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HANS ZENDER (*1936) Cabaret Voltaire * (2001/02) 21:01 für Stimme und acht Instrumente nach Texten von Hugo Ball 1 Wolken 3:08 2 Katzen und Pfauen 2:59 3 Totenklage 5:08 4 Gadji beri bimba 2:01 5 Karawane 2:37 6 Seepferdchen und Flugfische 5:08 Mnemosyne – Hölderlin lesen IV * (2000) 33:20 für Frauenstimme, Streichquartett und Zuspielbänder 7 1. Strophe 14:08 8 2. Strophe 8:36 9 3. Strophe 10:38 TT: 54:21 Salome Kammer Stimme Klangforum Wien Hans Zender * First recording Coverphoto: © Paul Hartwein 2 Klangforum Wien Vera Fischer Flöte 1 Markus Deuter Oboe 1 Bernhard Zachhuber Klarinette 1 Annette Bik Violine 1 2 Gunde Jäch-Micko Violine 1 Sophie Schafleitner Violine 1 2 Dimitrios Polisoidis Viola 1 2 Andreas Lindenbaum Violoncello 1 2 Benedikt Leitner Violoncello 1 Adam Weisman Schlagwerk 1 Marino Formenti Klavier 1 3 Sechs Laut- und Klanggedichte (1916) Hugo Ball 1. Wolken 2. Katzen und Pfauen elomen elomen lefitalominal baubo sbugi ninga gloffa wolminuscaio baumbala bunga siwi faffa acycam glastula feirofim flinsi sbugi faffa olofa fafamo elominuscula pluplubasch faufo halja finj rallalalaio sirgi ninga banja sbugi endremin saxassa flumen flobollala halja hanja golja biddim feilobasch falljada follidi flumbasch mâ mâ piaûpa cerobadadrada mjâma gragluda gligloda glodasch gluglamen gloglada gleroda glandridi pawapa baungo sbugi ninga elomen elomen lefitalominai gloffalor wolminuscaio baumbala bunga acycam glastala feirofim blisti elominuscula pluplusch rallabataio 4 3. Totenklage 4. Gadji beri bimba ombula gadji beri bimba glandridi laula lonni cadori take gadjama gramma berida bimbala glandri galassassa bitdli laulitalomini solunkola gadji beri bin blassa glassala laula lonni cadorsu tabla tokta tokta takabla sassala bim taka tak gadjama tuffm i zimzalla binban gligla wowolimai bin Babula m‘balam beri ban tak tru - ü o katalominai rhinozerossola hopsamen laulitalomini wo - um hoooo biba bimbel gadjama rhinozerossola hopsamen o kla o auw bluku terullala blaulala loooo kla o auwa la - auma zimzim urullala zimzim urullala zimzim zanzibar zimz- o kla o ü alla zam la o auma elifantolim brussala bulomen brussala bulomen klinga - o - e - auwa tromtata ome o-auwa velo da bang bang affalo purzamai affalo purzamai klinga inga M ao - Auwa lengado tor omba dij omuff pomo - auwa gadjama bimbalo gladridi glassala zingtata pimpalo tru - ü ögrögöööö tro-u-ü o-a-o-ü viola laxato viola zimbrabim viola uli paluji malooo mo-auwa gomun guma zangaga gago blagaga tuffm im zimbrabim negramai bumbalo negramai szagaglugi m ba-o-auma bumbalo tuffm szaga szago i zim szaga la m‘blama gadjama bimbala oo beri gadjama gaga di gadjama bschigi bschigo affalo pinx bschigi bschigi gaga di bumbalo bumbalo gadjamen bschiggo bschiggo gaga di bling blong goggo goggo gaga blung ogoggo a - o - auma 5 5. Karawane 6. Seepferdchen und Flugfische jolifanto bambla o falli bambla tressli bessli nebogen leila großgiga m‘pfa habla horem flusch kata egiga goramen ballubasch higo bloiko russula huju zack hitti zopp hollaka hollala anlogo bung zack hitti zopp blago bung blago bung hitti betzli betzli bosso fataka prusch kata ü üü ü ballubasch schampa wulla