Konrad Theiss Verlag Darmstadt Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte 84, 2015, 59–92 59

Brinkum – Befunde und Funde einer frühmittel alterlichen Siedlung in Ostfriesland Frauke Schilling

Zusammenfassung Im Zuge der Erweiterung eines Baugebietes in , Ldkr. , konnte ein Bereich eines mehrphasigen Siedlungsareals aus dem Frühmittelalter untersucht werden. Neben dem Fundinventar, das vor allem Muschelgrusware, aber auch Schlacken, Mahlsteinreste, Webgewichte, einen Spinnwirtel und einen Schlüssel aufweist, konnten zahlreiche Gruben und Gebäudestrukturen dokumentiert werden. Hier sind eine Wasserschöpfstelle, eine Ofenanlage, ein zweiphasiges Grubenhaus und ein Hausgrundriss mit Spaltbohlenwänden hervorzuheben.

Schlüsselwörter Niedersachsen, Ostfriesland, Frühes Mittelalter, Muschelgrusware, Siedlung

Brinkum – finds from and remains of an early medieval settlement in

Abstract A multiphase settlement area dated with the help of shelly-ware ceramics as early medieval was investigated during extension of the residential area in Brinkum in the administrative district of Leer. Apart from numerous finds consisting of slag, remains of millstones, loom weights, one spindle whorl and a key, discoveries include several pits and remains of buildings. A water pit, an oven, a two-phase pit house, and a house with split-plank walls are among them.

Keywords , East Frisia, Early Middle Ages, shelly ware, settlement

Einleitung

Die frühmittelalterliche Siedlung Brinkum liegt in un- dokumentiert worden. Zahlreiche Fundmeldungen mittelbarer Nähe zu dem Namen gebenden Ort Brin- zu Funden aus der Steinzeit bis in das Mittelalter kum, 5 km südwestlich der Gemeinde (Ldkr. zeugen von der Geschichte Brinkums. Die beson- Leer) in Ostfriesland1. Die nächstgrößere Stadt ist dere Lage des Gebietes zwischen dem Veenhusener Leer, die sich 8 km südwestlich von Brinkum befin- Königsmoor und der Jümmeniederung eignete sich det. Unweit des Ortes fließt die Ems, die im Dollart in mit einer Höhe von 10 m über NN ausgesprochen die Nordsee mündet. Die heutige Ortschaft liegt auf gut für eine Besiedlung. einer Grundmoräne aus der Saale-Eiszeit zwischen Im Jahr 2008 wurde ein Baugebiet im Bereich dem Veenhusener Königsmoor und der Jümmeniede- des südöstlich des Ortskerns gelegenen Liddenwegs rung im Süden (Abb. 1). Der auf der Geest gelegene ausgewiesen. Im Zuge dieser Erweiterung Brinkums Ort ist als Fundort bereits mehrfach erwähnt und wurden Sondageschnitte angelegt. Bei diesen Unter- suchungen konnten zunächst keine archäologisch relevanten Ergebnisse erbracht werden, obwohl das 1 Die dargelegten Ergebnisse stellen eine Zusammenfassung der 2013 an der Universität Hamburg eingereichten Magisterarbeit der Verfasse- Gebiet in unmittelbarer Nähe zu dem heutigen Gra- rin dar. Gedankt sei allen Mitarbeitern der Ostfriesischen Landschaft, bungsareal liegt. Im März 2009 wurde das Baugebiet die in unterschiedlichster Art und Weise zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. nach Osten erweitert. Durch weitere Sondageschnit-

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Abb. 1 Landschaftstypen Ostfrieslands: Lage Brinkums auf dem Oldenburgisch-Ostfriesischen Geestrücken (Behre 2008, 96, bearbeitet durch F. Schilling).

te ergab sich ein abweichendes Bild zu der Situation Neubaugebiet wird weiter untersucht (Stand Dezem- des vorangegangenen Jahres. Die Fläche zeigte eine ber 2014). hohe Dichte an Befunden, sodass bereits im April 2009 die Grabungstätigkeiten aufgenommen werden konnten. Die Grabung wird unter der Fundstellen- nummer 2711 / 2 : 151 geführt. Befunde Die Grabung in Brinkum wurde zunächst als Rettungs- bzw. Notgrabung angelegt. Da der Verkauf Insgesamt konnten 940 Befunde (1.167 mit Unterbe- der Grundstücke und die damit einhergehende Be- funden) erfasst, bearbeitet und dokumentiert werden. bauung zu Beginn zurückhaltend waren, konnte die Es handelt sich dabei um Gruben, denen teilweise Ausgrabung unter günstigen Bedingungen durchge- Funktionen zugeordnet werden konnten, um Pfos- führt werden. So wurden dank einer guten Abspra- tengruben, die durch ihre Anordnung Rückschlüsse che mit der Gemeinde Hesel zunächst die Flächen auf Gebäudegrundrisse ermöglichen und Gräben, bearbeitet, deren Nutzung oder Bebauung bereits denen kaum Funktionen zugeordnet werden konn- abzusehen war. Glücklicherweise ließen sich alle Be- ten. Störungen traten auf der gesamten Fläche durch funde hinreichend dokumentieren und die Ausdeh- starke Bioturbation, Wölbackersysteme und einer im nung der frühmittelalterlichen Siedlung im Bereich Süden des Siedlungsareals angelegten Drainage auf, des neuen Baugebiets erfassen. die bereits in den 1960er-Jahren verlegt worden ist2 In diesem Beitrag werden jene Befunde und (Abb. 2). Funde ausgewertet, die von März 2009 bis März 2011 dokumentiert und inventarisiert wurden. Da- raus ergibt sich ein untersuchtes Siedlungsareal mit einer Gesamtfläche von ca. 5.800 m2. Das gesamte 2 Freundl. Mitt. des ehemal. Grundbesitzers.

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Abb. 2 Befundplan des untersuchten Siedlungsareals (April 2009 bis März 2011). Markiert sind die im Text erwähnten Befunde (Plan: H. Reimann, Ostfriesische Landschaft, bearbeitet durch F. Schilling).

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Abb. 3 Zeichnungen der Befunde 880 und 880.1 (Pr. A-B) und Position der einzelnen Hölzer des Bef. 880 (Fl. 2). (Grafik: F. Schilling; Foto: H. Lange, Ostfriesische Landschaft).

Unter den Gruben befinden sich einige wenige, sche Form aufgewiesen haben. Insgesamt wurden 23 die in dem Siedlungsareal einzigartig sind, oder sich Holzstücke geborgen, die nicht weiter miteinander von den anderen, zumeist muldenförmigen flachen fixiert waren. Sechs der 23 Hölzer sind Spaltbohlen Gruben unterscheiden. (Holz 1, 2, 4, 7, 14, 19), vier weitere könnten aus Im gesamten zu bearbeitenden Siedlungsare- Spaltbohlen stammen (Holz 3, 15, 16, 20). Bei den al lässt sich kein Befund erkennen, der sich sicher weiteren Hölzern handelt es sich entweder um Ast- als Brunnen deuten lässt. Lediglich Bef. 880 kann stücke oder Bereiche aus einem Stamm (Holz 6, 10, als eine brunnenartige Wasserschöpfstelle gelten 11, 12, 13, 17, 18, 21, 22, 23) sowie einer Astgabelung (Abb. 3). In der Fläche zeichnet sich der Befund als (Holz 5). Holz 8 könnte eine Stakete sein, da sie in ovale Verfärbung mit den Maßen 3,55 × 2,65 m ab. ihrer ganzen Länge an allen vier Seiten bearbeitet Die maximale Tiefe beträgt 2,26 m. Im Profil zeigt ist. Alle Hölzer sind im unteren Bereich deutlich an- sich eine Grube mit annähernd senkrechten Wan- gespitzt. Weitere Verarbeitungsspuren, die über die dungen und annähernd planer Grubensohle. Die Herstellung von Spaltbohlen oder das Anspitzen Wandung an der Ostseite ist mit einer Ausbuchtung der Hölzer hinausgehen – wie Löcher, Zapfen oder versehen. Der südöstliche Bereich der Grubensohle Ähnliches – können an keinem der Hölzer festge- ist unregelmäßig. Hier treten senkrecht in die Grube stellt werden. Lediglich ein paar Beilspuren lassen eingebrachte Hölzer hervor, die sich bei weiterer Un- sich an den zugespitzten Bereichen erkennen. Bei tersuchung als eine Holzkonstruktion erwiesen, bei allen Hölzern handelt es sich um Eiche. Die Hölzer der es sich sicherlich um eine Art Holzkasten von 1, 2, 3, 5, 6, 14, 16, und 21 konnten einer dendro- ca. 1,00 × 1,00 m gehandelt hat. Der nordöstliche chronologischen Untersuchung unterzogen werden3. Bereich dieses Kastens ist eingedrückt, die Hölzer Lediglich die beiden Hölzer 1 und 2 (Spaltbohlen) sind nicht mehr in ihrer ursprünglichen senkrech- ten Stellung aufgefunden worden. Die Form des Kastens gleicht annähernd einem Dreieck, könnte 3 Für diese Möglichkeit sei Frau Sigrid Wrobel vom Institut für Holz- forschung Hamburg sowie Herrn Prof. Dr. Nikulka von der Universität aber in früherer Zeit eine rundliche oder quadrati- Hamburg herzlichen gedankt.

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waren datierbar und stammen vermutlich aus einer gehandelt hat, wie es bei einem Brunnen denkbar einzigen Eiche. Die Proben waren beide splintlos, wäre, aber anhand des Befundplans nicht zu erken- und nach der Addition der fehlenden Splintholzjahre nen ist, oder um eine tiefer gelegene Ebene, auf die ergibt sich, dass die Eiche mindestens 168 Jahre alt man zur Wasserentnahme treten konnte, muss offen- war und nach 617 n. Chr. gefällt worden sein muss. bleiben. Jedoch ist deutlich, dass die Verfüllung der Weiterhin ist in der Anordnung der Hölzer eine Ausbuchtung dem Verfüllmaterial der Wasserschöpf- Regelmäßigkeit zu erkennen. Die Hölzer 5, 11, 19 stelle entspricht. Somit kann auf eine gleichzeitige und 21 sind in ihren Ausmaßen deutlich größer und Nutzung bzw. Aufgabe beider Bereiche des Befundes breiter als die anderen Hölzer. Wenn die ursprüng- geschlossen werden. liche Form der Holzkonstruktion ein Quadrat war, Bei einem Vergleich zu den Wasserentnahme- könnten diese vier Hölzer in den Ecken gestanden stellen im nahen Hesel, Ldkr. Leer, fällt auf, dass haben und die dünneren Spaltbohlen und andere sie sich von der in Brinkum deutlich unterscheiden Hölzer dazwischen eingefügt worden sein. (Bärenfänger 1994, 45). Als Beispiel soll hier die Der im Profil nach Osten gelagerte Holzkasten Wasserentnahmestelle von Gehöft I dienen. Diese gleicht in seiner Bauweise der Wasserschöpfstelle, ist nur 0,80 m tief, da in diesem Bereich in Hesel be- die in Brinkum bereits 1994 dokumentiert werden reits der Wasser führende Kies ansetzt (Bärenfänger konnte (Bärenfänger 1994, 336 Abb. 60). Auch bei 1994, 45). Für die brunnenartige Wasserschöpfstelle diesem Befund sind die Bretter vertikal und ohne Fi- in Brinkum schließt Bärenfänger eine Funktion als xierung in den Randbereich der Grube eingelassen Brunnen aus, da der anstehende Lehm nicht Wasser worden, allerdings in kreisrunder Anordnung. Die führend ist (Bärenfänger 2011, 84). Form des Grubenprofils weicht mit ihren schrägen Den verschiedenen Verfüllbereichen des Befun- Wandungen und der annähernd planen Grubensohle des in Brinkum entstammt eine Vielzahl an Funden. von der Grube des Bef. 880 ab. Die Holzkonstruk- Neben Bruchstücken von Mahlsteinen und eines tion könnte der zusätzlichen Stabilisierung gedient Webgewichts, einem Metallobjekt sowie den Höl- haben, da der anstehende Boden zwar lehmhaltig, zern der Brunnenkonstruktion bildet die Keramik aber an dieser Stelle mit einem großen Anteil an einen großen Anteil des Fundinventars. Feinsand vermischt ist. Weitere Gruben, die einen Hinweis auf eine In dem Befund von 1994 waren keine Spuren mögliche Wasserversorgung geben, sind solche, eines Sodenschachtes zu beobachten. In Bef. 880 die im Profilschnitt eine trichterförmige Gestalt hingegen lassen sich die typischen Strukturen von aufweisen. Dies bedeutet, dass sie in den unteren Torfsoden oder auch Grassoden erkennen, allerdings Bereichen entweder spitz zulaufen oder einen we- nur im unteren Bereich, an der Grubensohle. Daher sentlichen dünneren Bereich mit senkrechten Wan- haben sie wahrscheinlich zur weiteren Stabilisierung dungen und ebener Grubensohle aufweisen, wäh- der Holzkonstruktion gedient und keinen Schacht rend ihr oberer Bereich muldenförmig und weit gebildet. Das höchste Holz dieser Konstruktion gefasst ist. Zwei Gruben reichen sehr tief in den reicht von der Grubensohle aus 1,10 m mittig nach anstehenden Boden. oben. In diesem Bereich besteht die Verfüllung aus Bef. 510 befindet sich in einem Befundkom- dunkelgrauem Feinsand, der mit gelbem und brau- plex mit mehreren Gruben und wird von diesen nem Feinsand durchmischt ist. Links und rechts im westlichen Bereich geschnitten (Abb. 4). Zu- dieser Schicht hat sich dunkelgrauer Feinsand mit dem liegt der Befund an der Grabungsgrenze und gelbgrauen Einschwemmbändern abgelagert. Die konnte nicht vollständig untersucht werden. Die oberen Verfüllungen der Grube sind kompakt und Maße des gesamten erkennbaren Befundes betra- wahrscheinlich nach Aufgabe der Wasserschöpfstel- gen 2,62 × 2,80 × 2,10 m. Im tiefsten und trichterför- le eingebracht worden. Im östlichen Bereich finden migen Bereich besteht die Verfüllung der Grube sich zudem Aschereste und verziegelter Lehm. zumeist aus hellem Feinsand mit wenigem humo- Bei der Ausbuchtung des Befundes an der Ost- sen Material und geringem Lehmanteil. Es handelt seite des Profils könnte es sich um einen Zugang zur sich hierbei um nachträgliche Einbringungen in die Wasserschöpfstelle handeln. Bei einer Tiefe von min- Grube und nicht um natürliche Sedimentation. Im destens 2,26 m kann es eine Vorrichtung gegeben ha- oberen, weiteren Bereich der Grube ist das Material ben, die die Wasserentnahme erleichtert bzw. ermög- sehr kompakt, homogen und stark humos. Die letzte licht hat. Ob es sich dabei um eine Art Schöpfbaum Verfüllung überdeckt alle Gruben des Befundkom-

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plexes gleichermaßen und wurde wahrscheinlich zur viel geringer als die des Bef. 510. Dieser Befund zeigt Einebnung der Fläche eingebracht. im unteren Bereich unregelmäßige Verfüllungen mit Bef. 90 (Abb. 2) zeigt ein ähnliches Pro- gelbem, graubraunem und braunem Feinsand. Im fil wie Bef. 510. Die Maße des Befundes betragen mittleren Bereich ist eine Bänderung zu erkennen, 2,10 × 2,00 × 1,00 m. Die Tiefe des Bef. 90 ist also sehr die aufgrund von natürlicher Sedimentation entstan- den ist. Der obere Bereich ist weitgehend homogen mit graubraunem Feinsand verfüllt, zeigt aber deut- liche Flecken gelben Feinsandes. Aus beiden Befunden konnte eine Vielzahl an Keramik geborgen werden, aus Bef. 510 auch Mahl- steinreste. Aufgrund ihrer Tiefe und ihres trichterförmi- gen Grundrisses könnten diese Gruben als Wasser- schöpfstellen bzw. als Zisternen gedient haben. Da es im gesamten Siedlungsareal neben dem Bef. 880 keine weiteren als sicher geltenden Wasserschöpf- stellen oder Brunnen gibt, die zur Wasserversorgung der Siedlung gedient haben könnten, stellen Zister- nen eine weitere Möglichkeit zur Wasserbeschaffung bzw. Wasserbevorratung dar. Vermutlich reichten Zisternen ohne Wandverstärkung völlig aus, da der Abb. 4 Bef. 510: Beispiel einer trichterförmigen Grube, mögliche Funktion einer Zisterne (Foto: H. Lange, Ostfriesische Landschaft). lehmhaltige Boden in diesen Bereichen die Wände

Abb. 5 Bef. 275: Eine der größeren Gruben im Siedlungsareal (Grafik: F. Schilling; Foto H. Lange, Ostfriesische Landschaft).

