Hessischer Städteatlas

Lieferung I,6

Limburg an der

Textheft

Herausgeberin: Ursula Braasch-Schwersmann

Bearbeiter: Ursula Braasch-Schwersmann, Holger Th. Gräf und Ulrich Ritzerfeld

Marburg 2005 Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde Die „Schlacht von Limburg“ 1796, Ölgemälde von Theodor Albrecht, Stadtarchiv Limburg Großes Siegel der Stadt Limburg, 1. Hälfte 13. Jh., Umschrift: + SIGILLVM CIVIUM IN LIMPURC B · IUSTE · IVDICATE, Durchmesser: 75 mm (verkleinert), Hessisches Hauptstaatsarchiv

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek über http://dnd.ddb.de abrufbar

Gedruckt aus Mitteln des Landes Hessen

ISBN 3-87707-645-9

© Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde, Marburg 2005

Druck: Verlagsdruckerei Schmidt, Neustadt an der Aisch Inhalt I. Historischer Abriss

1. Anfänge des Ortes von der ersten I. Historischer Abriss 3 urkundlichen Erwähnung bis 1300 1. Anfänge des Ortes von der ersten urkund- lichen Erwähnung bis 1300 3 2. Das Spätmittelalter und die Frühneuzeit 5 Die Anfänge von Limburg stehen im Kontext der 3. Das 19. und 20. Jahrhundert 12 fränkischen Landnahme und der von Trier aus 4. Jüdische Einwohner in Limburg im Mittelalter betriebenen Missionierung im Lahngebiet, bei der und in der Neuzeit 21 sich frühzeitig als Etappenstationen an der alten 5. Bevölkerungszahlen vom Mittelalter Straße von der Mosel nach Hessen und Thüringen bis zum 20. Jahrhundert 24 die Zentren Limburg, und her- 6. Wirtschaft, Gewerbe und Beschäftigungs- ausbildeten. Dabei ist die Errichtung einer Landfes- struktur in der Neuzeit 25 te in strategisch günstiger Lage auf einem steil zur 7. Stadtteile nach der hessischen Lahn abfallenden Kalkfelsen oberhalb der Schnitt- Gebietsreform von 1977 26 stelle alter Handelswege unweit der alten Missions- kirche noch in merowingischer Zeit II. Siedlungstopographische Entwicklung vom 1 Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert 26 anzunehmen . Mit der politischen Gliederung des 1. 7. bis 10. Jahrhundert: Burg und Stift 26 Raumes in der Karolingerzeit wurde die ausgebaute 2. 10. Jahrhundert: Ansiedlung um Burg im 9. Jh. Sitz der Grafen im Niederlahngau. die St. Laurentiuskirche 27 In dieser Funktion, als königliche Amtsträger, be- 3. 11./12. Jahrhundert: Entstehung gegnen spätestens seit dem Ende des Jahrhunderts einer Marktsiedlung 28 Mitglieder der westfränkischen Hochadelsfamilie 4. 13. Jahrhundert: Stadtentstehung 29 der Konradiner, die der Entwicklung des Lahn- 5. Erste Hälfte 14. Jahrhundert: Wiederaufbau raumes durch die Gründung von drei Stiften in der Stadt; Entstehung der Vorstädte 32 Limburg, Weilburg und Wetzlar im kurzen Ab- 6. Mitte 14. bis Ende 18. Jahrhundert 35 stand von 910 bis 914 entscheidende Impulse ver- 7. Entwicklung bis 1873/74 38 liehen2. III. Siedlungstopographische Entwicklung von der In einer Schenkungsurkunde König Ludwigs zweiten Hälfte des 19. bis zum Ende des Kindes vom 10. Februar 910 ist die Gründung des 20. Jahrhunderts 41 des St. Georgenstifts dokumentiert und Limburg 1. 1873/74 bis 1914 41 erstmals erwähnt3. Der König schenkte darin auf 2. 1914 bis 1945 43 Bitte des Erzbischofs Hatto von Mainz dem Gra- 3. 1945 bis 1992 44 fen Konrad Kurzbold den Fronhof nebst IV. Erläuterungen zum Kartenwerk, Aufbau der Kirche zu Bergen mit umfangreichen Rechten der Karten und Hinweise zu ihren Quellen 46 zur Ausstattung der Kirche, die dieser auf dem 1. Katasterkarte (1873/74), 1:2.500 46 Berge, gen. Limburg, zu bauen im Begriffe sei (quam 2. a) Umlandkarte 19. Jahrhundert (1876/77), extruere nititur in monte quodam Lintburk vocato in Loge- 1:25.000 47 nahe). Die vermutlich schon im 9. Jh. existierende 2. b) Umlandkarte 20. Jahrhundert (1985/88), St. Laurentiuskapelle, Mittelpunkt der ältesten 1:25.000 48 Siedlung, wurde dem Stift eingegliedert4. Kaum 3. Entwicklungskarte vom Mittelalter trennen lässt sich bei der Gründungsausstattung bis 1873/74, 1:2.500 48 der Anteil des Reichs- bzw. Amtsguts vom Eigen- 4. Entwicklungskarte von 1873/74 bis 1992, 1:5.000 50 gut der Konradiner. Auch in der Folge wurden 5. Stadtkarte 1992, 1:5.000 51 dem Stift weitere Schenkungen sowohl des Reiches 6. a) Übersichtskarte Hessen, 1:750.000 51 bis zu König Heinrich IV. als auch der Adelsge- b) Legende der Katasterkarte, 1:2.500 schlechter der Umgebung und später der Bürger- familien aus Limburg zuteil5. Auf eine Urkunde

V. Gebäudeverzeichnis 52 1 Über die in der Forschung kontrovers diskutierten zeit- VI. Literatur 63 lichen Anfänge der Missionierung im Lahngebiet siehe 1. Quellen 63 STRUCK, Stift St. Lubentius S. 44-58. 2. Darstellungen 63 2 STRUCK, Stiftsgründungen. 3 STRUCK, Klöster 1 Nr. 1. 4 Einen soliden Überblick über Geschichte und Besitz des Stiftes bietet GENSICKE, Landesgeschichte S. 94-97. 5 Zu den königlichen Schenkungen STRUCK, Klöster 1 Nr. 2 = 940; Nr. 4 = (1024-1039), Nr. 6 = 1059, Nr. 7 = 1062.

3 Hessischer Städteatlas –

Ottos I. aus dem Jahre 942 geht die Immunität des maßgeblichem Einfluss des Stiftes. Die Schenkun- Stiftsbesitzes zurück6. Burg, Stift und Vogtei in gen aus der Mitte des 11. Jhs. sowie die Weihein- Limburg wurden dabei mit dem dazugehörenden schrift einer Chortafel lassen auf eine Bautätigkeit Besitz frühzeitig aus dem Grafschaftsbezirk gelöst an der Stiftskirche schließen, die vermutlich mit der und bildeten den Mittelpunkt eines eigenen herr- frühzeitigen Entwicklung eines lokalen Marktes in schaftlichen Gebietes, der späteren Herrschaft Verbindung steht12. Im 12. Jh. verdichten sich die Limburg. Hinweise auf eine gewisse Zentralität des Ortes. Mit dem Ende der Konradiner im Richteten sich die Aufstände der Dorfbevölkerung 1114 und 1129 noch gegen die Stiftspropstei13, so kamen die Burg und Limburg selbst über die Wet- 14 terauer Vettern und deren Luxemburg-Gleiberger sind der Bau einer ersten Lahnbrücke sowie zwei- Erben an die Pfalzgrafen und von diesen an die er Mühlen, die Münzstätte und das Rechnen nach Limburger Getreidemaß auch im benachbarten Grafen von Leiningen. Unter letzteren war Lim- 15 burg um 1180 Münzstätte, die durch einen Pfennig Weilburg als Indikatoren einer zunehmenden Wirt- mit regionalem Schlag sowie durch zwei Münzer schaftstätigkeit zu werten. 1214/25 ist schließlich von drei Fleischbänken (tribus marcellis sitam apud nachgewiesen ist und als Zeugnis für umfassende 16 Herrschaftsrechte im Raume zu werten ist7. Die Limpurg) die Rede . Hauptvogtei über das Stift Limburg aus dem glei- Der sich parallel zur wirtschaftlichen Ent- chen Erbe ist jedoch 1124/29 in den Händen der wicklung vollziehende nachbarschaftlich-genossen- Grafen von - belegt8. Um 1220 schaftliche Zusammenschluss in Limburg ansässi- treten schließlich die Herren von Isenburg als ger Kaufleute und Handwerker, die bereits ein Stadtherren und Stiftsvögte die Erbfolge in der gewisses Maß an persönlicher Unabhängigkeit und Herrschaft Limburg an, nach der sich erstmals wirtschaftlicher Selbstständigkeit erlangt hatten, fand 1248 Gerlach nennt9. Ihre Stellung war jedoch 1211 seinen schriftlichen Niederschlag in der Be- nicht auf Eigengut, sondern im Lehnrecht begrün- zeichnung cives17. 1214 führten Schultheiß, Schöffen det. Je zu einem Drittel wurden sie mit der Burg, und Gemeinde von Limburg (sculteti, scabini et uni- der Stadt und dem Zubehör (Bifang) vom Deut- versi limpurgenses) ein eigenes Siegel, das 1224 offen- schen Reich, dem Erzbischof von Mainz sowie den sichtlich nicht mehr vorhanden war18. Ist 1227 Landgrafen von Hessen belehnt10. 1332 bekundet noch ausdrücklich von der civitas Limburg die Re- schließlich Gerlach von Limburg, seine Dörfer Elz, de19, so bestätigte der Mainzer Erzbischof Siegfried Brechen, Bergen und Werschau sowie seinen 1232 dem Limburger Stift u. a. den Besitz des Pfarr- Zehnten zu und die Hälfte des Dorfes altars infra muros oppidi Limburg 20 , womit dieses bei , ferner die Vogteien des als Stadt im Rechtsinne gelten kann. Als Organe Stifts Limburg und des Dorfes Netzbach mit den der Stadtgemeinde siegeln erstmals 1293 zwei davon abhängigen Hufen mit der hohen und niede- ren Gerichtsbarkeit der Dörfer von Erzbischof

Balduin von Trier zu Lehen empfangen zu haben11. Unter letzterem setzte eine gezielte Expansions- 12 STRUCK, Klöster 1 Nr. 5. SCHIRMACHER, Limburg S. 284-285, politik des Trierer Erzstifts im Lahnraum ein, das vermutet schon im 10. Jh. die Existenz eines Marktes. 13 STRUCK, Klöster 1 Nr. 10 und 12. nach dem Aussterben der Herren von Limburg 14 GENSICKE, Gottfried S. 35-38, und in diesem Punkt fol- deren Stadt- und Landesherrschaft übernahm. gend, SCHIRMACHER, Limburg S. 59-62. Die Errichtung dieser ältesten, vermutlich hölzernen Brücke wird hierin Vor dem Hintergrund dieser sich wandelnden nach der Gründungsüberlieferung des Klosters Altenberg herrschaftlichen Strukturen vollzog sich die Ent- dem Wanderprediger Gottfried von zugeschrie- wicklung der Stadt Limburg zunächst noch unter ben und um 1150 angesetzt. Hierzu neuerdings kritisch DOEPNER, Altenberg S. 10-11 bes. Anm. 4 und 6.

15 STRUCK, Klöster 2 Nr. 1057. 6 STRUCK, Klöster 1 Nr. 3. 16 ROSSEL, Urkundenbuch 2 Nr. 558 S. 399 und Nr. 572 7 HÄVERNICK, Münzwesen S. 89; SCHIRMACHER, Limburg S. 409-410. S. 258-260. 17 MEYER ZU ERMGASSEN, Oculus Memorie, Kap. XXIII A § 8 Zur bisweilen sehr kontrovers geführten Diskussion über [43] S. 396. Die Bürger werden hier anlässlich einer Güter- die Herleitung des Besitzes siehe LAUT, Territorialge- übertragung neben den Kanonikern des Stiftes St. Georg schichte; DERS, Herrschaft; HECK, Besitz und GENSICKE, als Zeugen genannt. Landesgeschichte S. 94-97 und S. 128-130. 18 ROSSEL, Urkundenbuch 2 Nr. 558 S. 398-399, Nr. 570 S. 408. 9 STRUCK, Marienstatt Nr. 31. DEMANDT/RENKHOFF, Hessisches Ortswappenbuch S. 236. 10 Hierzu mit Belegen für die Belehnungen STRUCK, Verfas- Der Verlust des Siegels wurde mit dem Übergang der sung S. 7-8. Herrschaft in Limburg von den Grafen von Leiningen an 11 STRUCK, Klöster 1 Nr. 202. In einem Lehnsbrief vom 24. die Herren von Isenburg erklärt. Zuletzt STRUCK, Grün- Jan. 1334 spricht Erzbischof Balduin davon, dass bereits dung S. 28. die Vorfahren Gerlachs die genannten Güter und Rechte 19 STRUCK, Marienstatt Nr. 18. von ihm zu Lehen trugen (ebd. Nr. 211). 20 STRUCK, Klöster 1 Nr. 21.

4 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

Bürgermeister (magistri civium) neben den Schöffen fen28. Dies sind zum einen die langfristigen Wellen- der Stadt21. Ein Rat ist 1344 belegt22. bewegungen der demographischen und wirtschaft- Die sich auf mehrere Jahrzehnte erstreckende lichen Konjunkturen, zum anderen die im Spät- Stadtwerdung ohne formalen Erhebungsvorgang mittelalter einsetzende, im 16. und 17. Jh. be- wurde vom Ausbau der Kathedrale begleitet, deren schleunigte und im 18. und 19. Jh. zum Abschluss Weihe durch den Trierer Erzbischof Theoderich II. kommende Verdichtung obrigkeitlicher staatlicher vermutlich am 23. Apr. 1235 erfolgte23. Zu diesem Herrschaft und Verwaltung. Ein Abriss der Lim- Zeitpunkt verfügte Limburg bereits über eine burger Geschichte im angegebenen Zeitraum muss zweite, erweiterte Stadtmauer24. Um das Jahr 1232 im Zusammenhang mit diesen Wandlungen gese- ließen sich auf Betreiben des Stadtherrn die Fran- hen werden. ziskaner in Limburg nieder und errichteten ein Unmittelbar vor den in der Mitte des 14. Jhs. Kloster mit Gotteshaus25. einsetzenden Pestzügen erreichte Limburg mit ca. 4.500 bis 5.500 Einwohnern den Höchststand sei- Das Verhältnis zwischen der Stadtgemeinde ner Bevölkerung vor dem 19. Jh.29. Knapp 4/5 der und den Herren von Isenburg-Limburg musste damaligen Einwohnerschaft lebten in der Kern- 1277 von dem zuständigen Frankfurter Schöffen- stadt, innerhalb des Mauerringes aus der ersten gericht als Oberhof in einem Schiedsspruch gere- Hälfte des 13. Jhs. Die restlichen Einwohner ver- gelt werden, da Gerlach I. sein Befestigungsrecht teilten sich auf die Hammer-, die Diezer- und die durch Bauten der Einwohner verletzt sah. Auch Brückenvorstadt. Die mit der Populationsspitze wenn hierzu bereits 1279 in einem Sühnevertrag einhergehende vorläufig größte siedlungstopogra- des Herrn Gerlach und seiner Söhne Einschrän- phische Ausdehnung der Stadt wurde in den frühen kungen vorgenommen wurden, blieb den Bürgern 1340er Jahren mit der in einem großzügigen Bogen das Recht auf unabhängige Justiz, freie Wahl der halbkreisförmig um die Stadt geführten Wall- Wohnung, ungehinderte Eheschließung und Frei- Graben-Anlage – der Schiede – befestigt. Über heit von ungerechtfertigten Abgaben. Zudem wur- eventuelle Motive bzw. den unmittelbaren Anlass de das Recht der Besteuerung anerkannt. Dem für dieses Bauwerk gibt es keine näheren Informa- Stadtherrn blieben das Befestigungsrecht sowie die tionen. Die Annahme liegt nahe, dass hier beson- Einkünfte der Stadt26. Die zunehmende Selbststän- ders mit der Initiative des Rates zu rechnen ist, digkeit der Stadt Limburg ist 1281 durch einen denn die Isenburger als Limburger Stadtherren sind Vertrag mit dem Grafen Gerhard von Diez doku- zu einer solchen Anstrengung zu diesem Zeitpunkt mentiert, der ohne Mitwirkung des Stadtherrn ge- weder politisch noch finanziell in der Lage gewe- schlossen wurde27. sen30. Spätestens ab 1315 hat sich Gerlach III. von Limburg31 aufgrund seiner auswärtigen Aktivitäten immer weiter verschuldet, nicht zuletzt aufgrund 2. Das Spätmittelalter und die Frühneuzeit des politischen Drucks, der sich für ihn aus seiner Option für den unterlegenen Prätendenten in den Limburgs Geschichte im Spätmittelalter und in der Thronfolgestreitigkeiten zwischen Friedrich von Frühneuzeit war durch seine verkehrsgünstige Lage Österreich und Ludwig dem Bayern ergeben hat- und seine Nähe zum politisch wie wirtschaftlich sensiblen Rheinland in besonderem Maße den gro- ßen, säkularen Entwicklungsrythmen unterwor- 28 Eine modernen Anforderungen genügende Landesgeschichte Kurtriers unter Einschluss des Limburger Beckens, des

Mittelrhein- und Lahngebietes in der Neuzeit fehlt. Daher 21 STRUCK, Klöster 1 Nr. 60. noch immer MARX, Geschichte, 4. Abt., 2.2 und 3. 22 STRUCK, Verfassung S. 9. Die Nennung der Räte im 29 SCHIRMACHER, Limburg S. 265, kritisch dazu SCHWIND, Frankfurter Schiedsspruch von 1277 ist wohl dem Um- Limburg. – Vgl. zu den generellen Problemen bei der Be- stand geschuldet, dass diese in zu diesem Zeit- rechnung von Bevölkerungszahlen im vorstatistischem punkt selbstverständlich existierten. Zeitalter ANDERMANN / EHMER, Bevölkerungsstatistik; 23 STRUCK, Gründung S. 16-31. Der Baubeginn der neuen CIPOLLA/BORCHARDT, Bevölkerungsgeschichte. Kirche ist um 1175/80 anzusetzen. METTERNICH, Entste- 30 Die Annahme HÖHLERs, Geschichte S. 26-27 und ihm hung S. 17. folgend STILLE, Limburg S. 54, nach der Gerlach III. den 24 METZEN, Geschichte S. 44-61. Bau der Schiede anordnete, täuscht möglicherweise darüber 25 STRUCK, Klöster 1 Nr. 1360-1366; DERS., Nekrologium S. hinweg, dass diese Anlage von der Stadt getragen und in i- 69-81; KUHNIGK, Franziskaner; SCHIRMACHER, Limburg tiiert, von Gerlach wahrscheinlich nur mehr oder weniger S. 165-166. genehmigt worden ist. 26 Zu den Vorgängen mit Abdruck der Urkunde von 1277 31 STILLE, Limburg S. 52-54 behält die alte Zählung bei, nach siehe STRUCK, Verfassung S. 1-13. Die Urkunde von 1279 der es sich erst um den zweiten Isenburger dieses Namens bei BAHL, Beiträge 1 Nr. 2 S. 19-20. handelte. STRUCK, Georgenstift sowie DERS., Klöster zäh- 27 BAHL, Beiträge 1 Nr. 3 S. 21-22. len ihn dagegen schlüssig als dritten Gerlach.

5 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn te32. Schließlich musste er 1344 die Hälfte der Stadt, nachgewiesenen rund 30 führenden stadtadligen, Burg und Herrschaft Limburg an den Erzbischof patrizischen Geschlechter39 die Stadt verlassen von Trier verpfänden33, dem damit ein wesentlicher haben bzw. ausgestorben sind, bleibt ungewiss40. Schritt zur Festigung seiner weltlichen Herrschaft Immerhin können von den 24 bei Tilemann Ehlen in den rechtsrheinischen Teilen seiner Erzdiözese von Wolfhagen genannten Patriziern, die sich mehr gelungen ist. Auf längere Sicht konnte er damit als einmal urkundlich greifen lassen, 16 vor und auch die Rivalität des Mainzer Erzbischofs aus- kurz nach der Pest von 1349 nachgewiesen werden. schalten, der nach und nach seinen Einfluss im Vergleichbare Berechnungen für bestimmte Berufs- mittleren Lahngebiet verlor. und soziale Gruppen in anderen Städten lassen Limburg, auf der Höhe wirtschaftlicher und vermuten, dass mit mindestens einem Drittel Pest- städtischer Blüte, profitierte von der Übertragung toten unter der Stadtbevölkerung zu rechnen ist. In an Trier. Um die Zustimmung der Stadt zu ihrer Hamburg starben während der großen Pest 35% Verpfändung zu erhalten, musste ihr der Stadtherr der Bäckermeister und 57% der Stadtbediensteten, einen Freiheitsbrief gewähren34. Neben den zwölf in Lübeck fielen 1350 36,6% der Ratsherren der Seuche zum Opfer, in Lüneburg waren es ebenfalls städtischen Schöffen konstituierte sich jetzt ein 41 Zwölferrat mit gewählten Vertretern aus der Bür- mehr als 36% . Es war ohnehin nicht diese eine gerschaft. Die Bedefreiheit über 50 Mark Silber Pestepidemie, die den demographischen und lang- und die Pfandfreiheit für herrschaftliche Schulden fristig auch städtischen Niedergang Limburgs ver- wurden der Stadt garantiert35. Zusätzlich zur Siche- ursachte, sondern vielmehr das häufige Auftreten rung ihrer Position gegenüber den Isenburgern bei der Seuche, die eine Regeneration der Stadtbe- innerstädtischen Angelegenheiten gelang dem Rat völkerung immer nur in Ansätzen zuließ. So for- derte die Pest bereits 1356, 1383 und 1395 neue durch den Bündnisschluss mit den vier Reichs- 42 städten Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Opfer . Auch während des 15., 16. und der ersten Wetzlar im Jahre 1346 auch ein wichtiger außenpo- Hälfte des 17. Jhs. suchten Seuchenzüge Limburg litischer Erfolg36. und die umliegenden Orte immer wieder heim und fanden unter der durch Missernten und Teue- Mit der ersten Pestwelle, die Limburg im Jahre rungskrisen mangel- und unterernährten Bevölke- 1349 erreichte, brach das städtisch-bürgerliche rung zahlreiche Opfer43. Schließlich schrumpfte die Selbstbewusstsein und Autonomiestreben keines- Limburger Bevölkerung bereits vor dem Dreißig- wegs zusammen. So wurde 1356 von Karl IV. das jährigen Krieg auf 1.600-1.700 Einwohner zusam- kaiserliche Privileg erwirkt, in dem er alle im Jahre men, also ein Drittel ihres Standes von vor der 1344 zwischen Stadtherrschaft und Stadt verein- großen Pestwelle, als 4.500-5.500 Menschen in Lim- barten Rechte und Privilegien bestätigt hat37. Bis ins burg lebten44. 18. Jh. hinein wird dieser Limburger Freiheitsbrief von den römisch-deutschen Kaisern bestätigt. Dieser Bevölkerungseinbruch beeinträchtigte Weiterhin erlaubte Karl IV. der Stadt die Erhebung selbstverständlich auch die Wirtschafts- und Fi- eines Brückenzolles. Limburg erhielt damit eine nanzkraft sowie die politisch-militärische Stellung wichtige Einnahmequelle für Jahrhunderte38. der Stadt, ohne dass sie zur Bedeutungslosigkeit Wie groß die Bevölkerungsverluste durch die Pest gewesen sind und wie viele der in den 1330er 39 WYSS, Limburger Chronik S. 101-102. und 1340er Jahren urkundlich und chronikalisch 40 Mehrere Familien wanderten offensichtlich nach Frank- furt/Main ab und bildeten dort den Kern der später be-

deutenden Patriziergesellschaft Alten-Limpurg; vgl. LERNER, 32 Hierzu und zum Folgenden HILLEBRAND, Pfandherrschaft Patriziergesellschaft S. 29-34, 174. und STRUCK, Georgenstift S. 56-66. 41 Es gilt selbstverständlich zu bedenken, dass die Pest unter 33 BAHL, Beiträge 2 S. 12-14. den Kindern, Alten und Kranken sowie generell unter den 34 HÖHLER, Geschichte S. 27; KEYSER, Städtebuch S. 316. mangel- und unterernährten Unterschichten wahrschein- 35 BAHL, Beiträge 2 S. 30. lich mehr Opfer als in der patrizischen Elite gefordert 36 BAHL, Beiträge 2 S. 39. hatte. – Vgl. die Beispiele zu Hamburg, Bremen, Lübeck, 37 HÖHLER, Geschichte S. 27. Worms und Basel bei ISENMANN, Stadt S. 40 mit Litera- 38 STILLE, Limburg S. 57. Dieser Zoll wurde von der Stadt turhinweisen. bis zum Jahre 1900 erhoben. Allerdings spielte sein Ertrag 42 WYSS, Limburger Chronik S. 46, 89-90, 112, Nr. 20 und im städtischen Gesamthaushalt zu dieser Zeit keine große S. 117, Nr. 13; STILLE, Limburg S. 55 und 69-70. Auch für Rolle mehr; vgl. HELLBACH, Handels- und Gewerbever- 1365 wird überliefert: in eodem anno erat tercia pestilencia et mi- kehr S. 173. STILLE, Limburg S. 182 nennt ohne Beleg nima; WYSS, Limburger Chronik S. 112. 1905 als Jahr der Zollaufhebung. 1790 betrug die Pacht 43 Zu Missernten und Klimakatastrophen, oft in unmittel- des Brückenzolles auf sechs Jahre 725 Rtlr., eine beacht- barer zeitlicher Nähe zur Erwähnung von Pestepidemien liche Summe verglichen mit dem städtischen Anteil von vgl. WYSS, Limburger Chronik S. 89-90, 114-115, Nr. 44 100 Rtlr. zur Finanzierung des Franziskanergymnasiums; für die Jahre 1395 und 1432. vgl. METZEN, Finanzverwaltung S. 21. 44 SCHIRMACHER, Limburg S. 263-266.

6 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn herabgesunken wäre45. Die Stadt behielt durchaus 1482 nur noch Kurtrier und die Landgrafschaft ihren Behauptungswillen gegenüber den umliegen- Hessen übrig. Beide teilten sich bis 1624 die Stadt- den adligen Dynastien, dem sie gegebenenfalls auch herrschaft über Limburg51. 46 mit bewaffneter Hand Nachdruck verlieh . Aller- Die lückenhafte Forschung lässt für das 15. Jh. dings tauchen die Limburger auch immer öfter im nur wenig gesicherte Aussagen zu. Es ist davon militärischen Aufgebot der Trierer Kurfürsten auf, auszugehen, dass sich die Situation in Limburg z.B. gegen Philipp von Isenburg vor 1359 ähnlich wie in den mittelrheinischen Städten ent- oder 1361 bei der Zerstörung der Burg Greten- 47 wickelte, d.h. zunehmende Konflikte im Bezie- stein . hungsdreieck zwischen Bürgerschaft, Rat und Lan- Die Risiken einer zu großen Nähe zu ihrem desherrn, die sich teils aus der Stadtverfassung, teils mächtigen Pfandherrn, dem Trierer Kurfürsten, aus der Abschottung der führenden Ratsfamilien waren der Stadt dabei zweifellos bewusst. Zwar und aus den sich verschärfenden wirtschaftlichen konnten die Limburger Schöffen 1374 anlässlich Problemen ergaben, brachten wachsende Unruhe52. eines Gerichtstages zu Limpurg uf dem berge unter Auf lange Sicht ging der Landesherr als Gewinner Anwesenheit der Trierer und Kölner Erzbischöfe, aus diesen Konflikten hervor. Er machte sich die von Johann von Isenburg und vil ritter und knechte48 Auseinandersetzungen zwischen Rat und Bürger- die Sicherung bzw. Wahrung ihrer Rechte und gemeinde zunutze, indem er als Schlichter und Privilegien durchsetzen. Allerdings gelang dem Vermittler auftrat, gleichzeitig aber seine eigene Kurfürsten Kuno von Falkenstein im gleichen Jahr Position in der Stadt festigte. Als sich der Limbur- ein entscheidender Schritt zur Einbettung Lim- ger Rat Mitte des 15. Jhs. gegenüber der Bürgerge- burgs in den Trierer Lehnsverband bzw. werden- meinde weitgehend abgeschottet hatte, brach sich den Territorialstaat, indem er von Kaiser Karl IV. der Unwille in der Stadt Bahn, und mit Hilfe des eine Urkunde erwirkte, die ihm alle Rechte des Kurfürsten entsandte die Gemeinde zukünftig zwei Reiches an Limburg zur Weitergabe an den Isen- Vertreter aus dem von den Nachbarschaftsverbän- burger Herrn von Limburg übertrug49. Offensicht- den gewählten Dreizehnerausschuss in den Rat53. lich lag diese kaiserliche Entscheidung bereits Gleichzeitig versäumte es der Kurfürst nicht, ein außerhalb des Interessen- bzw. Einflussbereiches kaiserliches Privileg zu erwirken, das den Limbur- des Limburger Rates. Der sich mit dem 28 Jahre gern den Rechtszug an die westfälischen Femege- vorher geschlossenen Bündnis mit den Wetteraui- richte verwehrte54. Auch die seit den 1270er Jahren schen Reichsstädten abzeichnende Wille zur weit- nachweislichen Berufungen vor dem Frankfurter gehenden städtischen Autonomie war offensicht- Oberhof wurden seltener55. 1509 pochte der Kur- lich gebrochen. Entsprechend konnte der Trierer fürst deutlich auf die alleinige kurtrierische Ge- Kurfürst nach dem Aussterben der Isenburger richtsbarkeit in Limburg. 1522 beschränkte er den Herrn durch den Tod Johanns II. im Jahre 1407 Streitwert für Prozesse vor dem städtischen Ge- daran gehen, Limburg als Landstadt fest in seinen richt auf 4 fl.56. 50 Territorialverband zu integrieren . Zwischen 1426 Zusätzliche Nahrung erhielt der Konflikt zwi- und 1443 war Trier wegen politischer und finan- schen Rat und Bürgergemeinde in den Jahrzehnten zieller Belastungen genötigt, die Stadtherrschaft um 1500 als die vom Landesherrn erhobenen über Limburg an Frank von Kronberg, Dietrich IV. Reichssteuern erheblichen finanziellen Druck er- von und Gottfried von Eppstein zu ver- zeugten und die unzufriedenen Stadtbewohner, pfänden – ohne dass sich die Stadt auf die ihr 1344 ohnehin durch sinkende Reallöhne und die Absatz- garantierte Pfandfreiheit hätte berufen können. krise für gewerblich-handwerkliche Produkte in der Nachdem diese Pfandanteile zum Teil noch weiter Misere, die Finanzwirtschaft des Rates kritisierten. den Besitzer gewechselt hatten, blieben schließlich In einer am 28. Aug. 1514 erlassenen Ordnung legte der Kurfürst unter anderem fest, dass hinfurtter 45 SCHIRMACHER, Limburg S. 298; ähnlich bereits HÖHLER, alles jerlichs uff eynen nemlichen tage umb heiliger dryer Geschichte S. 34.

46 STILLE, Limburg S. 72-73. – Vgl. auch die zahlreichen Berichte in der Tilemann-Chronik über die bewaffneten 51 Dazu generell HILLEBRAND, Pfandherrschaft sowie auf Auseinandersetzungen mit den umliegenden Adligen: etwa ungedruckten Archivalien der Staatsarchive in Wiesbaden vor 1358 in der Abwehr des Haufens der Reifenberger, und Marburg aufbauend LAUT, Territorialgeschichte S. 74- WYSS, Limburger Chronik S. 102-103, Kap. 11; 1358 ge- 80. gen S. 47, Kap. 49 und 1374 gegen das zu Nas- 52 HAUSTEIN, Lage S. 53-55 und 58-59 zu Limburg. sau- gehörige Ellar S. 66, Kap. 104. 53 Vgl. die Ordnung vom 13. April 1458, abgedruckt bei 47 WYSS, Limburger Chronik S. 49-51, Kap. 56. EILER, Stadtbuch, Anhang Nr. 1 S. 125-126. 48 WYSS, Limburger Chronik S. 68. 54 SCOTTI, Sammlung 1 S. 154. 49 HONTHEIM, Historia 2 S. 260-261. 55 EILER, Stadtbuch S. 5. 50 EILER, Stadtbuch S. 1-3. 56 Stadtarchiv (abgek. StadtA) Limburg, C 21.

7 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn konige tage uff dem raithuß in bysyn unserer der erbe- un[d] miert-protestantischen Territorien der Westerwäl- phandtheren, amptmanß und kelners zu zitten alhie zu der und Wetterauer Grafen- und Rittergeschlechter Limpburgh, eyns ganczen raits und auch der zweyer gemeyner, und zu eng war der alltägliche wirtschaftlichen [...], eyn erbare und uffrichtige rechnonge von aller inname Austausch mit der wichtigen lutherischen Reichs- und ußgabe deß spytals gevehlen zu machen57. stadt Frankfurt. Nicht zuletzt blieb Hessen, die Freilich blieben die grundsätzlichen Missstände wichtigste Macht des Protestantismus im westli- bestehen und konnten nur in Ansätzen gelöst wer- chen Mitteldeutschland, noch Pfandherr in Lim- den. Daher wurde Limburg auch neben Gießen burg und machte seinen Einfluss durchaus für 63 und Wetzlar von den Unruhen im Umfeld des seine Konfessionsverwandten geltend . Erst als Bauernkrieges erfasst. Die Gemeinde, wohl auch 1624 die hessische Pfandschaft abgelöst und Kur- durch die Predigten eines lutherischen Kaplans trier alleiniger Stadtherr geworden war, kam das angeregt, präsentierte am 24. Mai 1525 dem Rat Ende der evangelisch-lutherischen Lehre in Lim- 64 einen Beschwerdekatalog mit 30 Artikeln58. Der Rat burg . berief sich zunächst auf Rücksichtnahme gegen- Die Gerichtsbarkeit des städtischen Rates be- über dem Landesherrn, der seinerseits die städti- schränkte der Kurfürst 1580 schließlich nur noch schen Beschwerdeführer solange hinhielt, bis die auf die Limburger Bürger. Darüber hinaus sollte es Bauern bei Pfeddersheim etwa 30 km südlich von ihnen möglich sein, sich an einen amptman zu beruffen, Mainz geschlagen waren. Dann hob er die Stadt- uff solchen fall die sachen von dem amptman verhört und ordnung von 1458 auf und drängte massiv in die entscheiden werden sollen65. Der Amtmann war damit untere Verwaltungsebene der Stadt59. So fungierte der wichtigste Handelnde landesherrlicher Politik künftig der landesherrliche Schultheiß in allen Fra- in der Stadt. gen der Polizeigewalt gleichberechtigt neben den Trotz gelegentlichen Aufbegehrens der Stadt Bürgermeistern. Den Stadtknechten wurden zwei gegen die territorialfürstlichen Anordnungen war landesherrliche Knechte beigegeben und die Rech- Ende des 16. Jhs. deutlich, dass Limburg den Weg nungslegung durfte nur noch in Gegenwart der von der „autonomen Selbstverwaltung zur beauf- kurfürstlichen Amtmänner vorgenommen werden. tragten Selbstverwaltung“66 gegangen war. D.h., Der von der Gemeinde gewählte Dreizehneraus- Limburg hatte nicht wie das benachbarte Wetz- schuss verlor auf der anderen Seite jeden Einfluss lar, wie die großen oberdeutschen Stadtrepubliken auf die städtischen Angelegenheiten: Der Kurfürst Nürnberg oder Augsburg, den Sprung von der fühlte sich stark genug, neben seiner Landesherr- mittelalterlichen Civitas zur frühneuzeitlichen Reichs- schaft die örtliche Obrigkeit zu stärken. Mit der stadt mit stadtstaatlicher Qualität geschafft, son- von dem Limburger Stadtschreiber Georg Rau- dern war zur kurtrierischen Territorialstadt ge- scher 1548 aufgezeichneten Ordenung der Oberkeit worden. Damit war die Stadt auch in ihren inneren wurde der Rat „endgültig zur Obrigkeit über die Angelegenheiten weitgehend zum Objekt fürstli- 60 Bürger“ . cher Politik geworden und hatte ihre Rolle als zu- Im Laufe des 16. Jhs. schob der Kurfürst wei- mindest innerhalb der Region politisch handelndes tere Polizei- und Stadtordnungen nach, die den Kon- Subjekt verloren. fessionsstand Limburgs festschrieben und die Stadt Dieser grundsätzliche Umbruch in der städti- noch mehr der territorialstaatlichen Ordnung un- schen Entwicklung brachte auch Vorteile mit sich. terwarfen. Niemand, so bestimmte er 1577, so der Am Beispiel des Franziskanerklosters lassen sich [] alten catholischen religion nit zugethon, durfte in den diese verdeutlichen67. Seit dem späten Mittelalter 61 rhadt noch burgerschaft ufgenomen werden . Dabei be- stifteten Angehörige zahlreicher Adelsfamilien aus rief sich der Kurfürst aber keineswegs nur auf seine dem näheren und weiteren Umland Limburgs so- landesherrlichen Rechte oder gar auf sein Gottes- wie der Limburger Schöffenfamilien Jahrgedächt- gnadentum. Vielmehr handelte er aus treuhertzlicher nisfeiern oder erwarben Begräbnisplätze in der vaterlicher wolmeinong, dordurch gemeiner burgerschaft zeitlichere wolfart gesichert werden sollte62. Mit dieser Ordnung war der Protestantismus nicht mit einem 63 Vgl. etwa die Verhandlungen Landgraf Ludwigs IV. von Hessen-Marburg und seiner Gesandten mit dem Trierer Federstrich ausgelöscht. Zu nah lagen die refor- Kurfürsten über die Erleichterungen für kurtrierische Un- tertanen Augsburger Konfession anlässlich der Huldigung

der Limburger Bürger 1583 und 1600; Hessisches Staats- 57 EILER, Stadtbuch, Anhang Nr. 4 S. 134. archiv Marburg (abgek. HStAM) 4f Kurtrier 32. 58 STRUCK, Bauernkrieg S. 52. 64 HÖHLER, Kurtrierische Stadt S. 186; vgl. auch HStAM 4f 59 KRAUS, Beiträge S. 138-140 und HENCHE, Artikel S. 33-41. Kurtrier 74. 60 EILER, Stadtbuch S. 8. 65 EILER, Stadtbuch, Anhang Nr. 9 S. 149. 61 EILER, Stadtbuch, Anhang Nr. 8 S. 146. 66 WIESE-SCHORN, Selbstverwaltung. 62 EILER, Stadtbuch, Anhang Nr. 8 S. 148. 67 Zum folgenden STRUCK, Nekrologium S. 75-77 und 94-96.

8 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

Franziskanerkirche sowie auf deren Friedhof, dem Der bereits im Laufe des späten Mittelalters ein- heutigen Bischofsplatz. Neben dem charakteristi- setzende langfristige politisch-administrative und schen karitativen Wirken des Bettelordens vor Ort sozioökonomische Wandel in der inneren Struktur erfüllte diese städtische Klosterkirche eine religiös- und der Stellung Limburgs in seinem Umland wurde kulturelle Mittelpunktfunktion68. Nachdem 1577 durch die sogenannte Krise des 17. Jahrhunderts – das Kloster wegen Personalmangels geschlossen also für Mitteleuropa im wesentlichen durch das werden musste – möglicherweise stand der letzte fatale Zusammenwirken von Seuchen und militäri- Abt auch den protestantischen Kreisen des Lim- schen Konflikten im Zusammenhang mit dem Drei- burger Bürgertums nahe69 – plante der Erzbischof ßigjährigen Krieg – erheblich beschleunigt. Infolge im Zuge seiner gegenreformatorischen Politik hier seiner Lage an wichtigen Verkehrsachsen zwischen eine Jesuitenniederlassung einzurichten. Entspre- den Hauptkampfgebieten in den Niederlanden, dem chend hatte er in seiner Stadtordnung von 1577 die Niederrhein sowie Oberdeutschland und dem säch- Klosterbauten als Räumlichkeiten für eine Schule sisch-thüringischen Bereich wurde Limburg von vorgesehen70. Allerdings erhielten die Franziskaner zahlreichen Truppendurchzügen, Einquartierungen, 1582 die Kirche und Klostergebäude zurück. Die Brandschatzungen und Plünderungen getroffen. Es Ordensarbeit lebte wieder auf und in den folgen- teilte das Schicksal der sogenannten „Pfaffengasse“, den Jahrzehnten wurden die wesentlichen Grund- jener Kette geistlicher Territorien, die von Bamberg lagen für die neuzeitliche zentralörtliche Bedeutung über Würzburg, von Basel über Straßburg nach Limburgs im Bereich von Kirche und Bildung im Mainz und von dort rheinabwärts bis nach Köln, Gebiet zwischen und geschaf- Aachen und Lüttich verlief. Dabei kam es freilich zu fen. Bereits 1589 versammelten sich die Pfarrer des weniger Opfern und Zerstörungen infolge direkter Landkapitels Dietkirchen nicht in der dortigen militärischer Gewalteinwirkung, als vielmehr zu Lubentiuskirche, dem alten Kristallisationskern des Verlusten durch die im Tross der Truppen „mit- Archidiakonats, sondern in der Limburger Bar- ziehenden“ Pest sowie durch andere epidemische füßerkirche und wurden hier vom Rektor des Krankheiten. Die Finanz- und Wirtschaftskraft der Koblenzer Jesuitenkollegs in der Kinderkatechese Städte nahm durch die Kontributionszahlungen und unterwiesen71. Von Limburg aus wurden die Fran- horrenden Kriegssteuern der eigenen Kriegsherrn ziskanerniederlassungen in Friesenhagen (1636), Ha- ab. Für Limburg selbst ist allerdings keine größere damar (1637), Montabaur (1641) und Hachenburg Zerstörung durch unmittelbare Kriegseinwirkungen (1639) wesentlich vorangetrieben72. Ab 1637 befand überliefert. Doch zogen bereits 1619 Spanier auf sich in Limburg der Sitz des Noviziats und der dem Weg, von den Niederlanden kommend, in die Mittelpunkt der 1633/35 neugeschaffenen Ordens- Pfalz und nach Böhmen durch Limburg. Die Stadt provinz Thüringen, die von Nürnberg bis Atten- musste 623 Rtlr. für deren Unterhalt aufbringen. dorn und von Heidelberg bis zum Eichsfeld reich- Den Truppenbefehlshabern verehrte man auf dem te73. Seither zeigt das Siegel des Limburger Franzis- Rathaus zwei Mahlzeiten und 10 Rtlr., Uffsehens zu kanerklosters auch die Hl. Elisabeth, die Patronin haben, damit kein Uffruhr in der Stadt sich zutrüge76. Vier der Provinz Thüringen74. Nach dem Dreißigjähri- Jahre später, 1623, schleppten bayerische Truppen gen Krieg wurde im Kloster schließlich 1663/64 in die Pest in die Stadt. 1626 kostete das vierwöchige Zusammenarbeit und mit finanzieller Beteiligung Quartier für 600-700 Wallensteiner die Stadt 7.000 fl. des Stadtrates ein begründet. Diese 1631 nahmen die Schweden Limburg ein, brachen höhere Schule blühte rasch auf und wurde bis ins die Kirchentür auf und plünderten einige Häuser der frühe 19. Jh. wohl von rund 40 Schülern im Jahres- Stiftsherrn. Im folgenden Jahr besetzten die mit dem durchschnitt besucht75. Trierer Kurfürsten verbündeten Franzosen Limburg, bevor die Kaiserlichen im März 1635 diese Besat- zung im Handstreich überrumpelten, indem sie im Morgengrauen über den zugefrorenen Stadtgraben 68 Zur Rolle kirchlicher Institutionen für die zentralörtliche und mit Hilfe von Sturmleitern die Stadtmauer beim Bedeutung von Siedlungen in vorindustrieller Zeit vgl. et- Huttig im Osten überwanden. Auch die verbleiben- wa BLOTEVOGEL, Westfalen S. 46-48, 67-69, 229 oder den 13 Kriegsjahre verliefen ähnlich turbulent77. SCHÖLLER, Grenze S. 36-38, 78-80. 69 GÖTZE, Beiträge S. 278; HÖHLER, Geschichte S. 40. 70 EILER, Stadtbuch, Anhang Nr. 8 S. 146; METZEN, Ge- schichte S. 3-4.

