Des Vereins Für Hessische Geschichte Und Landeskunde

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Des Vereins Für Hessische Geschichte Und Landeskunde C­ ZEITSCHRIFT des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde HERAUSGEGEBEN V 0 N ROBERT FRIDERICI Band 67 1 9 56 BÄRENREITER-VERLAG KASSEL UND BASEL 39 ' Comitate in Hessen Von Gotthold Wagner I. Rohe Bestimmung der Comitate 40. - II. Genauere Bestimmung der Comitate 42. - III. Comitate und kirchliche Gliederung 47. -IV. Comitate und Gaue 51: Gaue als Provinzen/ Gaue als Comitate I Gaue als Centenen. - V, Endergebnisse 61. - Anhang 1: Chatten - Hessen 63.-2: Die Lage des Klosters Fulda 66.- Gautabellen 68.- Cornitatstabellen 72. Unter Hessen wollen wir das Gebiet zwischen Rhein und Fulda und vom Westerwald bis zu einer WO-Linie durch Mainz verstehen, In diesem Gebiet wer­ den wir die Co mit a t e rekonstruieren allein auf Grund der urkundlichen An­ gaben: Orte A, B ... in comitatu N bzw. Orte C, D ••• in comitatu X comltis: Die Angabe, daß die Orte in einem genannten Gau liegen, werden wir zunächst nicht verwerten, da die Frage noch offen ist, wie weit Comitate und Gaue zusam­ mengehangen haben. Bei der Rekonstruktion der Comitate werden wir auch die kirchliche Gliederung nicht benutzen, da auch die Frage, ob Comitate und kirch­ liche Gliederung zusammenhingen, noch offen ist. Infolge dieser Beschränkung ist das zur Verfügung stehende Material nur gering. Wir werden deshalb nicht scharf gegeneinander abgegrenzte Comitate erhalten, sondern mehr oder weniger große Gebietskomplexe, von denen wir nachweisen werden, daß sie zu verschiedenen Cornitaten gehörten. Wir nehmen an, daß die zu rekonstruierenden Comitate Verwaltungsbezirke waren wie unsere Landkreise und Regierungsbezirke (der Größe nach liegen sie zwischen diesen beiden). Die Comitate müssen also wie die Maschen eines Netzes aneinander gehangen haben. Ob sie so scharf begrenzt waren wie unsere heutigen Verwaltungsbezirke, können wir auf sich beruhen lassen, da wir ja nur ganz rohe 1 Grenzen werden bestimmen können • Als Verwaltungsbezirke mußten die Comitate ungefähr gleich groß sein, wobei es nicht so sehr auf die reine Fläche ankommt, als auf die bebaute Fläche, d. h. die Menschenzahl: denn jeder Graf hatte ja aus seinem Cornitat ein Kontingent für das Reichsheer zu stellen. Kleine Splitter­ comitate zwischen großen Cornitaten haben wir also nicht vorzusehen. Wir haben ferner anzunehmen, daß innerhalb der Zeit, über die sich unsere Urkunden erstrecken, die Comitate sich nicht verändert haben. Diese Annahme ist insofern berechtigt, als weder Urkunden noch Schriftsteller eine Veränderung von 2 Cornitaten berichten • 1 Im übrigen beweisen die Reichsteilungsbeschreibungen ziemlich deutlich, daß die Corni· tate linear begrenzt waren, - G. Wagner : Comitate in den Reichsteilungsbeschreibun­ gen (Mskr. auf der UB Göttingen, mit rotem Leihschein erhältlich). 2 Andere Vorstellungen über das Aussehen der Comitate haben H. Mitte i s : Der Staat de5 hohen Mittelalters (1948) 5"0; W. S eh le singe r: Die Entstehung der Landesherr­ schaft = Sächs. Forschgn. z. Gesch. I (1941): A. W a as : Herrschaft und Staat ... Hist. .