„Das ist Jedes Jahr wieder eine starke Leistung”

Er stieß 1991, in der wohl bittersten Stunde des Auer Fußballs, zu den Veilchen, war meist offensiver Mittelfeldmann und in seiner letzten Auer Saison 1994/95 Kapitän und Libero. Heute arbeitet Maik Faßl beim FCE-Co-Sponsor intensivLEBEN als Betriebshandwerker, engagiert sich in der Freizeit beim FSV Burkhardts­dorf für den Fußballnachwuchs. Zum Montagheimspiel gegen Greuther Fürth will der 53-Jäh- rige, der in Thalheim wohnt, endlich mal wieder ins Lößnitztaltal reisen.

Geboren am 21. April 1964 in Ehrenfriedersdorf und aufgewachsen in Gelenau und dann Burkhardts- dorf, lag Maik der Sport im Blut. Vater Dieter war Handballer, Mutter Elke Leichtathletin, so brannte der Junge beizeiten für Fußball. „Nach der Schule Ranzen in die Ecke und ab zum ,Borgschdorfer’ Skihang! Dass unser Rasenplatz denkbar schräg war, war uns egal. Wir mussten uns bloß ein großes Fangnetz bauen, damit die Murmel nicht laufend in die Zwönitz klatscht”, erinnert sich der spätere Veilchenkicker. Mit sieben Jahren begann er bei der BSG Chemie Burkhardtsdorf zu trainieren. Der tor- gefährliche Mittelfeldspieler wurde beizeiten für die Kreisauswahl Karl-Marx-Stadt/Land entdeckt, was zusätzlichen Aufwand bedeutete. Denn häufig wa- ren die Talente den halben Tag lang unterwegs, um mit Linienbussen oder zu Fuß zu den Auswärtspar- tien zu gelangen. Shuttleservice wie heute war da- mals undenkbar. „Freizeit gab es kaum, aber was soll’s, entweder du bis Fußballer oder nicht”, war seine Position. Bis er 19 war, spielte Maik für Burkhardtsdorf, dann musste er zur Armee. Und hatte Glück, denn auch Rassiger Zweikampf zwischen dem Auer Maik Faßl (links) und bei der „Asche” durfte Fußball gespielt werden. Er dem Zwickauer Mario Weiß. Die Begegnung der Amateurober- liga Süd gewannen die Veilchen vor ziemlich genau 25 Jahren, stürmte für die ASG Vorwärts Mühlhausen in der Be- am 20. März 1993, mit 1:0. Foto: Frank Kruczynski zirksliga Erfurt. Für die Zeit danach kamen etliche gute Angebote, so aus Ruhla, wo das größte Uhrenwerk der Republik ordentlich Geld rein butterte. „Aber”, so Faßl, „ich wollte unbedingt in der Heimat bleiben. Deshalb ging ich für vier Jahre zu Motor Zschopau, wo ich 1990 mit zahlreichen Toren zum Bezirksmeistertitel beitragen konnte.” Anschließend wurde er zum Probetraining nach Zwickau eingeladen, doch zuvor bekam Maik Besuch von Christoph Franke, damals Co-Trainer unter Hans Meyer beim Chemnitzer FC. Nach drei, vier Einheiten unter ih- ren strengen Blicken durfte der 26-Jährige zu den Himmelblauen in die Noch-DDR- wechseln. Gleich im Sommer erzielte der Neue einen Treffer im UI-Cup gegen Petrolul Ploiesti aus Rumänien. Seine Träume freilich reiften nicht, bei der starken Konkurrenz – im Kader des späteren Aufsteigers zur 2. standen unter anderem Rico Steinmann, Steffen Heidrich, Olaf Renn, Lutz Wienhold und Sven Köhler – schmorte Faßl auf der Bank. „Ich wollte aber unbedingt spielen, deshalb akzeptierte ich die Leihe zum NOFV-Ligisten FSV Zwi- ckau. Als der FC Wismut Aue mich dann 1991 haben wollte, sagte ich sofort zu. Nicht zuletzt, weil das schon in der Jugend immer meine Mannschaft war. Als 17-Jähriger hatte ich eine Jahreskarte für das

