Strom Für Die Rhön Überlandwerk Rhön 1920–2020
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
STROM FÜR DIE RHÖN Überlandwerk Rhön 1920–2020 Kalender 2020 Überlandwerk Rhön GmbH, Mellrichstadt ISBN 978-3-00-064542-6 Landrat Thomas Habermann, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung (li.), und Helmut Grosser, Geschäftsführer der Über- landwerk Rhön GmbH. ÜWR Archiv/Samuel Becker 100 JAHRE ÜBERLANDWERK RHÖN Liebe Leserin, lieber Leser, elektrischer Strom ist eine Energieform, die komfortable Die Überlandwerk Rhön GmbH überwand auch diese Schwie- Lösungen für alltägliche Bedürfnisse ermöglicht. Als zu Beginn rigkeiten. Mit dem weiteren Ausbau des Stromnetzes im des 20. Jahrhunderts in unseren Breiten flächendeckend eine verbliebenen Versorgungsgebiet schaffte sie wesentliche elektrische Versorgung aufgebaut wurde, blieb die Rhön Voraussetzungen für die Ansiedlung und Erweiterung von Be- zunächst unberücksichtigt. Zu gering erschienen die Erfolgs- trieben und damit für die nachhaltige Entwicklung der Region. aussichten für ein wirtschaftlich so riskantes Unterfangen. Weitblickende Akteure in den Kommunen erkannten aber die Nach der deutschen Wiedervereinigung bot sich die einmalige Chancen, die sich der Region und damit den dort lebenden Chance, die Geschäftsbeziehungen zu den thüringischen Ge- Menschen durch die neue Technologie bieten würden. sellschaftergemeinden wieder aufzunehmen und damit deren Stromversorgung wieder zu übernehmen. Mit Hilfe der Politik Am 29. März 1920 gründeten 47 Gemeinden aus allen Teilen und dem Willen aller Gesellschafter, diese Chance zu nutzen, der Rhön die Überlandwerk Rhön GmbH, um ihre Stromver- meisterte unser Unternehmen auch diese Aufgabe. Es wuchs sorgung in eigener Regie zu organisieren. Bis zum Jahresende wieder zusammen, was von jeher zusammen gehörte. war die Zahl der Gesellschaftergemeinden bereits auf 86 angewachsen. Der Ausbau des eigenen Stromnetzes, der Die Liberalisierung des Strommarktes, der Beginn der Ener- zunächst alle Entschlossenheit erforderte, stellte außerordent- giewende mit der Einbindung erneuerbarer Energien aus liche Anforderungen an alle Beteiligten. Die Finanzierung trotz einer Vielzahl dezentraler Quellen in die Versorgungsnetze fortschreitender Geldentwertung während der 20er Jahre oder und die dadurch angestoßene grundlegende Neuordnung der das unwirtliche Wetter der Rhön seien hier nur beispielhaft für Energiemärkte stellten die Überlandwerk Rhön GmbH in den die Hindernisse genannt, die es zu überwinden galt. vergangenen beiden Jahrzehnten erneut vor große Herausfor- derungen. Zur Bewältigung der technischen Aufgaben in den Anfangsjah- ren holte sich die neu gegründete Gesellschaft Unterstützung Die lange Tradition des Unternehmens, zu der ein vertrauens- von der Thüringer-Elektricitäts-Lieferungsgesellschaft AG, volles Zusammenwirken von Gesellschaftern, Aufsichtsrat, Gotha. Und auch der Stromabsatz stellte sich nicht von selbst Geschäftsführung, Betriebsrat, Beschäftigten und Kunden ein. Private, landwirtschaftliche und gewerbliche Kunden gehört, erwies sich als tragfähiges Fundament. Noch heute waren vom Nutzen der neuen Technologie anfangs noch zu ist die Überlandwerk Rhön GmbH ein zu 