visuelle Informationsverarbeitung 1982 Entdeckung der Prostaglandine des Gehirns

ten biologischer und chemischer Sub- schungsaufgaben zum Thema Refi ne- stanzen genutzt. ment im Tierversuch und Entwicklung von Alternativmethoden übernehmen. Als Alternativmethode zum Tier- Einer dieser Bereiche ist die Zentral- versuch gewinnen auch sogenann- stelle zur Erfassung und Bewertung te „In-silico-Verfahren“ (in silico = im von Ersatz-und Ergänzungsmethoden Computer) immer mehr an Bedeu- zum Tierversuch (ZEBET). Sie hat die tung. Solche computergesteuerten behördliche Aufgabe, alternative Me- Analyse- und Simulationstechniken thoden zu Tierversuchen zu erfassen, werden unter anderem zur Risikoab- zu bewerten und nach Möglichkeit ihre schätzung eingesetzt, wenn es um die Anerkennung zu erreichen. Sie ist Aus- Verträglichkeit von Stoffen geht, oder kunftsstelle für Alternativmethoden zur theoretischen Modellierung von und erforscht und validiert auch selbst Lebensvorgängen. So werden in der tierversuchsfreie Verfahren, um diese Neurobiologie experimentelle Daten voranzutreiben. Die Validierung ist er- zunehmend in Computermodelle ein- forderlich, um eine Aufnahme in in- gespeist, um Funktionen des zentralen ternationale sicherheitstoxikologische Nervensystems darstellen und vorher- Prüfrichtlinien zu erlangen. sagen zu können. In der Ausbildung wird auf Computersimulationen zu- Auf europäischer Ebene wird diese rückgegriffen, um Studierenden kom- Aufgabe vom Europäischen Zentrum plexe biologische Zusammenhänge zur Validierung alternativer Methoden anschaulich zu vermitteln. Lernvideos (EURL-ECVAM) in Rom übernommen. zur Durchführung eines Tierversuchs Eine Vielzahl von Informationsquellen dienen als didaktische Hilfsmittel, die zu Alternativmethoden enthält dar- auf den Umgang mit lebenden Tieren über hinaus der Katalog „EURL EC- vorbereiten und zu einem verantwor- VAM SEARCH GUIDE – Good search tungsbewussten Umgang beitragen. practice on animal alternatives“, der für Mitarbeiterinnen und Mitarbei- Das Deutsche Zentrum zum Schutz von ter der Genehmigungsbehörden, für Versuchstieren (Bf3R) ist am Bundes- Tierschutzbeauftragte und tierexperi- institut für Risikobewertung in Berlin mentell arbeitende Wissenschaftlerin- angesiedelt und koordiniert bundes- nen und Wissenschaftler konzipiert ist. weit Bestrebungen zur Umsetzung und Ebenfalls werden im Anhang der euro- Förderung des 3 R-Prinzips. Zu diesem päischen Richtlinie EG 761/2009 und Zweck ist das Bf3R in mehrere Kompe- in den Richtlinien der Organisation für tenzbereiche untergliedert, die sowohl wirtschaftliche Zusammenarbeit und beratende Funktionen als auch For- Entwicklung (OECD) alle regulatorisch Niels Jerne, Georges Köhler, César Milstein 53 1984 Theorien über den spezifi schen Aufbau und die Steuerung des Immunsystems

Die Anzahl der Versuchstiere und ihre Belastungen deutlich zu verringern ist erklärtes Ziel der Forschung.

anerkannten Alternativmethoden auf- Foundation (ESF) 2011 in einem Posi- gelistet. Folgende Untersuchungen tionspapier zur EU-Richtlinie über den müssen innerhalb Europas nicht mehr Schutz der für wissenschaftliche Zwe- im Tierversuch durchgeführt werden, cke verwendeten Tiere Empfehlungen und zwar Tests auf: zum Umgang mit Versuchstieren zu- ► akute Toxizität sammengestellt. Hierin appelliert die ► Augenreizung ESF, das Prinzip der drei Rs anzuerken- ► Genotoxizität in Säugerzellen nen und zusätzlich gezielte Anstren- ► akute Phototoxizität gungen zu unternehmen, um Tierver- ► Hautverätzung suche zu verbessern und zu verringern. ► Hautreizung Auch die 2011 gegründete Basel Decla- ► Hautresorption ration Society (Basler Deklaration, sie- ► mutagene Eigenschaften he unten) und ihre Mitglieder oder das ► hormonell wirksame Eigenschaften. Forum Tierversuche in der Forschung haben sich verpfl ichtet, die 3 R-Regel Das 3 R-Prinzip fi ndet breite Unterstüt- und andere ethische Prinzipien über- zung in wissenschaftspolitischen Ini- all dort umzusetzen, wo Tiere zu For- tiativen. So hat die European Science schungszwecken verwendet werden. Michael Brown, Joseph Goldstein Rita Levi-Montalcini, Stanley Cohen 54 1985 Entdeckungen zur Regulierung 1986 Isolierung und Charakterisierung des Nervenwachs- des Cholesterin-Stoffwechsels tumsfaktors und des Epidermalen Wachstumsfaktors

Stellungnahmen des Forums zum The- in Ratten und Kaninchen durchgeführt ma „refi nement“ oder zur Einschät- werden. Die methodische Entwicklung zung von Belastungen sind für die Öf- zur Umsetzung des 3 R-Prinzips in der fentlichkeit zugänglich. Forschung wird darüber hinaus auch durch Förderprogramme des Bundes Auch der Verband Forschender Arznei- und der Länder unterstützt. Herausra- mittelhersteller (VFA) in Deutschland gende Fortschritte werden durch For- und seine Mitgliedsfi rmen setzen das schungspreise ausgezeichnet, wie zum 3 R-Prinzip um mit dem Ziel, die Zahl Beispiel dem Ursula M. Händel-Tier- der Versuchstiere zu reduzieren und schutzpreis der Deutschen Forschungs- Säugetiere durch weniger hoch entwi- gemeinschaft. ckelte Tierarten zu ersetzen. Dies betrifft In-vitro-Tests auf Hautreizung oder Tests auf mutagene Eigenschaften von Wirk- Grenzen von stoffen mit Fischembryonen, die sonst Alternativmethoden

Trotz hoffnungsvoller Perspektiven ha- An Zebrafi schembryonen können Wirkstoffe getestet und somit die Zahl an Versuchstieren ben die genannten Alternativmetho- reduziert werden. den einen gravierenden Nachteil: Der James Black, Gertrude Elion, George Hitchings 55 1987 Entdeckung der genetischen Grundlage für das 1988 Entdeckungen zu wichtigen biochemischen Entstehen des Variationsreichtums der Antikörper Prinzipien der Arzneimitteltherapie

