Das Magerrasenprojekt Am Halberg, Einem Kalkhügel Bei Neumorschen (Nordhessen, Fuldatal) 185-190 PHILIPPIA 12/3 S
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ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: Philippia. Abhandlungen und Berichte aus dem Naturkundemuseum im Ottoneum zu Kassel Jahr/Year: 2005-2006 Band/Volume: 12 Autor(en)/Author(s): Angersbach Rolf, Flügel Hans-Joachim Artikel/Article: Das Magerrasenprojekt am Halberg, einem Kalkhügel bei Neumorschen (Nordhessen, Fuldatal) 185-190 PHILIPPIA 12/3 S. 185-190 3 Abb. Kassel 2006 Rolf Angersbach & Hans-Joachim Flügel Das Magerrasenprojekt am Halberg, einem Kalkhügel bei Neumorschen (Nordhessen, Fuldatal) Abstract Als im Kloster Haydau noch reger Klosterbe- The chalk grasslands of the Halberg, a limes- trieb herrschte (MENDE 1991), wurden dessen tone hillside in the Fulda valley near Neumor- sonnenexponierte Flanken als Weinberg ge- schen (North-Hesse, Germany), were exami- nutzt. Hiervon zeugt heute noch der Ratskeller, ned by the NABU-association of the county der wohl im 14. Jahrhundert errichtet und in der Schwalm-Eder (Hesse, Germany). 1,500 spe- Folge als Weinhaus genutzt wurde mit eigenem cies of plants and animals were found during Wein-Schankrecht, was sonst nur Städte, der a period of fi ve years (1999-2001). Some of Landgraf und wenige Klöster besaßen. Mit der those species are typical representatives of dry zunehmenden Klimaverschlechterung in Mit- habitats. The spreading of shrubs is strongly in teleuropa vor gut 300 Jahren erfolgte auch ein progress and therefore it is strongly recommen- Wechsel in der Nutzung des Halbergs. Statt ded to take measures to preserve the bioceno- Wein wurde nun Kalk ab- und Streuobst an- sis of those chalk grasslands. gebaut, wovon heute noch verschiedene Obst- baumreste, vor allem aber die vielen verwilder- ten Kirsch- und Zwetschgenbäume zeugen. Zusammenfassung Daneben wurden die Streuobstwiesen teilwei- Flora und Fauna des Halberg, einem Kalkhügel se gemäht, teilweise beweidet. In einigen Berei- bei Neumorschen im Fuldatal in Nordhessen, chen selbst des Steilhanges soll nach Angaben wurden im Rahmen eines Projektes des NABU, eines Eigentümers (Herr Walter) sogar bis in Kreisverband Schwalm-Eder untersucht. Es die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts konnten ca. 1.500 Arten nachgewiesen wer- noch Ackerbau betrieben worden sein. den, darunter auch noch typische Vertreter von Kalk-Magerrasen. Die Verbuschung ist je- Durch seine exponierte Lage ist der Halberg doch stark fortgeschritten, so dass dringender recht auffällig und lenkt die Blicke insbeson- Handlungsbedarf besteht, um die Magerrasen- dere von Entomofaunisten nahezu magisch Lebensgemeinschaft zu erhalten. auf sich. Seit 1987 beobachtete der Erstautor dort das Blutströpfchen, Zygaena carniolica, in seiner Entwicklung. Aus dieser Dauerbeob- Vorgeschichte und Verlauf achtung entwickelte sich der Gedanke, den Der lang gestreckte Halberg mit einer mittleren Halberg auch hinsichtlich anderer Artengrup- Höhe von 210 müNN liegt westlich von Neu- pen näher zu betrachten. 