100% kommunales überzeugen. Es gelang, die hoch gesteckten Ziele Schritt für Unternehmen, das rund 90.000 Menschen sowie rund 2.000 Schritt zu erreichen. Betriebe in der Bayerischen, Hessischen und Thüringischen Rhön sicher, preisgünstig, verbraucherfreundlich, effizient und Zur größten Herausforderung in der Geschichte des Unterneh- umweltverträglich mit elektrischer Energie versorgt. mens wurde die Teilung Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg. Das in Thüringen gelegene Kraftwerk Breitungen durfte ab Es ist der Gesellschaft eine Freude, auf ein Jahrhundert erfolg- Mai 1952 keine Energie mehr liefern, was die Versorgung im reichen Wirkens der Überlandwerk Rhön GmbH zurückblicken bayerischen und hessischen Versorgungsgebiet kurzzeitig stark zu können. Gemeinsam stellen wir uns den Herausforderungen beeinträchtigte. Der Zugriff auf die Netzanlagen im thüringi- der nächsten 100 Jahre! schen Teil war ab diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich und damit die 42 thüringischen Gesellschaftergemeinden von der Versorgung durch das Unternehmen abgeschnitten. STROM FÜR DIE RHÖN? „Es ist zu befürchten, dass die Rhönbevölkerung oben: diese Anlage nicht nutzen und sie noch auf Jahre Landschaft bei Batten in der hessischen Rhön, Aufnahme um 1960. Die Weite der Landschaft hinaus brach liegen lassen würde. Denn mit der und die zerstreute Lage der Siedlungen waren Stromzufuhr allein ist es nicht geschehen, da die große Herausforderungen auf dem Weg zu einer Bewohner der Gegend bei dem gegenwärtigen Stromversorgung in der Rhön. Stande der wirtschaftlichen Entwicklung des ÜWR Archiv Kreises kaum in der Lage sind, den Strom abzu- unten: nehmen. Hierzu befindet sich die Landwirtschaft Emilie Braungart in ihrer Küche in Langenleiten, sowie die Industrie auf einer zu niedrigen Stufe. Aufnahme von 1933. Für diese und viele andere … Es fehlt zur Zeit an den Vorbedingungen, ohne Familien in der Rhön blieb ein Elektroherd noch die auch der beste Aufbau eines Stromverteilungs- lange Zeit unerschwinglich. Aufnahme von Erika Groth-Schmachtenberger, Archiv Holzheimer, netzes wertlos ist.“ Langenleiten So lautete die Antwort des preußischen Ministers für Handel und Gewerbe, als der (damals preußische) Kreis Gersfeld im Jahr 1923 um Unterstützung beim Aufbau eines Leitungs- netzes für elektrischen Strom bat. Mit dieser Einschätzung war der Minister nicht allein. Als die neue Energieform Elektrizität vor gut 100 Jahren aller- orten im Deutschen Reich eingeführt wurde, fand sich kein Unternehmen, das in der weiträumigen, dünn besiedelten Rhön eine Stromversorgung einrichten wollte. Die großen Energieversorger in Bayern, Thüringen und Preußen ließen den Netzausbau vor der Rhön enden. Nur in einigen Gemeinden und Kleinstädten fanden sich mutige Unternehmer, die eine Orts-Stromversorgung aufbauten. Die verstreuten kleinen Siedlungen im Land waren davon unberührt. JANUAR 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 MI DO FR SA SO MO DI MI DO FR SA SO MO DI MI DO FR SA SO MO DI MI DO FR SA SO MO DI MI DO FR 1920–1929 Am 29. März 1920 schlossen 47 Gemeinden der Rhön einen oben: Vertrag zur Gründung der Überlandwerk Rhön GmbH mit Sitz Vermessungsarbeiten beim Bau der