THEMA

Am dritten Tag geht es nur noch abwärts, Große Bergfahrten in der Bergwelt hartes splittriges Eis im Whymper-Couloir, Steinschlag in den Randfelsen, mit wuch- des tigem Treffer, Talèfre-Gletscher, Couvercle- Hütte, , Montenvers – ein lan- Ein Vortrag von Fred Gaiser 1936 ger Weg. Über die Aiguille Noire FRED GAISER AUS FREUDENSTADT GEHÖRTE ZU DEN GANZ GROSSEN und den Peuterey-Grat auf ALPINISTEN UNSERER SEKTION. IN SCHWABEN ALPIN 3/2014 WURDE den Mont Blanc ÜBER SEINE ERSTE BEGEHUNG DES CENGALO-PFEILERS IM BERGELL UND Wenige Tage später, nach weiteren Tou- ren, geht es hinauf zur wunderbar gelegenen SEINE ZUGEHÖRIGKEIT ZUR KLETTERGILDE BATTERT BERICHTET. Refu ge de la Noire. Von hier aus ist der Mont PROF. DR. FRI EDRICH KLUGE UND MANFRED BASSLER HABEN ALS ALPIN - Blanc das Ziel. Aufbruch um 4 Uhr, genuss - HISTORISCHE AUTOREN DIE VOLLSTÄNDIGEN UNTERLAGEN ZU E INEM volles und beschwingtes Steigen über den VORTRAG VON FRED GAISER IM WINTER 1935/36 –IMMERHIN 104 SCHWARZ- Ostgrat. Um 10 Uhr stehen die Freunde auf W EISS-DIAS UND 37 TEXTSEITEN –VON DESSEN SOHN, HANN ES GAISER, dem Gipfel der Aiguille Noire de Peute rey E RHALTEN, ARCHIVIERT UND AUCH UNS ZUR VERFÜGUNG GESTELLT. (3772 m). Der Abstieg von hier muss ein wil- des Abenteuer gewesen sein. Er beginnt gleich mit einem Irrweg, nach zweieinhalb Daraus ist nachfolgender Beitrag entstanden. Stunden sind sie zurück am Gipfel der Dieser ist der Erinnerung an Fred Gaiser Noi re und beginnen den Abstieg neu, dies- und dem Gedenken an Fritz Kluge gewid- mal mit besserem Erfolg. met. Fred Gaiser ist bei einem Autounfall Allein die Fakten können auch nach 80 Jah- 1938 ums Leben gekommen, Fritz Kluge ren noch Respekt und Angst einflößen: 500 ist nach schwerer Krankheit am 15. Febru- Meter sehr steil, oft senkrecht hinunter in ar 2015 in Freiburg verstorben. die Brèche Sud des Dames Anglaises, zwei Der gesamte Peuterey-Grat, Aiguille Noire, Dames Anglaises, Dent Blanche, Col de Peterey, Mont Blanc de , Mont Blanc 40-m-Hanfseile, Abseilen im Dülfersitz, na - Über Petit und Grand Dru türli ch kein Topo oder dergleichen, ganz tigen Generation, wenn Du nicht wärst, … loser Morgen. Ein Morgen, der sich ganz in scher Hand“. Die ersten Winterbesteigun- bis zur sel ten ein alter Haken, verhangene und ver- Aber wo ist die Grenze von kühnem Wagen Traurigkeit und Verlassenheit gehüllt hat“. gen der Aiguille Noire de Peuterey und der Das lang ersehnte Wiedersehen mit der klemmte Seile, und dabei vergeht Stunde und Wägen!“ So beschreibt Fred Gaiser sei- An Essen oder etwas Warmes ist nicht zu Aiguille Blanche de Peuterey gelangen En- vollendeten Form der Dru und dahinter der um Stunde, es nimmt keine Ende, die her- ne Gedanken. Der Weg wird fortgesetzt, am denken. Die beim Abseilen zerrissenen Ho- de der zwanziger Jahre unserem Sektions- Schneemütze der Auguille Verte im Auf- einbrechende Nacht zwingt zum Biwak. Am späten Mittag sind sie auf der Aiguille Blan- sen von Bertl werden durch Fetzen des Lei- mitglied Hermann Hoerlin, 1930 beging er stieg von nach Montenvers wird andern Morgen folgt der weitere Abstieg zur che. Im Abstieg beginnt es zu schneien, am nenschlafsacks zusammengehalten. Nach auch den Peuterey-Grat. Die erste Alleinbe - für die Freunde zum anfeuernden Erlebnis. Umgehung der Dames Anglaises auf der Col de Peuter ey jagen wilde Wolken über fünf Stunden Aufstieg am tief versch ne i - gehung des Grates über die Aiguille Blan- Romantische Begeisterung und die Selbst- Fréney-Seite, steil und vereist. An der damals die Berge, Nebel fällt ein und verschluckt ten Grat tauchen gegen Mittag endlich che führte Richard Hechtel 1937 durch (Ri- sicherheit desbergsportlichenKönnens fü h - Bei der Überquerung der Mer de Glace schon bestehenden Biwakschachtel an der Oben und Unten. „Und weiter stürmen wir grünschillernde Eiswülste auf, der Gipfel chard Hechtel war später Mitglied der Sek- ren rasch zu dem Plan, diese Gipfel in ei- Brèche Nord wird gefrühstückt, noch ist der mit ver haltenem Grimm, mit verbissenem des (4748 m). tion und Leiter der