Strom für die Rhön Überlandwerk Rhön 1920–2020

Kalender 2020 Überlandwerk Rhön GmbH, ISBN 978-3-00-064542-6 Landrat Thomas Habermann, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung (li.), und Helmut Grosser, Geschäftsführer der Über- landwerk Rhön GmbH. ÜWR Archiv/Samuel Becker 100 Jahre Überlandwerk Rhön

Liebe Leserin, lieber Leser, elektrischer Strom ist eine Energieform, die komfortable Die Überlandwerk Rhön GmbH überwand auch diese Schwie- Lösungen für alltägliche Bedürfnisse ermöglicht. Als zu Beginn rigkeiten. Mit dem weiteren Ausbau des Stromnetzes im des 20. Jahrhunderts in unseren Breiten flächendeckend eine verbliebenen Versorgungsgebiet schaffte sie wesentliche elektrische Versorgung aufgebaut wurde, blieb die Rhön Voraussetzungen für die Ansiedlung und Erweiterung von Be- zunächst unberücksichtigt. Zu gering erschienen die Erfolgs- trieben und damit für die nachhaltige Entwicklung der Region. aussichten für ein wirtschaftlich so riskantes Unterfangen. Weitblickende Akteure in den Kommunen erkannten aber die Nach der deutschen Wiedervereinigung bot sich die einmalige Chancen, die sich der Region und damit den dort lebenden Chance, die Geschäftsbeziehungen zu den thüringischen Ge- Menschen durch die neue Technologie bieten würden. sellschaftergemeinden wieder aufzunehmen und damit deren Stromversorgung wieder zu übernehmen. Mit Hilfe der Politik Am 29. März 1920 gründeten 47 Gemeinden aus allen Teilen und dem Willen aller Gesellschafter, diese Chance zu nutzen, der Rhön die Überlandwerk Rhön GmbH, um ihre Stromver- meisterte unser Unternehmen auch diese Aufgabe. Es wuchs sorgung in eigener Regie zu organisieren. Bis zum Jahresende wieder zusammen, was von jeher zusammen gehörte. war die Zahl der Gesellschaftergemeinden bereits auf 86 angewachsen. Der Ausbau des eigenen Stromnetzes, der Die Liberalisierung des Strommarktes, der Beginn der Ener- zunächst alle Entschlossenheit erforderte, stellte außerordent- giewende mit der Einbindung erneuerbarer Energien aus liche Anforderungen an alle Beteiligten. Die Finanzierung trotz einer Vielzahl dezentraler Quellen in die Versorgungsnetze fortschreitender Geldentwertung während der 20er Jahre oder und die dadurch angestoßene grundlegende Neuordnung der das unwirtliche Wetter der Rhön seien hier nur beispielhaft für Energiemärkte stellten die Überlandwerk Rhön GmbH in den die Hindernisse genannt, die es zu überwinden galt. vergangenen beiden Jahrzehnten erneut vor große Herausfor- derungen. Zur Bewältigung der technischen Aufgaben in den Anfangsjah- ren holte sich die neu gegründete Gesellschaft Unterstützung Die lange Tradition des Unternehmens, zu der ein vertrauens- von der Thüringer-Elektricitäts-Lieferungsgesellschaft AG, volles Zusammenwirken von Gesellschaftern, Aufsichtsrat, Gotha. Und auch der Stromabsatz stellte sich nicht von selbst Geschäftsführung, Betriebsrat, Beschäftigten und Kunden ein. Private, landwirtschaftliche und gewerbliche Kunden gehört, erwies sich als tragfähiges Fundament. Noch heute waren vom Nutzen der neuen Technologie anfangs noch zu ist die Überlandwerk Rhön GmbH ein zu 100% kommunales überzeugen. Es gelang, die hoch gesteckten Ziele Schritt für Unternehmen, das rund 90.000 Menschen sowie rund 2.000 Schritt zu erreichen. Betriebe in der Bayerischen, Hessischen und Thüringischen Rhön sicher, preisgünstig, verbraucherfreundlich, effizient und Zur größten Herausforderung in der Geschichte des Unterneh- umweltverträglich mit elektrischer Energie versorgt. mens wurde die Teilung Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg. Das in Thüringen gelegene Kraftwerk Breitungen durfte ab Es ist der Gesellschaft eine Freude, auf ein Jahrhundert erfolg- Mai 1952 keine Energie mehr liefern, was die Versorgung im reichen Wirkens der Überlandwerk Rhön GmbH zurückblicken bayerischen und hessischen Versorgungsgebiet kurzzeitig stark zu können. Gemeinsam stellen wir uns den Herausforderungen beeinträchtigte. Der Zugriff auf die Netzanlagen im thüringi- der nächsten 100 Jahre! schen Teil war ab diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich und damit die 42 thüringischen Gesellschaftergemeinden von der Versorgung durch das Unternehmen abgeschnitten. Strom für die Rhön?