· 40 Gotthold WagHer Die rein aus den Kaiser-Urkunden gefundene Comitatekarte werden wir mit einer Karte der kirchlichen Gliederung des H. Jhdts. vergleichen, die unabhängig von unserer Comitaterekonstruktion gefunden ist. Wenn wir dann eine weitgehende Obereinstimmung erkennen können, so folgt daraus einmal. daß sich die kirchliche Gliederung an die alte weltliche Gliederung angeschlossen hat, zum anderen, daß unsere Rekonstruktion der Comitate nicht völlig falsch sein kann. In einem weiteren Abschnitt werden wir die Gauverhältnisse unseres Gebietes betrachten. Wir werden erkennen: die Großgaue waren Verwaltungsbezirke, in die unser Gebiet vor der Comitatsverfassung gegliedert war; die Kleingaue lassen sich als Centenen der Comitate wahrscheinlich machen. I. Rohe Bestimmung der Comitate In der SW-Ecke unseres Gebietes liegt der C t. Cu n i g es s und r a. 970 bzw. 973 heißt es "in pago et comitatu Kuntugessundra, cul ]mmat comes preesse vtde­ tur" und "in comitatu Ymmiconis comitis Chuniugessuudra vocato" 3• Als Cornitats­ orte werden genannt Wicker und Nordstadt bzw. Schierstein (Ct, C2, Cs der Skizze 1). 909 liegt Massenheim (u) "in comitatu Cuuingishuutra". Studien 3H (1938) entwickelt; zuletzt S. Krüger: Studien zur sädls. Grafschaftsverfas­ sung im 9. Jhdt. = Studien u. Vorarb. z. Hist. Atlas Niedersamsens 19 (1950) 37: nDer Komitat erscheint nidlt als geschlossenes Gebiet, sondern er verteilt sidl sdleinbar regel­ los über weite Flächen". Unserer Auffassung entsprechen E. Stenge!-+- Gedächtnisschrift f. Rörig (19S3) 40 Anm. 16; er setzt sich Nausdrücklich ab von der neuerdings üblich gewordenen Abwer­ tung der fränkischen Grafschaft, die selbst unter Karl dem Großen kein durmgehendes Verwaltungsprinzip gewesen sei". - Ferner E. Frhr. v. Gu tt e n b er g: DA 6 (1943) 598; ders.-+- Festschrift f.Stengel (1952) 93ff. und O.Stolz: Das Wesen der Graf­ sdlaft im Raume Oberbayern - Tirol - Salzburg -+- Zs. f. bayr. Landeskunde 15 (1949) 86 ff. Vermittelnd äußert sich K. S. Bad er-+- HZ 176 (19B) 457: .in karolingischer Zeit .•• Comitatsverfassung, die das Reich in halbwegs feste und einigermaßen beständige Be­ zirke einteilt". Daß ein Masmennetz von Cornitaten mit den Urkunden vereinbar ist, beweisen meine sdlon ersmienenen Arbeiten: Comitate um den Harz -+- Harz-Zs. 1 (1948) 8-48. - Comitate im Bistum Faderborn -+- Westf. Zs. 103/4 (1954) 221-270. - Comitate in Franken -+- Mainfr. Jb. 6 (1954). - Comitate zwismen Rhein, Main und Neckar - ZGO 103 (19H), ferner die Comitatekarte-+- Comitate im karolingischen Reich (1952), die aus den genannten und weiteren dort angeführten Arbeiten gewonnen wurde. Auch für ein weites linksrheinisdles Gebiet wurde eine Comitatekarte aus den Reichsteilungs­ beschreibungen gewonnen. Eine Aufzählung und etwaige kritische Behandlung der bisher gemachten Versuche zur Rekonstruktion der Comitate wurde unterlassen, weil sie zu unseren Betrachtungen nichts beigetragen hätte; hingewiesen sei auf C Ia s s e n : Die kirchliche Organisation Althessens im Mittelalter (1929) 82. 3 Die Nachweise für die im folgenden angezogenen Urkunden finden sich in den Comi­ tatstabellen am Ende der Arbeit. - Die in Absmnitt I und li genannten Orte sind der Kostenersparnis wegen in einer Skizze vereinigt. Die in Absmnitt ,I genannten Orte sind umringelt, um sie von den in Abschnitt ll genannten unterscheiden zu können. Comitate in Hessen 41 Nördlich davon liegt der C t. Ein r ich i, der in der Urkunde von 973 gleich­ zeitig mit dem Ct. Cunigessundra genannt wird. In ihm liegt Braubach (E). 