historisch Ex-FCE-Kapitän Maik Faßl 41 Autogrammkarte aus der Saison 1994/95. Rechts das Team des FCE zu Beginn der Saison 1991/92, jeweils von links: oben Co- Trainer Andre­as „Locke” Langer, Mirko Reichel, Thomas Pfüller, Enrico Barth, Jan Schmidt, Sven Auerswald, Volker Wetzel, John Bemme; in der Mitte Mannschaftsbetreuer Bernd „Zimbo” Zimmermann, Ronald Färber, Mario Nickeleit, Sylvio Reich, Volker Schmidt, Tom Stohn, Maik Faßl, Trainer Heinz Eisengrein; unten Physiotherapeutin Antje Schirmag, René Hecker, Jens Möckel, die Torhüter Jörg Weißflog und Bernd Stettinius, Jörg Kirsten, Dirk Weitze, Steven Zweigler. Bilder: Foto-Atelier Lorenz Zschorlau, FCE

­Grotewohlstadion und später, als ich für Zschopau spielte, fuhr ich so oft es ging als Fan ins Lößnitztal. Ich hätte nie gedacht, selber mal das lila Trikot tragen zu dürfen”, blickt er zurück. Zwischen 1991 und 1995 trug er es, absolvierte 115 Pflichtspiele für die Veilchen und erzielte dabei 23 Tore. Besonders erfolgreich lief die Saison 1992/93 in der Oberliga Nordost, Staffel Süd; da traf der Burkhardts­ dorfer in 32 Partien zehnmal. Vom ersten Auer Jahr bleibt ihm vor allem die schwierige Situation ge- genwärtig. Die Wismut, in den Jahrzehnten zuvor der große Geldgeber, zog sich zurück, oft war nicht sicher, ob Spieler und Vereinsmitarbeiter am Monatsletzten Lohn sehen würden. 1992 war die halbe Mannschaft weg, die Besten gingen als Profis in den Westen. Coach Heinz Eisengrein wurde entlassen, dafür kam Lutz Lindemann als Trainer und Manager. „Er hat dem Verein und auch uns Spielern viel ge- geben, gewann Sponsoren, holte die ,Leos’. Wir Fußballer, die in Aue geblieben waren, mussten Arbeit und Sport verbinden, das war neu. Für die Mannschaft bedeutete es quasi einen Neuanfang. Trainiert wurde bloß nachmittags, fünfmal in der Woche”, schildert Maik die damalige Lage.

Alle Spiele von Maik FaSSl für die Auer Veilchen Saison Spielklasse Einsätze Tore 1991/92 Oberliga Nordost, Staffel Süd 19 4 1991/92 Deutsche Amateurmeisterschaft 3 1991/92 Sachsenpokal 2 1 1992/93 Oberliga Nordost, Staffel Süd 32 10 1992/93 Sachsenpokal 2 2 1993/94 Oberliga Nordost, Staffel Süd 26 6 1993/94 Sachsenpokal 1 1994/95 Nordost 27 1994/95 Sachsenpokal 3

historisch Ex-FCE-Kapitän Maik Faßl 43 Der Auer Maik Faßl (rechts) und Jörg Illing vom damaligen Zweitbundesligisten Chemnitzer FC in der Testpartie am 16. Januar 1993. Es war das erste Spiel unterm neuen Namen FC Erzgebirge. Daneben eine Szene aus der Begegnung zwischen dem FCE und dem FSV Wacker 90 Nordhausen am 18. Dezem- ber 1993 in der Oberliga Süd.

Hier scheitert Maik Faßl noch an Suhls Torwart Mario Schmenkel, doch am Ende heißt es 3:0 für die Veilchen. Bild aus der Oberligapartie vom 18. September 1993 im Erzgebirgsstadion. Rechts ein Schnappschuss aus dem Punktspiel der Erzgebirger gegen den FC Sachsen Leipzig, das die Auer am 30. Oktober 1993 mit 3:1 gewannen. Hier wehren Jörg Weißflog, Ronald Färber und Maik Faßl einen Angriff der Gäste ab. Fotos Frank Kruczynski (4)