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Abb. 6 Bef. 719: Ofenanlage, durch Drainage gestört (Grafik: F. Schilling; Foto H. Lange, Ostfriesische Landschaft).

ausreichend abstützte und ein Einstürzen der Grube den, dass diese Gruben längere Zeit offen gestanden nicht zu befürchten war. Weitere trichterförmige Gru- haben und eventuell Wasser in ihnen stand. Möglich ben konnten in den folgenden Jahren dokumentiert wäre also auch bei diesen Befunden eine Funktion werden. Aus einem dieser Befunde wurden mehrere als Wasserspeicher. Nach Aufgabe der Nutzung, die gedrechselte Holzgefäße und ein komplett erhaltener wahrscheinlich durch eine zunehmende Versandung Kugeltopf geborgen. infolge von natürlicher Sedimentation geschah, wur- Zwei weitere Gruben unterscheiden sich in ih- den die Gruben sukzessive verfüllt. Als weiterer Hin- ren morphologischen Eigenschaften von den typi- weis zur Nutzung als Zisterne könnte die Nähe zu schen Siedlungsgruben in Brinkum. Obwohl der Bef. den Wohnhäusern und Speichern gelten. Bef. 267 275 (Abb. 5) in seinen Maßen (5,00 × 4,00 × 2,04 m) liegt in unmittelbarem Umkreis zu Haus 1 und Bef. den Bef. 267 (3,25 × 3,10 × 1,62 m) übertrifft, wei- 275 in der Nähe von Haus 2. Eine Zugehörigkeit zu sen beide Befunde Ähnlichkeiten auf. Im unteren einem Gehöft könnte somit durchaus im Bereich des Bereich der Befunde ist das Verfüllmaterial beider Möglichen liegen. Gruben hell und mit wenigen Bändern hellgrauen Bei einem weiteren auf der Fläche des Sied- Feinsandes versehen. Bei Bef. 267 beginnt bei 1,00 m lungsareals einzigartigen Befund handelt es sich ab der Grubensohle die Verfüllung durch dunkleres wahrscheinlich um eine Ofenanlage (Bef. 719). In Material, und auch bei Bef. 275 beginnt eine dunkle der Fläche weist er einen ovalen Grundriss mit den Verfüllung der Grube bei ca. 1,00 m ab der Gruben- Maßen 2,95 × 1,95 × 0,60 m auf (Abb. 6). Im Profil sohle. Aus diesen Schichten entstammen weitaus war eine muldenförmige Grube zu erkennen, die ei- mehr Funde als aus denen im unteren Bereich. Zu- nen hohen Anteil an verziegeltem Lehm und Holz- dem ist reichlich Holzkohle und gelegentlich verzie- kohle aufwies. Leider wurde dieser Befund in seinem gelter Lehm festzustellen. Aufgrund des hellen Ver- Zentrum von der über das Grabungsareal führenden füllmaterials in den unteren Bereichen der Befunde modernen Drainage gestört. Der zunächst oval er- sowie der hellgrauen Bänderung kann vermutet wer- scheinende Grundriss ab Fläche 1 wurde beim Ab-

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trag auf Fläche 2 noch wesentlich deutlicher. Im und der hellen Verfüllung im unteren Bereich des nordöstlichen Bereich zeigte sich zudem, dass die Grubenkomplexes, die wahrscheinlich durch eine ovale Form spitz zuläuft. Hier ist die Öffnung der schnelle Verfüllung mit Material aus dem anstehen- Ofenanlage zu vermuten. Weiterhin war zu erken- den Podsol entstanden ist, liegt der Schluss nahe, nen, dass der Bereich der Ofenanlage sich bereits dass die Grube relativ zeitnah nach dem Ausheben durch ein rötliches Band deutlich von der Grube wieder verfüllt wurde. Lediglich die oberen Verfüll- abgrenzte. Dieses Band bestand durchgehend aus schichten sind stark humos und weisen einen sehr verziegeltem Lehm. Um diesen Komplex herum ist hohen Anteil an Holzkohle sowie große Mengen das Material der Grube sehr stark mit Holzkohle Aschereste auf. Die schnelle Verfüllung der Grube vermischt gewesen, welche zu den äußeren Wän- kann für eine reine Entnahmegrube sprechen. Dies den der Grube hin weniger wurde. Im nördlichen ist aber fraglich, da zwar mit der Tiefe von 1,10 m be- Bereich zeichnete sich eine hellgraue Schicht ab, die reits der stark lehmhaltige Boden erreicht ist, jedoch aus ungebranntem Lehm bestand. scheint es, als ob die Grenze zwischen dem oberen, Diese Ofenanlage könnte die Funktion eines eher sandhaltigen und dem unteren, stark lehmhal- Backofens innegehabt haben. Dafür spricht die ova- tigen Bereich des anstehenden Bodens nur kurz le Form, die auf einen kuppelartigen Einkammerofen überschritten worden ist. Zudem erreichen nicht alle schließen lässt (röBer 2002, 13–14). Die teilweise Bereiche der Grube diese Tiefe. Die ursprüngliche bis zu 15 cm breite rötliche Schicht mit verziegeltem Funktion dieser Grube kann daher nicht erschlossen Lehm könnte somit ein Überrest der Ofenkuppel werden. sein. Die Holzkohle im umliegenden Bereich der Mehrere Gruben auf dem gesamten Sied- Ofenanlage wird beim Herausholen des Brennma- lungsareal weisen eine rechteckige oder quadra- terials in den Boden gelangt sein. Die erwähnte tische Form in der Fläche sowie im Profilschnitt hellgraue Schicht aus ungebranntem Lehm könnte auf (Bef. 169, 327, 333, 341, 400, 410, 520.3). auf eine Reparatur oder unterstützende Konstruk- Stellvertretend für all diese Gruben sollen hier die tion der Kuppel hinweisen. Eine Überdachung der Befunde 327, 333, 400 und 410 (Abb. 7) beschrie- Anlage kann nicht beobachtet werden. ben werden. Die Grenze zwischen Grube und an- Eine auffällige und im ergrabenen Siedlungsare- stehendem Boden ist deutlich zu erkennen. Die al einmalige Form zeigte Bef. 520 (Abb. 2). Zunächst Maße des Bef. 333 betragen 1,85 × 1,50 × 0,84 m, war im Planum eine unregelmäßige Struktur mit den die von Bef. 327 1,50 × 1,50 × 0,72 m, die von Maßen 8,25 × 5,25 m zu erkennen. Der tiefste Bereich Bef. 400 1,10 × 1,25 × 0,75 m und die des Bef. 410 greift 1,10 m in den anstehenden Boden ein. Bei wei- 1,25 × 1,15 × 0,73 m. Neben der Form sind auch die teren Abträgen zeichnete sich ein anderes Bild ab. Maße der Gruben sehr ähnlich. Auffällig ist die an- Demnach liegt eine größere Grube vor, die von ande- nähernd gleiche Tiefe. Innerhalb des Grabungsareals ren Gruben umgeben war bzw. von diesen geschnit- sind sie nicht mehr als ca. 0,84 m in dem anstehen- ten wurde. Aufgrund der unregelmäßigen Struktur den Boden nachweisbar. Dies spricht dafür, dass sie

Abb. 7 Bef. 327 und 333: Beispiele für mögliche Vorrats- gruben (Grafik: F. Schilling; Foto: H. Lange, Ostfriesische Landschaft).

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ursprünglich eine recht ähnliche Tiefe aufgewiesen nähernd die gesamte Verfüllung der Grube ist mit haben. Ausnahmslos besitzen diese Gruben ein Asche und Holzkohle durchzogen. Schicht 2, 3 und dunkles Verfüllmaterial, welches im unteren Be- 5 bestehen ausnahmslos aus Asche und Holzkohle. reich mit helleren Flecken Feinsand durchmischt Im unteren Bereich liegt Schicht 8, die aus anste- erscheint. Aufgrund ihrer Form sowie ihrer unmit- hendem Bodenmaterial besteht, das wahrscheinlich telbaren Nähe zu Gebäudestrukturen – Bef. 400 und durch Hitzeeinwirkung rötlich verfärbt wurde. Bef. 410 liegen beide im westlichen Bereich und Die Gemeinsamkeiten der Gruben hinsichtlich Bef. 341 an der nördlichen Längsseite des Hauses 1, ihrer Form, ihrer Maße und des hohen Holzkohle- Bef. 333 liegt unter dem Speicher 3 und Bef. 327 in vorkommens, das auch bei Bef. 719 zu erkennen ist, unmittelbarer Nähe zu ihm – können diese Gruben weisen auf eine ähnliche Funktion hin. Die Deutung wahrscheinlich als Vorratsgruben gedeutet werden. als Ofenanlage kann aber ausgeschlossen werden, da Auch solche Gruben, die in der Fläche keinen recht- es sich bei den Lehmpackungen der Bef. 15 und 712 eckigen oder quadratischen Grundriss aufweisen, nicht um gebrannten oder verziegelten Lehm han- deren Profile aber senkrechte Wandungen und plane delt, der bei einer Ofenanlage zu erwarten wäre. Grubensohlen besitzen, können dieser Gruppe an- Zumindest bei Bef. 712 könnte die kompakte gehören. Des Weiteren gibt es auch wenige Gruben, Lehmschicht eine Art Wanne gebildet haben, damit die in Größe und Tiefe diesen Gruben ähneln, aber kein Wasser durchdringt und in ihr Arbeiten durch- anstatt zweier senkrechter Wandungen nur eine auf- geführt werden konnten. Die darunter liegende Gru- weisen, während die andere Wandung in der Mitte be muss somit nicht in Verbindung mit der Lehmpa- abknickt und nach oben schräg zuläuft. Es könnte ckung stehen. Sicher kann aber gesagt werden, dass sich um eine Rampe handeln, die bei der Entnahme die Lehmpackung intentionell eingebracht wurde. von Inhalten entstanden ist. Insgesamt sind im Siedlungsareal 62 graben- Zwei weitere Gruben weisen Besonderhei- artige Strukturen zu erkennen. Vier Gräben konn- ten auf. Es handelt sich um Bef. 15 und Bef. 712 ten aufgrund der starken Frostperiode des Winters (Abb. 2). Letztere war in der Fläche als ovale Verfär- 2010 / 2011 nicht mehr dokumentiert werden. Die bung mit den Maßen 5,00 × 3,30 m zu erkennen. Ihr Profile wurden entweder im Quer- oder Längsschnitt Profil kann als annähernd trichterförmig beschrieben angelegt. werden, sie ist 2,04 m tief. Die ovale Struktur (in der Kritisch sollten die Wölbackergräben und neu- Fläche) zeigt eine deutliche Ähnlichkeit zur Ofenan- zeitliche Gräben gesehen werden. Die durch den lage Bef. 719. Auffällig war an diesem Befund eine Pflug entstandenen Furchen ziehen sich in Brinkum etwa 15–20 cm starke, lehmige Schicht. Sie zog sich in vielen Bereichen über die Fläche. Dabei sind sie, je wannenförmig über die Breite und von der heutigen nach Höhe des Geländes, weniger oder mehr sicht- Oberfläche bis in eine Tiefe von 0,81 m. Im unteren bar und stören ältere Befunde. Durch die regelmäßi- Bereich sind verschiedene Verfüllungen zu erkennen, gen Abstände zwischen den einzelnen Gräben lassen die deutliche Einschlüsse von Holzkohle und Asche sie sich aber dennoch deutlich einordnen. Über das aufweisen, teilweise sogar kompakte Schichten dar- Areal der frühmittelalterlichen Siedlung Brinkum stellen. Hier hat die Grube eine senkrechte Wandung ziehen sich Wölbackersysteme in zwei unterschied- und eine ebene Sohle. Eventuell steht diese Grube in lichen Richtungen. Ein System ist von Nordosten Verbindung mit der Lehmpackung, oder es handelt nach Südwesten, das andere von Westnordwest sich um eine ältere Grube, auf der die Lehmpackung nach Ostsüdost angelegt worden. Im nordöstlichen aufbaut. Auch in Hesel wurde eine Grube dieser Art Bereich des Grabungsareals sind in einigen Berei- dokumentiert (Bärenfänger 1994, 51 Abb. 7). Neben chen mehrere überlappende Grabenstrukturen zu er- der leicht abweichenden Form ist hier vor allem die kennen. Da sie parallel zum Wölbackergraben Bef. wannenförmige, etwa 10 cm starke Lehmpackung in 533 liegen, können sie diesem System zugeordnet der Grube hervorzuheben. In dieser Grube konnte werden. Die Gräben in diesem Bereich wurden alle ebenfalls eine erhöhte Konzentration von Holzkohle geschnitten, und es zeigte sich, dass ihr Verfüllma- nachgewiesen werden. R. Bärenfänger deutet sie als terial deutlich dunkler und homogener war als das Werkgrube (Bärenfänger 1994, 50). von Befunden, die der frühmittelalterlichen Sied- Bef. 15 hat einen ovalen Grundriss mit den Ma- lung zugeordnet werden können. In diesem Bereich ßen 2,25 × 1,60 m. Der Befund reicht 0,50 m in den scheinen die Wölbackergräben tiefer zu gehen, was Boden und weist ein muldenförmiges Profil auf. An- wahrscheinlich auf die Unebenheiten sowie die Hö-

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henunterschiede im Gelände zurückzuführen ist. Pfostenbauten Insgesamt lassen sich 18 Gräben erkennen, die sich über die Befunde der frühmittelalterlichen Siedlung Vier Gebäudegrundrisse lassen sich als Häuser an- erstrecken und als Wölbackergräben angesprochen sprechen (Abb. 2 u.8). werden können. Haus 1 befindet sich im nordwestlichen Bereich Gräben, die der frühmittelalterlichen Siedlung des Grabungsareals und war in der Fläche nur noch zugeordnet werden können, sind zumeist sehr flach sehr schwach zu erkennen. Eine Vielzahl von Tier- und enden nach wenigen Metern. Als Beispiele las- gängen und zwei neuzeitliche Gräben überlagerten sen sich hier die Befunde 429 und 546 anführen. Die und störten den Befundkomplex erheblich. Vor al- geringe Tiefe (Bef. 429: 0,10 m und Bef. 546: 0,18 m) lem im westlichen Bereich des Hauses fehlen Befun- und die geringen Ausmaße (Bef. 429: 4,40 × 0,40 m, de, sodass der Hausgrundriss nicht vollständig zu 546: 7,80 × 0,32 m) stehen in keinem Kontext zu an- erfassen ist. Dennoch ist ein einschiffiger Langbau deren Strukturen der Grabung und lassen keinen zu erkennen, dessen Maße mindestens 12,3 m (oder Schluss auf eine mögliche Funktion zu. Bef. 546 höchstens 13,56 m) Länge × 9,12 m Breite (inklusi- erschien zunächst als Gräbchen, welches sich vom ve der Anbauten) betragen und welcher annähernd Grubenhaus nach Osten entlangzieht. Da aber im West–Ost ausgerichtet ist. Im östlichen Bereich be- westlichen Bereich hinter dem Grubenhaus ein wei- fanden sich einige Pfostenstellungen und ein Wand- terer Abschnitt des Grabens zu erkennen ist, muss gräbchen, die entweder als senkrecht verlaufende der Graben vom Grubenhaus geschnitten werden. Wand oder als apsisförmiger Bereich zu deuten sind. Eine Funktion kann ihm nicht zugeordnet werden. Eine weitere Reihe von Pfosten liegt vor dem Wand- Eine Ausnahme in der Gruppe der Gräben ist Bef. gräbchen. Eventuell handelt es sich hierbei um die 260. Er erstreckt sich mit einer Länge von 20,28 m, erste Wandstellung mit einem dahinterliegenden einer Breite von 1,2 m und einer Tiefe von 0,38 m im Wandgräbchen (Verstärkung der ersten Wand). Es westlichen Bereich des Siedlungsareals. Da der Gra- könnte sich aber auch um einen Anbau bzw. Ausbau ben alle in diesem Gebiet liegenden Befunde überla- des Hauses handeln. gert, ist die Ansprache als frühmittelalterlicher Gra- Zwei auffällige Strukturen zeichnen sich jeweils ben fraglich. Er weist zwar ein großes Fundinventar an der Nord- und Südseite des Hausgrundrisses auf, dieser Umstand kann aber durch das Schneiden ab. Parallel gegenüber liegen zwei Befundkomple- der unter ihm liegenden Befunde herrühren. Auch xe, die sich aus mehreren, sich überschneidenden seine S-Form ist ungewöhnlich. Bei den Gräben, die Pfosten zusammensetzen. Hier scheinen mehrere in Hesel zu erkennen waren, findet sich solch eine Reparaturen oder Verbesserungen am Haus durch- Struktur nicht wieder. Die Gräben dort sind eher ge- geführt worden zu sein. Dass diese Bereiche sich bogen und umlaufen einen bestimmten Bereich, der parallel zueinander an den gleichen Stellen jeweils als Gehöft angesprochen wird (Bärenfänger 1994, beider Längsseiten befinden, scheint eine besonde- 44 Abb. 2; 46 Abb. 3; 49 Abb. 4). re Funktion zu erfüllen. Solch eine Pfostenstellung kann auch in der Nähe zur östlichen Seitenwand beobachtet werden. Es könnte sich um zusätzliche dachstützende Konstruktionen handeln. An beiden Gebäudegrundrisse Reparaturstellen der Längsseiten befinden sich zur Außenseite hin ebenfalls weitere Pfosten. Eventuell Bei den Gebäudegrundrissen in Brinkum handelt erfüllen auch sie eine stützende Funktion. Aufgrund es sich um typische Besiedlungsspuren wie Wohn- der scheinbar unstrukturierten Anordnung der Pfos- häuser, Speicherbauten, Rutenberge und ein Gru- tenstellungen kann nicht sicher entschieden werden, benhaus. Im Folgenden werden diese Komplexe welche Pfosten zu dem Hausgrundriss zählen. Soll- vorgestellt und die Möglichkeit einer Gehöftrekons- ten der östliche Bereich mit der doppelten Pfosten- truktion erläutert. stellung oder das dahinter liegende Wandgräbchen Die Gebäudegrundrisse wurden, soweit es min- mit seinen Pfosten zu dem Hausgrundriss gehören, destens zwei ähnliche Strukturen gab, durchnumme- könnte dies für eine Erweiterung, also eine weitere riert. Strukturen, die nicht deutlich einem Gebäude- Phase des Hauses sprechen. Eventuell wies der Haus- grundriss zugeordnet werden konnten, werden hier grundriss in seiner ersten Phase an den Längsseiten nicht erwähnt. jeweils eine Pfostensetzung auf, die im Laufe der Zeit