71 KNETSCH, Limburger Chronik S. 157. 72 HASELBECK, Registrum 1 S. 149, 241-242 und S. 340-341. 76 Aufzeichnungen des Dekans des Georgenstiftes, zitiert 73 STRUCK, Nekrologium S. 78. nach HÖHLER, Geschichte S. 54. 74 Typar im Hessischen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (abgek. 77 Vgl. die Kriegschronik bei HÖHLER, Geschichte S. 54-55 HHStAW) 3006, XII 25. und v.a. STILLE, Limburg S. 113-114 mit teilweise anderen 75 METZEN, Geschichte S. 14, 19 und 36. Informationen.

9 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

Eine Gesamtbilanz lässt sich bei fehlenden ohne dass bei ihrem Tod Pest oder Gewalteinwir- Detailuntersuchungen weder für die kriegs- und kung nachgewiesen wäre84. seuchenbedingten Bevölkerungsverluste noch für Nicht minder wichtig für den Verlauf der Lim- die finanziellen Schäden ziehen. Die jährliche Zah- burger Stadtgeschichte in der zweiten Frühneuzeit- lungsbelastung schwankte zwischen 623 Rtlr. hälfte und bis weit in das 20. Jh. hinein war die 78 (1619/20) und 9.615 Rtlr. (1637) . Damit lässt sich, Rolle des Krieges und der allgemeinen Krise des bei aller Vorsicht, auf etwa 145.000 Rtlr. für die 17. Jhs. als Motor für den sozialen Wandel. Am gesamte Dauer des Krieges hochrechnen, eine deutlichsten erkennt man diese Vorgänge am Bei- gewaltige Summe, wenn man bedenkt, dass Kur- spiel der politischen und ökonomischen Elite. Blie- trier die an Hessen verpfändete Herrschaft über ben trotz der spätmittelalterlichen Probleme im Limburg für 12.000 fl., also rund 18.000 Rtlr., aus- Textilgewerbe bis in das 16. und 17. Jh. zahlreiche lösen konnte. Selbstverständlich sind damit nur die Wollweber und Tuchhändler typische Vertreter der Verluste der städtischen Kasse erfasst, nicht aber städtischen Elite im Schöffenkollegium und Rat, so die Geldverluste in den vielen privaten Haushalten. setzten sich nach dem Dreißigjährigen Krieg neue Auch für die Bevölkerungsentwicklung sind nur Berufsgruppen durch, die vorher nur vereinzelt in Vermutungen möglich. Die letzte Steuerliste vor die Gremien der Stadtregierung gedrängt hatten85. dem Krieg weist für das Jahr 1615 226 Steuerzahler Es handelte sich dabei vornehmlich um Gastwirte, aus. Von dieser Zahl rechnet Schirmacher auf eine Bierbrauer und Bäcker, die sich zusätzlich im Han- Gesamtbevölkerung von etwa 1.600-1.700 hoch79. del mit Getreide, Vieh, Mehl und anderen Lebens- Erst ein knappes Jahrhundert später, 1709, lässt mitteln betätigten sowie natürlich um landesherr- sich mit der gleichen Methode eine Bevölkerungs- liche Beamte bzw. Juristen, Mediziner und Apo- zahl von 2.000-2.100 ermitteln80. D.h., für die theker86. Dieser Wandel des Limburger „Patriziats“ Kriegsverluste ist man weitgehend auf Spekulatio- geschah nur zum Teil von Innen heraus. Zwar nen angewiesen. Ein kriegsbedingter Rückgang auf stammte ein Teil der juristisch gelehrten Ratsherren „höchstens ein Drittel der Vorkriegsbevölkerung, aus alteingesessenen Limburger Familien, deren also etwa 500-600 Personen“81 dürfte allerdings Väter bereits im Rat vertreten gewesen waren und entschieden zu dramatisch gesehen sein. Einen die ihre Söhne, die Zeichen der Zeit erkennend, Hinweis gibt die Kommunikantenzählung, die im hauptsächlich nach Mainz, Trier und Würzburg Zuge der Kirchenvisitation 1664 durchgeführt zum Studium schickten87. Aber durch die Mobili- worden ist82. Bei den rund 800 Hostienempfängern sierung der Gesellschaft während und nach dem lässt sich auf eine Bevölkerung von rund 1.000- Krieg erhielt Limburg ganz erheblichen Zuzug von 1.100 schließen83. Folglich wird die Einwohnerzahl Außen. Er resultierte einerseits aus der Einbezie- etwa um ein Drittel – maximal um die Hälfte – hung der Gemarkungen der wüstgefallenen Dörfer geschrumpft sein. Betrachtet man eine einzelne Schirlingen und Kreuch in die Nutzung Limburgs, Gruppe, für die nähere – und nahezu geschlossen – womit das landwirtschaftliche Element gestärkt Lebensdaten vorliegen, nämlich die Ratsverwand- wurde, vor allem in der Brückenvorstadt88. Ande- ten, Schöffen und Bürgermeister, scheint zumin- rerseits setzte bereits während des Krieges ein Zu- dest diese, zugegebenermaßen sozial und öko- zug von qualifizierten Kunsthandwerkern und nomisch Privilegierten, existentiell nicht allzu stark Händlern aus dem Reich und vor allem auch aus vom Krieg bedroht gewesen zu sein. Von den für die Zeit zwischen 1500 und 1800 bekannten 190 84 Ratsmännern waren 17 zwischen 1590 und 1620 Zahlen nach FUCHS, Patriziat, Kap. B.1. berechnet. Selbst der um 1570 geborene Heinrich Hundt und der um 1580 geboren, gehörten also der Generation an, die den geborene Nikolaus Bornig überlebten den Krieg und star- Krieg in seiner volle Länge erlebten. Allerdings ben erst im Nov. 1648 bzw. April 1651; FUCHS, Patriziat starben nur drei von ihnen während des Krieges, S. 35 und S. 110-111. – Bis zu einer historisch-demo- graphischen Auswertung der Limburger Kirchenbücher

können diese Rechenexempel freilich nur zum Nachden- 78 Zahlen nach HÖHLER, Geschichte S. 55. ken anregen und gewisse Trends illustrieren. 79 SCHIRMACHER, Limburg S. 265. 85 FUCHS, Patriziat S. 66, 90 und 102. 80 KEYSER, Städtebuch S. 315. 86 Vgl. die Kurzbiographien bei FUCHS, Patriziat S. 76-77, 80, 81 FUCHS, Patriziat S. 9 Anm. 6. 100, 105-107, 119, 121, 127-128, 135-136 und 173. 82 UEDING, Visitationsprotokolle S. 260. 87 Insgesamt hatte etwa jedes dritte Ratsmitglied im Zeitraum 83 Je nach Multiplikator (1,18-1,66) lassen sich Zahlen zwi- von 1500-1800 ein Studium absolviert, wobei der Trend schen 944 und 1.328 errechnen. Bei allen Vorbehalten zur Universitätsbildung in der zweiten Frühneuzeithälfte gegenüber der Zuverlässigkeit der Kommunikantenzäh- deutlich zunahm; vgl. FUCHS, Patriziat S. 17 mit Anm. 48 lungen scheint die Angabe einigermaßen sicher. Zu den und S. 324-335 sowie WOLF, Personengeschichte 2. – methodischen Problemen vgl. ANDERMANN/EHMER, Be- Ähnliches beobachtet HAHN, Bürgertum S. 67, 82-87 für völkerungsstatistik S. 44; CIPOLLA/BORCHARDT, Bevölke- die benachbarte Reichsstadt Wetzlar. rungsgeschichte S. 88-89; HÖHN, Geschichte S. 12. 88 BORN, Diez und Limburg S. 71.

10 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

Italien ein, der bis in die Mitte des 18. Jhs. anhielt89. Es ist gewiss kein Zufall, dass von diesen von Dabei war Limburg in der Regel erst der zweite auswärts kommenden Personen und neuen Kreisen Anlaufort. Die Einwanderer der ersten Generation im Laufe des 18. Jhs. Handlungen und Äußerungen hatte es zunächst nach Mainz, Frankfurt, ausgingen, die auf eine aufgeklärte Geisteshaltung oder Köln gezogen, bevor sie sich in Limburg nie- und Lebensführung verweisen und darauf angelegt derließen90. Dadurch brachten sie nicht allein Ge- waren, die alteuropäischen, geburtsständischen Be- schäftsbeziehungen in ihre Heimat mit, sondern schränkungen im wirtschaftlichen und gesellschaft- banden Limburg in die neuzeitlichen Handelswege lichen Leben der Stadt wenn nicht aufzuheben, so innerhalb des Reiches ein. So engagierte sich Jakob doch zumindest zu relativieren. Bereits 1736 ver- Anton Trombetta ab 1709 in Limburg im Le- suchte sich Jakob Anton Trombetta der lästigen bensmittelgroß- und Einzelhandel sowie im Bank- Pflicht des Wachdienstes durch die Stellung eines geschäft, wobei ihm seine Verbindungen, oft Ersatzmannes zu entledigen, da ich, [...], stadt- und durch verwandtschaftliche Beziehungen gestärkt, landeskundiger massen mein Kommerzium stark treibe und zu den italienischen Kaufleuten in Köln (Farina), in starker Korrespondenz in- und ausserhalb lands begriffen Mainz (Meletta) und Frankfurt (Bolongaro) nütz- bin 94. Bezeichnender Weise wendete er sich nicht an lich waren91. die städtischen Behörden, sondern supplizierte di- Anders als die städtischen Eliten vor dem Drei- rekt beim Landesherrn. 1779 beantragte der Stadt- ßigjährigen Krieg sperrte sich die Limburger Füh- rat schließlich selber beim Landesherrn, die Wach- rungsschicht nicht gegen diesen Zuzug, und die dienste vollends von Angehörigen der Landmiliz 95 Einwanderer traten rasch im politischen Leben verrichten zu lassen . Nachdem die revolutionären Limburgs hervor. Paul Felix Calmano fungierte ab Ereignisse in Frankreich auch zu Unruhen in Lim- 1763 mehrfach als Bürgermeister, Eugen Castelli burg geführt hatten, sollte ein zusätzlicher Wach- saß bereits ab 1719 im Rat, und Jakob Anton dienst eingeführt werden. Als der Absolvent der Trombetta leitete ab 1725 als Zunftmeister die Mainzer Universität, mehrmalige Bürgermeister und Krämerzunft, die nach einem Ratsbericht von 1761 Deputierte in Chausseeangelegenheiten Christian ohnehin von italienischen Händlern dominiert Kremer die neuen Wachartikel unterzeichnen soll- worden ist92. Zum anderen lässt sich leicht nach- te, schickte er den Wachtmeister zum Kanonikus vollziehen, wie die Einwanderer sich über ge- Hartmann. Erst wenn der unterschriebe – also schickte Eheschließungen mit der alten Elite ver- Vorrechte des Klerus aufgeben würde – wolle auch 96 sippten. er seine Unterschrift leisten . Es waren nicht nur Italiener, die ab der zweiten Der Schöffe und Ratsherr Anton Busch setzte Hälfte des 17. Jhs. einen sozioökonomischen Wan- sich wenig später gegen die kirchliche Schulaufsicht del in Limburg einleiteten und die Stadt langsam in durch und verschaffte seinen Kindern ab 1800 die Neuzeit hinüberführten, sondern auch Neubür- Privatunterricht. Anton Buschs Vater war Bäcker ger aus Süddeutschland und dem Rheinland93. und ab 1769 Wirt des „Roten Ochsen“ an der Frankfurter Straße gewesen. Ein Bruder von Anton studierte bereits in Trier und Heidelberg Jura, wur- de 1807 geistlicher Rat und 1811 nassauischer 89 FUCHS, Patriziat S. 215 zu Wilhelm Theves, der in den Schulrat. Anton selbst übernahm 1827 von Joseph 1620er Jahren aus dem Aachener Raum einwanderte. Trombetta die Thurn- und Taxissche Posthalterei 90 Vgl. allgemein zur italienischen Einwanderung in das Rhein- in der Frankfurter Straße. Von seinen drei Söhnen land AUGEL, Einwanderung; zu Limburg speziell TROM- wurde der älteste Kaufmann in Limburg, der zweite BETTA, Einwanderung; zu einzelnen italienischen Familien in Limburg und ihren verwandtschaftlichen Beziehungen studierte in Würzburg und brachte es 1845 bis zum vgl. FUCHS, Patriziat, zu Calmano S. 50-51, zu Castelli Geheimen Regierungsrat in Wiesbaden. Der jüng- S. 53-54, zu Cahensly (aus Graubünden) S. 48, zu Lamboy ste, Johann Anton, heiratete nach seiner Promotion S. 253-255, zu Ripamonte S. 298 und zu Trombetta zum Dr. med. in die Trombetta-Sippe ein, über- S. 303-306. 91 TROMBETTA, Einwanderung S. 20-21. nahm von seinem Vater 1833 die Posthalterei, stif- 92 AUGEL, Einwanderung S. 127; HÖHLER, Geschichte S. 76. tete 1832 zusammen mit seinem Bruder Karl 93 Die Familie des aus Würzburg stammenden Dr. med. Anton das 1816 erworbene, säkularisierte Kloster Johann Rudolph Burckhardt ist hierfür ein geeignetes Bei- Bethlehem als städtisches Pflegeheim und war 1850 spiel. Er kam spätestens 1712 nach Limburg und heiratete

im gleichen Jahr die Tochter des dortigen Schultheißen und saß bald darauf im Rat. Sein ältester Sohn wurde 1747 Mainz und Würzburg ein Medizinstudium abgeschlossen Stadtschreiber und Schöffe und ab 1752 auch Notar. Sein hatte; FUCHS, Patriziat S. 42-44. dritter Sohn lebte als Händler und heiratete die Tochter 94 Zitiert nach METZEN, Geschichte S. 69. eines Limburger Ratsherrn. Deren Sohn wiederum, wie 95 Vgl. den Abdruck des Antrags bei METZEN, Geschichte sein Großvater Johann Rudolph getauft, wurde ab 1792 S. 70. mehrfach zum Bürgermeister gewählt, nachdem er in 96 RAUCH, Georgenstift S. 181-182.

11 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn maßgeblich an der Gründung des St. Vinzenz- ohne dass die für die alteuropäische Stadt typischen Hospitals beteiligt97. Sein Neffe Ernst Johann über- Traditionen in der kommunalen Selbstverwaltung nahm von ihm 1846 die Postverwaltung, gründete bzw. Mitregierung völlig aufgehoben worden wären. 1858 eine Brauerei in der Grabenstraße, die 1876 in die Frankfurter Straße verlegt wurde. Wie einige andere Limburger Familien illustrieren die Buschs, 3. Das 19. und 20. Jahrhundert wie sich zwischen 1750 und 1850 aus dem altstän- dischen Zunftbürgertum ein modernes Wirtschafts-, Bildungs- und Beamtenbürgertum entwickelte, wie Die staatlich-politischen, gesellschaftlichen und aus Bäckern und Gastwirten Ministerialbeamte, wirtschaftlichen Veränderungen im Gefolge der Mediziner, Juristen und Unternehmer wurden98. Französischen Revolution, der Revolutions- und Napoleonischen Kriege sowie der anschließenden Gegenüber den beschriebenen demographi- Restauration zogen auch in Limburg grundlegende schen und sozioökonomischen Veränderungen im langfristige Veränderungen nach sich. Dabei wur- Laufe der zweiten Frühneuzeithälfte blieb die ver- den in der ersten Hälfte des 19. Jhs. wichtige fassungs- und territorialpolitische Situation im Grundlagen gebildet; entscheidende Schritte zur Vergleich zu den unruhigen Jahrhunderten vor Stadt der Moderne wurden allerdings erst in der dem Dreißigjährigen Krieg relativ stabil. Immerhin preußischen Zeit nach 1866 vollzogen. reduzierte eine Amtsverordnung im Jahre 1656 und das neue kurfürstliche Stadtreglement von 1674 Vorher erlebte Limburg Jahre voller kriege- den Bürgerausschuss von zwölf auf sechs Mitglie- rischer Ereignisse in der Region und wurde selbst der. In der Folge ist dieser Bürgerausschuss einer- zum Schauplatz politischer Unruhen und militäri- seits mit der Einziehung der Steuern und Abgaben scher Aktionen. Wie andernorts in den rheinischen betraut, andererseits nimmt er noch ein gewisses Städten, fand die Französische Revolution auch in Mitspracherecht in nahezu allen städtischen Ange- Limburg einige Anhänger, und unter dem Einfluss legenheiten wahr99. Konflikte zwischen dem „patri- von Missernten und Preissteigerungen kam es zu 100 zisch“ dominierten Rat und dem eher zunfthand- einem Aufstand , der rasch und wirkungslos in werklich bestimmten Bürgerausschuss blieben bis sich zusammengebrochen ist. Bald danach tauchten zum Ende des Ancien régime nicht aus. Zu gewalt- die ersten Revolutionsflüchtlinge im Kurfürsten- tätigen Aufständen bzw. Einsetzung landesherr- tum Trier auf. „Koblenz wurde ein kleines Ver- 101 licher Kommissare zur Regelung städtischer Ange- sailles“ , und in Limburg lebten Ende 1791 an- legenheiten kam es indes nicht. Die einzelnen nähernd 400 Franzosen; d.h., sie machten rund ein Gruppen waren zu einer völligen Abschottung zu Sechstel der Stadtbevölkerung aus. Dieser Schub klein, und die Grenze zwischen der Handwerker- brachte zunächst viel Geld in die Stadt, stammten schaft und den Ratsfamilien war zu durchlässig. die Exulanten doch in der Regel aus vermögenden Schließlich verfügte die kurfürstliche Regierung Familien oder wurden vom Kurfürsten finanziell 1749 den jährlichen Wahlturnus für die Mitglieder unterstützt. Das Hereinströmen des Geldes führte des Ausschusses, die nun der Rat, aus einer von der aber auch zu einer erheblichen Teuerung der Le- Gemeinde vorzulegenden Vorschlagsliste, auswähl- bensmittel sowie der Mieten. Die Limburger te. Damit wurde die ehemalige Kontrollfunktion konnten aber nicht aufatmen als die Flüchtlinge des Bürgerausschusses gegenüber dem Rat rela- Ende 1792 vor den anrückenden Revolutions- tiviert. Er wurde zunehmend zu einem ausführen- truppen flüchteten und sich im Innern des Reiches den Organ des Rates, so wie der Magistrat zu ei- in Sicherheit brachten. Die Stadt musste nun er- nem ausführenden Organ des Landesherrn wurde. hebliche Kosten für die Verpflegung und Unter- 102 D.h., Limburg war fest in den vom Souveränitäts- bringung der einquartierten Truppen aufbringen . träger hierarchisch von oben nach unten aufge- bauten modernen Obrigkeitsstaat eingebunden,

97 FUCHS, Patriziat S. 44-46. 98 Zu diesen Vorgängen vergleichend HAHN, Bürgertum zu 100 KEYSER, Städtebuch S. 317; FUCHS, Patriziat S. 341. – Wetzlar und GALL, Bürgertum zum Aufstieg der Familie Über diesen Aufstand im Jahr 1789 ist bisher wenig be- Bassermann von Müllern im hanauischen Ostheim zu kannt. Zu den mehr oder weniger zeitgleichen Unruhen in badischen Hoffaktoren, Unternehmern, Landespolitikern Trier, Koblenz, Boppard und Vallendar vgl. JULKU, Bewe- und Mitgliedern im Paulskirchenparlament. gung S. 262-270. 99 Zur Verfassungsentwicklung und Stadtregierung in Lim- 101 HÖHLER, Geschichte S. 86. burg vgl. FUCHS, Patriziat S. 337-343, bes. Graphik S. 340; 102 Knapper und präziser Überblick über die militärischen KEYSER, Städtebuch S. 316-317 und v.a. EILER, Stadtbuch Aktionen im Limburger Raum bei ZABEL, Koalitionskriege S. 4-10. S. 174-178.

12 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

Bis 1802 waren schließlich städtische Kriegsschulden Nach der Besetzung des linksrheinischen Kurtrier in Höhe von 97.000 Rtlrn. aufgelaufen103. durch die Revolutionstruppen war in Limburg zu- Zwischen 1795 und 1797 kämpften Franzosen, nächst ab 1794 das erzbischöfliche Generalvikariat Österreicher und Preußen wiederholt um den und dann 1816 ein nassauisches Vikariat für die Lahnübergang bei Limburg. Im Verlauf dieser Aus- katholischen Landesteile eingerichtet worden. Die einandersetzungen wurde die Brückenvorstadt ge- Bestrebungen, Limburg zum Mittelpunkt eines nas- plündert und abgebrannt104. Nach dem Frieden von sauischen Landesbistums zu machen, reichen zwar 109 Campo Formio 1797 behielt die Stadt die französi- bis in die Rheinbundzeit zurück, aber erst nach sche Besatzung bis zum Ende des Jahres 1802, als zähen Verhandlungen zwischen den betreffenden das Herzogtum Nassau mit den letzten rechtsrhei- Regierungen und dem Heiligen Stuhl wurde im Zu- nischen Überresten des Kurstaates für seine links- ge der Neuorganisation der oberrheinischen Bis- rheinischen Gebietsverluste entschädigt wurde. tümer Limburg 1827 zur Kathedralstadt der neuen Diözese für das Herzogtum Nassau und die Freie Der Übergang an einen relativ modernen, welt- Stadt Frankfurt110. lichen, bürokratischen Flächenstaat hatte für Lim- burg weitreichende Folgen105. Mit dem Erlass des Mit dem Ausbau der Chaussee zwischen Lim- nassauischen Gemeindeediktes vom 3. Juni 1816 burg und Weilburg in den Jahren 1818 bis 1821 wurde der städtische Wirkungsbereich eingeschränkt wurde neben zwei bereits in Kurtrierer Zeit begon- und die gesamte Verwaltung lag bei dem von der nenen Nord-Süd-Strecken von Wiesbaden und Landesregierung auf Lebenszeit ernannten Stadt- Frankfurt nach Altenkirchen und auch eine schultheißen106. Erst das Gemeindegesetz vom 12. West-Ost-Strecke von Koblenz nach Gießen fer- Dezember 1848107 räumte den Stadtgemeinden eine tiggestellt. In Limburg liefen jetzt die Chausseen größere Selbstständigkeit ein. Sie konnten einen Ge- des gesamten mittleren Lahngebietes strahlenför- 111 meinderat einrichten, der in geheimer Wahl von der mig zusammen . Es ist zu vermuten, dass der Bürgerschaft auf vier Jahre gewählt wurde. noch Mitte des 19. Jhs. erwähnte Steinbruch nord- östlich des äußeren Hammertores im Zusammen- Die territoriale Neugliederung stellte Limburg hang mit dem Chausseenbau ausgebeutet wurde112. als die, nach der Hauptstadt Wiesbaden, zweitgröß- Außerdem wurde ab 1808 bis 1810 die Lahn als te Stadt des neugeschaffenen Herzogtums Nassau Schifffahrtsweg weiter gefördert113. in einen neuen Bezugsrahmen. Die günstige natur- gegebene Verkehrslage des Ortes konnte in jenen Dieser forcierte Ausbau der Verkehrswege sti- Jahren voll zum Tragen kommen. Die durch die mulierte das Limburger Wirtschaftsleben ganz er- 114 periphere Lage im Trierer Kurfürstentum gehemm- heblich . Besonders die ständig steigende Nach- te zentralörtliche Bedeutung entfaltete sich neu. frage der Ruhrindustrie nach Nassauer Erzen und Ebenfalls musste Limburg als katholisch geprägte Erden ließen ab den 1830er Jahren die Lahnschiff- Stadt seinen Platz in dem protestantisch bestimm- fahrt aufblühen. Am Limburger Südufer entstan- ten Staat definieren108. Dabei wirkte sich neben den in dieser Zeit zehn große Stapelplätze für alten, überkommenen Zentralitätsfaktoren die Ver- Schiffsgüter, u.a. von den Firmen Krupp, Haniel 115 kehrsgunst und die Gründung des Limburger Bis- und Phoenix . Auch der Export von Mineralwas- tums förderlich auf die Mittelpunktfunktion aus. ser aus in das Rheinland, die Niederlande und nach Übersee erreichte in den 1830er Jahren mit rund 900.000 Krügen pro Jahr einen beacht- lichen Umfang116.

Nicht zuletzt aus latenten Vorbehalten gegen- 103 METZEN, Finanzverwaltung S. 24. – Im Vergleich mit den rund 14.000 Rtlrn., die die nur 100 Einwohner zählende über der ehemals kurtrierisch-katholischen Stadt Gemeinde Mühlen, in der unmittelbaren Nachbarschaft verzichtete die nassauische Regierung zunächst da- Limburgs gelegen, aufbringen musste, war das verhältnis- rauf, Limburg mit den seiner Größe und regionalen mäßig wenig; ZABEL, Koalitionskriege S. 176. Bedeutung angemessenen staatlichen Behörden 104 Detailliert HÖHLER, Geschichte S. 59-61.

105 Zur Geschichte Nassaus im Übergang zur modernen Welt vgl. zuletzt ZABEL, Behördenorganisation und JÄGER, 109 SCHATZ, Geschichte S. 21-23 und S. 35-37; HÖHLER, Staatsbildung. Bistum, 1 S. 1-211. 106 Vgl. BECKER, Gemeindeverfassung S. 28-30; CROON, 110 HÖHLER, Bistum, 2 S. 30-58. Gemeindeordnungen S. 236-238. 111 Vgl. GESCHICHTLICHER ATLAS, Karte 29b. 107 CROON, Gemeindeordnungen S. 236-238. 112 HHStAW, W 212 Nr. 2267 I; StadtA Limburg Stadtgerichts- 108 Zwar machten die Katholiken 1820 mit 140.000 fast die protokolle. Hälfte der rund 300.000 Nassauer aus, allerdings war die 113 FUCHS, Lahn S. 166-168.; FUCHS, Bedeutung S. 374-376. Dynastie und vor allem die Beamtenschaft weitgehend 114 FUCHS, Verkehrspolitik S. 134-135. protestantischer Konfession; vgl. SCHATZ, Geschichte 115 HELLBACH, Handels- und Gewerbeverkehr S. 175. S. 36; TREICHEL, Primat S. 531. 116 REINHARDT, Binnengüterverkehr S. 174.

13 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn auszustatten. Darüber hinaus sprach die Verwal- Schiede im Jahre 1866 stieg ihre Zahl auf rund 900 tungstradition in den zahlreichen Nassauer Resi- – knapp ein Viertel der Gesamtbevölkerung – an. denz- und Beamtenstädten mehr für diese Stand- Damit wohnten in der Filialgemeinde Limburg orte als für die alte Handels- und Bürgerstadt mehr Protestanten als in der Staffeler Mutterge- Limburg. So wurde in Hadamar 1804 das Gesamt- meinde. Es dauerte aber noch bis 1879, bevor Lim- oberappellationsgericht eingerichtet, das mit dem burg zur selbstständigen evangelischen Pfarrgemein- privilegium de non appellando die letzte juristische In- de erhoben wurde124. stanz für ganz Nassau wurde. Kriminalgerichte Durch die Säkularisationen in den Jahren nach bestanden in Dillenburg und Wiesbaden. In Lim- dem Reichsdeputationshauptschluss gingen die burg selbst gab es lediglich eines von insgesamt 19 kirchlichen und kulturellen Zentralfunktionen Lim- 117 nassauischen Amtsgerichten . burgs teilweise verloren. Zuerst wurde 1803 das Das ehemalige kurtrierische Amt Limburg wur- Kollegiatstift St. Georg aufgelöst. Das Franzis- de 1816 grundlegend umstrukturiert. Während die kanerkloster folgte 1813, wobei der Unterricht des östlich gelegenen Gemeinden Villmar, Langhecke Gymnasiums noch bis 1817 aufrecht erhalten wer- und Arfurt zum Amt Runkel geschlagen wurden, den konnte. Zum einen war das Kloster Mittel- kamen insgesamt zehn ehemalige diezische Ge- punkt der Ordensprovinz Thüringen, zum anderen meinden zu Limburg118. Dadurch erhielt das Amt wurde hier ab 1802 der theologische Nachwuchs einen gemischtkonfessionellen Charakter. Dies ent- für die Restdiözese Trier ausgebildet125. Auch das sprach durchaus der nassauischen Regierungspoli- Franziskanerinnenkloster Bethlehem konnte sich tik, die darauf angelegt war, Konfessionsgrenzen zu bis 1816 halten, es zwei Drittel seiner Ein- verwischen und sich die Loyalität der Katholiken künfte aus dem Herzogtum Berg bezog, vor allem gegenüber dem neuen Staat zu sichern119. Der Sitz aber wegen seiner Rolle in der Schulausbildung für des nassauischen Amtmannes wurde in der Rezep- Mädchen. Im Zuge der unter dem Zeichen des tur der Eberbacher Mönche am Lahnufer ein- spätaufklärerischen Absolutismus durchgeführten gerichtet, auf der Burg residierte die herzogliche Restauration sollte mit der nassauischen Schulre- Rezeptur, ab 1837 gab es ein Zollamt, 1844/45 hat form von 1817 die Schule weitestgehend aus der man die Post umorganisiert und vergrößert, im ehe- kirchlichen Kontrolle gelöst werden126. Die Ele- maligen kurfürstlichen Marstall und in der säku- mentar- und Realschulen wurden von staatlich larisierten St. Johanneskapelle wurden herzogliche berufenen Schulinspektoren, in der Regel den Ge- Salzlager eingerichtet120. meindepfarrern in ihrer Eigenschaft als „quasi- Da die nassauische Bürokratie „eine Domäne staatlichen“ Beamte, kontrolliert; höhere Bildungs- der Protestanten“121 war, wurde mit dem Zuzug der einrichtungen unterstanden direkt der Landesre- nassauischen Beamten ab 1803 die konfessionelle gierung. Doch mit der Schließung des Franzis- Uniformität Limburgs langsam aufgeweicht. Die kanergymnasiums 1813/17 verlor Limburg nach ersten nichtkatholischen Beamtenfamilien mussten der Stiftsschule zunächst für fast ein Viertel- 127 bis 1831 noch den Gottesdienst in Staffel oder jahrhundert jede höhere Lehreinrichtung . Das Diez besuchen, bis ihnen der Landesherr die Ka- Landesgymnasium war zukünftig in Weilburg zu- pelle St. Johannes auf der Erbach für ihre Gottes- hause. Für die katholischen Landeskinder bot das 128 dienste überließ122. Mit dem protestantischen Be- Pädagogium in Hadamar höhere Schulbildung . amten- und Bildungsbürgertum kam unter anderen Das richtungsweisende nassauische Modell des auch der Buchdrucker Georg A. Schlinck nach Simultanunterrichts in der Elementarschule griff Limburg. Er gründete mit seinem Kollegen F. nach und nach auch in Limburg. 1830 wurde der Ebenau 1838 die erste lokale Zeitung, das „Lim- erste protestantische Lehrer angestellt, wenngleich burger Wochenblatt“123. In den 1830er Jahren 1845 erst 30 von 547 Schülern (5,5%) protestan- machten die Protestanten mit 150 bis 200 Mitglie- tisch waren129. Limburgs Schulen gehörten damit dern circa 5-7% der Limburger Bevölkerung aus. immerhin zu jenen 6% der nassauischen Lehran- Bis zum Neubau der evangelischen Kirche an der stalten, an denen 1857 tatsächlich eine gemischt- konfessionelle Schülerschaft unterrichtet wurde130.

117 SCHMIDT-VON RHEIN, Geschichte S. 178-179. 118 STILLE, Limburg S. 150. 124 OBENAUS, Geschichte S. 8-10. 119 Allzu positiv HÖHLER, Geschichte S. 92; besser SCHATZ, 125 SCHATZ, Geschichte S. 60-62. Geschichte S. 22-23 und JÄGER, Staatsbildung S. 143-145. 126 FIRNHABER, Schulwesen S. 7. 120 HÖHLER, Geschichte S. 101; HERBORN, Poststation S. 24- 127 Allg. zur nassauischen Schulpolitik JÄGER, Staatsbildung 25. S. 172-176; zu Limburg STILLE, Limburg S. 154-155. 121 TREICHEL, Primat S. 531. 128 JÄGER, Staatsbildung S. 181; SCHATZ, Geschichte S. 43-44. 122 LORENZ, Kirche S. 95. 129 STILLE, Limburg S. 154. 123 LORENZ, Kirche S. 95. 130 SCHATZ, Geschichte S. 43.

14 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

Ein wichtiges Indiz in Richtung moderner west- perismus, die galoppierende Verarmung weiter Be- licher Urbanität, die wesentlich durch religiös-welt- völkerungsteile, besonders in der Landwirtschaft anschauliche Pluralität der Einwohnerschaft ge- und dem traditionellen Handwerk. kennzeichnet ist. An allen übrigen Schulorten des Bereits zwei Tage nachdem in Wiesbaden die Landes hatte noch keine konfessionelle Durch- allgemeine Volksbewaffnung gefordert worden mischung stattgefunden. war, formierte sich in Limburg am 3. März 1848 Freilich blieben die Limburger Verhältnisse von eine Volkswehr, die wesentlich eine Veranstaltung den heftigen kirchen- und kulturpolitischen Kon- der Limburger Kaufmannschaft und des Patriziats flikten der 1840er Jahre und später des Bismarck- war. Die wirtschaftliche, politische und soziale schen Kulturkampfes nicht unberührt. Stadtge- Elite, repräsentiert durch die vielfach untereinander schichtliche Relevanz bekamen diese Auseinander- verwandten Familien der Burckhardt, Busch, Kre- setzungen durch die von dem Domkapitular und mer, Mahlinger, Pachten, Trombetta u.a. fand sich Stadtpfarrer Halm begründete private Lateinschule „zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Ruhe im Jahre 1837, in dem Augenblick, als der Kir- unserer Stadt“ zusammen138. chenkampf mit den aufbrechenden Kölner Wirren Freilich blieb es nicht bei dieser bürgerlichen einen ersten Höhepunkt erlebte. Nach Anfangs- Selbstorganisation im altständischen Sinne. Eben- erfolgen begann sich jetzt die katholische Bevölke- falls im März 1848 bildeten sich zur Wahl der Ab- rung – besonders stark auf dem Lande aber auch in geordneten zum ersten demokratisch gewählten den Städten – vom bürokratischen, protestantisch Landtag und zur Frankfurter Nationalversammlung 131 bestimmten Obrigkeitsstaat zu distanzieren . politische Gesellschaften und Interessenverbände. Halm erhielt bei seiner Schulgründung wichtige Die Abstimmungen wurden jeweils im Limburger Unterstützung aus dem Limburger Bürgertum. Dom durchgeführt139. Am schnellsten konstituierte Bereits 1840 zog die Regierung mit der Errichtung sich der „Zentralverein für religiöse Freiheit” unter einer öffentlichen Realschule nach, die dann 1846 dem Vorsitz des Stadtpfarrers Halm, der hierbei mit der Privatschule zu einem Realgymnasium vom Bischof unterstützt wurde140. Wesentliche vereinigt wurde, für die Bedürfnisse der hiesigen Bevöl- Ziele des Vereines waren die Zurückdrängung des 132 kerung des zahlreichen Handelsstandes . Bereits im Staates aus dem Schulwesen, die Wiedereinrichtung Gründungsjahr befanden sich unter den 62 Schü- von Konfessionsschulen und die proportionale lern aber auch 22 Auswärtige. Dies weist auf die Vertretung der katholischen Bevölkerung in den 133 neue Belebung Limburgs als Schulort hin . Di- politischen Gremien141. In diesem Verein versam- rekte Bürgerbeteiligung spielte bei der Gründung melten sich besonders Handwerker und Kleinbür- einer höheren Töchterschule eine Rolle, die unter ger, das Kaufmanns- und Unternehmerbürgertum der Leitung der Vinzentinerinnen ab 1852 auf dem war in der Hauptsache liberal orientiert und enga- 134 Roßmarkt betrieben wurde . Ganz auf die Initia- gierte sich statt dessen im „Zentralverein zur He- tive Limburger Bürger ging die Gründung der Ge- bung der arbeitenden Volksklasse“, der wesentlich 135 werbeschule im Jahre 1846 zurück . Zwei Jahre von den Mitgliedern des Limburger Gewerbe- zuvor war in Wiesbaden ein Gewerbeverein für vereins geleitet wurde142. Neben der progressiven Nassau gegründet worden, dem Limburg als erster Forderung nach der Einführung von Real- und Lokalverein mit der gleichzeitigen Schulgründung Abendschulen, Turn- und Lesevereinen sowie nach 136 folgte . Presse- und Redefreiheit blieb man mit seinen wirt- Die Ereignisse der Jahre 1848/49 erfassten auch schaftspolitischen Forderungen an der traditionel- Limburg137. Dabei wirkten mehrere Problemfelder len Nahrungssicherung orientiert und verlangte zusammen: die kirchen- und konfessionspolitischen Heirats- und Zuzugsbeschränkungen für Hand- Konflikte, die immer noch akute drückende Zehnt - werksmeister sowie Schutzzölle für Gewerbepro- ablösung, die staatsbürgerliche Gleichstellung, die dukte. Richtungsweisend war die Forderung nach Verfassungsfrage und nicht zu vergessen der Pau- der Einrichtung einer Landesbank und der Unter-

131 SCHATZ, Geschichte S. 44-45 und 100-101; HÖHLER, Bistum, 2 S. 224-226.

132 METZEN, Gymnasium S. 41 und 48. 133 METZEN, Gymnasium S. 41. 138 Aufruf zur Aufstellung einer Volkswehr vom 3. März 134 HÖHLER, Geschichte S. 101; SCHATZ, Geschichte S. 133. 1848, zitiert nach KUHNIGK, Revolution S. 59. 135 STILLE, Limburg S. 158-159. 139 HÖHLER, Geschichte S. 104. 136 GEISTHARDT, Wirtschaft S. 28-30; LERNER, Wirtschafts- 140 SCHATZ, Geschichte S. 129-130. und Sozialgeschichte S. 85-86; JÄGER, Staatsbildung S. 183. 141 KUHNIGK, Revolution S. 87-89; SCHATZ, Geschichte 137 Allgemein KUHNIGK, Revolution S. 59-61, 85-87 und 105- S. 128-130. 107; SCHATZ, Geschichte S. 128-130. 142 KUHNIGK, Revolution S. 105-107.