Körper von Mensch und Tier besteht Organismus eine Wirkung entfalten. aus mehr als 200 unterschiedlich aus- Ohne den Einsatz von Tieren wäre differenzierten Zelltypen, deren Zu- zum Beispiel das synthetische Antibio- sammenspiel in Organen und Gewe- tikum Prontosil® in den 30er-Jahren beverbänden koordiniert wird. Diese des letzten Jahrhunderts niemals ent- Komplexität zu untersuchen, ist eine deckt worden. Während Prontosil® der wesentlichen Herausforderungen keine Wirkung in der Zellkultur zeig- der biomedizinischen Forschung und te, wurde nachgewiesen, dass es im kann nur am intakten Organismus er- lebenden Organismus sehr wohl stark folgen. Selbst wenn ein Medikament antibakteriell wirkt. Gerhard Domagk sich während seiner Entwicklung in erhielt dafür 1939 den Nobelpreis. der Zellkultur als brauchbar erwiesen hat, kann es sich in anderen Zelltypen Bei der chronischen Infektionskrank- als wirkungslos herausstellen oder zur heit Lepra ist es bislang nicht gelungen, Bildung von Abbauprodukten im Kör- das krankheitsauslösende Bakterium per führen, die in anderen Organen Mycobacterium lepra im Labor zu kulti- Schäden verursachen. Andersherum vieren. Man nimmt an, dass die hohe kann eine Substanz in der Zellkultur Umgebungstemperatur in den Zellkul- wirkungslos sein, aber im intakten turen das Wachstum hemmt. Daher kann diese Erkrankung nicht in Zell- kulturen erforscht werden. Dagegen begünstigt die niedrigere Körpertem- peratur von immundefi zienten Mäu- sen und Gürteltieren die Vermehrung des Bakteriums. Aus diesem Grund fi ndet die Erforschung von Lepra und möglichen Therapieansätzen derzeit ausschließlich am lebenden Tier statt.

Sowohl in der Grundlagenforschung als auch in der anwendungsorien- tierten Forschung werden Alternativ- methoden und Tierversuche heute in komplementärer Weise genutzt. Wäh- rend molekulare und zelluläre Einzel- aspekte von Lebensprozessen so weit wie möglich in vitro oder in silico un- tersucht werden, sind wissenschaftli- Michael Bishop, Harold Varmus , Donnall Thomas 56 1989 Entdeckung des zellularen Ursprungs 1990 Techniken der Organtrans- der potenziell krebserzeugenden Retroviren plantation im Menschen

che Arbeiten am Tier für das Verständ- entwickeln und dafür Sorge zu tragen, nis der komplexen Zusammenhänge dass die Weiterentwicklung zügig und im gesamten Organismus unersetzbar. effektiv implementiert wird. Zu die- Die sorgfältige und umsichtige Abwä- sem Zweck werden auf der Homepage gung und Auswahl der am besten ge- der Basel Declaration Society (www. eigneten Methoden bietet dabei die basel-declaration.org) die Grundim- Chance, die Anzahl der Versuchstiere pulse der Deklaration ständig konkre- und ihre Belastungen deutlich zu ver- tisiert und aktualisiert. mindern. Damit diese Selbstverpfl ichtungen der Deklaration keine leeren Versprechun- Die Basler Deklaration gen bleiben, haben die Unterzeich- nenden mehr Transparenz und Kom- Die 2010 verabschiedete Basler Dekla- munikation über den Zweck und die ration folgt dem skizzierten pathoinklu- Durchführung ihrer Tierversuche zu- siven Ansatz (siehe Seite 40ff.), der gesagt und hoffen, auf diese Weise zur tierexperimentelle Forschung nicht Vertrauensbildung in der Öffentlichkeit grundsätzlich verbietet, sie aber mög- und bei Entscheidungsträgern beizu- lichst reduzieren und für die Tiere tragen. Als vertrauensbildende Maß- so schonend wie möglich gestalten nahmen äußern sie ihre Bereitschaft, will. Analog zur Helsinki-Deklarati- Diskurse mit der Öffentlichkeit – auch on zu den „Ethischen Grundsätzen mit den Kritikern von tierexperimen- für die medizinische Forschung am teller Forschung – über den Sinn und Menschen“ (1964) verpfl ichten sich Zweck von Tierversuchen zu führen. die über 2500 Wissenschaftlerinnen Gerade in den konkretisierenden Wei- und Wissenschaftler, Wissenschafts- terschreibungen auf der Homepage der institute und -organisationen, die die Basel Declaration Society wird deutlich, Basler Deklaration bisher unterzeich- dass dieser Dialog keine Einbahnstraße net haben, auf Standards im Umgang darstellen darf, sondern vielmehr ein mit Versuchstieren. Jenseits weltan- wechselseitiges Aufeinander-Zugehen schaulicher Einstellungen halten die bedeutet. Von den Wissenschaftlerin- Unterzeichnenden fest, dass Tiere um nen und Wissenschaftlern und ihren ihrer selbst willen Achtung verdienen Institutionen wird daher proaktives und entsprechend artgerecht gehalten Handeln und die Bereitwilligkeit zum werden müssen. Das 3 R-Prinzip wird Dialog gefordert, die auch die ständige nicht nur ausdrücklich anerkannt, Bereitschaft einschließt, die eigenen sondern es wird darüber hinaus gefor- Labore für interessierte Journalistin- dert, dieses kontinuierlich weiterzu- nen und Journalisten zu öffnen. , Edmond Fischer, Edwin Krebs 57 1991 Entwicklung der Patch-Clamp-Technik 1992 Entdeckung der Mechanismen, welche die zur Messung an einzelnen Ionenkanälen Stoffwechselvorgänge in Organismen steuern

Mit der Basler Deklaration verpfl ichtet sich die Forschung selbst zu mehr Transparenz und Kommuni- kation im Umgang mit Tierversuchen.

Die Unterzeichnenden der Basler De- che und auf die Schonung der einge- klaration kritisieren den Umstand, setzten Tiere. dass die vielen human- und veteri- närmedizinischen Vorteile von tierex- Die Grenzen des Dialogs sind dort er- perimenteller Forschung stillschwei- reicht, wo zur Gewalt gegen Forschen- gend genutzt werden und gleichzeitig de oder Forschungseinrichtungen ge- diese Forschung fortlaufend diskre- griffen oder dazu aufgerufen wird. ditiert wird. Hier verlangen sie von Jenseits solcher Exzesse sehen die Un- einer selbstkritischen Öffentlichkeit terzeichnenden aber weiterhin eine im Sinne einer dialogischen Wech- gute Grundlage, tierexperimentelle selseitigkeit mehr Ehrlichkeit und Forschung nach dem pathoinklusiven Kohärenz in Einstellung und Argu- Ansatz sachlich und kommunikativ zu mentation. Sie signalisieren zugleich verantworten. Diese Aufgabe versteht die Bereitschaft, sich selbst kritisch sich aus einem Ethos der Wissenschaft, infrage stellen zu lassen und effektive die sich als Teil der Gesellschaft begreift Fortschritte zu machen – im Hinblick und daher bereit ist, über ihr Tun Re- auf eine Reduzierung der Tierversu- chenschaft abzulegen. § Richard Roberts, Phillip Sharp 59 1993 Identifi zierung des diskontinuierlichen Aufbaus einiger Erbanlagen von Zellorganismen