wussa olobo fasch kitti bimm hej tatta gorem eschige zunbada zitti kitillabi billabi billabi wulubu ssubudu uluwu ssubudu zikko di zakkobam tumba ba-umf fisch kitti bisch kusa gauma ba - umf bumbalo bumbalo bumbalo bambo zitti kitillabi zack hitti zopp treßli beßli nebogen grügü blaulala violabimini bisch violabimini bimini bimini fusch kata ballubasch zick hiti zopp 6 Mnemosyne Tage weiden Friedrich Hölderlin Wohlangeführt die Schafe des Himmels. Hat gegenredend die Seele Ein Zeichen sind wir, deutungslos, Ein Himmlisches verwundet, die Tageszeichen. Schmerzlos sind wir und haben fast Denn Schnee, wie Maienblumen Die Sprache in der Fremde verloren. Wo Wenn nämlich über Menschen Es seie, bedeutend, glänzet mit Ein Streit ist an dem Himmel und gewaltig Der grünen Wiese Die Monde gehn, so redet Der Alpen, hälftig, da ging Das Meer auch und Ströme müssen Vom Kreuze redend, das Den Pfad sich suchen. Zweifellos Gesetzt ist unterwegs einmal Ist aber Einer, der Gestorbenen, auf hoher Straß Kann täglich es ändern. Kaum bedarf er Ein Wandersmann geht zornig, Gesetz. Und es tönet das Blatt und Eichbäume Fern ahnend mit wehn dann neben Dem anderen, aber was ist dies? Den Firnen. Denn nicht vermögen Die Himmlischen alles. Nämlich es reichen Am Feigenbaum ist mein Die Sterblichen eh an den Abgrund. Also wendet Achilles mir gestorben, es sich, das Echo, Und Ajax liegt Mit diesen. Lang ist An den Grotten der See, Die Zeit, es ereignet sich aber An Bächen, benachbart dem Skamandros. Das Wahre. An Schläfen Sausen einst, nach Der unbewegten Salamis steter Wie aber Liebes? Sonnenschein Gewohnheit, in der Fremd, ist groß Und trockenen Staub Ajax gestorben, Und tief am Boden sehen wir Patroklos aber in des Königes Harnisch. Und es Mit Schatten die starben An Dächern der Noch andere viel. Am Kithäron aber lag Und heimatlich die Schatten der Wälder Eleutherä, der Mnemosyne Stadt. Der auch, als Und es blühet Ablegte den Mantel Gott, das Abendliche nachher Rauch, friedsam löste Bei alter Krone. Die Locken. Himmlische nämlich sind Der Türme, friedsam; und es girren Unwillig, wenn einer nicht die Seele schonend sich Friedsam; sind nämlich, Zusammengenommen, aber er muß doch; dem Verloren in der Luft die Lerchen und unter dem Gleich fehlet die Trauer 7 Hans Zender Beide sind für den Komponisten von anhaltendem Mnemosyne (Hölderlin lesen IV) Interesse, das sich in der 1979 begonnenen Serie Cabaret Voltaire Hölderlin lesen zeigt, und es äußert sich gleichfalls in seiner Oper Stephen Climax (ebenfalls 1979). John T. Hamilton Hier spielt der Heilige Simeon, der Säulensteher, die Hauptrolle – eine Figur, die der Komponist aus Balls Friedrich Hölderlin (1770 – 1843) und Hugo Ball Byzantisches Christentum entnommen hat. (1886 – 1927), die der Dichtung zu Anfang und zu Denkt man genauer nach, zeigt sich der gemein- Ende des 19. Jahrhunderts den Weg wiesen, schei- same Urgrund der dichterischen Projekte Hölder- nen Welten voneinander entfernt. Auf den ersten lins und Balls – persönliche, kollektive und philoso- Blick hat der in sich gekehrte Romantiker, der phische Trauer. Hölderlins Mnemosyne wurde von von den Griechen besessen war und dessen Be- Friedrich Beißner, dem Herausgeber des Hölderlin- sessenheit