Der Hegau – Struktur Und Entwicklung Des Kulturraums Im Süden Baden-Württembergs
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Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 11/2004 Land, Kommunen Der Hegau – Struktur und Entwicklung des Kulturraums im Süden Baden-Württembergs Werner Brachat-Schwarz Zum Hegau zählen 16 Gemeinden im west- Heute umfasst der Hegau 16 selbstständige Ge- lichen Teil des Landkreises Konstanz. Ursprüng- meinden3 (Schaubild); vor der Gemeindegebiets- lich durch Landwirtschaft und Industrie ge- reform zu Beginn der 70er-Jahre des vergan- prägt, weist er heute eine ausgewogene Wirt- genen Jahrhunderts waren es immerhin noch schaftsstruktur auf. Allerdings ist das Arbeits- 72 überwiegend sehr kleine Gemeinden. Geo- platzangebot unterdurchschnittlich und daraus grafisch entspricht der Hegau dem westlichen resultierend die Steuerkraft der Gemeinden Teil des Landkreises Konstanz, mit Ausnahme ebenfalls. Dagegen liegt die kommunale Ver- der Ex- bzw. Enklave Büsingen am Hochrhein. schuldung je Einwohner im Hegau nicht einmal Dipl.-Volkswirt Werner halb so hoch wie im Land insgesamt. Brachat-Schwarz ist Leiter „… heitern, sanften, gemütlichen des Referats „Landes- informationssystem, Trotz seiner landschaftlichen und kulturellen Sinnes“ Regionalstatistik, Zentrale Attraktivität steht der Hegau touristisch wei- Informationsdienste, Internetangebot“ im terhin im Schatten des Bodensees. Bezogen Die Einwohner des Hegaus sind im Kern ale- Statistischen Landesamt auf die Einwohnerzahl liegt die „Übernach- mannischer Herkunft. Die Sprache ist nicht ein- Baden-Württemberg. tungsdichte“ im Hegau nur bei gut einem heitlich, die Grenze zwischen Hoch- und Mittel- Drittel des Bodenseegebiets und bei etwa drei alemannisch geht mitten durch den Hegau.4 Viertel des Landesdurchschnitts. Charakterisiert wurden die Hegauer zum Ende des 19. Jahrhunderts wie folgt: „Von gesundem, kräftigem Körperbau, sind sie fleißige, aus- Einzigartige Vulkankegel- dauernde Landwirte, heitern, sanften, gemüt- 1 Vgl. Der Hegau – Vulka- und Burgenlandschaft lichen Sinnes.“5 nisches Paradies zwischen Schwarzwald und Boden- see, in: Schönes Schwa- Auf der Autobahn A81 von Norden kommend, Tatsächlich ist der Hegau altes Bauernland, in ben, Heft 6/98, S. 7. öffnet sich – kurz vor der Abfahrt Engen – der dem der wirtschaftliche Aufschwung im letzten 2 Vgl. Der Hegau – Land- Blick auf die eigenwillige Topografie des Hegaus Drittel des 19. Jahrhunderts einsetzte. Aus- schaft zwischen Rhein, Donau und Bodensee, mit seinen steilen Bergkuppen inmitten einer schlaggebend hierfür war insbesondere der herausgegeben von Peter sanften Hügellandschaft. Die die Landschaft Beitritt Badens zum deutschen Zollverein, der Greis, 1990, S. 48 (Zitier- weise: Der Hegau – Land- prägenden Vulkanberge gliedern sich in eine es für viele Schweizer Unternehmen attraktiv schaft). westliche Basaltkette, der unter anderem der machte, im Zollvereinsgebiet entlang der 3 Abgrenzung der Arbeits- Hohenhewen, Neuhewen und der Hohenstoffel Grenze neue Werke zu gründen. Auch der Bau gemeinschaft Hegau (Ge- angehören, und in eine Phonolithreihe im Osten mehrer Eisenbahnlinien verstärkte die Attrak- schäftsstelle im Kultur- und Verkehrsamt der mit Hohentwiel, Höhenkrähen und Mägdeberg. tivität. Bereits 1863 wurde die Bahnlinie von Stadt Singen (Hohen- twiel)); zum Teil wird der Am bekanntesten dürfte der 688 m hohe