Tierversuche in Deutschland: Vom Antrag bis zur Durchführung

Europäische Regelungen für setz entspricht für den Bereich Tier- Tierversuche versuche diesen Richtlinien des Euro- parates. Deutschland ist Teil der Europäischen Union (EU) und unterliegt damit der Auch das Vertragsrecht der Euro- EU-Gesetzgebung. Diese umfasst auch päischen Union (EU) enthält eine die rechtlichen Rahmenbedingungen Gemeinschaftskompetenz für den für die Durchführung von Tierversu- Tierschutz unter dem Aspekt des Um- chen. Tierversuche sind im Jahr 2010 weltschutzes (Artikel 191 AEUV). Im durch den Erlass einer Richtlinie für Vertrag von Amsterdam vom 2. Okto- alle Mitglieder der EU (2010/63/EU) ber 1997 ist als Nummer 10 das „Pro- neu und einheitlich geregelt worden. tokoll über den Tierschutz und das Die Tierschutznormen der EU zählen Wohlergehen der Tiere“ verabschiedet zu den strengsten weltweit. worden, das verbindlicher Teil des Pri- märrechts der Gemeinschaft ist. Darin Der Europarat „hat zur Aufgabe, eine wird der Wunsch formuliert, dass der engere Verbindung zwischen seinen Tierschutz verbessert und das Wohl- Mitgliedern zum Schutze und zur För- ergehen der Tiere als fühlende Wesen derung der Ideale und Grundsätze, die berücksichtigt wird. ihr gemeinsames Erbe bilden, her- zustellen und ihren wirtschaftlichen Auch die Vergabe von Forschungs- und sozialen Fortschritt zu fördern“. mitteln knüpft die EU grundsätzlich So steht es in Artikel 1 seiner Satzung an qualitativ hochstehende Tierver- vom 5. Mai 1949. Zu seinen Aufgaben suchsstandards. Das Gleiche erwartet gehört der Umweltschutz, der auch sie auch von ihren Mitgliedstaaten den Tierschutz beinhaltet. In diesem bei deren Vergabe von Forschungs- Zusammenhang wurde das „Europä- mitteln. Der Zugriff auf das Thema ische Übereinkommen zum Schutz „Tierversuche“ geschieht demnach der für Versuche und andere wissen- mittels der Rechtsangleichungskom- schaftliche Zwecke verwendeten Wir- petenz der EU. Auf dieser Basis hat beltiere” vom 18. März 1986 erlassen. sie die „Richtlinie 2010/63/EU des Als multilateraler völkerrechtlicher Europäischen Parlaments und des Vertrag bedarf das Übereinkommen Rates vom 22. September 2010 zum der Ratifi kation. Mit dem Zustim- Schutz der für wissenschaftliche mungsgesetz vom 11. Dezember 1990 Zwecke verwendeten Tiere“ erlassen. (BGBl. 1991 II, Seite 740) ist das Ab- Deutschland hat diese Richtlinie am kommen für Deutschland verbindlich 4. Juli 2013 in einer Neufassung des geworden. Das deutsche Tierschutzge- Tierschutzgesetzes umgesetzt. Alfred Gilman, Edward Lewis, Christiane Nüsslein-Volhard, Eric Wieschaus 60 1994 Entdeckung der Zellkommunikation und 1995 Forschung über die genetische Kontrolle im Speziellen Entdeckung der G-Proteine der frühen Embryonalentwicklung

Tierversuche unter sungsrechtliche Rechtfertigung liefert Genehmigungsvorbehalt seit dem Juli 2002 die Ergänzung des Artikel 20a des Grundgesetzes: „Der Tierversuche dürfen nur durchgeführt Staat schützt auch in Verantwortung werden, wenn sie von den zustän- für die künftigen Generationen die digen Behörden genehmigt wurden. natürlichen Lebensgrundlagen und Das ist vergleichbar mit einer Bauge- die Tiere im Rahmen der verfassungs- nehmigung oder einer Lizenz für den mäßigen Ordnung durch die Gesetz- Betrieb einer Gaststätte. Tierversuche gebung und nach Maßgabe von Ge- unterliegen somit einem präventiven setz und Recht durch die vollziehende Verbot. Das bedeutet, dass sie prinzi- Gewalt und die Rechtsprechung.“ Mit piell verboten sind und nur im Einzel- der Ergänzung „und die Tiere“ ist klar- fall, wenn die gesetzlichen Vorausset- gestellt, dass das Tierschutzgesetz die zungen vorliegen, erlaubt werden. Die Forschungsfreiheit verfassungsgerecht Genehmigungsbehörden prüfen also begrenzen kann. bei jedem Tierversuchsantrag, ob die umfangreichen gesetzlichen Bestim- Sachlich-rechtlich ändert sich an mungen eingehalten werden und ob den geltenden Regelungen allerdings die Notwendigkeit der Tierversuche nichts. Da der Schutz der Tiere ein nachvollziehbar begründet ist. Staatsziel im Rahmen der verfassungs- mäßigen Ordnung ist, bleibt es exklu- Besonders die letztgenannte Aufl age sive Aufgabe des Gesetzgebers, den verweist dabei auf den nicht aufzu- Einklang von Forschungsfreiheit und lösenden Konfl ikt mit einem funda- Tierschutz herzustellen. Diese Aufgabe mentalen Recht, das durch das prä- hat der Gesetzgeber auch bisher schon ventive Verbot eingeschränkt wird: wirkungsvoll im Tierschutzgesetz und der im Grundgesetz garantierten den Verordnungen vorgenommen. Freiheit der Wissenschaft. Eingriffe in dieses Recht bedürfen nach der Sys- tematik des gesetzlichen Grundrechts- Rechtliche Grundlagen schutzes der besonderen Rechtferti- gung. Für Grundrechte, die – wie die Da Tierversuche einer Genehmigung Wissenschaftsfreiheit – keinen Vor- bedürfen, muss klar defi niert sein, was behalt für den Gesetzgeber vorsehen, unter einem Tierversuch zu verstehen ist eine Intervention durch Gesetze ist. Die Defi nition orientiert sich an nur zulässig, wenn dies zugunsten der zentralen Zweckbestimmung des von verfassungsrechtlich geschützten Gesetzes, wie ihn §1 Tierschutzgesetz Rechtsgütern geschieht. Die verfas- festlegt: „(…) Niemand darf einem Tier Peter Doherty, Rolf Zinkernagel Stanley Prusiner 61 1996 Entdeckung, wie das Immunsystem 1997 Entdeckung und Charakterisierung virusinfi zierte Zellen erkennt der Prionen

ohne vernünftigen Grund Schmerzen, ► grundsätzlich unzulässigen (grund- Leiden oder Schäden zufügen“. sätzlich verbotenen) Zwecken.