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durch Reparaturen und weitere Anbauten zu dem nun erkennbaren Hausgrundriss verändert wurde. In Hollen, Ldkr. Leer, wurden mindestens zehn Haus- grundrisse dokumentiert, die dem frühen bis hohen Mittelalter zugeordnet werden können. Darunter befindet sich ein Hausgrundriss, der dem aus Brin- kum deutlich ähnelt. Auch an den Längsseiten dieses Befundkomplexes sind kleinere Pfostensetzungen zu erkennen. Diese „seitenschiffartigen Anbauten“ wurden entweder nur zur Hälfte oder an den kom- pletten Längsseiten „angekübbt“ (Schwarz 1995, 78; zimmermann 1991, 42; 2002, 164). In diesem Bereich des Hauses kann somit von einer partiellen Drei- schiffigkeit gesprochen werden. Diese Entwicklung setzt W.H. Zimmermann in das 9. Jahrhundert und begründet dies anhand von vergleichbaren Haus- grundrissen in Dalem, Ldkr. Cuxhaven (zimmermann 1991, 42). Auch in Visbek, Ldkr. Vechta, konnten mehrere Hausgrundrisse dokumentiert werden, die Haus 1 in Brinkum ähneln. Diese Häuser werden in das 9. oder 10. Jahrhundert datiert (eckert 2007, 113). Langhaus 1 zeigt einen schiffsförmigen Bau, der an beiden Längsseiten parallel gegenüber wei- tere Pfostenstellungen aufweist (eckert 2007, 113 Abb. 4). Die Breite inklusive der seitlichen „Anküb- bung“ beträgt, wie in Brinkum auch, um die neun Meter (eckert 2007, 111). Haus 2 liegt im südöstlichen Bereich des Gra- bungsareals und ist nach Südwest–Nordost ausge- richtet. Obwohl der Befund durch einen neuzeitli- Abb. 8 Mögliche Hausgrundrisse im Siedlungsareal (Grafik: chen Graben und die moderne Drainage gestört ist, F. Schilling). zeichnete er sich in der Fläche deutlicher als Haus 1 ab. Im Profil waren die Befunde allerdings nur auf eine Konstruktion mit Spaltbohlen hin. Nahezu schwach zu erkennen. Es konnten Wandgräbchen alle Befunde zeigen in ihren Profilen Verfärbungen, mit Pfostenstellungen dokumentiert werden. Insge- die annähernd senkrechte Wandungen und ebene samt umfasst der dreischiffige Langbau eine Fläche Grubensohlen aufweisen. Bei einigen Befunden ist von ca. 19,30 × 4,70 m. In seinem östlichen Teil zeich- die Standspur einer Spaltbohle noch deutlich zu er- net sich durch drei Pfosten ein kleiner Bereich ab, kennen. Unmittelbar in den kleinen, abgegrenzten der vermutlich eine Unterteilung innerhalb des Hau- Raum greift der Rutenberg 2 ein. Leider ist keine ses darstellt. Der entstandene Raum hat eine Größe eindeutige Überschneidung der einzelnen Befun- von ca. 3,00 × 4,70 m. de der beiden Gebäude zu erkennen. Allerdings Es lassen sich keine Hinweise auf einen Eingang ist eine Pfostengrube mit Standspur, die die Maße finden. Dennoch können an der südöstlich gelege- 0,70 × 0,50 × 0,41 m aufweist, nach ihrer Position nen Längswand zwei Bereiche erkannt werden, in deutlich dem Rutenberg 2 zuzuordnen. Ein wei- denen keine Befunde dokumentiert wurden. Diese terer, kleinerer Befund fällt durch seine Maße von müssen aber nicht zwangsläufig auf eine Eingangs- 0,55 × 0,35 × 0,21 m auf. Aufgrund der geringen Tiefe situation hindeuten. Da die anderen Befunde nicht dieses trapezartigen Befundes könnte es sich um ein sehr tief waren, könnten hier ehemals vorhandene Wandgräbchen handeln, das dem Hausgrundriss zu- Verfärbungen auch beim Abtrag des Oberbodens ver- geordnet werden kann. Im Profil ist ersichtlich, dass schwunden sein. die deutlich größere Pfostengrube den kleineren Be- Die Profilschnitte der Wandgräbchen deuten fund schneidet. Somit kann vermutet werden, dass

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der Rutenberg den Hausgrundriss schneidet und er Graben dann nach Südosten ab. Im Profil zeigt sich somit jünger ist. Reparaturmaßnahmen können an dieser Befund als flache Verfärbung ohne Pfostenset- diesem Hausgrundriss nicht festgestellt werden. zungen. Eventuell handelt es sich bei diesem Befund Eine weitere Struktur, bei der es sich um einen um einen Traufgraben, der um das Haus bzw. zumin- Hausgrundriss handelt, liegt im südöstlichen Be- dest um einen Teil des Hauses verlief. reich des Grabungsareals. Die Pfostenstellung weist Am nordöstlichen Ende der Pfostenreihe auch hier auf einen Südwest–Nordost ausgerichte- schließt sich ein Bereich an, in dem etliche Gruben ten einschiffigen Langbau hin. Anhand der noch und Pfosten nicht der beschriebenen Pfostenreihung vorhandenen Befunde kann nur eine Aussage über zugeordnet werden können. Sie weisen keine Struk- den nordöstlichen Bereich des Hauses getroffen wer- tur auf, die einem Hausgrundriss entspricht, und den. Direkt an die im Südosten gelegene Längsseite sind scheinbar in keiner erkennbaren Ordnung ein- schließt die Grabungsgrenze an, das Haus konnte gebracht worden. Auch gibt es hier deutliche Über- nicht vollständig dokumentiert werden. Drei Pfos- schneidungen, die zwar für eine zeitliche Abfolge der tenstellungen sind von größerem Interesse. So sind verschiedenen Gruben und Pfosten sprechen, aber jeweils zwei Pfosten an den Längsseiten und zwei keinen Aufschluss über eine mögliche Gebäude- an der Stirnseite deutlich größer und tiefer als die struktur geben. anderen Pfosten des Grundrisses. Die zwei Pfosten Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Häuser einer Seite liegen auf der gleichen Höhe wie die zwei in Brinkum zwei unterschiedliche Typen repräsentie- Pfosten auf der gegenüberliegenden Seite. Die beiden ren. Zunächst handelt es sich um Bauten mit einem Pfosten der Stirnseite liegen mittig. Es liegt nahe, dass langrechteckigen und einschiffigen Grundriss. Diese es sich bei diesen Pfosten um wesentliche Konstruk- Bauweise wird mit unterschiedlichen Wandkonstruk- tionsbestandteile des Hauses gehandelt haben muss tionen kombiniert. Während die Befunde an Haus 2 und diese wesentlich tiefer in den Boden eingebracht auf eine Wandkonstruktion mit Spaltbohlen hindeu- waren als andere Pfosten. Vergleichbare Hausgrund- ten, ist bei den anderen Häusern kaum ein Hinweis risse aus anderen Siedlungen sind kaum bekannt. auf eine Wandkonstruktion zu erkennen. Dies kann Prägnante doppelte Pfostenstellungen kommen aber bedeuten, dass ehemals existente Wandgräbchen durchaus vor. So sind in Odoorn, Provinz Drenthe durch die spätere Bewirtschaftung der Flächen oder (NL), diese Pfostenstellungen bei einem Hausgrund- durch den Abtrag des Mutterbodens verschwunden riss des Typus A zu erkennen (waterBolk 1973, 49 sind. Zumindest Haus 1 zeigt im östlichen Bereich Abb. 9). H.T. Waterbolk interpretierte diese Pfosten- einen Hinweis auf Wandgräbchen. Zudem ist aus ei- setzungen als Hauseingänge (waterBolk 1973, 28). nem Befund des Hauses 1 ein Brocken verziegelten Von dieser Interpretation muss in Brinkum jedoch Lehms mit einem Abdruck geborgen worden, der auf Abstand genommen werden, denn die Breite der eine Flechtwandkonstruktion schließen lässt. Auch Zwischenräume der Pfosten beträgt höchsten 0,36 m. in weiteren Pfostengruben des Hauses treten verzie- Bei einem weiteren Befundkomplex, der sich im gelte Lehmbrocken auf. Zentrum der Grabungsfläche befindet, könnte es sich Weiterhin ist auffällig, dass drei der vier Häuser um den Überrest eines Hauses handeln. Zu erkennen (Haus 2, 3, und 4) eine übereinstimmende Südwest– ist lediglich eine gerade verlaufende Pfostenreihe, die Nordost-Ausrichtung aufweisen, während Haus 1 wie die anderen Häuser Nordost–Südwest ausgerich- Ost–West orientiert ist. tet ist und eine Länge von ca. 15 m aufweist. Vermut- lich kann sie als Längsseite eines Langbaus gelten. Auffällig sind die zwei Endbereiche der Pfostenreihe. Grubenhaus Jeweils am südwestlichen und nordöstlichen Ende befinden sich parallele Pfostensetzungen zur durch- Das einzige in Brinkum ergrabene Grubenhaus ist gehenden Pfostenreihe. Allerdings befinden sie sich Ostnordost–Westsüdwest ausgerichtet. Es weist an im nordöstlichen Bereich auf der nordwestlichen den Längsseiten eine Länge von ca. 5,48 m und an Seite und im südwestlichen Bereich auf der südöstli- den Schmalseiten eine Breite von ca. 3,30 m auf. Es chen Seite besagter Pfostenreihe. In diesem Bereich konnte eine Schichtabfolge beobachtet werden, die ist parallel zu dieser Pfostenreihe auch ein Befund für mindestens zwei Laufhorizonte spricht (Abb. 9). zu erkennen, bei dem es sich um einen kleinen Gra- Die Trennung der beiden Laufhorizonte erfolgt durch ben handelt. Im südwestlichen Bereich knickt dieser Schicht 6, die aus gelbgrauem Feinsand mit wenigen

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Abb. 9 Profile des im Grubenhaus angelegten Kreuzschnittes. Deutlich zeichnen sich die Laufhorizonte der beiden Phasen ab, die durch Schicht 6 voneinander getrennt sind (Grafik: F. Schilling).

Flecken graubraunen Feinsandes besteht. Sie kann darstellen könnten. Ihr geringer Abstand von 0,85 m als Verfüllung zwischen den beiden Phasen gelten, spricht für einen sehr schmalen Webstuhl. Deutlich die nach Aufgabe des Grubenhauses in der ersten schwieriger ist die Zuordnung des Grabens zu einem Phase über den Laufhorizont eingebracht wurde. der beiden Laufhorizonte des Grubenhauses. Denk- Weitere Strukturen kamen unterhalb dieser Laufho- bar wäre eine Aufgabe und Verfüllung des Webgräb- rizonte zutage. Zu ihnen zählt ein kleines Gräbchen, chens während der ältesten Phase des Grubenhau- das sich von der Mitte der westsüdwestlichen Seite ses. Demnach wäre die Funktion des Webhauses nur zur Mitte der ostnordöstlichen Seite zieht (Abb. 10, für die älteste Phase belegt. Bef. 512.13). An seiner tiefsten Stelle ist es 16 cm Die Pfosten der ältesten und somit der ersten in den anstehenden Boden eingetieft worden. Die Phase des Grubenhauses lassen sich zwar deut- breiteste Stelle ist 50 cm stark. Bei diesem Gräbchen lich zuordnen, ergeben aber kein einheitliches Bild könnte es sich um ein sogenanntes Webgräbchen (Abb. 10). Die Pfostenverteilung erscheint unregel- handeln. So ließen sich in Dalem zwei Grubenhäuser mäßig. Sicher können der ältesten Phase sechs Pfos- des frühen Mittelalters dokumentieren, in denen sol- ten zugeordnet werden. Der Pfosten Bef. 512.52 ist che Gräben anhand ihrer in situ befindlichen Web- als Ausbesserung des Pfostens Bef. 512.38 zu inter- gewichte als Webgräbchen identifiziert werden konn- pretieren. Die Zuordnung zeigt sich deutlich in den ten (zimmermann 1982, 118). Die Eintiefung in den Profilen. Die als älteste Pfosten angesprochenen Be- Boden garantierte eine hohe Luftfeuchtigkeit, die für funde weisen ein helleres Verfüllmaterial als die Pfos- die Verarbeitung von Flachs wichtig ist (zimmermann ten der folgenden Phase auf und werden von diesen 1982, 133). In Brinkum fanden sich keine Webge- geschnitten. Somit befinden sich im Profil N–O vier wichte im Graben. Dennoch erscheint die Anspra- Pfosten und im Profil O–P und P–M jeweils ein Pfos- che als Webgräbchen durchaus gerechtfertigt, denn ten. Weitere Befunde lassen sich der ersten Phase des die zentrale Lage und Durchgängigkeit des Grabens Grubenhauses zuordnen. Im südwestlichen Bereich bietet einen guten Vergleich mit den Webgräbchen des Profils P–M konnte Bef. 512.16 dokumentiert in Dalem. Darüber hinaus liegen zwei Verfärbungen werden, der in das Hausinnere eingreift. Insgesamt im Bereich des Grabens (Bef. 512.40, 512.41), die ist diese Verfärbung 0,91 m lang und 0,13 m tief. Die einen Hinweis auf den Standbereich des Webstuhles Deutung dieses Befundes ist problematisch. Ein

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Abb. 10 Zuordnung der Pfosten des Grubenhauses zu den jeweiligen Phasen (Grafik: F. Schilling).

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Einstieg fällt als Deutungsmöglichkeit aus, da die- lich tiefer in den anstehenden Boden eingebracht ser mit der Längsseite der Dachkonstruktion kolli- worden, und auch ihre Mächtigkeit unterscheidet diert4. Hinweise auf einen anderen Eingang gibt es sie von denen der ältesten Phase. Zur Funktion des aber auch nicht. Sollte es sich nicht um eine Stufe Grubenhauses in der zweiten Phase lassen sich keine handeln, könnte auch ein Einbau im Hausinneren näheren Erkenntnisse gewinnen. Fraglich ist die Zu- denkbar sein. Weitere Strukturen schließen unmit- ordnung des Befundes 512.28. Eine Abgrenzung zum telbar an diesen Befund an. Es handelt sich um Bef. 512.2 ist undeutlich. Er ist mit 0,22 m geringer mehrere grubenartige Strukturen, die in das Innere eingetieft als die anderen Pfosten der jüngeren Pha- des Hauses eingreifen. Ansprache und Einordnung se, und sein Verfüllmaterial ist stark mit Holzkohle der Befunde sind problematisch, denn es ist kaum durchsetzt und sehr dunkel. Dies ist seiner unmittel- zu erkennen, ob die Strukturen erst nach Aufgabe baren Nähe zur Feuerstelle Bef. 512.15 zuzuschrei- des Grubenhauses eingebracht worden sind oder ob ben. Er schneidet den Pfosten Bef. 512.49, der der äl- sie einer der beiden Phasen des Grubenhauses zu- teren Phase angehört, und könnte als Unterstützung zuordnen sind. Im Bereich der Profilstege B–C und des Pfostens Bef. 512.2 gedient haben. D–E, unter denen die Befunde liegen, lassen sich die Auffällig sind die in beiden Phasen angelegten beiden Laufhorizonte nicht – wie in den anderen Pfosten der Ausbesserung. Sie befinden sich aus- Profilstegen – verfolgen (Abb. 9). Sie sind scheinbar schließlich im nordwestlichen Bereich des Gruben- durch Eingriffe und spätere Verfüllungen in diesem hauses, welcher der Wetterseite entspricht. Bereich nicht mehr vorhanden bzw. erheblich gestört Die Feuerstelle des Grubenhauses ist in allen worden. Ein weiterer Befund (512.8) befindet sich Phasen kontinuierlich in der nördlichen Ecke ange- zentral im Grubenhaus und schneidet deutlich bei- legt worden. Im unteren Bereich der Feuerstelle ist de Laufhorizonte. Das Verfüllmaterial dieses Befun- der Sand durch die Hitzeeinwirkung des Feuers röt- des ist heller graubrauner Feinsand, der mit gelbem lich verfärbt. Hinweise auf eine Wandkonstruktion, Feinsand marmoriert ist; das Material scheint sehr z. B. Flechtwerk oder Spaltbohlenwände, lassen sich durchwühlt zu sein. Eventuell handelt es sich hier im gesamten Befund nicht erkennen. um eine Pfostengrube, deren Pfosten bei der Aufgabe des Hauses gezogen wurde. Der Pfosten könnte zur Unterstützung der Dachkonstruktion nachträglich Speicher eingesetzt worden sein und somit als ein weiterer Giebelpfosten gelten. Dafür spricht auch die mittige Auf dem Siedlungsareal befinden sich unter den Ge- Position des Befundes. bäudegrundrissen mehrere Bauten, die als Speicher Während über die Pfostenstellungen und deren angesprochen werden können (Abb. 12). Anzahl in der ersten Phase des Grubenhauses nur ge- Vier Befundkomplexe weisen die im südlichen ringe Erkenntnisse möglich sind, sind die Pfosten der Nordseeküstenbereich typischen Pfostenstellungen zweiten Phase des Grubenhauses deutlich zu erken- eines Rutenberges auf. Als Beispiel sei hier auf die nen (Abb. 10). Es handelt sich in der zweiten Nut- Siedlung in Hesel verwiesen (Bärenfänger 1994, 44 zungsphase um ein Grubenhaus mit zehn gleichzeitig Abb. 2). In Brinkum sind drei solcher Speicher mit stehenden Pfosten, zwei Pfosten zur Ausbesserung Mittelpfosten, davon zwei mit fünf Außenpfosten im nordwestlichen Bereich und eventuell einen zen- (Rutenberg 1: 4,04 m, Rutenberg 3: 3,95 m), einer mit tralen Pfosten. Die vier Ecken weisen jeweils einen sechs Außenpfosten (Rutenberg 2: 4,35 m), sowie ein Pfosten auf, an den Schmalseiten befindet sich je ein Rutenberg ohne Mittelpfosten (Rutenberg 4: 3,45 m) Pfosten und an den Längsseiten sind je zwei Pfosten zu nennen. mittig und parallel zueinander errichtet worden. Alle Weiterhin lassen sich zwei Vierpfostenspeicher Pfosten dieser Phase schneiden den älteren Laufho- erkennen (Vierpfostenspeicher 1: 1,72 × 2,18 m; Vier- rizont und weisen im Gegensatz zu diesen Pfosten pfostenspeicher 2: 3,50 × 2,86 m). Da überwiegend ein sehr dunkles Verfüllmaterial auf. Ferner sind Speicherbauten mit mehr als neun Pfosten im Sied- diese Pfosten mit einer Tiefe von 0,30–0,92 m deut- lungsareal zu finden sind, könnte es sich bei diesem Speicher um eine Variation eines Rutenberges han-

