Was Geschah Am 26. März in Suva Reka (Kosovo)? : Augenschein Im Kriegsgebiet
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Was geschah am 26. März in Suva Reka (Kosovo)? : Augenschein im Kriegsgebiet Autor(en): Forster, Peter Objekttyp: Article Zeitschrift: ASMZ : Sicherheit Schweiz : Allgemeine schweizerische Militärzeitschrift Band (Jahr): 165 (1999) Heft 7-8 PDF erstellt am: 25.09.2021 Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-65992 Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. 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Von Stimlje Reka geschehen sei. Elf Wochen lang, vom 24. März im Zentral-Kosovo führt die löchrige Am 25. März, am Donnerstag, seien bis zum 10. Juni, war das Kosovo Strasse über den Dulje-Pass nach Suva gegen 17 Uhr serbische Militärpolizisten hermetisch abgeschlossen. Nicht Reka. einer Ortschaft 20 Kilometer ins Dorf gekommen. Sie hätten die einmal die Hilfswerke durften in nordöstlich von Prizren. Entlang der Bewohner aufgefordert. Suva Reka bis 28 Kilometer langen Route steht kein zum 26. März, 14 Uhr. zu verlassen. Pristina bleiben, und einziges Haus mehr. Darauf seien noch am Abend erste unbeantwortet blieb während des Familien geflohen; und am anderen NATO-Krieges die Frage: Was Morgen, zwischen 9 und 11 Uhr, hätten geschieht im Kosovo selbst? nochmals einige Familien, vor allem 105 Opfer an einem Ort Frauen und Kinder, den Ort verlassen. Berichte von Vertriebenen Messen Er, Rasim Kryeziu, habe sich mit das Schlimmste befürchten, In Suva Reka hält uns am östlichen seiner Frau, seiner Mutter und seinen und die NATO gab Luftbilder Dorfrand ein bewaffneter UCK-Soldat vier Kindern im Keller versteckt. Er frei, die auf Massengräber an. Er führt uns auf einem staubigen habe nicht einfach aus dem Dorf schliessen Hessen. Feldweg zu einem Massengrab, in dem weichen wollen; denn hier, im albanischen Jetzt, nach dem Einmarsch der 84 Dorfbewohner entdeckt wurden. Kosovo, lebe seine Familie seit Die Erdhügel sind mit Täfelchen Menschengedenken. KFOR-Friedenstruppe, tritt die markiert, auf denen blau die Anzahl grausige Wahrheit zutage: In der gefundenen Toten angegeben ist. den westkosovarischen Dörfern Auf einem Notizblock zählt der sichern Spezialisten die Spuren UCK-Soldat die Zahlen zusammen: 9, Flucht nach Albanien der Massaker, und immer 6,4.7.4.3,6,1,3- bis 84. Auf einzelnen Brettchen stehen Namen, teils nur die Dann, nach 13 Uhr, seien die Arkan- deutlicher wird, dass bei den Familien-, vereinzelt auch die Tiger - Freischärler des berüchtigten Blutbädern vielleicht Hunderte, ja Vornamen. Dann weist uns der Begleiter serbischen Bandenführers «Arkan» - Tausende umkamen. Der zu einer zweiten Grabstelle, auf in Suva Reka eingedrungen. Maskiert folgende Bericht entstand vom der nochmals 21 Aufschüttungen mit hätten sie etliche Familien aus den 24. bis zum 27. Juni im Kosovo Tafeln versehen sind. Häusern getrieben, die Männer von Hier handelt es sich Personen, den Frauen und und selbst. um Kindern getrennt die nicht identifiziert werden konnten - die Männer auf der Stelle erschossen. «N.N.» (no name) ist das einzige, das Von mehreren Familien seien aber die «Ausgräber» auf das Holz malen auch die Frauen und Kinder konnten. Aber zusammen ergeben die umgebracht worden. Das Massaker habe beiden Fundstätten die schreckliche eine halbe Stunde gedauert, und noch Zahl von 105 Massakrierten aus einer vor 14 Uhr sei im Ort Totenstille einzigen Ortschaft. eingetreten. Die Arkan-Tiger seien sofort weitergezogen, in Richtung Prizren. gegen Südwesten. Nachher seien Zigeuner Am dritten Kriegstag gekommen, welche die Leichen am Dorfrand verschart hätten. Zurück bei der ersten Grabstelle, Er, Rasim Kryeziu, sei dann mit der werden wir in deutscher Sprache von ganzen Familie noch gegen Abend Rasim Kryeziu. einem 56jährigen geflohen. Er habe das Nötigste in seinen Mann, angesprochen. Wie er berichtet, Yugo geladen und sei mit Frau, Mutter erlebte er als Augenzeuge das Blutbad und Kindern zur albanischen Grenze 26. Peter Forster, Dr. phil., vom März. Er habe sich an jenem gefahren. Am Morina-Pass, auf der Chefredaktor «Thurgauer Freitag mit seiner Familie versteckt Strasse von Prizren nach Kukes, sei Zeitung», Autor des Buches: und wie durch ein Wunder das Massaker er in der Nacht zum 27. März nach «Aber wahr muss es sein». überlebt. Aber er wolle bezeugen. Albanien übergetreten. 