Landtag von -Württemberg Drucksache 15 / 4734 15. Wahlperiode 07. 02. 2014

Antrag der Abg. Georg Wacker u. a. CDU und

Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport

Das „Kronauer Modell“ – bekommt das erfolgreiche Inklusionskonzept eine Zukunft?

Antrag

Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten,

1. wie sie unter organisatorischen, pädagogischen und didaktischen Gesichts- punkten die Arbeit und das Konzept des „Kronauer Modells“ – insbesondere unter dem Aspekt der Inklusion – bewertet;

2. welche Eindrücke Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei seinem Besuch in am 12. Juli 2013 von der Kooperation zwischen der Werkrealschule und der Körperbehindertenschule Karlsbad sammelte und wie er das „Kronauer Modell“ vor Ort bewertet und beurteilt hat;

3. inwiefern Ministerpräsident Winfried Kretschmann es als sinnvoll erachtet, im Rahmen des „Kronauer Modells“ die Werkrealschule als wichtigen Stützpfeiler des Kooperationsmodells zum Ziel einer erfolgreichen Inklusionsarbeit zu er- halten (mit Angabe, ob er gegenüber seinen Gesprächspartnern diese Zusage machte);

4. ob das Kultusministerium einen Fortbestand des Kooperationsmodells in Kro- nau für die kommenden Jahre garantieren kann;

5. ob aus ihrer Sicht eine erfolgreiche Inklusionsarbeit vor Ort und in der Region gewährleistet werden kann, wenn sie im Rahmen ihrer Schulentwicklungspla- nung der Werkrealschule Kronau den Fortbestand verweigert;

6. welche Auswirkungen eine Auflösung des Kooperationsmodells durch einen Wegfall der Werkrealschule auf die Inklusionsarbeit vor Ort hätte (mit Angabe, ob und ggf. wie auf die Werkrealschule – hinsichtlich einer erfolgreichen In- klusionsarbeit vor Ort – verzichtet werden kann);

Eingegangen: 07. 02. 2014 / Ausgegeben: 11. 03. 2014 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeich- abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente net mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4734

7. welche Alternativen für einen Fortbestand einer erfolgreichen Inklusionsarbeit, ohne Kooperation mit einer Werkrealschule, für das „Kronauer Modell“ be- stünden;

8. wie sie spezielle Einzelfälle, die sich vergleichbar mit dem „Kronauer Modell“ vor Ort erfolgreich entwickelt und etabliert haben, in ihrer regionalen Schul- entwicklungsplanung berücksichtigt (mit Angabe, ob dafür Ausnahmerege- lungen o. ä. geschaffen werden können);

9. ob sich die Gemeinde Kronau und der Landkreis auf die beim Besuch an- gekündigte Unterstützung des Ministerpräsidenten zum Erhalt des Inklusions- Kooperationsmodells, bestehend aus Werkrealschule und Körperbehinderten- schule Karlsbad, verlassen können;

10. bis wann sie eine verbindliche Zusage zum Fortbestand der Werkrealschule in Kronau und somit zum Fortbestand des erfolgreichen „Kronauer Modells“ ge- ben kann.