Alle Untersuchungen oder Eingriffe Zulässig sind Tierversuche, wenn sie zu an Tieren, die mit Schmerzen, Leiden einem der folgenden Zwecke unerläss- oder Schäden verbunden sein kön- lich sind, zum Beispiel: nen, gelten deshalb als Tierversuch und sind genehmigungspfl ichtig. In ► in der Grundlagenforschung der Forschung sind sie nur dann ge- rechtfertigt, wenn ausschließlich auf ► zur Vorbeugung, Erkennung oder diesem Weg neue Erkenntnisse ge- Behandlung von Krankheiten, zum wonnen werden können. Der Gewinn Erkennen physiologischer Zustände neuer Erkenntnisse ist damit auch bei Menschen und Tieren der gesetzlich geforderte vernünftige Grund für die Forschung an Tieren. ► zur Förderung des Wohlbefi ndens und zur Verbesserung der Haltung Die EU-Richtlinie geht über diese In- von landwirtschaftlichen Nutztie- terpretation hinaus und defi niert je- ren des Verfahren, bei dem Tiere in der Wissenschaft eingesetzt werden, als ► zur Erhaltung der Art ein genehmigungspfl ichtiges Vorhaben. Diese Defi nition wurde ins deutsche ► zum Schutz der Umwelt im Interesse Tierschutzgesetz übernommen. Als der Gesundheit oder des Wohlerge- Konsequenz daraus stieg die Zahl der hens von Menschen und Tieren Anträge zur Genehmigung von Tier- versuchen in Deutschland stark an. ► bei der Qualitätssicherung, Wirk- samkeitsprüfung und Unbedenk- Der Gewinn neuer Erkenntnisse ist lichkeitsprüfung von Arzneimitteln, zwar die Triebfeder der Forschung, Lebensmitteln, Pfl anzenschutzmit- reicht aber als alleiniger Grund nicht teln, Chemikalien und Gefahrstoffen aus, um einen Tierversuch zu geneh- migen. Denn das Tierversuchsrecht ► für gerichtsmedizinische Untersu- unterscheidet zwischen chungen

► zulässigen (unerlässlichen) Ver- ► in der Aus-, Fort- oder Weiterbildung. suchszwecken, Absolut unzulässig, also stets verboten, ► unzulässigen (verbotenen) und sind Tierversuche zur Entwicklung Robert Furchgott, , 62 1998 Erkenntnisse über den sekundären Botenstoff Stick- stoffmonoxid und seine Rolle im Kardiovaskularsystem

oder Erprobung von Waffen, Muniti- suchs über den Stand der Forschung on und dazugehörigem Gerät. informieren und abwägen, ob das Vorhaben über die bereits vorhan- Grundsätzlich unzulässig und verbo- denen Erkenntnisse hinausführen ten (mit der Möglichkeit, Ausnahmen kann. „Unerlässlich” ist ein Versuch zuzulassen) sind Tierversuche zur nur, wenn es, gemessen am verfolg- Entwicklung von Tabakerzeugnissen, ten Zweck, keine gleichwertige Alter- Waschmitteln und Kosmetika. native gibt. Daher muss geprüft wer- den, ob es unter Berücksichtigung des erreichten Standes der wissen- Was bedeutet aus rechtlicher Sicht schaftlichen Erkenntnis kein anderes „unerlässlich”? Verfahren gibt, das den Verzicht auf den Tierversuch ermöglicht. Es geht Von den Forschenden wird erwartet, hierbei um alle anerkannten Ergeb- dass sie sich bei der Planung des Ver- nisse, wobei auch Minderheitsmei-

In der EU dürfen seit 2013 keine Kosmetikprodukte mehr verkauft werden, die mithilfe von Tier- versuchen hergestellt wurden. Günter Blobel 63 1999 Entdeckung der Signalpeptide

nungen anerkannt werden, sofern beantwortet worden – um gesundheit- sie den wissenschaftlichen Standards liche Risiken zu vermeiden und den genügen. Menschen und die Umwelt zu schüt- zen. Auch in diesem Bereich gilt aber Die Unerlässlichkeit ist nicht nur für selbstverständlich die gesetzliche An- die Frage der Zulässigkeit des Tier- forderung, die Belastungen für die Tie- versuchs („ob“), sondern auch für die re so gering wie möglich zu halten. konkrete Durchführung („wie“) zu prüfen. Für beides gilt das 3 R-Prinzip (siehe Seite 48ff.). Genehmigungsverfahren

Bevor ein Tierversuch durchgeführt Was bedeutet aus rechtlicher Sicht werden kann, muss dieser den zustän- „ethisch vertretbar”? digen Behörden gemeldet und von diesen genehmigt werden. Im Antrag Bei der Frage der ethischen Vertret- muss das geplante Versuchsvorhaben barkeit geht es um die Abwägung der umfassend wissenschaftlich begründet Belastungen für das Tier während des und nachgewiesen werden, dass die Versuchs und um die Frage, ob der personellen und räumlichen/techni- wissenschaftliche Erkenntnisgewinn schen Voraussetzungen für eine erfolg- diese rechtfertigt. Das ist im Einzelfall reiche Durchführung des Vorhabens eine schwierige Entscheidung, da der gegeben sind. Das Verfahren besteht Nutzen von Erkenntnissen etwa in der aus einer Prüfung auf drei Ebenen, Grundlagenforschung nicht vorherseh- welche darüber entscheidet, ob den bar und die Belastung von Versuchstie- Antragstellern die Erlaubnis erteilt oder ren nur schwer quantifi zierbar ist. versagt werden kann.

In einigen Bereichen sind Tierversuche 1. Vorhabenbezogen: Das Projekt muss hingegen gesetzlich vorgeschrieben. wissenschaftlich begründet werden, Dazu zählen das Arzneimittelrecht, und die Unerlässlichkeit sowie die die Gefahrstoffverordnung, die Pfl an- ethische Vertretbarkeit müssen darge- zenschutzmittelverordnung oder das legt werden. Darüber hinaus darf das Umweltrecht. In diesen Fällen kann angestrebte Versuchsergebnis nicht die Frage, ob ein Tierversuch ethisch bereits greifbar sein. Die Beurteilung vertretbar ist, nicht im Rahmen des unterliegt den zuständigen Behörden Genehmigungsverfahrens geklärt wer- (Ministerien oder Regierungspräsi- den. Sie ist vom Gesetzgeber und damit dien der Länder). Sie prüfen, ob die für die Gesellschaft bereits im Vorfeld Angaben im Antrag schlüssig sind Eric Kandel, Paul Greengard, Arvid Carlsson Leland Hartwell, Timothy Hunt, 64 2000 Entdeckungen betreffend der 2001 Entdeckung maßgeblicher Regulatoren Signalübertragung im Nervensystem für den Ablauf der Zellteilung