„Es ist zu befürchten, dass die Rhönbevölkerung oben: diese Anlage nicht nutzen und sie noch auf Jahre Landschaft bei Batten in der hessischen Rhön, Aufnahme um 1960. Die Weite der Landschaft hinaus brach liegen lassen würde. Denn mit der und die zerstreute Lage der Siedlungen waren Stromzufuhr allein ist es nicht geschehen, da die große Herausforderungen auf dem Weg zu einer Bewohner der Gegend bei dem gegenwärtigen Stromversorgung in der Rhön. Stande der wirtschaftlichen Entwicklung des ÜWR Archiv Kreises kaum in der Lage sind, den Strom abzu- unten: nehmen. Hierzu befindet sich die Landwirtschaft Emilie Braungart in ihrer Küche in Langenleiten, sowie die Industrie auf einer zu niedrigen Stufe. Aufnahme von 1933. Für diese und viele andere … Es fehlt zur Zeit an den Vorbedingungen, ohne Familien in der Rhön blieb ein Elektroherd noch die auch der beste Aufbau eines Stromverteilungs- lange Zeit unerschwinglich. Aufnahme von Erika Groth-Schmachtenberger, Archiv Holzheimer, netzes wertlos ist.“ Langenleiten

So lautete die Antwort des preußischen Ministers für Handel und Gewerbe, als der (damals preußische) Kreis Gersfeld im Jahr 1923 um Unterstützung beim Aufbau eines Leitungs- netzes für elektrischen Strom bat.

Mit dieser Einschätzung war der Minister nicht allein. Als die neue Energieform Elektrizität vor gut 100 Jahren aller- orten im Deutschen Reich eingeführt wurde, fand sich kein Unternehmen, das in der weiträumigen, dünn besiedelten Rhön eine Stromversorgung einrichten wollte. Die großen Energieversorger in Bayern, Thüringen und Preußen ließen den Netzausbau vor der Rhön enden. Nur in einigen Gemeinden und Kleinstädten fanden sich mutige Unternehmer, die eine Orts-Stromversorgung aufbauten. Die verstreuten kleinen Siedlungen im Land waren davon unberührt.

Januar 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 MI Do FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI Do FR SA SO Mo DI MI Do FR SA SO Mo DI MI Do FR 1920–1929

Am 29. März 1920 schlossen 47 Gemeinden der Rhön einen oben: Vertrag zur Gründung der Überlandwerk Rhön GmbH mit Sitz Vermessungsarbeiten beim Bau der Mittelspan- nungsleitung Empfertshausen-Kaltenwestheim in . Zweck der Gesellschaft war Aufbau und Betrieb in den 1920er Jahren. Planung und Bau der einer Stromversorgung. Rasch traten weitere Gemeinden ersten Stromleitungen waren Pionierarbeit. bei. Zum Jahresende 1920 hatte das Überlandwerk Rhön 86 ÜWR Archiv Gesellschaftergemeinden. Bis 1929 stieg die Zahl auf 115. Die Gemeinden finanzierten die neue Gesellschaft durch Einlagen mitte: Monteure der Überlandwerk Rhön GmbH in den von Stammkapital. 1920er Jahren. ÜWR Archiv Im ersten Geschäftsjahr der Überlandwerk Rhön GmbH wurden die Trassen für die Stromleitungen vermessen und unten: Jauchepumpe mit elektrischem Antrieb bei Fritz vorbereitet. Dazu waren vielerorts langwierige Verhandlungen Knauer, Mellrichstadt, um 1930. Im Jahr 1929 mit den Eigentümern der Grundstücke nötig. Ab 1921 folgte gab es im Versorgungsgebiet der Überlandwerk der Bau von Hochspannungsleitungen und Ortsnetzen. Als Rhön GmbH 2.672 Elektromotoren mit einem erste Gemeinde wurde ab dem 23. Juli 1921 Empfertshausen Anschlusswert von insgesamt 6.706 kW. ÜWR Archiv mit Strom versorgt.