Mittelspan- nungsleitung Empfertshausen-Kaltenwestheim in Fladungen. Zweck der Gesellschaft war Aufbau und Betrieb in den 1920er Jahren. Planung und Bau der einer Stromversorgung. Rasch traten weitere Gemeinden ersten Stromleitungen waren Pionierarbeit. bei. Zum Jahresende 1920 hatte das Überlandwerk Rhön 86 ÜWR Archiv Gesellschaftergemeinden. Bis 1929 stieg die Zahl auf 115. Die Gemeinden finanzierten die neue Gesellschaft durch Einlagen mitte: Monteure der Überlandwerk Rhön GmbH in den von Stammkapital. 1920er Jahren. ÜWR Archiv Im ersten Geschäftsjahr der Überlandwerk Rhön GmbH wurden die Trassen für die Stromleitungen vermessen und unten: Jauchepumpe mit elektrischem Antrieb bei Fritz vorbereitet. Dazu waren vielerorts langwierige Verhandlungen Knauer, Mellrichstadt, um 1930. Im Jahr 1929 mit den Eigentümern der Grundstücke nötig. Ab 1921 folgte gab es im Versorgungsgebiet der Überlandwerk der Bau von Hochspannungsleitungen und Ortsnetzen. Als Rhön GmbH 2.672 Elektromotoren mit einem erste Gemeinde wurde ab dem 23. Juli 1921 Empfertshausen Anschlusswert von insgesamt 6.706 kW. ÜWR Archiv mit Strom versorgt. Das Überlandwerk Rhön bezog seinen Strom zunächst von der Gewerkschaft Wintershall, ab 1925 vom Kraftwerk Breitungen der Thüringer-Elektricitäts-Lieferungsgesellschaft AG, Gotha (ThELG). Eine zweite Zuleitung brachte Strom der Kreis-Elektri- zitätsversorgung Unterfranken AG ins Netz des Überlandwerks Rhön. Den technischen Betrieb ließ das Überlandwerk Rhön ab 1923 von der ThELG führen. Zur Förderung des Stromabsatzes bot das Überlandwerk Rhön auch Installationstätigkeiten an und verkaufte elektrische Geräte. 1928 bezog das Unternehmen ein eigenes Verwal- tungsgebäude in der Hauptstraße 7 in Mellrichstadt. FEBRUAR 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 SA SO MO DI MI DO FR SA SO MO DI MI DO FR SA SO MO DI MI DO FR SA SO MO DI MI DO FR SA 1930–1939 Schwerpunkte der Tätigkeit der Überlandwerk Rhön GmbH oben: waren die Förderung des Stromabsatzes bei privaten und Mobile Werbung für Elektroherde auf dem Marktplatz von Mellrichstadt, Aufnahme von gewerblichen Abnehmern sowie der Netzausbau. Beispiele 1938. Die aufwendigen Kampagnen für den für den ständigen Ausbau des Stromnetzes sind der Bau der Kauf von Elektroherden zeigten nur schwache 20 kV Leitung von Empfertshausen nach Tann im Jahr 1932 Wirkung. 1938 gab es im Versorgungsgebiet oder jener von Meiningen über Eußenhausen nach Bad Neu- des Überlandwerks Rhön 460 Elektroherde, das stadt im Jahr 1938. Im Jahr 1931 übernahm das Überlandwerk entsprach 3,7% der privaten Hausanschlüsse. ÜWR Archiv Rhön das Elektrizitätswerk in Ostheim und eröffnete vor Ort eine Bezirksstelle. 1936 folgte die Einrichtung einer Bezirks- mitte: stelle in Geisa. Dreschen um 1935. Die Dreschmaschine steht in der Scheune. Für den Antrieb sorgt ein elektri- scher Motorwagen, für die Kraftübertragung Es gelang dem Überlandwerk Rhön, einige Industriekunden ein Lederriemen. Motorwagen gehörten der zu gewinnen, beispielsweise das Basaltwerk Bischofsheim. In Gemeinde oder der Dreschgemeinschaft und der Landwirtschaft waren große mobile Elektromotoren zum wurden reihum eingesetzt. Antrieb von Dreschmaschinen die wichtigsten Verbraucher. ÜWR Archiv Die