15 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn stützung der nassauischen Metallindustrien143. Nicht Handelskammer149. Hubert Arnold Hilf war zwi- zufällig wurde der im Verein führende Heinrich schen 1871 und 1905 ihr Vorsitzender. Die katho- Trombetta, gleichzeitig Vorsitzender der Volkswehr lische Kirche engagierte sich mit zahlreichen Wohl- und Teilnehmer am Frankfurter Vorparlament, ab fahrtsvereinen, karitativen Einrichtungen und Grün- 1854 Mitglied im Beirat der Landesbankdirektion dungen sozial orientierter Orden, die Limburg zu in Wiesbaden144. einem Zentrum des mittelrheinisch-nassauischen Indes brachte der Fortgang der Revolution eine Katholizismus machten. Gegen den staatlichen Spaltung der liberalen, demokratischen Kräfte. Ent- Widerstand setzte der Bischof die Niederlassung scheidend war das Verhältnis zur Kirche, die seit der Redemptoristen in Bornhofen durch. Diese März/April 1848 auf den Regierungskurs ein- betätigten sich in der Limburger Volksmission. Die schwenkte und dafür entsprechende Zugeständnis- während der 1840er Jahren entstandene Bewegung se erhalten hatte145. Im Juni 1849 kam es bezüglich „Arme Dienstmägde Christi“ breitete sich unter der Übereignung des Pflegedienstes am städtischen der Vinzentinerinnen-Regel rasch im ganzen Bis- Hospital in die Hände der Barmherzigen Schwes - tum aus. 1883 übernahmen sie das ehemalige Klos- tern zu einer Kampfabstimmung im Stadtrat. ter Bethlehem von den Vinzentinerinnen, die ihrer- Nach ihrer Abstimmungsniederlage trat die „Lin- seits bereits seit 1850 das St. Vinzenz Krankenhaus ke“ für Jahrzehnte nicht mehr geschlossen auf, betrieben. wenngleich einzelne ihrer Mitglieder durchaus Kar- Im August 1848 hatte Wilhelm Heinrich Riehl riere machten und sich keineswegs von der öffent- darauf hingewiesen, dass die Bedeutung Limburgs lichen Bühne zurückzogen146; zu nennen sind etwa weder im rechten Verhältnis zu seiner Lagegunst die beiden Juristen Hubert Arnold Hilf und Karl noch zu seiner ehemaligen Größe stehe. Würde Thewalt, die später Reichstagsabgeordneter bzw. man dies berücksichtigen, argumentierte Riehl wei- Reichsgerichtsrat in Leipzig wurden147. Auf der ter, so würde Limburg zum Mittelpunkt von Nas- anderen Seite standen relativ geschlossen die Re- saus innerem Handel und Gewerbetätigkeit und präsentanten der alten, untereinander versippten schon längst wäre die Stadt zum Exportzentrum Kaufmannsfamilien: u.a. Eduard Trombetta, sein für die Rohstoff- und Industrieproduktion des Schwager und Ölmühlenbesitzer Joseph Arnold Westerwaldes geworden150. Der gewerblichen, Pachten, ein weiterer Schwager, der Weinhändler landwirtschaftlichen und bergbaulichen Produktion und Bierbrauer Josef Nepomuk Kremer, sowie der sollte von Limburg aus die Lahn dienen. Zwar Mann von dessen angeheirateter Cousine, der Guts- wurden mit dem Neubau bzw. der Verbreiterung besitzer und Gastwirt Jakob Fachinger148. der 1808/10 gebauten Schleusenanlage in den Jah- Nach Beendigung der Revolution wurden die ren 1838/39 und 1856/57 erhebliche finanzielle staatlich-politischen und kulturpolitischen Zuge- Mittel zur Hebung des Lahntransportes aufgewen- ständnisse gegenüber den progressiven Kräften in det, jedoch blieb die Schifffahrt wegen des häufigen der Bevölkerung einerseits und der Kirche anderer- Eisganges sowie Hoch- und Niederwassers auf 151 seits bald zurückgenommen. Allerdings hatte sich wenige Monate im Jahr beschränkt . Noch unter das städtische Leben wesentlich verändert. Den nassauischer Regierung kam 1862 die Eisenbahn meisten Zeitgenossen waren die offenen und la- nach Limburg – gebaut unter der Leitung des aus 152 tenten Notstände und anstehenden Aufgaben ange- Limburg stammenden Moritz Hilf – und sorgte sichts der grundlegenden sozioökonomischen für günstigere Transportmöglichkeiten. Im gleichen Veränderungen deutlich geworden. Die alten patri- Jahr wurde auch das Gaswerk in Betrieb genom- zischen Eliten und die „1848er“ fanden gerade in men, gefördert u.a. von dem mehrfach erwähnten 153 den wirtschaftspolitischen Fragen bald zusammen Hubert Arnold Hilf . Aber die meisten Angehöri- und gründeten 1864 gemeinsam eine Industrie- und gen der politischen Elite und des Unternehmerbür- gertums setzten trotzdem auf den Anschluss Nas- saus an Preußen und begrüßten die Annexion im

143 Vgl. die Petition des Zentralvereins an den nassauischen

Landtag vom Juni 1848, abgedruckt bei KUHNIGK, Revo- lution S. 109-110. 149 GEISTHARDT, Wirtschaft S. 32-34. 144 RENKHOFF, Biographie Nr. 4466. 150 Beiblätter zur Nassauischen Allgemeinen Zeitung für Li- 145 Vgl. den Forderungskatalog des Bischofs gegenüber der teratur, Kunst und gemeinnützige Interessen Nr. 136, Wies- Regierung, abgedruckt bei HÖHLER, Bistum, 2 S. 197-199. baden, 20. August 1848, zitiert nach MAIBACH, Doku- 146 KUHNIGK, Revolution S. 154. mente S. 29. 147 KUHNIGK, Revolution S. 114; RENKHOFF, Biographie Nr. 151 ECKOLDT, Geschichte S. 112, 117-118. 1819. 152 HARTMANN, Hilf S. 559-561. 148 KUHNIGK, Revolution S. 154; FUCHS, Patriziat S. 293 und 153 RENKHOFF, Biographie Nr. 1819; STILLE, Limburg S. 162 304. und 178.

16 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

Jahre 1866154. Diese Kräfte organisierten sich vor- Behörde Räume im Walderdorffer Hof hinzuge- nehmlich in der Fortschrittspartei155. mietet werden und 1926 wurde schließlich das neue Die Fortschrittspartei stand bekanntlich in Kreishaus an der Schiede bezogen. Den Kreisbe- Preußen bereits vor 1866 in Gegensatz zu Bis- hörden war bereits 1876 das Kreis- bzw. seit 1878 marck; in Nassau hielt die Begeisterung in den das Landgericht vorangegangen, ebenso 1876 das liberalen Kreisen noch bis in die 1870er Jahre an, Katasteramt; 1893 folgte ein Kulturamt (Vorgänger bevor auch hier das Tuch zwischen nationallibera- des Amtes für Landwirtschaft und Landentwick- 159 len Bismarckanhängern und der Fortschrittspartei lung) . zerriss. Der Kulturkampf brachte neben der Fort- Neben dem öffentlichen Dienst blieb die Be- schrittspartei die Zentrumspartei als wichtigste deutung von Handel und Verkehr gegenüber dem Kraft des politischen Katholizismus hervor, die in produzierenden Gewerbe zunächst noch vorrangig. Limburg rasch an Zustimmung in den führenden Ein Auszug aus dem Handelsregister von 1870 Kreisen gewann. Ein denkbar deutliches Signal nennt für das gesamte Amt Limburg unter 74 Ge- wurde 1874 gesetzt. Zur Begleichung einer Geld- werbetreibenden nur 22 „Fabrikanten“ worunter strafe wegen Missachtung der „Maigesetze“ durch allerdings auch Brauer und Müller zu finden sind160. den Bischof war seine Kutsche gepfändet worden. Auch die Einfuhrzahlen von Lebensmitteln, Kolo- Bei der Versteigerung erwarb Jakob Fachinger das nialwaren und Genussmitteln aus dem Jahre 1907 Fahrzeug und führte es gemeinsam mit Peter Paul erweisen Limburg als wichtigsten Handelsplatz im Cahensly und Eduard Trombetta unter Teilnahme Lahngebiet161. Aber im Laufe der 1870er Jahre eta- vieler anderer Limburger Katholiken wieder dem blierten sich erstmals auch größere Industriebetrie- Bischof zu156. Der Limburger Wahlkreis wurde in be in Limburg: Blechwarenfabrik Heppel (1872), den 1870er Jahren regelmäßig von Kandidaten der Maschinenfabrik Böhme und Köster (1873), Ma- Freisinnigen Partei bzw. der Fortschrittspartei ge- schinenfabrik Scheid (1875) und schließlich einige wonnen, bevor Ende des Jahrhunderts der aus Jahre später die Maschinenfabrik Ohl (1893). einer in den 1730er Jahren aus Graubünden nach Wichtigster Arbeitgeber wurde mit rund 1.000 Limburg eingewanderten Familie stammende Kauf- Beschäftigten bereits um die Jahrhundertwende das mann und Sozialpolitiker Cahensly für die Zen- Ausbesserungswerk der Eisenbahn162. Obwohl sich trumspartei in den Reichstag einzog157. in dem halben Jahrhundert nach 1870 die Zahl Abgesehen von den kirchen- und kulturpoliti- der Gewerbetreibenden fast verzehnfachte, waren schen Konflikten war die Rechnung der Limburger 1924 40% der Limburger Erwerbsbevölkerung Befürworter des Anschlusses an Preußen aufgegan- Arbeiter, gegenüber 18% Gewerbetreibenden und 163 gen und Limburg entwickelte sich – neben seiner nur noch 2,5% Landwirten . Die Mehrzahl der kirchlichen, verkehrsmäßigen und schulischen Zen- insgesamt 670 Gewerbebetriebe siedelte sich in tralfunktion – bis zum Ersten Weltkrieg auch zum der Neustadt an (272), während ältere Handels- gewerblichen und administrativen Mittelpunkt des und Dienstleistungsbetriebe (225) ihren Sitz in der mittleren Lahngebietes. Zwar blieb bei der ersten behielten und die neuen Außenbezirke preußischen Gebietsreform 1867 zunächst noch bedeutend weniger Gewerbebetriebe, allerdings 164 Diez die Kreisstadt, 1886 wurde aber Limburg Sitz meist die größeren Fabriken aufzuweisen hatten . der Kreisverwaltung158. Mit zehn Beamten zog der Die Steigerung der zentralörtlichen Bedeutung erste preußische Landrat in das ehemalige Wirt- Limburgs zwischen 1866 und 1914 fand ihren Nie- schaftsgebäude des Klosters Eberbach an der derschlag in einer explosionsartigen Bevölkerungs- Lahn. Bald mussten für die ständig wachsende zunahme. Zwischen 1870 und 1910 wuchs die

154 KROPAT, Liberalen S. 225-227; GEISTHARDT, Wirtschaft 159 STILLE, Limburg S. 167-169. S. 26. 160 HHStAW, Abt. 405 Nr. 1195, nach GEISTHARDT, Wirt- 155 Ferdinand Joseph Pachten, ein Neffe von Eduard und schaft S. 41. Heinrich Trombetta, gehörte z.B. zu der dreiköpfigen 161 Jahresbericht S. 76-79. Delegation, die am 1. August 1866 beim preußischen Zi- 162 STILLE, Limburg S. 176. vilgouverneur von Diest den Anschluss Nassaus erbat. 163 BORN, Diez und Limburg S. 88. – Born trennt hier offen- KROPAT, Liberalen S. 234, Anm. 60. sichtlich nicht zwischen am Wohnort Beschäftigten und 156 MAIBACH, Dokumente S. 23-24. – Zum Kulturkampf in Einpendlern. Der Verwaltungsbericht von 1925 weist eine der Stadt und in der Diözese vgl. SCHATZ, Geschichte stärkere Betätigung der Limburger im öffentlichen Dienst S. 173-180. Zum Exil des Bischofs in Böhmen in den Jah- aus. Von den 4.407 Erwerbstätigen werden 2.371 (53,8%) ren 1876 bis 1883 vgl. HÖHLER, Bistum 2 S. 327-363. als Angestellte und Beamte, aber nur 1.087 (24,6%) als 157 LANGE, Wahlen S. 409-411; RENKHOFF, Biographie Nr. Arbeiter, 805 (18,3%) als Gewerbetreibende sowie 144 559; FUCHS, Patriziat S. 48. (3,3%) als Freiberufler ausgewiesen. Zahlen nach STILLE, 158 ZABEL, Kreisreform S. 228-230; ZABEL, Behördenorgani- Limburg S. 188. sation S. 200-202. 164 BORN, Diez und Limburg S. 118.

17 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

Einwohnerschaft von 4.502 auf 10.786, wobei das Ersten Weltkrieg und die anschließende Inflation stärkste Wachstum zwischen 1890 (6.910) und ins Stocken. Ab Mitte der 1920er lässt sich zwar 1910 stattfand165. Damit stellten sich der Stadt völ- eine Neubelebung beobachten, allerdings endeten lig neue Aufgaben, zumal mit der quantitativen diese Ansätze in der Zwangs- und Mangelwirt- Zunahme gleichzeitig die qualitativen Anforderun- schaft des Dritten Reiches und dem totalen Zu- gen an den städtischen Wohnraum, insbesondere sammenbruch am Ende des Zweiten Weltkrieges. bei der neuen, zunehmenden Mittelschicht von An- Während des Ersten Weltkrieges blieb Limburg gestellten, Beamten und Facharbeitern stiegen. zwar von direkten Kampfeinwirkungen verschont. Zunächst konnte mit dem Gleisanschluss des Gas- Als wichtiger Bahnknotenpunkt erlebte es aber werkes an die Bahn nach Hadamar im Jahre 1870 vom ersten Kriegstag an zahlreiche Truppen- und 166 seine Produktivität erheblich gesteigert werden . Nachschubtransporte zur Front, bzw. bald auch Gas wurde als Licht- und Wärmeenergieträger für Verwundeten- und Gefangenentransporte in die die Stadt bald unentbehrlich. Im Jahre 1900 waren umgekehrte Richtung. Zwischen Limburg und alleine 111 gasbetriebene Straßenlaternen installiert. Dietkirchen wurde auf freiem Feld ein Baracken- Bereits 1901 wurden sie teilweise durch elektrische lager für ca. 20.000 alliierte Kriegsgefangene ein- Bogenlampen ersetzt, die ihre Energie aus dem seit gerichtet. Die Zahl der Beschäftigten im Eisen- 1892 in der Staffeler Mühle, um die Jahrhundert- bahnausbesserungswerk schnellte auf 2.000 Personen wende in der Sackgasse/Ecke Bornweg und ab hoch, während sie in den anderen Limburger 1937 in der Untermühle befindlichen städtischen Betrieben meist rückläufig war oder stagnierte170. Elektrizitätswerk bezogen167. Im Zuge der Stadter- weiterung, zunächst innerhalb der Schiede, ab den Durch seine Nähe zum französisch besetzten 1880er Jahre auch verstärkt darüber hinaus, wurden Rheinland und seine Schlüsselstellung im „Fla- die mittelalterlichen, aus hölzernen Röhrenleitungen schenhals“, jenem Streifen von Kaub bis Limburg bzw. umgeleiteten Bächen gespeisten Wasserstellen zwischen den ebenfalls besetzten rechtsrheinischen und Brunnen durch moderne Wasserleitungen Brückenköpfen von Mainz und Koblenz, verliefen ersetzt. Während der städtische Wasserbedarf von die ersten Nachkriegsjahre in Limburg verhältnis- der Pumpstation am Nonnenborn, am nördlichen mäßig turbulent. Die Novemberrevolution brachte Lahnufer (am heutigen Wasserhausweg östlich der in Limburg zunächst keine spektakulären Ereignis- Lahnkampfbahn) gelegen, gedeckt wurde, bestand se; die Stadt hatte andere Sorgen. Der Zusammen- bereits seit 1879 ca. 30 Meter östlich der Ober- bruch der staatlichen Ordnung ließ ein Vakuum mühle eine Pumpstation, die das gesamte für den entstehen, das ein Arbeiter- und Soldatenrat in Eisenbahnbetrieb in Limburg benötigte Wasser in weitgehendem Einvernehmen mit dem Limburger ein Reservoir auf den Greifenberg pumpte. Noch Landrat und den städtischen Behörden kurzfristig vor dem Ersten Weltkrieg wurde diese Anlage er- ausfüllte171. Bereits Ende 1918 löste sich der Lim- heblich vergrößert und die Stadt selbst durch einen burger Arbeiter- und Soldatenrat ohne viel Aufhe- zweiten Rohrstrang erschlossen. Im Zuge dieses bens wieder auf. Die Lage Limburgs am östlichen Ausbaues verschwanden viele öffentliche und pri- Ausgang des „Flaschenhalses“ konfrontierte die vate Brunnen in den Altstadtgassen und Höfen Stadt in der unmittelbaren Nachkriegszeit mit er- bzw. wurden in Zapfstellen umgewandelt168. Der heblichen Problemen. Bis 1920 wurde ein Auf- von dem Fabrikanten Josef Heppel ab 1904 gelei- fanglager für heimkehrende deutsche Kriegsge- tete Verschönerungsverein initiierte in den Jahren fangene unterhalten. Bis August 1919 war der Bahn- bis zum Ersten Weltkrieg die Anlage zahlreicher verkehr im Lahntal unterbrochen und die Bewoh- Grün- und Parkanlagen, besonders am Schafsberg, ner des „Flaschenhalses“ wurden von Limburg aus Greifenberg und in den südlichen Stadterweite- mit Pferdefuhrwerken versorgt. 169 rungsgebieten . Indes wirkten sich die politischen Spannungen Alle bisher geschilderten Prozesse des 19. Jhs. – innerhalb der Weimarer Republik auch auf Lim- Bevölkerungswachstum, infrastrukturelle Verdich- burg aus. Im Juli 1922 zwangen demonstrierende tung, gewerbliche Expansion – kamen durch den Gewerkschafter und Sozialisten den Limburger Magistrat zur Herausgabe eines immer noch im

Rathaus befindlichen Kaiserportraits, das anschlie- 165 STILLE, Limburg S. 168. ßend zerrissen wurde 172. Im Zuge der Ruhrbeset- 166 Zum folgenden STILLE, Limburg S. 178-180. 167 Nassauischer Bote Nr. 260, vom 8. November 1937; StadtA Limburg, Stadtplan von Limburg an der Lahn von 1910.

168 HELLBACH, Wasserversorgung S. 75; StadtA Limburg, Stadt- plan von Limburg an der Lahn von 1910, hier die Eintra- 170 STILLE, Limburg S. 183. gungen der Reservoire. 171 SCHOPPET, Weltkrieg S. 460-461. 169 HÖHLER, Geschichte S. 130 und 133. 172 MAIBACH, Dokumente S. 69-70.

18 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn zung wurde Limburg erstmals im Mai 1923 und April stellten der amtierende Bürgermeister und der dann von Juli 1923 bis Oktober 1924 von franzö- Stadtverordnetenvorsteher unter tumultuarischen sischen Truppen besetzt. Besonders die noch wa- Umständen ihre Ämter zur Verfügung. Schließlich che Erinnerung an den Kulturkampf rief gewisse wurde 1934 auch das Landratsamt gleichgeschal- Sympathien für die im Rheinland erhobene Forde- tet176. Das 700-jährige Domjubiläum 1935 geriet rung „Los von Berlin!“ hervor, die aber nicht un- unter diesen Umständen zu einem politischen Er- bedingt mit einer strikten separatistischen Politik eignis, bei dem die katholische Kirche Renitenz konform gingen. Als im November 1923 die Sepa- und ihre Distanz zum NS-Staat zeigen konnte177. ratisten unter dem Schutz der französischen Besat- Besonders zwischen der Hitlerjugend und den ka- zungsmacht den Anschluss Limburgs an die tholischen Jugendorganisationen kam es immer „Rheinische Republik“ erzwingen wollten, kam es wieder zu Konflikten178. Wohl nicht zufällig wurde folglich zu gewaltsamen Auseinandersetzungen in 1939 der Bau eines großen HJ-Heimes auf dem deren Verlauf ein Limburger erschossen und meh- Schafsberg begonnen, gewissermaßen direkt gegen- rere andere schwer verletzt wurden. Nach vier über dem Dom179. Tagen gaben die Separatisten auf und zogen sich Die Bedeutung Limburgs als Schulort wurde aus Limburg zurück, nachdem ihnen auch die Be- 1938 durch die Auflösung bzw. Zusammenlegung satzungsmacht ihre Unterstützung entzogen hat- der privaten Thau-Schule in der Parkstraße, der 173 te . Marienschule sowie der Umwandlung des städti- Als im Oktober 1924 die Franzosen Limburg schen Gymnasiums in eine „Oberschule für Jun- endgültig verließen und die Inflation gebändigt war, gen“ erheblich geschmälert. Im produzierenden setzte ein regelrechter Bau- und Wirtschaftsboom Gewerbe profitierten lediglich die metallverarbei- ein. Zwischen 1925 und 1931 wurden das Kreis- tenden Betriebe von der nationalsozialistischen haus an der Schiede, das Finanzamt in der Walder- Rüstungs- und Kriegswirtschaft. Im Winter 1939/40 dorffstraße, das Pallottinerseminar in der Wies- wurde die Autobahnbrücke über die Lahn dem badenerstraße und das Priesterseminar an der Verkehr übergeben. Damit lag Limburg wieder an Weilburger Straße sowie ein Neubau der Marien- der Hauptlandverkehrsachse zwischen Köln nach schule in der Graupfortstraße errichtet. Eine Viel- Frankfurt180. zahl der Industriebetriebe vergrößerte sich in dieser Ab April 1944 war Limburg elfmal das Ziel Zeit. 1926 pendelten durchschnittlich 12.000 Per- alliierter Luftangriffe, in deren Verlauf 572 der sonen täglich nach Limburg; teils Erwerbstätige, insgesamt 3.362 Wohnungen der Stadt zerstört teils Schüler, teils Kunden und Klienten der immer worden sind. Am stärksten betroffen war das Ge- zahlreicher werdenden Geschäfte und Freiberufler. biet zwischen Schafsberg und Bahnhof sowie der 1926 bis 1928 wurde die Lahn bis Steeden vom gesamte Bereich südlich der Bahnlinie. Die Altstadt Bezirksverband Nassau unter finanzieller Beteili- blieb dagegen weitgehend verschont181. Schließlich gung der betroffenen Städte und Kreise nochmals sprengten deutsche Truppen auf dem Rückzug die ausgebaut, wovon auch der Limburger Handel Autobahnbrücke. Mehr als 600 Limburger, darun- 174 profitierte . ter fast 200 Zivilisten, verloren durch den Krieg ihr Trotz Weltwirtschaftskrise und stetig steigender Leben. Ab 1944 nahm die Stadt Evakuierte und Arbeitslosigkeit, blieb die Zentrumspartei bis zu Flüchtlinge auf, so dass die Bevölkerung trotzdem den letzten Reichstagswahlen am 5. März 1933 von 11.772 (1939) über 14.616 (1948) auf 15.715 stärkste Partei in der katholischen Stadt, und bei den Gemeindewahlen am 13. März 1933 errang sie mit 50,1% der Stimmen gegenüber 31,9% für die NSDAP sogar die absolute Mehrheit175. Aber im zwischen 1928 und 1934 vgl. MAIBACH, Dokumente S. 89- 91. 176 MAIBACH, Dokumente S. 100-102.

177 SCHATZ, Geschichte S. 269-270; MAIBACH, Dokumente 173 SCHOPPET, Weltkrieg S. 465. S. 112. 174 ECKOLDT, Geschichte S. 119-120; MAIBACH, Limburg, 178 SCHATZ, Geschichte S. 277-278; 280-281, 420-422, 434- Abb. 57: Ein Lahnfrachter mit 150 Tonnen Mehl wird im 436; MAIBACH, Dokumente S. 110-111. Limburger Schleusenkanal im Jahre 1930 entladen. – Diese 179 Die Bauarbeiten wurden nach Fertigstellung des Rohbaus Wirtschaftsblüte lässt sich besonders deutlich an der Kfz- bei Kriegsausbruch eingestellt. Nach dem Krieg diente die Dichte ablesen, die in Limburg mit einem Kfz auf 33 Ein- Anlage als „St. Hildegardis Bau“ dem St. Vinzenz Hospital wohner viereinhalb mal so hoch war wie im nationalen als Isolierstation und Innere Abteilung bevor sie eine selbst- Durchschnitt. Zahlen nach STILLE, Limburg S. 188. ständige Klinik wurde. 175 Vgl. die Tabellen zu den Ergebnissen der Reichstagswah- 180 STILLE, Limburg S. 195. len in Limburg von 1919-1933 in: MAIBACH, Dokumente 181 Verwaltungsbericht der Stadt Limburg/Lahn 1945/47, S. 81; STILLE, Limburg S. 192-193 zu den Gemeindewah- Limburg 1948 S. 21-22, abgedruckt bei MAIBACH, Doku- len. Zur Entwicklung der NS-Bewegung im Kreis Limburg mente S. 171.

19 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

(1952) zunahm182. Die Zuzügler führten besonders zone umgestaltet werden. Die in den späten 1960er der neuentstehenden Glasindustrie in Limburg Jahren mit der Domrenovierung einsetzende, groß- qualifizierte Arbeitskräfte zu. Die Betriebe siedelten angelegte Altstadtsanierung wurde bis in die 1990er sich am Glashüttenweg zwischen Gaswerk und Jahre fortgesetzt und weitgehend abgeschlossen. Staffeler Brücke an und wurden neben der Eisen- Die umfangreichen Arbeiten sicherten bzw. brach- bahn bald zum zweitwichtigsten Arbeitgeber in ten das spätmittelalterlich-frühneuzeitliche Bild der Limburg183. Fachwerkstadt zur Geltung187. Das Wachstum nach dem Krieg führte zur Mit dem Zusammenschluss mit Dietkirchen am Stadtteilbildung, nicht nur in siedlungstopographi- 1. Okt. 1971 begann die Bildung der Großgemein- scher, sondern auch in schulischer und kirchlicher de und bis zum Abschluss der Gebietsreform 1977 Hinsicht. wurden noch Ahlbach, , Esch- Die 1954 in der Goethestraße errichtete Volks- hofen, Linter, Offheim und Staffel Stadtteile von schule war für alle Schulpflichtigen südlich der Limburg, das somit insgesamt 28.596 Einwohner Bahnlinie gedacht184. Am Schafsberg entstand die zählte, und bis 1993 noch auf 31.753 Einwohner 188 Theodor-Heuss-Schule. In der Brückenvorstadt zunahm . Lag der Entwicklungsschwerpunkt der nahm ab 1969 die Lahntalschule die Kinder der Stadt während der 1960er Jahre zunächst noch im Brückenvorstadt und der Altstadt auf, ab den frü- Süden (Blumenröder Siedlung, Industriegebiet Süd hen 1970er Jahren als Mittelpunktschule auch die „Im Großen Rohr“) wurden ab den 1970er Jahren Schüler aus Dietkirchen, Offheim, Nieder- und auch die Gebiete nördlich der Lahn und die Feld- Obertiefenbach. Ab 1952 bestand eine erste Son- gemarkungen in Richtung Dietkirchen, Offheim derschule, der später eine Behindertenwerkstatt und Staffel mit zahlreichen neuen Industrie- und folgt. Das Gymnasium und die Marienschule nah- Gewerbebetrieben bebaut. Da die bebauten Flächen men unmittelbar nach dem Krieg wieder den Un- fast die gesamte ehemalige Gemarkung Limburgs terricht auf und dehnten sich ständig aus. Die einnehmen, entwickelten sich gleichzeitig in allen „Armen Dienstmägde Christi“ richteten mehrere Stadtteilen große Neubaugebiete mit Eigenheim- Berufsfachschulen ein, die städtische, ab 1956 bebauung, die oft die alten Ortskerne an Fläche 189 Kreisberufsschule, expandierte ebenfalls. Eine Kauf- und Bevölkerung übertreffen . Dieser Wachs- mannsschule und eine Landwirtschaftsschule er- tumsprozess ist gegenwärtig noch nicht abgeschlos- gänzten das breite berufsspezifische Ausbildungs- sen. angebot. 1991 besuchten über 5.200 Schüler 17 allgemeinbildende und knapp 4.500 Schüler 15 berufliche Schulen185. Damit kann Limburg als der wichtigste Schulort zwischen Siegen und Wiesba- den sowie Wetzlar und Koblenz gelten. Bereits 1941 hatte sich die katholische Kirchen- gemeinde erstmals gespalten, und die Marienkirche der Pallottiner wurde zur Gemeindekirche der südlichen Stadterweiterungsgebiete. 1960 traten schließlich noch die Pfarrvikarien St. Hildegardis für die westlichen Stadtteile und St. Laurentius für die Brückenvorstadt hinzu186. Seit den 1960er Jahren hat sich das Limburger Stadtbild stark verändert. Durch das „Schiedepro- jekt“ wurde ab 1967/68 mit dem Bau der neuen Lahnbrücke und des Schiedetunnels eine leistungs- fähige Umgehungsstraße geschaffen. Annähernd die gesamte Altstadt und der Bereich zwischen Bahnhofs- und Diezer Straße konnten jetzt nach und nach zur verkehrsberuhigten bzw. Fußgänger-

187 SCHULZE/UHLIG, Exkursionsführer 1 S. 227-229. – Zur Ob- 182 STILLE, Limburg S. 197-198. jektsanierung Gotische Haus; LIPPERT, Haus besonders 183 Ausgewählte Strukturdaten über Arbeitsstätten S. 20-21. S. 31, 217 und Katalog der sanierten Gebäude S. 219-341. 184 Zum folgenden STILLE, Limburg S. 203-205. 188 SCHULZE/UHLIG, Exkursionsführer 1 S. 230; Hess. Ge- 185 Gemeinde-Lexikon S. 210. meindestatistik S. 90. 186 STILLE, Limburg S. 202 und SCHEMATISMUS, 1969 S. 26. 189 Vgl. Umlandkarte, 1985/88.

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Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

4. Jüdische Einwohner in Limburg im ersten Stadtmauer aus dem frühen 12. Jh. begrenzt Mittelalter und in der Neuzeit war, kann nicht von einer Ghettoisierung gespro- chen werden. Höchstwahrscheinlich lebten Lim- burger Juden nicht nur in der Judengasse. Zum Wann sich die ersten Juden in Limburg ansiedelten, einen machen die bauarchäologischen Untersu- lässt sich nicht mehr genau feststellen. Urkundliche chungen zweier Schächte im Hofbereich des Hau- Erwähnung finden sie erstmals 1278 und 1287 als ses Römer 2-4-6 die Existenz einer Mikwe im 13. Rudolf von Habsburg die Limburger Juden an Jh. – am anderen Ende der Stadt – möglich196, zum Gerlach I. von Isenburg verpfändet190. Im Rhein- anderen wohnte 1380 ein Schneider Dingele in land und an der unteren Lahn sind Juden indes einer alten Pfarre in der Judengasse197. Möglicherweise schon für das 11. und frühe 12. Jh. nachgewiesen191, war in der vorhergegangenen Generation die jüdi- so dass es nahe liegt, zumindest einzelne jüdische sche Bevölkerung in der Judengasse soweit ausge- Händler auch an dem aufstrebenden Handelsplatz dünnt, dass christliche Limburger in diese Gasse und Verkehrsknoten Limburg anzunehmen192. Die nachziehen konnten. Oder die Judengasse ist nie Beziehungen vermutlich am Ort ansässig geworde- ausschließlich von Juden benutzt worden. ner Juden zu rheinischen Städten im 13. und 14. Jh. entsprechend der grundsätzlichen kulturellen und Bereits im Zusammenhang mit der Armleder- kommerziellen Ausrichtung Limburgs, mag mit Bewegung war es Ende der 1330er Jahre im Rhein- dem urkundlichen Nachweis zweier nach Limburg land zu gewalttätigen Judenverfolgungen gekommen. benannter Juden in Köln und Mainz – mit Worms Im Erzbistum Trier musste Erzbischof Balduin 1337 wohl die wichtigsten rheinischen Zentren der Juden solche Pogrome etwa in Oberwesel und Boppard 198 während des Hochmittelalters – illustriert wer- mit militärischer Gewalt unterdrücken . Auch in den193. Limburg kam es zu Vertreibungen, so dass Kaiser Ludwig die Stadt 1338 und 1341 aufforderte, die Wie viele Juden während des Mittelalters in vertriebenen Juden wieder aufzunehmen und sie Limburg lebten, ist unbekannt. Sicher scheint, dass künftig vor Gewalttaten zu schützen199. Im Zusam- ein Großteil von ihnen in der im 16. Jh. ver- menhang mit diesen Ausschreitungen deponierte schwundenen Judengasse gewohnt haben. Diese wahrscheinlich ein Limburger Jude sein Geldvermö- verlief senkrecht zur damals noch nicht vorhande- gen, das 1957 bei Umbauarbeiten in einem Haus am nen Barfüßergasse und führte von der Böhmer- zur Bischofsplatz (Bergstraße 1/Ecke Barfüßergasse) – Fleischgasse am südlichen Rand der ummauerten also in unmittelbarer Nähe zur ehemaligen Juden- Altstadt194. In diesem Bereich sind für die 1330er gasse – gefunden worden ist200. Neben einem Gold- Jahre auch eine Mikwe, Tanzhaus, Judenschule und klumpen aus 100 eingeschmolzenen Florentinern Synagoge nachgewiesen195. Bei der damals üblichen (350,6 g Gewicht) fanden sich 127 Goldmünzen Bebauungsdichte könnten hier 10-15 Familien französischer, Antwerpener, Florentiner, päpstlicher, gelebt haben. Obwohl der Wohnbereich der Ju- Brabanter, böhmischer, ungarischer und veneziani- dengasse nach Westen hin durch einen Teil der scher Prägung. Die jüngste Münze datiert 1338, dem wahrscheinlichen Jahr der Vertreibung. Der be- trächtliche Gesamtwert und die verstreute Prägeher- 190 BAHL, Beiträge 1 S. 19; zum Überblick vgl. CASPARY, Juden und HÖHLER, Limburger Juden. kunft der Münzen lässt auf einen wohlhabenden 191 LIEBE, Zustände S. 315-320. jüdischen Händler oder Geldwechsler schließen201. 192 CASPARY, Juden S. 127; LICKE, Zustände. 193 1293 ist Isaak von Limburg in Mainz nachzuweisen; zwi- schen 1318 und 1326 ist Simson aus Limburg als Haus-

besitzer in Köln belegt; AVNERI, Germania Judaica 2, 1 S. 487. 196 Gotische Haus S. 134-135, Tafel VI nach S. 144 und S. 194 Vgl. SCHIRMACHER, Limburg S. 140-142 u.v.a. Skizze Nr. 235-237; LIPPERT, Haus S. 40-42. Mit gutem Grund gab 27 S. 153. dagegen ALTARAS, Tauchbad S. 82-84, zu bedenken, dass 195 STRUCK, Klöster 1 Nrn. 216, 241, 600. – Besaß eine bür- die Enge des Schachtes eine Nutzung als rituelles Bad eher gerliche Gemeinde mehr als zehn männliche Mitglieder unwahrscheinlich erscheinen lässt und LIPPERT, Haus über 13 Jahre (Minjan), so war sie zur Errichtung einer S. 40, räumt ebenfalls ein, dass es sich im Vergleich mit Synagoge verpflichtet und bildete eine Synagogen-, sprich den Mikwaoth in Worms, Friedberg und Speyer höchstens Kirchengemeinde; Art. Gemeinde, in: Jüd. Lexikon 2, „um ein mit sehr einfachen Mitteln angelegtes Bad“ han- 1927, Sp. 964. – Neuere noch nicht publizierte For- deln kann. schungsergebnisse von Johann-Georg Fuchs, Limburg, 197 STRUCK, Klöster 1 Nr. 671 S. 295; SCHIRMACHER, Lim- lassen vermuten, dass sich das mittelalterliche Judenviertel burg S. 140 und 419. nach Norden bis an die spätere Nonnenmauer und Kol- 198 LIEBE, Zustände S. 338-339. pingstraße ausdehnte und sich eine Synagoge zwischen 199 BAHL, Beiträge 2 S. 10; HÖHLER, Limburger Juden S. 54- Salzgasse und Nonnenmauer befand, einem Bereich, den 55. Fuchs als alten Kornmarkt anspricht; frdl. Mitteilung von 200 BERGHAUS, Goldschatzfund S. 31-33. J.-G. Fuchs vom 15. Okt. 1997. 201 STILLE, Limburg S. 68.

21 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

Die Limburger Quellen schweigen zwar über Obwohl für das 16. und 17. Jh. nur wenige Ausschreitungen gegen Juden innerhalb der Stadt Juden in Limburg nachweisbar sind, bestand die im Zusammenhang mit der großen Pestwelle von selbstständige Gemeinde wohl fort. Sie hatte nämlich 1349/50. Indessen nennt das jüdische Martyrolo- einen eigenen Begräbnisplatz in der städtischen gium des Nürnberger Memorbuches Limburg Gemarkung. Das Stadtbuch von 1548 legte fest, zweimal im Zusammenhang mit Verfolgungen in dass die Juden für jede ihrer Bestattungen 1 fl. an dieser Zeit202. die Stadt entrichten mussten, wofür sie allerdings Nach der Mitte des 14. Jhs. sind auch nur spo- mit dem Schutz der Stadtknechte bei ihren Trauer- 211 radische Hinweise zur Limburger Judengemeinde zügen rechnen konnten . Eine Regelung, die au- überliefert. In den frühen 1370er Jahren ist der ßerdem auf die latent vorhandene Gewaltbereit- Wegzug einer jüdischen Familie in die Pfalz und schaft gegenüber den Juden in der Bevölkerung einer einzelnen Witwe nach Köln belegt203. Zur verweist. Wo diese Begräbnisstätte lag, bleibt gleichen Zeit kauft der in Limburg ansässige Jude indes ungewiss. Höchstwahrscheinlich handelte es Simon Merkelin von dem Limburger Bürger Kunz sich um ein Grundstück im Bereich der soge- Gile ein vor dem Franziskaner-Kloster gelegenes nannten Judenschiede, also im südöstlichen Ab- Haus204. Außerdem sind 1407 ein Jude mit dem schnitt des äußeren Befestigungsringes. Hier lag Beinamen von Heilbronn und 1419 einer mit dem zumindest noch bis vor 1835 eine jüdische Begräb- Beinamen „von Krakau“ in Limburg ansässig ge- nisstätte über deren Anfänge keine gesicherten 212 wesen205. Nachdem man die Juden 1418 aus dem Nachrichten vorliegen . Kurfürstentum Trier ausgewiesen hatte, sind mög- Die kleine Gemeinde verfügte scheinbar auch licherweise auch die zu diesem Zeitpunkt verblie- im 16. und 17. Jh. über eine eigene Synagoge oder benen fünf Familien aus Limburg vertrieben wor- zumindest einen entsprechenden Kultraum. Aller- den206. dings liegt auch hier keine sichere Auskunft vor, bis Über das Katzenelnbogener Erbe 1479 fiel die wann zunächst die alte, bereits 1320 erwähnte Sy- eine Hälfte der Stadtherrschaft an die Landgrafen nagoge in der ehemaligen Judengasse genutzt wur- 213 von Hessen. Spätestens ab diesem Jahr konnte die de . Weiterhin ist ungewiss, ob und wann die judenfeindliche Politik Kurtriers nicht anhaltend geschrumpfte Gemeinde ihre Gottesdienste in das wirken. 1511 gestattete der Stadtherr dem Juden ab den 1660er Jahren in jüdischem Besitz befind- Mosse sich mit Frau, Tochter, Schwiegersohn, liche Haus Rebstock, auch Fassbender’sches Haus Enkelkindern und Gesinde gegen eine jährliche genannt, Am Fischmarkt 7, verlegte. Dieses Ge- 214 Bezahlung von 15 fl. in Limburg zehn Jahre aufzu- bäude wird 1713 als Judenschule erwähnt . halten207. 1517 erhob der Amtmann von Limburg Eventuell existierte die Gemeinde zeitweilig im 5 fl. 10 alb. Schutzgeld von einem Juden208. 15.-17. Jhs. nicht und hatte ihre Selbständigkeit Nicht anders als die übrigen Juden am Mit- mangels Mitglieder verloren. Zumindest stand die telrhein und der Lahn wird auch die kleine Limbur- alte Synagoge in der Judengasse noch um 1630. Sie ger Gemeinde die Gewaltsamkeiten während des wird von Mechtel als stabiler, höchstwahrscheinlich Bauernkrieges erlitten haben209. Betroffen wurde sie in Stein ausgeführter Bau beschrieben, dessen Ein- auch von der vom Trierer Kurfürsten auf Druck der gänge allerdings zu diesem Zeitpunkt bereits ver- 215 Landstände verhängten Ausweisung von 1582/83210. nagelt waren . Für das 16. und 17. Jh. fehlen

211 EILER, Stadtbuch S. 59.

212 HÖHLER, Limburger Juden S. 63. – STEIN, Geschichte 202 SALFELD, Martyrologium S. 276 und 285. S. 86, erwähnt, dass bei Ausschachtungsarbeiten für die 203 AVNERI, Germania Judaica 2, 1 S. 487. Eisenbahnuntertunnelung zwischen der Frankfurter- und 204 WYSS, Chronik S. 122, Urkunde Nr. 5 vom 16. Okt. 1371. der Kleinen Wallstraße Skelettreste gefunden worden sind 205 Vgl. MAIMON, Germania Judaica 3, 1 S. 747. – Für Kur- und bringt diese mit dem erwähnten Friedhof in Verbin- trier wird für die beiden letzten Jahrzehnte des 14. Jhs. dung. – Vgl. auch die Eintragungen im ersten Limburger grundsätzlich eine starke Abwanderung der Juden ange- Stockbuch von 1854, nach dem die jüdische Gemeinde am nommen; vgl. RESMINI, Juden S. 76. „Stadtgraben nächst der Frankfurter Straße“ ein Grund- 206 HÖHLER, Limburger Juden S. 57. stück besaß. HHStAW, Abt. 362/17, Limburg 3 S. 197, 207 LÖWENSTEIN, Quellen 1 Nr. 754. – In Kurtrier werden Art. 269. erst ab 1512 (in Koblenz-Lützel) wieder Juden aufgenom- 213 Vgl. die neuesten Forschungen von WOLF, Walderdorff men; LIEBE, Zustände S. 362. S. 97-98, die noch für die 1540er Jahre eine „Judenschulle“ 208 LÖWENSTEIN, Quellen 3 Nr. N 66. belegen. 209 Vgl. STRUCK, Bauernkrieg S. 69, 79 und 84 zu den anti- 214 Walderdorff Archiv , Baurechnungen Nr. 58; StadtA jüdischen Forderungen der Aufständischen bzw. den ent- Limburg, Protokolle beschriebener Kauf- und Tauschbriefe, sprechenden Verordnungen der Landesherren; vgl. auch 17. Aug. 1713; HHStAW W 362/17, 23, Art. 2096 Nr. 2665. RESMINI, Juden S. 81-83. 215 HÖHLER, Limburger Juden S. 63; SCHIRMACHER, Limburg 210 SCOTTI, Sammlung 1 S. 522. S. 152 und v.a. S. 149 mit Anm. 222.