Das Überlandwerk Rhön bezog seinen Strom zunächst von der Gewerkschaft Wintershall, ab 1925 vom Kraftwerk Breitungen der Thüringer-Elektricitäts-Lieferungsgesellschaft AG, Gotha (ThELG). Eine zweite Zuleitung brachte Strom der Kreis-Elektri- zitätsversorgung Unterfranken AG ins Netz des Überlandwerks Rhön. Den technischen Betrieb ließ das Überlandwerk Rhön ab 1923 von der ThELG führen.

Zur Förderung des Stromabsatzes bot das Überlandwerk Rhön auch Installationstätigkeiten an und verkaufte elektrische Geräte. 1928 bezog das Unternehmen ein eigenes Verwal- tungsgebäude in der Hauptstraße 7 in Mellrichstadt.

Februar 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA 1930–1939

Schwerpunkte der Tätigkeit der Überlandwerk Rhön GmbH oben: waren die Förderung des Stromabsatzes bei privaten und Mobile Werbung für Elektroherde auf dem Marktplatz von Mellrichstadt, Aufnahme von gewerblichen Abnehmern sowie der Netzausbau. Beispiele 1938. Die aufwendigen Kampagnen für den für den ständigen Ausbau des Stromnetzes sind der Bau der Kauf von Elektroherden zeigten nur schwache 20 kV Leitung von Empfertshausen nach Tann im Jahr 1932 Wirkung. 1938 gab es im Versorgungsgebiet oder jener von Meiningen über Eußenhausen nach Bad Neu- des Überlandwerks Rhön 460 Elektroherde, das stadt im Jahr 1938. Im Jahr 1931 übernahm das Überlandwerk entsprach 3,7% der privaten Hausanschlüsse. ÜWR Archiv Rhön das Elektrizitätswerk in und eröffnete vor Ort eine Bezirksstelle. 1936 folgte die Einrichtung einer Bezirks- mitte: stelle in Geisa. Dreschen um 1935. Die Dreschmaschine steht in der Scheune. Für den Antrieb sorgt ein elektri- scher Motorwagen, für die Kraftübertragung Es gelang dem Überlandwerk Rhön, einige Industriekunden ein Lederriemen. Motorwagen gehörten der zu gewinnen, beispielsweise das Basaltwerk Bischofsheim. In Gemeinde oder der Dreschgemeinschaft und der Landwirtschaft waren große mobile Elektromotoren zum wurden reihum eingesetzt. Antrieb von Dreschmaschinen die wichtigsten Verbraucher. ÜWR Archiv Die Gesellschaftergemeinden wurden aufgefordert, das unten: elektrische Dreschen durch den Kauf solcher Motorwagen Belegschaft des Überlandwerks am 1. Mai 1936. zu fördern. Zu Beginn der 1930er Jahre besaß erst knapp die Dem Zeitgeist entsprechend präsentiert sich die Hälfte dieser Gemeinden einen elektrischen Motorwagen. Geschäftsleitung uniformiert. Die meisten privaten Abnehmer konnten sich neben dem ÜWR Archiv Lichtstrom bestenfalls Kleingeräte wie einen Tauchsieder oder ein Bügeleisen leisten.

März 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 so Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI 1940–1949