4 Bei einem langrechteckigen Grundriss verläuft der Giebel parallel zu deln (vgl. Volmer / zimmermann 2012, 59, Fig. 36). den Längsseiten und bildet ein Satteldach. Die Seiten des Daches sind Bei allen Mehrpfostenspeichern handelt es sich dem Boden sehr nahe. Ein Eingang erwiese sich unter diesen Umstän- den als schwierig. um Gebäude, deren drei Pfostenreihen parallel zu-

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Abb. 11 Speicherbauten im Siedlungsareal von Brinkum (Grafik: F. Schilling).

einander verlaufen. Die Speicher haben eine unter- mit kann nicht festgestellt werden, in welcher zeitli- schiedliche Anzahl an Pfostenstellungen, die in etwa chen Abfolge sie zueinander stehen. einen gleichen Abstand zueinander aufweisen. Von Bei Speicher 3 handelt es sich um einen Zwölf- ihnen gibt es auf dem Siedlungsareal sieben Stück. pfostenspeicher, der annähernd Nordost–Südwest Bei Speicher 1 handelt es sich wahrscheinlich ausgerichtet ist und sich im zentralen Bereich der um einen 15-Pfostenspeicher, der Ost–West ausge- Fläche befindet. Insgesamt hat der Speicher eine richtet ist. Eventuell wurde dieser Befundkomplex Länge von 10,84 m und ist 4,94 m breit. Des Wei- nicht vollständig erfasst, da die Grabungsgrenze un- teren überschneidet sich dieser Speicher mit dem mittelbar an den Befund anschließt und zumindest Speicher 4, der sich im südöstlichen Bereich vom im westlichen Bereich der Gebäudestruktur Pfos- Speicher 3 befindet. tenstellungen fehlen. Die gesamte erkennbare Länge Speicher 4 ist ein 9-Pfostenspeicher und des Speichers beträgt 12,90 m. Im östlichen Bereich schließt direkt an Speicher 3 an. Mit den Maßen von ist der Komplex 4,30 m breit und verbreitert sich im 6,26 × 5,26 m ist er als einziger Mehrpfostenspeicher westlichen Bereich auf 4,88 m. annähernd quadratisch. Wie oben für Speicher 3 er- Um einen weiteren 15-Pfostenspeicher handelt wähnt, gibt es keine Überschneidungen der Pfosten, es sich bei Speicher 2. Er befindet sich in der westli- anhand derer eine chronologische Abfolge der bei- chen Ecke der Fläche und ist annähernd Nordwest– den Gebäude ermittelt werden kann. Südost ausgerichtet. Im nordwestlichen Bereich des Speicher 5 ist ein 12-Pfostenspeicher, der un- Speichers sind, bedingt durch die Grabungsgrenze, mittelbar im südöstlichen Bereich des Hauses 2 weitere mögliche Pfostenstellungen nicht dokumen- anschließt und wie dieses Südwest–Nordost ausge- tiert worden. Die erkennbare Länge des Gebäudes richtet ist. Da im südöstlichen Bereich die Grabungs- beträgt 10,52 m auf einer Breite von 5,20 m. Im nord- grenze anschließt, konnten drei der 12 Pfosten nicht westlichen Bereich befindet sich der Vierpfostenspei- dokumentiert werden. Mit einer Länge von 10,30 m cher 2. Es sind bei den Pfostenstellungen der beiden und einer Breite von 5,72 m ähnelt er in Aufbau und Speicher keine Überschneidungen zu erkennen, so- Größe dem Speicher 3.

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Speicher 6 liegt im südöstlichen Bereich der 1994, 44 Abb. 2; 46 Abb. 3; 49 Abb. 4), können in Grabungsfläche. Es kann nicht sicher festgestellt Brinkum nicht beobachtet werden. Dies kann u. a. werden, wie viele Pfosten zu diesem Speicher ge- darauf zurückzuführen sein, dass die Gräben nicht hören. Es müssen aber mindestens zwölf Pfosten tief in den Boden eingegriffen haben und bei der Do- sein. Im nördlichen Bereich ist ein weiterer Befund kumentation und Untersuchung der Siedlung nicht dokumentiert worden, der nicht unbedingt zu dem mehr erkannt worden sind. Speicher gehören muss, da er nicht in der Flucht Im westlichen Bereich des Siedlungsareals be- der anderen Pfostenstellungen liegt. Im südlichen finden sich das Haus 1 und der Speicher 2. Im west- Bereich fehlt ein Pfosten in der letzten Pfostenreihe lichen Bereich des Speichers 2 befindet sich zudem des Speichers. Die Länge des Speichers beträgt etwa der Vierpfostenspeicher 2. Die unmittelbare Nähe 8,50 m und er ist 4,40 m breit. der Befundkomplexe von Haus und Speicher legt Ein weiterer Mehrpfostenspeicher befindet sich nahe, dass einer der Speicher und das Haus als ein im zentralen Bereich des ergrabenen Siedlungsare- zusammengehörender Wirtschaftsbetrieb anzusehen als (Speicher 7). Es handelt sich höchstwahrschein- ist. Auch der Graben Bef. 260 mit seiner Verlänge- lich um einen Zwölfpfostenspeicher, dessen äußere rung Bef. 357 könnte zur Begrenzung dieses Ge- Längsreihen von jeweils vier Pfosten gebildet wur- höfts angelegt worden sein. Die Grube Bef. 267, die den. Die innere Pfostenreihe lässt sich nicht deutlich eventuell die Funktion einer Zisterne erfüllte, liegt zuordnen. Es scheinen aber in dieser Reihe fünf an- nahe bei den beiden Gebäuden, und eine gedach- statt vier Pfosten verbaut gewesen zu sein. Sechs der te Verlängerung des Grabens würde diese Grube in Pfosten fallen durch ihre massive und ähnliche Grö- den Bereich des Gehöfts einbeziehen. Der Graben ße sowie durch ihre symmetrische Anordnung auf. könnte in diesem Fall die Umgrenzung des Gehöf- Es ist also fraglich, um welche Konstruktion es sich tes gewesen sein. Gegen die Zusammengehörigkeit bei diesem Befundkomplex handelt. Die Ausrichtung der beiden Gebäude spricht allerdings ihre unter- dieses Gebäudes ist annähernd nordöstlich–südwest- schiedliche Ausrichtung. Während Haus 1 als einzi- lich, es hat die Maße 7,76 × 4,26 m (Zwölfpfosten- ger Hausgrundriss der Grabung West–Ost orientiert speicher) oder 5,40 × 4,28 m (Sechspfostenspeicher). ist, ist Speicher 2 Nordwest–Südost ausgerichtet. Bei Dieser Typ des Mehrpfostenspeichers, recht- einem Vergleich mit den Gehöften der frühmittelal- eckig und mit drei parallelen Pfostenreihen (water- terlichen Siedlungen Hesel und Dalem zeigt sich, Bolk 2009, 112), bei denen die Anzahl der Pfosten in dass die Gebäude sich stark aufeinander beziehen jeder Reihe gleich ist, kommt im frühen Mittelalter und eine gemeinsame Ausrichtung nahezu bei allen häufig vor. So finden sich im nahe gelegenen Hesel Gehöften zu erkennen ist (vgl. Bärenfänger 1994, Speicherbauten mit 15er- und 12er-Pfostenstellungen 44 Abb. 2; 46 Abb. 3; 49 Abb. 4; zimmermann 1991, (Bärenfänger 1994, 66). Sie ähneln denen in Brin- 40 Abb. 2). kum sehr. Auch in den Niederlanden gibt es solche Die Gebäude eines möglichen zweiten Gehöftes Baustrukturen aus dem frühen Mittelalter. Beispiele sind beide mit einer Ausrichtung von Südwest–Nord- sind hier die Fundplätze Gasselte, Provinz Drenthe, ost errichtet worden. Speicher 5 und Haus 2 sind und Peelo, Provinz Drenthe (waterBolk 2009, 118 mit einem Abstand von ca. 3 m zueinander erbaut Abb. 81). worden. Zudem befinden sich in unmittelbarer Nähe zu diesen Gebäuden eine Ofenanlage (Bef. 719) und eine mögliche Zisterne (Bef. 275). In Haus 2 greift im Mögliche Gehöftrekonstruktionen nordöstlichen Bereich der Rutenberg 2 ein. Dieser kann somit nicht zu diesem Gehöft gehören. Sicher- Gehöftrekonstruktionen sind in Brinkum schwierig, lich gehört der davor liegende Vierpfostenspeicher 1 da dem ersten Anschein nach kaum zusammenhän- dazu. Im nordwestlichen Bereich des Langbaus liegt gende Gebäude innerhalb der Siedlung zu erkennen der Rutenberg 1, der eventuell ebenfalls diesem Ge- sind. Die Gebäude liegen teilweise in unmittelbarer höft zugeordnet werden kann. Eine eindeutige Be- Nähe zueinander, können aber nicht immer zu einem grenzung dieses Gehöftes kann aber nicht ermittelt wirtschaftlichen Betrieb zusammengefasst werden. werden, da Zaunspuren oder Gräben fehlen. Auch gibt es deutliche Überlagerungen von Gebäu- Die gesamte Fläche des Gehöftes inklusive der den. Gräben als Umzäunung eines Gehöftes, wie sie Ofenanlage und der möglichen Zisterne beträgt etwa zum Beispiel in Hesel anzutreffen sind (Bärenfänger 990 m2. Dies entspräche in etwa der Größe des Ge-

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höftes 1 in Hesel (Bärenfänger 1994, 44 Abb. 2). klein sind5. Die Keramik von Brinkum wurde für die Eine Analyse diverser frühmittelalterlicher Gehöf- Muschelgruskeramik in acht Warenarten und für die te im nordwestdeutsch-niederländischen Raum Granitgruskeramik in vier Warenarten eingeteilt. zeigt, dass sie zumeist eine Größe zwischen 1000– Die Muschelgruskeramik hat ihren Namen nach 3000 / 3500 m2 aufweisen (gärtner 2004, 101). Das ihrer charakteristischen Magerung erhalten. Zur Gehöft in Brinkum kann daher als eher kleine wirt- Herstellung wurden Muscheln, zumeist Stücke der schaftliche Einheit betrachtet werden. gerippten Cardiumschale (ugs. Herzmuschel; Stilke Bei den Häusern 3 und 4 ist es weitaus prob- 1995a, 34) zu kleinen Stücken zermahlen und dem lematischer, eine Gehöftstruktur zu erkennen, als Ton beigemengt. Die spezielle Magerung der früh- bei den ersten beiden Häusern. Hausgrundriss 3 mittelalterlichen Keramik des südlichen Nordseege- kann mit einem der beiden Rutenberge 3 und 4 in bietes wurde zunächst nicht deutlich erkannt. Dies Verbindung stehen, ebenso mit der brunnenartigen kann auf die verschiedenen Lagerungsbedingungen Wasserschöpfstelle Bef. 880. Diese könnte wiederum zurückgeführt werden. Während in einem Boden auch zu dem Speicher 6 gehören. Haus 4 kann eben- mit hohem Sauerstoffgehalt oder einem hohen, ste- so einem der beiden Rutenberge 3 und 4 zugeordnet henden Grundwasserspiegel die Muschelpartikel werden sowie auch dem Speicher 7. im Scherben erhalten bleiben, werden sie in einem Die Existenz anderer wirtschaftlicher Einheiten wasserdurchlässigen Sandboden zersetzt (Steuer ist aufgrund der zahlreichen weiteren Gebäude zu 1974, 110–111). Die Muschelgruskeramik tritt so- vermuten. Gehöfte lassen sich aber kaum erkennen, mit in zwei unterschiedlichen Erscheinungsformen wenn das Hauptgebäude sich nicht klar ansprechen auf, die zunächst in der Forschung als Keramik mit lässt. Ein Hauptgebäude muss in einem Gehöft even- unterschiedlichen Magerungsbestandteilen angese- tuell aber auch nicht zwingend existiert haben. So hen wurde. Für die Keramik mit Fehlstellen zog W. weisen beispielsweise in Hesel die Gehöfte 3 (Bären- Hübener eine Magerung aus organischen Materiali- fänger 1994, 49 Abb. 4) und 4 (Bärenfänger 1994, en in Betracht, die nach dem Brennen verschwunden 53 Abb. 8) keinerlei größeres Gebäude auf und sind sei (hüBener 1959, 24; vgl. dazu zylmann 1938, 67). nur über einen Mehrpfostenspeicher, einen Ruten- Für die Keramik mit sichtbaren Magerungsbestand- berg und einen mehrere Werkgruben einfassenden teilen nahm er „kleinste Kalkbröckchen (aus zersto- Graben definiert. Auch diese Art von Gehöften ßenen Muscheln?)“ an (hüBener 1959, 25). Im Laufe könnte in Brinkum vorkommen. der Zeit wurde jedoch erkannt, dass es sich bei den beiden Varianten um eine Keramikart mit nur einer Magerungsart handelt (Schindler 1959, 70; hahn 1977, 53). Darüber hinaus stellte man fest, dass im Das Fundmaterial Ton der der Muschelgruskeramik von Hamburg bra- ckische Diatomeen zu finden sind, was darauf schlie- ßen ließ, dass es sich bei dem Herkunftsgebiet des Die Muschelgruskeramik verwendeten Tons um Marschgebiete handeln muss (Schindler 1959, 70). Neben einem hohen Anteil keramischer Artefak- Weitere größere Arbeiten über Muschelgrus- te beinhaltet das Fundinventar auch Metallfunde, keramik aus der Südsiedlung Haithabus und von der Schlacken, Tierknochen und Mahlsteinreste. Wurt Elisenhof veröffentlichten H. Steuer und W.-D. Insgesamt konnten 8.355 Scherben dokumen- Tempel (1974; 1979). tiert werden. Aus dieser Vielzahl von Scherben Jüngste Arbeiten stammen aus den 1990er-Jah- konnten 27 Gefäßfragmente zusammengesetzt wer- ren, als mehrere Fundplätze mit Muschelgruskera- den. Weiterhin lassen sich 18 Henkel und zwölf Tül- mik von der Geest und aus der Marsch publiziert len finden, dazu ein Standring und ein Grapenfuß. wurden. Die von H. Stilke bearbeiteten Fundplätze Das Gesamtgewicht der Keramik beträgt 98,33 kg. (Stilke 1995b) und Oldorf, Ldkr. Friesland Von den 8.355 Scherben konnten 4.508 (53,95 % (Stilke 1993; 1995), die von J. Tiemeyer behandelte der absoluten Scherbenanzahl, insgesamt 86,5 kg des Wurt Niens, Ldkr. Wesermarsch, und die Dorfwüs- gesamten Gewichtes) zur Einteilung in verschiedene Warenarten herangezogen werden, 3.847 Scherben 5 Es handelt sich um Scherbenfragmente mit einem Durchmesser von sind Fragmente, die für eine genauere Zuweisung zu 1–3 cm und einem Gewicht von 1–9 g.