22 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

Quellen mit substantiellen Informationen über die Gemeinden, auch in Limburg222. Lebten hier um Limburger Judengemeinde. Es ist zu vermuten, 1800 nur acht Familien, so wurden 1861 bereits dass sie unter Judenpogromen während des Drei- 106 und 1895 206 jüdische Einwohner gezählt223. ßigjährigen Krieges litt216. Immerhin kehrte der Mit dem Kauf der St. Johanneskapelle erwarb die Trierer Kurfürst nach der Ablösung der hessischen jüdische Gemeinde 1867 ein geeignetes Gebäude Pfandherrschaft 1624 nicht mehr zur judenfeindli- als Synagoge224. Nachdem sich die Gemeinde bis chen Politik des 16. Jhs. zurück. Allerdings regelten zur Jahrhundertwende auf annähernd 300 Mitglie- verschiedene äußerst restriktive landesherrliche der vergrößert hatte, errichtete man bis 1903 neben Judenverordnungen ihren Zuzug, ihre gewerbliche einer Mikwe einen neoromanischen Neubau als Tätigkeiten und ihren Umgang mit Christen217. Die Synagoge. Er lag an der Schiede gegenüber dem wesentlichen Rahmenbedingungen auch für die Landgericht in bester Limburger Lage und bot Limburger Juden ergaben sich aus den Bestimmun- rund 200 Männern und 100 Frauen Platz225. 218 gen der Judenordnung von 1723 . Diese legte fest, Die Öffnung der Universitäten für jüdische dass nur 165 jüdische Familien Geleit zur Nieder- Studenten im 19. Jh., die sich aus der bürgerlichen lassung im gesamten kurtrierischen Territorium Emanzipation ergab, nutzten auch Angehörige erhalten sollten und bei der regelmäßigen Erneue- Limburger Familien. In den ersten Jahrzehnten des rung des Geleits ein Vermögen von mindestens 20. Jhs. praktizierten in Limburg je drei jüdische 400 Rtlrn. nachgewiesen werden musste. Damit Ärzte und Rechtsanwälte226. Ein bedeutende Rolle forcierte die landesherrliche Politik den Trend zur spielten die Juden zu dieser Zeit weiterhin im Lim- Herausbildung einer jüdischen, relativ wohlhaben- burger Handel und Gewerbe. So befanden sich bis den Schicht von Händlern und Kaufleuten in den in die 1930er Jahre hinein ein Warenhaus, mehrere kurtrierischen Städten. Auch die sechs bis zehn Konfektions- und Textilgeschäfte, ein großes Familien, die während des 18. Jhs. in Limburg leb- Schuhgeschäft, einige Leder-, Häute- und Fell- ten, werden ihr Auskommen im Handel mit Gold-, handlungen, eine Manufakturwarenhandlung und Silbergeschirren und Schmuck, in der Hauptsache eine Seifensiederei in jüdischem Besitz227. aber mit Vieh-, Getreide-, Fell-, Leder- und Woll- verkauf verdient haben219. Zumindest war die Ge- Ein reges jüdisches Vereinsleben entwickelte meinde wohlhabend genug, 1766 das Haus sich ab der Jahrhundertwende, besonders nach dem Löhrgasse 7/8 zu kaufen, dort zunächst ein Frau- Ersten Weltkrieg. Zu nennen sind zuvorderst der enbad und schließlich ab 1767 eine Synagoge zu „Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen unterhalten220. Zwei jüdische Einwohner, der Vor- Glaubens“, dessen Limburger Ortsgruppe 1935 im- steher Moses David und Seligmann Löw, konnten merhin noch 38 Mitglieder zählte und der „Reichs- in den wirtschaftlich nicht besonders blühenden bund jüdischer Frontsoldaten“, dem zur gleichen 1770er und 80er Jahren sogar Stiftungen zur Be- Zeit noch 41 Personen angehörten. Weiterhin wa- zahlung von Schriftgelehrten in Limburg und ren im „Jüdischen Frauenverein“ 74 Limburgerin- Koblenz machen221. nen und im „Jüdischen Jugendbund “ 55 Mitglieder organisiert, von denen viele in Limburg Die verschiedenen Erlasse zur rechtlichen wohnten228. Gleichstellung der Juden während des 19. Jhs., beginnend mit der Abschaffung des Judenleibzolls Juden beteiligten sich auch an der Kommunal- (1806), des Gemeindegesetzes (1848) und schließ- politik. So gelang vor dem Ersten Weltkrieg einem lich der vollständigen staatsbürgerlichen Gleich- jüdischen Bewohner Limburgs der Einzug in die stellung in der Reichsverfassung (1871) bildeten die Stadtverordnetenversammlung229. In Zusammenar- Grundlage für ein rasches Aufblühen der jüdischen beit zwischen Stadtverwaltung und jüdischer Ge- meinde wurde 1910 die „alte Synagoge“ und das Frauenbad in der Löhrgasse 7/8 grundlegend sa-

216 So kam es nach der Besetzung des Erzstiftes durch kaiser- liche Truppen im März 1635 in Koblenz und einigen an- 222 Allgemein KROPAT, Emanzipation S. 283-291. deren Trierer Ämtern zu Pogromen in deren Verlauf 223 ARNSBERG, Gemeinden 1 S. 492 und KEYSER, Städtebuch Juden ausgeplündert und umgebracht wurden; vgl. LIEBE, S. 318. Zustände S. 365. 224 HÖHLER, Limburger Juden S. 63 laut Kaufvertrag vom 7. 217 HÖHLER, Limburger Juden S. 58-60. Feb. 1867. STEIN, Geschichte S. 88 und STILLE, Limburg 218 MARX, Geschichte 1 S. 503-505. S. 191, geben irrtümlich 1868 an. 219 HÖHLER, Limburger Juden S. 59. 225 ARNSBERG, Gemeinden 1 S. 493. – Vgl. auch die Fotogra- 220 ARNSBERG, Gemeinden 1 S. 493; StadtA Limburg, Kauf- fien in MAIBACH, Limburg Nr. 66 und 67. oder Auftragsbuch, Eintrag vom 21. Jan. 1766; StadtA 226 ARNSBERG, Gemeinden 1 S. 493. Limburg, Contractenbuch, Eintrag vom 31. Okt. 1798 und 227 ARNSBERG, Gemeinden 1 S. 493. HHStAW, Abt. 362/17, Limburg 11, Art. 869 Nr. 2218. 228 CASPARY, Juden S. 138. 221 ARNSBERG, Gemeinden 1 S. 492-493. 229 ARNSBERG, Gemeinden 1 S. 494.

23 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn niert und die mit jüdischen Symbolen versehenen 5. Bevölkerungszahlen vom Mittelalter bis Dacherker mit ihren Ornamenten gesichert230. zum 20. Jahrhundert All diese Ansätze zur bzw. die tatsächlich vor- handene Integration der Juden in das wirtschaft- um 1350 4.500-5.500 Ew.236 liche, kulturelle und politische Leben der Stadt fand 1606 232 Fam. zahlen Herdschilling 1933 ein Ende. Die nationalsozialistische Terror- 1615 226 Steuerzahler herrschaft zwang viele der rund 300 Limburger 1709 309 Steuerzahler Juden, ca. 2,5% der Gesamtbevölkerung, bereits 1731 227 Steuerzahler während der Dreißiger Jahre zur Auswanderung. 1765 377 Steuerzahler Dabei spielte die jahrelange Tyrannisierung aus den 1790 2.111 Seelen Amtsstuben der Kreis- und Stadtverwaltung, die 1818 2.685 Ew. judenfeindliche Gesetzgebung einschließlich der 1828 2.866 Ew.237 Nürnberger Rassegesetze von 1935 und der ge- 1838 3.071 Ew.238 walttätige Nazipöbel auf der Straße und Anfein- 1848 3.385 Ew. dungen im Alltag in kongenialer Weise zusam- 1850 3.625 Ew.239 231 men . Das humane Handeln einzelner Beamter 1860 3.890 Ew.240 und Privatleute blieb meist ohne Wirkung bzw. 1866 4.395 Ew.241 wurde von dem zunehmend perfektionierten Ap- 1870 4.502 Ew.242 parat zur Vernichtung der jüdischen Bevölkerung 1871 4.794 Ew. unterdrückt. Das jüdische Gemeindeleben kam mit 1880 5.797 Ew.243 der Zerstörung der neuen Synagoge an der Schiede 1890 6.910 Ew. in der in der „Reichskristallnacht“ vom 9./10. Nov. 1900 8.290 Ew. 1938 noch nicht völlig zum Erliegen. Erst 1939 1910 10.786 Ew.244 fand die letzte Beerdigung auf dem neuen jüdi- 1925 11.501 Ew. 232 schen Friedhof auf dem Schafsberg statt . Am 10. 1933 12.007 Ew.245 Juli 1943 teilte der Limburger Landrat Dr. Karl 1939 11.772 Ew.246 Kerßmann dem Regierungspräsidium in Wiesbaden 1946 13.554 Ew.247 mit, dass die Kreise Limburg und Unterlahn juden- 1950 15.419 Ew.; davon Evakuierte 1.177; frei seien233. Flüchtlinge 2.772248 Wie vielen Limburger Juden die Auswanderung 1959 15.450 Ew.249 gelang, wie viele in den Konzentrationslagern an 1970 15.269 Ew.250 den unmenschlichen Lebensbedingungen zugrunde 1977 28.596 Ew.251 gingen bzw. in den Vernichtungslagern umgebracht 1988 28.905 Ew.252 wurden, lässt sich nicht mehr genau nachweisen. 1994 32.995 Ew.253 Drei von ehemals dreihundert Juden kehrten nach dem Krieg aus der Emigration nach Limburg zu- rück234. 1987 lebten in Limburg 12 Mitbürger jüdi- schen Glaubens235.

236 SCHIRMACHER, Geschichte S. 263-266. 237 STILLE, Limburg S. 153. 238 KEYSER, Städtebuch S. 316. 239 SCHIRMACHER, Geschichte S. 263-266.

240 KEYSER, Städtebuch S. 316. 230 HÖHLER, Limburger Juden S. 63; Bericht des Bezirkskon- 241 SCHIRMACHER, Geschichte S. 263-266. servators S. 9-10. 242 STILLE, Limburg S. 153, 168, 198. 231 Hierzu CASPARY, Juden S. 138-140. 243 KEYSER, Städtebuch S. 316. 232 Der älteste von insgesamt 95 erhaltenen Grabsteinen auf 244 STILLE, Limburg S. 168. diesem Friedhof datiert aus dem Jahre 1848; STEIN, Ge- 245 Amtliches Gemeindeverzeichnis S. 178. schichte S. 88. 246 STILLE, Limburg S. 198. 233 HHStAW, Abt. 411/1219, Blatt 579v; CASPARY, Juden 247 KEYSER, Städtebuch S. 316. S. 147. 248 KEYSER, Städtebuch S. 316. 234 ARNSBERG, Gemeinden 1 S. 494, nennt 81 emigrierte 249 Müllers Grosses Ortsbuch, 13. Aufl. S. 615. Juden. Viele versuchten vergeblich in größeren Städten 250 Amtliches Gemeindeverzeichnis S. 178. unterzutauchen, vor allem in Frankfurt, und wurden von 251 Müllers Grosses Ortsbuch, 19. Aufl. S. 535. dort in die Konzentrations- und Vernichtungslager ver- 252 Müllers Grosses Ortsbuch, 23. Aufl. S. 457. schleppt. 253 Frdl. Mitteilung des Einwohnermeldeamtes Limburg vom 235 Hessische Gemeindestatistik 1, 1990, S. 77. 16. Aug. 1996.

24 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

Jüdische Einwohner in Limburg 6. Wirtschaft, Gewerbe und Beschäftigungs- struktur in der Neuzeit 1278 1 Jude „Abraham von Limburg“ wird erwähnt254 1418/19 5 Familien255 Einwohner, Beschäftigte und deren 1511 1 Familie Tätigkeitsbereiche 1925270 1621 einzelne Familien Erwerbstätigkeit und Gliederung nach Stellung im Beruf 1759 6 Familien256 von 11.501 Einwohnern waren 4.407 (38,3%) erwerbstätig: 1774 8 Familien257 2.371 (53,8%) Angestellte, Beamte 1842 60 Juden258 1.087 (24,6%) Arbeiter 805 (18,3%) Gewerbetreibende 259 1861 106 Juden 144 (3,3%) Freiberufler 1900 287 Mitglieder in der jüdischen Gemeinde260 Einwohner, Beschäftigte und deren 1925 270 Mitglieder in der Tätigkeitsbereiche 1987271 jüdischen Gemeinde261 1932 296 Juden262 Bevölkerungsgliederung: von 14.857 Einwohnern (Bevölkerung am Ort mit Hauptwohnung) waren: 1939 80 Juden 5.893 (39,7%) Erwerbstätige 1942 1 Jude263 2.035 (13,7%) Schüler und Studierende 1987 12 Juden264 486 (3,3%) Erwerbslose

Entwicklung der Einwohnerzahlen nach Ortsteilen Tätigkeitsbereiche (auch außerhalb von Limburg): Die 5.893 Erwerbstätigen verteilten sich auf folgende 1950265 1961266 1971/7426719872681994269 Wirtschaftsbereiche: Limburg 15.419 15.578 14.814 14.857 16.553 1.979 (33,6%) produzierendes Gewerbe 1.314 (22,3%) Handel, Verkehr, Nachrichtenübermittlung Ahlbach 849 908 978 1.044 1.149 33 (0,6%) Land- und Forstwirtschaft, Fischerei Dietkirchen 1.010 1.051 1.122 1.503 1.644 2.567 (43,6%) übrige Wirtschaftsbereiche Eschhofen 1.891 2.103 2.356 2.531 2.753 Gliederung nach Stellung im Beruf 1987: Linden- Von 5.893 Erwerbstätigen waren: holzhausen 2.336 2.425 2.764 2.881 2.983 3.218 (54,6%) Beamte, Richter, Soldaten, Angestellte, kaufmännisch und technisch Auszubildende Linter 768 756 961 1.746 2.768 1.987 (33,7%) Arbeiter, gewerblich Auszubildende Offheim 1.128 1.310 1.578 1.937 2.399 688 (11,7%) Selbstständige, mithelfende Familienangehörige Staffel 1.711 2.086 2.356 2.614 2.746

Erwerbszweige, Zahlen der Arbeitsstätten und Beschäftigten (Ortseinwohner plus Einpendler) in Limburg 1987272

Erwerbszweige Arbeitsstätten Beschäftigte Gesamtzahl 1.250 17.457 darunter Handel 434 (34,7%) 3.811 (21,8%) Dienstleistungen 409 (32,7%) 2.428 (14,0%) Verarbeitendes Gewerbe 157 (12,6%) 3.603 (20,6%)

Baugewerbe 36 (2,9%) 806 (4,6%) 254 ARNSBERG, Gemeinden 1 S. 492. Gebietskörperschaften/ 255 MAIMON , Germania Judaica 3, 1 S. 747. Sozialversicherung 53 (4,2%) 2.098 (12,0%) 256 STILLE, Limburg S. 127. Verkehr und Nach- 257 STILLE, Limburg S. 127. richtenübermittlung 48 (3,8%) 2.419 (13,4%) 258 KEYSER, Städtebuch S. 318. Kreditinstitute/ 259 ARNSBERG, Gemeinden 1 S. 492. Versicherungsgewerbe 53 (4,2%) 510 (2,9%) 260 STILLE, Limburg S. 191 Organisationen 261 KEYSER, Städtebuch S. 318. ohne Erwerbszwecke 51 (4,0%) 1.651 (9,5%) 262 ARNSBERG, Gemeinden 1 S. 492. Energie- und Wasser- 263 CASPARY, Juden S. 164 versorgung, Bergbau 1 (0,1%) 100 (0,6%) 264 Hessische Gemeindestatistik 1, 1990, S. 77. 265 Statistische Berichte, AI-S/1963 S. 244-250. 266 Statistische Berichte, AO/VZ 1961-13, Heft 13 S. 32-33. 267 Hessen. Gemeinden S. 326.

268 Ausgewählte Strukturdaten über die Bevölkerung S. 21-22. 269 Frdl. Mitteilung des Einwohnermeldeamtes der Kreisstadt 270 STILLE, Limburg S. 188. Limburg an der Lahn vom 16. Aug. 1996. Einwohnerzah- 271 Ausgewählte Strukturdaten über die Bevölkerung S. 20-25. len am 31. Dez. 1994. 272 Ausgewählte Strukturdaten über Arbeitstätten S. 20-21.

25 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

7. Stadtteile nach der hessischen II. Siedlungstopographische Entwicklung vom Gebietsreform von 1977273 Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert

Gemeindeteile Einwohner- Zeitpunkt der 1. 7. bis 10. Jahrhundert: Burg und Stift zahlen Eingemeindung

Limburg 14.814 1. Juli 1974 Der besonders günstige Lahnübergang – das tief Ahlbach 978 31. Dez. 1971 eingeschnittene Lahntal ist sonst nur schwer zu Dietkirchen 1.122 1. Okt.1971 überqueren – zog die wichtigsten Nord-Süd- Eschhofen 2.356 1. Juli 1974 Verbindungen an den Ort: Von Südosten die Lindenholzhausen 2.764 31. Dez. 1971 Hohe Straße, die, von Frankfurt kommend, über Linter 961 1. Juli 1974 Limburg nach Köln führte, von Süden, aus dem Offheim 1.578 1. Juli 1974 Wiesbadener Raum, die Hühnerstraße und von Staffel 2.356 1. Juli 1974 Südwesten die Straße aus dem Rheingau. Alle Handelswege trafen sich in Limburg und liefen weiter über die Höhen des Westerwaldes nach Siegen und in das Rheinland. Die Hessenstraße274, als Ost-West-Verbindung, erlangte für Limburg durch eine spätere Abzwei- gung an Bedeutung. Die Strecke von Wetzlar nach Koblenz änderte während des 7. Jhs. ihren Verlauf. Limburg wurde ein Etappenziel275. Zur Zeit der Merowinger Könige wurde eine fränkische Burg gebaut, die zur Sicherung der Lahnfurt und später als Sitz der Grafen des Nie- derlahngaus diente276. Der Flussübergang befand sich möglicherweise unterhalb der Engstelle, d.h. westlich des heutigen Domfelsens, wo sich Geröll und Sand ablagern konnten277. Allerdings machen die Gelände- und Wasserverhältnisse östlich des Domfelsens eine Furt wahrscheinlicher, da man sich nur hier auf hochwasserfreiem Gelände dem Flussufer nähern konnte278. Diese erste befestigte Anlage des 7. Jhs. erstreckte sich wohl über den gesamten heutigen Domfelsen und umschloss das in rotbrauner Farbe eingetragene Areal von ca. 1,8 ha279. Eine Anfang des 10. Jhs. erbaute, ca. 1,5 m dicke Burgmauer280 schützte auch die Immunität des 910281 gegründeten und mit königlichen Schen- kungen ausgestatteten St. Georgenstiftes. Im Osten reichte sie nahe an den steilen Abhang des Plateaus heran, im Norden bildete der Felssturz zur Lahn

274 EICHHORN, Topographie S. 123; GÖRICH, Verlauf S. 261. 275 STILLE, Limburg S. 25; GENSICKE, Anfänge S. 14-17; SCHIRMACHER, Limburg S. 14-16. 276 SCHIRMACHER, Limburg S. 82-89. Schon GENSICKE, An- fänge S. 17, vermutete eine Burganlage. 277 GÖRICH, Entwicklung S. 204. 278 SCHIRMACHER, Limburg S. 44 und Karte Nr. 7 zu den hydrographischen Verhältnissen. 279 SCHIRMACHER, Limburg S. 83. 280 METZEN, Geschichte S. 42-44; SCHIRMACHER, Limburg

S. 85. 273 Hessen. Gemeinden S. 326. 281 STRUCK, Klöster 1 Nr. 1, 910 Febr. 10.

26 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn ihre Grenze. Im Süden ist der Mauerverlauf durch 2. 10. Jahrhundert: Ansiedlung um die die späteren Gebäude Pfarrweg 1 (steht an der St. Laurentiuskirche Außenseite der alten Burgmauer), Scholasterei (Domplatz 5; es ist zu vermuten, dass der Vorgän- gerbau Reste der Burgmauer als Fundamente Südlich der beschriebenen Burg, an der Furt gele- nutzte) und durch eine Stützmauer im Garten des gen – im Bereich des heutigen bischöflichen Gar- Klosters Bethlehem nachvollziehbar282. Den süd- tens und des St. Vinzenz-Hospitals (Haus der westlichen Eckpunkt markieren die im Haus Non- Dienste) – stand die 1607293 eingestürzte St. Lau- nenmauer 7 erhaltenen quadratischen, turmähn- rentiuskirche294. Ihr hohes Alter lässt sich aus ver- lichen Fundamente283. Diese Anlage besaß mit dem schiedenen urkundlichen Belegen des 14. Jhs. Eulentor284 nur einen Zugang, der im Zusam- erschließen. Aus diesen Urkunden geht hervor, mentreffen der heutigen Nonnenmauer und der dass sie als Mutterkirche für die ca. 10-12 km ent- Domstraße errichtet worden war. Möglicherweise fernt liegenden Orte Isselbach und Eppenrod dien- bezieht sich die Nachricht über den Abriss des te295, von denen ersterer 931/47 genannt wird296. Schwarzen Turmes aus dem Jahre 1569 auf diese Bei der St. Laurentiuskirche bildete sich eine in Toranlage285. Wehrtürme aus der gleichen Zeit brauner Farbe dargestellte ca. 1,5 ha große Sied- könnten im südwestlichen Teil der Burg und im lung, die etwa das Roßmarktgebiet, nördlich des Gebiet der heutigen Domtreppe gestanden ha- heutigen bischöflichen Gartens, einnahm. Die Nähe ben286. Zwei weitere Wehrtürme287 aus dem 10. zur Furt lässt vermuten, dass der 942 mit einem bzw. 11. Jh. sind im Nord- und Südwesten des Schutzprivileg versehene St. Georgenmarkt als Burgberges zu vermuten. Dabei kann nicht geklärt jährlich stattfindender Markt in diesem Bereich werden, welcher von beiden der 1449 erwähnte abgehalten wurde. Dieser Platz könnte der Rain, und im 16. Jh. abgerissene Endreßturm288 war. zwischen der St. Laurentiuskirche und dem Burg- Die heute sichtbare Burganlage, das sogenannte eingang gelegen, gewesen sein297. Die urkundliche Schloss auf dem östlichen Domfelsen, kann – von Bezeichnung in loco Lintburc aus dem Jahre 940 ihrem Umfang her – nicht mit dieser beschriebenen bezeichnet sowohl den Burg-, als auch den Sied- Burg identisch sein289. Eine Urkunde aus dem Jahre lungsbereich um die St. Laurentiuskirche298. Ar- 942290 setzt uns in Kenntnis, dass Konrad Kurzbold chäologische Befunde über Größe, Form und ge- nach 910 das Stift mit einem Kirchenbau in seiner naue Lage dieser Kirche, des dazugehörigen Fried- Burg (in castro) ausstattete. Hierbei handelt es sich hofes und der Siedlung sind nicht bekannt. um den archäologisch nachgewiesenen Vorgänger- Mit dem Aufstreben des St. Georgenstiftes bau des heutigen St. Georg Doms, der außerhalb und der Kaufmannssiedlung westlich der Burg ab des heutigen Schlosses liegt291. Außerdem werden dem 11. Jh. verloren sowohl die St. Laurentiuskir- die zahlreichen Stiftsherren- und Burgmannenhöfe che als auch die Siedlung ihre Bedeutung. Mit der Platz benötigt haben und wohl kaum außerhalb der im 12. Jh. errichteten Holzbrücke über die Lahn schützenden Mauer errichtet worden sein. Somit wurde schließlich der Verkehr auf die westliche steht fest, dass diese Burg das gesamte Bergplateau Seite des Burgberges durch die Marktsiedlung umfasste292. gezogen. Während des 13. Jhs. wurde der Bereich bei St. Laurentius in den städtischen Siedlungsbe- reich miteinbezogen; aber schon ab Mitte des 14. Jhs. entvölkerte sich dieser Stadtteil weitgehend299. 1720 sind dann nur noch Ruinenreste der 1607 282 StadtA Limburg KAT 2775; LIPPERT, Haus S. 228-231, eingestürzten Kirche im Garten der Franziskaner 281-283. zu finden300. Der Friedhof war bereits in der ers- 283 LIPPERT, Haus S. 280-281. ten Hälfte des 17. Jhs. völlig verwahrlost und 284 KNETSCH, Limburger Chronik S. 9. 285 MECHTEL, Pagus Logenahe S. 31: Haec porta muniebator

turri, quae stetit prope ad nostram aetatem dicta nigra iam ad Bu- bonen Zu den Eulen aedes, quae in monte vextant, vel ex ruinis 293 KNETSCH, Limburger Chronik S. 197-198. dignosci possunt. Vgl. dagegen SCHIRMACHER, Limburg S. 83, 294 SCHIRMACHER, Limburg S. 163-164. Anm.160. 295 STRUCK, Klöster 1 Nr. 1572-1577; STILLE, Limburg S. 27. 286 SCHIRMACHER, Stadtvorstellungen S. 78. 296 GENSICKE, Landesgeschichte S. 31. 287 SCHIRMACHER, Limburg S. 85. 297 STRUCK, Klöster 1 Nr. 3; SCHIRMACHER, Limburg S. 284- 288 STRUCK, Klöster 1 Nr. 1047. 285. Die ältere Forschung vermutete den St. Georgen- 289 STILLE, Limburg S. 24. markt im Gebiet des heutigen Fischmarktes direkt vor 290 STRUCK, Klöster 1 Nr. 3, 942 Juni 2, S. 4. dem Burgeingang; HÖHLER, Kurtrierische Stadt S. 208. 291 METTERNICH, Dom S. 27-29. 298 STRUCK, Klöster 1 Nr. 2; STILLE, Limburg S. 28. 292 Noch um 1600 werden insgesamt 13 Höfe in der Burg 299 Vgl. Kap. I.6. erwähnt; SCHIRMACHER, Altstadt S. 14. 300 STRUCK, Klöster 1, Einleitung S. 45, Anm. 176.

27 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn diente nur noch zur Bestattung der Fremden und dorffer Hofes, in dessen Bereich ein Turm vermu- Straftäter301. tet wird309. Sie könnte von dort in einem Bogen zum Südrand der Erbach und weiter bis zur Nord- West-Kante der Burg fortgesetzt worden sein. Die- 3. 11./12. Jahrhundert: Entstehung se archäologisch nicht nachgewiesene Mauer um- einer Marktsiedlung schloss ein ca. 3,5 ha großes Areal (ohne die Burg), indem ca. 500-600 Einwohner gelebt haben könn- ten310. Mitte des 11. Jhs. bildete sich auf dem Westhang des Burgberges die in Dunkelrosa eingezeichnete Ein Zugang zum Fluss vom Innenbereich der Kaufmannssiedlung, die von einem breiten, nord- Siedlung, vermutlich im Westen des späteren Er- südlich gerichteten Straßenmarkt durchzogen bacher Hofes, ist wahrscheinlich. Vor diesem Tor war302. Dieser 1317303 als Fischmarkt304 überlieferte entstand nach Mitte des 12. Jhs. eine Holzbrücke Bereich bildet noch heute einen Rest dieses Han- über die Lahn311, die maßgeblich auf Gottfried von delsplatzes. Bis in das 16. Jh. wird dieses Gebiet, Beselich zurückgeführt wird, der ihre Erbauung um es von anderen Bereichen abzugrenzen, auch durch seine Predigten gefördert haben soll312. Der noch Am alten Markt oder Am oberen Markt 305 ge- hölzerne Übergang wurde 1255313 durch Hochwas- nannt. Der Raum nördlich des Fischmarktes, zwi- ser bzw. Eis zerstört. Etwa 40 Meter lahnabwärts schen Rütsche und Fahrgasse, ist bis ins 13. Jh. begann man 1315314 mit dem Bau einer Steinbrücke, unbebaut und bildet die Verlängerung des Marktes die nicht 1365315 ganz fertiggestellt wurde. nach Norden hin. Hier werden vielfach kleine Ver- Den wirtschaftlichen Aufschwung einer sich ent- kaufsstände, sogenannte Gaden, errichtet worden wickelnden Stadt belegen neben der Ausbildung sein306. dieser ummauerten Siedlung die vor dem Plötzer In der 1. Hälfte des 12. Jhs. wurde zum Schutz Tor gebildete kleine Vorstadt (um 1190)316, das dieser gut 2 ha umfassenden Kaufmannssiedlung Prägen von Münzen (um 1180)317 und das Rechnen eine Mauer errichtet307. Sie dürfte von der Burg, in in Limburger Maß (1195)318, sowie die Errichtung Höhe der späteren Scholasterei aus, zunächst nach zweier Mühlen319 mit Wehren an der Lahn um ca. Südwesten verlaufen sein. Das vermutete „Osttor“ 1200: die Unter- und Obermühle320. Durch das auf- im Kreuzungsbereich der heutigen Nonnenmauer gestaute Wasser der neu errichteten Mühlenwehre und Böhmergasse ist unwahrscheinlich. Die Straße wurden die Lahnfurten weitgehend unbrauchbar Nonnenmauer wurde erst im 16. Jh. angelegt und und die Holz- bzw. Steinbrücke wurde zum Haupt- eine Verkehrsumleitung vom Straßenmarkt in diese übergang. Richtung der Siedlung ist nicht wahrscheinlich308. Auf der Höhe der späteren Barfüßerstraße befand sich ein Schalenturm. Danach querte die Mauer den Kornmarkt auf halber Höhe und verlief zwischen der späteren Böhmer- und Fleischgasse in west- licher Richtung bis zur Plötze und einem dort er- richteten Tor. Die Mauer zog weiter in Richtung

Norden an der Ostseite der späteren Rosengasse 309 LIPPERT, Haus S. 39 (Plan) und SCHIRMACHER, Limburg, bis zur Stelle des im 17. Jhs. errichteten Walder- Plan 5. 310 SCHIRMACHER, Limburg S. 301.

311 SCHIRMACHER, Limburg S. 301; STILLE, Limburg S. 57 301 MECHTEL, Introductio S. 141-142, 147, 360; DERS., Pagus geht von 1160 als Baubeginn aus. Logenahe S. 237r; SCHIRMACHER, Limburg S. 164. 312 GENSICKE, Anfänge S. 37. 302 SCHIRMACHER, Limburg S. 95-119; GLÖCKNER, Lage 313 WYSS, Limburger Chronik S. 118: pons cecidit in Limpurg ex S. 89-90. aquorum inundantia. 303 STRUCK, Klöster 1 Nr. 117. 314 WYSS, Limburger Chronik S. 111: lapideus pons Limpurgensis 304 Der Fischmarkt ist der Abschnitt von der Salzgasse bis zur inicium habuit. Rütsche. 315 In diesem Jahr vermachte Gobel von Winden, Bürger in 305 SCHIRMACHER, Limburg S. 101. Limburg, testamentarisch ½ Mark zum Bau der Brücke zu 306 STILLE, Limburg S. 34. Limburg; STRUCK, Klöster 1 Nr. 535. 307 In einem Beschwerdebrief des Stiftes aus dem Jahre 1114 316 SCHIRMACHER, Limburg S. 301, sowie Plan 5. an den Erzbischof von Trier über das gewaltsame Ein- 317 HÄVERNICK, Münzwesen S. 89. dringen aufgebrachter Dorfbewohner aus der Gegend von 318 KREMER, Originum 2 Nr. 121: maldra tritici Limpurgensis Höhn auf dem Westerwald in das Stift wird bei der Schil- mensurae. derung des Herganges nichts von einer Mauer erwähnt. 319 Die Obermühle war eine Bannmühle; METZEN, Ge- STRUCK, Klöster 1 Nr. 10; vgl. hierzu auch SCHIRMACHER, schichte S. 55, Anm. 18. Limburg S. 285-287, 289, 301. 320 SCHIRMACHER, Limburg, Plan 6; ASSMANN, Alt-Limburg 308 MECHTEL, Pagus Logenahe S. 31-33. S. 91-92.

28 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

4. 13. Jahrhundert: Stadtentstehung lose Türme335. Vom Hammertor verlief die Mauer, der heutigen Grabenstraße folgend, zum Diezer Tor336. Zentral zwischen den beiden Toren lag der Anfang des 13. Jhs. erlebte die Stadt Limburg eine Rote Turm337. Parallel zur heutigen Grabenstraße erste nachweisbare größere Wachstumsphase, de- verlief die Mauer weiter in nordwestlicher Rich- ren Ausdehnung in oranger Farbe gekennzeichnet tung. Auf der Höhe der heutigen Dr.-Wolff-Straße ist. Seit spätestens 1214 besitzt Limburg das Stadt- stand wahrscheinlich der Neue Turm338. Von hier recht321. Die große Befestigungsmauer wurde ge- zog die Mauer weiter nach Norden und schloss an baut, Handwerkerviertel und Märkte entstanden den an der Lahn gelegenen Katzenturm an339. und Kongregationen322 ließen sich in der Stadt nieder. Zwischen dem Katzenturm und dem noch beste- henden Lahntor in der Mauer aus der ersten Hälfte Um 1230 wurde eine zweite, umfangreichere des 12. Jhs. wurde der Mauerring geschlossen. Im Befestigung geschaffen323. Sie wird 1232324 erstmals 13. Jh. wird auch ein weiterer Zugang zur Lahn urkundlich erwähnt. Diese Mauer verlief im Halb- beim Löhrviertel geschaffen: die Löhrpforte340. Ein kreis von der Untermühle die heutige Grabenstra- Zusammenhang mit der um 1200 entstandenen ße entlang bis zur Obermühle. Ein 12-13 m breiter Niedermühle ist wahrscheinlich. Die Stadt war zur und ca. 5 m tiefer Graben325, der auch zur Fisch- Lahn hin somit durch ein insgesamt ca. 310 m zucht verwandt wurde326, lag vor der 10 m hohen langes Mauerstück geschützt341. Diese Befestigungs- und 1,60 m dicken, mit einem Wehrgang versehe- mauer umschloss nun ein gut 9 ha großes Areal. nen Mauer. Diese ca. 980 m lange Ringmauer327 umschloss (ohne den Burgbereich) ca. 11 ha328 und Eine so gewaltige Ringbefestigung zu schaffen, besaß vier Tore und sieben Türme: Am nördlichen setzte eine zahlungs- und tatkräftige Bevölkerung Burgflügel begann der Mauerzug329, der am äußeren voraus. Die Hauptlast der Kosten trugen neben Rand des Felsens entlang herunter führte und nach den Kaufleuten und den Handwerkern, die sich seit einem Knick, in dem der Sündenturm330 mit der Anfang des 13. Jhs. verstärkt in Limburg niederlie- 342 angeschlossenen Kornpforte331 stand, zur Graben- ßen, auch die Juden, die hier 1278 erstmals ur- pforte332 bog. Von diesem Zugang führte die Mauer kundlich festzustellen sind und wesentlich zur wirt- in einem weiten Bogen zum Hammertor333. Der schaftlichen Entwicklung der Stadt beitrugen. Verlauf dieses Mauerstückes ist heute noch zum Der Zusammenhang zwischen städtebaulicher Teil erhalten. Zwischen Grabenpforte und Ham- Expansion, Bevölkerungswachstum und Zuzug von mertor standen der im Stumpf noch heute sicht- Handwerkern lässt sich am Beispiel der Fleisch- bare Huttig334 sowie vermutlich zwei weitere namen- hauer und Metzger verdeutlichen. So sind 1214/25343 mit der Erwähnung von tribus marcellis sitam apud

321 In einer Urkunde von 1214 werden sculteti, scabini et universi Limburgenses genannt; ROSSEL, Urkundenbuch 2 Nr. 558 S. 335 Auf den Turm, der nahe am Huttig liegt, könnte die Be- 398. zeichnung „Huedtsmehe“ aus einer Urkunde von 1488 322 Z.B. die Niederlassung der Franziskanermönche seit 1232; zutreffen. Vielleicht ist damit auch der Huttig selbst ge- STRUCK, Klöster 1 Nr. 1360 meint; SCHIRMACHER, Limburg S. 56. Der Turm, der dem 323 METZEN, Geschichte S. 44-61; SCHIRMACHER, Limburg S. Hammertor am nächsten liegt, kann Hammerturm heißen, 51-71; STILLE, Limburg S. 41-44. wie in einer Amtsbeschreibung von 1790 ein solcher auf- 324 STRUCK, Klöster 1 Nr. 21: infra muros oppidi. gelistet wird; METZEN, Geschichte S. 48. 325 SCHIRMACHER, Limburg S. 65. 336 1319 erstmals erwähnt; STRUCK, Klöster 1 Nr. 1459; 326 Aus einer Stadtrechnung von 1614 geht hervor, dass ein SCHIRMACHER, Limburg S. 57-58. Weihermeister von der Stadt besoldet wurde; METZEN, 337 1347 erstmals erwähnt; STRUCK, Klöster 1 Nr. 352; Geschichte S. 61. SCHIRMACHER, Limburg S. 57. 327 SCHIRMACHER, Limburg S. 70. 338 1437 in einer Urkunde erwähnt. STRUCK, Klöster 1 Nr. 328 SCHIRMACHER, Limburg S. 301. 1519; SCHIRMACHER, Limburg S. 58; METZEN, Geschichte 329 Der Maueransatz ist heute noch zu sehen; SCHIRMACHER, S. 49 und STILLE, Limburg S. 42. Limburg S. 52. 339 Erwähnt erstmals 1432; STRUCK, Klöster 1 Nr. 962. An- 330 SCHIRMACHER, Limburg S. 54; METZEN, Geschichte S. 56. fang der 1980er Jahre wurde der Turm renoviert; METZEN, 331 1634 wird sie erstmals erwähnt. StadtA Limburg, Baurech- Geschichte S. 58-59; SCHIRMACHER, Limburg S. 58-59 und nungen, 1634; zitiert nach SCHIRMACHER, Limburg S. 53, CONRADI, Erläuterungen S. 2-3. Anm. 9. 340 1369 wird sie zum ersten Mal erwähnt; STRUCK, Klöster 1 332 Das Tor wird 1310 als Grapporten erstmals erwähnt. Nr. 582; SCHIRMACHER, Limburg S. 59. STRUCK, Klöster 1 Nr. 103. Die Pforte war 1867 noch 341 SCHIRMACHER, Limburg S. 70. vorhanden. SCHIRMACHER, Limburg S. 54-55; METZEN, 342 Abraham iudeus de Limpurg verzichtet nach Streitigkeiten auf Geschichte S. 57-58, 61. Ansprüche an die Bürgerschaft von Limburg; BAHL, Bei- 333 Das Tor wird 1290 in Lehnsurkunden erstmals genannt; träge 1 S. 19. SCHIRMACHER, Limburg S. 57-58. 343 ROSSEL, Urkundenbuch 2 Nr. 558 S. 399 und Nr. 572 334 SCHIRMACHER, Limburg S. 55-56. S. 409-410.

29 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

Limpurg, also von drei Fleischschirnen bei Limburg, Diezer Tor gelegene Platz für Wochenmärkte wird erstmals die Metzger greifbar. Wahrscheinlich lagen 1339355 als Pleitzschen erwähnt. sie im Bereich der heutigen Fleischgasse, also noch In Limburg wurden auch die Produkte des agra- außerhalb der ersten Siedlungsmauer. Mit dem Bau rischen Hinterlandes gesammelt und in den über- der neuen Mauer um 1230 werden diese Verkauf- regionalen Handel gebracht. Die größte Flächen- 344 stände mitumschlossen und 1243 in limpurch er- ausdehnung mit dem ältesten Rathaus an seiner 345 wähnt . Der Bau dieser Mauer im ersten Drittel Südostecke besaß der 1339356 ersterwähnte Korn- des 13. Jhs. war vor allem zur Aufnahme bereits im markt, auf dem das Getreide aus dem „Goldenen Außenbereich ansässiger Personen notwendig ge- Grund“, dem fruchtbaren Landstrich südöstlich worden und es darf also eine Erweiterung der Stadt von Limburg, zum weiteren Export veräußert wur- bis zur heutigen Grabenstraße und zum östlichen de. Wichtig war auch der zwischen St. Laurentius- Rand der alten Siedlung um St. Laurentius ange- kirche und Stadtkirche gelegene Roßmarkt (1331357 346 nommen werden . erwähnt), der im Laufe der Jahrhunderte baulich Der mit steigender Einwohnerzahl und der beschränkt und verkleinert wurde. Bedeutung er- Ausdehnung der Stadt einhergehende Wirtschafts- langte das Gebiet um den Roßmarkt auch durch aufschwung schlug sich in der Ausbildung zahlrei- acht kleinere Ordensniederlassungen im Mittelalter. cher Märkte nieder. Neben den althergebrachten Es handelt sich hierbei um Höfe der Klöster Arn- Verkaufsstätten „Der Markt“, „Fischmarkt“ und stein, Gronau, Marienstatt, St. Matthias in Trier, „Die Gaden“ entstand eine Reihe von Märkten, Schönau, Tiefental sowie der Dominikaner und der urkundlich oft erst viel später greifbar, die zur Ver- Karthäuser in Koblenz358. Dem Roßmarkt dürfte sorgung der wachsenden Stadtbevölkerung und der räumlich wie funktional der „Heumarkt“ (1431359 umliegenden Landbewohner dienten. Nördlich des erwähnt) zugeordnet gewesen sein. 347 Kornmarktes lagen vermutlich die 1274 erster- Die zahlreichen Textil- und Lederhandwerke wähnten Brotschirnen, die Verkaufstände der Lim- konnten sich einerseits auf den verschiedenen 348 burger Bäcker. Anstelle der 1225 erwähnten Märkten mit den für ihr Gewerbe notwendigen Fleischschirnen entwickelte sich im weiteren Ver- Rohstoffen versorgen, andererseits dort ihre Pro- 349 lauf des 13. Jhs. ein Fleischmarkt (1347 erwähnt), dukte absetzen. Im Zentrum der alten Kaufmanns- 350 der in der Fleischgasse (1358 erwähnt), zwischen siedlung, westlich des Burgtores, zwischen Fisch- dem alten Rathaus, dem Roten Turm und dem markt und Lahntor, konzentrierten sich die Werk- 351 Hammertor abgehalten wurde . Für das gesamte stätten und Wohnhäuser der Schuhmacher. Der mittlere Lahngebiet war Limburg der wichtigste untere Teil der heutigen Fahrgasse diente als Salzmarkt über den das importierte Mineral ver- Schuhmarkt, der 1314360 erwähnt wird. An der Rüt- trieben wurde. Ein erster Markt befand sich wahr- sche lagen der Leinen- und am Römer der Klatter- scheinlich „Am Salzborn“, Ecke Salzgasse-Plötze markt, die 1456 bzw. 1341361 erwähnt werden362. 352 353 (1298 erwähnt). 1455 wird schließlich ein Salz- Mit dem Niedergang des städtischen Textilgewer- markt in der Gegend des Zusammenstoßens Salz- bes ab dem 16. Jahrhundert verloren die beiden 354 gasse-Kornmarkt genannt. Der Kohlenmarkt (1418 letztgenannten Märkte ihre Bedeutung und wurden ersterwähnt) lag vermutlich in der Nähe der Plötze. teilweise um- bzw. überbaut. Dieser zwischen Rosengasse, Böhmergasse und

344 HHStAW, 21,6; zitiert nach SCHIRMACHER, Limburg 355 STRUCK, Klöster 1 Nr. 364; SCHIRMACHER, Limburg S. 463. S. 176-178, 454. 345 SCHIRMACHER, Limburg S. 282. 356 STRUCK, Klöster 1 Nr. 268; SCHIRMACHER, Limburg S. 119- 346 SCHIRMACHER, Limburg S. 296. 120, 123-124. 347 ROSSEL, Urkundenbuch 2 Nr. 432 S. 212. 357 STRUCK, Klöster 1 Nr. 194; SCHIRMACHER, Limburg 348 ROSSEL, Urkundenbuch 2 Nr. 558 S. 399 und Nr. 572 S. 162-163. S. 409-410. 358 SCHIRMACHER, Limburg S. 174-176; STILLE, Limburg 349 STRUCK, Klöster 1 Nr. 307Z, liest allerdings Flachsmarkt. S. 46. Ein solcher Markt taucht jedoch sonst nirgends auf und 359 STRUCK, Klöster 1 Nr. 1464; SCHIRMACHER, Limburg STRUCK, Klöster 1 Nr. 350 und im Register S. 783 geht 163, Karte S. 175. auch von einem Fleischmarkt (vlaismerkte) aus. 360 STRUCK, Klöster 1 Nr. 112; SCHIRMACHER, Limburg 350 STRUCK, Klöster 1 Nr. 461. S. 115-116, 119. 351 STRUCK, Klöster 1 Nr. 350, 461; SCHIRMACHER, Limburg 361 STRUCK, Klöster 1 Nr. 281; SCHIRMACHER, Limburg S. 181-183, 190, und Karte S. 189. S. 107-110, 114, 377; Limburger Fachwerkbauten. 352 STRUCK, Klöster 1 Nr. 65; SCHIRMACHER, Limburg S. 104. 362 Bei dem bei STRUCK, Klöster 1 Nr. 307, 1343 Sept. 30 353 STRUCK, Klöster 1 Nr. 1089; SCHIRMACHER, Limburg genannten „Ludwig an dem Flachsmarkt“ handelt es sich S. 106. tatsächlich um „Lotze von dem Fleischmarkt (vlaismerkte)“; 354 STRUCK, Klöster 1 Nr. 900; SCHIRMACHER, Limburg Nr. 350, 1347 Sept. 7. Ein Flachsmarkt existierte in Lim- S. 107. burg wohl überhaupt nicht.