(sogenannte Plausibilitätsprüfung). rückblickende Bewertung ein. Sollten Die Behörde darf bei ihrer Entschei- Verstöße festgestellt werden, können dung nicht ihre eigenen Ansichten in begründeten Fällen Bußgelder in über den Wert des Versuchszwecks Höhe von bis zu 25 000,- Euro oder an die Stelle der wissenschaftlich be- Freiheitsstrafen verhängt werden. Ein gründeten Darlegung setzen. Verbot der Versuchsdurchführung und ein Tierhaltungsverbot sind ebenfalls 2. Personenbezogen: Die verantwort- möglich. liche Leiterin bzw. der verantwort- liche Leiter des Versuchsvorhabens und deren Stellvertretung müssen Durchführung von die erforderliche fachliche Eignung Tierversuchen besitzen und persönlich zuverläs- sig sein, das heißt, sie dürfen in der Bei der Versuchsdurchführung wirkt Vergangenheit nicht gegen das Tier- sich der Grundsatz der Unerlässlichkeit schutzgesetz verstoßen haben. erneut aus. Die Zahl der verwende- ten Tiere und die den Tieren zugefüg- 3. Anlagenbezogen: Die baulichen und ten Schmerzen, Leiden und Schäden personellen Voraussetzungen zur müssen auf das unerlässliche Maß be- Durchführung eines Tierversuchs schränkt werden. Auch hier folgt man müssen gewährleistet sein. Hierzu dem 3 R-Prinzip (siehe Seite 48ff.). gehören qualifi zierte Tierpfl egerin- Grundsätzlich gilt: nen und Tierpfl eger, geeignete Tier- haltungsräume und die Benennung ► Es sollen nach Möglichkeit solche einer oder eines Tierschutzbeauf- Tierarten ausgewählt werden, die un- tragten. Bei der Tierhaltung wird ter den Anforderungen der geplan- darauf geachtet, dass Versuchstiere ten Versuche möglichst wenig leiden. art- und bedürfnisgerecht unterge- Mäuse und Ratten sind die bevor- bracht sind und ihre medizinische zugten Versuchstiere, da sie beispiels- Versorgung sichergestellt ist. weise die Haltung im Käfi g tolerieren und sich schnell reproduzieren. Liegen alle Voraussetzungen vor, so muss die Genehmigung erteilt werden. ► Versuchstiere müssen speziell für Sie ist befristet und kann mit Aufl a- Versuchszwecke gezüchtet werden, gen versehen werden. Bei schwer be- um die Vergleichbarkeit der Ergeb- lastenden Versuchen und Versuchen nisse zu ermöglichen. Diese Be- mit Primaten fordert die Behörde schränkung gilt nicht für landwirt- nach Abschluss des Vorhabens eine schaftliche Nutztiere. Sollten andere , Robert Horvitz, Peter Mansfi eld, 65 2002 Forschung auf dem Gebiet der genetischen Regulierung 2003 Entdeckungen im Zusammenhang mit der Organentwicklung und des programmierten Zellsterbens der Magnetresonanztomografi e

Wildtiere wie dieser Feldhamster stehen unter besonderem Schutz, die Forschung mit ihnen unterliegt strengen Voraussetzungen.

Tiere für ein Vorhaben benötigt wer- ► Schmerzhafte Eingriffe wie Ope- den, so ist dies ausdrücklich zu be- rationen dürfen nur unter Betäu- gründen, dies gilt speziell für Wild- bung durchgeführt werden. Wenn tiere und artgeschützte Tiere. nach Abklingen der Betäubung mit Schmerzen zu rechnen ist, müssen ► Primaten stehen unter einem beson- zusätzliche schmerzlindernde Maß- deren Schutz. Ihr Einsatz ist streng nahmen ergriffen werden. Generell begrenzt und mit besonders hohen ist durch solche Maßnahmen, die technischen und personellen Anfor- schon bei der Versuchsplanung zu derungen an die Haltung verbunden. berücksichtigen sind, sicherzustel- , Linda Buck , 66 2004 Forschung zu Geruchsrezeptoren und der 2005 Entdeckung von Helicobacter-pylori-Bakterien und Organisation des olfaktorischen Systems deren Rolle bei Magengeschwüren und Magenkrebs

Beagle gelten als robust, gutmütig und ausgeglichen – deshalb sind sie die am häufi gsten in der Forschung eingesetzte Hunderasse. Alle Personen, die mit Tieren in der Forschung arbeiten, müssen sachkundig und geschult sein und sich kontinuierlich weiterbilden – das ist gesetzlich vorgeschrieben.

len, dass Schmerzen und Leiden auf denen schweres Leiden länger andau- ein Minimum beschränkt werden. ert und nicht minimiert werden kann, sind grundsätzlich verboten. Sollten ► Schwer belastende Eingriffe dürfen derartige Versuche zwingend erfor- nicht mehr als einmal an einem Wir- derlich sein, so muss dies mit EU-Be- beltier durchgeführt werden. hörden abgestimmt werden. Die lo- kalen Behörden können ein solches ► Der Einsatz von Menschenaffen sowie Vorhaben vorläufi g zulassen. Darüber die Durchführung von Versuchen, bei muss aber das zuständige Bundesmi- , , , 67 2006 Entdeckung der RNA-Interferenz 2007 Forschung zur Knockout-Maus