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tung Dalem (tiemeyer 1995) sowie die Dorfwurt vom Küstenstreifen der ostfriesischen Halbinsel der Feddersen Wierde (Schmid 1995) sind Fundplätze, Anteil an Muschelgrusware in den Keramikspektren die einen hohen Anteil an Muschelgruskeramik abnimmt. So beträgt der Anteil der mit Muschelgrus aufweisen. Bei den ersten drei Fundplätzen handelt gemagerten Keramik in Dalem nur 5,84 % an der ge- es sich um Wurten in Marschgebieten. Im Bereich samten ausgewerteten Keramik (tiemeyer 1995, 258) der Geestsiedlungen sind kleinere Aufsätze veröf- und in Warendorf nur 3,7 % (röBer 1990, 18). fentlicht worden. R. Bärenfänger beschreibt für die Die Keramik einer Fundstelle ist für die Datie- Siedlung Hesel eine Grube, in der Fehlbrände ge- rung von großer Bedeutung. Dies gilt insbesondere, funden wurden. Dies interpretiert er als einen ersten wenn die Keramik nicht aus Straten gewonnen wer- Hinweis auf eine Produktionsstätte (Bärenfänger den konnte (Stephan 1978, 14). Schon W. Haarna- 1992, 64). Bis heute ist kein vergleichbarer Befund gel deutet die frühgeschichtliche und mittelalterliche in einer anderen Siedlung beobachtet worden. Sollte Keramik der Nordseeküste als „schwer erfaßbar“. die Interpretation R. Bärenfängers stimmen, liegt der Als Grund sah er das nicht immer klar gegliederte Schluss nahe, dass die Muschelgrusware in lokaler Formengut, die geringe Zahl an datierbaren Beiga- Produktion hergestellt wurde. ben und den geringen typologischen Wandel der Muschelgruskeramik ist von zahlreichen Fund- Gefäßformen vom 7. bis zum 9. Jahrhundert. Ohne plätzen entlang der Küste zwischen dem Ijsselmeer datierende Funde oder klar getrennte Wohnhori- und der Wesermündung bekannt. Für den Küs- zonte in den Siedlungen sei es nur schwer möglich, tenstreifen zwischen unterer Ems und dem Jade- die Keramik in die genannten Jahrhunderte einzu- busen, also auf der ostfriesischen Halbinsel, ist ein ordnen (haarnagel 1959, 41). Für H. Stilke wiede- deutlich erhöhter Anteil der Muschelgruskeramik in- rum bildete die Muschelgruskeramik aufgrund ihrer nerhalb der Siedlungen zu verzeichnen (Stilke 2001, zahlreichen Vorkommen in Grabfunden und Sied- 194). Dieser Anteil liegt zumeist bei 90–100 %. Aber lungen eine Gruppe innerhalb der mittelalterlichen auch in den Regionen, die an dieses Gebiet angren- Keramik, welche gut einzuordnen bzw. zu datieren zen, ist die Muschelgrusware vertreten. Im Westen ist (Stilke 1995a, 34). reicht die Verbreitung bis in das nördliche Belgien Im Allgemeinen wird die Muschelgruskeramik und im Norden hinauf bis ins südliche Dänemark. in den Küstengebieten in das frühe Mittelalter da- Vereinzelt gelangte auch Keramik über Handelswege tiert, mit einer Hochphase im 9. Jahrhundert (Stilke in andere Regionen. H. Stilke spricht hier nicht von 1995a, 34; 2001, 195). Für die Muschelgruskeramik einem Handel mit den Gefäßen oder als Transport- zog H. Steuer – unter Berücksichtigung der ihm be- mittel, sondern von einer Mitführung als Alltagsge- kannten Befunde – den Schluss, dass die Hauptpha- schirr (Stilke 2001, 194). Bis nach Skandinavien und se der Muschelgruskeramik im 9. Jahrhundert sei. in den slawischen Bereich hinein lässt sich vereinzelt Der Beginn dieser Ware liegt für ihn „um oder nur Muschelgrusware finden. Ein weiteres Gebiet ist die wenig vor 800 und das Ende um oder kurz nach 900“ englische Nordseeküste, an der die Sesshaftigkeit (Steuer 1974, 117). von friesischen Händlern belegt ist (Stilke 2001, Im Lauf der Forschung wurden immer wieder 194). Die Keramik wurde aber nicht nur durch Han- neue Ansätze zur Datierung publiziert. Hauptsäch- del nach England gebracht, sondern auch vor Ort lich zur Anfangsphase der Muschelgruskeramik gibt produziert. Sie wurde auf der Drehscheibe gefertigt, es dendrochronologische Daten. So wurde in der und zur Magerung wurden andere Muscheln als in Wurt Elisenhof, Ldkr. Nordfriesland, die Schicht 5 den norddeutschen bzw. nordeuropäischen Regi- „um oder nach 722“ datiert. In der darüber liegen- onen verwendet. Die jüngsten Funde stammen aus den Schicht tritt zum ersten Mal Muschelgruskera- Befunden des späten Mittelalters sowie der frühen mik auf (Steuer / tempel 1979, 27). Allerdings muss Neuzeit (Stilke 2001, 198). bei diesen Daten immer berücksichtigt werden, dass Inzwischen wurden zahlreiche Siedlungen un- sie sich auf das Fällldatum der Hölzer beziehen, mit- tersucht, für die im Fundmaterial ein sehr hoher An- hin eine eventuelle Wiederverwendung des Holzes teil an Muschelgruskeramik (< 90 %) festzustellen ist. gegeben sein könnte, was zu einer älteren Datierung Es bestätigt sich damit, dass Ostfrieslands Küste eine führen kann (Stilke 2001, 196). Region gewesen ist, in der dies die wichtigste Kera- Für die Wurt Niens konnte die Siedlungs- mikart war. Dies zeigt sich beispielsweise daran, dass schicht 1 anhand dendrochronologischer Daten in mit der zunehmenden Entfernung eines Fundplatzes die Jahre 731, 733 und 735 sowie „um oder nach

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726“ datiert werden. In dieser Schicht tritt keine Siedlungsschicht 3 Muschelgrusware und neben har- Muschelgruskeramik auf. Alle Proben wurden aus ter Grauware auch frühe Pingsdorfer Keramik, die Pfosten von verschiedenen Häusern entnommen die Badorfer Keramik um ca. 900 ablöst (tiSchler (Brandt 1991, 122). 1952; Sanke 2001, 298), ein Indiz dafür, dass Mu- In der Siedlungsschicht 3 tritt zum ersten Mal schelgrusware zumindest zu Beginn des 10. Jahrhun- vereinzelt Muschelgruskeramik auf. Da der Anteil derts immer noch in Gebrauch gewesen ist (Stilke von Muschelgrusware innerhalb der Schicht nur 1995a, 47). Da der Anteil der Muschelgruskeramik 4,44 % beträgt, scheint hier – sofern man nicht von auf unter 20 % sinkt, scheint der Umlauf aber seinem einer Umlagerung älteren Materials ausgeht – tat- Ende zuzugehen. Bereits in der Siedlungsschicht 4 sächlich das Aufkommen der Muschelgruskeramik beträgt der Anteil an Muschelgrusware einen so ge- zu fassen sein. Dies würde bedeuten, dass die Mu- ringen Wert, dass H. Stilke nur noch von Verlagerun- schelgrusware im zweiten Drittel des 8. Jahrhunderts gen durch Bodenbewegungen ausgeht (Stilke 1995, einsetzt, da angenommen wird, dass dieser Sied- 334). lungshorizont eben dieser Zeit entspricht (tiemeyer Unklar ist allerdings, ob zu diesem Zeitpunkt 1995, 294). Muschelgrusware überhaupt noch hergestellt wor- Für die Siedlung Warendorf, Ldkr. Warendorf, den ist (so aber Stilke 1995a, 47). Denn in Emden, geht R. Röber von einem ersten Auftreten von Gefä- Schicht P, die von H. Stilke in die Zeit um 1000 da- ßen der Muschelgrusware für die Zeit von 770–780 tiert wird, kommen 60,53 % weniger Muschelgrus- aus (röBer 1990, 88). Dieser Wert deckt sich in etwa ware vor als in der Schicht S / R (Stilke 1995a, 48 mit dem Datum, das für die Dorfwurt Oldorf ange- Abb. 12). Dies könnte auch bedeuten, dass die Ware setzt wird. Hier wurde eine Münze unterhalb des noch im Umlauf war und als Abfall in den Boden ersten und massiven Vorkommens der Muschelgrus- kam. Dies würde im Umkehrschluss bedeuten, dass ware gefunden, die Ludwig dem Frommen zugeord- ab der Zeit um 1000 in Emden Muschelgrusware net werden kann (814–840). Zudem wird in dieser nicht mehr produziert wurde. Schicht die Walsumer von der Badorfer Ware abge- Wie schon erwähnt, ist das charakteristische löst, was eine zeitliche Eingliederung in das letzte Merkmal dieser Keramik die Magerung des Tons mit Drittel des 8. Jahrhunderts bedeutet (Stilke 1995a, Muschelgrus, und zwar unabhängig von der Gefäß- 47). Dies bestätigt J. Tiemeyers und R. Röbers Da- form. Gehörten in der Römischen Kaiserzeit und Völ- tierungen für die Siedlungen Niens und Warendorf. kerwanderungszeit noch die Kümpfe und Töpfe und Die dendrochronologischen Daten zweier Ei- an der Küste im frühen Mittelalter die Eitöpfe zum chenhölzer eines Brunnens des Gehöftes III der alltäglichen Geschirr (Stephan 1978, 16), vollzog sich Grabung in Hesel ergaben ein Datum von 791 ±10. im Verlauf des frühen Mittelalters eine Wandlung Da die Hölzer keinerlei Nachweis auf eine sekundä- der Gefäßtypen. Kugeltöpfe und Tüllenschalen be- re Verwendung aufwiesen, kann davon ausgegangen herrschten nun das Bild des keramischen Alltagsge- werden, dass sie relativ schnell nach dem Fälldatum schirrs in den Siedlungen an der Nordseeküste. Auch in den Boden gelangten. Von einem Brunnen des sogenannte Kugelkannen treten auf. Ihre Benennung Gehöftes IV der gleichen Fundstelle konnte nur ein geht auf W. La Baume zurück. Einen direkten ersten Holz zur Datierung herangezogen werden. Das viel Bezug stellt La Baume zur fränkischen Tonware her jüngere Datum, welches auf „nach 700“ festgelegt (Badorfer Ware). Er vermutet in der Kugelkanne eine wurde, zeigt, dass dieses Holz eventuell, anders als Nachahmung der fränkischen Formen, die (bereits) beim Brunnen des Gehöftes III, sekundär verwen- auf der Drehscheibe produziert wurden (la Baume det wurde. Darauf lassen auch die Glättung und eine 1952, 42). Eine Kugelkanne zeichnet sich durch die Durchbohrung des Holzes schließen. Beide Gehöfte Kombination eines randständigen Henkels und ei- verfügten über ein Keramikspektrum mit Muschel- ner gegenüberliegenden Ausgusstülle aus, die an ih- grusware und können in das frühe 9. Jahrhundert rer Austrittsstelle am Rand ca. 2,5–3 cm breit ist und datiert werden (Bärenfänger 1994, 58). sich zur Mündung hin verjüngt. Alle Gefäßformen Während das Anfangsdatum somit geklärt zu sind in Brinkum nachzuweisen. sein scheint und demnach die Hauptphase der Mu- Auch für die von anderen Fundorten bekannten schelgruskeramik im 9. Jahrhundert liegt, ist die Verzierungsmuster der Muschelgruskeramik lassen Frage eines Vorkommens im 10. Jahrhundert umso sich im Fundgut aus Brinkum Beispiele benennen. schwerer zu beantworten. So ist in Oldorf in der Die im „lederharten“ Zustand des zu verzierenden

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Abb. 12 Auswahl der Verzierungen im Keramikinventar von Brinkum: 1 Fingertupfen (WA 2130); 2 Ritzverzierung (WA 2130); 3 Quadrati- scher Stempeleindruck (WA 2126); 4 Quadratischer Stempeleindruck (WA 2127); 5 Runder Stempeleindruck (WA 2127). M 1 : 3. (Grafik: F. Schilling).

Gefäßes aufgebrachten Dekore (grüninger 1965, halb der Größe und der Gitterstärke bzw. der Git- 7) befinden sich im Bereich der Gefäßschulter. Ins- terdichte unterschiedlich. Der kleinste Durchmesser gesamt sind neun Gefäßfragmente und 28 einzelne eines Stempels beträgt 8 mm, der größte 1,8 cm. Der Scherben verziert. Das sind 1,46 % der gesamten Abstand zwischen den einzelnen Gitterlinien beträgt Muschelgrusware aus Brinkum. Dies erscheint zu- 1–2 mm, die Gitterlinienstärke liegt mit 1 mm darun- nächst ein sehr geringer Anteil zu sein. Doch liegt ter. Die Kästchen des Gitters sind 1–3 mm groß. Bei der entsprechende Wert für Emden bei etwa 1 %. drei Randscherben sind die Stempelverzierungen in Der für Brinkum ermittelte Wert liegt auch etwas einer Doppelreihe angeordnet. über dem Durchschnittswert anderer Fundplätze Ein Gefäßfragment der WA 2552 weicht erheb- (Stilke 1995a, 43). Neben Strich-Ritzverzierungen lich von den anderen stempelverzierten Gefäßen ab und Fingertupfen (Abb. 12,1 / 2) sind vor allem die (Abb. 13). Zunächst handelt es sich bei der Gefäß- Gitterstempelverzierungen erwähnenswert. Auf drei form nicht um einen Kugeltopf, sondern um einen Gefäßfragmenten und 14 Scherben, davon je sieben Kumpf. Diese Form ist im gesamten Fundkomplex Rand- und Wandscherben, sind Verzierungen mit ei- in Brinkum einzigartig. Die Magerung des Gefäßes nem Gitterstempel aufgetragen. Innerhalb der stem- ist mit Granitgrus und nicht mit Muschelgrus herge- pelverzierten Gefäßfragmente und Scherben gibt es stellt. Die Verzierung mit einem Stempel erfolgte im zwei Arten von Stempeln. Ein Gefäßfragment, fünf Bereich unterhalb des Randabschlusses. Der Durch- Randscherben und drei Wandscherben sind mit ei- messer des Stempelabdruckes beträgt 1,5 cm. Er be- nem kreisrunden Gitterstempel verziert (Abb. 12,5). steht aus drei waagerechten Linien, die von einer Dieser kreisrunde Abdruck des Stempels ist inner- senkrechten Linie gekreuzt werden, sodass jeweils

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Abb. 13 Importgefäß, Kumpf mit Stempelverzierung. M 1 : 3. (Grafik: F. Schilling).

vier Felder auf jeder Seite entstehen. Vergleichbar ist gedrückt, so unterscheiden sich bei diesem Stempel dieser Stempel mit den Kreuzstempeln, die bereits die Gitterlinien in der Höhe nicht von der Umgebung seit der Völkerwanderungszeit bekannt sind und sich des Stempels (Abb. 12,4). Der Stempel hat mindes- bis ins hohe Mittelalter nachweisen lassen, aber bis- tens 20 Kästchen. lang nicht auf Muschelgrusware nachgewiesen wur- Bei den Stempelabdrücken weisen die Balken den (Steuer 1974, 122). Im Schulterbereich des Ge- teilweise unterschiedliche Breiten auf und ergeben fäßes ist eine Art Henkel oder Öse geformt worden, somit ein unregelmäßiges Bild. Auch die Anord- in der eventuell ein Band für eine Hängevorrichtung nung und Ausrichtung der Stempeleindrücke zeigt eingeführt werden konnte. In Altenrheine bei Rhei- kein einheitliches und sorgfältig ausgeführtes Bild. ne wurde in einer Siedlung, die von der Eisenzeit Auffällig ist ein im Randbereich zu 70 % erhaltenes bis ins frühe Mittelalter belegt ist, ein Topf gefunden, Gefäßfragment mit einer doppelreihigen Stempelver- der dem Gefäß aus Brinkum ähnlich ist (hülSmann zierung und einem Randdurchmesser von 25 cm. Die 1999, 136). Auch er hat eine kleine Öse auf der Ge- Stempelgröße beträgt 0,9 × 0,9 mm. Vier waagerechte fäßschulter und ein kurz unter dem Randabschluss werden von drei senkrechten Gitterlinien, die 1 mm liegendes Band aus kreisrunden Stempeln. Dieser breit sind, gekreuzt. Die Kästchen, die somit entste- unterscheidet sich im Abdruck deutlich von dem hen, haben eine Größe von je 1 × 1 cm. In einigen Exemplar in Brinkum. Er zeigt ein einfaches Kreuz Bereichen liegen die Stempeleindrücke direkt unter- aus einem waagerechten und einem senkrechten einander, in anderen Bereichen sind sie versetzt. Balken. In der Siedlung Altenrheine ist zusätzlich, In Brinkum gibt es drei Gefäßfragmente, einen mit der einheimischen Keramik vergesellschaftet, komplett erhaltenen Rand und elf Scherben, die im auch Muschelgruskeramik gefunden worden. Dieser Randbereich Bohrungen aufweisen. Die Bohrlöcher Austausch von Keramik belegt Handelsbeziehungen können häufig im Randumbruch, zwischen dem zwischen den beiden Regionen. Auch in Warendorf Randabschluss und der Schulter der Gefäße, beob- lassen sich Gefäße finden, die der Form des Brinku- achtet werden. Die Bohrung wurde ausschließlich mer Kumpfes ähneln. R. Röber fasst diese Gefäße nach dem Brand der Gefäße durchgeführt. Dies kann unter der Bezeichnung Randtyp 9 zusammen, der anhand des sichtbaren Scherbenkerns im Bereich Gefäße mit einem senkrecht stehenden und kurzen des Lochs erkannt werden. Rand mit einer Halskehle umfasst (röBer 1990, 18). Die Löcher sind mit unterschiedlichen Abstän- Die zweite Variante der Verzierung ist die eines den in die Keramik gebohrt worden. Die geringste quadratischen bzw. rechteckigen Stempeleindrucks Weite beträgt 2 cm und der weiteste Abstand 6,5 cm. (Abb. 12,3). Auf diese Weise sind im Brinkumer Der Durchmesser schwankt zwischen 0,2 und 0,6 cm. Fundkomplex ein Gefäßfragment und sechs Scher- In Brinkum gibt es zwei Gefäße, die aufgrund ben, davon zwei Randscherben und drei Wandscher- ihrer Bohrungen eine Besonderheit darstellen (Abb. ben, verziert. Es gibt Stempel mit neun Kästchen und 14,1 / 2). Ein kleines Gefäßfragment hat eine Boh- welche mit 20 Kästchen. rung auf der Gefäßschulter und eine im unteren Ein Stempelabdruck kommt nur einmal im Bereich. Ein weiterer Scherben mit Bohrung im Keramikinventar vor. Sind bei den anderen Stempeln Randbereich gehört zu dem Gefäß. Zwei Löcher im zu den einzelnen Kästchen auch die Gitterlinien ein- Randbereich und eines im unteren Bereich des Ge-