1031 schenkt Konrad II. an Trier Hcomitatum Mariuelis situm in pago Einrichi". Marien­ Eeis (M) wird der Grafengerichtsort des Comitats sein. - Wir erkennen hieraus noch, daß ein Cornitat gelegentlich zwei verschiedene Namen haben kann. 91S liegt der Königshof Nassau (N) Hinduobus .. , comitatlbus,,. Sconenberg et Maruels". Wie Marienfels der Gerichtsort des Cts. Einrichi ist, so wird Sconen­ berg der Gerichtsort eines nördlich der Lahn gelegenen C t s. Sc o n e n b er g sein. Eine Deutung für Sconenberg findet sich bei Förstemann' nicht; in Betracht kom­ men Schöneberg (Sc) und zwei dicht beieinander liegende Orte Schönberg (Sc, Sc). 914 schenkt Konrad I. den Königshof Haiger Hac tertiam partem modlorum regis in eodem pago vel comitatu". Es muß also in der Gegend des Ortes Haiger (Hl ein Ct. Haigera gelegen haben; ob dieser Cornitat von dem benachbarten Ct. Sconenberg verschieden war oder nicht, bleibt noch zu untersuchen. -Da in der Urkunde der Ort Steinfurt (St) im Cornitat des Oto genannt wird, ist der Cornitat des Oto sicher vom Ct. Haigera verschieden; wir werden den Ort Steinfurt als im 5 Ct. Malstatt gelegen erkennen • 1043 schenkt Heinrich III. an Fulda ,.comitatum Maelstatt in Wetereiba quem comes Berchtoldus habere visus est". In diesem C t. MaIstatt liegen die Orte Wehrheim, Marköbel, Himbach, Langen-Bergheim, Nd.-Wöllstadt, Ohmen, Fisch­ born, der Straßheimer Hof (Mt-Ms), die 1046-1064 im Ct. Malstatt des Grafen Bmbtold angegeben werden. In ihm wird ferner Orb (M) liegen, das 1064 im Cornitat des Grafen Berchtold genannt wird. Im Bereich dieser Orte liegt auch das· oben genannte Steinfurt (St). In den Jahren 1008-1019 werden im Cornitat des Grafen Friedrich genannt: Dillich, Kassel, Bauna, Ob.- und Nd.-Kaufungen, Vollmarshausen, Uschlag, Wolfs­ anger (Ft-Fs). 1046 liegt Venne (W1) Hin comltatu Werlnheri comitls scl/icet Madanun dlcto", Da der Ort Maden (M)- der Gerichtsort des Comitats- zwischen den Orten des Friedrich liegt, sind Friedrich und Werner Inhaber des C t s. Maden. Im Cornitat des Grafen Werner liegt 1043 Ihringshausen (W2) zwischen der Grenze unseres Gebietes und den Orten des Friedrich. 1046 wird Kerstenhausen (Go), wenn es richtig für Christineshusen gedeutet ist, im Cornitat des Grafen Gero genannt. Da im Ct. Maden 1043 und 1046 Werner als Graf genannt wird, kann Gero nicht gut diesen Cornitat innegehabt haben, sondern es muß der C t. Ger o vom Ct. Maden verschieden gewesen sein. Für den Ct. Gero ist nach Osten kein Platz vorhanden, er muß sich also nach Westen zu erstreckt haben, wohin wir in der Skizze 1 seinen Namen gesetzt haben. Die Urkunde, die Dillich (Ft) im Cornitat des Friedrich nennt, nennt auch Ohmen (Gi) im Cornitat des Grafen Giso und einen Cornitat des Grafen Gerlach, 4 E. Förstemann: Altdeutsches Namenbudt 1/11 (1856-72), s Die beiden Orte sind in Skizze 1 gewölbt unterstridten, um sie als zu zwei versdtiedenen Comltaten gehörig kenntlidt zu madlen. 42 Gotthold WagHeT ohne Orte in ihm anzugeben a. Wir haben in der Skizze G dahin gesetzt, wo wir hernach Orte des Gerlach kennen lernen werden. Karl d. Gr. schenkt 782 an die Kirche zu Fritzlar die Besitzungen des Erz­ bischofs Lullus mit Ausnahme von Mardorf (M) 7, das Lullus selbst behalten will. 8 Diese Güter liegen niH ministerio Rabbanone et Swlggario vel Agilgaudo" • Indem wir nministerium" als gleichbedeutend mit nCOmitatus" auffassen, würden also die Güter in drei Cornitaten gelegen haben, die wir im Bereich von Mardorf und Fritzlar zu suchen haben, da die Kirche von Fritzlar keine Güter in größerer Entfernung besessen hat. Der eine wird der Ct. Maden sein, in dem Maden und Fritzlar liegen, der andere könnte der Ct. Gero sein; dann müßte der dritte südlich des Cts.
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