nisterium für Ernährung und Land- Nach deutschem Recht dürfen Tierver- wirtschaft (BMEL) informiert und die suche nur von Personen durchgeführt Entscheidung begründet werden. Das werden, die die dafür erforderlichen Bundesministerium legt diesen Fall Kenntnisse und Fähigkeiten besit- unverzüglich der EU-Kommission zen. Dies sind zum einen Medizine- vor, die wiederum innerhalb einer rinnen und Mediziner (Veterinärme- Frist von 30 Tagen die vorläufi ge Zu- dizin, Humanmedizin, Zahnmedizin) lassung aufheben kann. oder Naturwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler mit abgeschlossenem ► Am Versuchsende entscheidet ein Hochschulstudium, zum anderen Per- Tierarzt – oder bei Kleinnagern eine sonen mit einer berufsbezogenen qua- andere sachkundige Person – darüber, lifi zierten Ausbildung, die individuell ob das Tier am Leben bleiben kann. nachgeprüft wird. Dies sind zum Bei- Könnten die Versuchstiere nur unter spiel speziell geschulte biologisch-tech- Schmerzen oder mit Schäden weiter- nische Assistentinnen und Assistenten leben, so werden sie schmerzfrei ge- oder Labortierpfl egerinnen und -pfl e- tötet. Wenn sie gesundheitlich wieder ger. Operative Eingriffe dürfen nur von völlig hergestellt sind, können sie an der erstgenannten Personengruppe mit Privatpersonen abgegeben oder – im den erforderlichen Kenntnissen und Falle von Wildtieren – ausgewildert Fähigkeiten durchgeführt werden. werden. Voraussetzung ist, dass sie in ein geeignetes Haltungssystem oder einen geeigneten Lebensraum über- Wie erfolgt die Ausbildung? führt werden. Es muss dabei aber sichergestellt sein, dass sich die Tie- Das Ausbildungsangebot im Bereich der re an die neue Situation gewöhnen experimentellen Versuchstierkunde ist können und dass von ihnen keine an den Universitäten sehr unterschied- Gefahr ausgeht. lich. Feste, rechtsverbindliche Ausbil- dungspläne für alle Bundesländer lie- gen nicht vor. In der Regel wird den Wer darf Tierversuche durchführen? Studierenden das erforderliche Wissen im Rahmen vertiefender Praktika und Wichtigster Garant für die qualifi zierte Vorlesungen an den Universitäten oder Durchführung von Tierversuchen sind durch Kursangebote von wissenschaft- gut ausgebildete, umsichtige und für lichen Gesellschaften vermittelt. Für das Tier sensibilisierte Wissenschaftle- die Ausbildung kann man sich an den rinnen und Wissenschaftler sowie Tier- Empfehlungen des Europarates zur pfl egerinnen und Tierpfl eger. Aus-, Fort- und Weiterbildung von Per- Harald zur Hausen, Françoise Barré-Sinoussi, , Carol Greider, Jack Szostak 68 2008 Die Rolle von HPV und HIV bei 2009 Entdeckungen auf dem Gebiet der der Entstehung von Krankheiten Telomer- und Telomeraseforschung

sonen, die mit Versuchstieren arbeiten, ten. Bei Hunden, Katzen und Primaten orientieren. Diese Empfehlungen ba- sind zusätzlich das Geschlecht, eine an sieren auf Vorschlägen der internatio- dem Tier vorgenommene Kennzeich- nalen Fachgesellschaft FELASA (Fede- nung sowie die erfolgten Behandlun- ration of European Laboratory Animal gen zu dokumentieren, sodass der Le- Science Associations, London). Je nach bensweg der Tiere von der Geburt bis Aufgabenumfang der Personen umfasst zum Versuch und auch darüber hinaus die Ausbildung bis zu 80 Stunden. nachverfolgt werden kann.

Die DFG empfi ehlt, solche Angebote Die interne Kontrolle wird durch Tier- wahrzunehmen und kann Weiterbil- schutzbeauftragte, in der Regel eine dungsveranstaltungen für Wissen- entsprechend qualifi zierte Tierärztin schaftlerinnen und Wissenschaftler beziehungsweise ein qualifi zierter Tier- fi nanziell unterstützen. Zahlreiche arzt, durchgeführt. Sie überprüfen und Universitäten führen Kurse durch, die nehmen zu den Tierversuchsanträgen durch die Gesellschaft für Versuchs- Stellung. Außerdem beraten sie die For- tierkunde (GV-SOLAS) zertifi ziert sind. scherinnen und Forscher und wirken Ergänzt wird dieses Angebot durch die innerbetrieblich auf die Umsetzung des Onlineplattform www.las-interactive.de. 3 R-Prinzips ein. Tierschutzbeauftragte Diese steht für die begleitende theore- sind bei der Erfüllung ihrer Aufgaben tische Aus-, Fort- und Weiterbildung weisungsfrei und übernehmen auch in Versuchstierkunde allen Hochschu- die tierärztliche Versorgung der Tiere. len und Forschungseinrichtungen zur In ihrer Tätigkeit werden sie durch den Verfügung und wird von der DFG ge- Tierschutzausschuss unterstützt, der vor fördert. allem beratende Funktion hat.

Neben dieser internen Kontrolle un- Qualifi zierte Überwachung terliegen Einrichtungen, in denen Tierversuche durchgeführt werden, Eine effektive Kontrolle von Tierversu- der Kontrolle durch die zuständigen chen durch die Behörden setzt die Do- Veterinärämter. Diese können ohne kumentation des Versuchsgeschehens Ankündigung Einsicht in die Unter- voraus. Deshalb müssen Art und Wei- lagen verlangen und Proben nehmen. se des Versuchs aufgezeichnet werden. Wenn Verstöße festgestellt wurden, Diese Dokumentation muss die Anzahl können die Ämter ebenfalls die not- der Tiere, die Tierart sowie die Eingriffe wendigen Anordnungen treffen. Dazu und die Namen der Personen, die die gehört unter anderem die Anordnung, Versuche durchgeführt haben, enthal- Tierversuche einzustellen, die ohne Robert Edwards Jules Hoffmann, , Ralph Steinman 69 2010 Entwicklung der 2011 Entdeckungen auf dem Gebiet der In-vitro-Fertilisation angeborenen und erworbenen Immunität

Wissen schützt Tiere – so lautet das Motto des Informations- und Schulungsportals LAS interactive. LAS steht für Laboratory Animal Science.

die erforderliche Genehmigung oder Belastungen für die Tiere entgegen einem tierschutzrechtlichen Verbot durchgeführt wurden. Verstö- Wirbeltiere haben nach dem heutigen ße gegen die Vorschriften gelten als Wissensstand ein ähnliches Schmerz- Ordnungswidrigkeiten, im Extremfall empfi nden wie Menschen. Verhaltens- sogar als Straftat. reaktionen von Tieren lassen vermuten, John Gurdon, , , Thomas Südhof 70 2012 Entdeckung, dass ausgereifte Zellen in 2013 Entdeckung des Steuerungssystems für den Stammzellen verwandelt werden können Transport und die Zustellung von zellulärer Fracht