1998 wurde auf einer morschen im Fuldatal und endet mit einem Vorexkursion zum Halberg beschlossen, über steilen Abbruch kurz vor der Kirche des Dorfes. den NABU, Kreisverband Schwalm-Eder e.V., 186 Rolf Angersbach & Hans-Joachim Flügel Abb. 1: Ansicht der Nordost-Spitze des Halberg um 1938. Abb. 2: Ansicht der Südost-Spitze des Halberg um 1962. ein Projekt zu starten, bei dem der Halberg die die Mithilfe einer großen Anzahl von Experten zentrale Rolle spielen sollte. Im so genannten angewiesen. Allen Beteiligten wird hiermit für „Magerrasen-Projekt“ wurden alle erfassbaren ihr Engagement gedankt. Dabei konnten bis Magerrasen-Flächen des Kreises kartiert und zum Ende des Jahres 2005 1.237 Tier- (exkl. bewertet. Dabei wurde der Halberg intensiver Schnecken und diverse Tiere) und 298 Pfl an- untersucht und gemeinsam mit den Besitzern zenarten (inkl. Moose und Flechten) festge- der Flächen ein Pfl egekonzept erarbeitet, das stellt werden. derzeit in der Umsetzungsphase steht. Zur Realisierung dieses Projektes konnten aus Beschreibung des Untersuchungsgebietes Eigenmitteln des NABU-Kreisverbandes sowie Das Untersuchungsgebiet liegt im Fulda-Wer- aus Fördermitteln der Helmut-Böckler-Stiftung, ra-Bergland. Es wird geprägt vom breiten Tal- später auch der EAM (Elektrizitäts-Aktien-Ge- raum der zwischen Bebra und Melsungen in sellschaft Mitteldeutschland Kassel, jetzt eon- nord-westlicher Richtung fl ießenden Fulda Mitte), sowie über eine Arbeitsbeschaffungs- („Bebra-Melsunger-Fuldatal“). Die Wichte, die maßnahme des Arbeitsamtes Melsungen am Fuß des Halberg entlang fl ießt, folgt der (ABM) eineinhalb Stellen für Fachleute über Schichtenversenkung des Altmorschen-Lich- zwei Jahre fi nanziert werden. Die übrige Arbeit tenauer Grabens. Der Halberg selbst besteht wurde ehrenamtlich geleistet. Die Leitung und aus Schichten des Unteren Muschelkalkes Durchführung des Magerrasenprojektes lag in (BECKER et al. 1999). Klimatisch liegt das Ful- den Händen von Torsten Cloos und der Au- da-Werra-Bergland großräumig gesehen im toren. Am 31.5.2000 veranstalteten wir einen Übergangsbereich zwischen atlantisch-ozea- GEO-Tag der Artenvielfalt mit der Grundschule nischem und kontinentalem Klima. Die mittle- aus Altmorschen sowie am darauf folgenden ren Niederschlagsmengen im Jahr schwanken Wochenende für eine größere Öffentlichkeit, zwischen 600-650 mm im Fuldatal, in der Ve- bei dem mehrere Fachleute Führungen und getationsperiode bei 180-200 mm. Die mittlere Erhebungen durchführten. Temperatur liegt zwischen 8 und 9° C. Haupt- windrichtung ist Südwest bis West. Die Vegeta- Die Auswertungen des in den ersten beiden tionsperiode (Anzahl der Tage im Jahr mit mehr Untersuchungsjahren und in der Folgezeit an- als 5° C) reicht von 220 bis 230 Tagen. Durch gefallenen Materials wurden ausschließlich eh- seine südöstliche Position ist das Kleinklima renamtlich durchgeführt. Hierbei waren wir auf des Halberg deutlich wärmer und trockener Das Magerrasenprojekt am Halberg, einem Kalkhügel bei Neumorschen 187 als es in diesen Durchschnittswerten zum Aus- Probefl ächen und Untersuchungs- druck kommt. methoden Zur Untersuchung der Biodiversität des Halberg Der Halberg wird von einem langgezogenen, wurden zehn Probefl ächen auf dem Halberg von Südost nach Nordwest ausgerichteten Kalk- ausgesucht, die möglichst charakteristische rücken gebildet mit relativ steilen