Im Jahr 1941 wurde der seit 1923 geltende Betriebsvertrag oben: der Überlandwerk Rhön GmbH mit der Thüringer-Elektricitäts- Ein schlichter Stacheldraht markierte Ende der 1940er Jahre die “Zonengrenze”, hier bei An- Lieferungsgesellschaft (ThELG) in beiderseitigem Einverneh- denhausen. Die Stromleitung war noch intakt. men aufgehoben. Die Betriebsführung lag nun beim Überland- ÜWR Archiv werk selbst. mitte: Nur einige Beschäftigte des Überlandwerks wurden zum Das neue Werkstattgebäude des Überlandwerks in Mellrichstadt wurde 1949 fertiggestellt. Es Kriegsdienst eingezogen. Die anderen galten als „unab- war Teil eines umfangreichen Bauprogramms, kömmlich“, da die Stromversorgung der Industriebetriebe im das unter Direktor Heinz Zickel verwirklicht Versorgungsgebiet aufrecht erhalten werden sollte. wurde. Dazu gehörten auch Siedlungshäuser für Die Betriebsanlagen des Überlandwerks Rhön überstanden Beschäftigte. ÜWR Archiv den Krieg ohne nennenswerte Schäden. Nach Kriegsende verlief jedoch die Grenze zwischen der amerikanischen und unten: der sowjetischen Besatzungszone mitten durch das Versor- Netzausbau im Jahr 1949. Die Aufnahme gungsgebiet des Überlandwerks Rhön. Das Kraftwerk Brei- zeigt einen Mast der 20 kV Leitung Stock- heim-Ostheim vor dem Aufstellen. Im Bild (v.l.) tungen und 42 thüringische Gesellschaftergemeinden lagen Kaspar Bauer, Max Melzig und Franz Balling. in der sowjetischen Zone. Zunächst wurde der Betrieb über ÜWR Archiv die Zonengrenze hinweg in gewohnter Weise fortgeführt. Das Überlandwerk Rhön plante aber vorsorglich Mittelspannungs- leitungen zur Überlandwerk Fulda AG und zur Überlandwerk Unterfranken AG, und schloss Verträge für Stromlieferungen in Aushilfsfällen.

Ab 1948 gab es im Versorgungsgebiet des Überlandwerks Rhön zwei unterschiedliche Währungen. Ab 1949 gehörte das Gebiet zwei unterschiedlichen deutschen Staaten an. Die „Zonengrenze“ behinderte mehr und mehr die Arbeit.

April 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO 1950–1959

Anfang der 1950er Jahre begann die Regierung der DDR – oben: als Antwort auf die Überlegungen zur Gründung der Bundes- Transport eines Strommastes für den Bau der 30 kV Leitung von Bad Kissingen nach Bad wehr in der BRD – mit der Schließung der Zonengrenze. Im Neustadt im Jahr 1952. Diese Leitung schaffte Mai 1952 wurden Stromlieferungen über die Grenze unter- eine leistungsfähige Verbindung zwischen den sagt. Dies war ein tiefgreifender Einschnitt für die Überland- Netzen der Überlandwerk Rhön GmbH und werk Rhön GmbH. Der Fortbestand des Unternehmens war der Überlandwerk Unterfranken AG. ernsthaft bedroht. Gesellschafter, Mitarbeiter und Geschäfts- ÜWR Archiv führung sowie die Kunden des Überlandwerks Rhön handelten mitte: solidarisch und konnten die Krise meistern. Auch die Verwaltung des Überlandwerks Rhön nutzte stets die beste verfügbare Technik. Hier Die Stromlieferung vom thüringischen Kraftwerk Breitungen arbeitet Franz Mühlfeld im Jahr 1959 an der neuen IBM Lochkartenanlage. zum Überlandwerk Rhön war am 31. Mai 1952 eingestellt ÜWR Archiv worden. Eine einfache Stromversorgung für die Kunden in Bayern und Hessen konnte über vorbereitete Notstromleitun- gen binnen Minuten hergestellt werden. Verträge der Über- landwerk Rhön GmbH mit der Überlandwerk Fulda AG und der Überlandwerk Unterfranken AG sicherten auch langfristig den Strombezug. Innerhalb weniger Wochen errichtete das Überlandwerk Rhön leistungsfähige Zuleitungen aus Hessen und Bayern sowie ein neues Umspannwerk in Brendlorenzen.

Die Versorgung der thüringischen Gesellschaftergemeinden war unmöglich geworden. Rechte und Pflichten dieser Gemeinden wurden in der Überlandwerk Rhön GmbH nun stellvertretend von der Deutschen Ausgleichsbank, Bonn, wahrgenommen.