dass sie Schmerzen nicht nur wahrneh- und des Allgemeinzustands auftreten men, sondern dass sie auch subjektiv da- oder wenn zu erwarten ist, dass kurz- runter leiden. Diesen Umstand berück- zeitig geringe Schmerzen, Leiden oder sichtigt der Gesetzgeber, indem er bei Ängste verursacht werden. Solche Be- der Genehmigung eines Tierversuchs handlungen würden auch beim Men- fordert, die Folgen für das Tier einzu- schen in der ärztlichen Praxis ohne schätzen. Für die Beurteilung der Belas- Anästhesie oder Schutzmaßnahmen tung sind sowohl die Versuchsdauer, die erfolgen. Hierunter fallen beispielswei- Häufi gkeit der Eingriffe, die Intensität, se Injektionen oder Blutentnahmen. Dauer und Häufi gkeit des Schmerzes sowie die Beeinfl ussung des natürlichen Verfahren, die nach menschlichem Er- Verhaltens zu berücksichtigen. messen unangenehm sind, werden als mittlere Belastung eingestuft. Hierbei Viele Manipulationen am Tier können werden sowohl das Befi nden als auch durch geeignete begleitende Maßnah- der Schmerz des Tieres berücksichtigt. men minimiert werden. So sind die Operative Eingriffe unter Narkose mit Gabe von Schmerzmitteln und optima- geringen Folgebelastungen, wie zum le Haltungs- und Pfl egebedingungen Beispiel das Legen eines Dauerkathe- maßgeblich für das Wohlbefi nden und ters, fallen hierunter. das Ausbleiben von Schmerzen und Angstzuständen. Eine schwere Belastung wäre eine Or- gantransplantation, bei der zu erwar- Die Belastung von Tieren wird in vier ten ist, dass die Abstoßung des Organs Kategorien eingeteilt: „keine Wieder- zu schweren Beeinträchtigungen des herstellung der Lebensfunktion“, „ge- Allgemeinzustands des Tieres führt. Fi- ring“, „mittel“ oder „schwer“. nale Wirksamkeitstests von Impfstof- fen und akute Toxizitätstests gehören Versuche, die gänzlich unter Vollnar- ebenfalls in diese Kategorie. kose durchgeführt werden und aus der das Tier nicht mehr erwacht, gelten als Es ist grundsätzlich schwierig, Be- belastungsfrei. Diese Versuche werden lastungen einzuschätzen, da Belas- als „keine Wiederherstellung der Le- tungsschwankungen innerhalb eines bensfunktion“ in einer eigenen Katego- Versuchsvorhabens, artspezifi sche Re- rie geführt. aktionsunterschiede und emotionale Zustände eines Tieres angemessen be- Als gering belastend werden Eingriffe rücksichtigt werden müssen. Starke bezeichnet, wenn keine wesentlichen Belastungen oder Angstzustände von Beeinträchtigungen des Wohlergehens Versuchstieren, auch soziale Faktoren, May-Britt und , John O'Keefe William Campbell, Satoshi Omura, Youyou Tu 71 2014 Räumliche Orientierung 2015 Antiparasitika (Wirkstoffe gegen Malaria und Wurm-Krankheiten)

Artikel 20a GG

„Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfas- sungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“ können erhebliche Auswirkungen auf kutiert. Mit der Anfechtungsklage wird das Versuchsergebnis haben. Um aus- eine beklagte Behördenentscheidung sagekräftige Ergebnisse zu bekommen, korrigiert, wohingegen mit der Fest- ist es deshalb unerlässlich, dass sich die stellungsklage das Vorhaben auf seine Versuchstiere in einem physiologischen Rechtmäßigkeit überprüft werden soll, Normalzustand befi nden, also nach ohne dabei auf das beklagte Verfahren Möglichkeit schmerz- und angstfrei le- selbst einzuwirken. ben. Wissenschaftliches Interesse und Tierschutz sind deshalb kein Gegensatz, Darüber, ob die Verbandsklage auf Lan- sondern bedingen sich gegenseitig. desebene überhaupt rechtlich möglich ist, gehen die Meinungen auseinander. Der Tierschutz fällt in den Bereich der Die Tierschutz-Verbandsklage konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes. Die Länder haben die Befug- Tierschutzverbände fordern seit Langem nis zur Gesetzgebung nur insoweit, als die Verbandsklage, um dem Schutz der der Bund von seiner Zuständigkeit kei- Tiere, die ihre Rechte nicht einklagen nen Gebrauch macht. Der Bund hat können, noch mehr Gewicht gegen- jedoch bereits 1972 das derzeit gültige über den Ansprüchen der Menschen Tierschutzgesetz verabschiedet. Im Juni zu verleihen. Begründet wird dies mit 2013 hat sich der Ausschuss für Er- der Grundgesetzerweiterung (Artikel nährung, Landwirtschaft und Verbrau- 20a Grundgesetz). Als Vorbild dient das cherschutz des Deutschen Bundestages Verbandsklagerecht im Umweltschutz: mehrheitlich gegen einen Antrag zur Hier können Umweltschutzorganisatio- Einführung des Verbandsklagerechts für nen klagen, wenn gegen Umweltrecht Tierschutzverbände auf Bundesebene verstoßen wird. Zurzeit werden auf ausgesprochen. Er begründet dies mit Länderebene die Möglichkeiten der An- bereits bestehenden, umfassenden ge- fechtungs- oder Feststellungsklage dis- setzlichen Regelungen des Tierschutzes. Anhang 73

Fragen und Antworten (FAQs)

Frage (F): Werden in Deutschland Tier- F: Werden für Kosmetika immer noch versuche durchgeführt, die sinnlos und Tierversuche durchgeführt? unnötig sind? A: Bereits seit 1998 sind Tierversuche Antwort (A): Die Durchführung von un- in Deutschland verboten, um Kosme- nötigen Tierversuchen ist in Deutsch- tika zu prüfen. Seit 2004 dürfen inner- land aufgrund der strengen gesetzli- halb der EU keine Tierversuche mehr chen Regelungen rechtswidrig. Jeder für kosmetische Fertigprodukte durch- Tierversuch muss bei der zuständigen geführt werden. Seit Juli 2013 gilt zu- Behörde beantragt und genehmigt dem die Beschränkung, dass innerhalb werden, bevor er durchgeführt wer- der EU keine Tierversuche zur Prü- den kann. Im Genehmigungsverfah- fung von Inhaltsstoffen von Kosmetika ren werden Tierschutzbelange, die durchgeführt werden dürfen. Unerlässlichkeit des Versuchs sowie die ethische Vertretbarkeit der Versu- che durch eine Tierschutzkommission F: Werden in Deutschland Tierversuche geprüft, in der auch Vertreterinnen mit Menschenaffen durchgeführt? und Vertreter von Tierschutzorganisa- tionen mitarbeiten. A: Versuche mit Menschenaffen wer- den in Deutschland seit 1991 nicht mehr durchgeführt. Ihr Einsatz ist F: Werden Versuchstiere der Willkür der grundsätzlich verboten und darf nur Forschenden ausgesetzt? in Ausnahmefällen (zum Beispiel bei lebensbedrohlichen Krankheiten) ge- A: Jeder Tierversuchsantrag wird hin- nehmigt werden. Über solche Versuche sichtlich der Belastung der Tiere ge- muss die Europäische Kommission in- prüft und durch die zuständige Be- formiert werden. hörde kontrolliert. Forscherinnen und Forscher, die tierexperimentell arbei- F: Werden in Deutschland streunende ten, müssen dafür ausgebildet sein. In und verwilderte Hunde und Katzen ge- entsprechenden Kursen werden die fangen und in Tierversuchen eingesetzt? erforderlichen Kenntnisse und Fähig- keiten vermittelt, um das Wohl des A: Der Einsatz von streunenden und Tieres zu schützen und Schmerzen verwilderten Hunden und Katzen ist und Leiden zu minimieren. Darüber grundsätzlich verboten. Tierversuche hinaus überwachen an den jeweili- sind nur genehmigungsfähig, wenn gen Einrichtungen beschäftigte Tier- die Herkunft und der gesundheitliche schutzbeauftragte die Versuche. Zustand der Tiere bekannt sind. Nur in 74