30 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

Offensichtlich war dieser durch die Stadtmauer Das von ursprünglich 16 Kanonikern bis zum begrenzte Wohn- und Wirtschaftsraum bereits in Ende des 15. Jhs. auf über 50 Mitglieder anwach- der 2. Hälfte des 13. Jhs. stark besiedelt. So musste sende Stift erforderte eine große Anzahl von das Schöffengericht in Frankfurt als Oberhof in Wohn- und Wirtschaftsgebäuden für deren Haus- einem Streit zwischen dem Limburger Stadtherrn stände. Im Stiftsbezirk selbst, dem Bereich der Gerlach I. von Isenburg und der Bürgerschaft alten Burganlage, lassen sich für das 13. Jh. keine Limburgs 1276363 vermitteln, nachdem ersterer die Stiftsherrenkurien lokalisieren. Erst für die Zeit um militärische Sicherheit der Burg und Stadtbefes- 1600 lassen sich Kurien der adeligen Stiftsfamilien tigung durch zahlreiche Überbauungen bzw. An- Diez, Dern, Cramberg, , Bubenheim, bauten an die Befestigungsanlagen gefährdet sah. Ottenstein, Langenau, Eschenfelder und Staffel in Im Laufe des 13. Jhs. wurden bedeutende Sa- diesem Bereich belegen. Weiter Kurien sind in der kral- und Profangebäude von Kongregationen, Stadt vor allem im Bereich südlich des Stiftsbezir- Bürgerschaft und Adeligen errichtet. Im Roß- kes sowie von Römer und Walderdorffer Hof zu 375 marktgebiet ließen sich um das Jahr 1232364 Fran- finden . ziskaner nieder. Sie errichteten an dessen Südwest- Die Stadtherren, zunächst die Isenburger, später ecke ein mehrfach umgebautes Kloster mit einem die Erzbischöfe von Trier, schufen sich bei der St. zugehörigen Gotteshaus (1252)365, das Anfang des Georgskirche, im östlichen Stiftsbezirk eine Wohn- 14. Jhs. durch einen Neubau, die heutige Stadtkir- anlage mit einer zwischen 1289 und 1298 erbauten che, ersetzt wurde366. und dem heiligen Petrus geweihten Kapelle376. Die- Mit dem Neubau der Stiftskirche Ende des 12. se Wohnanlage bestand zunächst aus einem recht- Jhs., dem heutigen Limburger Dom, erhielt das im eckigen Wohnturm aus der Mitte des 13. Jhs., an Laufe der Jahrhunderte mehrfach umgestaltete äl- den südlich im letzten Viertel des 14. Jhs. ein zwei- teste Siedlungsgebiet der Stadt sein bis in die Ge- stöckiger Saalbau und nördlich um 1600 ein weite- genwart dominierendes Gebäude367. 1235 konse- rer Wohnbau angeschlossen wurden. Der Wehr- krierte der Trierer Erzbischof Theoderich II. von charakter dieser Anlage wandelte sich im Laufe der Wied die Hauptaltäre der hll. Georg und Nikolaus. frühen Neuzeit zu einem repräsentativen Herr- schaftssitz, für den die Bezeichnung Schloss üblich Die eigentlichen Stiftsgebäude befanden sich wurde377. auf der Nordseite der Kirche368: Auf dem Friedhof nordwestlich der Kirche wird kurz vor 1280369 die Limburg zählte im 13. Jh. mit einer möglichen Totenkapelle St. Michael erbaut. Das Refektorium, Bevölkerung von 3.700 Menschen zu den Mittel- 378 das sich vom nördlichen Eingangsturm der Stifts- städten . Dieser beschriebenen Phase des Wachs- kirche zur Michaelskapelle hinzog, diente im Mit- tums konnte auch der verheerende Stadtbrand am telalter auch als Schule. 1272370 wird ein Scholaster 14. Mai 1289 kein Ende setzen. Der Chronist Tie- erstmals urkundlich erwähnt. Der rector scolarium, lemann Ehlen von Wolfhagen berichtet in der 2. der Schulmeister, wird 1304371 und das Schulgebäu- Hälfte des 14. Jhs., dass die ganze Stadt vom Feuer de 1332372 erstmals genannt. Die Bergerschule (auf verzehrt wurde, außer dem Rossmarkt: ... tota civita- 379 dem Berge gelegen) blieb bis ins Jahr 1664373, der tis fuerat consumpta igni preter forum equorum . Errichtung des Franziskanergymnasiums, die ein- zige Schule in Limburg374.

363 BAHL, Beiträge 1 S. 9-11. 364 STRUCK, Klöster 1 Nr. 1360. 375 SCHIRMACHER, Limburg S. 84 sowie S. 175. Zum umfang- 365 STRUCK, Klöster 1 Nr. 1361-1362. reichen Besitz der Familie Walderdorff in Limburg zuletzt 366 STILLE, Limburg S. 45. WOLF, Walderdorff S. 96-100. 367 Baubeginn der Kirche war um 1175/80; METTERNICH, 376 Johann I. und seine Gemahlin stiften die Kapelle dem Entstehung S. 17. Apostel Petrus; STRUCK, Klöster 1 Nr. 64; ASSMANN, Alt- 368 Zuletzt wurde das Kapitelhaus im Jahre 1830 abgerissen. Limburg S. 45-47. Der heutige Zustand ist von 1534. Dort liegt heute der Domherrenfriedhof. GROSSMANN, KRUPP, Kirchen S. 103. Limburg S. 47. 377 DEHIO, Hessen S. 558-559; STILLE, Limburg S. 48-49. 369 Erste urkundliche Erwähnung; STRUCK, Klöster 1 Nr. 48. 378 SCHIRMACHER, Limburg S. 301. 370 STRUCK, Klöster 1 Nr. 41a. 379 WYSS, Limburger Chronik S. 111. Diese Nachricht findet 371 STRUCK, Klöster 1 Nr. 81. in den neuesten dendrochronologischen Untersuchungen 372 STRUCK, Klöster 1 Nr. 201. Im Jahre 1836 wird das Schul- ihre Bestätigung, mit deren Hilfe das älteste Haus Lim- gebäude niedergelegt. STRUCK, Klöster 1 S. LIV. burgs, Römer 2-4-6, auf 1289 datiert werden kann. Allge- 373 Dauerhafte Schulgründung der Franziskaner; STILLE, mein zu den Untersuchungen in Limburg: LIPPERT, Haus, Limburg S. 45, 115, 119-121. 1992; HAMM, Fachwerkbauten S. 165-194; Gotische Haus; 374 METZEN, Schulwesen S. 226, 229. Limburger Fachwerkbauten S. 2.

31 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

5. Erste Hälfte 14. Jahrhundert: Wiederaufbau diese Hoffeste von einem relativ großen geschlos- der Stadt; Entstehung der Vorstädte senen Grundbesitz an Wiesen und Gärten umge- ben war, ging von ihm weiter kein nachweisbarer siedlungstopographischer Impuls aus. Die wirtschaftliche Kraft Limburgs wurde durch den Stadtbrand von 1289 nicht weiter beeinträch- Anders verhält es sich dagegen mit dem an der tigt. Der florierende Getreidehandel und die späteren Schulstraße gelegenen Wilhelmitenkloster. Wolltuchweberei erlaubten eine rasche Wiederbe- Die Konventualen dieser mönchischen Gemein- bauung, ja eine Expansion des bebauten Raumes, schaft hatten sich zunächst ab etwa 1312 an einer die in gelber Farbe dargestellt ist380. Die noch nicht genau zu lokalisierenden Stelle auf der unte- heute erhaltenen Häuser Römer 1 und 2-6 (erbaut ren Lahninsel niedergelassen. Von dort wurden sie 1289), das „Steinerne Haus“/Fischmarkt 1-2 (er- aber bald durch häufiges Hochwasser vertrieben baut nach 1289), Fischmarkt 12 (erbaut nach und siedelten sich 1317 vor dem Diezer Tor an. Da 1300), Kleine Rütsche 4 (erbaut 1290/91), Kol- das Kloster etwas zurückgesetzt von der Diezer pingstraße 6 bzw. Bergstraße 7 (erbaut 1291), Straße errichtet wurde, liegt der Schluss nahe, dass Rütsche 15 (1292) sowie das sogenannte „Werner- zu diesem Zeitpunkt vor dem Tor bis zur Einmün- Senger-Haus“/Rütsche 5 (erbaut um 1300) stehen dung der Untergasse und entlang des alten Gra- als beeindruckende Beispiele für die unverzügliche bens bereits eine geschlossene Bebauung Wiederherstellung zerstörter Einrichtungen381. bestanden hat. Auch entlang des Rohrbachs, vom Darüberhinaus entstand nach dem Stadtbrand das Kloster aus in südlicher Richtung, im Zuge der 1339 erstmals erwähnte Kloster Bethlehem in der Diezer Straße bis zum späteren äußeren Diezer nordöstlichen Ecke der ursprünglichen Ummaue- Tor, wahrscheinlich auch entlang der damaligen rung des 12. Jhs mit dazugehöriger Kapelle an der Untergasse in Richtung Lahn, darf eine lockere Böhmergasse382. Bebauung bzw. Flächennutzung angenommen werden. Sicher nachgewiesen sind in diesem ge- Offensichtlich war der Bereich innerhalb der samten Bereich zahlreiche Tuchrahmen, die, teil- Stadtmauern sogar bald zu eng. Im Laufe des frü- weise bis zu 20 Meter groß, dem Spannen, Bleichen hen 14. Jhs. werden verschiedene Vorstädte er- und Trocknen des gewebten Wolltuchs dienten. wähnt, die sich entlang der wichtigen Aus- Dazwischen werden einzelne Schuppen, Scheunen, fallstraßen bildeten und teilweise an einzelne ältere Werkstätten, Färbehäuser und kleinere Wohnhäu- Gebäude anknüpfen konnten383, so die Hammer- ser der Weber gelegen haben. Hierauf weisen ge- bzw. Frankfurter-, die Diezer- und die Brücken- mauerte, noch Ende des 18. Jhs. in zahlreichen vorstadt. Bereits für 1279 ist gut 50 Meter östlich Gärten erhaltene Keller hin387. der Hammervorstadt das Haus Kastell belegt384. Dabei handelte es sich um ein Lehnsgut der Herren Nördlich der Lahn lag die Brücken-, gelegent- von Limburg. Es lag wahrscheinlich auf einer Insel lich auch Koblenzer Vorstadt, seit 1358 schließlich in einem künstlich aufgestauten, vom Linter- bzw. Neustadt genannte Siedlung. Über deren Bebauung Biberbach gespeisten Weiher385. Vermutlich diente im 14. Jh. geben die Quellen keine Auskunft. Ein die Anlage bereits vorher als Etappenstation an der gewisser Aufschwung dürfte zweifellos von dem Altstraße von Mainz nach Köln, die gut 200 Meter um 1315 begonnenen Bau der steinernen Lahn- nördlich die Lahn mit einer Furt kreuzte386. Da brücke ausgegangen sein. Mit ihren acht großen Bögen ersetzte dieser Übergang schließlich ab ca. 1340 die alte Holzbrücke, die gut zweihundert 380 Gotische Haus S. 6. Jahre lang dem Verkehr gedient hatte388. Da der 381 LIPPERT, Haus S. 234-236, 251-253, 272-274, 276-278, Verlauf der Holzbrücke etwa 40 bis 50 Meter fluss- 291-293 und 315-317; Limburger Fachwerkbauten. aufwärts lokalisiert werden kann389, andererseits auf 382 STRUCK, Klöster 1 Nr. 1435; STILLE, Limburg S. 60-61; METZEN, Geschichte S. 43. dem rechten Lahnufer sich keine Trasse für eine 383 SCHIRMACHER, Limburg S. 199-200. besondere Zufahrtsstraße nachvollziehen lässt, soll- 384 STRUCK, Klöster 1 Nr. 47. Das Anwesen taucht bis ins 16. te hier bis zum Anfang des 14. Jhs. von einem Jh. als Lehensgut der Herren von Limburg auf. Mögli- weitgehend unbebauten oder doch nur sehr locker cherweise handelte es sich um ehemaligen Reichsbesitz; SCHIRMACHER, Limburg S. 486-488. bebautem Raum ausgegangen werden. Klar auf den 385 SCHIRMACHER, Limburg S. 210-211. – Größe und Lage sind so unsicher, dass auf eine Aufnahme in die Siedlungs-

entwicklungskarte verzichtet worden ist. 386 GENSICKE, Anfänge S. 15. – Die Benennung Castell wird 387 SCHIRMACHER, Limburg S. 223; LAMBOY, Beschreibung in der Merowingerzeit vielfach für Straßenkastelle ver- S. 82-84. wandt. Hieraus folgert GENSICKE, Anfänge S. 17, dass das 388 STILLE, Limburg S. 57; DEHIO, Hessen S. 563; spätere Haus Castell eine Etappenstation der genannten SCHIRMACHER, Limburg S. 302. Straße darstellte. 389 STILLE, Limburg S. 26-27; SCHIRMACHER, Limburg, Plan 5.

32 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn nördlichen Brückenkopf des neuen steinernen in die städtische Verteidigungsanlage hervorrief, Übergangs ist das bereits 1310390 erwähnte und oder aber die Schiede erst das Wachstum der Vor- unmittelbar an der neuen Brücke gelegene, befes- stadtsiedlungen stimulierte, ist kaum zu entschei- tigte Heilig-Geist-Hospital zu beziehen. Da die den. Beide Momente werden wohl wirksam gewe- Brückenvorstadt zu diesem Zeitpunkt noch unbe- sen sein. Ohne die planvolle Absicht geschützter festigt war, erfüllte der wehrhafte, ummauerte Hos- Stadterweiterungsgebiete nachweisen zu können, pitalbau wohl auch Verteidigungsaufgaben und scheint der Bedarf zur Sicherung der zahlreichen deckte den nördlichen Brückenzugang391. Gärten mit den Rahmen zur Weiterbearbeitung der 397 Der südliche Brückenzugang wurde durch einen kostbaren Tuche ohne weiteres nachvollziehbar . mächtigen Torturm gedeckt. Im Zusammenhang Weiterhin wurden innerhalb der Schiede, in dem mit seiner Erbauung errichtete man eine neue „Kalkofen“ genannten Gebiet zwischen heutiger Mauer. Sie erstreckte sich von der Löhrpforte, mit Schul- und Graupfortstraße, im Bereich der späte- 398 einem Mauerturm versehen, entlang der Lahn bis ren Neustadt und des Neumarkts, die Jahrmärkte an den Felssturz. Im Bereich der nicht mehr vor- St. Michael (1378) und St. Katharinen (1403) abge- handenen, alten Holzbrücke besaß diese Mauer halten, für die die Plätze innerhalb der Altstadt einen Durchlass zum Lahnufer, an dem das städ- vielleicht zu klein geworden waren. tische Vieh getränkt wurde. Der Handelsverkehr Die Wall-Graben-Anlage, die Schiede, zog sich folgte jetzt vom Schuhmarkt aus der Brückengasse im weiten Bogen in einer Länge von rund 1.250 über die neue Lahnbrücke auf das Nordufer des Metern halbkreisförmig um die Stadt. Der Abstand Flusses. Daraus kann geschlossen werden, dass zwischen der eigentlichen steinernen Stadtmauer spätestens mit der Einrichtung des 1341 erwähnten und der Schiede schwankte zwischen rund 100 Brückenzolles in diesem Bereich die beiden alten, Metern – im Nordwesten am Lahnufer, zwischen innerstädtischen Mauern abgetragen waren392. Katzenturm und Wall – und bis zu rund 270 Me- Der mit der neuen Lahnmauer gewonnene Be- tern, im Süden an der Diezer und der Frankfurter reich von ca. 0,5 ha bot in seiner östlichen Hälfte Straße. Zwischen Katzenturm und Schiede bildete Raum für die Rezeptur des Zisterzienserklosters eine relativ geradlinig verlaufende Mauer die Lahn- Eberbach im Rheingau. Dieses Kloster hatte be- front. Den Gesamtverlauf der Anlage zeigt bis in reits im 13. Jh. zahlreiche Schenkungen im mittle- die Gegenwart im wesentlichen die heutige Straße ren Lahngebiet erhalten, die zunächst von einem „Schiede“ und deren Verlängerung, die kleine Wall- 399 Wirtschaftshof in Hadamar aus verwaltet worden straße . Ab dem Frankfurter Tor kann eine rund waren393. Die Verlegung nach Limburg unter- 40 Meter lange Mauer bis zu dem stark ansteigen- streicht dessen gestiegene Bedeutung als regionaler den Gelände des Hainberges angenommen werden. Mittelpunktsort im Lahnbereich. Die Zisterzienser Auch die Brückenvorstadt wurde im 14. Jh. errichteten 1322394 neben dem Wirtschaftshof eine befestigt. Die höchstwahrscheinlich gleiche Bau- Kapelle, die 1324395 dem hl. Johannes geweiht wur- weise und die gesicherte Vollendung spätestens de. Die Bezeichnung „Die Erbach“ für diesen in- 1345 lassen auf eine zeitlich parallele, wenn nicht nerstädtischen Bereich am Lahnufer weist auf sogar etwas früher fertiggestellte Anlage als die diesen 1803 aufgelösten Wirtschaftshof des Kloster große Schiede schließen400. Noch auf der Kataster- Eberbach hin396. karte von 1873/74 ist ein Großteil dieser Verteidi- Zweifellos steht die Entwicklung der erwähnten gungsanlage als ein durchgehendes in etwa oval Hammer-, Diezer- und Brückenvorstadt im Zu- umlaufendes Grundstück im städtischen Besitz klar sammenhang mit der Errichtung der aufwändigsten erkennbar. siedlungstopographischen Veränderung Limburgs Zusammen mit der Beschreibung Mechtels aus im Spätmittelalter: dem äußeren Befestigungsring, dem frühen 17. Jh. ergibt sich für die Schiede fol- der „Schiede“. Ob dabei das lebhafte Wachstum gender Befund: Sie war eine aufwändige Anlage mit der Vorstädte den Wunsch nach deren Einschluss 397 Immerhin schien es dem Limburger Chronisten Tilemann

Ehlen von Wolfhagen erwähnenswert, dass im Feb. 1374 390 STRUCK, Klöster 1 Nr. 100, 103; SCHIRMACHER, Limburg einige Gärten durch ein Lahnhochwasser überschwemmt, S. 224. unde maniche rame mit gewande weggespült wurden; WYSS, 391 SCHIRMACHER, Limburg S. 224. Chronik S. 63-64. 392 STILLE, Limburg S. 57. 398 SCHIRMACHER, Limburg S. 204-206, Anm. 435. 393 LAUT, Territorialgeschichte S. 33; ROSSEL, Urkundenbuch 399 SCHIRMACHER, Limburg S. 71-73. 1 Nr. 224. 400 SCHIRMACHER, Limburg S. 81 geht mit Mechtel von einem 394 STRUCK, Klöster 1 Nr. 1554. Baubeginn der Vorstadtbefestigung um oder kurz nach 395 STRUCK, Klöster 1 Nr. 1555. 1315, also in direktem Zusammenhang mit dem Bau der 396 HÖHLER, Kurtrierische Stadt S. 213. Steinbrücke aus.

33 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn einem rund 2,5 Meter breiten Weg auf der stadt- Wall bildeten. Ein noch zu Beginn des 20. Jhs. wärts gelegenen Innenseite, sodann einen etwa erhaltenes Mauerstück westlich des äußeren Ham- 3 bis 4 Meter hohen und an seiner Basis bis zu mertores, genannt das Schänzchen, wies auch einige 12,5 Meter breiten Wall, der mit Rasensoden be- Schießscharten auf405. festigt und mit einem „Gebück“ aus Dornen- Die Holzheimer- und die Sandpforte besaßen und Eichenhecken bepflanzt war. Die äußere Wall- dagegen nur für den lokalen Verkehr Bedeutung front fiel unmittelbar in den ca. 3,5 bis 4 Meter und waren entsprechend weniger aufwändig ge- 401 tiefen und 10 Meter breiten Spitzgraben ab . baut. Möglicherweise wurden sie sogar erst nach- Unerwünschte Eindringlinge mussten also eine träglich angelegt406. Böschung von 7 bis 8 Meter Höhe überwinden. Durchgänge boten das Diezer Tor im Südwes- Die Brückenvorstadt konnte durch drei Aus- ten und Frankfurter Tor im Südosten an den gänge verlassen werden. Für die Kreucher Pforte wichtigsten Verkehrswegen sowie die Lahnpforte im Nordwesten können ein Torhaus oder gar ein zum Fluss, die Sandpforte im Westen und Holz- Torturm, für die Dietkircher Pforte im Osten ein heimer Pforte im Süden für den lokalen Bedarf. mit Zinnen versehener Torbau vermutet werden407. Der militärische Verteidigungswert blieb freilich Die nahe der Lahn gelegene Hanenpforte als Zu- gering, so drang 1380 offensichtlich kaum behin- gang zur Gemarkung wird entsprechend ihrer dert eine feindliche Streitmacht per nova fossata nachgeordneten Bedeutung weniger aufwändig ge- in die Brückenvorstadt ein und brannte in der staltet gewesen sein. Immerhin war sie wie die Nähe des Heilig-Geist-Hospitals 24 Häuser und beiden anderen Tore mit einer Zugbrücke versehen Scheunen nieder402. und wurde mindestens bis ins 17. Jh. von einem Pförtner bewacht408. Da zwischen dem Frankfurter Tor im Südosten und der Lahnpforte im Nordwesten ein Gefälle Umschloss die Stadtmauer des 13. Jhs. ein Areal von rund 18 Metern bestand, war der Schiedegra- von gut 9 ha, umringte die Schiede zusätzlich ca. 21 ben wohl kaum ganz mit Wasser gefüllt. Lediglich ha südlich der Lahn und die ca. 7 ha der Brücken- zwischen der Holzheimer Pforte und dem äußeren vorstadt. Im Gegensatz zum Altstadtbereich war Diezer Tor verläuft der Graben im ebenen Gelän- der umschlossene Raum zwischen Stadtmauer und de, so dass sich hier Oberflächenwasser sammeln Schiede bis ins 19. Jh. nur zu einem geringfügigen konnte. Vom äußeren Diezer Tor bis zur Lahn Teil geschlossen bebaut (wohl kaum mehr als mag bereits der auf der Katasterkarte von 1873/74 10%). Ein größerer Teil (ca. 5 ha), vor allem im sichtbare Abzuggraben bestanden haben403. Bereich der Diezer und Frankfurter Vorstadt, war locker strukturiert, d.h. es herrschte eine offene Obwohl die fünf Schiededurchgänge alle erst im Bebauung mit meist einzelnen landwirtschaftlichen Laufe der zweiten Hälfte des 14. und des 15. Jhs., Höfen, verstreuten Häusern und Gebäuden vor. die Lahnpforte sogar erst im frühen 17. Jh. erwähnt Die restliche Fläche blieb der Nutzung als Garten, werden, darf ihre Existenz in mindestens drei Fäl- Wiese oder Standort der Tuchrahmen vorbehalten. len als zeitgleich mit der Erbauung der Gesamtan- lage vorausgesetzt werden. Der Bebauungsbefund in der Brückenvorstadt (Fläche ca. 7 ha) war mit rund 50% der Fläche zwar Die Lahnpforte öffnete sich am nördlichen höher, aber auch hier, besonders im Bereich zwi- Ende der Untergasse und ermöglichte die Querung schen den Straße nach Dietkirchen bzw. Kreuch der Lahn an einer Furt über die untere Lahninsel. und der Lahn herrschte eine vergleichbare lockere Dieser Verkehrsweg wurde wahrscheinlich auch Bebauung (1,5 ha) vor. Die Restfläche wurde eben- 404 noch zu Beginn des 17. Jhs. benutzt . falls landwirtschaftlich genutzt. Das Richtung Nor- Mit Sicherheit waren im 14. Jh. auch die Tore den ansteigende Gelände diente wahrscheinlich zum durch die Verteidigungsanlage an der Diezer und Weinbau, worauf der Flurname „Auf der Trauben- der Frankfurter Straße vorhanden. Beide Zugänge höh“ hinweist. bestanden aus einem im Grundriss quadratischen Wie auch immer die Bebauung innerhalb der bis leicht rechtwinkligen Torturm, einer hölzernen Schiede im Detail ausgesehen haben mag, steht Zugbrücke über den Graben und, rechts und links zweifelsfrei fest, dass diese großzügige Wallanlage flankierend zum Turm, zwei Mauerstücken von je 25 bis 30 Metern Länge, die den Übergang zum 405 METZEN, Befestigung S. 61-62.

406 SCHIRMACHER, Limburg S. 72. 401 SCHIRMACHER, Limburg S. 75-79 mit drei Skizzen. 407 SCHIRMACHER, Limburg S. 80-81; STILLE, Limburg, Abb. 402 WYSS, Chronik, Anhang 3 S. 117 Nr. 12. XII (Plan von 1696 mit der Brückenvorstadt). 403 SCHIRMACHER, Limburg S. 79. 408 SCHIRMACHER, Limburg S. 80. Auf dem Plan von 1696 ist 404 MECHTEL, Pagus Logenahe S. 239r. sie allerdings überhaupt nicht mehr eingezeichnet.

34 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn bis in die Mitte des 19. Jhs. für rund fünfhundert Drittel auf deutlich unter 2.000, vielleicht sogar auf Jahre die äußere Grenze der siedlungstopographi- 1.100 Einwohner zu Beginn des 17. Jhs. zurück413. 409 schen Entwicklung Limburgs markierte . Bei einer solchen Schrumpfung der Bevölke- rungszahl ist kaum eine große siedlungstopogra- 6. Mitte 14. bis Ende 18. Jahrhundert phische Ausdehnung zu erwarten. Allerdings sind innerhalb des bebauten Raumes einige bemerkens- werte Veränderungen herauszustellen, die in gelb- Nach der beschriebenen lebhaften Expansions- grüner Farbe gekennzeichnet sind. So kann über und Bauphase der Stadt bis zur Mitte des 14. Jhs. die ganze Stadt verteilt von verlassenen, ungenutz- erscheint die daran anschließende Stagnation, wenn ten, leerstehenden und dem Verfall preisgegebenen nicht Kontraktion um so krasser und abrupter. Häusern und Gebäuden ausgegangen werden. Da- Verschiedene Faktoren vereinigen sich hierbei zu bei spielte nicht allein der Bevölkerungsrückgang einem regelrechten Krisensyndrom in der städti- eine Rolle. Vielmehr hatten sich auf einzelnen schen Entwicklung: Brandkatastrophen, politische Grundstücken bzw. Häusern während der Wachs- Machtkämpfe und Epidemien. Bereits während tumsphase Schulden und Belastungen durch Erble- oder sogar noch vor der Erbauung der Schiede, gate, Stiftungen und dergleichen in einem solchen 1335/1342, vurbrante di stat binahe halber410. Zahlrei- Ausmaß angehäuft, dass diese Immobilien nicht che Häuser im Dreieck zwischen Fischmarkt, Die- mehr kostendeckend genutzt und bewohnt, ge- zer- und Hammertor fielen dem Feuer zum schweige denn vermietet werden konnten. Deshalb Opfer411. 1344 wird die halbe Stadtherrschaft von entstanden in dieser Kontraktionsphase, paradox den hochverschuldeten Isenburgern an Trier ver- anmutend, zahlreiche neue Häuser, die teilweise pfändet. Im Laufe des 15. Jhs. führen dann weitere noch heute das Gesicht der Limburger Innenstadt Teilungen zur Drittelung, ja zeitweise zur Sechs - prägen. Zum Beispiel baute die Adelsfamilie des telung der Stadtherrschaft 412. Fünf Jahre nach der Stiftsgeistlichen von Staffel um 1515 eine prächtige Verpfändung an Trier wütet erstmals die Pest in Kurie im Stiftsbereich, die sogenannte Alte Vika- Limburg, auf die bereits 1356 und 1383 größere rie414 westlich des Domes, auf einem Gelände, das Pestwellen folgen. In den Zwischenzeiten ist aller- durch zahlreiche verlassene Kurien von verschie- dings auch mit Opfern an endemischen Infekti- denen stiftsadligen bzw. landadligen Familien ge- onskrankheiten zu rechnen. kennzeichnet war415. Mit der sogenannten „Alten Scholasterei“ wurde ein repräsentativer Burgman- Die aus den Seuchenzügen resultierenden wirt- nensitz im Stiftsbezirk errichtet, der ab 1429 als schaftlichen Probleme wurden durch zwei wichtige Wohnung des Stiftscholasters diente416. Charakte- übergeordnete Vorgänge verstärkt. Zum einen er- ristisch für die Bebauung, wenn sie überhaupt zwi- wuchs der Limburger Wirtschaft und seiner Be- schen den verfallenen Gebäuden des Stiftsbezirkes deutung als zentralem Marktort des mittleren stattfand, wird wohl eher das bescheidene, 1532 an Lahngebietes durch die umliegenden, von den die alte Burgmauer des frühen 10 Jhs. gelehnte Katzenelnbogener, Diezer und Nassauer Grafen Haus Pfarrweg 1 gewesen sein417. geförderten Städte und Märkte von Ellar, Diez, Hadamar, Camberg und Kirberg eine erhebliche Neben dem Stiftsbezirk auf dem Domhügel Konkurrenz, zum anderen brachen im Laufe des waren drei weitere Bereiche im Laufe des späten 14. und 15. Jhs. die Märkte für das Textilgewerbe Mittelalters sowie des 16. und frühen 17. Jhs. sied- zusammen bzw. wurden die schweren Wolltuche lungstopographischen Veränderungen unterwor- durch die Konkurrenz importierter, leichterer Misch- fen: im Südosten der Bereich zwischen der gewebe, der „nouvelle draperie“ aus den Nieder- Stadtmauer, der Roßmarktstraße und dem Franzis- landen und Oberdeutschland, bedrängt. Grundsätz- kanerkloster, also das Terrain des heutigen bi- lich hatten das städtische Gewerbe und Handwerk schöflichen Gartens und des St. Vinzenz durch den seuchenbedingten Bevölkerungsrück- Krankenhauses, westlich daran anschließend das gang mit erheblichen Absatzschwierigkeit zu kämp- Gebiet zwischen dem heutigen Bischofsplatz sowie fen. dem Kornmarkt, der Fleischgasse und der Oberen Böhmergasse, sowie schließlich der west- und Die Bevölkerung Limburgs ging von rund 5.000 Einwohnern vor der Pest von 1349 um rund zwei 413 SCHIRMACHER, Limburg S. 265-266; KEYSER, Städtebuch

S. 315. 409 Gotische Haus S. 6. 414 LIPPERT, Haus S. 231-233. 410 WYSS, Chronik S. 28, 117. 415 KNETSCH, Limburger Chronik S. 47-49 mit Anm. 411 STILLE, Limburg S. 69. 416 LIPPERT, Haus S. 228-230. 412 STILLE, Limburg S. 84-86. 417 LIPPERT, Haus S. 281-283.

35 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn nordwestliche Teil der Innenstadt zwischen der Etwa zur gleichen Zeit war der alte Franzis- Lahnstraße, der Fahrgasse, der Plötzer Straße und kanerfriedhof (Bischofsplatz) überfüllt. Die Quel- der Grabenstraße. len erwähnen eine neue Begräbnisstätte422. Schließ- Spätestens im Laufe des Dreißigjährigen Krie- lich wird 1586 die Barfüßergasse erstmals im Zins- 423 ges, wahrscheinlich infolge der Kriegseinwirkungen register des Klosters Eberbach erwähnt . Folglich und der Seuchenzüge, hatte sich das Wohnquartier wird im Laufe der ersten Hälfte des 16. Jhs. ein im südöstlichen Bogen der Stadtmauer, den Zeit- noch bestehender Schalenturm der Stadtmauer des genossen als „Auf dem Rain“ oder insgesamt als frühen 12. Jhs. niedergelegt. Um die Mitte des 16. Roßmarkt geläufig, weitgehend entvölkert. Schir- Jhs. wird die Barfüßergasse angelegt und die Ju- 424 macher konnte für das 15. und 16. Jh. noch fünf dengasse nach und nach überbaut worden sein . Gassen mit lockerer Bebauung, mit Wohnhäusern Noch vor 1600 entstanden hier einige beachtliche und Scheunen sowie dazwischenliegenden Gärten Häuser, teilweise mit Binnenhaus, z.B. die noch nachweisen. Außerdem befanden sich dort eben- heute erhaltenen Häuser Barfüßergasse Nrn. 10/12, 425 falls Adelshöfe der von Brambach, Waltmannshau- 11, 14, 16, 18 und 20 . Teilweise wurde auf die sen, Ottenstein, Limburg und später Trier418. noch bestehenden Grundmauern und Keller der Zwischen dem Franziskanerkloster und dem inne- alten, kleineren Judenhäuser gebaut. Diesen Schluss ren Hammertor verschwanden auch das Siechen- legen zumindest die beiden nebeneinander liegen- und Brauhaus, die wahrscheinlich im alten, südlich den, parallel und nicht wie üblich im rechten Win- an das Kloster angrenzenden Franziskanergarten kel zur Barfüßergasse orientierten Tonnengewölbe gelegen hatten. des Kellers unter Haus Nr. 10/12 nahe. Vom inne- ren Hammertor bestand also ab der Mitte des 16. Westlich und nordwestlich des heutigen Bi- Jhs., über den nicht mehr genutzten Franziskaner- schofsplatzes, damals noch als Franziskanerfriedhof friedhof, die neu entstandene Barfüßergasse, den genutzt, ist zunächst von einem relativ geschlos- Kornmarkt und die Salzgasse ein durchgehender senen Bebauungsblock zwischen Oberer Böhmer- Straßenzug bis zum Fischmarkt und von dort wei- gasse und Fleischgasse auszugehen, der lediglich in ter bis zur Lahnbrücke. Nord-Süd Richtung von der Judengasse geteilt wurde. Die Judengasse wäre folglich parallel zur Schließlich kam es infolge der demographischen älteren Stadtmauer des 12. Jhs. verlaufen. Dies und wirtschaftlichen Krisen auch im Westen und könnte auf eine gleichzeitige oder spätere Entste- Nordwesten der Stadt zu erheblichen baulichen hung schließen lassen, in dem unbebauten Bereich und topographischen Veränderungen. In der Zeit zwischen Stadtmauer und der älteren, weiter östlich zwischen dem Bau der zweiten Stadtmauer um gelegenen Siedlung um St. Laurentius. In der Ju- 1230 und dem Niedergang der Stadt ab der Mitte dengasse werden in den 1330er Jahren Judenschu- des 14. Jhs. zogen zwei Straßen von der Plötze und le, Synagoge, Kaltes Bad (Mikwe) und Tanzhaus dem Diezer Tor in Richtung Norden: die Rosen- der Juden erwähnt419. Nicht anders als in vielen gasse mit ihrer Verlängerung zur Löhrgasse sowie mitteleuropäischen Städten kam es im Laufe des die Bäckergasse (heute Schießgraben), die dem 13. und 14. Jhs. auch in Limburg zu Judenverfol- Verlauf des Stadtbaches (Rohrbach) folgte und gungen. 1418 wurden schließlich alle Juden aus ebenfalls auf die Löhrgasse auslief. Vom Lahntor dem Trierer Kurfürstentum und spätestens bis strebte schließlich noch der Bornweg in südlicher 1426, als die Stadtherrschaft ganz an Trier fiel, Verlängerung der Löhrstraße bis zum Sackbrun- auch aus Limburg vertrieben420. Da die Pest unter nenplatz östlich des Bürgerturmes. Westlich dieser den Limburger Christen den Bevölkerungsdruck Achse lagen bis zur Stadtmauer um 1230 wohl weitgehend aufgehoben hatte, blieb die ehemalige immer nur Gärten ohne nennenswerte Bebauung. Judengasse unbewohnt und die ohnehin recht Der übrige Bereich, in der Katasterkarte von kleinen und wenig soliden Häuser der Juden ver- 1873/74 „Im Sack“ und „Im unteren Sack“ be- fielen mit der Zeit. Den nördlichen Bereich der zeichnet, war durch sechs Ost-West ausgerichtete Judengasse hatte sich der Stiftskanoniker Johannes Gassen in relativ rechtwinklige Parzellen einge- 426 Schurenpost angeeignet und konnte 1484 mehrere teilt . Diese Grundstücke waren wohl mit Scheu- Häuser und Gärten den dort seit 1478 ansässigen nen, Werkstätten und Wohnhäusern bebaut. Bis Tertiarinnen (Beginen) vermachen421. Mitte des 17. Jhs. war ein Großteil dieser Gebäude

422 STRUCK, Klöster 1 Nr. 1378 und 553; SCHIRMACHER, 418 SCHIRMACHER, Limburg S. 163-176. Limburg S. 166. 419 Vgl. hierzu Kap. I.4. 423 HHStAW W 22, 7b, 13 S. 4v, 9r. 420 SCHIRMACHER, Limburg S. 140. 424 SCHIRMACHER, Limburg S. 154. 421 STILLE, Limburg S. 60-61; STRUCK, Klöster 1 Nr. 1401, 425 LIPPERT, Haus S. 220-224. 1446, 1450, 1455 und S. XLIV. 426 SCHIRMACHER, Limburg, Karte Nr. 35 S. 198.