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Abb. 14 Bohrlöcher in Keramikgefäßen 1 Vierfache Bohrung (WA 2130); 2 Bohrung im oberen und unterem Bereich des kleinen Gefäßes (WA 2130). M 1 : 3. (Grafik: F. Schilling).

fäßes sind in Brinkum nur an diesem einen Gefäß zu Phänomen ist, dass die Muschelgrusware relativ si- beobachten. Das zweite Gefäß weist im Randbereich cher in einen weit gefassten Zeitraum datiert werden vier Bohrungen auf. Jeweils zwei Löcher sind unter- kann (ca. 9.–10. Jahrhundert), eine feinere Untertei- einander und nebeneinander angeordnet. lung innerhalb dieser Keramikart jedoch fehlt. Somit Zu den Funktionen der Löcher gibt es ver- ist eine Feindatierung innerhalb der Siedlungen un- schiedene Interpretationsmöglichkeiten. Zunächst möglich. Eine Arbeit, in der nach technologischen könnten die Löcher auf eine Reparatur des Gefäßes Unterschieden der Keramik gefragt wird, anhand hinweisen. Bei allen Gefäßfragmenten und Rand- derer eventuell eine Entwicklung innerhalb der Mu- scherben, die sich zusammenfinden lassen, sind in schelgrusware erstellt werden kann oder anhand de- den Zwischenräumen der Löcher auch Bruchstellen rer regionale Unterschiede zu erkennen sind, ist ein zu erkennen. Dies könnte darauf schließen, dass ver- Forschungsdesiderat. sucht wurde, mithilfe der Löcher die Gefäße zu repa- Das in dieser Auswertung verwendete Waren- rieren, damit der Bruch nicht weiter voranschreitet. system ist in das von H.-G. Stephan entwickelte Eine weitere Möglichkeit ist die einer Befesti- System (Stephan 2000) eingehängt, welches durch gung. Da die Löcher dicht beieinanderliegen, könnte einen vierstelligen Zahlencode gegliedert ist. Es wur- es sich um eine Vorrichtung für einen Deckel oder de entwickelt, um ein überregionales Warensystem zur Befestigung eines Tuches handeln. Um Waren zu erarbeiten, damit längerfristig bessere Vergleichs- zu verhandeln und sie sicher zu verschließen, wäre möglichkeiten entstehen können. Mithilfe des Zah- dies eine denkbare Funktion. Bereits 1919 beschreibt lencodes können regionale Merkmale und Besonder- A.E. van Giffen diese Funktion: „twee ronde gaatjes heiten der Keramik benannt werden. Da es sich aber naast elkaar voorkommen (voordekselbevestiging)“ um einen Zahlenschlüssel handelt, der die Waren- (Van giffen 1920, 15). arten lediglich benennt, sind die Kriterien weitaus Auch könnten die Löcher als „Löcher zum wichtiger, nach denen diese eingeteilt wurden. Für Durchziehen einer Trageschnur“ genutzt worden die Keramik von Brinkum sind das folgende Kriteri- sein (so waller 1933, 244). Die Bruchstellen zwi- en: Magerungsart / Dichte, Korngröße, Härte, Ober- schen den Löchern könnten durch dieses Aufhän- flächenstruktur und Farbe. In der Auswertung der gen entstanden sein, da das Gewicht des Gefäßes Brinkumer Keramik richten sich sämtliche Waren- mit Inhalt eventuell so groß war, dass dieses an der arten in ihrer Benennung nach diesem System. Jede schwächsten Stelle auseinanderbrach. Warengruppe hat ihre eigene Nummer. Die letzten Bislang gibt es kaum Hinweise auf eine Produk- beiden Ziffern stehen frei zur Verfügung und können tionsstätte oder gar einen Hinweis auf eine zentrale technologische und regionale bzw. auch fundortsspe- Produktion der Muschelgruskeramik. Ein weiteres zifische Unterschiede benennen (Stephan 2000, 55).

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Die Eingliederung erfolgte in die übergeordne- rigen Warenarten liegt in der Farbe. Zumeist ist diese ein helles Beige, teil- te Warengruppe 2000, die H.-G. Stephan mit „Ku- weise Orange, selten rötlich. Der Kern ist im Gegensatz zu den anderen geltopfware älterer Machart“ benennt. Die erste Warenarten immer hell. Dieser Umstand könnte darauf schließen lassen, Ziffer beschreibt somit die Hauptgruppe der Waren- dass es sich bei dieser Art der Keramik nicht um eine eigene Warenart art. In ihr werden die Tonart, die Magerungsanteile, handelt. Die durchgehende Farbe und die weiche Brandhärte sprechen die Oberflächenstruktur, die Brennatmosphäre, die eher für einen Fehlbrand. Brenntemperatur, die Herstellungsart, die Wandstär- ke und die Datierung angesprochen (Stephan 2000, WA 2126 59–60). Weitere Unterteilungen werden in der nächs- Warenart 2126 tritt mit 323 Scherben (7,15 kg), d.h. einem Gesamtanteil der ten Ziffer vorgenommen. Diese umfasst Untergrup- auswertbaren Scherben von 7,19 % und einem Anteil von 7,78 % an der ge- pen, die lediglich eine Abweichung der Hauptgruppe samten Muschelgrusware, in der Brinkumer Keramik auf. darstellen (Stephan 2000, 60). Von H.-G. Stephan Die Magerung zeichnet sich durch einen hohen Anteil an Muschelgrus aus wird die Warengruppe „Ältere Kugeltopfware mit und kann zudem Sand enthalten. Die Korngröße ist größer als 2 mm (grob). Kalkmagerung“ mit der Nummer 2100 benannt. Sie Die Oberflächenstruktur ist sowohl rau als auch glatt, sie trägt gelegentlich beschreibt die Magerung mit Kalk. Da Muschelscha- Glättspuren. Die Besonderheit dieser Warenart liegt in ihrer überwiegend len aus Kalk bestehen, lässt sich die Keramik mit orangefarbenen bis rötlichen, selten beigefarbenen Farbe. Der Kern ist Muschelgrusmagerung in diese Gruppe einordnen. dunkel, und die Oberfläche wirkt wie eine Ummantelung desselben. Die Im Folgenden werden die Unterarten der Waren- Farbe lässt auf eine oxidierende Brennatmosphäre schließen. Das vermehr- gruppe vorgestellt und als „Ältere Kugeltopfware mit te Vorkommen von Henkeln, Handhaben und Verzierungen weist auf die Muschelgrusmagerung“ benannt. Ergänzend werden Anwesenheit von Kugelkannen innerhalb dieser Warenart hin. die einzelnen Unterarten als Warenarten benannt. WA 2127 Von Warenart WA 2127 gibt es in der Brinkumer Keramik 180 Scherben Ältere Kugeltopfware mit Muschelgrusmage- (6,4 kg). Dies entspricht einem Anteil von 4 % an der auswertbaren Keramik rung (Abb. 15) und einem Anteil von 4,34 % an der Muschelgruskeramik. Zunächst ist zu bemerken, dass der Muschelgrusanteil sehr gering ist, der Bei der Muschelgruskeramik handelt es sich mit Sandanteil aber umso höher. Die Korngröße bewegt sich ausschließlich in 4.150 Scherben und einem Gesamtanteil von 92,06 % einem Bereich von 0,5–1 mm und ist somit fein. Die Fehlstellen der Partikel der auswertbaren Scherben um die weitaus größte sind sehr schwer zu erkennen. Ausnahmslos sind die Scherben dieser Wa- Warengruppe in Brinkum. Allen Warenarten (WA renart hart gebrannt. Ihre Oberfläche ist geglättet und zumeist poliert. 2100 nach H.-G. Stephan) ist gemeinsam, dass sie Selten sind Fehlstellen zu erkennen. Glättungsstreifen lassen sich auf sämt- mit Muschelgrus gemagert worden sind. Allgemein lichen Scherben finden. Die Farbe der Oberfläche ist ein sattes Orange, das lässt sich für die Keramik von Brinkum sagen, dass teilweise ins Rötliche zielt. Der Kern ist immer dunkel und gemantelt, die sie deutlich schwächer gemagert ist als die Keramik Innenseite der Scherben ist der Außenseite gleich. Diese Warenart ist durch von anderen Fundplätzen. Zudem besitzt sie einen einen oxidierenden Brand entstanden. höheren Sandanteil6. Insgesamt konnten acht ver- Die orange-rötliche Färbung der Keramik soll H.-G. Stephan und K.-D. Hahn schiedene Warenarten erkannt werden. zufolge von einem Tonbrei kommen, in den die lederharten Kugeltöpfe

getaucht wurden (Stephan 1978, 20; hahn 1977, 54). Dem widersprach H. WA 2120 Stilke vehement. Seines Erachtens sprechen drei Aspekte gegen ein Ein- Bei Warenart 2120 handelt es sich mit 205 Scherben (2,42 kg), was einem tauchen der Gefäße in eine Engobe. Zunächst ist neben der Außenseite Gesamtanteil an den auswertbaren Scherben von 4,56 % und einem Anteil auch die Innenseite der Gefäße mit der orange-rötlichen Farbe versehen. an der Muschelgrusware von 4,94 % entspricht, um eine seltene Warenart Nach Ansicht von H. Stilke ist dies weder notwendig noch technisch zu

im Brinkumer Keramikspektrum. Der hohe Anteil an Muschelgrusmagerung realisieren (Stilke 2001, 178). Von einer Notwendigkeit kann hier allerdings sowie der Sandanteil ähnelt der WA 2130 stark. Auch in ihrer Korngröße mit nicht gesprochen werden, da die Funktion der einzelnen Gefäße ebenso Partikeln, die größer als 2 mm sind, sticht sie nicht hervor. Die Brandhärte wenig wie Sinn und Zweck der „Verschlickerung“ geklärt sind. Auch die ist weich, selten hart. Die Oberflächenstruktur ist sowohl rau als auch glatt, technische Komponente kann nur bedingt nachvollzogen werden. Einen sie trägt gelegentlich Glättspuren. Der wichtigste Unterschied zu den üb- Topf vollständig in eine Tonbrühe zu tauchen, bis sie im äußeren und inne- ren Bereich des Topfes verteilt ist, erscheint nicht unmöglich. Ein weiteres

6 Dieses Ergebnis beruht auf einem direkten Vergleich mit der Keramik Argument, das laut Stilke gegen eine Engobierung spricht, ist die Tatsache, von den Fundorten Hattersum / Uttel, Ldkr. Wittmund, einer Siedlung dass es keine Wischspuren eines Hilfsmittels zum Auftragen gibt (Stilke in der Nähe der Marsch, und , Ldkr. Leer, einer Siedlung in der Marsch. 2001, 178). Dem widersprechen aber die deutlichen Spuren einer Glättung

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Abb. 15 Übersicht zu den Warenarten in Brinkum. M 1 : 2. (Grafik: F. Schilling).

auf den Scherben. Auch wies H. Stilke darauf hin, dass sich auch in der gen Stücken erkennbar, sind kleine Knochensplitter, die wahrscheinlich Engobe Partikel von Muschelgrus erkennen lassen. Dies würde bedeuten, unabsichtlich hinzugemengt wurden. Schamottteilchen und Limonitbröck-

dass nicht nur der Ton, sondern auch die Tonbrühe (Engobe) mit Muschel- chen (Stilke 1995a, 35) konnten nur selten beobachtet werden. Die Korn- grus durchsetzt gewesen sein muss. Auch gibt es vereinzelt Partikel, die größe dieser Warenart ist deutlich größer als 2 mm (grob). Bei der Brand- sich im Kern und in der Engobe befinden. Dies bedeutet, dass die Partikel härte ist der Anteil von harter und weicher Ware etwa gleich groß. Die im lederharten Zustand aus dem Kern hinausgeragt haben und dann in die Oberflächenstruktur der Scherben ist häufig rau, selten glatt. Glättungs- Tonbrühe eingetaucht worden sind. H. Stilke geht jedoch davon aus, dass spuren sind selten zu erkennen. Die Farbe des Scherbens variiert in dieser die Partikel durch Formen und Glätten des Tons in den selbigen hineinge- Warenart am stärksten. Der Schwerpunkt liegt aber auf dem dunkelgrau- drückt wurden. Das wichtigste Argument, welches gegen eine Engobie- braunen, reduzierend gebrannten Material. Helle, orange-rötliche Scherben rung spricht, ist seiner Meinung nach, dass bei einigen dünnen Scherben kommen seltener vor; der Kern ist immer dunkel. An den Kugeltöpfen kön- im Bruch die orange-rötliche Schicht komplett und ohne dunklen Kern zu nen mehrere Farben erkannt werden. erkennen ist. Dies deutet für ihn darauf hin, dass es sich bei der orange-röt- Zudem sind teilweise Koch- und Brandspuren an den Gefäßen zu erkennen. lichen Färbung um eine durch einen oxidierenden Brand entstandene

Schicht handelt (Stilke 2001, 178). WA 2131 Häufig gibt es Verzierungen sowie Tüllen und Henkel in dieser Warenart. Von Warenart 2131 sind 135 Scherben (7,15 kg) gefunden worden. Sie trägt Dies und die orange-rötliche Farbe sprechen für das Vorkommen von Ku- somit 3 % zum Gesamtanteil der auswertbaren Scherben und 3,25 % zum gelkannen in dieser Warenart. Anteil der Muschelgrusware aus Brinkum bei. WA 2131 ist mit sehr wenig Muschelgrus gemagert und hat einen hohen WA 2130 Anteil an Sand und kleineren Granitgruspartikeln. Mit einer Korngröße von Bei der WA 2130 handelt es sich mit 3.075 Scherben (56,79 kg) und einem 0,5–2 mm befindet sie sich im feinen bis mittleren Bereich. Überwiegend Gesamtanteil an den auswertbaren Scherben von 68,36 % bzw. einem An- ist sie hart gebrannt, es kommen aber auch weich gebrannte Scherben vor. teil von 74,10 % an der Muschelgrusware um die am häufigsten vertretene Zumeist ist die Oberfläche geglättet, selten poliert. Die Farbe ist graubraun, Warenart innerhalb des Keramikspektrums. Die Muschelgrusmagerung selten schwarz, der Kern ist dunkel. Dies spricht für eine reduzierende kann zudem Sand und kleine Granitstücke enthalten. Selten, aber bei eini- Brand atmosphäre.