Er selbst, der nach der Schule Instandhaltungsmechaniker gelernt hatte, absolvierte eine Umschulung zum Heizungs- und Sanitärklempner mit Praktika bei der Lößnitzer Firma Schönherr, Grundmann & Sohn, einem Sponsor der ersten Stunde. Wirtschaftlich wie sportlich ging es step by step voran. Mit einem eher bescheidenen Kader spielten die Veilchen erstaunlich oft oben mit. Mit Boris Lucic, Francis Makaya, Frank Rietschel und Moudachi- rou Amadou kam Qualität. 1994 schließlich gelang die Qualifikation für die neue , damals die dritthöchste Spielklasse im deutschen Fußball. Zu Beginn der Saison 1994/95 bekam Maik Faßl, den Lindemann zum Libero umfunktioniert hatte, die Kapitänsbinde. Diese behielt er bis zu sei- nem verletzungsbedingten Ausscheiden bei den Auern am Ende jenes Spieljahres. Zum Rückrundenstart Anfang ’95 gab es ein 0:0 bei den Reinickendorfer Füchsen. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Spieler des FC Erzgebirge Aue einen Tag vor dieser mit 340 Kilometern längsten Busreise jener Saison bei einem (Winter-)Miniturnier im heimischen Erzgebirgsstadion gegen den SV

historisch Ex-FCE-Kapitän Maik Faßl 45 Werder Bremen (1:3) und den 1. FC Kaiserslautern (0:1) gefordert waren. Maik hat noch ein Gespräch mit Ciriaco Sforza, damals bei den „Roten Teufeln”, im Kopf: „,Du hast ja morgen Spiel in Berlin, da fliegt Ihr wohl gleich los?’, fragte der Bundesligaprofi. ,Ja, ja, erwiderte ich, wir fliegen mit dem Ikarus über die Landstraße.’ Denn Wismut hatte damals noch seinen guten, alten Ungarnbus aus Oberligata- gen, gesteuert vom unvergessenen Günter Rother, einem ganz tollen Menschen.” Priorität hatte ab Sommer 1995 die berufliche Zu- kunft. Zunächst arbeitete Faßl in der Fenster- und Türenfertigung, dann gut zwei Jahrzehnte bei einem Werkzeugbauer in Chemnitz. Inzwischen ist er beim FCE-Co-Sponsor intensivLEBEN in Burkhardtsdorf tätig. Zwar wohnt der 53-Jährige nun in Thalheim, doch in Sachen Fußball bleibt er in „Borgschdorf” aktiv. 1995 war er zum inzwischen in FSV umge- tauften Heimatklub zurückgekehrt, mit dem ihm der Aufstieg in die Bezirksklasse gelang und wo er noch elf Jahre am Ball blieb. In Aue hatte Maik seinerzeit den Trainerschein gemacht, durfte darum Talente in Lößnitz und später Burkhardtsdorf trainieren. Heu- te arbeitet der Vollblutfußballer im Vereinsvorstand Die E-1-Junioren des FSV Burkhardtsdorf 1910 trainierten am des FSV mit, leitet die Nachwuchsarbeit. Selber Montagnachmittag letzter Woche trotz heftigen Regens im Otto-Schüngel-Stadion. Ausgebildet werden sie von Markus spielen geht nicht mehr, das Knie sagt nein. Also Fleischer und Tina Lades (hinten rechts und Mitte), Maik Faßl verlegt sich Faßl aufs Fahrradfahren. Kontakt zu et- (hinten links) ist Jugendleiter in dem Verein. Foto: Olaf Seifert lichen einstigen Sportkollegen aber hält er noch, so zu Mirko Ullmann, Boris Lucic, Frank Rietschel und Jens Haustein. „Zwei-, dreimal im Jahr schaue ich mir ein Spiel im Erzgebirgsstadion an. Hin und wieder fahre ich mit ein paar Leuten auch auswärts mit, zuletzt war ich bei St. Pauli gegen Aue dabei. Aber verfolgt habe ich die Entwicklung des Vereins und der Mannschaften immer. Ich freue mich für Aue und habe Riesenrespekt nach jeder Saison, in der sie die 2. Liga halten. Das ist jedes Jahr wieder eine ganz, ganz starke Leistung.” (OS)

Aues Maik Faßl sichert den Ball vorm Erfurter Piet Schönberg. Szene aus dem Heimpunktspiel gegen den FC Rot-Weiß am 2. April 1994 in der Südstaffel der Oberliga Nordost. Rechts tauschen die Kapitäne Andreas Brehme vom 1. FC Kaiserslautern und Maik Faßl Wimpel ihrer Vereine vor der Miniturnierpartie am 4. Februar 1995. Fotos: Frank Kruczynski, Walter Wagner

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