24 ASMZ Nr. 7/8/1999 ' fe iLlai L3 ljÄ::ÜA."w: ThQhK ¦ -SN':?*: •-- • *- tmmm k.*~~3k'K< -^te ¦^ Auf einer Brücke zwischen Pristina und Im britischen Sektor: F.ine nepalesische In Suva Reka, 20 Kilometer vor Prizren: Pec: Umfahren eines NATO-Volltreffers. (•iirkha-Patrouille auf zerstörten Schienen. Die Kosovaren danken der NATO. Über die drei Monate in Albanien sein Haus plünderten und brandschatzten, berichtet Kryeziu wenig. Die Familie weiss Kryeziu nicht genau. Ein Was stimmt - sei bei Puke, rund 60 Kilometer im alter Mann, der im Ort geblieben sei, und ist Landesinnern, bei Verwandten habe berichtet, nach den Zigeunern sei was Propaganda? untergekommen. «Wir hatten alles, was wir erneut die Militärpolizei eingerückt, fo. Auch nach dem KFOR-Einmarsch brauchten», ist das einzige, das Kryeziu die überall Brandsätze gelegt habe. herrscht im Kosovo noch immer Kosovaren über die zwölf Wochen im Exil aussagt. Hass. Die Berichte von und Serben sind von Abneigung und Rache erfüllt. Um so schwerer fällt es, der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Familie ausgelöscht Was die Massaker betrifft, werden Geplündert und zerstört die Aussagen der Augenzeugen auch Grausige Spuren zeigt uns einer der politisch noch schwer wiegen. Im Fall Am 23. Juni kehrte die Familie nach beiden Nachbarn. In der Ruine seines des Blutbades von Suva Reka liegen Suva Reka zurück. In seinem Hauses herrscht immer noch scharfer erste Untersuchungen von neutralen weitgehend zerstörten Haus fand Kryeziu Brandgeruch. Am Boden ist versengt Fachleuten vor, die das Massaker belegen. nur noch ein bewohnbares Zimmer ein Haarbüschel zu sehen, das am Der Bericht von Rasim Kryeziu in dem die siebenköpfige Familie verbrannten Teppich klebt: «Es sind die wird unterlegt von den Grabfunden vor, Ostrand der Ortschaft. notdürftig haust. Mit zwei Nachbarn Haare meines Onkels», sagt der junge am Auch die Zerstörungen in der die Ruine, Mann, «sie blieben hängen, als die zusammen zeigt uns Kryeziu Ortschaft selbst sind unübersehbar. seine in einem Zuber den Toten vor der Frau Zigeuner wegschleppten». Bestätigungen liegen auch von Fotos Kleider wäscht. In den Händen hält der Mann Hilfswerken vor. Ein Rapport findet sich Ausser einem Raum sind alle Zimmer von seiner Familie - Kinder, Frauen, überdies im amerikanischen ausgebrannt. Im Keller steht Männer, auch ältere und alte: «Sie sind Nachrichtenmagazin Newsweek, das für gründliche kaputt eine Waschmaschine, daneben alle umgekommen, ich bin der einzige, Recherchen bekannt ist. verkohlt ein Ofen. Wann die Serben der überlebt hat.» Wie die Serben die NATO täuschten fo. Aufschlussreich ist ein Augenschein Während des elfwöchigen Luftkrieges in den Hauptkampfgebieten des Kosovos meldete die NATO immer wieder bedeutende auch noch zwölf Tage nach dem KFOR- Angriffe auf die serbischen Verbände Einmarsch vom 12. Juni. im Kosovo. Als dann die Serben Mitte Als Kampfregionen sind mehrere Juni aus der Provinz abzogen, mussten die Gebiete zu erkennen: das Grenzland zu KFOR-Beobachter erkennen, dass die Albanien, vor allem im Raum Kosare. «Verlierer» noch immer über ein erstaunliches .:•• Decani. Djakovica; das Rugova-Tal im Waffenarsenal verfügten. * M Westen der Patriarchenstadt Pec; das In den elf Tagen, welche die NATO den & Eine serbische wie sie in den Drenica-Tal zwischen Pec und Pristina: Serben für den Rückzug zugestanden Attrappe, Kampfgebieten im Kosovo häufig zu die von an der Strasse hatte, rollten intakt zahlreiche Panzer. Gegend Podujevo sehen ist. von Pristina nach Serbien; und der Landstrich Geschütze und Lastwagen über die von Suva Reka in Richtung Stimlje markierten Achsen nach Serbien zurück. Von an der Achse von Pristina nach Prizren. einer vollständigen Zerstörung der serbischen Darüber hinaus legen die Scheinstellungen In allen diesen Kampfzonen