04. 02. 2014

Wacker, Rech, Schebesta, Dr. Stolz, Traub, Wald, Röhm CDU

Begründung

Das sogenannte „Kronauer Modell“ hat sich als wegweisendes, erfolgreiches und über die Region hinaus angesehenes Konzept einer gelingenden Inklusion ent- wickelt und etabliert. Durch die Kooperation und das enge Zusammenwirken der Werkrealschule Kronau und der Körperbehindertenschule Karlsbad kann für die gesamte Region vor Ort beste Inklusionsarbeit geleistet werden. Eine Weiterführung dieses bewährten und erfolgreichen Inklusionskonzepts ist derzeit allerdings stark gefährdet, da seit dem von der grün-roten Landesregierung beschlossenen Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung die Schülerzahl an der Werkrealschule Kronau zurückgeht. Aus diesem Grund wurde auch das Vorhaben der Gemeinde, dort notfalls eine Gemeinschaftsschule einzurichten, um das Kooperationsmodell aufrechtzuerhalten, abgelehnt. Das „Kronauer Modell“ sowie der Fortbestand der lokalen Werkrealschule ist demnach alles andere als gesichert. Die Unsicherheit und Ungewissheit der Beteiligten vor Ort wird da- durch verstärkt, dass das Kultusministerium bislang noch keine verbindlichen An- gaben und Informationen an die Gemeinde und Schule herausgegeben hat, wie das „Kronauer Modell“ in der von der grün-roten Landesregierung geplanten re- gionalen Schulentwicklung berücksichtigt werden soll. Bei der Betrachtung der Situation in Kronau liegt für die Antragssteller der Verdacht nahe, dass die grün- rote Landesregierung eine Berücksichtigung von erfolgreichen und etablierten Strukturen in ihrer regionalen Schulentwicklung nicht vorsieht. Eine sinnvolle, durchdachte und zum Wohle der Beteiligten und der Region vor Ort entwickelte regionale Schulentwicklung findet auch hier nicht statt. Umso bemerkenswerter sind in dem Zusammenhang die Aussagen von Minister- präsident Winfried Kretschmann, der sich bei einem Besuch in Kronau am 12. Juli 2013 ein Bild von der dortigen Inklusionsarbeit gemacht und sich laut Presse - berichten lobend für einen Erhalt der Werkrealschule als wichtigen Stützpfeiler des inklusiven Kooperationsmodells ausgesprochen hat. Der Kultusminister ver- weigert allerdings eine klare Aussage zum Fortbestand des Kooperationsmodells im Zuge der grün-roten regionalen Schulentwicklung. Es ist somit von Interesse, weshalb auf die positiven Äußerungen des Ministerpräsidenten zurückhaltende Äußerungen des Kultusministeriums zum Fortbestand eines Erfolgsmodells der Inklusion folgen.

2 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4734

Mit diesem Antrag soll die Situation des „Kronauer Modells“ abgefragt und die Landesregierung um Auskunft gebeten werden, ob sie einen Fortbestand des Ko- operationsmodells aus der Werkrealschule Kronau und der Körperbehinderten- schule Karlsbad im Sinne einer erfolgreichen Inklusionsarbeit gewährleisten kann.

Stellungnahme

Mit Schreiben vom 3. März 2014 Nr. 34-S17-.KARLSBAD,/GUTTM/6/4 nimmt das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport in Abstimmung mit dem Staats - ministerium zu dem Antrag wie folgt Stellung:

Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten,

1. wie sie unter organisatorischen, pädagogischen und didaktischen Gesichts- punkten die Arbeit und das Konzept des „Kronauer Modells“ – insbesondere unter dem Aspekt der Inklusion – bewertet;

Die Außenstelle der Schule für Körperbehinderte Karlsbad-Langensteinbach hat sich als dezentraler Schulstandort für junge Menschen mit einer Körperbehinde- rung im nördlichen Teil des Landkreises etabliert und ist anerkannt. In der Zusammenarbeit mit der Erich-Kästner Schule Kronau haben sich alle Betei- ligten in den letzten Jahren in hohem Maße bemüht, qualitativ hochwertige inklu- sive Bildungsangebote zu realisieren. Dieser Arbeit kann ein hoher Reifegrad be- stätigt werden.

2. welche Eindrücke Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei seinem Besuch in Kronau am 12. Juli 2013 von der Kooperation zwischen der Werkrealschule und der Körperbehindertenschule Karlsbad sammelte und wie er das „Kronauer Modell“ vor Ort bewertet und beurteilt hat;

3. inwiefern Ministerpräsident Winfried Kretschmann es als sinnvoll erachtet, im Rahmen des „Kronauer Modells“ die Werkrealschule als wichtigen Stützpfeiler des Kooperationsmodells zum Ziel einer erfolgreichen Inklusionsarbeit zu er- halten (mit Angabe, ob er gegenüber seinen Gesprächspartnern diese Zusage machte);

Bei seinem Besuch in Kronau hat Herr Ministerpräsident Winfried Kretschmann den Weiterbestand des Kronauer Modells nicht zugesagt. Vielmehr wies er auf das Verfahren der regionalen Schulentwicklung hin.