ihn irgendwie – auf unerklärliche, ver- schen Werks im 20. Jahrhundert, als seine „letzte hängnisvolle Weise – in die stille Gefangenschaft Hymne“ bezeichnet; sie wurde während der Phase des Irrenturms führte, wenig Ähnlichkeit mit dem emotionaler Labilität verfasst, die nach seiner Rück- provokativen Unterhalter und Impresario: in seiner kehr aus Frankreich 1802 begann. In der Angst, von Verkleidung als „magischer Bischof“ intonierte die- Apollon mit Wahnsinn geschlagen worden zu sein, ser Unsinnsverse mit einer liturgischen Ernsthaftig- gab Hölderlin seine Hauslehrerstelle im Médoc auf keit, die den öffentlichen Auftritt zum Hochamt des und wanderte durch einen von den napoleonischen Absurden werden ließen. Balls Hunger nach radi- Feldzügen verwüsteten Landstrich. Er kehrte als ge- kaler Originalität („ich will keine Worte, die andere brochener Mann heim und wurde überdies von der erfunden haben“) kollidiert mit Hölderlins frommen Nachricht erschüttert, dass seine geliebte Susette Übersetzungswerken, die die Verse von Pindar und Gontard, seine „Diotima“, soeben verstorben war. Sophokles Wort für Wort gehorsam übertragen. Die Zenders Anlage der dritten Strophe, in der sich der peinliche Genauigkeit, die Hölderlin in der Konstruk- Gesang mit einer rhythmisch gesprochenen Textde- tion seiner großartigen Oden und Hymnen anwen- klamation abwechselt und vom Zusammenspiel mit det, findet ihr beinahe vollkommenes Gegenteil in den fast mechanisierten Streichern ablöst, betont Balls Glossolalie, der Äußerung nicht-semantischer den starken Wunsch zu trauern und das Scheitern Silben, die scheinbar aus einer vorbewussten Quel- des Trauerns: dem / Gleich fehlet die Trauer – eine le stammen. quälende Zeile, die sowohl die Notwendigkeit als Die kompositorische Nähe zwischen Hans Zenders auch die Unmöglichkeit der Trauer hervorhebt. Mnemosyne (2000) und Cabaret Voltaire (2001) lädt Balls Lautgedichte, die er am Fenster mit Blick auf uns jedoch ein, über mögliche Ähnlichkeiten – oder den Hof eines Sargtischlers komponiert hat, teilen besser, unähnliche Ähnlichkeiten – zwischen dem die Dunkelheit von Mnemosyne, aber sie sind viel Philhellenen und dem Dadaisten nachzudenken. verspielter. 8 Auch Ball durchreiste ein zur Festung ausgebautes aus der Zeit feststellen sollte. Die düstere Beschwö- Frankreich von Dieuze nach Lunéville – eine Erfah- rung der „Totenklage“ („ombula“) erschallt, um die rung, die seine anfängliche Begeisterung für den Sprache von ihrer tödlichen Klarheit zu reinigen. Als Ersten Weltkrieg beseitigte. Als er erfuhr, dass sich Litanei komponiert, erinnert Zenders musikalische Hans Leybold, sein bester Freund, das Leben ge- Fassung an diese Schattierung, insbesondere nommen hatte, nachdem er im Schützengraben durch die Zeitordnung, die ihre konstruktive Einheit eine schreckliche Verwundung erlitten hatte, wurde in dauernder Wiederholung entfaltet. Im äußersten Ball zum erklärten Feind der Kriegshandlungen. Zur Pianissimo treten hier die Instrumente des Ensemb- Melodie des populären Militärmarsches „Der Des- les in Erscheinung, die dem führenden Klavier in sauer“ verfasste er sein parodistisches Protestlied präziser Transposition eher wie ein dunkler