Ausnahmefällen darf an verwilderten Menschen interpretiert werden. Eine Populationen geforscht werden, um direkte Übertragbarkeit ist im Allge- damit die Haustierbestände vor Seu- meinen nicht zu erwarten. Dies trifft chen zu schützen. Dies betrifft aber nur aber auch auf Ergebnisse aus Human- die osteuropäischen Länder der EU, wo studien zu, die ebenso wenig direkt es nach wie vor große Populationen an auf jeden Menschen anwendbar sind, verwilderten Haustieren gibt, die eine da jeder Mensch ein Individuum mit potenzielle Gefahr für andere Tiere eigener Anatomie, Physiologie und darstellen. genetischer Ausstattung ist. Die Inter- pretation von wissenschaftlichen Er- gebnissen aus Tierversuchen ist sehr F: Werden Tiere auch für die Entwicklung anspruchsvoll, trägt aber ganz wesent- von Alternativmethoden zum Tierversuch lich dazu bei, grundlegende Ursachen eingesetzt? krankheitsbedingter Veränderungen und Erkrankungsmechanismen auf- A: Im Jahr 2014 wurden 789 926 Tiere zuklären und die Wirksamkeit und (vorwiegend Mäuse und Ratten) getö- Sicherheit von Medikamenten zu ver- tet, um Organe oder Zellen für Versu- bessern. che zu gewinnen. Das macht ca. 28% aller Tiere aus, die in der Versuchs- tiermeldung gezählt wurden. Diese F: Ist es wahr, dass 25 Jahre Forschung Tiere wurden teilweise auch zur Erfor- zu AIDS an Primaten zu keiner Impfung schung und Entwicklung von Alterna- und zu keinem Medikament für den Men- tivmethoden zum Tierversuch einge- schen geführt hat? setzt. A: In der Tat ist bislang keine Impfung gegen HIV entwickelt worden. Aber F: Stimmt es, dass Ergebnisse aus Tierver- die Forschung hat dazu beigetragen, suchen nicht auf den Menschen übertrag- dass die Viruslast der Patientinnen bar sind? und Patienten deutlich verringert und damit die Lebensqualität und Überle- A: Für jeden Versuch wird das Tier- benszeit signifikant verbessert werden modell spezifisch dahingehend aus- kann. Dies ist nur möglich, weil die gewählt, ob es zur Aufklärung der Funktionsweise des Virus weitgehend jeweiligen Fragestellung geeignet ist. aufgeklärt wurde und damit hochwirk- Die Ergebnisse aus dem Tierversuch same Medikamente und Therapien zur müssen dann sorgfältig analysiert Behandlung entwickelt und angewen- und hinsichtlich der Relevanz für den det werden können. 75

Die DFG-Senatskommission für tierexperimentelle Forschung

Die Ständige Senatskommission für tierexperimentelle Forschung beschäftigt sich mit aktuellen Fragen der tierexperimentellen Forschung und des Tierschutzes in der Forschung. Sie berät die Gremien der DFG sowie Parlamente und Behörden auf EU-, Bundes- und Landesebene. Die Kom- mission steht Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Universitäten und Forschungs- einrichtungen bei konkreten Fragen oder Problemfällen beratend zur Verfügung. Sie fördert die fundierte Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern in der tierexperimentellen Forschung durch die Entwicklung spezifischer Lehrangebote und treibt den Dialog mit der Öffentlichkeit durch die Erstellung von Informationsmaterialien und die Organisation von Gesprächs- und Diskussionsrunden voran.

Wissenschaftliche Mitglieder:

Professor Dr. Gerhard Heldmaier (Vorsitzender) / Philipps-Universität Marburg

Professor Dr. Peter Dabrock / Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Professor Dr. Bernd Fleischmann / Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Professor Dr. Nils Hoppe / Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover

Professor Dr. Inga D. Neumann / Universität Regensburg

Professor Dr. Heiner Niemann / Friedrich-Loeffler-Institut

Professor Dr. Ingo Nolte / Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

Professor Dr. Heidrun Potschka / Ludwig-Maximilians-Universität München

Professor Dr. Ruth Esther von Stebut-Borschitz / Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Professor Dr. René H. Tolba / Universitätsklinikum Aachen, AöR

Professor Dr. Stefan Treue / Deutsches Primatenzentrum GmbH

Koordinatorin: Dr. Cornelia Exner / Philipps-Universität Marburg 76

Verzeichnis der Bildquellen

Titelbilder (v.l.n.r.): fotolia; Anton Säckl / Deutsches Primatenzentrum; LAS Interactive; dpa / Hans Wiedl; Melanie Bernhardt / Philipps-Universität Marburg ; LAS Interactive; Geir Mogen / NTNU; Wikimedia Com- mons / Lmbuga) Im Text verwendete Fotos: Wikimedia Commons / Botaurus (S. 7); iStock (S. 8); Wikimedia Commons / Chris- tian Fischer (S. 15); fotolia (S. 16); LAS Interactive (S. 19); Universität Marburg, Digitaler Behring-Nachlass (S. 21); LAS Interactive (S. 23); www.signalsblog.ca / Sara M. Nolte (S. 24); Wikimedia Commons / Oleg Tsupy- kov (S. 26); Wikimedia Commons / Genny Anderson (S. 29); fotolia (S. 30); iStock (S. 33); fotolia (S. 34 sowie S. 36/37); Wikimedia Commons / Kleuske (S. 38); Wikimedia Commons / Esquilo (S. 40) / Scewing (S. 41) / Nobel Foundation (S. 41); www.dma.org (S. 42); CC-BY-SA-NC, Novartis (S. 45); Karin Tilch / Deutsches Primaten- zentrum (S. 48/49); iStock (S. 50); LAS Interactive (S. 53); Wikimedia Commons / Marrabbio2 (S. 54/55); fotolia (S. 58 sowie S. 62); Wikimedia Commons / katanski (S. 65); fotolia (S. 66); www.riboworld.com (S. 72) Alle Fotos aus der Zeitleiste der Nobelpreisträger: fotolia

Herausgegeben von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Ständige Senatskommission für tierexperi- mentelle Forschung, Kennedyallee 40, 53175 Bonn, Telefon: + 49 228 885-1, Telefax: + 49 228 885-2777, [email protected], www.dfg.de

Konzeption & Text: DFG-Senatskommission für tierexperimentelle Forschung Wissenschaftliche Redaktion: Dr. Cornelia Exner, Dr. Christoph Limbach (DFG) Redaktion & Produktionskoordination: Diana Fehmer (DFG) Lektorat: Dr. Susanne Pütz Grundlayout: Tim Wübben, DFG / besscom, Berlin Produktionslayout: Olaf Herling, Warstein / Berlin

Druck: Druckerei Hachenburg GmbH

Stand: 01.02.2016

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