Hohen- Waldshut nach Konstanz, wenig später jene von Hegau als Naturraum aber twiel mit der größten Festungsruine Deutsch- Offenburg über das bis dahin eher verschlafene auch deutlich weiter ge- fasst; vgl. insbesondere lands sein. An seinen Südhängen befindet sich Singen am Hohentwiel geführt, das damit zum die Abgrenzung der Lan- Deutschlands höchstes Weinanbaugebiet. Bis Verkehrsknotenpunkt wurde. In Singen (Hohen- desanstalt für Umwelt- schutz Baden-Württem- 1968 war der Hohentwiel noch württember- twiel) entstanden Ende des 19. Jahrhunderts berg: Naturschutzinfo 1/98. gisch.1 Insgesamt betrachtet ist der Hegau eine die Großfirmen Maggi und Georg Fischer AG 4 Vgl. Der Hegau – Land- der burgenreichsten Regionen Europas. sowie im Jahr 1912 die Aluminiumwalzwerke. schaft, S. 20. In Gottmadingen wurde 1870 die Landmaschi- 5 Das Großherzogtum Ba- 6 Der Name des Hegaus ist für das 8. Jahrhundert nenfabrik Fahr gegründet. den in geographischer, in Urkunden der Jahre 787 und 788 belegt.2 Die naturwissenschaftlicher, geschichtlicher, wirtschaft- Bezeichnung „Hegau“ geht wahrscheinlich auf licher und staatlicher Hin- den wohl keltischen bzw. vorgermanischen Berg- Bemerkenswerter Bevölkerungsanstieg sicht dargestellt, Karls- ruhe 1885, S. 229. namen Heven (= Bergrücken) zurück, die auch im 6 Vgl. Werner, Heinrich/ Bergnamen Hohenhewen enthalten ist. Überall Dieser wirtschaftliche Aufschwung spiegelt sich Greuter, Christoph: Der im Hegau gründeten die Alemannen im 6. Jahr- sehr deutlich in der Bevölkerungsentwicklung Hegau – Impressionen einer Landschaft zwischen hundert Siedlungen; Ortsnamen mit der Endung wider: Die Einwohnerzahl der Stadt Singen Bodensee und Schwarz- „…ingen“ deuten auf Gründungen in dieser Zeit. (Hohentwiel) hat sich im Zeitraum 1871 bis wald, 2000, S. 5. 41 Land, Kommunen Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 11/2004 T Ausgewählte Daten zum Hegau und seinen Gemeinden*) Gailingen Singen Maß- Eigel- Gott- Steiß- Merkmal Aach Engen am Hilzingen Mühlingen (Hohen- einheit tingen madingen lingen Hochrhein twiel) Fläche Gemeindefläche insgesamt 2001 km2 10,7 59,3 70,5 13,2 23,6 53,0 32,7 61,5 24,5 darunter Siedlungs- und Verkehrsfläche % 10,6 6,0 10,7 10,8 18,9 10,3 7,2 26,8 14,2 Landwirtschaftsfläche % 47,9 54,6 46,9 33,6 52,5 68,9 60,2 43,3 53,2 Waldfläche % 40,7 38,6 41,0 52,7 27,4 19,1 31,6 27,4 29,6 Bevölkerung Bevölkerung insgesamt Ende 2003 Anzahl 2 214 3 466 10 155 2 971 10 288 8 204 2 332 45 628 4 421 darunter unter 15-Jährige % 19,2 19,2 17,9 14,0 17,2 17,8 19,3 15,7 18,3 65-Jährige und Ältere % 14,6 15,1 17,8 18,0 19,3 14,7 15,4 20,5 17,1 Durchschnittsalter Jahre 38,2 39,2 40,5 41,8 41,4 39,5 38,2 42,5 40,3 Bevölkerungsdichte Einw./km2 207 58 144 226 436 155 71 739 180 Beschäftigung und Arbeitsmarkt Beschäftigte insgesamt Juni 2003 Anzahl 533 639 2 154 863 2 279 1 082 126 21 881 1 039 darunter Produzierendes Gewerbe % 39,2 35,8 37,0 4,9 40,9 34,9 35,7 43,3 67,5 Handel, Gastgewerbe, Verkehr % 27,2 39,7 26,3 9,8 17,6 34,7 12,7 24,4 13,3 Sonstige Dienstleistungen % 33,4 23,2 35,4 84,7 40,4 25,0 42,9 31,6 16,6 Beschäftigte je 1000 Einwohner 2003 Anzahl 244 182 212 293 225 133 55 480 235 Pendlersaldo 2003 Anzahl – 258 – 570 – 1 096 + 127 – 637 – 1 569 – 639 + 7 612 – 431 Grenzgänger Januar 20041) Anzahl 23 30 140 197 476 277 13 576 61 Arbeitslose Juni 2004 Anzahl 70 102 335 68 298 191 78 1 953 92 Wohnen Wohngebäude insgesamt Ende 2003 Anzahl 562 