Werbeaufdruck auf der Rückseite einer ÜWR Stromrechnung aus dem Jahr 1955. ÜWR Archiv

Mai 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO 1960–1969

Starke Nachfrage nach Elektrogeräten für die privaten Haus- oben: halte und rasant steigender Stromabsatz prägten das Geschäft Elektrofachgeschäft der Überlandwerk Rhön GmbH in Mellrichstadt, Aufnahme um 1965. der Überlandwerk Rhön GmbH. In dörflichen Gemeinschafts- Die Beraterin ist Frau Kreß. anlagen zum Gefrieren oder Backen und in Lehrküchen ÜWR Archiv lernten Hausfrauen aller Generationen den Umgang mit den elektrischen Geräten kennen. Ein ganz neues Produkt waren mitte: Nachtspeicheröfen. 1968 waren im Versorgungsgebiet des Lehrküche der Kreisberufsschule in Hilders, Aufnahme um 1960. Überlandwerks Rhön rund 850 solcher Heizgeräte in Betrieb. ÜWR Archiv

In Ostheim (1962) und Hilders (1963) errichtete das Über- unten: landwerk Rhön neue Bezirksstellen. Die Umspannwerke in Elektrischer Brennofen der Glaswarenfabrik Hecht in Sondheim v.d.Rhön, Aufnahme um Brendlorenzen und Sieblos – Einspeisepunkte für Strombezug 1965. aus Bayern und Hessen – wurden in den Jahren 1964/65 ÜWR Archiv leistungsfähig ausgebaut.

Um Personalmangel entgegen zu wirken, erhöhte das Über- landwerk Rhön die Zahl der Lehrlinge. Mitte der 1960er Jahre befanden sich 40 von 217 Beschäftigten in Ausbildung. Das Bedauern über die unterbrochenen Geschäftsbeziehungen nach Thüringen wurde vom Überlandwerk Rhön so oft wie möglich zum Ausdruck gebracht.

juni 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI 1970–1979

Die „Ölkrise“ im Jahr 1973 löste bei der Bevölkerung in West- oben: deutschland ein Umdenken aus. Man wurde sich erstmals der Schaltstation in Bischofsheim. Die Lage unmit- telbar neben der Hoesch Basalt Beton KG ist Endlichkeit der Energievorräte bewusst und versuchte, Strom kein Zufall – Industrie und Gewerbe waren stets zu sparen. Der Stromabsatz stieg trotzdem weiter, wenn auch eine wichtige Kundengruppe beim Überland- mit kleineren Zuwachsraten. werk Rhön. ÜWR Archiv Dem steigenden Bedarf begegnete die Überlandwerk Rhön mitte: GmbH mit fortgesetztem Ausbau des Leitungsnetzes. Das Auszubildende in der Lehrwerkstatt des Über- Mittelspannungsnetz im Versorgungsgebiet wuchs zwischen landwerks Rhön bei der Unterweisung am 1970 und 1979 von 447 km auf 547 km Leitungslänge. Die Testrahmen. Aufnahme von 1972. Von links: Ortsnetze wurden von 550 km auf 890 km erweitert. Die Wolfgang Bockleth, Erwin Emmert, Ausbildungs- meister Karl-Joachim Schuhmacher. wichtigsten Schaltstationen stellte das Überlandwerk Rhön ÜWR Archiv auf Fernbedienung um, was im Schadensfall ein sehr schnelles Eingreifen ermöglichte. unten: Das Überlandwerk lieferte und reparierte elek- trische Haushaltsgeräte. Mit seinen Fahrzeugen Die Gebietsreform in Bayern und in Hessen verkleinerte die war es im ganzen Versorgungsgebiet präsent. Zahl der Gesellschaftergemeinden des Überlandwerks Rhön Im Auto sitzt Gerhard Lotz, davor steht der aus diesen beiden Ländern von 94 auf 47. Die Beziehungen damalige Leiter der Abteilung Hausgerätekun- zu den 42 thüringischen Gesellschaftern ruhten weiterhin. dendienst Artur Wühler. ÜWR Archiv In Bad Neustadt (1971) und Tann (1972) bezogen die Bezirks- stellen des Überlandwerks Rhön neue Geschäftsräume. 1971 gründete die Überlandwerk Rhön GmbH zusammen mit Partnern die Bayerische Rhöngas GmbH. Sie errichtete und betreibt seitdem ein Verteilungsnetz für Erdgas im Landkreis Rhön-Grabfeld.