4. ob das Kultusministerium einen Fortbestand des Kooperationsmodells in Kro- nau für die kommenden Jahre garantieren kann;

5. ob aus ihrer Sicht eine erfolgreiche Inklusionsarbeit vor Ort und in der Region gewährleistet werden kann, wenn sie im Rahmen ihrer Schulentwicklungspla- nung der Werkrealschule Kronau den Fortbestand verweigert;

Derzeit besuchen 80 Schülerinnen und Schüler die Klassenstufen 5 bis 10 der Werkrealschule der Erich-Kästner-Schule. Die Klassenstufen 5 und 6 sowie die Klassenstufen 7 und 8 werden bereits jetzt jahrgangsübergreifend unterrichtet. Insgesamt zehn Schülerinnen und Schüler der Ludwig-Guttmann-Schule (Schule für Körperbehinderte) werden in verschiedenen Klassenstufen zielgleich an der Erich-Kästner-Schule unterrichtet.

3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4734

Ob ein Schulstandort erfolgreich fortgeführt werden kann, hängt nicht zuletzt vom Schulwahlverhalten der Eltern ab. Es obliegt daher nicht dem Kultusministe- rium, eine Garantie für den Fortbestand – beispielsweise einer Werkrealschule – zu geben. Die regionale Schulentwicklung wird folglich sowohl den demogra- fisch bedingten Rückgang der Schülerzahlen als auch das veränderte Wahlverhal- ten der Eltern bei der Auswahl der weiterführenden Schule in den Blick nehmen. Das Gelingen der regionalen Schulentwicklung beruht darauf, dass Kommunen und Schulverwaltung vertrauensvoll zusammenarbeiten. An diesem Prozess wer- den innerhalb einer Raumschaft alle öffentlichen und privaten Schulträger, deren Schulen betroffen sind, beteiligt. Damit wird sichergestellt, dass auch die Interes- sen der Schulträger, Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern ausreichend berücksichtigt werden und ein Konsens in der Sache erzielt wird.

6. welche Auswirkungen eine Auflösung des Kooperationsmodells durch einen Wegfall der Werkrealschule auf die Inklusionsarbeit vor Ort hätte (mit Angabe, ob und ggf. wie auf die Werkrealschule – hinsichtlich einer erfolgreichen In- klusionsarbeit vor Ort – verzichtet werden kann);

7. welche Alternativen für einen Fortbestand einer erfolgreichen Inklusionsarbeit, ohne Kooperation mit einer Werkrealschule, für das „Kronauer Modell“ be- stünden;

Eine Fortführung des Kooperationsmodells in der Sekundarstufe I wäre aus Sicht aller Beteiligten wünschenswert. Dies hängt aber von den zukünftigen Schüler- zahlen und dem Wahlverhalten der Eltern ab. Die Schulverwaltung und die Betei- ligten vor Ort bemühen sich darum, vor dem Hintergrund der Regionalen Schul- entwicklung eine tragfähige Lösung zu erreichen.

8. wie sie spezielle Einzelfälle, die sich vergleichbar mit dem „Kronauer Modell“ vor Ort erfolgreich entwickelt und etabliert haben, in ihrer regionalen Schul- entwicklungsplanung berücksichtigt (mit Angabe, ob dafür Ausnahmeregelun- gen o. ä. geschaffen werden können);

Einzelfälle müssen im Kontext der gegebenen Raumschaftsverhältnisse jeweils für sich betrachtet und bewertet werden. Vorgehensweisen sind deshalb vor dem Hintergrund der Vorgaben der Regionalen Schulentwicklung und der Ausgangs- situation vor Ort immer wieder neu zu prüfen.

9. ob sich die Gemeinde Kronau und der Landkreis auf die beim Besuch angekün- digte Unterstützung des Ministerpräsidenten zum Erhalt des Inklusions-Koope- rationsmodells, bestehend aus Werkrealschule und Körperbehindertenschule Karlsbad, verlassen können;

Auf die Antworten zu den Ziffern 2 und 3 wird verwiesen.

10. bis wann sie eine verbindliche Zusage zum Fortbestand der Werkrealschule in Kronau und somit zum Fortbestand des erfolgreichen „Kronauer Modells“ geben kann.

Eine verbindliche Zusage zum Fortbestand der Werkrealschule in Kronau kann nicht gegeben werden. Ob eine Weiterführung des „Kronauer Modells“ möglich ist, hängt davon ab, ob zukünftig genügend Schülerinnen und Schüler an der Erich-Kästner-Schule angemeldet werden.

In Vertretung

Dr. Schmidt Ministerialdirektor

4