992 2 417 685 2 394 2 104 635 6 967 1 069 Wohnungen insgesamt Ende 2003 Anzahl 915 1 490 4 260 1 317 4 594 3 501 902 21 485 1 951 Wohnfläche je Wohnung Ende 2003 m2 100,8 109,5 100,0 96,0 93,6 103,0 107,5 80,7 100,0 Verkehr Kfz-Bestand Januar 2003 Anzahl 1 913 3 272 7 562 1 738 6 960 6 442 1 968 28 633 3 387 darunter Pkw Januar 2003 Anzahl 1 571 2 385 5 985 1 404 5 843 5 006 1 416 24 571 2 647 Pkw je 1000 Einwohner Januar 2003 Anzahl 720 684 591 478 577 614 617 539 604 Kommunalfinanzen Steuerkraftmesszahl je Einwohner 2004 EUR 527 776 495 365 452 526 332 589 566 Steuerkraftsumme je Einwohner 2004 EUR 702 964 686 576 673 740 667 770 666 Schuldenstand je Einwohner 20032) EUR 499 529 0 379 411 352 245 100 0 *) Eine Vielzahl weiterer Daten kann zu jeder Gemeinde über das Internet (www-statistik-bw.de / Regionaldaten) abgerufen werden. – 1) Auspendler aus der Zuwanderung, Integration und Auswanderung. – 2) Schulden am Kreditmarkt und bei öffentlichen Haushalten, ohne Schulden der kommunalen Wirtschaftsunter- 1980 annähernd verneunfacht; nur in sieben die Zunahme der Bevölkerungszahl stärker als der heute insgesamt 1 111 Gemeinden Baden- landesweit. Spitzenreiter war die Stadt Aach Württembergs war der Anstieg größer. Anderer- mit einem Plus von über 50 %. seits lag die Dynamik in den übrigen Hegau- gemeinden – mit Ausnahme von Gottmadingen Parallel zur Bevölkerungsentwicklung – aber und Rielasingen-Worblingen – zum Teil erheb- noch dynamischer – hat sich der Wohnungs- lich unter der landesweiten Entwicklung.7 bau vollzogen: Im Zeitraum 1980 bis 2003 hat der Bestand an Wohnungen im Hegau um gut 7 Die Einwohnerzahlen für Ganz anders die Bevölkerungsentwicklung seit ein Drittel zugenommen – bei allerdings deut- 1871 wurden zum aktuellen 1980: In allen Gemeinden des Hegaus – mit Aus- lichen regionalen Unterschieden: Vor allem in Gebietsstand umgerech- net. nahme der Stadt Singen (Hohentwiel) – war immer noch ländlich geprägten Gemeinden 42 Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 11/2004 Land, Kommunen Mühl- Baden- Volkerts- Orsingen- Rielasingen- Maß- Stockach Tengen Hohenfels hausen- Hegau Württem- Merkmal hausen Nenzingen Worblingen einheit Ehingen berg Fläche 69,8 62,0 5,1 30,5 17,8 22,2 18,6 575,0 35 751,3 km2 Gemeindefläche insgesamt 2001 darunter 13,1 8,8 24,4 6,3 15,6 15,8 20,9 12,8 13,2 % Siedlungs- und Verkehrsfläche 53,8 58,0 61,6 59,2 58,9 48,7 58,4 53,9 46,8 % Landwirtschaftsfläche 31,1 32,4 11,8 34,0 22,8 33,9 19,2 31,7 38,0 % Waldfläche Bevölkerung 16 730 4 672 2 766 1 998 3 679 3 041 11 907 134 472 10 692 556 Anzahl Bevölkerung insgesamt Ende 2003 darunter 16,6 16,6 18,5 19,4 17,6 19,8 15,1 16,7 16,0 % unter 15-Jährige 16,6 20,9 14,9 13,7 15,6 13,6 17,6 18,1 17,1 % 65-Jährige und Ältere 40,6 42,3 39,3 38,4 39,7 38,1 42,0 41,2 40,8 Jahre Durchschnittsalter 240 75 537 66 206 137 641 234 299 Einw./km2 Bevölkerungsdichte Beschäftigung und Arbeitsmarkt 5 246 558 367 224 283 527 1 762 39 563 3 786 749 Anzahl Beschäftigte insgesamt Juni 2003 darunter 46,7 43,9 63,2 45,1 39,2 65,1 41,1 43,0 42,4 % Produzierendes Gewerbe 25,1 9,7 15,3 8,9 17,3 16,9 34,0 24,0 20,6 % Handel, Gastgewerbe, Verkehr 27,0 44,8 21,0 28,1 36,4 12,3 24,2 31,7 36,3 % Sonstige Dienstleistungen 314 119 133 112 77 175 149 295 355 Anzahl Beschäftigte je 1000 Einwohner 2003 – 232 – 777 – 596 – 391 – 964 – 469 – 2 151 – 3 041 + 145 621 Anzahl Pendlersaldo 2003 102 192 36 2 55 30 318 2 528 .