36 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn abgängig. Von den durchgehenden Quergassen Bis weit in das 18. Jh. hinein fehlen genaue blieb nur die Gasse „Im Sack“ erhalten, die den Bevölkerungszahlen für die Stadt Limburg. Es ist Zugang von der Rosengasse zum „Neuen Turm“ davon auszugehen, dass der Einwohnertiefststand gewährleistete. Nördlich dieser Gasse verschwan- bereits vor dem Dreißigjährigen Krieg erreicht den immer mehr die Bebauung und Wege, die als worden war. Die Stadtbevölkerung wurde auch Gärten umgenutzt wurden. während des Krieges durch Seuchen, Hunger und Die fehlende Finanz- und Arbeitskraft der Stadt direkte Gewalteinwirkung weiter dezimiert. Ein führte außerdem zu erheblichen Verfallserschei- rascher Ausgleich dieser Verluste durch geflohene nungen an den Stadtbefestigungen. Anlässlich des Landbewohner aus den benachbarten Dörfern ist Konfliktes zwischen Rat und Bürgerschaft 1525 wahrscheinlich, und es wird daher kein Zufall sein, mahnte der Trierer Kurfürst man solle, anstatt zu dass zwei der drei bekannten Ortswüstungen im streiten, die stadt an thurnen, muyren und sonst in not- Limburger Becken – Schirlingen und Kreuch – in 432 türftigem buwe erhalten427. Die Regelmäßigkeit, mit direkter Nachbarschaft zu Limburg liegen . Wie der diese Aufforderung wiederholt wurde, belegt immer sich die Verhältnisse im Zusammenhang ihre Wirkungslosigkeit. Mehr als notdürftiges Flick- mit dem Dreißigjährigen Krieg entwickelten, eine werk wollten und konnten die Einwohner nicht Zunahme der Bevölkerung von 1600 bis 1700 auf vornehmen. Auf der naiv gezeichneten aber sehr ca. 2.100 Einwohner im Laufe des 17. und 18. Jhs. 433 detailgetreuen Ortsansicht Limburgs von ca. 1780 ist anzunehmen . Für die hier zu behandelnde ist das äußere Diezer Tor als Ruine zu erkennen. siedlungstopographische Entwicklung hatte diese Die gesamte Brustwehr der Stadtmauer wirkt bröck- leichte demographische Erholung indes nur eine lig und ungepflegt428. nachgeordnete Bedeutung. Die Entwicklung in den Vorstädten läßt sich Wie im vorhergehenden Abschnitt gezeigt wor- kaum fassen. Wahrscheinlich kam es hier zu einer den ist, ergaben sich in der Schrumpfungsperiode erheblichen Ausdünnung der Bebauung und zum von ca. 1450 bis um 1600 erhebliche stadttopo- Verfall vieler Gebäude. Noch 1790 berichtet Jo- graphische Veränderungen. Anders verhält es sich hann Simon Lamboy d.J. in seiner Amtsbeschrei- während der Phase zögerlicher, immerhin stetiger bung von den vielen alten Kellern in den Gärten Erholung bis zum Ende Alteuropas. Für diesen zwischen der Stadtmauer und der Schiede und Zeitraum lassen sich weder das Neuanlegen von führt sie als Indiz für die ehemalige Ausdehnung Straßen oder Gassen, noch das Verschwinden bzw. und dichte Bebauung der Vorstädte an429. Für diese der Verfall und Rückbau bestimmter Stadtbezirke rückläufige Siedlungsentwicklung und städtische nachvollziehen. Das bedeutet nicht, dass es in Krise des 15.-17. Jhs. ist es bezeichnend und Limburg während der letzten anderthalb Jahrhun- gleichsam symbolhaft, dass von drei markanten derte der frühen Neuzeit zu keiner Bautätigkeit mittelalterlichen, vor 1350 errichteten Gebäuden – gekommen wäre; das Gegenteil ist der Fall. In ein- Haus Kastell, Wilhelmitenkloster und Heilig-Geist- zelnen Bereichen kann geradezu von einer Barocki- Hospital in der Brückenvorstadt – zwei im Laufe sierung Limburgs gesprochen werden. Das heutige des 16. und 17. Jhs. weitgehend verfielen und in Straßenbild der Innenstadt wird wesentlich durch Vergessenheit gerieten. 1573 tauschte der Rat mit damals errichtete bzw. umgebaute Gebäude ge- dem Trierer Kurfürsten das Haus Kastell gegen das prägt. Aber diese Bautätigkeit hat den spätmittel- seit 1568 leerstehende Wilhelmitenkloster430, in das alterlichen Stadtgrundriss nicht, wenn überhaupt nur das städtische Heilig-Geist-Hospital aus der Brücken- unwesentlich verändert. vorstadt verlegt wurde. Die dortigen Gebäude, Bereits während des Dreißigjährigen Krieges ohnehin im regelmäßigen Hochwasserbereich gele- wurde 1631 an der Nonnenmauer das 1339 erst- gen, verfielen anschließend bis zum Anfang des 17. mals erwähnte Bethlehemkloster neu errichtet 434. und sind Ende des 18. Jhs. spurlos verschwunden. Nach dem Krieg folgten Umbauten am Wilhelmi- Vom Haus Kastell blieb dagegen nur der Name tenkloster (1650-52) und an der Lahnbrücke (1657), „Im Kassel“ an dem Geländestreifen zwischen die gleichzeitig auch die Kriegsschäden beseitigten435. dem äußeren Hammertor und der Lahn bis ins 20. 431 Jh. haften . 432 Vgl. die Kartenskizze bei SCHIRMACHER, Limburg Nr. 2 S. 15.

433 STILLE, Limburg S. 122; SCHIRMACHER, Limburg S. 265, 427 Zitiert nach HENCHE, Limburger Artikel S. 39. hat für das Jahr 1606 ca. 1.700 Einwohner errechnet; vgl. 428 STILLE, Limburg, Abb. XV. zu den vermutlichen Kriegsverlusten Kap. I.2. 429 LAMBOY, Beschreibung S. 82-84. 434 METZEN, Geschichte S. 43. 430 STILLE, Limburg S. 106-107; BECKER, Wilhelmitenkloster. 435 Zu den umfangreichen Bau- und Reparaturmaßnahmen an 431 STILLE, Limburg S. 107-108; SCHIRMACHER, Limburg den kircheneigenen Gebäuden in Limburg und Umgebung S. 212. UEDING, Visitationsprotokolle S. 256-264.

37 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

1664 wird das soeben gegründete Franziskaner- darunter zahlreiche Gasthausneubauten an den Aus- gymnasium in einem Neubau – östlich der Franzis- fallstraßen zu vermuten442. kanerkirche an der Roßmarktstraße – unterge- Hier kündigt sich bereits eine neue Zeit an, in bracht. Dieses erste Schulhaus wird 1750 durch die der Limburg zunächst mit Chausseenbau und Fluss- „Aula“ ersetzt. Zwischen 1665 und 1681 ließ sich schifffahrt, später auch mit dem Eisenbahnbau in der Reichsgraf von Walderdorff von dem Mainzer ein neues infrastrukturelles Koordinatensystem ein- Baumeister Barella ein prächtiges Spätrenaissance- gebunden wurde, welches schließlich in eine neue palais anstelle eines Adelshofes errichten. Dabei und andersartige siedlungstopographische Dyna- wurden westlich daran anschließende, wüstgefallene mik überleiten sollte.

Grundstücke in eine Gartenanlage umgestaltet. Will man der zugegebenermaßen‘ nur in wenigen Berei- chen verlässlichen Besson schen Karte436 aus der 7. Entwicklung bis 1873/74 Zeit des Siebenjährigen Krieges Glauben schenken, so waren bis 1759 noch drei weitere, in barock- geometrischer Manier angelegte Gärten entstanden: Das „Lange 19. Jahrhundert“ (Lothar Gall) brach- einer südlich an das Hospital angrenzend, einer im te für Limburg grundlegende siedlungstopogra- Bereich der späteren evangelischen Kirche und phische Veränderungen mit sich, wie sie die Stadt schließlich ein weiterer innerhalb der Stadtmauer, seit dem späten Mittelalter nicht mehr erlebt hat- südlich der Niedermühle gelegen. Zwischen 1738 te. Sie werden in der Siedlungsentwicklungskarte und 1743 entstand die gesamte dreigeschossige in blaugrauer Farbe dargestellt. Sowohl die Bevöl- Klosteranlage (heute Bischofspalais) zwischen Stadt- kerungsentwicklung als auch die politischen, ge- kirche und Stadtmauer inklusive Brauhaus neu. Im sellschaftlichen und wirtschaftlichen Umbrüche Zuge dieser Baumaßnahmen wurde der Innenraum der Zeit bildeten die Ursache für Veränderungen. der Kirche mit einer barocken Stuckdecke ver- 437 Durch die gesellschaftspolitischen und ökonomi- sehen . Weiterhin wurde vor dem Diezer Tor schen Prozesse, verursacht durch die Französische 1734 der 1721 begonnene zweigeschossige Neubau Revolution, die Napoleonischen Kriege, die Expan- des Stadthospitals abgeschlossen und zwei Jahre sion Preußens, die preußisch-deutsche Reichsgrün- später die daran anschließende St. Annakirche ba- 438 dung und schließlich die Industrialisierung wurde die rock ausgeschmückt . Schließlich wurde 1777 ein Stadt Limburg mit neuen Aufgaben, Funktionen schlichter, spätbarocker Rezeptur- und Wohnbau und Problemen konfrontiert und in ein neu geschaf- der Zisterziensermöche „Auf der Erbach“, am 439 fenes staatlich-politisches, ökonomisches wie infra- Lahnufer errichtet . Auch das Innere der Stiftskir- strukturelles System eingebunden. che St. Georg wurde 1749 umgestaltet und zwi- schen ihr und dem Schloss war bereits 1720 die Der erste, noch kaum spürbare Wandel setzte be- Neue Vikarie als barocker Mansardbau errichtet reits in der zweiten Hälfte des 18. Jhs. mit der worden440. durch Chausseen- und Kanalbauten bzw. Fluss- regulierungen eingeleiteten Revolutionierung des Abgesehen von diesen kirchlichen und öffent- Transport- und Verkehrswesens ein, die schließlich lichen Gebäuden dürften die zahlreichen neu- bzw. durch den Eisenbahnbau im 19. Jh. ihren ersten umgebauten Gasthöfe das Erscheinungsbild der Höhepunkt erlebte. Für die Entwicklung Limburgs Stadt während des 18. Jhs. wesentlich geprägt ha- war die Anlage der Chausseen nach Koblenz, ben. Als Beispiele seien genannt: Der „Nassauer Frankfurt und Köln in den Jahren zwischen 1767 Hof“ in der Brückengasse441, der „Wilde Mann“ in und 1805 wichtig443. Der zunehmende Personen- der Brückenvorstadt und der „Rote Ochse“ in der und Güterverkehr auf diesen Routen machte den Hammervorstadt an der wichtigen Durchgangs- Neubau bzw. die Erweiterung der Etappenstatio- straße Köln-Frankfurt. 1766 werden 39 Wirtshäuser nen – Posthaltereien und Gasthöfe – nötig. Ent- in der Stadt gezählt. Entsprechend der damaligen sprechende Gebäude entstanden in den Limburger Konjunktur des Reise- und Transportwesens sind Vorstädten, besonders in der Brücken- und der Hammervorstadt. Hier war genügend Raum für die notwendigen Stallungen. Immerhin befanden sich in der Posthalterei an der Frankfurter Straße gegen 436 Jüngster Abdruck bei FUCHS, Patriziat. Ende des 18. Jhs. mehr als 30 Pferdestellplätze. Von 437 FELDTKELLER, Stadtkirche S. 366-372. vergleichbarer Größe dürften einige Gasthöfe gewe- 438 OTTO, Annakirche S. 77-79. 439 STILLE, Limburg S. 225.

440 Zur Datierung LEO, Landwirtschaftliche Briefe S. 118-126, zitiert nach KUHNIGK, Landarbeitsleben S. 94. 442 STILLE, Limburg S. 132. 441 MAIBACH, Limburg Nr. 54. 443 STILLE, Limburg S. 129.

38 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn sen sein. Aber auch alte, etablierte Gasthöfe in der gebäuden eingerissen, um einen angemessenen Innenstadt – z.B. „Zum Römischen Kaiser“444 und Landungsplatz für Lastkähne und einen Stapelplatz der „Goldene Hirsch“, beide am Kornmarkt gelegen für Transportgut zu erhalten450. Das Projekt, eine – profitierten von dieser Verkehrszunahme. große Wagenrampe von der Lahnbrücke hinunter Mit dem Niederbrennen der Brückenvorstadt auf den rund sieben Meter tiefer gelegenen Anle- durch französische Revolutionstruppen 1795 – nur geplatz zu bauen, wurde indes nicht verwirklicht. drei Häuser überstanden diesen Brand – erlitt die Allerdings hatte man bereits 1808 die Franziska- Stadt erstmals seit anderthalb Jahrhunderten wieder nermauer niedergelegt, um das für den Bau der bedeutende kriegsbedingte Schäden. Rampe nötige Baumaterial zu erhalten. Diese Mau- er umfasste bis dahin den westlich des Franzis- In den folgenden Jahrzehnten veränderte das kanerklosters gelegenen Friedhof. Der entstandene nördliche Lahnufer sein Aussehen ganz erheblich. Platz nahm durch diesen Eingriffe die noch heute Die durch den Brand entstandenen Freiflächen sichtbare Form an451. wurden mit Gasthäusern und Mühlen bebaut, bzw. bestehende Anlagen zum Teil vergrößert445. Die Obwohl die Stadtmauern angesichts der neuen Walkmühle an der Westseite des äußeren Brücken- Militärtaktik und der Feuerkraft der modernen turmes ging 1815 von der in finanziellen Nöten Artillerie schon lange ihre Funktion verloren hat- steckenden Strumpfwirkerzunft in Privatbesitz und ten, zögerten die Stadtoberen noch mit deren voll- wurde 1817/19 zur Schäl- und Gipsmühle umge- ständiger Schleifung. Im gleichen Jahr, bevor an baut446. In der Schneid- und Ölmühle an der Ost- der Erbach die erste Bresche geschlagen wurde, seite des Brückenturmes wurde bereits vor 1815 besserte man an anderen Stellen das bröcklige 452 eine Spinnfabrik betrieben447. Mauerwerk noch aus . Am 2. Jan. 1818 erließ die nassauische Regierung aber auf Ersuchen des Lim- Für die Stadtentwicklung langfristig wichtig war burger Stadtrates eine Verordnung, die Mauer und die politisch-territoriale Neuordnung, die sich nach Türme, mit Ausnahme des „Katzenturmes“ an der 1802/03 in der Folge des Reichsdeputationshaupt- Niedermühle, zum Abbruch zu versteigern. schlusses ergab. Limburg ging nach der Auflösung des kurtrierischen Staates an Nassau über, das wie- Dieses Unterfangen zog sich über Jahrzehnte der Pläne zur Schiffbarmachung der Lahn aufgriff, hin; zum einen, weil sich nur wenige ersteige- die bereits in Kurtrierer Zeit erwogen worden wa- rungswillige Bürger fanden, zum anderen, weil die ren. Freilich war jetzt die Idee noch raumgreifender Stadt nur bedingt bereit bzw. in der Lage war, die und großartiger. Man wollte den Rhein über die im großen Umfang anfallenden Kosten zu tragen. Lahn, Schwalm, Eder und Fulda mit der Weser Teile des durch den Abbruch gewonnenen Materi- verbinden und damit eine „Commercialstraße“ vom als wurden zum Bau der zwischen 1818 und 1821 453 mittleren Rheinland bis nach Mittel- und Nord- angelegten Chaussee nach Weilburg benutzt . Im deutschland erhalten, dies nicht zuletzt um damit die Zuge dieses Straßenbaus wurde die Schiede auch englische Seeherrschaft im Kanal und in der Nord- im Norden der Brückenvorstadt durchbrochen. see zu umgehen448. Tatsächlich wurde die Lahn mit Die Schiede, ohnehin seit dem 17. Jh. mehr und der Anlage mehrerer Schleusen und „Lücken“ – mehr verfallen, sollte den Einwohnern als Prome- Schiffsdurchlässe in den zahlreichen Mühlenwehren nade zum Spaziergang dienen und der Stadtrat verordnete die Vertreibung der dort grasenden – bereits 1808/10 bis Weilburg für größere Lastkäh- Gänse, die den Weg verschmutzen würden454. ne (bis 18 Tonnen Tragkraft) schiffbar gemacht449. Mit der Niederlegung der Stadtmauer und der Im Zuge dieses Lahnausbaues legte man 1809 Verfüllung des Stadtgrabens konnte mit der Anlage erstmals Hand an die mittelalterliche Stadtbefesti- gung. An der Lahnfront zwischen der Erbach und der Lahnbrücke wurde ein Teil der Mauer abgetra- 450 Der Annahme SCHIRMACHERs, Limburg S. 45, dass gen und mindestens zwei Häuser mit ihren Neben- 1808/09 erst der gesamte Platz Auf der Erbach entstanden sei, kann angesichts der Kartenskizzen und Pläne des nas- sauischen Oberbauinspektors von nicht gefolgt wer- den; vgl. StadtA Limburg, Gelbe Hefte, Loc. V, Fac. 2 und

HHStAW W 3011 Nr. 858, H. 444 Allerdings lagen die Stallungen des „Römischen Kaisers“ 451 HHStAW W 41 Nr. 48. an der Stadtmauer in der Fleischgasse, also nicht unmittel- 452 METZEN, Geschichte S. 72. bar beim Gasthof. 453 STILLE, Limburg S. 60; METZEN, Geschichte S. 72. 445 STILLE, Limburg S. 162. 454 HHStAW W 232 Nr. 388. Städtische Verordnung von 446 HHStAW W 232 Nr. 37, Nr. 111 und Nr. 1379. 1818. Tatsächlich liest man bei HENNINGER und LANGE, 447 FUCHS, Patriziat S. 178. Herzogthum Nassau S. 640: „Eine angenehme Promenade 448 FUCHS, Lahn S. 162-163. bietet die s.g. Schied mit ihrer Kastanienallee auf dem ehe- 449 ECKHOLDT, Geschichte S. 106. maligen Walle nach Diez“.

39 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn der Grabenstraße eine erste Umgehungsstraße für zukünftige Stadtentwicklung außerordentlich wich- den stetig zunehmenden Personen- und Frachtver- tigen Straßenachse mit der Grabenstraße, damals kehr geschaffen werden. Das Nadelöhr – die Lim- die Hauptdurchgangsstraße, wurde 1832 das Ho- burger Altstadt – konnte umgangen werden. tel „Preußischer Hof“, heute „Domhotel“ er- 458 Als 1843 an der Lahnbrücke das „Grüne Haus“ baut . An der Nordwestecke des Neumarktes zusammen mit mehreren kleinen Wohn- und Wirt- entstand zwischen 1860 und 1862 eine neue Post- schaftsgebäuden abgerissen wurde, entstand die halterei mit großen Stallungen und dazugehörigem Lahnstraße (heute Konrad-Kurzbold-Straße). Über Gasthof. Der Verkehr wurde damit weiter aus der sie gelangt man in die Grabenstraße, deren Verkehr Hammervorstadt an den Neumarkt ge- 459 von der Frankfurter Straße aufgenommen wird. Im zogen . In der Grabenstraße ließen sich im wei- Westen folgt der Verlauf der Grabenstraße der teren Verlauf des 19. Jhs. die Reichsbank, die Stadtbefestigung nur grob. Die Bebauung war hier Nassauische Landesbank und die Limburger Bank 460 selbst auf der Innenseite der Stadtmauer seit dem nieder . späten Mittelalter und dem 16. Jh. so locker, dass Da der Landtransport von Rohstoffen, wie Koh- ein ehrgeiziges, stadtplanerisches Konzept verfolgt le, Erzen, Holz und Erden auf weiteren Strecken werden konnte, welches freilich nur in Ansätzen nach wie vor unrentabel blieb, gingen noch bis umgesetzt wurde. Die dazu um 1830 angefertigten zum Bau der Eisenbahn 1865 von der Lahn als Pläne zeigen zwei bereits bestehende Magazine, ein Wasserstraße stadttopographische Entwicklungs- „Bohlenmagazin“ und ein „Mineralwassermaga- impulse aus. Da die Wehrlücken bei Limburg den zin“. Der zunächst fast exakt in Nord-Süd- explosionsartig zunehmenden Frachtverkehr auf Richtung verlaufende und dann nach Südosten der Lahn nur schwer bewältigen konnten – 1832 abknickende Abschnitt der Grabenstraße bis zum passierten 163 Kähne die Schleuse in Runkel, 1835 Diezer Tor sollte nach den damaligen Vorstellun- waren es 762461 – und das Niedrigwasser die Schiff- gen in geschlossener Blockbebauung mit Wohn- fahrt oft behinderte, wurde am Lahnufer der Brücken- häusern versehen werden. Dabei war noch hinter vorstadt eine Schleuse erbaut. Zusammen mit dem den westlichen Wohngebäuden eine Reihe von gut 500 Meter langen Schleusenkanal, dem Durch- „Öconomiegebäuden“ vorgesehen, hinter denen stich der Unteren Lahninsel und der darauf folgen- wiederum ein Weg „nach dem Landungsplatze“ den Verfüllung und Trockenlegung des Altarmes führen sollte, der gut 200 Meter lang von dem der Lahn – auf der Katasterkarte nur noch als zu- Katzenturm lahnabwärts angelegt wurde und als sammenhängende Wiesenparzelle zu erkennen – „Lahnweg“ auf der Katasterkarte von 1873/74 handelte es sich um die nachhaltigste topographi- erkennbar ist455. sche Veränderung seit der Aufwerfung der Schiede Vom Frankfurter Tor ostwärts blieb die Mauer in den 1340er Jahren. und der Graben weitgehend erhalten. Erst mit Zwar wurde die Schleuse noch 1856/57 auf das dem Ausbau des Eschhöfer Weges 1966 ver- im Staatsvertrag zwischen Nassau, Preußen und schwanden die Kleingärten, die noch den Stadt- Hessen-Darmstadt von 1844 vereinbarte Maß für graben deutlich erkennen ließen456. Der Mauerzug Schiffe bis zu 100 preußischen Fuß (31,4 Meter) vom Huttig über den die Stadtmauer integrieren- Länge gebracht462, aber spätestens mit dem Bahn- den Marstall, der erst 1971 abgerissen worden bau in den frühen 1860er Jahren – Eröffnung des ist457, und die ebenfalls an die Mauer gebauten Bahnhofs am 26. Juni 1862 – wurde das städtische Nebengebäude der Obermühle bis hin zum Burg- Wachstum nach Süden gelenkt463. Das ehrgeizige berg sind noch heute nachvollziehbar. Schließlich Projekt einer auf die Lahn bezogenen Westerweite- wurde Ende der 1820er Jahre die Stadtmauer süd- rung der Stadt geriet ins Hintertreffen sobald ab lich des Kornmarktes durchbrochen und die Aar- den 1850er Jahren deutlich wurde, dass die Lahn- straße (heute Bahnhofstraße) angelegt. Damit schifffahrt trotz zahlreicher Regulierungsmaßnah- entstand eine Verbindung vom Kornmarkt zum men nicht in der Lage war, die durch den rasant Neumarkt, der im Bereich des „Kalkofen“, dem gestiegenen Export von Erzen und anderen Roh- Platz der spätmittelalterlichen Jahrmärkte, ange- legt wurde. An der Kreuzung dieser neuen, für die 458 STILLE, Limburg S. 146; MAIBACH, Limburg Nr. 18 und

19. 455 Vgl. SCHIRMACHER, Limburg S. 52 und Abb. 3, nach 459 STILLE, Limburg S. 161; MAIBACH, Limburg Nr. 16 und S. 112; StadtA Limburg, Baupläne, undatiert, um 1830. 17. 456 STILLE, Limburg S. 147. 460 Frdl. Hinweis von Herrn Friedel Kloos, Limburg. 457 Hier wurde dann 1971-73 der Kindergarten der Marien- 461 FUCHS, Lahn S. 169-170. schule gebaut; Nassauische Landeszeitung vom 13. Nov. 462 FUCHS, Lahn S. 175-176. 1973. 463 SCHIMENZ, Entstehung S. 329-330.

40 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn stoffen nötig gewordenen Transportkapazitäten zu III.Siedlungstopographische Entwicklung von gewährleisten464. Noch bis zur Mitte des 20. Jhs. der Zweiten Hälfte des 19. bis zum Ende blieben im Westen Limburgs, zwischen Lahn, des 20. Jahrhunderts Josef-Ludwig-Straße, Grabenstraße und Schiede Grundstücke unbebaut465. 1. 1873/74 bis 1914 Nutzte der Straßenverkehr im 19. Jh. zunächst die durch die Schleifung der Stadtbefestigung ent- Anfang der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts war das standene Grabenstraße und folgt die heutige Bun- Bevölkerungswachstum noch gering. Die Popula- desstraße 54 bis zur Frankfurter Straße dem Ver- tion hatte sich zwar von 2.111 Einwohnern (1790) lauf der Schiede, so schnitt die Eisenbahntrasse bereits auf 4.502 (1870) mehr als verdoppelt. Bis den südöstlichen Teil der Schiede westlich der zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges schnellte sie Graupforte von Südwest nach Nordost bis zur dann aber um das Zweieinhalbfache auf gut 11.000 Lahn hin ab und stellt damit bis heute die einzige Einwohner empor. Es liegt nahe, dass die so ge- wesentliche Störung des spätmittelalterlichen-früh- wachsene Einwohnerschaft innerhalb der alten neuzeitlichen Stadtgrundrisses dar. Mit den 1870 Bebauungsgrenze nicht genügend Wohnraum fin- fertiggestellten Bahnlinien nach Hadamar, über den konnte. Neben dem alten in violetter Farbe Zollhaus nach Wiesbaden und der Erschließung dargestellten Siedlungsbereich zeigen die rot ange- des Goldenen Grundes durch die 1877 eröffneten legten Flächen die Ausdehnung bis zum Ersten Bahn nach Frankfurt wurde Limburg zum wichtig- Weltkrieg. sten Bahnknotenpunkt im unteren Lahntal. Damit sicherte die Stadt ihre traditionelle, aus dem frühen Die vom Eisenbahnbau ausgehenden sied- Mittelalter überkommene Rolle als Kreuzungs- lungstopographischen Impulse sind offensichtlich. punkt wichtiger Verkehrswege. Bis zum Ersten Weltkrieg ist die bauliche Ent- wicklung der Stadt ganz wesentlich an der Bahn orientiert. Während in der Brückenvorstadt kaum eine Expansion beobachtet werden kann, wird im Süden der Stadt weit über die Schiede hinaus ge- baut. Entlang der Parkstraße und der Diezer Straße ging die Bebauung bis zur ursprünglichen Trasse der Westerwaldbahn, die etwa der Linie Tilemann- Straße, Freiherr-vom-Stein-Platz und Glashütten- weg folgend zur Staffeler Eisenbahnbrücke führte. Erst 1894 wurde sie in einem großzügigen Bogen um den Schafsberg herumgeführt466. Dass die Bahnlinie ohnehin nur sehr bedingt als Hindernis für das Siedlungswachstum gelten kann, zeigt die rege Bautätigkeit südöstlich der Bahnlinie entlang der Frankfurter, Blumenröder und Holz- heimer Straße. Für die Südstadt bestimmte die Eisenbahn die weitere Entwicklung. Südwestlich des Bahnhofs schloß sich das Bahnausbesserungswerk an, das bereits um 1900 annähernd 1.000 Arbeiter be- schäftigte467. Die ungemein raumgreifende Ent- wicklung der Bahn ist augenfällig mit dem Schick- sal der Maria-Hilf-Kapelle zu illustrieren468. Sie wurde 1856, also gerade sechs Jahre vor dem Bahn- bau, von dem Arzt und Bürgermeistersohn Anton Busch und seiner Ehefrau Maria Amalia Trombetta

466 Vgl. die beiden Umlandkarten von 1876/77 und 1985/88. 464 FUCHS, Verkehrspolitik S. 136-138. 467 STILLE, Limburg S. 164, 176. 465 MAIBACH, Limburg Nr. 37. 468 MAIBACH, Limburg Nr. 5.

41 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn gestiftet469. Schon 1893 musste sie der Erweiterung füßerkirche und dem Bischofspalais blieb die ka- der Bahnanlagen und dem Basalt- und Schotterab- tholische Kirche weithin sichtbar im Innenstadt- bau am Stephanshügel weichen470. bereich präsent. Ab 1829 nahm im ehemaligen Neben der Bahn war mit Gewissheit die öffent- Franziskanerkloster das Priesterseminar seine Ar- 479 liche Hand – Staat, Stadt, Kirche und Stiftungen – beit auf . Die Kirche setzte auch wichtige städte- der wesentliche Schrittmacher der siedlungstopo- bauliche Impulse in den Stadterweiterungsgebieten. graphischen Expansion in der Gründerzeit. In Weit in die unbebaute Flur vorgeschoben entstand einem vorher noch nie gekannten Bauboom zogen in der Gabelung zwischen Frankfurter und Wies- in dem halben Jahrhundert vor dem Ersten Welt- badener Straße 1895 bis 1898 der erste Bau des krieg viele Behörden und öffentliche Gebäude vor Pallottiner Ordens. Dieser Bau wurde laufend er- die mittelalterliche Stadtmauern, teilweise sogar weitert und diente als Mittelpunkt der deutschen, 480 über die Schiede hinaus, bzw. werden völlig neu ab 1937 norddeutschen Pallottinerprovinz . Der gegründet. Den Anfang machte das Bahnhofsge- weibliche Zweig des Ordens siedelte sich 1901 am bäude 1862. Es folgte die evangelische Kirche, die entgegengesetzten Ende der Stadt in dem oberhalb bewusst an der neuen städtischen Hauptachse, der der Brückenvorstadt erbauten Kloster Marienborn 481 Aarstraße (heute Bahnhofsstraße) zwischen 1864 an . Die bei der Pallottinerniederlassung 1927 und 1866 erbaut wird471. Ihr gegenüber entsteht erbaute Marienkirche wurde schließlich 1941 482 1895 in der Weiersteinstraße das Marthastift als Pfarrkirche für die Limburger Südstadtgemeinde . evangelisches Schwesternwohnheim472. Noch wei- Nach der schrittweisen Aufhebung der Bismarck- ter vor der Stadt gelegen, westlich vom Platz der schen „Maigesetze“ zwischen 1880 und 1887 er- Viehmärkte, in der stumpfen Gabelung von Glas- lebte die von den „Armen Dienstmägden Christi“ hüttenweg und Marktstraße (heute Ste. Foy- ab 1895 an der Graupfortstraße geführte Marien- Straße), befindet sich seit 1862 das städtische Gas- schule einen raschen Aufschwung und wurde 1899, 483 werk. Es verfügte seit 1870 über einen eigenen 1903 und 1913 erweitert . Ab 1902 erhielt die Bahnanschluss473. 1895-1900 wird im historisti- 1874 begründete evangelische Höhere Töchter- schen Stil das neue Rathaus in der Werner-Senger- schule, die nach ihrer zweiten Leiterin genannte Straße gebaut474. Das 1879 in Limburg eingerichtete Thau-Schule, in der Parkstraße ein eigenes Gebäu- 484 Landgericht fand ab 1881 seinen Sitz an der Schie- de . Auch die staatlichen, städtischen und privaten de475. Direkt ihm gegenüber wird 1903 die Synago- Schulen wurden im Laufe der Gründerzeit zum ge eingeweiht. Das 1876 eingerichtete Katasteramt Großteil in Neubauten untergebracht und trugen war ab 1904 in der Diezer Straße untergebracht. langfristig zur zentralörtlichen Bedeutung Lim- Die „Königliche Kommission für Güterconsolida- burgs als Schulort bei. Die Volksschule erhielt tion“, das heutige Amt für Landwirtschaft und mehrere Neubauten um das St. Anna-Kloster, in Landentwicklung, saß ab dem gleichen Jahr in der der Hospital- und der Werner-Senger-Straße (1891 Parkstraße476. und 1895). Die restlichen Volksschulklassen zogen von der „Alten Aula“ und der Mädchenschule auf Im Innenstadtbereich wurde östlich des äuße- dem Roßmarkt in die Wilhelmitenschule, die bis ren Brückenturmes zwischen Lahn und Schleusen- 1905 dem Unterricht der Gymnasiasten diente, die kanal auf dem Gelände der Pachten’schen Mühle ihrerseits einen Neorenaissancebau am Schafsberg und Fabrik 1897-1902 der städtische Schlachthof erhielten485. gebaut477. An der Frankfurter Straße entstand 1888/89 das noch heute sichtbare Postamt, dem 1912-1916 entstand an der Diezer Straße, auf bereits 1908 ein Erweiterungsbau hinzugefügt dem Gelände der Villa und Werksanlagen von wurde478. Joseph Heppel, dem Begründer und Betreiber der Blechwarenfabrik, das Heppelstift als Wohnheim Mit der Stiftskirche St. Georg, seit 1827 Kathe- für betagte Damen486. Schon 1882 hatte man, da- dralkirche des neugegründeten Bistums, der Bar- mals weit vor der Stadt auf der Südwestseite des Schafsberges, auf der stadtabgewandten Seite, ei-

469 HÖHLER, Geschichte S. 108. 470 Vgl. die beiden Umlandkarten. 479 SCHATZ, Geschichte S. 91-93. 471 HÖHLER, Geschichte S. 109. 480 STILLE, Limburg S. 172; Dictionnaire d'Histoire et de 472 STILLE, Limburg S. 169. Géographie ecclesiastique 19 Sp. 69. 473 STILLE, Limburg S. 178. 481 HÖHLER, Geschichte S. 119; STILLE, Limburg S. 172. 474 SCHABE, Genzmer S. 269-277. 482 STILLE, Limburg S. 190. 475 DEHIO, Hessen S. 562 und STILLE, Limburg S. 178-179. 483 HÖHLER, Geschichte S. 125; STILLE, Limburg S. 158. 476 STILLE, Limburg S. 52 und 168. 484 OBENAUS, Geschichte. 477 METZEN, Geschichte S. 50; STILLE, Limburg S. 179. 485 STILLE, Limburg S. 179. 478 HERBORN, Erreichbarkeit S. 145-147 und Abb. 72. 486 DEHIO, Hessen S. 558.

42 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn nen neuen Friedhof angelegt, nachdem der Fried- Konzentration der wirtschaftlichen Kräfte auf die hof beim Dom zu klein geworden war487. Ebenfalls kriegswichtige Produktion und die darauf hin ein- am Schafsberg erwarb bereits 1835 die jüdische setzende Mangelwirtschaft die bis in die ersten Gemeinde ein Grundstück zur Anlage ihres Fried- Kriegsjahre anhaltende private und öffentliche hofes488. Bautätigkeit zum Erliegen kommen. Die wenigen Schließlich wurden ab der Jahrhundertwende in diesen Jahren bebauten Flächen sind in rotoran- unter der Regie des Limburger „Verschönerungs- ger Farbe angelegt. Darüber hinaus brach das leb- vereins“ in den Außenbezirken eine ganze Reihe hafte, seit einem halben Jahrhundert laufende von Grün- und Parkanlagen geschaffen, die den demographische Wachstum ab. Zwischen 1910 städtebaulichen Charakter in diesen Bereichen und 1939 nahm die Bevölkerung nur um gut 9% 492 teilweise nachhaltig bestimmten: etwa auf der vom von 10.786 auf 11.772 Einwohner zu . neuen Friedhof nicht beanspruchten Westseite des Erst nach dem Kriegsende 1945 setzte wieder Schafsberges, am Greifenberg, im Tal Josaphat eine demographische und siedlungstopographische parallel zur Frankfurter Straße, am Guckucksberg Expansionsphase ein, die die Stadt schließlich bis mit dem Eduard-Horn-Park sowie mit der Egen - an ihre Gemarkungsgrenzen wachsen lässt. Aller- olf-Anlage am Galgenberg489. dings wäre es verfehlt, die beiden Weltkriege und Entsprechend der Funktion Limburgs als Ver- die Zwischenkriegszeit lediglich als entwicklungs- kehrs- und Dienstleistungszentrum war die Rolle geschichtliche Stagnationsphase zwischen der kai- des produzierenden Gewerbes für die siedlungsto- serzeitlichen und bundesrepublikanischen Grün- 493 pographische Entwicklung zunächst noch von derzeit zu begreifen . Zum einen ging die kurze nachgeordneter Bedeutung. Die seit 1872 in der Wirtschaftsblüte der 1920er Jahre nicht spurlos an Stift- bzw. Diezer Straße ansässige Blechwaren- Limburg vorüber und eine erhebliche Bautätigkeit fabrik, die seit 1875 in der Gartenstraße bestehende lässt sich für diese Jahre nachweisen, zum anderen Maschinenfabrik Scheid und die ab 1893 in der setzte eine siedlungstopographische Differenzie- Blumenröder Straße arbeitende Gießerei Ohl wie- rung ein, die ihren Niederschlag im Entstehen sen allerdings auf die Entwicklung der Limburger vornehmlich gewerblich bzw. wohnlich genutzten Industriestandorte im 20. Jh. voraus490. Entlang Vierteln fand. Darüber hinaus wurden bei einigen bzw. in der Nähe der Bahnlinie siedelten sich au- Siedlungsprojekten wohnungsbaupolitische und städ- ßerdem einige Nahrungsmittelveredelungsbetriebe tebauliche Akzente gesetzt, die für die Stadtent- an, die hier einerseits günstig mit Energie (Kohle) wicklung in der Nachkriegszeit prägend waren. und – aus dem Goldenen Grund – mit ihrem Hatte sich die Stadtverwaltung mit dem Rat- wichtigsten Rohstoff, Getreide, versorgt werden hausneubau in der Werner-Senger-Straße bereits im konnten. Hier sind die Brauereien Zimmermann Kaiserreich aus der engen Innenstadt zurückgezo- Im Kissel und Busch in der Frankfurter Straße, die gen und war mit dem Landgericht an der Schiede Greifenberg im Eschhöfer Weg und die Malzfabrik 1881 eine wichtige regionale Institution in das Gotthardt in der Graupfortstraße zu nennen491. gründerzeitliche Limburg gezogen, knüpften wich- tige Verwaltungsneubauten in den 1920er Jahren hier räumlich an494. So entstanden an der Schiede/ 2. 1914 bis 1945 Ecke Diezer Straße 1925/26 das Landratsamt und 1927 in der Walderdorffstraße das Finanzamt. Dieser Bereich westlich der Linie Grabenstraße- Für Limburgs siedlungstopographische Entwick- Hospitalstraße und nördlich der Parkstraße nahm lung hatte der Erste Weltkrieg nur indirekte Be- in den folgenden Jahrzehnten den größten Teil der deutung, da die Stadt von unmittelbaren Kriegsein- kommunalen und regionalen Ämter und Institutio- wirkungen verschont blieb. Allerdings lässt die

487 STILLE, Limburg S. 179. 492 KEYSER, Städtebuch S. 316. 488 HHStAW 232 Nr. 1625 S. 280, Kontraktenprotokoll 493 Zur kaiserzeitlichen Gründerzeit vgl. allgemein REULECKE, Kaufvertrag zwischen der Stadt und der jüdischen Ge- Urbanisierung. Eine bis in die Gegenwart fortgeführter, meinde. allgemein anerkannter stadthistorischer Entwurf, der hier 489 HÖHLER, Geschichte S. 130 und 133 sowie der „Plan der als Leitfaden dienen könnte, fehlt für Deutschland. Stadt Limburg a. d. Lahn und Umgebung mit den Anlagen KRABBE, Stadt, beschäftigt sich in der Hauptsache mit den des Verschönerungsvereins“ von 1907 abgedruckt in: rechts- und verfassungsgeschichtlichen Fragen der kom- MAIBACH, Dokumente S. 6. munalen Selbstverwaltung, der Stadtverwaltung, lässt dabei 490 Vgl. den Plan des Verschönerungsvereins von 1907 und allgemein- und wirtschaftsgeschichtlichen Fragen weitge- STILLE, Limburg S. 176. hend unberücksichtigt. 491 Nassauischer Bote vom 27. Feb. 1929; MAIBACH, Limburg 494 Folgende Daten und Fakten nach HÖHLER, Geschichte Nr. 9. S. 157-158 und STILLE, Limburg S. 186.

43 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn nen auf und kann als eine Art Behördenviertel wohner, 2,1% mehr als im Vorjahr, eine deutlich angesprochen werden. steigende Tendenz, die auf dem Wachstum der gro- Auch die katholische Kirche beteiligte sich wie- ßen Neubaugebiete in den eingemeindeten Orten 498 der mit größeren Bauten an der Stadterweiterung, beruht . so z.B. mit dem 1931 eingeweihten Priesterseminar Die siedlungstopographischen in Orange, Gelb- in der Weilburger Straße am Rande der Brücken- orange und Gelb dargestellten Veränderungen in vorstadt und dem St. Georgshof, dem Gemeinde- Limburg seit dem Zweiten Weltkrieg sind nicht nur haus der katholischen Pfarrgemeinde, in der Diezer mit der Bevölkerungsentwicklung zu erklären. Straße gegenüber dem Landratsamt. Wichtiger erscheint die zunehmende Bedeutung Die bedeutendsten städtebaulichen Impulse Limburgs als Gewerbestandort zu sein. Das produ- gingen während der 1920er Jahre von verschiede- zierende Gewerbe stand neben den traditionellen nen Siedlungsprojekten der Stadt, der Post, der Handels-, Dienstleistungs- und Verwaltungsfunk- Bahn sowie dem Limburger Spar- und Bauverein tionen Limburgs. Dieser Funktionswandel bzw. aus, die ihrerseits dem privaten Wohnungsbau die -gewinn bei stagnierender Bevölkerungszahl war nur Richtung wiesen495. So entstanden bereits 1919/20 durch große Einpendlerzahlen möglich. So zählte 61 Wohneinheiten, meist in Mehrfamilienhäusern, man 1965 10.500 Einpendler, das sind über 60% an der Holzheimer-, der Hubert-Hilf-, der Frank- der in Limburg Beschäftigten. Eine Zahl, die bis furter Straße und am Friedhofsweg. Mitte der 1970 mit rund 14.000 Einpendlern – davon circa 1920er Jahre wurde in der Blumenröder Straße, 3.400 Schüler – fast das Doppelte der Einwohner- 499 südlich an das Gelände der Gießerei Ohl anschlie- zahl der Kernstadt erreichte . Zur gleichen Zeit ßend, ein größerer Komplex mit Mehrfamilienhäu- liefen pro Tag durchschnittlich 115 Personenzüge 500 sern errichtet. und 180 Omnibusse die Stadt an . Auch in der Brückenvorstadt hielt der moderne Der seit den 1920er Jahren deutliche Trend Wohnungsbau Einzug. Im Heimstättenweg wurde zur Entwicklung reiner Wohngebiete setzte sich eine Mehrfamilienhaussiedlung hochgezogen ne- nach dem Zweiten Weltkrieg beschleunigt fort. Die ben kleineren in der Zwischenkriegszeit entstehen- Nachfrage nach Einfamilienhäusern bzw. Eigen- den Einfamilienhaussiedlungen in der Annastraße tumswohnungen, die sich aus der nach dem Krieg und Am Schafsberg sowie in den Baulücken im veränderten Familien- und Erwerbsstruktur ergab, „Behördenviertel“ – meist im repräsentativen Vil- kann als ein Wirkfaktor benannt werden. Ein- und lenstil – entwickelte sich zwischen Blumenröder Mehrfamilienhäuser schlossen sich zunächst an Straße und Gartenstraße mit dem „Galmerviertel“ bestehende Wohnquartiere an oder füllten noch die für das 20. Jh. typische locker bebaute Eigen- bestehende Baulücken; so z.B. südlich und nörd- heimwohnanlage mit Gärten und kleinen Grünan- lich des Schafsberges, in der Brückenvorstadt und lagen. in der gesamten Südstadt. An der Frankfurter Straße südlich des Greifenberges entstand ab den 1950er Jahren eine Wohnanlage zur Aufnahme 3. 1945 bis 1992 zahlreicher Flüchtlinge (Breslauer, Danziger, Dres-

dener und Königsberger Straße). Gleichzeitig, beschleunigt schließlich in den späten 1960er ’ und Nach der Bevölkerungsstagnation zwischen 1914 70er Jahren, entstand ‚auf der grünen Wiese die, und 1945 nahm die Limburger Bevölkerung nach nach einem alten Einzelhof benannte Blumen- dem Zweiten Weltkrieg zunächst sprunghaft zu. 1950 röder Siedlung. Sie ist nur in ihrem Ostteil mit zählte man neben 11.692 Altbürgern 1.177 Evaku- einigen Schulgebäuden durchsetzt und sonst ein ierte und 2.772 Flüchtlinge496. Die Bevölkerung reines Wohngebiet. Die Blumenröder Siedlung hatte gegenüber 1939 also um knapp ein Drittel nimmt mehr als die dreifache Grundfläche des zugenommen. Bis zur Eingemeindung der Dörfer mittelalterlichen, von der Stadtmauer umringten Ahlbach, Lindenholzhausen, Eschofen, Linter, Limburg ein und hat mit 4.000 Einwohnern be- Offheim und Staffel Anfang der 1970er Jahre pen- reits im Laufe der 1970er Jahre die Bevölkerungs- delte die Bevölkerungszahl zwischen 15.715 (1952) zahl der Innenstadt übertroffen501. Das südliche und 15.269 (1970)497. 1993 zählte Limburg zusam- Drittel dieser Wohnstadt liegt bereits außerhalb men mit den eingemeindeten Dörfern 31.753 Ein-

498 Hess. Gemeindestatistik 1993 S. 90. 495 STILLE, Limburg S. 187; GOLLHOFER, Siedlungsbauten. 499 FÜLDNER, Limburg S. 292; SCHULZE/UHLIG, Exkursions- 496 KEYSER, Städtebuch S. 316. führer 1 S. 231. 497 STILLE, Limburg S. 198; Amtliches Gemeindeverzeichnis 500 STILLE, Limburg S. 209. S. 178. 501 STILLE, Limburg S. 210; HEUN, Abriß.