juli 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR 1980–1989

Als Reaktion auf den stark steigenden Stromabsatz baute die oben: Überlandwerk Rhön GmbH ihr Versorgungsnetz weiter aus. Zentrale Netzwarte der Überlandwerk Rhön GmbH im neuen Hauptverwaltungsgebäude in Die wirtschaftliche Stärkung der Rhön und die Verbesserung Mellrichstadt. In dem Gebäude fand neben der der Stromversorgung bedingten sich dabei wechselseitig. Warte und der Verwaltung des Unternehmens Zentrale Baumaßnahmen waren die Einrichtung einer dritten auch das neu geschaffene Kundenzentrum Einspeisestelle in Nordheim/Rhön sowie der Bau der neuen Platz. Die Aufnahme stammt aus dem Jahr Hauptverwaltung in Mellrichstadt. 1988, im Bild sind Manfred Kaiser (links) und Peter Martin. ÜWR Archiv Ein einschneidendes Ereignis war der plötzliche Tod von Geschäftsführer Hans Körner im Jahr 1983. Körner hatte mitte: das Unternehmen seit 1969 geführt und beispielsweise die Arbeiten auf dem Freileitungsmast mit Hänge- gerüst. Konrad Faulstich (li.) und Ulrich Lamm Gründung der Tochtergesellschaft Bayerische Rhöngas GmbH schließen hier bei Wegfurt die Freileitung an ein geplant und durchgeführt. Erdkabel an. Aufnahme um 1980. Ulrich Lamm/ÜWR Archiv Der spätere Geschäftsführer Hartwig Beckhaus hat im Jahre unten: 1983 die von Körner initiierte Integration der Energieversor- Elektro-Wärmepumpe eines privaten Wohn- gung Mellrichstadt (EVM) erfolgreich zum Abschluss gebracht. hauses in . Aufnahme um 1985. Ab 1984 belieferte die Überlandwerk Rhön GmbH die Bürge- Wärmepumpen ermöglichen die Nutzung von rinnen und Bürger sowie die Unternehmen in Mellrichstadt. Umgebungswärme (Erdreich, Grundwasser, Luft) für die Beheizung von Wohnhäusern. Für das Überlandwerk Rhön waren sie ein neues Feld des Stromabsatzes. ÜWR Archiv

August 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo 1990–1999

Der Fall der innerdeutschen Mauer im Jahr 1989 eröffnete oben: der Überlandwerk Rhön GmbH die einmalige Gelegenheit, ihr Anreise der GemeindevertreterInnen zur Gesellschafterversammlung im Juni 1990. Zum Thüringer Versorgungsgebiet zurückzugewinnen. Dabei waren ersten Mal seit 1952 konnten die Gesellschafter viele Widerstände zu überwinden. Nach zähen Verhandlungen aus Thüringen wieder an der Versammlung konnte das Überlandwerk Rhön zum 1. Oktober 1993 das Ver- teilnehmen. sorgungsnetz in Thüringen wieder übernehmen und ab dem ÜWR Archiv 1. Dezember 1993 seine Kunden mit Strom beliefern. mitte: Am 1. März 1992 wurde die neu gebaute Grundlage dieses Erfolgs war der Gesellschaftsvertrag von Bezirksstelle im thüringischen Neidhartshausen 1920. Der wichtigste Schritt nach der Grenzöffnung war die in Betrieb genommen. Die Aufnahme zeigt die Rückgewinnung des Vertrauens der thüringischen Gesellschaf- Belegschaft dieser Bezirksstelle im Dezember 1993. tergemeinden. Mit deren Unterstützung konnte das Über- ÜWR Archiv landwerk Rhön nachweisen, dass ihre Anlagen in Thüringen nie enteignet worden waren. Somit fiel die Neuordnung der unten: Stromversorgung dieser Gemeinden nicht in die Zuständigkeit Das Betriebsgebäude der Überlandwerk Rhön GmbH im Feldatal steht unmittelbar der Treuhandanstalt der DDR, sondern der Landesbehörden in an der B 285 bei Neidhartshausen. Thüringen. Mit Hilfe von Politik und Aufsichtsrat ließen sich ÜWR Archiv schließlich alle Hindernisse auf dem Weg zur „Wiedervereini- gung“ des Überlandwerks Rhön beseitigen.