Flanken. Die Bereiche umfassen. Dabei wurde entsprechend südöstliche Spitze endet ziemlich abrupt am dem Ziel, die Magerrasen am Halberg zu erhal- Dorf, und am Fuß dieses bereits bewaldeten ten bzw. wieder herzustellen, diesen Bereichen Abhanges steht die Dorfkirche. Nordwestlich besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Neben läuft der Halberg fl acher aus und leitet dann der allgemeinfl oristischen Erhebung wurde auf in die angrenzenden höheren Hügel über. Die den ausgewählten zehn Probefl ächen eine Wichte, ein kleiner Mittelgebirgsbach, bzw. de- pfl anzensoziologische Kartierung durchgeführt ren Mühlgraben fl ießt am Fuß der Südostfl an- (REBELE et al. 2006). Zur Erfassung insbeson- ke des Halberg entlang weiter Richtung Fulda. dere der bodenaktiven Käferfauna kamen auf Die für Magerrasen besonders wertvolle Süd- den Probefl ächen Barberfallen zum Einsatz. ostfl anke ist im oberen Bereich teilweise noch Die blütenökologischen und entomologischen offen, zum größeren Teil aber schon mehr oder Aufnahmen erfolgten durch Sichtbeobachtung weniger dicht mit Büschen und Wurzelausläu- und vermittels Kescherfängen. Vögel und Heu- fern von Hauszwetschgen bestanden. Im un- schrecken wurden vollständig bzw. teilweise teren Drittel haben sich zwischen alten Obst- akustisch ermittelt. Nachtaktive Insekten, ins- bäumen stellenweise schon Vorwaldbestände besondere Schmetterlinge, sind durch Licht- gebildet, zwischen denen sich mehrere alte fang und mit Ködern erfasst worden. Auf einer Gartenhäuschen verstecken. Das südwestliche Gesamtfl äche von ca. 5 Hektar konnten im Drittel der Südostfl anke wird noch unterschied- Verlaufe der Untersuchungen insgesamt ca. lich intensiv beweidet; dazu kommt eine große 1.500 Tier- und Pfl anzenarten nachgewiesen landwirtschaftlich genutzte Lagerhalle. werden. Im Folgenden werden die einzelnen Probefl ächen kurz beschrieben; ihre Lage ist Die nordöstliche Spitze des Halberg ist weit- aus der Übersichtskarte zu entnehmen. gehend bewaldet und war dies zumindest teilweise bereits im ersten Drittel des 20. Jahr- Bei der ersten Probefl äche (PF 1) handelt es sich um hunderts. Die gesamte Nordwestfl anke war einen extensiv genutzten Schafweidehang mit Ma- zu dieser Zeit jedoch vollständig kleinräumig gerrasen-Resten, der teilweise durch Kunstdünger landwirtschaftlich genutzt, wie auf einer Post- stärker eutrophiert ist. karte aus dieser Zeit zu sehen ist (Abb. 1). Die zweite Probefl äche (PF 2) liegt in der Fortsetzung Heute ist das erste Drittel der Nordwestfl anke der ersten Probefl äche und war im Untersuchungs- im oberen Teil ebenfalls mit Vorwald bzw. dich- zeitraum nicht gedüngt worden. tem Gebüsch bestanden, während der untere Probefl äche 3 (PF 3) bestand aus einer sehr lückigen Teil bebaut ist. Die Bebauung zieht sich lückig Magerrasen-Brache am steileren Hang mit Aufrech- bis zum letzten Drittel der Nordwestfl anke. Die ter Trespe (Bromus erectus) und weiteren typischen Grundstücke reichen dabei teilweise bis zum Magerrasen-Pfl anzen. Das anstehende Kalkgestein Grat des Halberg. Einige der Grundstücke sind ist kleinbrüchig und mit Flechten bewachsen. bis oben hin eingezäunt, andere werden nur im Die vierte Probefl äche (PF 4) wurde von einer Magerra-