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WA 2135 Muschelgrusware abgelöst. Die der Muschelgrus- Die Warenart 2135 hat mit zwölf Scherben (0,16 kg) einen Anteil der aus- keramik folgende Warengruppe ist die zweite Vari- wertbaren Scherben von 0,27 % sowie von 0,29 % der gesamten Muschel- ante der Grauware. Sie unterscheidet sich zur ersten gruskeramik. Bei der Magerung ist der Sandanteil wesentlich höher als der Variante hinsichtlich ihrer Härte und der Gefäßform Anteil von Muschelgrus. Die Korngröße befindet sich mit 1–2 mm im mitt- (Kugeltopf). Aufgrund der genannten Charakteristi- leren Bereich. Das Auffälligste dieser Warenart ist ihre kreidige Oberfläche. ka handelt es sich bei der nicht mit Muschelgrus ge- Die Farbe der Scherben beschränkt sich auf einen hellen, beigefarbenen magerten Keramik in Brinkum um Gefäßfragmente Ton. Sie ist weich gebrannt. und Scherben dieser Variante. Das Aufkommen die- ser Warengruppe wird in das 10. Jahrhundert datiert WA 2150 (Stilke 1995a, 71; 2001, 54). Insgesamt konnten vier Warenart 2150 tritt mit 207 Scherben (2,2 kg), einem Gesamtanteil der aus- verschiedene Warenarten definiert werden. wertbaren Scherben von 4,61 % und einem Anteil der gesamten Muschel- grusware von 4,99 %, in der Brinkumer Keramik auf. WA 2551 Ihre Magerung besteht nur zu einem sehr geringen Anteil aus Muschelgrus, Die Warenart WA 2551 tritt mit 24 Scherben (1,32 kg) im gesamten Kera- es überwiegt deutlich der Sandanteil. Die Korngröße beträgt ein 0,5–2 mm mikspektrum auf. Dies ist ein Anteil von 0,47 % an der auswertbaren Kera- (feiner bis mittlerer Bereich). Die Oberfläche ist sehr rau. Die Farbe ist mik und von 6,88 % an der gesamten Granitgruskeramik. beigefarben oder gelblich, der Kern ist dunkel. Dies spricht für eine oxidie- Die Magerung beschränkt sich auf Granitgrus, und die Korngröße liegt mit rende Brennart. einer Größe von 1–2 mm und wenigen Partikeln über 2 mm im mittleren bis groben Bereich. Die Scherben sind hart gebrannt, und ihre Oberflächen- WA 2160 struktur ist sehr rau, sehr selten geglättet. Es treten oft Magerungspartikel Diese Warenart ist nur mit 13 Scherben (0,18 kg) vertreten. Ihr geringer An- an die Oberfläche. Die Farbe ist überwiegend grau-braun, kann teilweise teil mit 0,29 % an der gesamten Keramik in Brinkum und 0,31 % Anteil an aber auch hellere Anteile haben; dies lässt auf einen uneinheitlichen Brand der Muschelgruskeramik könnte dafür sprechen, dass es sich bei diesen schließen. Scherben um Fehlbrände handelt. Die Magerung besteht überwiegend aus Sand mit vereinzelten Granitgruspartikeln, Muschelgrus tritt demgegen- WA 2552 über deutlich zurück. Die Korngröße liegt bei mehr als 2 mm (grob). Im Die Warenart WA 2552 tritt mit 280 Scherben (5,92 kg) und einem Anteil Wesentlichen unterscheidet WA 2160 sich in ihrer polierten Oberfläche von an der gesamten Keramik von 6,21 % auf. Mit 80,23 % ist sie die am häufigs- den anderen Warenarten. Sie fühlt sich seifig oder auch speckig an und ist ten vertretene granitgrusgemagerte Warenart. In ihren Merkmalen ist sie von der Farbe her überwiegend beige, selten braun. Der Kern ist gemantelt, der WA 2551 ähnlich und unterscheidet sich von dieser nur in der Korngrö- und bei zwei Scherben ist unter der Mantelung eine weiße Schicht zu er- ße (0,5–1 mm; fein). kennen. WA 2553 Die Warenart 2553 tritt mit 25 Scherben und einem Gesamtanteil von Ältere Kugeltopfware mit Granitgrusmage- 0,42 % der auswertbaren Keramik auf. In Bezug auf die granitgrusgemager- rung (Abb. 15). te Keramik macht sie einen Anteil von 7,61 % aus. Sie ist überwiegend mit Granitgrus gemagert (Korngröße 1–2 mm; mittel Granitgrusgemagerte Keramik hat einen Anteil von bis grob). Ihre hart gebrannte Oberfläche ähnelt der Warenart WA 2551. 7,74 % im Keramikinventar von Brinkum. Die Fun- Der wesentliche Unterschied ist durch die Oberflächenstruktur gegeben. de verteilen sich auf vier verschiedene Warenarten. Die Scherben sind geglättet und poliert und zeigen manchmal Glättungs- Allen gleich ist die Magerungsart. Sie setzt sich aus spuren. Die Farbe ist orange-rötlich, auch diese Warenart ist mit einer Art Granitgrus, weißem Quarz und glänzenden Be- Engobe oder Verschlickerung überzogen. Die Oberfläche ähnelt somit standteilen sowie unregelmäßig geformten Partikeln stark derjenigen der Warenart 2127. Bei dieser Warenart gibt es Bruchstü- zusammen (Warengruppe 2500: Stephan 2000, 61). cke von Tüllen und Henkeln von Kugelkannen. Diese Warengruppe weist durchaus viele regionale Unterschiede auf (Stilke 2001, 23). Die granitgrus- WA 2554 gemagerte Keramik des nördlichen Niedersachsen Die Warenart WA 2554 ist mit 20 Scherben (0,94 kg) vertreten. Dies ist ein wird in der Literatur in zwei Kategorien eingeteilt. Anteil von 0,42 % an der gesamten auswertbaren Keramik und ein Anteil Zunächst ist die weiche und grob bis mittelfein ge- von 5,73 % an der granitgrusgemagerten Keramik. magerte Grauware zu nennen, deren charakteristi- Die Magerung beinhaltet einen hohen Anteil an Granitgrus (Korngröße sche Gefäße „Eitöpfe“ sind. Diese Warengruppe wird 0,5–1 mm; fein). Der Brand ist hart, die Oberfläche geglättet und poliert. Die in der Region des südlichen Nordseegebietes von der Farbe ist, wie bei WA 2553, orange-rötlich, selten beige. Die Innenseite des

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Scherbens ist der Außenseite gleich. Auch diese Warenart ist mit einer digen Oberfläche gleich, und der Bruch ist analog zur Engobe oder Verschlickerung versehen. Sie ist der WA 2127, die zumeist die Oberfläche hell. Warenart der Kugelkannen ist, sehr ähnlich. Ein besonderes Stück ist der Die geringe Menge Importkeramik innerhalb fast gänzlich erhaltene Randbereich einer Kugelkanne mit Henkel und Tülle. des Keramikinventars von Brinkum zeigt, dass durch Handel zwar Gefäße dieser Warenart in die Siedlung gebracht worden sind, diese im Keramikinventar des Gelbe Irdenware Alltags aber keine besondere Rolle gespielt haben. Vielmehr sind solche besonderen Gefäße als Grab- In der Warengruppe „Gelbe Irdenware 3500“ fasst urnen verwendet worden (Both 1999, 203). Dies H.-G. Stephan diejenigen Warenarten zusammen, bestätigen auch die Funde des 1906 entdeckten welche auf einer Drehscheibe gefertigt wurden, fei- Gräberfeldes in Brinkum, wo Gefäße aus dem rhei- ne Magerung von farblosem bis weißlichem Quarz nischen Gebiet als Urnen verwendet worden waren aufweisen und oxidierend gebrannt wurden. Daher (zylmann 1938, 38). changiert die Scherbenfarbe im hellen Bereich zwi- Drei Scherben des gesamten Keramikkomple- schen gelb bis beigefarben oder grau. Die Oberfläche xes lassen sich nicht den Warengruppen des frühen ist kreidig weich bis glatt oder körnig (Stephan 2000, Mittelalters zuweisen. Zunächst handelt es sich 63). höchstwahrscheinlich um zwei Bruchstücke der Wa- Unter der gesamten Keramik aus Brinkum fin- rengruppe 6160 („Rote Irdenware mit Bleiglasur“). den sich lediglich ein kleines Gefäßfragment und Diese Warengruppe tritt in Nordwestdeutschland vier Scherben, die dieser Warenart zugeordnet wer- überwiegend im 12. und 13. Jahrhundert auf, kommt den können (insges. 54 g). Dies macht einen Ge- aber noch in Zusammenhängen des 14. und 15. samtanteil von 0,11 % aus. In Brinkum handelt es Jahrhunderts sowie kontinuierlich bis zur Neuzeit sich dabei um Scherben der Badorfer Ware. Da die vor (Stephan 2000, 62). Eine weitere Bodenscherbe Anzahl der auswertbaren Scherben so gering ist, lässt sich keiner Warengruppe zuordnen. Sie ist sehr wird hier auf eine weitere Einteilung in Warenarten dicht mit feinem und grobem Granitgrus gemagert. ver zichtet. Die Oberflächenstruktur ist sehr rau. Der Scherben Das kleine Gefäßfragment hat einen Mündungs- ist beigefarben und an der Bruchkante im unteren durchmesser von 9 cm sowie einen abgerundeten Bereich leicht rötlich. Die Standfläche des Bodens Randabschluss. Die Oberfläche ist beigefarben bis ist eben, und ein leichter Ansatz zum Gefäß ist zu gelb, und deutlich können Drehspuren erkannt erkennen. Dieser Fund stammt aus einer Pfostengru- werden. Die Magerung ist sehr fein, die Wandstärke be des Hauses 2. beträgt 3 mm. Somit muss es sich um ein kleines Ge- fäß handeln, dessen ursprüngliche Form sich nicht mehr konstruieren lässt. Im gleichen Befund fand Weitere Funde sich ein ebenfalls heller Scherben, der jedoch eine deutlich gröbere Magerung mit 1 mm großen Quarz- Unter den Funden der Siedlung Brinkum befinden partikeln aufweist und dessen Farbe dunkler ist als sich auch die für die Siedlungen des frühen Mittelal- die der anderen Scherben. Somit muss diese Scher- ters typischen Reste von Mahlsteinen. Ihr Gesamtge- be nicht zwangsläufig der Badorfer Ware zugeordnet wicht beträgt 35,43 kg. Leider haben sich bis auf drei werden, da diese ausschließlich mit einer sehr fei- Fragmente kaum aussagekräftige Stücke erhalten. nen Magerung von unter 0,1 mm bis 0,3 mm auftritt Ein Bruchstück zeigt einen Überrest des ursprüng- (Sanke 2001, 289). Ob sie der Walberger Ware oder lichen runden Achsloches. An seiner höchsten Stel- der Eckdorfer Ware angehört, die beide eine gröbere le misst das Fundstück 4 cm und an der niedrigsten Magerung aufweisen (Sanke 2001, 276; 285), kann 2 cm. Insgesamt ist es 6 × 8 cm groß (Abb. 16). Das nicht bestimmt werden. Eine andere Scherbe zeigt Achsloch hatte ursprünglich einen Durchmesser von schwache Überreste eines Dekors. Es handelt sich 10 cm. Am Rand des Achsloches, auf der Obersei- dabei um das typische doppelreihige Muster einer te, ist eine 4–4,5 cm breite kranzförmige Verdickung Rollstempelverzierung. Auch diese Scherbe ist beige. („Kragen“) festzustellen. Auf der Unterseite sind die Zwei kleinere und stark verwitterte Scherben zeigen typischen Abnutzungsspuren des Mahlvorgangs zu wiederum die Färbung des kleinen Gefäßes und der erkennen. Es handelt sich bei diesem Stück um den verzierten Scherbe. Alle Scherben sind in ihrer krei- Überrest eines Läufersteins.

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Abb. 16 Rest eines Mahlsteins mit erkennbarem „Kragen“. M 1 : 3. (Grafik: F. Schilling).

Bei den Fundstücken von Mahlsteinen aus der Schmiedeschlacken in Farbe und Struktur sehr Brinkum handelt es sich um Überreste von Hand- ähnlich, weisen aber nicht die kalottenartige Form drehmühlen oder Handmühlen. Der erwähnte „Kra- auf, sondern sind unregelmäßig und zum Teil sehr gen“ liefert auch einen Hinweis auf die Datierung klein (unter 5 cm). Wahrscheinlich handelt es sich des Mahlsteins. So nimmt M. Schön an, dass diese bei diesen um Bruchstücke von Schmiedeschla- Form überwiegend im frühen Mittelalter auftrat und cken. Eine Kartierung der einzelnen Schlackefunde im weiteren Verlauf des Mittelalters verschwindet innerhalb des ergrabenen Teils der Siedlung sowie bzw. an Bedeutung verlor (Schön 1995, 88). Bei eine Einteilung nach ihrem Gewicht erbrachte keine den Mahlsteinen in Brinkum handelt es sich durch- nennenswerten Ergebnisse. Es zeigte sich aber, dass gehend um Material von blau-grauer Farbe, wahr- die Schlacke sehr oft in größeren Gruben gefunden scheinlich rheinische Basaltlava. wurde. So kann für Brinkum nur der Prozess des Aus den Befunden des Grabungsareals sind Schmiedens, also der Metallverarbeitung, bewiesen 6,54 kg Schlacke geborgen worden. Es handelt sich werden. dabei ausnahmslos um metallurgische Schlacken, Aus wenigen Befunden ließen sich stark korro- die bei der Weiterverarbeitung entstehen. Einige dierte Metallgegenstände bergen, deren genaue An- Stücke können aufgrund ihrer kalottenartigen Form sprache unmöglich war. Daher wurden einige Stücke dem Schmiedehandwerk zugesprochen werden. Die geröntgt. Neben einigen Messerschneiden, einem Größe der Fundstücke liegt zumeist bei 10–12 cm, ringförmigen Gegenstand und mehreren nicht wei- und das Gewicht variiert zwischen 0,43 kg und ter zu kategorisierenden Funden war bei einem Ob- 0,88 kg. Weitere Schlackenüberreste sehen denen jekt eine eindeutige Ansprache möglich. Es handelt sich um einen Fund aus der brunnenartigen Wasser- schöpfstelle Bef. 880. Mit einer Länge von 9,3 cm und an den breitesten Stellen 2,5 cm zeichnete sich im korrodierten Zustand ein unregelmäßiges Äuße- res ab. Der Gegenstand weist an einer Seite eine Öse auf. In diesem Bereich ist zudem deutlich zu erken- nen, dass das Metall zum Schließen der Öse wieder umgebogen wurde. Auf der gegenüberliegenden Seite des Gegenstandes befinden sich Haken, die ebenfalls zu beiden Seiten zurückgebogen worden sind. Es handelt sich um einen Schlüssel (Abb. 17), wohl um einen Ankerschlüssel. Derartige Schlüssel waren be- reits seit den ersten Jahrhunderten n. Chr. gebräuch- lich und fanden lange Zeit Verwendung (klíma 1979, 86 Abb. 41; vgl. koch 1984, 153). Im frühmittelalter- lichen Gräberfeld von Zetel, Ldkr. Friesland, fanden sich drei Schlüssel, die jenem Exemplar aus Brinkum sehr ähneln (marSchalleck 1978, 131 Abb. 17, 132 Abb. 18, 142 Abb. 28). Aufgrund des Röntgenbildes kann vermutet werden, dass der Brinkumer Schlüs- Abb. 17 Röntgenbild eines Schlüssels mit Öse und Anker. M 1 : 1. sel aus einem Stück gegossen wurde und dass seine

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Enden nachträglich in Form gebogen wurden. Auch wirtel (zimmermann 1982, 111). In Brinkum konnten die kleine Lücke zwischen Griff und Ösenende insgesamt 4,04 kg Webgewichte geborgen werden. spricht hierfür. Es handelt sich zumeist um kleinere Bruchstücke Die Erhaltung von Tierknochen ist im gesamten aus ungebranntem und nicht gemagertem Ton, die Siedlungsareal sehr schlecht. Es gibt wenige kleine, eine kreidige Oberfläche aufweisen. Die Form war kalzinierte Knochenstücke. Lediglich einige Zähne zumeist rund, Verzierungen liegen nicht vor. Ein können über die Tierarten Auskunft geben. Darunter komplett erhaltenes rundes Webgewicht weist einen sind Zähne von Schweinen und der fast vollständig Durchmesser von 12,5–13 cm und eine Höhe von erhaltene Unterkiefer eines Pferdes. 6,5 cm auf (Abb. 18). Das Gewicht beträgt 0,86 kg. Einen Hinweis auf Produktion von Textilien in- Im Bereich des Loches sind kleine Einkerbungen zu nerhalb der Siedlung geben Webgewichte und Spinn- sehen, die wahrscheinlich durch die Fäden entstan- den sind. Das Stück besitzt eine kreidige, orange- rötliche Oberfläche. Es ist ungebrannt und mit dem Finger leicht ritzbar. Vergleichbare Webgewichte sind auch aus der frühmittelalterlichen Siedlung in Dalem (zimmermann 1982, 128 Abb. 12) sowie von der Feddersen Wierde bekannt (ullemeyer / tidow 1981, 121 Abb. 40). Der tönerne, unverzierte Spinnwirtel (Abb. 19) ist rund und weist die Maße 3,2 × 3,3 cm sowie eine Höhe von 1,7 cm auf, er wiegt 12 g. Auch sind keine Vertiefungen um das innere Loch zu erkennen. Seine Oberfläche weist kleine Löcher auf, wahrscheinlich von organischer Magerung. Die eine Seite des Wir- tels ist abgerundet. Die bisher geringe Menge an Bruchstücken von Webgewichten und der einzelne Spinnwirtel spre- chen beim derzeitigen Auswertungsstand für eine lokale Textilproduktion. Hierzu passt auch, dass nur in einem Grubenhaus ein Webgraben dokumentiert wurde. Unter den sonstigen Funden der Siedlung sind 10,5 kg gebrannter oder verziegelter Lehm zu finden.