44 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn der historischen Entwicklungskarte (1:5.000) und genehmigt wurden, 90,2% in Mehrfamilienhäu- ist nur auf der Umlandkarte (1:25.000) zu erken- sern503. nen. Die Stadtplaner haben zwischen der Kern- stadt und der Siedlung einen unbebauten Cordon von etwa 50 bis 200 Meter Breite gelassen. Nicht zuletzt deswegen, um Abstand zu den von Wes- ten bereits Mitte der 1950er Jahre bis über die Holzheimerstraße nach Osten vorstoßenden Ge- werbebetrieben zu erlangen. Nach Westen wird die Siedlung Blumenrod durch die hessisch-rhein- land-pfälzische Landesgrenze in ihrer Entwick- lung beschränkt. Abgesehen von der die Länder- grenze überschreitenden Holzheimer Straße enden einige Straßen blind, teilweise ohne Wende- hammer an der Gemarkungs- bzw. gleichzeitigen Landesgrenze. Im westlich von Blumenrod gelegenen Indus- triegebiet spielt die Landesgrenze dagegen nur eine geringe Rolle. Hier stellt seit dem 19. Jh. die Eisen- bahnlinie die wesentliche Entwicklungsachse dar. An die Fabrikanlagen aus dem späten 19. Jh. im Bereich des Stephanshügels anknüpfend, wurde der verbleibende Raum zwischen Diez und Limburg seit den 1960er Jahren bebaut, teilweise mit Fabrik- und Gewerbebetrieben oder mit öffentlichen Bau- ten, Sportzentren, städtischen Bauhöfen und der Justizvollzugsanstalt Diez. Vergleichbare siedlungstopographische Impulse gingen von der Bahnlinie auch nördlich des Schafs- berges aus. Hier hatte seit 1862 das Limburger Gaswerk seinen Standort. Unmittelbar nach dem Krieg knüpfte die neuentstehende Limburger Glas- industrie dort an. Zusammen mit mehreren glas- verarbeitenden Betrieben wurde die Glashütte in den 1960er Jahren neben dem Eisenbahnausbesse- rungswerk zum personalstärksten Betrieb502. Die Eisenbahn spielte im Bereich nördlich der Lahn nur eine nachgeordnete Rolle. Die unmittel- bare Lage an der A 3 Köln-Frankfurt und der B 49 Limburg-Weilburg führte seit den 1970er Jah- ren zur Ansiedlung zahlreicher Gewerbebetriebe bzw. Supermärkte, die bis zum Beginn der 1990er Jahre zusammen mit expandierenden, dörflichen Neubaugebieten einen Großteil der Feldflur zwi- schen der Lahn und den Orten Staffel, Offheim und Dietkirchen einnahmen. Dabei handelte es sich nicht mehr alleine um die von den 1950er bis in die 70er Jahren typischen Einfamilienhaussied-

lungen. Vielmehr entstehen hier seit den 1980er Jahren vornehmlich Mehrfamilienhäuser. So lagen’ von 480 Wohnungen, die 1993 in ,Großlimburg

502 FÜLDNER, Limburg S. 292. 503 Hess. Gemeindestatistik 1993 S. 103.

45 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

IV. Erläuterungen zum Kartenwerk, Aufbau sind und unter anderem Angaben über die Art der der Karten und Hinweise zu ihren Quellen Grundstücke enthalten, ob es sich um öffentliche Gebäude oder Wohn- und Wirtschaftsgebäude handelt, um Gärten, Äcker, Wiesen, Gehölze oder 1. Katasterkarte (1873/74), 1:2.500 Grundgüter anderer Art (siehe hierzu Legende zur Katasterkarte mit Farbsignaturen)505. Die schrift- lich in den Grundsteuerakten und Flurbüchern Die Katasterkarte von Limburg beruht auf 15 von Limburg aus dem letzten Viertel des 19. und Blättern aus „Gemarkung Limburg. Gemarkungs- den ersten Jahren des 20. Jhs. überlieferten Anga- karte in 84 Blättern“ im Katasteramt Limburg. ben ermöglichen es, ein bisher nicht vorliegendes Benutzt wurde außerdem eine 1874 angefertigte, farbiges Bild von Limburg und seiner Gemarkung im Hauptstaatsarchiv Wiesbaden aufbewahrte Ko- 504 herzustellen, das die Nutzung einer jeden Fläche pie . Diese älteste vollständige, exakt vermessene inner- und außerhalb der Stadt erkennbar macht, Katasteraufnahme von Limburg besteht aus einer die nun erstmals vom Betrachter im Zusammen- Vielzahl von Inselkarten mit Grundrissen und hang abgelesen werden kann. Die farbigen Katas- Flurnamen. Die in unterschiedlichen Größen, im terkarten des Hessischen Städteatlas sind somit Maßstab 1:500, lediglich Blatt 79 der Wiesbadener Quelle und Neuschöpfung zugleich; Quelle auf- Kopie im Maßstab 1:1.000, handgezeichneten grund ihrer Herkunft aus archivalischer Überliefe- Karten enthalten keine Hinweise auf ihre geogra- rung der Gemarkungs- bzw. Parzellenkarten, der phische Ausrichtung, die Himmelsrichtung ist in Katasterakten und Flurbücher, Neuschöpfung der Regel nicht vermerkt. Die Grundrisse werden infolge der Umsetzung zu einem bislang nicht in verschiedenartigsten Drehungen wiedergegeben, vorliegenden Gesamtbild mit vereinheitlichtem wobei die günstigste Ausnutzung des Zeichenkar- Maßstab und informationstragender Farbgebung tons für den jeweiligen Ausschnitt auf der Arbeits- auf vorgegebenem Grundriss. vorlage entscheidend gewesen zu sein scheint. Zur Quellenedition gehören auch Übernahme Die einzelnen Zeichnungen, die die gesamte und Wiedergabe der Flurnamen, die sich in der Gemarkung von Limburg, Ortslage der Stadt mit Originalüberlieferung der Gemarkungs- bzw. Par- umgebender Flur, umfassen, sind als einzelne zellenkarten befinden. Die dortigen handschriftli- Blätter gesammelt. Grundlage für die vorliegende chen Eintragungen erscheinen in der Katasterkarte Publikation im Hessischen Städteatlas bilden die im Druck. Unterschieden werden nach Schriftart Blätter 36a, 36b, 37a, 37b, 44a, 44b, 46a, 47, 77, 78, und -größe die Bezeichnungen für Flur und Ge- 80-84 des Limburger Exemplars und die Blätter 13, wann, Platz, Gebäude und Hof, Verkehrsweg und 14, 22, 26-29, 66, 71, 72, 74 und 79 der Wiesbadener Gewässer (siehe hierzu Legende zur Katasterkarte). Kopie. Fehlen im Original für die Stadtgeschichte wichtige Während bei der Erstellung der Gemarkungs- Angaben, etwa die Bezeichnung von öffentlichen karte 1873/74 nie beabsichtigt worden ist, die In- Gebäuden (Rathaus, Kirche, Diözesanverwaltung selkarten zu einem Gesamtbild zusammenzufügen, u.ä.), werden diese für den heutigen Benutzer un- sondern lediglich die Unterlagen der Finanzbehör- verzichtbaren Informationen aus anderen, mög- de zur Besteuerung von Grundbesitz ergänzen lichst zeitnahen Quellen in die bearbeitete Karte sollten, führt die Bearbeitung im Städteatlas die übernommen und in Klammern ergänzend hinzu- Einzelblätter zu einer Rahmenkarte im Maßstab gesetzt. 1:2.500 zusammen, um den genordeten Grundriss Als zusätzliche Interpretationshilfe enthalten von Limburg in seiner umgebenden Flur wiederzu- alle im Hessischen Städteatlas publizierten Katas- geben. terkarten Höhenlinien – bzw. wo deren Angabe Die Kartenvorlagen des 19. Jhs. enthalten nicht möglich war Höhenpunkte, um die topogra- keine Hinweise auf die Nutzung der einzelnen phischen Gegebenheiten und die Niveauverhält- Parzellen durch Kolorit. Um die Katasterkarte nisse, etwa steile Geländeabbrüche oder aus- dennoch in Farbe wiederzugeben und alle Flächen gedehnte ebene Flächen, besser erkennbar zu nach ihrer Struktur und Beschaffenheit zu unter- machen. Die Zufügung von Isohypsen und Hö- scheiden und darzustellen, wurden die „Grund- henpunkten, die in der Überlieferung des 19. Jhs. steuerfortschreibungsverhandlungen“ von 1877- fehlen, erlaubt in mancher Hinsicht Rückschlüsse 1909 herangezogen, die in neun Bänden im Hessi- auf die Stadtgeschichte, die ohne Geländekennt- schen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden überliefert nisse unmöglich blieben. So lässt sich mit Hilfe

504 HHStAW 2723/05. 505 HHStAW 433, 15407-15415.

46 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn der Höhenlinien der Gang der Besiedlung ablesen, plastische Geländedarstellung, klare Ortsgrund- zur Ausdehnung der Stadt unbrauchbare Bereiche risse, deutliches Gewässernetz sowie insbesondere werden erkennbar und können von siedlungsgüns- das genaue Schienen-, Straßen- und Wegesystem tigen topographischen Voraussetzungen für die wieder. Die Karten sind daher eine bedeutende Stadtgeschichtsentwicklung unterschieden werden. Quelle für Landes- und Siedlungsgeschichte sowie Die Höhenangaben für Limburg, wiedergegeben für die historische Geographie. Vier Originalblätter in Form von Linien (graphisch geschieden nach im Maßstab 1:25.000 wurden für die Wiedergabe Abständen von 0,5 m bis zu 10 m) und Punkten, im Hessischen Städteatlas zu einer Karte zusam- entstammen dem „Stadtplan von Limburg a. d. menmontiert. Lahn“ von 1949/66, und der „Höhenkartei: Kreis Die Darstellung im vorliegenden Kartenwerk Limburg, Gemeinde Limburg“ von 1905-1971, veranschaulicht Limburgs Lage am südlichen, lin- beide im Landesvermessungsamt Wiesbaden und ken Lahnufer. Die eingezeichneten Höhenlinien im Katasteramt Limburg. lassen das Relief des Lahntales in der Umgebung von Limburg gut erkennen. Die kräftig eingezeich- 2. a) Umlandkarte 19. Jahrhundert (1876/77), neten Linien beziehen sich auf Höhenabstände von 1:25.000 120 preußischen duodezimal Fuß (37,662 m), die feinen Linien auf solche von 30 Fuß Abstand (9,4155 m). Besonders deutlich tritt der steile Tal- Die Grundlage der Ansicht aus dem 19. Jh. bildet einschnitt östlich von Limburg hervor. Noch deut- die „Gradabteilungskarte“ vom lich hebt sich in dieser Zeit der mittelalterliche Wiesbaden, die vom Königlich Preußischen Gene- Stadtkern von Limburg ab. Stadtmauer, Wall- und ralstab zwischen 1866 und 1868 aufgenommen und Grabenanlage sowie die Schiede sind zwar bereits 1876/77 vom Ministerium für Handel, Gewerbe zu diesem Zeitpunkt weitgehend verschwunden, und öffentliche Arbeiten herausgegeben worden aber die verschiedenen Schraffuren unterscheiden ist506. Militärische Interessen lagen der Schaffung zwischen der geschlossenen Blockbebauung in der dieser detaillierten Übersicht in erster Linie zu- Altstadt und der noch lockeren Bebauung in den grunde. Schon in der zweiten Hälfte des 18. Jhs. Stadterweiterungsgebieten. Ebenso klar erkennbar konzentrierten sich kriegerische Auseinanderset- ist die allmähliche Überschreitung der Schiede, der zungen nicht mehr nur auf einzelne Feldschlachten bisherigen städtischen Bebauungsgrenze, und die oder Belagerungen von fortifikatorisch wichtigen Ausweitung in die Umgebung, bevorzugt in die Punkten wie Burgen und Festungen, sondern sie ebenen Regionen im Nordwesten, im Südwesten wurden als Flächenkriege durchgeführt, erfassten entlang der Diezer Straße und im Südosten entlang ganze Landschaften und machten so ausgedehnte der Frankfurter Straße. Ausgehend von der nörd- Gebiete zum Schauplatz gegnerischer Kämpfe. lich der Lahn gelegenen Brückenvorstadt zieht sich Besonders der Deutsche Krieg 1866 und der die jüngere Bebauung, wie von der Karte gut ab- Deutsch-Französische Krieg 1870/71 zeigten die zulesen ist, vor allem zwischen Lahn und der Stra- Bedeutung der Verkehrswege – Chausseen und ße nach Staffel hin. Südlich der Stadt ist deutlich Eisenbahnen – für die schnelle Verschiebung gro- der Gebäudekomplex des erst wenige Jahre alten ßer Truppeneinheiten und Kriegsmaterials für den Bahnhofs zu erkennen. militärischen Erfolg. Als Reaktion auf diese ge- wandelte Kriegführung ließ der preußische Gene- Strahlenförmig führen von Limburg insgesamt ralstab von spezialisierten Offizieren ein großmaß- sieben größere Straßen bzw. Chausseen weg. Die stäbliches, flächendeckendes Kartenwerk herstel- Trassenführung der Lahnbahn von Koblenz nach len, um den neuen Anforderungen zu genügen und Wetzlar schneidet nur scheinbar das südöstliche im Kriegsfall auf Überblickskarten zurückgreifen Fünftel des von der Schiede markierten Halbkrei- zu können. Die 1868 erfolgte Aufnahme der Blät- ses ab. Die Vergegenwärtigung des Reliefs und der ter 19 Girod, 20 Hadamar, 26 Schaumburg, und 27 Blick auf die historische Entwicklungskarte zeigen, Limburg gibt auch kleine topographische Details – dass hier der steile Nordwesthang des Greifenber- Steinbrüche, einzelnstehende Gebäude und dgl. – ges ohnehin keine Bebauung zuließ. Die zwischen 1971 und 1974 eingemeindeten Stadtteile Dietkirchen, Offheim, Staffel, Linter und 506 Messtisch-Blaetter vom Regierungs-Bezirk Wiesbaden aus- Eschhofen ebenso wie der Blumenröder Hof schließlich des Hinterland-Kreises Biedenkopf, aufgenom- lagen Ende der 1860er Jahren noch in freiem men vom Königl. Preuss. Generalstabe, Berlin 1876-1877. Gelände inmitten ihrer weiten Feldflur. Auch Die 52 einfarbigen Blätter dieses großmaßstäbigen, flä- chendeckenden Kartenwerks sind nachgedruckt vom die Verbindung zu Diez bzw. Freiendiez verlief Hess. Landesvermessungsamt Wiesbaden 1984. noch über unbebautes Gebiet, das inzwischen

47 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn längst aufgesiedelt ist und die ursprünglichen Ver- 3. Entwicklungskarte vom Mittelalter hältnisse, die dem Kartenbild von 1876/77 klar zu bis 1873/74, 1:2.500 entnehmen sind, kaum noch ahnen lässt. Bemer- kenswert ist schließlich zuletzt die Trasse der Bahn nach Hadamar, die in scharfer Rechtskurve direkt Die Karte zur Veranschaulichung der siedlungsto- hinter dem Bahnhof von der Lahntalbahn nach pographischen Entwicklung Limburgs vom frühen Nordnordost abzweigt und östlich des Schafsbergs Mittelalter bis zur zweiten Hälfte des 19. Jhs. in direkter Linie nach Elz führt. basiert auf der Katasterkarte von 1873/74 im Maß- stab 1:2.500. Sie soll in größeren Zügen die räum- lichen Veränderungen bis zur endgültigen Über- 2. b) Umlandkarte 20. Jahrhundert (1985/88), schreitung des mittelalterlichen Siedlungsraums 1:25.000 aufzeigen, der von der Stadtmauer des frühen 13. Jhs. und der Schiede der 1340er Jahre in einen Der Ausschnitt aus den Topographischen Karten inneren und äußeren Bereich gegliedert wurde. von 1985/88507 will in der Gegenüberstellung zum Sieben Hauptphasen lassen sich im Betrachtungs- gleichen Blattausschnitt von 1868 bzw. 1876/77 zeitraum unterscheiden, die unter Zusammenfas- die siedlungstopographische Entwicklung des sung stadthistorisch prägender Ereignisse und 508 Raumes veranschaulichen. Noch immer hebt sich Entwicklungen die entscheidenden räumlichen der Altstadtkern von Limburg mit seinem unre- Entwicklungsschritte wiedergeben und auf dem gelmäßigen Verlauf der engen Gassen ab. Aller- Kartenblatt in unterschiedlichen Farbstufen dar- dings ist dieser Kern längst nicht mehr allein das gestellt werden. Die Eintragungen erfolgten über- herausragende topographische Merkmal der Karte. wiegend auf Grundlage der schriftlichen Überliefe- Daneben fallen die ausgedehnten Betriebsflächen rung und daraus hervorgegangener Literatur. Erst der Eisenbahn und die zahlreichen großen Fa- für die Neuzeit lagen, beginnend mit den Stadtan- brikhallen auf. Die Übergänge zu den ein- sichten von Dilich um 1600 und darauf aufbauend gemeindeten Dörfern bzw. der benachbarten Stadt von Merian um die Mitte des 17. Jhs. sowie dem 509 Diez sind weniger deutlich. Die alten Verbin- Besson’schen Stadtplan von 1759 , auch graphi- dungswege zwischen den Orten folgen zwar wei- sche bzw. kartographische Materialien vor, die zur terhin im wesentlichen ihrem alten Verlauf, wie ein Bearbeitung herangezogen worden sind. Vergleich der beiden Kartenbilder zeigt, wurden aber durch Ausbau verbreitert und in Teilen begra- 7. bis 10. Jahrhundert: Burg und Stift digt. Allerdings hat sich mit dem vierspurigen Aus- (Farbe Rotbraun)510 bau der Weilburger Chaussee und insbesondere durch den Bau der Autobahn 3 Köln-Frankfurt ein Auch wenn erst für das frühe 10. Jh. schriftliche Teil des modernen überregionalen Verkehrsnetzes Zeugnisse über Limburg bzw. seine Stiftskirche über die alte Infrastruktur gelegt. Der Hauptdurch- vorliegen, ist bereits für die Merowingerzeit eine gang in nordsüdlicher Richtung führt nicht mehr Befestigung auf dem Kalkfelsen zum Schutz des durch die Altstadt, sondern über die rund 250 m Lahnübergangs anzunehmen. Genaue Größe der westlich, also lahnabwärts von der alten Lahn- Siedlung, Form und Verlauf der Befestigung dieser brücke aus gebauten neuen Schiedebrücke. ältesten Baustufe lassen sich nicht mehr rekons- truieren. Sie wird aber wohl die ebene Fläche des Auffallend sind die zahlreichen Neubaugebiete Domberges weitgehend eingenommen haben. In- in den umliegenden Ortschaften und die beacht- nerhalb dieses ältesten Siedlungskerns von Lim- liche Ausdehnung Limburgs in Richtung Süden. burg, den die Entwicklungskarte vom Mittelalter Hier wird das weitere Wachstum der Blumenröder bis 1873/74 in einem rotbraunen Farbton wieder- Siedlung deutlich durch die Landesgrenze zu gibt, stand auch der erste Vorgängerbau der Stifts- Rheinland-Pfalz gehemmt. (Vgl. Kap. III.1.) kirche, ohne dass Gewissheit über seine genaue

508 Siehe oben Kap. II.1.-7. mit ausführlichen Erläuterungen zur siedlungstopographischen Entwicklung Limburgs. 509 Eine Reproduktion der Stadtansichten und eine farbige

Abbildung des Stadtplans von 1759 mit dem Grundriß 507 Topographische Karte 1:25.000, Blatt 5514 Hadamar, von Limburg befinden sich bei EILER, Stadtbuch S. 7, 9 Hess. Landesvermessungsamt Wiesbaden, Stand 1985, und 15. Das Original des kolorierten ersten Stadtplanes Ausgabe 1987 sowie Blatt 5614, Limburg, Hess. Landes- von Besson befindet sich im Stadtarchiv Limburg. vermessungsamt Wiesbaden, Stand 1988, Ausgabe 1990. 510 Siehe dazu Kap. II.1.

48 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn räumliche Ausdehnung besteht511. Mit der Grün- 13. Jahrhundert: Stadtentstehung dung des Stiftes St. Georg wurde Anfang des 10. (Farbe: Orange)514 Jhs. die erste Ringmauer errichtet, die das knapp Ab 1200 erlebte Limburg eine beachtliche Expan- zwei Hektar große Areal des Burgberges um- sionsphase. 1215 werden für Limburg erstmals schloss. Auch für diese Zeit fehlen Angaben über Schultheiß, Schöffen und Gemeinde urkundlich die Bebauung dieser Fläche ebenso wie Hinweise genannt, Limburg hatte also irgendwann vorher die auf die Zahl und Herkunft ihrer Bewohner. Der Stadtrechte erworben. Ein neuer Mauerzug im dunkelbraun gehaltene Bereich in der Entwick- großen Halbkreis von der Nieder- bis zur Ober- lungskarte soll daher nur die mögliche Siedlungs- mühle, mehr oder weniger entlang der heutigen fläche in Limburgs frühester Phase andeuten, die Grabenstraße, umschloss ab ca. 1230 die wachsen- außer der Stiftskirche wohl Kurien der Stiftskano- de Stadt. Die neubebauten Gebiete werden in niker sowie Wohn- und Lagerhäuser für die Burg- oranger Farbe dargestellt. Vor allem wurde jetzt mannschaft enthielt. auch die Siedlung um St. Laurentius und den 1345 ersterwähnten Roßmarkt in die städtische Befesti- 10. Jahrhundert: Ansiedlung um die gung miteinbezogen. St. Laurentiuskirche Besonders im Westen entstand zwischen der (Farbe: Braun)512 alten und neuen Stadtmauer ein großes Erweite- Südlich der befestigten Anlage auf dem Domfelsen rungsgebiet, das durch regelmäßige grob Nord-Süd bildete sich früh um die urkundlich nachgewiesene und Ost-West ausgerichtete Gassen erschlossen St. Laurentiuskirche eine kleine Siedlung. Hier wurde. fanden vermutlich die ältesten Jahrmärkte statt. Die Im Südosten, außerhalb der Stadtbefestigung, genaue Größe und Lage der Siedlung ist nicht be- lag auf einer künstlichen Insel das Haus Kastell, kannt. Ihre vermutete Ausdehnung ist in brauner das sowohl den alten Furtweg als auch das südöst- Farbe angedeutet. liche Vorfeld der Stadt deckte. Im Laufe des 13. Jhs. wurden auch die verbliebenen Freiflächen zwischen der Roßmarktsiedlung und dem Osttor 11./12. Jahrhundert: Entstehung einer der alten Stadtmauer bebaut; im südöstlichen Teil Marktsiedlung ab 1232 durch die Franziskaner, im westlichen (Farbe: Dunkelrosa)513 Bereich durch die Ansiedlungen in der späteren Mitte des 11. Jhs. entwickelte sich auf dem West- Judengasse. hang des Burgberges, unmittelbar vor dem einzigen Burgtor, dem Eulentor, eine zunächst unbefestigte Kaufmannssiedlung, deren wahrscheinliche Aus- Erste Hälfte 14. Jahrhundert: Wiederaufbau der Stadt; Entstehung der Vorstädte dehnung in Dunkelrosa wiedergegeben ist. Die 515 relativ großen Freiflächen zwischen den bebauten (Farbe: Gelb) Arealen dienten als Marktplätze. Der Stadtbrand von 1289, der große Teile der Stadt Zwischen 1114 und 1150 wurde diese Siedlung zerstörte, markiert keinen wesentlichen siedlungs- mit einer Mauer umgeben, die nur noch durch drei topographischen Schnittpunkt. In den Jahrzehnten Tore, dem Osttor, dem Plötzer Tor und dem zwischen dem Stadtbrand und der ersten großen Lahntor Zugang zur Siedlung gewährte. Pestwelle wuchs die Stadt beträchtlich weiter. Diese vierte Stufe der siedlungstopographischen Entwick- Die weiterbestehende Siedlung um St. Lauren- lung wird in gelber Farbe wiedergegeben. Zunächst tius blieb weiterhin unbefestigt. Die Versorgung wurden die wenigen noch bestehenden größeren der gewachsenen Bevölkerung – über die Größe Baulücken innerhalb des Mauerringes geschlossen. sind allerdings nur Spekulationen möglich – So wurden etwa der Fischmarkt, der Roßmarkt und machte offensichtlich den Bau zweier Mühlen, der die Plötze teilweise überbaut. Außerdem wurde der Nieder- und der Obermühle nötig, die beide wohl von der neuen Lahnmauer erschlossene breite um 1200 erbaut und 1307 erstmals urkundlich Uferstreifen der Lahn durch die Niederlassung der erwähnt worden sind. Eberbacher Mönche seit dem Anfang des 14. Jhs. bebaut. Der übrige Bereich sowie der westlichste Bereich innerhalb der Stadtmauer blie-

511 STRUCK, Kloster 1 Nr. 3 S. 3; vgl. auch METTERNICH, Dom S. 38-56. 512 Siehe oben Kap. II.2. 514 Siehe oben Kap. II.4. 513 Siehe oben Kap. II.3. 515 Siehe oben Kap. II.5.

49 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn ben wohl nicht zuletzt wegen der Gefährdung durch blaugrüner Farbe dargestellt. Neue Häuser entstan- Hochwasser unbebaut. Die Ansiedlung der Wilhel- den vor allem an den Ausfallstraßen, sowohl an miten auf der Lahninsel blieb im zweiten Jahrzehnt den Strecken, die von der Brückenvorstadt nach des 14. Jhs. nur ein kurzes Intermezzo. 1317 zogen Montabaur und ab 1818/21 nach Weilburg ab- sie in das Kloster südlich des Diezer Tores. Von zweigen, als auch an der Diezer und Frankfurter der Diezer Straße bis zur Frankfurter Straße im Straße nach Südwesten bzw. Südosten. Große Südosten entfaltete sich in diesen Jahrzehnten eine Flächen nehmen im Verhältnis zur kleinparzelligen lockere Vorstadtbebauung. Ebenso prosperierte die Bebauung der Altstadt die neuen großen Gasthöfe nördlich der Lahn gelegene Brückenvorstadt, deren und Posthaltereien sowie andere Gewerbebetriebe Bebauung sich auf die Trassenführung der zwi- um den Mitte des 19. Jhs. bebauten Neumarkt ein. schen 1315 und 1341 erbauten steinernen Lahn- Auch rechts und links der nach dem Abriss der brücke bezog. Stadtmauer und der Verfüllung des Stadtgrabens Diese größte bauliche Ausdehnung Limburgs nach 1818 angelegten Grabenstraße entstanden während des Mittelalters wurde zwischen 1343 und große, am exakt rechtwinkligen Grundriss erkenn- 1346 von der Wall-Graben-Anlage der Schiede bare klassizistische bzw. historistische Neubauten. umschlossen, die sich in einer Länge von rund Die Stadt weist in ihren Randbereichen zuneh- 1.250 m vom äußeren Frankfurter Tor im Osten bis mend unregelhafte Ausdehnung in die nähere Um- zur Lahn gut 100 m unterhalb des Katzenturmes gebung auf, wobei die vorhandenen Verkehrswege hinzieht. Ihre Fortsetzung findet diese Anlage in und vor allem die ab 1862 bestehende Eisenbahn- der Schiede der Brückenvorstadt, die möglicher- linie siedlungsbelebend wirkten. weise bereits im Zuge des Brückenbaus ab 1315 angelegt worden ist und in einem stumpfvierecki- gen Bogen von annähernd 800 m Länge die Vor- 4. Entwicklungskarte von 1873/74 bis 1992, stadt umschloss. 1:5.000

Mitte 14. bis Ende 18. Jahrhundert Bis weit in das 19. Jh. blieb Limburg im wesentli- (Farbe: Gelbgrün)516 chen auf den mittelalterlichen Siedlungsraum inner- halb der Mauer beschränkt und hatte nur kleinere Die Jahrhunderte der Stagnation weisen nur wenige vorstädtische Siedlungen vor den Stadttoren gebil- siedlungstopographische Veränderungen auf. In det, die zudem innerhalb der Schiede lagen. Erst gelbgrüner Farbe ist die weitere Bebauung bis um der Eisenbahnbau und die Entfaltung zum Ver- 1600 am Lahnufer zu erkennen. In der Brücken- waltungs- und Dienstleistungszentrum im mittleren vorstadt entstanden einige Gebäude am nördlichen Lahngebiet brachten die entscheidenden Verände- und östlichen Rand der bestehenden Siedlung. rungen und Impulse zur Ausdehnung des Sied- Eine lockere Bebauung ist rund um den späteren lungsbereichs, dessen Wachstum bis zum ausge- Neumarkt, dem damaligen Platz der Jahrmärkte, henden 20. Jh. noch immer nicht abgeschlossen ist. „Im Kalkofen“ zu vermuten. Das Atlasblatt zur Verdeutlichung der siedlungs- Entsprechend der Konzeption dieser Siedlungs- topographischen Vorgänge in Limburg basiert auf entwicklungskarte ist die Ausdünnung der Bebau- der Montage zweier Flurkarten 1:5.000 aus dem ung, d.h. der Verfall unbewohnter bzw. ungenutz- Jahr 1992518. Sechs Zeitstufen zeigen den Gang der ter Gebäude südlich des Roßmarktes und in der Stadterweiterung von den frühen 1870er Jahren bis Nordwestecke der Stadt nicht dargestellt. zum Ende des 20. Jhs. Ausgehend vom Zustand des Ortes zur Zeit des Urkatasters 1873/74 in Entwicklung bis 1873/74 violetter Farbe werden die weiteren Hauptphasen (Farbe: Blaugrün)517 räumlicher Ausdehnung in unterschiedlicher Farb- gebung dargestellt, um den Verlauf der Bebauung Ab der zweiten Hälfte des 18. Jhs. griff die Bebau- und die schließlich erreichte Besiedlungsdichte mit ung immer mehr über den ummauerten Kern der graphischen Mitteln sichtbar zu machen. Die Ein- mittelalterlichen Stadt hinaus, schließlich auch über die mittelalterliche Landwehr der Schiede. Diese neuzeitlichen Stadterweiterungsgebiete sind in 518 Limburg 1992, 1:5.000, Flurkartenmontage aus Vorlagen 1:5.000, Katasteramt Limburg und Hess. Landesvermes-

sungsamt Wiesbaden. Für Rheinland-Pfalz Kopie des Lan- 516 Siehe oben Kap. II.6. desvermessungsamtes Koblenz der Deutschen Grundkarte 517 Siehe oben Kap. II.7; vgl. hierzu auch die Katasterkarte (DGK 5), Blatt 3432 rechts, 5582 hoch, Limburg an der von Limburg 1873/74 in dieser Lieferung. Lahn.

50 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn tragungen der Jahre 1905/14519 (rot), 1935520 (rot- Weltkrieg findet diese im Süden und Westen statt. orange), 1955/58521 (orange), 1971/72522 (gelb- Während größere und kleinere Industriebetriebe orange) und 1992523 (gelb) beziehen sich auf die mit Standorte entlang der Eisenbahnlinien und mit Wohnhäusern bzw. mit Nutzgebäuden bestande- direktem Anschluss an die Autobahn 3 und aus- nen Parzellen. Bis zum Jahr 1992 gebäudefreie gebaute Bundesstraße 49 einnehmen und im we- Flächen sind in grau gehalten, um sie von den wei- sentlichen auf den Südwesten, Nordwesten und ßen Verkehrsflächen (Straßen und Plätzen) und die Gebiete nördlich der Lahn konzentriert blei- bebauten Bereichen deutlich zu unterscheiden. Die ben, entwickeln sich im Süden reine Wohngebiete Angaben über die Ausdehnung der Besiedlung – Galmer-Viertel, Blumenröder Siedlung (teilweise wurden zu den gewählten Stichjahren topographi- nicht mehr von der Karte erfasst) die nur im Süd- schen Karten im Maßstab 1:25.000 entnommen osten von einigen Schulanlagen unterbrochen und in die Basiskarte 1:5.000 im Städteatlas über- werden. Ein breiter Streifen rechts und links der tragen. Schiede ist seit dem letzten Viertel des 19. Jhs. mit Dienstleistungsgebäuden, Geschäften und öffent- lichen Einrichtungen bebaut worden. Nördlich 5. Stadtkarte 1992, 1:5.000 der Lahn sind rechts und links der Bundesstraße 49 oberhalb des steilen Flusshanges nach Südwest Die jüngste Darstellung von Limburg zeigt das exponierte Wohngebiete zu erkennen. Atlasblatt 1:5.000 aus dem Jahr 1992524. Bei dieser Karte handelt es sich um eine Montage von Flur- 6. Übersichtskarte Hessen, 1:750.000 karten aus dem Katasteramt Limburg und dem Legende zur Katasterkarte, 1:2.500 Blatt Limburg aus der Deutschen Grundkarte in der Bearbeitung des Landesvermessungsamtes Koblenz für den rheinland-pfälzischen Kartenaus- Die Karte 1:750.000 zeigt das Bundesland Hessen schnitt. Deutlich hebt sich der halbrunde Alt- in seinen seit 1945525 gültigen Grenzen unter Ein- stadtbereich mit dem Domberg an der Lahn von beziehung der räumlichen Übergänge zu den der jüngeren Bebauung des 19. und 20. Jhs. ab. sechs Nachbarländern Nordrhein-Westfalen, Nie- Darum legt sich, ebenfalls deutlich zu erkennen, dersachsen, Thüringen, Bayern, Baden-Württem- das erste Stadterweiterungsgebiet im Süden, das berg und Rheinland-Pfalz. Die Übersicht veran- große Karree des Neumarktes und der dazugehö- schaulicht die geographische Lage und Verteilung rigen Gebäudekomplexe. Unregelhafte Expansion der Städte Arolsen, Bad Hersfeld, Butzbach, Die- kennzeichnet die weitere bauliche Erweiterung burg, Homberg/Ohm, Limburg, Michelstadt und von Limburg. Besonders nach dem Zweiten Wetter, die zur ersten Lieferung des Hessischen Städteatlas gehören. Die aufgenommenen Flüsse und in Schummerung angedeuteten Gebirgszüge 519 Topographische Karte 1:25.000, Blatt Hadamar (preußi- bieten Orientierungshilfen im Raum und lassen sche Zählung Blatt 3218, hess. Zählung Blatt 5514) und jene Gebiete hervortreten, in denen aufgrund der Blatt Limburg (preußische Zählung Blatt 3273, Hess. Zäh- Geländesituation besonders günstige Bedingungen lung Blatt 5614). bzw. weniger geeignete Voraussetzungen für die 520 Topographische Karte 1:25.000, Blatt 5614 Limburg und Blatt 5514 Hadamar, berichtigt 1935, Hess. Landesvermes- Siedlungsentwicklung und damit für die Heraus- sungsamt Wiesbaden, Ausgabe 1942. bildung von Städten herrschten. 521 Topographische Karte 1:25.000, Blatt 5614 Limburg, Nachträge 1958, Hess. Landesvermessungsamt Wiesba- Der untere Abschnitt des Atlasblattes enthält den, Ausgabe 1960 und Blatt 5514 Hadamar, Nachträge die Legende zur Katasterkarte von 1873/74 mit 1955, Hess. Landesvermessungsamt Wiesbaden, Ausgabe Erläuterungen zu Farben, Signaturen und Beschrif- 1958. tungen, die in der Darstellung von Limburg im 19. 522 Topographische Karte 1:25.000, Blatt 5614 Limburg, berichtigt 1971, Hess. Landesvermessungsamt Wiesbaden, Jh. verwandt worden sind. Ausgabe 1973 und Blatt 5514 Hadamar, berichtigt 1972, Weiterhin finden sich hier die Nachweise über Hess. Landesvermessungsamt Wiesbaden, Ausgabe 1975. alle Quellen, auf denen die historische Kataster- 523 Limburg 1992, 1:5.000, Flurkartenmontage aus Vorlagen 1:5.000, Katasteramt Limburg, Hess. Landesvermessungs- karte beruht und die zu ihrer Bearbeitung herange- amt Wiesbaden, und Rheinland-Pfalz, Deutsche Grund- zogen worden sind. Gesondert werden die An- karte (DGK 5), Blatt 3432 rechts, 5582 hoch, Limburg an gaben über die Herkunft der Höhenlinien und der Lahn, Kopie des Landesvermessungsamtes Koblenz. Höhenpunkte aufgeführt. 524 Limburg 1992, 1:5.000, Flurkartenmontage aus Vorlagen

1:5.000, Katasteramt Limburg, Hess. Landesvermessungs- amt Wiesbaden, und Rheinland-Pfalz, Deutsche Grund- 525 REULING, Verwaltungs-Einteilung S. 171, 175-176 mit karte (DGK 5), Blatt 3432 rechts, 5582 hoch, Limburg an Karte 26b Verwaltungs-Einteilung 1939 und 1955, Son- der Lahn, Landesvermessungsamt Koblenz. derkarte Hessen 1946.