Nach dem juristischen und politischen Erfolg wartete ein finanzieller und organisatorischer Kraftakt. Ein großer Teil der Anlagen des Überlandwerks Rhön in Thüringen musste erneuert werden. In den Jahren 1990 bis 1999 investierte das Überlandwerk Rhön für seine Thüringer Gesellschafter- gemeinden rund 45 Mio DM.

september 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI 2000–2009

Die „Liberalisierung“ des deutschen Strommarktes im Jahr oben: 1998 bedeutete das Ende geschützter Versorgungsgebiete für Photovoltaik zur Gewinnung von Sonnenstrom in Unterwaldbehrungen in der bayerischen die einzelnen Unternehmen. Dies führte zu einem radikalen Rhön. Aufnahme von 2003. Immer mehr Kunden Umbruch in der Energiebranche. Im Gegensatz zu vielen des Überlandwerks Rhön erzeugen Strom und Regionalversorgern konnte die Überlandwerk Rhön GmbH ihre benutzen das Stromnetz in beide Richtungen. kommunale Eigenständigkeit bewahren und den Großteil ihrer ÜWR Archiv Abnehmer halten. Die kundennahe Struktur des Unterneh- mitte: mens und die dadurch bedingte Verbundenheit der Menschen Zentrale Netzwarte der Überlandwerk Rhön mit ihrem Stromversorger erwiesen sich als große Stärke. GmbH. Aufnahme von 2006. Die stete Zunahme von Einspeisestellen stellt hohe Anforderungen Das „Erneuerbare-Energien-Gesetz“ (EEG) aus dem Jahr 2000 an die Netzleittechnik. Im Bild: Roland Kauschka. ÜWR Archiv verpflichtete die Energieversorger, dezentral erzeugten Strom ins Netz aufzunehmen und nach festen Sätzen zu vergüten. unten: Im Versorgungsgebiet des Überlandwerks Rhön entstanden da- Elektromechanische Drehstromzähler auf der raufhin zahlreiche Erzeugungsanlagen. Dies erforderte einen Prüfbank der Zählerprüfstelle. Sie sind vorberei- tet zur Eichung. weiteren Ausbau des Stromnetzes und der Netzleittechnik. ÜWR Archiv

Im Jahr 2008 trat die „Messzugangsverordnung“ in Kraft. Sie besagt, dass Kunden nicht nur den Strom, sondern auch den Zähler von einem Betreiber ihrer Wahl nehmen können. Auch hinsichtlich dieser Dienstleistung gelang es dem Über- landwerk Rhön, die meisten seiner Abnehmer vom eigenen Angebot zu überzeugen.

oktober 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 DO FR SA SO DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA 2010 - 2019

Die Überlandwerk Rhön GmbH beteiligte sich an regionalen oben: Projekten zur Gewinnung von Energie aus erneuerbaren Auszubildende der Überlandwerk Rhön GmbH im Jahr 2018. 21 junge Leute ließen sich Quellen. Dazu gehören Biogas- und Photovoltaikanlagen oder zum/zur ElektronikerIn für Betriebstechnik auch – gemeinsam mit der Bayerischen Rhöngas GmbH – ausbilden, sieben zur Industriekauffrau und Einrichtungen zur Wärmeerzeugung. Das Überlandwerk Rhön zum Industriekaufmann. Sie bildeten 16% der konnte dabei Erfahrungen gewinnen mit der Umsetzung der Belegschaft des Überlandwerks Rhön. Energiewende. ÜWR Archiv mitte: Im Hinblick auf die erwartete Zunahme dezentraler Einspeise- Schulklasse in der zentralen Netzwarte des punkte wurde das Stromnetz im gesamten Versorgungsgebiet Überlandwerks Rhön. Aufnahme von 2014. Die weiter ausgebaut und ertüchtigt. Eines der jüngsten Beispiele Arbeit mit Schülergruppen gehört zum Standard der Öffentlichkeitsarbeit des Überlandwerks hierfür ist der Neubau des Schalthauses in Dietges im Jahr Rhön. 2018. In dieses Schalthaus und seine Anbindung ans 20 kV ÜWR Archiv Netz wurden 1,6 Mio Euro investiert. unten: Erdschlusslöschspule im neuen Schalthaus in Die Öffentlichkeitsarbeit entwickelte sich zu einem gewich- Dietges. Aufnahme von 2018. tigen Aufgabengebiet des Überlandwerks Rhön. Präsenz in ÜWR Archiv der Region, Festigung des Vertrauens der Kunden und die Gewinnung junger Menschen als Auszubildende waren dabei zentrale Ziele.