Abb. 18 Vollständig erhaltenes Webgewicht. M 1 : 3. Abb. 19 Spinnwirtel. M 1 : 2. (Grafik: F. Schilling). (Grafik: F. Schilling).

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Hervorzuheben sind mehrere Brocken verziegelten Allerdings kann in Brinkum festgestellt wer- Lehms, die in Pfostengruben von Haus 1 gefunden den, dass orange-rötliche Scherben und Hinweise wurden. Die Überschneidung von mehreren Pfosten auf Kugelkannen auch in Warenarten vorkommen, im südlichen Teil des Hauses zeigt, dass Nachbes- die der Granitgrusmagerung zugeordnet sind (WA serungen in diesem Bereich nötig waren. Bei die- 2553, WA 2554). Diese Warenarten konzentrieren sen Reparaturen gelangten höchstwahrscheinlich sich in Befunden des mittleren und südöstlichen Be- Bruchstücke des Wandbewurfs in die Pfostengruben. reichs des Grabungsareals und treten gemeinsam mit Deutliche Hinweise darauf geben gebrannte Lehm- Scherben der Warenarten WA 2126 und WA 2127 brocken, bei denen Eindrücke von Ästen, die zur auf. Dies spricht für eine annähernde Gleichzeitig- Wandkonstruktion verwendet wurden, zu erkennen keit dieser Warenarten oder einer kaum zu fassenden sind. zeitlichen Abfolge derselben. Sollten Gefäße aus mit Der Vollständigkeit halber seien noch folgende Muschelgrus gemagerter Keramik von der Marsch in Objekte erwähnt: ein Klumpen ungebrannten Tons die Geest importiert worden sein, könnten die granit- (Gewicht: 0,9 kg), sechs kleine Bruchstücke gebrann- grusgemagerten Warenarten WA 2553 und WA 2554 ten Flints (0,024 kg) und ein 12 × 4 × 1 cm großer und eine Imitation der muschelgrusgemagerten Kugel- 0,12 kg schwerer Granitstein. kannen und Kugeltöpfe sein. Der Beginn der Siedlungstätigkeit in Brinkum lässt sich nur ungenau bestimmen. Einen kleinen Hinweis gibt die Abwesenheit der sogenannten Datierung der Siedlung „Eitöpfe“. Der Bauch dieser Gefäße ähnelt der Form eines Eis und ist unregelmäßig geformt. Die Rän- Anhand der Keramik kann für die Siedlung von der sind kurz gehalten und kaum umgebogen. Der Brinkum eine grobe Datierung vollzogen werden. Boden, eine Art „Wackelboden“, ist eine Zwischen- Die vorhandenen Kugelkannen sowie die erkannten form eines flachbodigen Gefäßes und dem eines Ku- Verzierungsmuster belegen H. Stilke zufolge eine geltopfes. Diese Gefäße stehen für das Auftreten der ältere Phase der Keramik (Stilke 1995, 324) und weichen Grauware (Stilke 1993, 141). In der Sied- geben somit einen Anhaltspunkt für die chronolo- lung Oldorf konnte der Beginn der weichen Grauwa- gische Einordnung in die frühe Phase der Muschel- re durch dendrochronologische Untersuchungen in gruskeramik. die Mitte des 7. Jahrhunderts datiert werden (Stilke Dazu passt die dendrochronologische Datierung 1993, 137). Die Ablösung durch die Muschelgrus- der 1994 entdeckten und in unmittelbarer Nähe zum keramik erfolgte im letzten Drittel des 8. Jahrhun- zu bearbeitenden Siedlungsareal gelegenen Wasser- derts (Stilke 1993, 137). Das Fehlen der weichen schöpfstelle, die ein Fälldatum „um oder kurz nach Grauware und der charakteristischen Eitöpfe in der 800“ zeigt (Bärenfänger 1995, 335). In Relation zu Siedlung Brinkum kann darauf hindeuten, dass die der in der Wasserschöpfstelle gefundenen Muschel- Siedlungstätigkeit hier frühestens ab dem letzten gruskeramik kann die Aussage getroffen werden, Drittel des 8. Jahrhunderts einsetzte. dass auch das Keramikinventar aus dieser Wasser- Diese Ergebnisse hinsichtlich einer möglichen schöpfstelle in das 9. Jahrhundert datiert. Datierung Brinkums beruhen auf der Auswertung der Im Fundmaterial der Siedlung Oldorf, aus der Keramik von Brinkum und unter Berücksichtigung H. Stilke zufolge vor allem jüngere Muschelgruskera- der publizierten Datierungsansätze für Muschelgrus- mik vorliegt, fehlen Hinweise auf Kugelkannen so- ware. Ein überraschendes Ergebnis erbrachte hin- wie verzierte Keramik. Hier scheint sich vielmehr das gegen die dendrochronologische Datierung zweier Aufkommen der harten Grauware bzw. der granit- Spaltbohlen des Bef. 880, die ein Fälldatum „um oder grusgemagerten Keramik abzuzeichnen. Abgeflach- nach 617 n. Chr.“ angibt. Das Datum zeigt ein weit- te Ränder sowie abgeschrägte Randprofile und eine aus jüngeres als jenes, welches für das Aufkommen deckelfalzartige Kehlung weisen zusätzlich auf eine der Muschelgrusware in der Literatur diskutiert wird. jüngere Phase der Muschelgruskeramik hin (Stilke Bei beiden Holzproben fehlt das Splintholz, was be- 1995, 324). Demnach kann für die Siedlung in Brin- deutet, dass zwar die Splintholzjahrringe zu der Pro- kum festgestellt werden, dass die zahlreichen orange- be addiert wurden, aber noch etliche Jahre zwischen rötlichen Scherben und Belege für Kugelkannen auf 617 n. Chr. und dem tatsächlichen Fälldatum liegen eine frühere Einordnung hinweisen. können. Dies bietet somit lediglich einen terminus

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post quem. Das Holz im Brunnen kann sicherlich als Laufzeit der Muschelgrusware in der Marsch bis in sekundär verwendet angesehen werden, beide datier- das 11. Jahrhundert wahrscheinlich ist und das Aus- te Spaltbohlen sind Eichenholz und stammen aus ein laufen der Muschelgrusware (Stilke 1995a, 47–48), und demselben Baum. Da Eichenhölzer ohne Bo- neu definiert werden muss (priSon 2011, 134). denberührung – dem Wetter ausgesetzt – 60–120 Jah- Zusammenfassend lässt sich zur Datierung des re halten können (bei geschützter Lage sogar bis zu bislang ergrabenen Siedlungsareals sagen, dass eini- 200 Jahre; zimmermann 1998, 55), kann die primäre ge Hinweise darauf deuten, dass die Besiedlung zum Verwendung des Holzes weit zurückliegen. Ein wei- Ende des 8. Jahrhunderts begann und eine Aufgabe teres Problem ergibt sich durch das fehlende Splint- der Siedlung zum Ende des 9. Jahrhunderts oder zu holz. Im Extremfall können durchaus 100 Jahre oder Beginn des 10. Jahrhunderts möglich ist. mehr hinzugerechnet werden. Eine Datierung in das Eine chronologische Abfolge der einzelnen Ge- erste Drittel des 8. Jahrhunderts liegt somit durchaus höfte in Brinkum ist nicht zu erkennen. Da weder im Rahmen des Möglichen. Im nahen Hesel ist das die Keramik noch die Bauweise der Gebäude oder Holz eines Brunnens, der zum Gehöft IV gehörte, in die dendrochronologische Untersuchung der Hölzer die Jahre „nach 700“ datiert worden. R. Bärenfänger Hinweise für eine exaktere Datierung erbracht ha- gibt zwar zu bedenken, dass es sich auch bei diesem ben, muss versucht werden, anhand weiterer Über- Holz um eine sekundäre Verwendung handelt und legungen eine Siedlungsabfolge zu rekonstruieren. der terminus post quem „weiter zu fassen ist“ (Bä- Die Siedlung weist mindestens zwei Phasen auf. renfänger 1994, 58). Dennoch ist das Datum sehr Dies wird an verschiedenen Faktoren deutlich. Im früh und könnte bedeuten, dass in Brinkum wie in Grubenhaus Bef. 512 sind zweifelsfrei zwei Phasen Hesel Muschelgruskeramik einer sehr frühen Aus- zu erkennen. Auch die Überlagerung des Rutenbergs prägung gefunden worden ist. 2 mit Haus 2, die Überlagerung der Pfostenspeicher Auch für den Zeitpunkt der Aufgabe der Sied- 3 und 4 sowie die Überlagerung des Mehrpfosten- lung gibt es nur schwache Hinweise. In Oldorf tritt speichers 2 und des Vierpfostenspeichers 2 lassen auf in Schichten des 10. Jahrhunderts zum ersten Mal mindestens zwei Siedlungsphasen schließen. Eine harte Grauware auf, in Emden hingegen schon im 9. Abfolge der Gebäudestrukturen kann jedoch in kei- Jahrhundert (Stilke 1995a, 71). Das geringe Aufkom- nem der genannten Fälle festgestellt werden. men von granitgrusgemagerter Keramik der Waren- Eine mögliche Siedlungsabfolge kann allerdings arten WA 2551, 2552, 2553 und 2554 (entsprechen eventuell anhand der naturräumlichen Gegebenhei- der harten Grauware) in Brinkum kann somit nicht ten erkannt werden. Das Siedlungsareal befindet zwangsläufig für ein Auflassen der Siedlung im frü- sich auf einem Gelände, welches von Norden nach hen 10. Jahrhundert sprechen. Auch die Hinweise Südosten abfällt. Das heutige Ortszentrum Brin- auf Kugelkannen und Verzierungen von orange-röt- kums liegt auf einer Höhe von ca. 10 m über NN. lichen Gefäßen (auch bei der harten Grauware) wei- Es ist also möglich, dass sich der jüngere Teil der sen eher auf eine frühe Phase der Keramik hin. Zu- Siedlung im nordwest- und nordöstlichen Teil des dem sollte berücksichtigt werden, dass die Siedlung Siedlungsareals befindet, während eine ältere Phase Brinkum auf der Geest liegt. Ein gewisser zeitlicher an diesen Bereich anschließt. Dass ein weiteres Sied- Unterschied zum Aufkommen der harten Grauware lungsareal im nordwest- und nordöstlichen Bereich in der Marsch kann durchaus gegeben sein und sollte zu vermuten ist, zeigen die Flächen, die den Bereich nicht gänzlich ausgeschlossen werden. der heutigen Straße ins Neubaugebiet umfassten, Unterschiede zwischen der vermuteten Laufzeit sowie die zahlreichen Befunde, die im Bereich der der Muschelgrusware in der Marsch und der vermu- Grabungsgrenzen nicht vollständig dokumentiert teten Laufzeit auf der Geest scheinen sich in neue- werden konnten. Eine Entwicklung der Siedlung in ren Forschungen abzuzeichnen. In Jemgum konnten Richtung der niedriger gelegenen Areale liegt somit Scherben von Kugeltöpfen und Tüllenschalen der im Bereich des Möglichen. Muschelgrusware entdeckt werden, die mit einer Pingsdorfer Amphore des 11. Jahrhunderts vergesell- schaftet waren. Zudem konnte in der gleichen Gru- be ein Kumpf mit Standring geborgen werden, der ebenfalls mit Muschelgrus gemagert ist (priSon 2011, 133). Schon dieses Beispiel verdeutlicht, dass eine

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Zusammenfassung eine Holzkonstruktion fand. Es handelt sich bei ihr um eine brunnenartige Wasserschöpfstelle. Ein wei- Die frühmittelalterliche Siedlung Brinkum (Ldkr. terer Befund lässt sich wahrscheinlich als Backofen Leer) liegt auf der Geest, die sich auf dem Olden- deuten. Weitere Gruben könnten Vorratsgruben ge- burgisch-Ostfriesischen Höhenrücken befindet. Das wesen sein. hier behandelte Grabungsareal ist die Erweiterung Gehöftrekonstruktionen können in dem bis jetzt des Wohnbaugebietes „Östlich der Kirchstraße“ ergrabenen Areal schwer vorgenommen werden. Es (Flur „Unter den Lidden“). Da die Ausgrabungstä- fehlen Hinweise auf Gräben oder Umzäunungen, die tigkeiten noch andauern, wurde nur das Areal bear- ein bestimmtes Areal mit Gebäudegrundrissen als beitet, welches im Zeitraum von April 2009 bis März wirtschaftliche Einheit kennzeichnen. Es kann nur 2012 dokumentiert worden ist. Die Fläche beträgt unter Vorbehalt anhand von Ausrichtung und Nähe etwa 5.800 m2. Auf diesem Siedlungsareal konnten einiger Gebäude auf ein Gehöft geschlossen werden. 940 Befunde (1.167 mit Unterbefunden) ausgewiesen So lassen sich zwei Gehöfte rekonstruieren, die je- und bearbeitet werden. Diese Einzelbefundkomple- weils ein Haus, einen Speicher, einen Rutenberg und xe gliedern sich in vier Hausgrundrisse, 13 Spei- eine Zisterne aufweisen. chergrundrisse, ein Grubenhaus, eine brunnenartige Anhand des Grubenhauses und mehrerer sich Wasserschöpfstelle, eine Ofenanlage und 149 Gru- überlagernder Gebäudegrundrisse kann auf eine ben ohne erkennbare Funktionen sowie 62 Gräben. mindestens zweiphasige Siedlungskontinuität ge- Bei den vier Hausgrundrissen handelt es sich schlossen werden. Eine Zuordnung der einzelnen um zumeist einschiffige Langbauten (Haus 2, 3 u. 4), Gebäude zu den jeweiligen Phasen der Siedlung ist außer Haus 1, welches durch sogenannte „Anküb- aber nicht möglich. bungen“ eine partielle Dreischiffigkeit erhalten hat. Das Fundinventar der Siedlung besteht zu ei- Die Häuser weisen zwei unterschiedliche Wandkon- nem großen Teil aus Keramik. Es handelt sich da- struktionen auf. Bei Haus 1 kann eine Flechtwand- bei um die für das frühe Mittelalter in Ostfriesland konstruktion, die mit Lehm verputzt wurde, nachge- typische Muschelgruskeramik. Ihr Anteil an der wiesen werden. Bei Haus 2 handelt es sich um eine gesamten auswertbaren Keramik beträgt 92,06 %. Wandkonstruktion mit Spaltbohlen. Dem steht die harte Grauware mit einem Anteil von Die 13 Speichergrundrisse gliedern sich in sie- 7,74 % gegenüber, nur 0,11 % umfasst der Anteil der ben Mehrpfostenspeicher, vier Rutenberge und zwei Badorfer Ware. Vierpfostenspeicher. Alle Mehrpfostenspeicher sind Neben der Keramik kommen im Fundinven- rechteckig und haben drei parallele Pfostenstellun- tar der Siedlung auch Mahlsteinreste, Tierknochen, gen. Die Pfostenanzahl variiert zwischen 15 und Webgewichte, Metall, Schlacken und ein Spinnwirtel zwölf Pfosten. Ein Speicher ist nahezu quadratisch vor. Ein besonderer Fund ist ein Anker-Schlüssel. und weist nur neun Pfosten auf. Auch vier der Ru- Bei den Schlacken des Siedlungsareals handelt tenberge variieren in ihrer Pfostenanzahl. So können es sich um Schmiedeschlacken. Sie geben einen Hin- zwei Rutenberge mit einem Mittelpfosten und fünf weis auf die Weiterverarbeitung von Metall innerhalb äußeren Pfosten, ein Rutenberg mit einem Mittel- der Siedlung. Weitläufige Werkstattbereiche, in de- pfosten und sechs Außenpfosten sowie ein Ruten- nen diese Arbeiten stattgefunden haben könnten, berg ohne Mittelpfosten und fünf im Kreis stehenden sind bis jetzt nicht aufgedeckt worden. Pfosten erkannt werden. Zwei Vierpfostenspeichern Zur Datierung der Siedlung kann nur die Kera- könnte ebenfalls die Funktion eines Rutenberges zu- mik herangezogen werden. Der hohe Anteil der Mu- geordnet werden. schelgrusware spricht für eine Hauptphase der Sied- Das einzige freigelegte Grubenhaus scheint in lung im 9. Jahrhundert. Die Besiedlung dieses Areals der ersten Phase als Webhaus gedient zu haben. Für könnte am Ende des 8. Jahrhunderts begonnen ha- die zweite Phase ist keine eindeutige Funktion zu ben, und die Siedlung wird vermutlich zum Ende des erkennen. Dafür kann hier eine Aussage zum Bautyp 9. oder zu Beginn des 10. Jahrhunderts aufgegeben getroffen werden (10-Pfosten-Haus). worden sein. Neben zahlreichen Gruben, denen keine siche- Anhand der Auswertung des zu bearbeitenden re Funktion zugewiesen werden kann, ist für zwei Siedlungsareals kann bis jetzt darauf geschlossen eine deutliche Interpretation möglich. Es ist dies zu- werden, dass es sich bei der Siedlung Brinkum um nächst eine tiefe Grube, bei der sich an der Sohle eine Siedlung im bäuerlichen Kontext gehandelt ha-

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ben muss, die zwar mit Handelsgütern in Verbindung haarnagel 1959

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