51 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

V. Gebäudeverzeichnis U: um 1900 LQ: DEHIO, Hessen S. 559

Das vorliegende Gebäudeverzeichnis soll dem Benutzer der Badehaus/-stube Kartenblätter, insbesondere der historischen Entwicklungs- karten, und dem Leser der Begleittexte in möglichst knapper jüdisches Form die wesentlichen Daten und Fakten zu den für die Stadt- → Mikwe entwicklung wichtigen Bauten erschließen sowie deren Lokali- sierung in den Karten erleichtern. Die einschlägigen Infor- christliches mationen wurden aus den Schriftquellen, den publizierten 1) archäologischen Befunden und der wichtigsten Literatur gezo- L: an der Lahn bei der Lahnbrücke, am gen, ohne dass Vollständigkeit beansprucht werden soll. Auf- Cronberger Hof (Grünes Haus) genommen sind die greifbaren Bauwerke seit der frühesten EW: 1358 Besiedlung sowie die Gebäude des 19. und besonders des 20. LQ: STRUCK, Klöster 1 Nrn. 1146, 1183, 1496; Jhs., letztere sofern sie zur Erklärung der neuzeitlichen Sied- SCHIRMACHER, Limburg S. 236 lungsentwicklung von Bedeutung sind. 2) L: Ostseite der Lahnbrücke, An der Erbach EW: 1350 LQ: SCHIRMACHER, Limburg S. 236 Die Gebäudedaten ordnen sich nach folgenden Kriterien: 3) AB Andere Bezeichnung L: vor dem inneren Diezer Tor, am L Lage Wilhelmitenkloster F Funktion EB: vor 1336 M Maße/Bauart LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 301; SCHIRMACHER, Limburg S. 215-216, 236 EB Erbauung/Anlage 4) EW Erwähnung L: vor dem inneren Hammertor U Umbau/Renovierung EB: vor 1470 A Abriss/Auflösung LQ: SCHIRMACHER, Limburg S. 236, 485 N Neubau 5) LQ Literatur/Quellen L: neben der Synagoge am oberen Ende der Judengasse EW: 1484 Die häufigen Namens- und Nutzungsänderungen einzelner LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 1451; SCHIRMACHER, Bauten erforderten eine Kriterieneinteilung in AB (andere Limburg S. 236 Bezeichnung) und F (Funktion) bei dem jeweiligen Hauptein- 6) trag, auf den Querverweise hinführen. L: auf der Plötze EW: 1470 LQ: SCHIRMACHER, Limburg S. 180, 237

Bahnhof Alte Aula L: südlich des Neumarktes → Franziskanergymnasium EB: 1862 A: nach Kriegszerstörung 1945 Alte Scholasterei NB: 1961 L: am Domplatz LQ: MAIBACH, Ansichten Nr. 6 F: Burgmannensitz der Familie von Langenau, dann Wohnhaus des Stiftsscholasters Barfüßerkloster EB: 13. Jh. → Franziskanerkloster EW: 1358/1373 U: 1420, 1771 Befestigungswerke LQ: STRUCK, Klöster 1 Nrn. 625, 1496; SCHIRMACHER, → Burgmauer Limburg S. 381; LIPPERT, Haus S. 228-231 → Schiede → Judenschiede → „Das Schänzchen“ Alte Vikarie → Siedlungsmauer L: Domplatz 7 → Stadtmauer F: Hoflehen der Adelsfamilien von Villmar und von → Tore/Tortürme/Pforten Staffel → Brückentore (äußeres, inneres) EB: Ende 13. Jh. → Dietkircher Pforte EW: 1287 → Diezer Tore (äußeres, inneres) N: um 1515 → Grabenpforte LQ: LIPPERT, Haus S. 231-234; GENSICKE, Staffel → Hammertore (äußeres, inneres) S. 324 und 329 → Hanenpforte → Holzheimer Pforte Amtshaus, altes → Kornpforte L: Kolpingstraße 9 → Kreucher Pforte F: jetziges Pfarrhaus der Dompfarrei → Lahnpforte EB: 1715 → Lahntor

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→ Löhrpforte LQ: SCHIRMACHER, Limburg S. 60; ASSMANN, → Plötzer Tor Limburg S. 93 → Pforte → Sandpforte Burganlage → Schwarzer Turm L: gesamtes Bergplateau → Tränkpforte F: Sitz der Grafen des Niederlahngau → Türme M: ca. 1,8 ha → Endreßturm EB: ab 7./8. Jh. → Hammerturm LQ: ASSMANN, Limburg S. 45-49; KRUPP, Kirchen → Huedtsmehe S. 134-139; KNAPPE, Burgen S. 443-444 → Huttig → Schloss → Katzenturm → St. Petri → Löhrturm → Burgmauer → Neuer Turm → Roter Turm Bürgerturm → Schwarzer Turm → Neuer Turm → Sündenturm Burgmauer Beginen L: umschloss das gesamte Bergplateau → Kloster Bethlehem F: Verteidigungsanlage, Schutz der Immunität des St. Georgenstiftes Beinhaus M: bis zu ca. 1,5 m dicke Mauern, Länge ca. 650 m → St. Michael EB: Anfang 10. Jh. A: um 1350 Bergerschule LQ: METZEN, Geschichte S. 42-44; SCHIRMACHER, → Stiftsschule Limburg S. 83 und Plan 2

Bischofspalais Castel → Franziskanerkloster → „Haus Kastell“

Brauerei Busch Dietkircher Pforte L: vor dem äußeren Hammertor L: Brückenvorstadt, östlicher Teil der Schiede EB: ab 1862 F: Durchlass nach Dietkirchen LQ: STILLE, Limburg S. 161 M: Torturm EW: 1409 Brücke LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 862; SCHIRMACHER, → Lahnbrücke Limburg S. 80-81 → Wilhelmitenkloster Dietkircher Pforte, untere Brückenkapelle → Hanenpforte AB: Marienkapelle, Liebfrauenkapelle, Pestkapelle L: auf der Lahnbrücke Diezer Tor EB: 1490 1) äußeres A: 1823 L: Diezer Vorstadt, südwestlicher Teil der Schiede, LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 1565; METZEN, Geschichte ca. 260 m vor dem inneren Diezer Tor gelegen S. 53; STILLE, Limburg S. 146; MECHTEL, Chronik F: Durchlass nach Diez S. 114, Anm. 2; ASSMANN, Limburg S. 44 M: Grundfläche 9 x 10 m, Torbreite 4 m, Scheitelhöhe des Torbogens 4 m, Höhe des Brückentor Turmes ca. 22 m 1) äußeres EW: 1347 AB: Koblenzer Tor A: nach 1818 L: am nördlichen Ende der Lahnbrücke, ca. 100 m LQ: STRUCK, Klöster 1 Nrn. 344 und 809; vor dem inneren Brückentor gelegen SCHIRMACHER, Limburg S. 57-58, 73, 79; F: Brückenbefestigung, Gefängnis, Zollstation METZEN, Geschichte S. 73 M: Grundfläche 12 x 12 m, Höhe ca. 14,5 m EB: vor 1336 2) inneres A: Wachhaus 1818 L: südwestlicher Bereich der Stadtmauer LQ: Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, F: Durchlass nach Diez (abgek. HHStAW) W 232 Nr. 1379. Herzogtum M: Grundfläche 9 x 10 m, Torbreite 4 m, Scheitel- Nassau, Amt Limburg; DEHIO, Hessen S. 563; höhe des Torbogens 4 m, Höhe des Turmes SCHIRMACHER, Limburg S. 60 ca. 22 m, Maueransatz in ca. 9-9,5 m Höhe EW: 1319 2) inneres A: 1871 AB: Koblenzer Tor LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 1459; METZEN, Geschichte L: am südlichen Ende der Lahnbrücke S. 74; SCHIRMACHER, Limburg S. 57-58; FUCHS, F: Brücken-, Stadtmauerbefestigung Rez. Maibach S. 356 M: Grundfläche 12 x 12 m, Höhe ca. 14,5 m EB: 1. Hälfte 14. Jh. Dom A: 1818 → St. Georg

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Elektrizitätswerk LQ: STILLE, Limburg S. 45-46, 117, 122, 202; 1) L: an der Niedermühle METZEN, Franziskanergymnasium F: Energieversorgung Limburgs EB: 1937 Franziskanerkirche → St. Sebastian 2) L: Sackgasse/Bornweg F: Energieversorgung Limburgs Franziskanerkloster EW: um 1900 AB: Barfüßerkloster LQ: Nassauischer Bote 260 vom 8. Nov. 1937; L: südöstlicher Bereich der Altstadt Stadtarchiv (abgek. StadtA) Limburg, Stadtplan F: Kloster 1232-1813 (Unterbrechung 1577-1582), Limburg an der Lahn 1910 Hauptsitz der Ordensprovinz Thüringen, Priesterseminar 1829-1931, 3) L: Staffeler Mühle Bischofspalais seit 1827 F: Energieversorgung Limburgs EW: 1232 EB: 1892 U: 1738-1743 LQ: STILLE, Limburg S. 117, 187; SANTE, Endreßturm Handbuch S. 274 L: nordwestlicher Bereich der Burgmauer → Friedhof 2) EW: 1449 → Siechenhaus A: im 16. Jh. → St. Sebastian LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 1047; SCHIRMACHER, Limburg S. 86-87, Plan 2 Friedhof christlicher Erbacher Hof 1) L: linkes Lahnufer, in der Nähe der alten Lahn- L: vor der St. Georgskirche brücke F: Bestattungsplatz für das Stifts- bzw. Domkapitel F: Wirtschaftshof mit eigener Kapelle des Zister- und die Stadtgemeinde (bis Ende 19. Jh.) zienserklosters Eberbach im Rheingau bis 1803, LQ: STILLE, Limburg S. 147 nassauisches Amtshaus von 1803/07-1866, 2) preußisches Landratsamt von 1866-1926, L: vor dem Franziskanerkloster, heutiger seit 1926 Katasteramt Bischofsplatz EB: Anfang 14. Jh. F: Bestattungsplatz für die Franziskanermönche U: 1777 (bis frühes 19. Jh.) und die Stadtgemeinde LQ: STRUCK, Klöster 1 S. XL-XLI, Nr. 1554; STILLE, (Ende 15. Jh.) Limburg S. 51-52 EW: 1365 → St. Johannis LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 533; SCHIRMACHER, Limburg S. 166 bezieht sich irrtümlich auf Eulentor STRUCK, Klöster 1 Nr. 553 → Schwarzer Turm 3) L: um die St. Laurentiuskirche Eulenturm F: ältester Friedhof, für Fremde und Verbrecher → Schwarzer Turm bis ins 18. Jh. LQ: MECHTEL, Chronik, Introductio S. 141-142, 147, Evangelische Kirche St. Johannis 360; DERS., Pagus Logenahe S. 237r; L: nördlich des Bahnhofes SCHIRMACHER, Limburg S. 164-165 EB: 1864-1866 4) LQ: STILLE, Limburg S. 162-163; DEHIO, Hessen L: bei der St. Annakirche S. 558 F: Bestattungsplatz der Wilhelmiten (bis 1568), des Hospitals (bis Anfang 19. Jh.) Finanzamt EW: 1347 L: Walderdorffstraße 11 LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 345; SCHIRMACHER, Lim- EB: 1927 burg S. 215 LQ: HÖHLER, Geschichte S. 157 5) L: am Schafsberg Fleckenbergmühle F: Bestattungsplatz der Stadtgemeinde (ab 1882) L: unbekannt LQ: STILLE, Limburg S. 179 F: Windmühle EW: 1298 jüdischer LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 64 1) L: vor dem äußeren Hammertor, an der Judenschiede Frankfurter Tor F: Bestattungsplatz der Bevölkerung jüdischen → Hammertor Glaubens (bis Mitte 19. Jh.) LQ: STEIN, Geschichte S. 86; HÖHLER, Limburger Franziskanergymnasium Juden S. 63. – Vgl. auch die Eintragungen im AB: Alte Aula ersten Limburger Stockbuch von 1854, nach dem L: am Roßmarkt die jüdische Gemeinde am Stadtgraben nächst der EB: 1663/64 Frankfurter Straße ein Grundstück besaß. HHStAW U: 1750 Abt. 362/17, Limburg Bd. 3 S. 197, Art. 269 A: 1957

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2) 2) inneres L: am Schafsberg AB: Frankfurter Tor, Mainzer Tor F: Bestattungsplatz der Bevölkerung jüdischen L: im südlichen Teil der Stadtmauer Glaubens (ab 1848) F: Durchlass nach Frankfurt und Mainz LQ: STEIN, Geschichte S. 86; HÖHLER, Limburger M: Grundfläche 9 x 10 m, Torbreite 4 m, Juden S. 63 Scheitelhöhe des Torbogens 4 m, Höhe des Turmes ca. 22 m, beidseitig anschließender Gefängnis Maueransatz in ca. 9-9,5 m Höhe L: nordöstlich St. Sebastian, am Roßmarkt, im EW: 1290 ehemaligen Färberhaus der Franziskaner A: 1818 F: städtisches Gefängnis von 1818-1835 LQ: SCHIRMACHER, Limburg S. 57 mit Anm. 30 LQ: HHStAW W 232 Nr. 383 → Brückentor Hammerturm → Hammertor AB: Mainzerturm, „Huedtsmehe“ (1488)? → Neuer Turm L: östlich des inneren Hammertores, südöstlicher → Sündenturm Teil der Stadtmauer F: Stadtmauerbefestigung Gipsmühle EW: 1790 1) A: nach 1808 AB: Burckhardtsche Gipsmühle LQ: METZEN, Geschichte S. 48 L: am äußeren Brückentor, Brückenvorstadt → Huedtsmehe F: Gipsmühle EW: 1819 Hanenpforte LQ: HHStAW W 232 Nr. 111 AB: untere Dietkircher Pforte → Walkmühle L: Brückenvorstadt, östlicher Teil der Schiede 2) F: Durchlass nach Dietkirchen AB: Pachten’sche Gipsmühle M: viereckiger Turm mit beidseitig anschließendem L: an der Lahnbrücke, in der Brückenvorstadt kurzen Mauerstück F: Gipsmühle EW: 1437 EW: 1827 LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 1316; SCHIRMACHER, A: 1897 Limburg S. 80-81 LQ: HHStAW W 232 Nr. 28 mit Lagekarte; METZEN, Geschichte S. 50 „Haus Kastell“ → Schneid- und Ölmühle AB: Castel L: südöstlich vor der Stadtmauer im Tal des Graben Kasselbachs → Stadtmauer F: Lehnsgut der Herren von Limburg, befestigter Hof während der Trierer Grabenpforte Stadtherrschaft AB: Greifenpforte, Schwedenpförtchen EW: 1279 L: im östlichen Abschnitt der Stadtmauer A: im 18. Jh. F: Mauerdurchlass für Fußgänger und Reiter nach LQ: STRUCK, Klöster 1 Nrn. 47, 74; STILLE, Limburg Eschhofen S. 27-28, 127-128. – Aussehen, Lage und Größe M: ca. 2,5 m hoch dieses Gebäudes sind so ungewiss, dass auf eine EW: 1310 Eintragung in die Siedlungsentwicklungskarte ver- A: nach 1880 zichtet wurde. LQ: STRUCK, Klöster 1 Nrn. 103, 1183; SCHIRMACHER, Limburg S. 54-55 mit Anm. 15; METZEN, Heilig-Geist-Hospital Geschichte S. 74 L: ursprünglich in der Brückenvorstadt, 1573 verlegt in das Wilhelmitenkloster Graupforte F: städtische Armen- und Krankenpflege, → Holzheimer Pforte möglicherweise Hospiz für Fuhrleute, befestigter Brückenkopf Greifenpforte EW: 1310 → Grabenpforte U: nach 1365 A: nach 1573 Hammertor LQ: STRUCK, Klöster 1 Nrn. 100, 537 S. 242; 1) äußeres SCHIRMACHER, Limburg S. 81. AB: Frankfurter Tor, Mainzer Tor L: Hammervorstadt, südöstlicher Teil der Schiede, Holzheimer Pforte ca. 250 m vor dem inneren Hammertor AB: Graupforte F: Durchlass nach Frankfurt und Mainz L: südlicher Teil der Schiede M: Grundfläche 9 x 10 m, Torbreite 4 m, F: Durchlass nach Holzheim Scheitelhöhe des Torbogens 4 m, Höhe des Ew: 1368 Turmes ca. 22 m A: erste Hälfte des 19. Jhs. EW: 1370 LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 571; SCHIRMACHER, A: nach 1818 Limburg S. 72 mit Anm. 117 LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 587; SCHIRMACHER, Lim- burg S. 72

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Hospital Kapellen → Heilig-Geist-Hospital → Brückenkapelle → St. Anna-Hospital → Kapelle Kloster Bethlehem → St. Vincenz-Hospital → Maria-Hilf-Kapelle → St. Johannis Hospitalschule → St. Michael → Wilhelmitenkloster → St. Petri → St. Thomas Huedtsmehe AB: Hammerturm (1790) ? Kapitelhaus L: zwischen Huttig und innerem Hammertor, L: Nordseite der St. Georgskirche, im Bereich südöstlicher Teil der Stadtmauer des heutigen Domherrenfriedhof F: Stadtmauerbefestigung F: Versammlungsort des Stiftskapitels EW: 1488 A: 1830 A: nach 1808 LQ: GROSSMANN, Führer S. 47 LQ: METZEN, Geschichte S. 48; SCHIRMACHER, Limburg S. 56 mit Anm. 27 Katzenturm → Hammerturm L: nordwestlicher Teil der Stadtmauer F: Stadtmauerbefestigung, seit den 1980er Jahren Huttig Marinemuseum L: südlich der Grabenpforte, östlicher Teil der M: Durchmesser ca. 10 m, Mauerstärke ca. 2,5 m Stadtmauer EB: 13. Jh. F: Turm der Stadtmauerbefestigung EW: 1432 EB: 1225-1230 A: im Dreißigjährigen Krieg stark zerstört M: Durchmesser ca. 8 m, Mauerstärke ca. 1,5 m NB: 1980er Jahre A: seit Beginn des 17. Jhs. verfallen LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 962; DEHIO, Hessen NB: mehrfach saniert im 20. Jh. S. 563; CONRADI, Erläuterungen S. 2-3; LQ: SCHIRMACHER, Limburg S. 55-56 SCHIRMACHER, Limburg S. 58-59 und Plan 2

Judenschiede Kerker L: zwischen äußerem Hammertor und Holzheimer → Neuer Turm Pforte, südlicher Abschnitt der Schiede → Sündenturm F: nach dem davor gelegenen Judenfriedhof bezeichnet Kirchen LQ: ASSMANN, Limburg S. 93 → Evangelische Kirche → St. Anna Judenschule → St. Georg 1) ältere → St. Hildegardis L: südlicher Bereich der Judengasse → St. Laurentius EW: 1375 → St. Marien LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 641; → St. Sebastian SCHIRMACHER, Limburg S. 124, 139, 152; STILLE, → St. Wilhelm Limburg S. 67 2) jüngere Klöster L: Fischmarkt → Franziskanerkloster EW: 1713 → Kloster Bethlehem LQ: StadtA Limburg, Protokoll beschriebener → Pallottinerinnenkloster Kauf- und Tauschbriefe, 17. Aug. 1713 → Pallottinerkloster → Wilhelmitenkloster Kaltes Bad AB: Judenbad Kloster Bethlehem L: nördlicher Bereich der Judengasse L: an der Nonnenmauer F: rituelles Bad der Juden F: Tertiarinnenkloster (1339-1817), Krankenhaus EW: 1334 (1832), Altersheim (seit 1883), eigene Kapelle LQ: STRUCK, Klöster 1 Nrn. 216, 600; STILLE, (seit Ende 15. Jh.-Anfang 19. Jh.) Limburg S. 125; SCHIRMACHER, Limburg S. 152 EW: 1339 → Mikwe? (am Römer) NB: 1631 LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 1435; STILLE, Limburg Kapelle Kloster Bethlehem S. 60-61; METZEN, Geschichte S. 43; DEHIO, AB: Streichers Kapelle Hessen S. 558 L: Kolpingstraße → Kapelle Kloster Bethlehem F: Kapelle des Kloster Bethlehem EW: 1484 Koblenzertor A: Anf. 19. Jh. Privatwohnung → Brückentor LQ: STILLE, Limburg S. 60-61; ASSMANN, Limburg S. 44 Kornpforte → Kloster Bethlehem AB: Mühlpforte L: nordöstlicher Teil der Stadtmauer, bei der Obermühle

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F: Mauerdurchlass für beladene Getreidewagen F: Durchlass zur Niedermühle EW: 1634 M: Höhe ca. 3-4 m, Breite ca. 3 m A: nach 1736 EW: 1369 LQ: SCHIRMACHER, Limburg S. 53-54 mit Anm. 9-10 LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 582; SCHIRMACHER, Limburg S. 59; ASSMANN, Limburg S. 92; Kreishaus METZEN, Geschichte S. 66 AB: Landratsamt L: Schiede, Ecke Diezer Straße Löhrturm EB: 1925/26 L: im nordwestlichen Teil der Stadtmauer LQ: STILLE, Limburg S. 186 F: Stadtbefestigung M: Durchmesser ca. 4 m, achteckig Kreucher Pforte EB: ca. 13. Jh. L: Brückenvorstadt, westlicher Teil der Schiede EW: 1534 F: Durchlass nach Köln LQ: METZEN, Geschichte S. 67; SCHIRMACHER, M: viereckiger Turm mit beidseitig anschließendem Limburg S. 59 mit Abb. 5 nach S. 244 kurzen Mauerstück EW: 1409 Mädchenschule LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 865; SCHIRMACHER, Limburg 1) S. 80-81 L: Kleine Domtreppe 5 EW: 1779 Lahnbrücke LQ: STILLE, Limburg S. 154; SCHIRMACHER, Limburg L: Verbindung zwischen Altstadt und Brückenvor- S. 154 stadt über die Lahn 2) F: Hauptübergang über die Lahn L: An der Nonnenmauer 5 M: ca. 140 m lang mit acht Bögen EW: 1770 EB: nach 1150 bis 1. Hälfte 14. Jh. (in Holz), 1315-vor A: 1816 1341 (in Stein) LQ: HHStAW W 250/15 Nr. 160; STRUCK, Klöster 1 EW: 1341 S. XXXVI; STRUCK, Säkularisierung S. 297-298 LQ: STRUCK, Klöster 1 Nrn. 135, 147a, 535; 3) SCHIRMACHER, Limburg S. 59-60, 301-302; L: ehem. Wilhelmitenkloster MECHTEL, Chronik S. 64; STILLE, Limburg S. 57; EW: 1780 DEHIO, Hessen S. 563 LQ: STILLE, Limburg S. 51 → Wilhelmitenkloster Lahnpforte L: zwischen Schiede und Katzenturm Mainzertor F: Durchlass zur Lahnfurt für lokalen Verkehr → Hammertor EW: 1614 LQ: SCHIRMACHER, Limburg S. 73-74 Mainzerturm → Hammerturm Lahntor L: nördlicher Teil der Siedlungsummauerung Maria-Hilf-Kapelle des 12. Jhs. L: am Stephanshügel, südlich des Bahnhofsgeländes F: Durchlass zur hölzernen Lahnbrücke F: Stiftung des Unternehmers A. Busch EB: 1. Hälfte 12. Jh. EB: 1856 LQ: SCHIRMACHER, Limburg, Plan 5 A: 1893 → Siedlungsmauer LQ: STILLE, Limburg S. 161; Abb. MAIBACH, Ansichten Nr. 5 Landgericht L: Schiede Marienkapelle EB: 1881 → Brückenkapelle LQ: DEHIO, Hessen S. 562 Marstall Landratsamt L: Zwischen Sündenturm und Grabenpforte, → Kreishaus östlicher Teil der Stadtmauer F: Kurtrierischer Marstall (ab 16. Jh.), nassauisches Liebfrauenkapelle Salzlager (1805-Mitte 19. Jh.), Scheune des → Brückenkapelle St. Vinzenz-Hospitals (nach 1850) EW: 1585 Lohmühle A: 1971 L: am Kasselbach, nordwestlich des äußeren LQ: METZEN, Geschichte S. 56, 74; HÖHLER, Hammertores Geschichte S. 93; SCHIRMACHER, Limburg S. 63; F: Herstellung von Lohe Nassauische Landeszeitung vom 13. Nov. 1973 EW: 1732 LQ: HHStAW W 212 Nr. 2267 I; StadtA Limburg Mauern Stadtgerichtsprotokolle → Burgmauer → Siedlungsmauer Löhrpforte → Stadtmauer L: am Lahnufer, zwischen Katzen- und innerem Brückenturm

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Mehlwaage LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 89; ASSMANN, Limburg → Stadtwaage S. 92; SCHIRMACHER, Limburg, Plan 6; Nassaui- scher Bote Nr. 260 vom 8. Nov. 1937 Mikwe? (am Römer) AB: Judenbad, Kaltes Bad Obermühle L: im Hof von Römer 2-4-6, im nördlichen Teil des L: östlich an der Lahn beim Sündenturm Stadtkerns F: Wassermühle F: Ritualbad der Juden EB: um 1200 M: 7 m tiefer Schacht, ca. 1,8 m im Quadrat EW: 1307 EB: Ende 12. Jh. LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 89; ASSMANN, Limburg A: Verfüllung 15. Jh. S. 91; SCHIRMACHER, Limburg Plan 6 LQ: LIPPERT, Haus S. 40-43; Gotische Haus. Dem widerspricht ALTARAS, Tauchbad S. 83-84 Ölmühle L: bei der Obermühle Mühlen EW: 1436 → Fleckenbergmühle LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 973 → Gipsmühle → Lohmühle Öl- und Walkmühle → Neue Mühle L: bei der Niedermühle → Niedermühle EW: 1766 → Obermühle LQ: HHStAW W 115, Limburg 67, 73, 74 → Ölmühle → Öl- und Walkmühle Pallottinerinnenkloster → Schleifmühle L: Diezer Straße 86 (1895-1901), Weilburger Straße → Schneid- und Ölmühle (seit 1901) → Untermühle F: Ausbildung von Missionsschwestern → Walkmühle EB: 1901 (Weilburger Straße) LQ: SCHATZ, Geschichte S. 208; HÖHLER, Geschichte Mühlpforte S. 119 → Kornpforte Pallottinerkloster Nassauisches Lagerhaus L: zwischen Wiesbadener und Frankfurter Straße L: am Lahnweg F: Ausbildung von Missionaren F: Lager für Mineralwasser aus Selters EB: 1895-97 EB: nach 1840 EW: 1892 im Walderdorffer Hof ansässig LQ: HELLBACH, Handels- und LQ: HÖHLER, Geschichte S. 117-118, 125, 157; STILLE, Gewerbeverkehr S. 175 Limburg S. 172 → St. Marien Neue Mühle L: unbekannt Pestkapelle EW: 1298 → Brückenkapelle LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 65 Pforte Neue Vikarie L: neben dem Katzenturm, westlicher Teil der L: zwischen Dom und Schloss Stadtmauer F: Pfarrhaus F: Durchlass für den Mühlenbetrieb EB: 1720 M: Personendurchlass LQ: KUHNIGK, Landarbeitsleben S. 94 EW: 1646 U: 1670 (Fahrpforte) Neuer Graben A: nach 1818 → Schiede LQ: SCHIRMACHER, Limburg S. 53, 58-59; METZEN, Geschichte S. 58 Neuer Turm AB: Bürgerturm, Sack Plötzer Tor L: zwischen Katzenturm und innerem Diezer Tor, L: südlicher Teil der Ummauerung des 12. Jhs. westlicher Abschnitt der Stadtmauer F: Durchlass nach Diez F: Stadtmauerbefestigung, Kerker bzw. Gefängnis EB: 1. Hälfte 12. Jh. M: Rundturm LQ: SCHIRMACHER, Limburg Plan 6 EW: 1437 → Siedlungsmauer A: um 1817 LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 1519; SCHIRMACHER, Post Limburg S. 57-58; ASSMANN, Limburg S. 92 1) L: vor dem inneren Brückentor Niedermühle EW: 1739-1814 AB: Untermühle LQ: HERBORN, Erreichbarkeit S. 73-74 L: westlich an der Lahn beim Katzenturm 2) F: Wassermühle, Elektrizitätswerk (1937) L: vor dem inneren Hammertor EB: um 1200 EW: 1814-1827 EW: 1307 LQ: HERBORN, Poststation S. 32

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3) Schiede L: Neumarkt AB: Neuer Graben EB: 1860 L: umspannt sowohl den Stadtkern als auch die LQ: STILLE, Limburg S. 161 Brückenvorstadt halbkreisförmig in einem Abstand von ca. 120 bis 300 m Priesterseminar F: Wall-, Grabenanlage zum Schutz der Vorstädte L: im ehemaligen Franziskanerkloster (bis 1931), und der Flur an der Weilburger Straße in der Brückenvorstadt M: links der Lahn: Länge ca. 1.250 m, fünf Tore (seit 1931) bzw. Pforten, trockener Graben, ca. 10 m breit F: Priesterausbildung für das Bistum Limburg und ca. 3-4 m tief, Wall mit Gebück und EW: 1827 Palisaden, ca. 12,5 m breit und 3-4 m hoch, NB: 1931 dahinterliegender Weg ca. 2,5 m breit, LQ: STILLE, Limburg S. 156-157, 189 rechts der Lahn: Länge ca. 775 m, drei Tore bzw. Pforten Rathaus EB: ab 1343 1) ältestes EW: 1346 L: Ecke Fleischgasse-Kornmarkt A: im 18. Jh. F: Rathaus (bis 1399) LQ: SCHIRMACHER, Limburg S. 71-81 EB: um 1300? → Dietkircher Pforte EW: 1412 → Diezertor LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 878; SCHIRMACHER, → Hanenpforte Limburg S. 123-124; LIPPERT, Haus S. 279 → Hammertor 2) altes → Holzheimer Pforte L: Fischmarkt 21 → Judenschiede F: Rathaus (bis 1899), Privathaus, heute → Kreucher Pforte Standesamt → Lahntor EW: 1399 → Sandpforte LQ: STRUCK, Klöster Nrn. 878, 879, 1235, 1457; SCHIRMACHER, Limburg S. 101, 123, 356; DEHIO, Schiffsanlegestelle Hessen S. 558; LIPPERT, Haus S. 263-264 1) 3) neues L: An der Erbach L: Werner-Senger-Straße F: Anlegestelle für größere Lastkähne F: Rathaus (seit 1899) EW: 1808 EB: 1895-1900 LQ: HHStAW W 3011 Nr. 858 II; SCHIRMACHER, LQ: SCHABE, Grenzmer S. 269-277 Limburg S. 45 2) Refektorium L: am Lahnweg L: am nördlichen Eingangsturm der Stiftskirche F: Anlegestelle für die Lastkähne zur Ausfuhr des Richtung Michaelskapelle „Selters Wassers“ F: Gebäude mit Speisesaal der Stiftsherren und EW: Mitte 19. Jh. Schulraum LQ: HELLBACH, Handels- und EB: 13. Jh. (?) Gewerbeverkehr S. 175-176 A: 1836 LQ: STRUCK, Klöster 1 S. LIV; STILLE, Limburg Schirlinger Pforte S. 120 → Sandpforte → Stiftsschule Schleuse Roter Turm L: nordöstliches Lahnufer, ca. 20 m östlich der L: zwischen innerem Hammertor und Diezer Tor, Steinernen Lahnbrücke auf dem rechten südlicher Abschnitt der Stadtmauer Lahnufer F: Stadtmauerbefestigung F: Überwindung der Lahnwehre im Zuge der M: Rundturm Schiffbarmachung der Lahn für größere EW: 1347 Lastkähne A: nach 1818 M: Länge des Schleusenkanals ca. 600 m, Länge LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 352; SCHIRMACHER, der Schleusenkammer ca. 60 m, Breite ca. 5 m Limburg S. 57 EB: 1838-1839 U: 1856-1857 Sack LQ: FUCHS, Lahn S. 180-182 → Neuer Turm Schloss Sandpforte L: östlicher Teil des Bergplateaus AB: Schirlinger Pforte F: Sitz der Herren zu Limburg, des Trierer L: zwischen Lahn und äußerem Diezer Tor, Kurfürsten, heute unterschiedliche Nutzung westlicher Abschnitt der Schiede M: ca. 0,3 ha F: Schiededurchlass für lokalen Verkehr EB: Mitte 13. Jh. bis Anfang 17. Jh. EW: 1470 LQ: ASSMANN, Limburg S. 45-47 A: im 17. Jh. → Burganlage LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 1277; SCHIRMACHER, → St. Petri Limburg S. 73; METZEN, Geschichte S. 66-68

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Schneid- und Ölmühle acht Tore bzw. Pforten und Türme, AB: seit 1827 Pachten’sche Gipsmühle Grabenmauer ca. 1,8-2 m hoch, 0,6-0,8 m dick L: an der Lahnbrücke, in der Brückenvorstadt EB: 1225-1230 EW: 1739 EW: 1233 U: 1827 (Gipsmühle) A: nach 1818 LQ: HHStAW W 115, Limburg 67, W 232 Nr. 28 LQ: ASSMANN, Limburg S. 91-93; METZEN, → Gipsmühle Geschichte S. 45; CONRADI, Erläuterungen S. 1; SCHIRMACHER, Limburg S. 51-71 Scholasterei → Alte Scholasterei Stadtwaage AB: Mehlwaage Schulen L: im Anbau des Hauses Schöneck am Kornmarkt → Franziskanergymnasium EB: 1766 → Judenschule LQ: OTTO, Rathaus; SCHIRMACHER, Limburg S. 106, → Mädchenschule 124 mit Anm. 151; METZEN, Finanzverwaltung → Stiftsschule S. 34 → Wilhelmitenkloster St. Anna Schwarzer Turm AB: ehem. St. Wilhelm AB: Eulenturm, Eulentor, porta nigra L: vor dem inneren Diezer Tor, Wilhelmitenkloster L: westlicher Bereich der Burgmauer F: Klosterkirche der Wilhelmiten (bis Ende 16. Jh., F: Burgmauerbefestigung, möglicherweise einziger Hospitalkirche (seit Ende 16. Jh.) Toreinlass zur Burg/zum Stift EB: im 14. Jh. EB: 7./8. Jh.(?) U: 1650-52 (Kirche) A: 1569 LQ: DEHIO, Hessen S. 557; KRUPP, Kirchen S. 105; LQ: METZEN, Geschichte S. 44; KNETSCH, Limburger SANTE, Handbuch S. 274 Chronik S. 9; LIPPERT, Haus S. 280-281; MECHTEL, Pagus Logenahe S. 31-33 St. Anna-Hospital L: ehem. Wilhelmitenkloster Schwedenpförtchen F: städtisches Hospital → Grabenpforte EB: 1573 (Verlegung des Heilig-Geist-Hospitals) NB: 1720 Siechenhaus LQ: DEHIO, Hessen S. 557; KRUPP, Kirchen S. 105; L: beim Franziskanerkloster SANTE, Handbuch S. 274 EW: 1338 LQ: STRUCK, Klöster 1 Nrn. 258, 1378 St. Georg AB: Stiftskirche, Dom Siedlungsmauer L: auf dem Burgplateau L: umspannte halbkreisförmig von der südlichen bis F: Stiftskirche (910-Anfang 19. Jh.), Bischofskirche zum nördlichen Burgmauerturm die (seit 1827) Marktsiedlung des 11./12. Jhs. M: ursprüngliches Hauptschiff der Stiftskirche (910) F: Schutzfunktion für die Marktsiedlung ca. 40 m lang und ca. 15 m breit, jetzt dreischiffige M: Länge ca. 550 m, zwei Tore sowie Türme spätromanische Basilika, Länge rund 54 m, Breite (nur die beiden im Walderdorffer Hof und in der 34,5 m Barfüßerstraße zu lokalisieren) EW: 910 EB: 1. Hälfte 12. Jh. NB: 1215/20 (Baubeginn), 1235 (Altarweihe des A: zwischen 13. und 15. Jh. heutigen Baues) LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 10; SCHIRMACHER, LQ: DEHIO, Hessen S. 548-550; METTERNICH, Dom Limburg S. 285-291 und Plan 5. → Lahntor St. Georgs Stift → Plötzer Tor → Alte Scholasterei → St. Georg Stadtbrauhaus → Kapitelhaus L: südlich des Franziskanerklosters → Refektorium EW: 1485 → Stiftsgebäude A: 1766 (versteigert) → Stiftsschule LQ: HHStAW W 115, Limburg 91; STRUCK, Klöster 1 Nr. 1242 St. Hildegardis L: Tilemannstraße Stadtkirche F: kath. Gemeindekirche für die westlichen → St. Sebastian Stadtteile am Schafsberg EB: 1967 Stadtmauer LQ: STILLE, Limburg S. 202 L: umspannte die Stadt halbkreisförmig von der Ober- zur Niedermühle St. Johannis F: Stadtbefestigung L: Erbacher Hof M: mit Fundament ca. 10 m hoch, 1,6 m dick, F: Kapelle der Eberbacher Mönche (bis 1803), Länge ca. 980 m, die Lahnmauer ca. 310 m, Evangelisches Gotteshaus (1831-1866), Synagoge Graben mit Wasser ca. 11 m breit und 5 m tief je (1867-1903), jetzt evang.-luth. Freikirche

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EB: 1322 Streichers Kapelle LQ: STILLE, Limburg S. 51-52 → Kapelle Bethlehem → Erbacher Hof Sündenturm St. Laurentius L: neben der Kornpforte, östlicher Teil der L: im Bereich des heutigen bischöflichen Gartens, Stadtmauer westlich vom Huttig F: Stadtmauerbefestigung, Gefängnis (1736), F: älteste Pfarrkirche des Ortes Limburg Kerker EB: vermutlich Ende 9. Jh. M: achteckiger Turm A: 1607 (Einsturz) EW: 1646 LQ: ASSMANN, Limburg S. 44; STILLE, Limburg S. 27 A: 1818 LQ: HHStAW W 115, Limburg 14a; SCHIRMACHER, St. Marien Limburg S. 54, Anm. 11; METZEN, Geschichte L: zwischen Wiesbadener und Frankfurter Straße S. 48, 56; ASSMANN, Limburg S. 92 F: kath. Gemeindekirche für die südlichen Stadtteile Limburgs Synagoge EB: 1927 1) LQ: HÖHLER, Geschichte S. 117-118, 157 L: im oberen Abschnitt der Judengasse → Pallottinerkloster F: Gemeindehaus EB: 1. Hälfte 13. Jh. (?) St. Michael EW: 1320 AB: Totenkapelle, St. Thomas (1445), Beinhaus LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 241; AVNERI, Germania L: nordwestlich der Stiftskirche St. Georg Judaica 2 S. 486, 487 mit Anm. 26; SCHIRMACHER, F: Totenkapelle, heute Wohnhaus Limburg S. 152; zuletzt auch WOLF, Walderdorff Ew: 1280 S. 97-98 LQ: STRUCK, Klöster 1 Nrn. 48, 1021; DEHIO, 2) Hessen S. 556 L: Löhrgasse Haus Nr. 8 F: Kultraum St. Petri EW: 1766/67-1865 AB: Schlosskapelle LQ: ASSMANN, Limburg S. 59 L: östlicher Teil des Schlosses 3) F: Schlosskapelle L: St. Johannis Kapelle, Auf der Erbach EB: 1289 F: Gemeindehaus LQ: ASSMANN, Limburg S. 44-45 EW: 1867 LQ: HÖHLER, Limburger Juden S. 63 St. Sebastian 4) AB: Franziskanerkirche, Stadtkirche L: An der Schiede 29 L: am Franziskanerkloster F: Gemeindehaus F: Klosterkirche (seit 13. Jh.), Stadtkirche (seit An- EB: 1903 fang 14. Jh.), bischöfliche Hauskapelle (seit 1827) A: 9. Nov. 1938 „Reichskristallnacht“ EW: um 1252 LQ: ARNSBERG, Gemeinden 1 S. 493 LQ: STILLE, Limburg S. 122; SANTE, Handbuch S. 275; FELDTKELLER, Instandsetzung S. 366-372 Tanzhaus der Juden L: in der Judengasse, neben der Synagoge St. Thomas EW: 1336 → St. Michael LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 241; SCHIRMACHER, Limburg S. 152 St. Vinzenz-Hospital L: beim Bischöflichen Garten Tore/Pforten F: Krankenhaus → Brückentor EB: 1850 → Dietkircher Pforte LQ: MAIBACH, Ansichten Nr. 1; STILLE, Limburg → Diezer Tor S. 157 → Grabenpforte → Hammertor Stiftskirche → Hanenpforte → St. Georg → Holzheimer Pforte → Kornpforte Stiftsschule → Kreucher Pforte AB: Bergerschule → Lahnpforte L: zwischen St. Michaelskapelle und dem nördlichen → Lahntor Eingang der Stiftskirche St. Georg, im → Löhrpforte Refektorium untergebracht → Plötzer Tor F: Lateinschule → Pforte EW: 1272 (Scholaster), 1332 (Schulgebäude) → Sandpforte A: 1836 → Schwarzer Turm LQ: STRUCK, Klöster 1 S. LIV; Nrn. 41a, 201; STILLE, → Tränkpforte Limburg S. 120, 154; METZEN, Geschichte S. 226, 229, 239-240 Totenkapelle → Refektorium → St. Michael

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Tränkpforte F: Kloster, Hospital, Hospitalschule L: bei der alten hölzernen Lahnbrücke EB: um 1312 (untere Lahninsel), 1317 Verlegung in die F: Zugang zur Holzbrücke des 12.-14. Jhs., Durch- Diezer Vorstadt lass für Pferde und Wagen A: 1568 EW: 1417 LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 1458; SCHIRMACHER, LQ: STRUCK, Klöster 1 Nr. 1441; WYSS, Limburger Limburg S. 215-216; DEHIO, Hessen S. 557; Chronik S. 91; SCHIRMACHER, Limburg S. 53, 63 KRUPP, Kirchen S. 105 → Mädchenschule Türme → St. Anna → Endreßturm → Hammerturm Ziegelhütte → „Huedtsmehe“ L: östlich des äußeren Hammertores → Huttig EW: um 1850 → Katzenturm LQ: HHStAW W 212 Nr. 2267 I, Situationsplan um → Löhrturm 1850 der Domanialwiesen im Kassel → Neuer Turm → Roter Turm Zollhaus → Schwarzer Turm L: äußerer Brückenturm → Sündenturm F: Brückenzollerhebung EB: 1497 Untermühle LQ: METZEN, Geschichte S. 54 → Niedermühle

Vikarie → Alte Vikarie → Neue Vikarie

Walderdorffer Hof AB: Der Hof (?) L: an der Fahrgasse F: Adelssitz der Familie von Walderdorff, repräsentatives Stadtpalais EW: 1346 (Der Hof), um 1600 (Walderdorffer Hof) U: 1665-1681 LQ: ASSMANN, Limburg S. 52-54; STILLE, Limburg S. 118; SCHIRMACHER, Limburg S. 115 mit Anm. 100; DEHIO, Hessen S. 559; zuletzt WOLF, Walderdorff S. 99

Walkmühle 1) L: bei der Obermühle (genaue Lage unbekannt) F: Walkmühle EW: 1722 LQ: HHStAW W 232 Nrn. 37, 111 2) AB: seit 1814 Burckhardtsche Mühle L: am äußeren Brückentor F: Walkmühle, seit 1819 Gipsmühle LQ: HHStAW W 232 Nrn. 37, 111 → Gipsmühle

Wehre 1) L: an der Obermühle die Lahn überquerend F: Stauen der Lahn für den Mühlenbetrieb EB: um 1200 LQ: SCHIRMACHER, Limburg, Plan 6 2) L: an der Niedermühle die Lahn überquerend F: Stauen der Lahn für den Mühlenbetrieb EB: um 1200 LQ: SCHIRMACHER, Limburg, Plan 6

Wilhelmitenkloster AB: Windsbach, Brüderschaft des hl. Jakob L: untere Lahninsel (um 1312-1317) vor dem inneren Diezer Tor (ab 1317), über eine Holzbrücke mit dem rechten Lahnufer verbunden

62 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

VI. Literatur Müllers Grosses Ortsbuch, bearb. von Joachim MÜLLER, 13. Aufl. 1961; 15. Aufl. 1965; 19. Aufl. 1977; 23. Aufl. 1988/89. 1. Quellen ROSSEL, Karl: Urkundenbuch der Abtei Eberbach im Rhein- gau 2, 1870. Amtliches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik SALFELD, Siegmund (Hrsg.): Das Martyrologium des Nürnber- Deutschland, hrsg. vom Statistischen Bundesamt Wies- ger Memorbuches (Quellen zur Geschichte der Juden in baden, 1971. Deutschland 3), 1898. Ausgewählte Strukturdaten über Arbeitsstätten und Beschäf- SCOTTI, J. J.: Sammlung der Gesetze und Verordnungen, tigte in den hess. Gemeinden und Gemeindeteilen am 25. welche in dem vormaligen Churfürstenthum Trier über Mai 1987. Ergebnisse der Arbeitsstättenzählung 1987. 2: Gegenstände der Landeshoheit, Verfassung, Verwaltung Regierungsbezirk Gießen. Statistische Berichte, hrsg. vom und Rechtspflege ergangen sind, 3 Teile, 1832. Hess. Statistischen Landesamt, 1990. 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63 Hessischer Städteatlas – Limburg an der Lahn

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