Bergsteigergruppe). Die nem Zug zu überschreiten. nacht reißen die Nebel auf und im Mond- Himmel blau, aber Föhn und W etter sturz Trotz“. Mühsam und ohne Sicht wird der Grat zuvor beschriebene Überschreitung der Pe- Über das Mer de Glace wird die Charlet-, licht erstrahlen Gletscher und Gipfel. kündigen sich an. „Oh du fröhli c her, un- „Dann bricht ein Gewitter los: Knallend zum Gipfel des Mont Blanc (4807 m) ver- tit und der Grand Dru und weiter bis zur heute Charpoua-Hütte, erreicht. Früher Auf - Der Weiterweg bringt Spannung und höchs - bekümmerter Optimismus der Jugend. Wo peitscht uns der Wind. Setzt aus. Lässt es folgt, Abstieg, Spaltensturz, neuer Sturm, Aiguille Verte wurde in dieser Kombination bruch, noch im Dunkeln suchen sie den te Schwierigkeiten: „Der Fels war hier sehr bli e ben dieg roßen Bergsteigersiegederheu - umso stärker schneien. Und plötzlich fangen Blankeis, endlich ein dunkler Fels in einem von Gaiser und Lehmann 1935 wahrschei n - Weg durch den Gletscher, Steinschlag im quarzhaltig. In Reichweite der Hände waren die Pickel an zu zischen. Und wenig spä - Wolkenloch: die Vallothütte, Rettung, Freu - lich erstmals begangen, ihr Weg über den ersten Fels und dann: „Wir sind überrascht, in Abständenvon einem halben bis dreivier - Im Aufstieg zur Dru ter: Zum Schneesturm ein Gewitter – wann dentaumel. gesamten Peuterey-Grat im gleichen Jahr wie schwer die Kletterei wird. Jetzt ist es aus tel Meter kleine Löcher im Quarz, sie boten wird es losgehen! Zwei Minuten, dann Am vierten Tag folgt der Abstieg über die war die zweite Begehung über die Aiguil- mit unserem Dahinstürmen. Prachtvoll die Platz für knapp 2 Finger“. Für die Füße gab springt eine lohende Feuergarbe aus dem Grands Mulets nach Chamonix, schon am le Noire, damals noch über deren Ostgrat. eisenfesten Griffe. Prachtvoll auch, wie die es kleine Vorsprünge, „auf denen der Schuh düsteren Grau in den Eisgrat vor uns. Und Abend liegen sie am Ufer des Genfer Sees Heute gilt als „gesamter Peuterey-Grat“ der Nagelschuhe auf dem Granit haften“. mit einem einzigen Nagel noch Halt fand“. ein Knallen dröhnt in der Luft“ In einer und Fred Gaiser beendet seinen Vortrag: Weg über den Südgrat der Aiguille Noire, Um 10 Uhr wird die kleine Dru (3733 m), Dann wird die weiterhin sehr schwierige Wächtenspalte wird Schutz gesucht und der „Leise plätschern die Wellen – Bootslichter so wie er von Richard Hechtel mit G.Kittel - gegen Mittag die Grand Dru (3754 m) er- Westwand des Point Petigax (oder Aiguil- Höhepunkt des Gewitters abgewartet, dann bewegten sich auf dem See – der Wind trug mann 1953 erstmals begangen wurde. Sp ä - reicht, bei Wetterglück und grandiosem les sans Nom, 3982 m) ganz durchklettert. geht es völlig ohne Sicht weiter ins graue fröhliche Laute ans Ufer – und in unseren tere Seilschaften aus der Sektion Schwaben Blick auf die Aiguilles von Chamonix, den Ein unendlich langer und immer wieder Nichts. Das nächste Gewitter mit ganz na- Herzen sang und klang es: Monte bianco waren mehrfach am Südgrat (V+) und in der Mont Blanc und die – und schwieriger Grat führt über die Point eCroux henBlitzenundohrenbetäubendenDon ner - – Monte bianco“. direkten Westwand (VI) der Aiguille Noi- nicht zuletzt auf den langen Weiterweg bis zur Aiguille Verte (4122m).Der Gipfel wird schlägen im Schneesturm zwingen bereits re sowie am Peuterey-Grat auf den Mont zur Aiguille Verte. Vom Col du Dru muss in der späten Dämmerung erreicht, am Col am frühen Abend zum zweiten Biwak, ir- Ein Blick in Blanc unterwegs. unter dem Pic sans Nom hindurch ein ex - de la Grande Rocheuse wird das zweite, sehr gendwo am Grat, wahrscheinlich oberhalb die Alpingeschichte p o nierter Weg gefunden werden. Ein ak- notdürftige Biwak bezogen, Kälte, Sturm des Grand Pilier d’Angle. „Nach einer stür- Der Peuterey-Grat und die dortigen Gip- ze p tables Biwak wird bezogen, um Mitter- und Wolken begleiten eine lange Nacht. mischen, trostlosen Nacht beginnt ein trost- fel waren eine Zeit lang fest „in schwäbi- Wilhelm Schloz

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