Im Jahr 2018 entschieden sich alle 53 Gesellschafter des Überlandwerks Rhön, den Konzessionsvertrag mit ihrem Unternehmen um weitere 20 Jahre zu verlängern. Dieser Vertrauensbeweis schafft Planungssicherheit und ermöglicht langfristige Investitionen.

November 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo Gut gerüstet in die Zukunft

Das Überlandwerk Rhön erhielt von seinen Gesellschaftern den oben: Auftrag, auch in den kommenden Jahrzehnten für eine sichere Belegschaft der Überlandwerk Rhön GmbH im Jahr 2019. und effiziente Stromversorgung in der Bayerischen, Hessischen Samuel Becker/ÜWR Archiv und Thüringischen Rhön zu sorgen. Neben den traditionellen Aufgaben erfordert dies eine vorausschauende Anpassung des mitte: Stromnetzes an die Bedingungen der Energiewende. Biomethananlage in Unsleben, Aufnahme von 2011. Das Gas, das hier aus pflanzlichen Roh- stoffen entsteht, wird für die Erzeugung von Im Versorgungsgebiet des Überlandwerks Rhön gibt es 2020 elektrischem Strom und Wärme genutzt. fast 4.000 Einspeisepunkte. Dort werden hauptsächlich Strom Das Werk hat eine Jahresleistung von knapp aus Sonne, Biogas und Wind ins Netz geleitet. Für die Zukunft 20 Mio kWh. Das entspricht dem Strombedarf rüstet sich das Überlandwerk Rhön auf eine Zunahme der von mehr als 5.000 durchschnittlichen Haus- halten. Die Überlandwerk Rhön GmbH und ihre Einspeisepunkte. Eine weitere Herausforderung ist der Ausbau Tochtergesellschaft Bayerische Rhöngas GmbH des Netzes für den Betrieb von elektrischen Ladestationen für sind an der Anlage beteiligt. Kraftfahrzeuge. ÜWR Archiv

unten: Das wichtigste „Kapital“ des Überlandwerks Rhön sind seine Arbeiten am Stromnetz des Überlandwerks motivierten MitarbeiterInnen. Gute Ausbildung, fachliche Rhön im Jahr 2019. Sebastian Guiducci montiert Fortbildung und die Anpassung der Arbeitsbedingungen eine Muffe im 20 kV Netz. an persönliche Erfordernisse sind deshalb auch in Zukunft ÜWR Archiv Schwerpunkte der Personalpolitik des Unternehmens.

Dezember 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO FR SA SO Mo DI MI DO Versorgungsgebiet der Überlandwerk Rhön GmbH

Das Versorgungsgebiet der Überlandwerk Rhön GmbH umfasst

Buttlar 1.142 km² in der Bayerischen, Hessischen und Thüringischen Rhön. Im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes erfüllt das Weilar Unternehmen in diesem Gebiet die Aufgaben Netzbetreiber, Thüringen Oechsen Messstellenbetreiber, Stromhändler und Grundversorger. In diese Karte ist das 20 kV Netz eingezeichnet, mit dem der Strom über Land geleitet wird. Für dieses Netz – und auch für Geisa Dermbach die nachgeordneten Ortsnetze – trägt das Überlandwerk Rhön die Verantwortung. Gerstengrund Schleid Neidhartshausen

Empfertshausen

TANN Kaltennordheim

Hofbieber

Oberweid

Erbenhausen Hilders Hessen Rhönblick Frankenheim

Birx FLADUNGEN

Ehrenberg Hausen

Nordheim Sondheim B ayern Stockheim

OSTHEIM MELLRICHSTADT BISCHOFSHEIM

Oberstreu Bastheim

Unsleben Schönau

Hollstadt Wollbach

BAD NEUSTADT Impressum Wülfershausen

100 Jahre Strom für die Rhön Kalender 2020 Rödelmaier ISBN 978-3-00-064542-6 Salz Herausgeberin: Überlandwerk Rhön GmbH Idee und Manuskript: Anita Kuisle, Büro für Technikgeschichte, München Gestaltung: Werkstatt für Gestaltung, Augsburg Druck: Industrie-Druck Haas GmbH, Augsburg